1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Königreich Preußen. 345
Mooren, im Osten fruchtbar; Bevölkerung auf dem Lande größtenteils dänisch.
Darin: Apenrade, Kreisstadt und Bahnstation in prächtiger Lage an dem Apenrader
Busen, 6126 Einwohner (meist deutsch). Navigationsschute; Wollspinnerei, Schiff-
bau und Schiffahrt; Reederei (45 Schiffe); guter Hafen, Seebad. Schloß Brunlund
(von der Königin Margareta 1411 erbaut; jetzt Gerichtsgebäude), — In der Nähe
der Hügel Uruehöved, in alter Zeit Wahlort der Könige und Versammlungsort des
Schleswigschen Landthings. — In der Nähe der Halbinsel Sundewitt der Flecken
Gravenstein, mit Schloß und bedeutendem Obstbau („Gravensteiner Apfel").
Westlich vom vorigen der Kreis Tondern; derselbe breitet sich von dem Land-
rücken zur Westküste hin aus und enthält auch die nordfriesischen Inseln. An der
Westküste finden sich viele Moore, aber auch gute Marschen; auf den Inseln treten
Marsch- und Geestland hinter Dünen und Sandflächen zurück. Darin: Tondern,
Kreisstadt und Bahnstation an der schiffbaren Widau, 3550 Einwohner. Haupt-
steneramt, Schullehrerseminar; ehemaliges Dominikanerkloster (jetzt Hospital); Eisen-
gießerei; bedeutende Viehzucht (auf den benachbarten Fettviehweiden), lebhafte Vieh-
markte; in der Umgegend viel Spitzenklöppelei. — Nordöstlich Lügumkloster,
Flecken an der Lohbek, ehemaliges Cistereienserkloster (1173—1548; schöne Kirche).—
In der Nähe der Mündung der Widau und am Wattenmeere der Flecken Hoyer;
Viehzucht, Dampfschiffahrt nach Sylt. — Im Süden von Tondern meist Marsch-
land; hier das große Dorf Niebüll. — An dem Wattenmeere Dagebüll, Über-
fahrtshafen nach Wyk auf Föhr. Auf der Insel Föhr findet sich zum Teil sehr
fruchtbarer Boden und schöne, kräftige Bevölkerung friesischen Stammes (Seeleute und
Fischer, 4300 Einwohner). Hauptort Wyk, Flecken an der Ostseite; Hafen, Seebad.
In drei sogenannten „Vogelkojen" werden jährlich 60000 Enten gefangen. — Süd-
westlich von Föhr die Insel Amrum, meist aus Dünen bestehend (550 Einwohner).
— Weiter nördlich die langgestreckte und verzweigte Insel Sylt, welche nur in ihrem
mittleren Teile Marsch- und Geestland enthält (2900 Einwohner). Hier liegt auch
(au der Ostküste) der Hauptort Keitum (Fischerei und Schiffahrt) und in der Nähe
der Westküste Westerland, stark besuchtes Seebad, jetzt durch einen Schienenweg
mit dem Landungsplatz Munkmarsch verbunden (starker Wellenschlag). In der Nähe
das kleinere Seebad Wenningstedt. — Die weiter nördlich gelegene Insel Röm
(Romö) enthält im Westen Sandhügel, im Osten Geestland und hat 1130 Einwohner.
Hauptort ist Kirkeby.
Ganz im Norden der Kreis Hadersleben; derselbe reicht von der Ost- bis zur
Westküste, hat viel Moor- und Heideboden und meist dänische Einwohner. Darin:
Hadersleben, Kreisstadt und Bahnstation, auf der Nordseite des laugen und schmalen
Busens gleichen Namens, 7635 Einwohner (die gebildeten Bürger deutsch). Haupt-
zollamt, Marienkirche, Gymnasium mit Nealprogymnafinm, Predigerseminar; Eisen-
gießerei und Maschinenfabrikation, Gerberei und Handschuhfabrikation, Fabrikation
von Knochenmehl und Tabak, Schiffahrt (der Hafen ist versandet). Ackerbau auf
fruchtbarem Boden. In einiger Entfernung am Belt das „Viktoriabad". — Nörd-
lich vom Busen von Hadersleben die fruchtbare kleine Insel Aaroe (240 Einwohner).
Nördlich von Hadersleben der Flecken Christiansfeld (1773 von Herrenhutern an-
gelegt), in anmutiger Gegend, gewerbfleißig. — Ganz im Norden, nach der Grenze
zu, Schott bürg, großes Dorf.
Kiel, stark befestigter Kriegshafen, selbständige Stadt und Elsenbahnkreuzungs-
Punkt am westlichen Ufer des gleichnamigen Busens, 51706 Einwohner. Herrliche
Lage; Station der Ostseeflotte; Oberlandes-, Land- und Schwurgericht, Oberpost-
direktion, Hauptsteueramt; evangelische Nikolaikirche (1240); Universität, von Herzog
Christian Albrecht gestiftet (Bibliothek mit 150000 Bänden, Sammlungen); Gym-
nafium, Oberrealschule, Marineakademie und Marineschule, Maschinisten- und Steuer-
manns- sowie Handelsschule, Blindenanstalt und Waisenhaus; Stadtkloster (bedeu-
tende Verpflegungsanstalt); große Krankenhäuser, Idioten- und Privatirrenanstalt
(Hornheim), viele Stiftungen; Sternwarte, Theater; zahlreiche wissenschaftliche und
gemeinnützige Vereine. Altstadt und Neustadt (mit Brunswiek und Düsternbrook).
In der Nähe ein prachtvoller Buchenwald, das Seebad, das Lustschloß Bellevue und
allenthalben prächtige Landhäuser und Gärten. In der Stadt das große königliche
Schloß.(prächtig erneuert; Residenz des Prinzen Heinrich von Preußen und teil-
weise für Seine Majestät den Kaiser reserviert). Die gewaltigen Marineetablissements
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Das Königreich Preußen. 401
Schiffe gezählt worden. Für den Verkehr von der Mainmündung bis Frankfurt a./M.
war bisher der Umstand hinderlich, daß die Güter in Mainz umgeladen werden
mußten; nachdem die Strecke bis Frankfurt a./M. kanalisiert worden ist, hat sich der
Frachtenverkehr dahin auf dem Main bedeutend gehoben (statistische Angaben sind
noch nicht möglich). Die Schiffahrt auf der Fulda ist nach Eröffnung der Nord-
bahn im wesentlichen auf den Verkehr von Baumaterial beschränkt. — Die gut ge-
haltenen Kunststraßen hatten bereits zu Ende der siebziger Jahre im Bezirke Kassel
etwa 7000, im Bezirke Wiesbaden gegen 1400 km Länge. — Von den Eisenbahnen
ist vor allem die von Hannover kommende Linie zu erwähnen, welche über Göt-
tingen, Bebra, Fulda und Frankfurt a./M. zum Rheine (bei Kastell) führt; sodann
eine zweite, welche von Karlshafen über Kaffel, Marburg. Gießen, Weilburg, Lim-
bürg nach Oberlahnstein leitet und, den Rhein aufwärts gehend, sich mit der ersteren
Linie vereinigt. Beide Hauptstrecken sind miteinander verbunden: von der Halle-
Kasseler Bahn her durch die Strecke Eichenberg-Münden-Kassel; von der Thüringer
Bahn her durch die Strecke Bebra-Guntershausen, von der Leineselde-Gothaer Bahn
her durch die Linie Dingelstedt-Niederhohne-Kassel und Waldcappel-Treysa; außerdem
durch die Strecken Fulda-Gießen. Gelnhausen-Gießen, Frankfurt-Gießen, Höchst-
Limburg. Außerdem zweigen sich noch seitwärts mehrfache Bahnlinien ab (Elm-
Gmnnden, Hanau-Aschaffenburg, Hanau-Offenbach-Frankfurt a./M., Frankfurt a./M.-
Darmstadt-Heidelberg, Frankfurt a./M.-Mainz am linken Flußufer, Frankfurt a./M.-
Homburg, Höchst-Soden, Kastell-Wiesbaden , Kastell - Biebrich, Wetzlar-Betzdorf,
Hümme-Warburg-Altenbeken :c. Die gesamten Eisenbahnlinien hatten 1888/89 eine
Länge von 1422 km, wovon 1254 km unter Staatsverwaltung, 168 km unter
Privatverwaltung standen. — Das Postwesen entstand im Kurhessischen 1615—1618;
etwa 10 Jahre später trat die Thurn- und Taxissche Verwaltung ein, welche feit
1816 jährlich eine Abgabe von 42000 Thalern zahlte. Auch in Nassau war diese
Verwaltung, anfangs unentgeltlich, seit 1806 gegen eine Abgabe von 6000 Gulden.
In Frankfurt a./M. bestand seit 1722 neben städtischer Botenpost auch Thurn- und
Taxissche Verwaltung; seit 1811 war hier die Generaldirektion der Thurn- und
Taxisschen Verwaltung. Im Jahre 1867 wurde die Verwaltung überall preußisch.
Es bestehen jetzt Oberpostdirektionen in Kassel und in Frankfurt a./M.
In der Provinzialhanptstadt Kassel haben das Oberpräsidium, die Pro-
vinzialsteuerdirektion und das Generalkommando des Xi. Armeekorps ihren Sitz.
Für die Verwaltung der evangelischen Kirche bestehen Konsistorien zu Kassel
und Wiesbaden, für die der katholischen Kirche Bistümer zu Fulda und Lim-
bürg; eine Universität befindet sich zu Marburg. Jeder der beiden Bezirke
bildet auch einen kommunalständischen Verband, zu welchem gesonderte Pro-
vinzialstände gehören (Versammlung zu Kassel und Wiesbaden). Der kom-
munalständischen Verwaltung sind unterstellt: das Chansseebanwesen, die
Leih- und Pfandhäuser, die Landeshospitaler, Landkrankenhäuser, Taub-
stummeninstitnte, die Jrrenheil-, Korrektions- und Landarmenhäuser, sowie
die Schatzkommission und die Landeskreditkasse (in Kassel) und die Landesbank
(in Wiesbaden).
Regierungsbezirk Kassel.
Kassel, Hauptstadt der Provinz und des Regierungsbezirks, Stadtkreis und
Eisenbahnknotenpunkt in einem weiten Thalbecken, an der unteren Fulda, 64083
Einwohner (bis auf ca. 5000 Katholiken und 1800 Juden evangelisch). Oberpräsi-
dium, Oberlandes-, Land- und Schwurgericht, Oberpostdirektion, Provinzial-Steuer-
direktion, drei Eisenbahnbetriebsämter, Landratsamt für den Landkreis, Hauptsteuer-
amt, Bergrevier, Generalkommission zur Ablösung von Servituten. Unter den sechs
reformierten Kirchen ist die Martinskirche (Grabmal Philipps des Großmütigen);
Gymnasium, Realgymnasium, Realschule, Gewerbe- und Kriegsschule; Akademie der
bildenden Künste; Zeichenschule; bedeutende Sammlungen (Gewerbemuseum, Gemälde-
galerie?c.); Landesbibliothek (140000 Bände); Theater, Strafanstalt, Waisenhäuser).
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Das Königreich Preußen. 409
hat außerordentlich viele Wiesen (13 Proz.) und Wälder (54,5 Proz.); die Einwohner
sind etoartgclifcj). Darin: Schmalkalden, Kreisstadt und Bahnstation in schönem Thale
an der Stille und Schmalkalde, 6714 Einwohner. Realprogymnasium, Bergrevier;
altes Augustinerkloster; die Wilhelmsburg mit Garten, altertümliche Häuser mit
Holzschnitzereien (Gasthof „Zur Krone" mit Erinnerung an den Schmalkaldischen
Bund, 1531; der „Schwan" mit Erinnerung an die Schmalkaldischen Artikel, 1537);
die ehemaligen Wälle bilden jetzt Promenaden. Wichtige Industrie in Eisen- und
Stahlwaren (Schmalkaldener Artikel: Bohrer, Zangen, Feilen, Messer, Scheren,
Ahlen je.), Maschinen. Spielwaren, Lichten, Leder ze. In der Nähe Eisengruben
und Eisenwerke, sowie ausgedehnte Waldungen. (Geburtsort von Wilhelm, dem Kom-
ponisten der „Wacht am Rhein.") Eisenwerke finden sich in Heindorf, Asbach,
Weidenbrunn, Floh, Seligenthal (Eisengrube), Klein-Schmalkalden (enges,
romantisches Felsenthal; hat auch Fabrikation von Korb- und Böttcherwaren, Blase-
bälgen, Spritzenschläuchen je.), Brotterode (Flecken im schönen Trnsenthale; außer
Eisen- und Stahlwaren auch Fabrikation von Drechslerwaren und Zigarren; klima-
tischer Kurort), Herges (auch Bergbau auf Eisen, Alabaster und Schwerspat),
Steinbach-Hallenberg (Flecken an der Schwarza, über 3000 Einwohner; auch
viele Schlosser und Schmiede; Ruine der Hallenburg). — Herrenbreitungen,
Dorf an der Mündung der Truse in die Werra, mit Schloß (ehemaliges Benedik-
tinerflofter). — Barchfeld, Flecken in kleiner Exklave an der Mündung der Schweina
in die Werra, schönes Schloß des Landgrafen von Hessen-Philippsthal-Barchseld.
Noch weiter vom Hauptgebiete entfernt liegt der Kreis Rinteln, zwischen hannö-
verschem, westfälischem und lippischem Lande, weit unterhalb an der Weser, Teile der
bewaldeten Bückeberge, des Süntels und Deisters, aber auch gutes Acker- und Garten-
land (49 Proz.) enthaltend; die Bevölkerung fast ganz evangelisch. Darin: Rinteln,
Kreisstadt und Bahnstation an der Weser, 4184 Einwohner. Früher Festung und
Universität (1612—1809); Gymnasium, Technikum, Landkrankenhaus. Fruchtbare
Thallandschaft, in der Nähe schöne Aussichtspunkte (Luhdener Klippen, Papenbrinck,
Papenburg, Schaumburg). — Oldendorf, Stadt und Bahnstation an der Weser,
1618 Einwohner. Zuckerfabrikation, Gerberei; alte Schlösser; Niederlage der Kaiser-
lichen (1633). — Das Dorf Fischbeck an der Weser; ehemaliges Benediktinerkloster
(jetzt adliges Fräuleinstift). — Obernkirchen, Stadt am Bückeberge, 2882 Ein-
wohner. Bergamt; ehemaliges Benediktinerklofter (815 gestiftet, jetzt evangelisches
Damenstift). In der Nähe am Bückeberge wichtige Steinkohlengruben (preußische und
schanmbnrg-lippische Verwaltung), bedeutende Sandsteinbrüche und große Glashütten.
— Rodenberg, Stadt zwischen Deister und Süntel, 1676 Einwohner. Altes Schloß
und Saline. — Groß-Nenndorf, besuchtes Bad mit schönen Parkanlagen (vier
starke Schwefelquellen, mit Schlammbädern und Salzquelle). — Sachsenhagen,
Städtchen an der Aue, mit Burgruine.
Regierungsbezirk Wiesbaden.
Wiesbaden, Bezirkshauptstadt, Stadtkreis und Bahnstation in prächtiger Lage
am Fuße des Taunus und am Salzbache, 55454 Einwohner (über Zweidrittel evan-
gelisch). Regierung, Land- und Schwurgericht, Konsistorium, Bergrevier, Eisenbahn-
betriebsamt, Forstinspektion, Landratsamt für den Landkreis; außer zwei evangelischen
eine katholische und eine englische Kirche, sowie eine griechische Kapelle; Gymnasium,
Realgymnasium, landwirtschaftliches Institut, chemisches Laboratorium (Fresenius);
Theater, Museum (Gemäldegalerie, Sammlung von Altertümern und Bibliothek von
70000 Bänden); Augenheilanstalt (von Pagenstecher), Heilanstalt sür Massage (Metzger),
Blindenanstalt, Rettungshaus, Militärbadeanstalt („König-Wilhelms-Heilanstalt").
Zwischen der Stadt und den Parkanlagen liegt die schöne Wilhelmsstraße; auf dem
Theaterplatze das Schillerdenkmal, auf dem Kranzplatze eine Hygieiagruppe, auf dem
Luisenplatze ein Obelisk (Denkmal für die Befreiungskriege). Fabrikation von Thon-
waren (feinen Ofen), Chemikalien, Metallkapseln, Zement, von Nähmaschinen :e.;
Bildhauerei und Holzschnitzerei, Eisengießerei; lithographische Anstalten, Bierbraue-
reien ?c. Lebhafter Handel (besonders Wein- und Buchhandel); Reichsbanknebenstelle,
mehrere Vorschußvereine, Handelskammer. Einer der besuchtesten Badeorte (etwa
70000 Badegäste, nur von Baden-Baden übertroffen); es sind 23 Kochsalzthermen
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436 Erstes Kapitel.
Regierungsbezirk Köln.
Göln, Bezirkshauptstadt, Stadtkreis, Festung ersten Ranges und Eisenbahn-
knotenpunkt am linken Rheinufer, 161401 Einwohner. Regierung, Oberlandes-,
Land- und Schwurgericht, sowie Kammer für Handelssachen, Öberpostdirektion, zwei
königliche Eisenbahndirektionen, sowie zwei Eisenbahnbetriebsämter, Provinzial-Stener-
direktion, Hauptsteueramt, Schiffahrtskommission, Forstinspektion; katholischer Erz-
bischof mit Domkapitel; ein simultanes Gymnasium mit Realgymnasium, drei katho-
lische Gymnasien, Realgymnasium, Oberrealschule, Handelsschule, Baugewerkschule,
katholisches Priesterfeminar, katholisches Lehrerinnenseminar, Taubstummeninstitut, zwei
Irrenanstalten und zahlreiche sonstige Wohlthätigkeitsinstitute. Unter den 26 Kirchen
treten hervor: der herrliche gotische Dom mit jetzt vollendeten 156 m hohen Türmeu
(gegründet vom Erzbischofe Konrad von Hochstedten 1248, viele Kostbarkeiten und
Kunstschätze), die Peterskirche (Kreuzigung Petri von Rubens), die Kirche St. Maria
zum Kapitol (Altarblatt von Dürer), die Ursula-, die Kuniberts-, die Minoriten-,
die Gereons-, die Pantaleons- (schon 670 vorhanden), die Apostel-, die Jesuiten-
und die Mauritiuskirche (1861—65 erbaut). Sonstige öffentliche Gebäude: der
Gürzenich (altes Kaufhaus mit großartigem Versammlungssaal, das Rathaus, die
Stadtbibliothek, das Wallraf-Richartz-Museum (unter anderm viele römische Alter-
tümer), der erzbischöfliche Palast (davor Mariensäule), das erzbischöfliche Museum
für mittelalterliche kirchliche Kunst, das Zeughaus, der Justizpalast, das Schauspiel-
haus. Die Stadt hat 34 Plätze und meist enge Straßen, in denselben finden sich
aber viele schöne altertümliche Häuser (z. B. diejenigen von altkölnischen Adels-
geschlechtern: „das Templerhaus" u. a.). Hauptverkehrsstraße ist die Hochstraße.
Denkmäler Friedrich Wilhelms Iii., Friedrich Wilhelms Iv. und Kaiser Wilhelms I.
(die beiden letzteren auf der Rheinbrücke), Bismarcks und Moltkes. Außerhalb der
Stadt (in der Gemeinde Longerich) der zoologische Garten und der Garten der „Flora."
Köln ist ein Hauptmittelpunkt der rheinischen Industrie; es sind vorhanden in Köln
selbst: eine große Aktiengesellschaft für Baumwollenfpinnerei und-Weberei (über 40000
Spindeln und 600 mechanische Webstühle), mehrere Wollspinnereien, Seidenfabriken,
Eisen-, Zink- und Bronzegießereien, Dampfkessel- und Maschinenfabriken, ein Zinn-
und Walzwerk; noch großartiger sind die Industriebetriebe Kölner Firmen auswärts,
namentlich müssen in dieser Beziehung genannt werden: eine Aktienmaschinenfabrik
(im Vorort Bayenthal, mehrere taufend Arbeiter), die vereinigten rheinisch-westfälischen
Pulverfabriken, eine größere Anzahl von Zucker-, Zuckerwaren- und Schokolade-
sabriken, von Dampfmahlwerken und Brotfabriken, viele Ol-, Seifen-, Licht- und
Wachswarenfabriken, mehrere chemische Fabriken (von künstlichem Dünger, Bleiweiß,
Apothekerwaren, Ultramarin und allen möglichen Farben), lebhafte Industrie in
Spiegelrahmen und Goldleisten, Tapeten und Gummiwaren, Portefeuilles, Samt-
und Seidenbändern sowie andern Samtwaren, von Watte und Baumwollenwaren, von
Strumpf- und Trikotwaren, von Wollwaren, künstlichen Blumen und Schmuckfedern,
physikalischen und mathematischen Instrumenten, Pianosorten, Glas, Porzellan,
Wagen, Billards, Nadeln, Masken, Tabak (gegen 80 Fabriken), Leder, Kölnischem
Wasser (einige 30 Fabriken); Färbereien und Druckereien, Buchdruckereien und litho-
graphische Anstalten, Bierbrauereien und Branntweinbrennereien (ca. 170). Ebenso
lebhaft ist der Handel (alle möglichen Jndustrieerzeuguisse, Kolonialwaren, Roh-
Produkte für die Industrie, Baumaterialien, Wein, Metalle :c.; zahlreiche Speditions-
geschäste); Reichsbankhauptstelle, Schaafhausenscher Bankverein, Kölnische Privatbank,
Bank für Rheinland und Westfalen, Kölner Gewerbebank, Kölnische Wechsler- und
Kommissionsbank, Rheinisch-Westfälische Genossenschaftsbank, Rheinische Volksbank;
Kölnische Feuerversicherungsgesellschaft „Colonia". Kölnische Lebensversicherungsgesell-
schast „Konkordia", Kölnische Rückversicherungsgesellschaft, Transportversicherungsgesell-
schast „Agrippina", Kölner Hagelversicheruugsgesellschaft; Handelskammer; starke
Rheinschiffahrt (Freihafen); bedeutender Marktverkehr (Schlachtvieh, Geflügel, Obst,
Gemüse, Blumen zc.). Sorgsame Pflege der Kunst (Kölner Konservatorium und
Männergesangverein, Thealer ze). Die Festung ist nach neueren Grundsätzen um-
gestaltet worden (7 große und 14 kleinere Außenforts; zur Festung gehört auch Deutz
am rechten Rheinufer). Alte Römerstadt (Colonia Agrippina), später freie Reichs-
stadt (seit 949), Hauptstadt des rheinisch-westsälischen Quartiers der Hansa (seit 1201);
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Das Königreich Preußen. 437
Ständekämpfe des Mittelalters (die „Weberschlacht", 1371); Verfolgung der Protestanten
(Vertreibung derselben, 17t8), von 1801 an französisch, von 1815 an preußisch.
Lange Zeit auch berühmte Universität (1388—1798); die Erzbischöfe residierten seit
1263 in Bonn.
Der Landkreis Köln liegt fast ganz im Westen vom Rhein, hat fast nur Acker-
und Gartenland (über 79 Proz.) und wenig Wald (unter 10 Proz.); in den west-
lichen Teilen Braunkohlenablagerungen; von der dichten Bevölkerung fast X1/12 katho-
lisch. Darin: Deutz, Stadt am rechten Rheinufer, Köln gegenüber, 17608 Einwohner.
Eisenbahnkreuzungspunkt, große Artilleriewerkstätte (in der ehemaligen Benediktiner-
abtei von 1001), Eisenbahnreparaturwerkstätten, Fabrikation von Eisenbahnmaterial
und Dampfkesseln, Eisengießerei, Fabrikation von Porzellan und Steingut, Bleiweiß,
Goldleisten, Zigarren, Gasmotoren je.; Festungsteil von Köln. — Kalk, Stadt und
Bahnstation, wenig östlich von Köln, 11417 Einwohner. Viele Maschinenfabriken,
Kesselschmieden und Eisengießereien, Hochöfen (Eisenbahnreparaturwerkstätten, Gesell-
schaft „Humboldt", Gesellschaft „Germania"); chemische Fabriken (Kunstdünger, Sal-
peter, Pottasche, Glycerin :c.), Fabrikation von Thonwaren, Statuen und Orna-
menten, Dynamit ?c.; Ziegeleien. (Der Ort ist erst 1845 angelegt, seit 1881 Stadt.)
— Ehrenfeld, Stadt und Bahnstation wenig westlich von Köln, 18243 Einwohner
(etwas über ^ evangelisch). Bedeutender Jndustrieort (große Eisenwerke: Maschinen,
Eisenbahnmaterial, Wagen, Feilen, Eisenröhren ?e.; Fabrikation von Anilin und
Bleiweiß, Druckerschwärze,-Dünger, Glanzwichse, Lack und Firnis; Malz, Gummi-
waren, Tapeten, Goldleisten; Glasfabrikation der „Rheinischen Glashütten", Watte,
Decken, Nadeln, Möbeln; Bleicherei; Ziegeleien). Der Ort besteht seit 1840.— Das
Dorf Müngersdorf (7000 Einwohner) enthält den Zentral-Güterbahnhof von Köln.
— Nippes, Dorf, wenig nördlich von Köln, 14600 Einwohner; Bahnstation, mit
Köln auch durch Pferdebahn verbunden. Jndustrieort (Eisenbahnwerkstätten, Fabri-
kation von Maschinen, Gnmmiwaren, Porzellan, Schuhen, Kisten, Dampfmahl- und
Sägewerke); starke Gärtnerei. — Brauweiler, ehemalige Beuediktinerabtei (1024
gestiftet), jetzt Provinzial-Arbeitshaus. — Worringen, Flecken im Nordwesten von
Köln, 2500 Einwohner. Schlacht 1288 (Herzog Johann von Brabant, der Graf
v. Berg und die Kölner besiegen den Erzbischof von Köln und dessen Bundes-
genossen); in der Nähe das Gut Arft mit schönem Schloß. — Frechen, großes Dorf
am Rande der Ville (eines 188 m hohen und an Braunkohlen reichen Bergrückens),
3400 Einwohner. Gute Thon- und Braunkohlengruben; Fabrikation von Steingut-
und Topfwaren. — Brühl, Flecken in schöner Gegend am Fuße der Ville, 3700
Einwohner. Bahnstation, katholisches Schullehrerseminar, Taubstummenanstalt; Berg-
revier, Brauukohlengrube, Kreditanstalt, Schlösser Falkenlust (mit schönem Park)
und Augustusburg. In Brühl residierten zeitweise die Kölner Erzbischöfe.
■Eonn, Stadtkreis und Bahnkreuzungspunkt in herrlicher Gegend am linken
Rheinufer, 35989 Einwohner. Land- und Schwurgericht, Oberbergamt, altkatholischer
Bischof; schöne evangelische und drei katholische Kirchen (besonders das herrliche
Münster von 1270, 1847 restauriert); Universität (im ehemaligen erzbischöflichen
Schlosse, 1818 gestiftet, große Bibliothek, Sternwarte :e.); rheinisches Museum für
vaterländische Altertümer; katholisches Gymnasium, Realgymnasium; Zuchthaus, zwei
Privat-Jrreuanstalten, landwirtschaftlicher Provinzialverein; Denkmäler Beethovens
(hier geboren 1770, auf dem Münsterplatze) und E. M. Arndts (auf dem Alten Zoll,
einem schönen Aussichtspunkte am Rhein); die mit Villen geschmückte Koblenzer Straße.
Fabrikation von Maschinen, Zement, Fahnen, Fayence; Jutespinnerei und -Weberei,
Dampfsägewerke, Fabrikation von Korbwaren und Reisstrohbesen; Gerberei:e.; be-
deutender Obst- und Gemüsebau; Flachs-, Wein- und Buchhandel. Alte Gründung
der Römer (Castra bona des ^Drusus), seit 954 im Besitz der Erzbischöfe; Krönung
Friedrichs des Schönen von Osterreich (1314). Eine schöne mit Villen bebaute Allee
führt zur landwirtschaftlichen Akademie in Poppelsdorf (auch landwirtschaftliche
Versuchsstation).
Der Landkreis Mnn liegt größtenteils auf dem linken Rheinufer, im Über-
gangsgebiete vom Berg- zum Tieflande; ziemlich viel Acker- und Gartenland
(59 Proz.) und ansehnlicher Waldboden (30 Proz.); die Bevölkerung zu 9/10 katholisch.
Darin: Endenich, großes Dorf im Südwesten von Bonn, gegen 3000 Einwohner.
Privat-Jrrenanstalt (Tod des Liederkomponisten Rob. Schumann, 1856); Obst- und
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490 Zweites Kapitel.
Wasserstraßen fehlen, Kunststraßen hingegen sind in einer Länge von über
1500 km vorhanden; dieselben sind größtenteils Kommunal-, zum kleineren Teil
Kreisstraßen. Unter den Eisenbahnen steht obenan die Werrabahn, welche als die
wichtigste Verkehrsader des Landes zu bezeichnen ist; sie schließt in Eisenach an die
Thüringische und über Lichtenfels an die böhmischen, sächsischen und bayrischen
Bahnen an und hat eine Verbindung mit Sonneberg. Saalfeld liegt an der Saal-
bahn und Gera-Eichichter Bahn, Pösneck an letzterer und einer nach Orlamünde
führenden Zweigbahn; dicht bei Meiningen führt auch die neue Linie Ersurt-Schwein-
furt vorüber, welche den Thüringer Wald durchquert. Zweige der Werrabahn ziehen
Vacha und Kaltennordheim in den Verkehr. Die Länge der Eisenbahnen betrug
1888/89 insgesamt 196 km, wovon 170 km Hauptbahnen waren. — Das Postwesen
war bis 1866 unter der Verwaltung des Fürsten von Thuru und Taxis, hierauf
ging es auf den Norddeutschen Bund, bez. das Deutsche Reich über; es untersteht
jetzt nebst der Telegraphie der Oberpostdirektion zu Erfurt.
Der Staat hat einen Landtag von 24 Mitgliedern, der alle drei Jahre
berufen wird. Die Regierung wird von einem Staatsmiuister geführt, welchem
fünf Ministerialabteilungen unterstellt sind: 1) das herzogliche Haus und Äußere,
2) die innere Verwaltung, 3) die Justiz, 4) die Kirchen- und Schulsachen und
5) die Finanzen. An der Spitze jeder Abteilung steht ein Staatsrat. Die
erste Abteilung bearbeitet die Bundesangelegenheiten, beaufsichtigt die Landes-
archive, die Konsulate (in Bremen, Frankfurt a./M. und Münden), die Hos-
ämter und Hofstaatsdiener. Der Abteilung des Innern unterstehen die Land-
rate, das Feldjägerkorps (Landespolizei), die Ablöfnngskommiffionen, die
Forstämter, das Bergamt (zu Saalfeld), die Bauinspektionen, die Ökonomie-
kommissariate, die Magistrate, Bürgermeistereien, die Ärzte und Apotheker,
das geometrische Bureau und die Kartenkammer, die gemeinnützigen Anstalten
(Landeskreditanstalt, Irrenanstalt, Hebammenanstalt, Eichämter, Kranken- und
Armenhäuser). Die Abteilung für Kirchen- und Schulwesen umfaßt unter
letzterem auch ein entwickeltes Industrie- und Fortbildungsschulwesen (mit
Zwangsbesuch), die Waisen-, Armen- und Erziehungsstiftungen und ein Net-
tungshaus. Die Finanzabteilung leitet die Hanptkasse, die Staatsschulden-
tilgungskommission, das Staatsdepositorium, das Zollwefeu (beaufsichtigt durch
die Generalinspektion zc. in Erfurt, vgl. obeu, Weimar), die Forstdepartements,
die Domänengüter, die Direktion der Schieferbrüche h. Ju militärischer Be-
ziehung gehört das Land zum Xi. Armeekorps.
Der Greis Meiningen breitet sich zwischen dem Thüringer Walde und der Rhön
an der Werra aus; das Acker- und Gartenland ist wenig umfangreicher als die
Waldungen (etwas über 43 gegen 40 Proz.); am Flusse finden sich gute Wiesen.
Darin: Memingen, Hauptstadt und Bahnkreuzungspunkt an der Werra, 12035 Ein-
wohner (1890). Sitz der Landesbehörden, Landratsamt, Land- und Schwurgericht,
Forstverwaltuug, Gymnasium, Realgymnasium, Georgenkrankenhaus, bemerkens-
wertes Rathaus, Residenzschloß smit Bibliothek und Gemäldesammlung), Hoftheater;
der englische Garten (Fürstengrust), Die Neustadt hat breite und freundliche Straßen
(Bernhards-, Charlotten-, Marienstraße). Baumwollenweberei, Bierbrauerei, Gerbe-
reien, Eisenbahnwerkstätte. Einige Geschäfte mit Großhandel in Kolonial- und
Materialwaren, Garnen und Baumwolle; Deutsche Hypothekenbank, Landeskredit-
kasse. Östlich von der Stadt die Donopskuppe und der Drachenberg, westlich der
Herrenberg, nordwestlich die Ruine Habichtsburg und der Haßsnrter Wald. Schon
König Heinrich I. befestigte die Stadt, die dann an die Grafen v. Henneberg und
von diesen (1583) an das sächsische Haus kam; sie ist Residenz seit 1680; furcht-
barer Brand 1874. Altertumsverein für die Grafsckast Henneberg. — Das Dorf
Dreißigacker mit Schloß (früher Forftlehranftalt), Kalksteinbruch. — Walldorf,
Dorf und Bahnstation an der Mündung der Herpf in die Werra; dabei die prächtig
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- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
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- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Großherzogtum Oldenburg. 563
Kirche; ferner für die Fürstentümer Lübeck und Birkenfeld die Provinzial-
regierungen in Eutin und Birkenfeld nebst einem evangelischen Konsistorium
und einer Kommission für die Angelegenheiten der katholischen Kirche an letzt-
genanntem Orte. Die katholische Kirche im Herzogtum Oldenburg ist dem
Bischof von Münster unterstellt. Die Militärangelegenheiten sind auf Preußen
übergegangen; die Truppen (ein Infanterie-, ein Landwehr-, ein Dragoner-
regiment und zwei Batterien) gehören zum 10. Armeekorps. Oldenburg hat
17 Amtsbezirke und drei selbständige Städte, das Fürstentum Lübeck zwei Amts-
bezirke und eine selbständige Stadt, Birkenfeld außer den Landgemeinden sieben
Bürgermeistereien.
Das Herzogtum Oldenburg.
Oldenburg, Haupt- und Residenzstadt, an der Hunte, Eisenbahnknotenpunkt,
21313 überwiegend evangelische Einwohner (1890). Sitz der Landesregierung. Von
. Wiesennicderungen, freundlichen Garten- und Parkanlagen umgeben, rascher Wit-
terungswechsel und häufiger Nebel. Großherzogliches Schloß und großherzogliches
Palais mit vielen Gemälden und Kunstwerken, Bibliothek und Sammlungen; das
Augusteum (Sammlung von Gemälden und Gipsabdrücken, zu Ausstellungen benutzt),
öffentliche Bibliothek (150000 Bände). Museum, Justizpalast, Peter-Friedrich-Ludwig-
Hospital, Rathaus, St. Lambertikirche (1270 erbaut); Herbartdenkmal, Gymnasium,
Ober-Realschule, evangelisches Schullehrerseminar:c. In der Nähe die Jrrenheilanstalt
Wehnen und die Jrrenbewahr- und Pflegeanstalt Blankenburg. Neben dem gewöhn-
lichen Kleinhandel auch Großhandel (Getreide, Tabak, Wein, Porzellan- und Glas-
waren, Drogueu- und Farbwaren); jährlich viermal höchst bedeutende Pferdemärkte
(auch vom Auslande besucht). Etwas Industrie (Eisengießerei, Glashüttenwerk,
zwei Dampfmahlmühlen, Fabriken für Tabak, Lederhandschuhe, Seife:e.); Goldfisch-
züchterei; lebhafter Warenverkehr auf der Hunte, sowie auf der Bahn. Regierungs-
behörden, Oberlandes- und Landesgericht nebst Schwurgericht, Oberpostdirektion,
Hauptsteueramt. Landesbank, Genossenschafts- und Gewerbebank, Fenerversicherungs-
Gesellschaft; Gewerbe- und Handelsverein, landwirtschaftlicher, Arbeiterbildungs-, Kunst-
verein und Verein für Altertumskunde. Die Stadt wird schon im 12. Jahrhundert
erwähnt. — Als Hafenplätze sind zu erwähnen: Elsfleth, Stadt- und Bahnstation
an der Huntemündung, auf schwerem Marschboden, 2305 Einwohner, Reederei (gegen
100 Seeschiffe), Schiffbau, Tau- und Segelmacherei, Viehzucht (Pferde und Rinder),
Viehausfuhr; höhere Bürgerschule. — Brake, Stadt, bedeutender Hafenplatz und
Bahnstation! Freihafen (gegen 100 Seeschiffe), am linken Weferufer, 4157 Einwohner.
Schiffbau, Tau- und Segelmacherei, Eisengießerei, Dampfsägewerke; Handel (Holz
und Vieh). In der Umgegend starke Viehzucht auf Fettviehweide. Nordenham,
wichtiger Hafenplatz an der Unterweser; Haupteinschiffungsplatz für oldenburger
Vieh. — Varel, Stadt, auf einem Geestrücken an der Jade, 4812 Einwohner. See-
Handel (Vieh, Wein), Reederei, Fischerei (Seekrabbenjc.), etwas Industrie (Eisenguß,
Tabakfabrikation, Lohgerberei, Dampfsägewerk, Ziegelei); in der Nähe starke Viehzucht.
Hauptzollamt, Realschule. — Westlich von Bremen Delmenhorst, Stadt, an der
Bremen-Leerer Bahn, 3890 Einwohner. Industrie (Kork- und Zigarrenfabriken,
Jutespinnerei und -Weberei je.); Landwirtschaft. Höhere Bürgerschule. — Südwest-
lich von Delmenhorst: Wildeshausen, Stadt an der Hunte, 1950 Einwohner.
Loh-und Weißgerbereien; Fabrikation von landwirtschaftlichen Maschinen, Tabak- und
Zigarren. Alte romanische Kirche, altes Rathaus. In der Nähe ausgedehnte Heide-
flächen. — Südwestlich vom vorigen Vechta, Endstation der Eisenbahn Ahlhorn-
Vechta, 3063 Einwohner. Große Strafanstalt für das Großherzogtum; früher stark
befestigt. Katholisches Ober-Schulkollegium und bischöfliches Offizialat, katholisches
Gymnasium und katholisches Schullehrerseminar. Ringsum wellenförmiger Sand-
boden. Nordwestlich vom vorigen Kloppenburg, Stadt und Bahnstation, von
Heide- und Moorflächen umgeben, 2042 Einwohner. Ackerbau, Viehzucht; bedeutende
Weiß- und Lohgerberei und Strumpfstrickerei. Ganz im Süden die Dörfer Dink-
läge (bedeutende Baumwollenweberei und -druckerei) und Lohne (Tabaks- und
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Das Königreich Preußen. 225
Die Schulbildung hat seit lange einen Hauptruhm des Staates aus-
gemacht und sorgsamster Pflege genossen. Neben dem Staate haben sich auch
die größeren Städte und Private derselben opferfreudig angenommen. Schon
längst ist der Schulzwang eingeführt und währt vom 6. bis zum 14. Lebensjahre.
Von den 20 Hochschulen des Reiches kommen neun Universitäten (Berlin,
Halle, Breslau, Bonn, Göttingen, Königsberg, Greifswald, Marburg und Kiel),
außerdem eine theologisch-philosophische Akademie (Münster) und ein katholisches
Lyceum (Braunsberg) auf Preußen. Von den genannten Universitäten ist Berlin
am stärksten besucht (Winter 1886—87: 288 Lehrer und 5542 Studenten).
Technische Hochschulen befinden sich in Berlin, Hannover und Aachen, land-
wirtschaftliche Hochschulen zu Berlin und Poppelsdorf bei Bonn; ferner landwirt-
schaftliche Institute an den Universitäten Breslau, Halle, Königsberg, Göttingen und
Kiel; Bergakademien in Berlin und Klausthal, Forstakademien in Eberswalde
und Münden.
Der höheren Volksbildung dienen sonst (1884—85) 257 Gymnasien, 89 Real-
gymnasien, 73 Progymnasien, 88 Realprogymnasien, sowie 14 Oberrealschulen, 18
Realschulen und 19 höhere Bürgerschulen, wozu noch mehrere Privatanstalten, 220
höhere Mädchenschulen, 112 Seminare für Lehrer und 60 für Lehrerinnen, eine
Anzahl von Fachschulen verschiedener Art (Berg-, Waldbau, landwirtschaftliche, Bau-
gewerk-, Handels-, Navigationsschulen ?e.) kommen. Dem Kriegswesen dienen
besonders noch die Kriegsakademie, die vereinigte Artillerie- und Ingenieurschule
(in Berlin), sieben Kriegsschulen (Anklam, Engers, Erfurt, Hannover, Kassel, Metz
und Neiße), sieben Kadettenhäuser (Lichterfelde, Kulm, Potsdam, Wahlstatt, Bens-
berg, Plön und Oranienstein), eine Marineakademie und eine Marineschule (in Kiel),
sowie mehrere Schulen zur Ausbildung von Maschinisten, des Werftpersonals und
der Matrosen. Der Kunst sind gewidmet vier Kunstakademien (Berlin, Königsberg,
Düsseldorf und Kassel), zwei Zeichenschulen (Magdeburg und Hanau), königliche
Musikinstitute zu Berlin und Breslau, sowie mehrere Konservatorien für Musik von
Privatpersonen (in Berlin, Breslau, Stettin, Frankfurt a. M, Köln :c).
Von den rund 58000 deutschen Volksschulen kommen auf den preußischen
Staat über 33000.
Die staatliche Organisation. Das Königreich Preußen zerfällt in die
zwölf Provinzen Ostpreußen, Westprenßen, Brandenburg, Pommern, Posen,
Schlesien, Sachsen, Schleswig-Holstein, Hannover, Westfalen, Hefsen-Nassan
und Rheinland. Die Provinzen zerfallen wieder in Regierungsbezirke, 36 an
der Zahl, und diese werden in Kreise oder Oberämter (in Hohenzolleru) geteilt.
Durch die Verfassung vom 31. Januar 1850 ist der Staat eine kon-
stitntionelle erbliche Monarchie. Hiernach wird die Gesetzgebung gemein-
sam von dem Könige und dem Landtage ausgeübt. Der letztere besteht aus
dem Hause der Abgeordneten und dem Herrenhause.
In das erstere treten 433 Abgeordnete, welche aus indirekter Wahl in Gemäß-
heit eines Drei-Klassen-Steuersystems hervorgehen; das letztere dagegen setzt sich aus
den königlichen Prinzen, 64 erblichen Mitgliedern, den Inhabern der vier großen
Landesämter, 163 dem Könige präsentierten und 74 durch persönliches Vertrauen
desselben auf Lebenszeit berufenen Männern, im ganzen 340 Mitgliedern, zusammen.
Zur Beratung besonders wichtiger Angelegenheiten wird der Staatsrat zusammen-
berufen, zu welchem außer den königlichen Prinzen und den Inhabern der höchsten
militärischen und Zivilämter eine Anzahl durch das persönliche Vertrauen des Königs
berufener Männer gehört.
Das Königliche Staatsministerium als oberste Verwaltuugsbehörde
hat folgende zehn Ressorts: die Ministerien des königlichen Hauses, der aus-
wärtigen Angelegenheiten, der geistliche«, Unterrichts- und Medizinalangelegen-
heiten, der Finanzen, des Handels (dazu Berg- und Hüttenwesen), der Gewerbe
Das Deutsche Reich. 15
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Das Königreich Preußen. 231
steuerämteru, sieben Hauptzoll- und fünf Hauptsteuerämtern, die Provinzialrenten-
bank, die Provinzialeichnngsinspektion, die Bezirksräte und Bezirksverwaltuugs-
gerichte, die landschaftlichen Kreditinstitute, die General-Feuer-Societätsdirektiou.
Die Angelegenheiten der evangelischen Kirche leitet ein Konsistorium, die katholischen
der Bischof von Ermeland. In militärischer Hinsicht gehört die Provinz zu dem
Bezirke des 1. Armeekorps (Generalkommando in Königsberg).
Regierungsbezirk Königsberg.
Königsberg. Dritte Residenz der preußischen Monarchie, Festung ersten Ranges,
Hauptstadt der Provinz, Sitz des Oberpräsidenten, der Provinzial- und Regierungs-
behörden; Stadtkreis; liegt auf beiden Seiten und auf einer Insel des bis hierher
für Seeschiffe fahrbaren Pregels (225 m breit und 3,4 m tief, 8 km oberhalb feiner
Mündung in das Frische Haff); 151157 meist evangelische Einwohner. Die Stadt
liegt in einer flachen Gegend (2,u—23,25 m). Bedeutender Handel (Rohprodukte:
Getreide, Flachs, Hanf, Heede, Holz, Häute zc. und Kolonialwaren; für den Handel
mit Rußland Hauptplatz. Lebhafte Industrie (Eisengießereien und Maschinen-
sabriken, Fabriken in Tabak und Zigarren, Tapeten, Dachpappe, Mineralwasser,
Bernsteinwaren, Shnddy, Essig und Sprit, Pianinos, Chemikalien und Knochen-
mehl; Weißgerbereien, Schiffsbau, Dampfmehl- und Ölmühlen, Bierbrauereien). —
Stab des 1. Armeekorps und zahlreiches Militär; Reichsbaukhauptstelle, ostpreußische
Generallandschaftsdirektion nebst Darlehnskasse, Königsberger Vereinsbank, Pro-
vinzialhilsskasse, Rentenbank für Ost- und Westpreußen, Kreditverein und eine länd-
liche Genossenschaftsbank. Generalsuperintendent und Konsistorium, Provinzialarchiv,
Provinzialsteuerdireklion, Oberlandesgericht, Landgericht nebst Kammer für Handels-
fachen und Schwurgericht, Eisenbahnbetriebsamt, Oberpostdirektion, Forstinspektionen,
Hauptsteueramt, Landratsamt für den Landkreis, Börse, 13 Konsuln auswärtiger
Staaten, 15 evangelische Kirchen, eine katholische Kirche, zwei Synagogen; von
Herzog Albrecht I. 1544 gestiftete Universität nebst Sternwarte, botanischem Gar-
ten, zoologischem Museum ?c.; vier Gymnasien, ein Progymnasium nebst Waisen-
haus, zwei Realgymnasien, eine höhere Bürgerschule, eine königliche Kunst-
akademie, eine Kunstschule, ein Taubstummen- und Blindeninstitnt, königliche und
Universitätsbibliothek (250000 Bände), geheimes Archiv des deutschen Ritterordens,
ein Sladtmuseum (nebst Gemäldesammlung), Schauspielhaus, zahlreiche milde Stis-
tuugen, mehrere Hospitäler und wissenschaftliche Vereine. — Die Stadt besteht aus
den 1724 vereinigten drei Städten Altstadt (mit dem Schloßbezirk und Rathaus),
Kneiphof (mit dem Dome) und Löbenicht. Die alten Stadtteile haben enge
Straßen und wenig bedeutende Gebäude. Das Schloß mit 87 m hohem Turme, der
Schloßkirche und dem „Moskowitersaale" (seit 1457 Residenz der Hochmeister); Denk-
mäler Friedrich Wilhelms Iii. (Paradeplatz), Kants (am Schlosse), des Ministers von
Schön (vor dem Stadtmuseum), Friedrichs I. (gegenüber der Ostseite des Schlosses).
Der 5 ha große, von Gärten umgebene Schloßteich. Die Festungswerke sind bedeutend;
die Stadt ist noch von elf, meist am rechten Pregelnfer gelegenen Forts umgeben.—
Königskrönung am 18. Januar 1701; durch Dork, Stein, Arndt, Schön, Dohna :c.
angeregte Freiheitsbewegung (1813); Geburtsort der Philosophen Kant (1724) und
Hamann (1730). — Im Südosten der Stadt große Wiesen mit Torflagern; am
rechten Ufer des Pregel (8 km entfernt) die Ausläufer der samländischen Hügelland-
schast. Auf andern Seiten auch gut gepflegte Acker- und Gartenflächen. Rauhes,
veränderliches Klima.
Kreis Wehlau, zu beiden Seiten des Pregels sowie an der unteren Alle und der
Deime, meistens fruchtbar und mit evangelischer Bevölkerung; Landwirtschaft. Darin:
Tapian, Ätadt am Ausflusse der Deime aus dem Pregel, 3058 Einwohner, regel-
mäßige Dampfschiffverbindung; Tod Herzog Albrechts I. (1568). Wehlau, Kreisstadt,
weiter aufwärts am Pregel (Mündung der Alle), 5269 Einwohner. Lebhafter
Viehmarkt (Pferde k.); Gymnasium, Sonveränetätsvertrag (29. September 1657).
In der Nähe die Provinzialirrenanstalt zu Allenberg.
Nördlich der Kreis Cabiau, ein ebenes Land in der Südostecke des Kurischen
Haffs, wald- und moorreich; fast ganz evangelisch. Darin: Labiau, Kreisstadt an
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Das Königreich Preußen. 297
13 m hoch (über dem Spiegel der Oder). Der Gesundheitszustand, besonders auf dem
linken Oderufer, nicht günstig. Die früheren Festungswerke (bis 1807) jetzt prächtige
Anlagen und Spaziergänge; Belvedere auf Liebigshöhe (früher Taschenbastion) mit
umfassender Rundsicht; die Ziegelbastion mit Aussicht auf die Oder; bei dieser der
Augustusplatz mit dem Siegesdeukmal. Unter den Plätzen der Altstadt sind zu er-
wähnen der Ring, auf welchem das Rathaus (aus dem 14. Jahrhundert; Schweid-
nitzerkeller) und die Denkmäler Friedrichs des Großen und Friedrich Wilhelms Iii.
stehen; dicht dabei der Blücherplatz mit dem Blücherdenkmal; ferner der Neumarkt
und der Paradeplatz, an dem das Stadttheater, das königliche Schloß, das Stände-
Haus und die Börse stehen. Von dem Ring führt die Schweidnitzer Straße (die
Hauptgeschäftsstraße) an dem Stadttheater und dem Gouvernementsgebäude vorüber
nach dem Tauenzienplatz (Denkmal Tauenziens, des Verteidigers von 1760); mehr
westlich liegt der Museumsplatz mit dem Museum. Im Norden der Altstadt, am
linken Oderufer, die Universität und das katholifche Matthiasgymnasium. Von hier
führt die Sandbrücke nach der Sandinsel (Sandkirche) und weiter rechts die Dom-
brücke zur fürstbischöflichen Residenz und zum St. Johannisdom (1148—1270 erbaut).
Andre katholische Kirchen sind die Kreuz- und die Michaeliskircheunter den acht
evangelischen Kirchen sind zu erwähnen die Elisabeth- und die Maria-Magdalenen-
kirche. Die Universität (1702 gestiftet und 1811 mit derjenigen von Frankfurt a./O.
vereinigt) hat eine große Bibliothek (über 360000 Bände), einen botanischen Garten
und eine Sternwarte. Außer dem erwähnten katholischen sind noch drei evangelische
und ein simultanes Gymnasium, zwei Realgymnasien, eine Oberrealschule, drei höhere
Bürgerschulen, ein Seminar für Philologen und eins für katholische Volksschullehrer,
ein jüdisch-theologisches Seminar, eine höhere Handelslehranstalt. eine Kunst- und
Baugewerkschule, eine Taubstummen-, Blinden- und Irrenanstalt, neun Waisenhäuser,
eiu Museum für schlesische Altertümer, ein Provinzialmuseum der bildenden Künste,
eine Stadtbibliothek von 200000 Bänden, mehrere öffentliche Bibliotheken, eine Ge-
mäldegalerie :e. vorhanden. Unter den milden Stiftungen find das Elisabeth-, das
Trinitatis- und Allerheiligenhospital zu erwähnen. Breslau ist der Mittelpunkt der
schleichen Industrie (Eisengießereien, Fabriken für landwirtschaftliche Maschinen,
Pumpwerke, Apparate für Wasser- und Gasleitungen, große Reparaturwerkstätten
der Eisenbahnen, Fabriken von Leder und Lederwaren, Pianofortes, Orgeln, Gold-
und Silberwaren, Strohhüten, Zigarren und Zigarretten, Eisenbahnwagen, Möbeln,
Parketten, Öl, Likören, sowie Dampfsägemühlen, Bierbrauereien :e.), zugleich auch
Hauptort des schleichen Handels (Speditionsgeschäft, Getreide, Wolle, Flachs, Stein-
kohlen, Wein, Kleesamen ?e.; nächst dem Berliner der bedeutendste Wollmarkt in
Deutschland; Märkte für Flachs, Leder, Maschinen, Honig. Pferde, Schlachtvieh und
Getreide). Reichsbankhanptstelle, städtische Bank, schlesische Landschaft, schlesische land-
schaftliche Bank, schlesische Bodenkreditaktienbank, schlefischer Bankverein, Vorschuß-
vereine. Sitz des Oberpräsidenten, des Konsistoriums, des katholischen Fürstbischofs,
der Proviuziallandschastsdirektion, der Provinzialsteuerdirektion, des Provinzial-
archivs, der Regierung, eines Oberlandesgerichts, eines Landgerichts nebst zwei Kam-
mern für Handelssachen und Schwurgericht, eines Oberbergamts, einer Oberpost-
direktion, des Landratsamtes für den Landkreis; außerdem ein Hauptsteueramt,
Forstinspektionen, Handelskammer, mehrere Eisenbahndirektionen; schlesische Feuer-
Versicherungsgesellschaft, schlefischer landwirtschaftlicher Zentralverein, schlesische Ge-
sellschaft für vaterländische Kultur, Verein für Geschichte und Altertümer Schlesiens.
Breslau entstand etwa 758, war schon um 1000 eiu wichtiger Ort, bald darauf Sitz
eines Bischofs und Hauptort eines Fürstentums. Die Reformation wurde 1523 ein-
geführt (Dr. Heß); 1741 wurde es preußisch; 1813 Mittelpunkt der patriotischen
Bewegung. Geburtsort des Theologen Schleiermacher (1768), des Malers Ad. Menzel
(1815) :e. — In der Umgegend Breslaus viel Gartenbau.
Im Landkreise Breslau, welcher die Stadt Breslau umgibt, zu beiden Seiten
der Oder liegt, ziemlich fruchtbar ist und eine überwiegend evangelische Bevölke-
rung (5/g) hat, liegen: Koberwitz, großes Dorf in fruchtbarer, welliger Gegend
(Zuckerfabrik) und Pöpelwitz, sehr großes Dorf (4000 evangelische Einwohner), mit
Gemüse- und Getreidebau; vielbesuchter Eichenwald.
Ganz im Nordwesten des Bezirks Breslau liegt der Kreis Guhrau; derselbe
ist wiesenreich, seine Bevölkerung weit überwiegend evangelisch. Darin: Guhrau,