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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
584 Drittes Kapitel.
Deutschlands (Faber). Aus den bisherigen Angaben läßt sich schließen, daß der aus-
wärtige Handel Bayerns sich auf gewisse landwirtschaftliche Gegenstände (Hopfen, Obst,
Wein, demnächst auf Vieh, besonders Rinder, und Käse), namentlich aber auf eine
Reihe von Jndustrieerzeuguissen (Bier von München ic.; Metallwaren, Bleistifte und
Spiegelglas zc. von Nürnberg-Fürth, Baumwollengewebe von Augsburg, und ähn-
liche Produkte), die Einfuhr dagegen außer auf Rohprodukte für die Industrie auf
Kolonialwaren erstreckt. Als Handelsstädte haben Nürnberg und Augsburg sich seit
dem Mittelalter eine hervorragende Bedeutung bewahrt, zu ihnen treten neuerdings
besonders München und Würzburg' auch Regensburg und Bamberg verdienen er-
wähnt zu werden. — Das Bank- und Kreditwesen ist in Bayern noch nicht in gleichem
Maße entwickelt, wie in andern deutschen Staaten, was sich daraus ergibt, daß im
März 1887 im ganzen Lande nur 13 Bank- und Kreditinstitute mit einem Gesamt-
kapitale von 124 Mill. Mark, dagegen in dem viel kleineren Königreiche Sachsen in
der nämlichen Zeit 15 solche Institute mit einem Aktienkapitale von über 156 Mill.
Mark vorhanden waren. Unter den erwähnten bayrischen Bankinstituten befanden
sich eine Zettel- und zwei Staatsbanken.
Das Verkehrswesen befindet sich in nicht gerade ungünstigem Zustande.
Abgesehen von den früher erwähnten Wasserstraßen ist einigermaßen für Land-
straßen, wenn auch nicht überall in gleichem Maße wie in andern deutschen
Staaten, gesorgt; auch ist das Eisenbahnnetz zu großen Verbindnngsstraßen
ausgebaut, die namentlich Punkte wie München, Nürnberg, Augsburg, Regens-
bürg, Würzburg in deu Weltverkehr zieheu.
Posteu und Telegraphen haben in Bayern eine von dem Reiche unabhängige
Landesverwaltung. Die Länge der Eisenbahnen betrug 1888/89 5344,B km, wovou
etwa nur 1/9 tu Privatverwaltung stand. Hervorragend sind besonders folgende Bahn-
linien: Müncheu-Jugolstadt-Bamberg-Hos, Treuchtliugen-Würzbnrg, Pleinfeld-Angs-
bnrg-Bnchloe, Bamberg-Würzburg, Schweinsurt-Meiningen, Schweinfnrt-Gemünden,
Donauwörth-Jngolstadt-Regensburg, Augsburg - Ingolstadt, München - Regensburg
Hos, Weiden-Neueumarkt, Hos-Eger, Krailsheim-Nürnberg-Würzburg, Würzburg-
Aschaffenburg, Nürnberg-Eger, Ülm-München-Simbach, München-Bnchloe-Lindan,
Ulm-Kempten, München-Rosenheim-Salzburg, Rosenheim-Pilsting, Landshut-Pilsting-
Eisenstein, Rosenheim-Kusstein, München-Töltz, München - Peißenberg; — die Lud-
wigsbahu (Nürnberg-Fürth) und das System der pfälzischen Eisenbahnen (Neunkirchen-
Worms, Germersheim-Saarbrückeu, Neustadt-Weißenburg :c.). _
Alt der Spitze des Staatswesens stehen uuter dem Könige sechs königliche
Staatsministerien: 1) königliches Haus und Äußeres, 2) Justiz, 3) Inneres,
4) Kirchen - und Schulaugelegeuheiteu, 5) Finanzen, 6) Krieg; neben den
Ministerien besteht noch ein Staatsrat. Im Ministerialdepartement des Äußeren
befinden sich: die Geueraldirektion der Königlichen Verkehrsanstalteu (mit Ab-
teilungen für Eisenbahnbau, Eisenbahnbetrieb, sowie Post und Telegraphen);
im Departement des Inneren: die Abteilung für Landwirtschaft, Gewerbe und
Handel, der Verwaltungsgerichtshof, der Obermedizinalausschuß, das Ober-
bergamt, die oberste Baubehörde, die Statistische Zentralkommission, die Landes-
Gestütsverwaltuug, das Reichsarchiv, die Normaleichungskommission, das Landes-
versichernngsamt:c.; im Departement für Kirchen- und Schulaugelegenheiteu:
der oberste Schulrat, die katholischen Bistümer und das protestantische Ober-
konsistorinm; im Finanzdepartement: der oberste Rechnuugshos, die General-
Bergwerks- und Salinenadministration, die Generaldirektion der Zölle und
indirekten Stenern, die Staatsschuldentilgnngskommission und die Königliche
Bank; im Kriegsdepartement: das Generalauditoriat k.
Der Staat bildet eine konstitutionelle Monarchie, daher steht dem Könige
ein Landtag mit zwei Kammern zur Seite. Die Erste Kammer („Kammer der
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde]]
TM Hauptwörter (200): [T70: [Stadt Donau München Stuttgart Neckar Nürnberg Ulm Schloß Augsburg Regensburg], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
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Das Königreich Württemberg. 621
Von dem Schwäbischen Jura kommt besonders der mittlere Teil, die Rauhe Alp in
Betracht, welche von der Donau bis zu dem von Brenz und Kocher gebildeten Quer-
thale reicht. Ihr südwestlicher Teil ist durch Donauzuflüsse mannigfach gegliedert;
erst von der Lauchart (in Hohenzollern) an beginnt die eigentliche Rauhe Alp mit
ihrem zusammenhängenden, wasserarmen Rücken; ihr höchster Punkt ist der Lemberg
(1012 m) bei Gosheim. Nach der Nordwestseite hin stürzt die Alp sehr steil ab
(etwa 300 m tief), und hier finden sich auch die höchsten Erhebungen derselben; auf
beiden Abhängen sind Höhlen häufig. Das Härtfeld schließt sich nordöstlich an die
Rauhe Alp an und erstreckt sich bis in die Gegend von Nördlingen (Ries) als letztes
Glied des Schwäbischen Juras. Die Platte desselben ist auch wasserarm und ein-
förmig, aber waldreicher als die Alp; sie fällt auch zur Donau ziemlich steil ab.
— Das nördliche Terrassenland gehört dem großen Triasgebiete an; der zu Württem-
berg gehörige Teil desselben bildet im ganzen eine von tiefen Thälern durchschnittene
Hochebene, die sich von Süden nach Norden senkt und in ihren südlichen Teilen
große Waldungen enthält. Zwischen Heilbronn und Hall erheben sich die Löwen-
steiner Berge und an diese schließt sich südostwärts der Welzheimer Wald. Zwischen
Stuttgart und Tübingen breitet sich der waldreiche Schönbuch aus (584 m), in dessen
Nordosten die fruchtbare Hochebene Filder liegt (in der Neckarkrümmung bei Pochingen).
— Von dem Schwarzwalde kommen nur die östlichsten und verhältnismäßig niedrigen
Teile in Betracht; die höheren liegen im Großherzogtum Baden. Seine westlichen
Teile bestehen aus Buntsandstein, ooch reicht das württembergische Gebiet auch ^be-
sonders an der badenschen Grenze) in die Region älterer Gesteinmassen (besonders
des Granits) hinein; in dem Katzenkopf der Hornisgrinde wird hier eine Höhe von
1151 m erreicht. Weiter nordwärts folgt das Neckarbergland, größtenteils dem
Buntsandstein angehörig; hier erheben sich noch die Höhenzüge des Stromberges und
Heuchelberges (gegen 500 m hoch).
Für den südöstlichen Teil des Landes bildet die Donau, für den übrigen
der Rhein das Hauptstromgebiet; eine herrschende Stellung im Lande nimmt
der Rheinfluß Neckar mit seinen Zuflüssen ein.
Die Donau tritt oberhalb Tuttlingen in das Land, verläßt dasselbe aber bald
wieder, um die hoheuzolleruschen Lande zu durchströmen, dann durchfließt sie einen
größeren Teil des Landes von Scheer bis Ulm und nimmt hier von rechts Ries,
Roth und Jller, von links Lauter und Brenz auf. Zum Rheingebiete gehen Argen
und Schüssen (auf dem württembergischen Bodenseeufer), ferner wird das Land von der
oberen Murg berührt; wichtiger ist der Neckar. Derselbe gehört von seiner Quelle (ober-
halb Rottweil bis in die Gegend von Wimpfen und Jagstfeld fast immer Württem-
berg an, nur auf eine kurze Strecke zwischen Sulz und Horb berührt er die hohen-
zollernschen Lande. Er nimmt in Württemberg auch links die Enz mit Nagold und
Würm und rechts Fils, Rems, Kocher und Jagst auf. Im Osten greift noch der
Mainfluß Tauber iu das Land ein. Von diesen Gewässern ist hauptsächlich der
Neckar schiffbar; die Schiffbarkeit der Donau für größere Fahrzeuge beginnt erst an
der Grenze des Landes, bei Ulm.
Die fruchtbarste Gegend des Landes bildet der Neckarkreis, eine auch
durch Anmut der Natur allsgezeichnete Gegend, und zwar steht hier wiederum
das eigentliche Neckarthal obenan. In dem Schwarzwaldgebiete findet sich ver-
hältnismäßig das meiste Waldland, die Höhen der Rauhen Alp sind wegen
Wassermangels und dürren Bodens überwiegend unfruchtbar; die schwäbische
Terrasse hat iu ihren südlichen Teilen bedeutende Waldungen, während in den
nördlichen der Ackerbau vorherrscht. In dem Donaukreise, der sich südwärts
bis zum Bodensee erstreckt, sind Acker- und Waldslächen ziemlich gleich verteilt,
die Fruchtbarkeit ist verschieden.
Im Jahre 1883 waren vorhanden: Acker-, Garten- und Weinland 902466,
Wiesen 28j)927, Weiden, Hutungen, Öd- und Unland 91064, Forsten und Holzungen
599976, Haus- und Hofräume, Wege und Gewässer 69045 ha. Hiernach erreichten
Ackerland :e. nicht ganz den Reichsdurchschnitt; derselbe wurde dagegen in Wiesen (14,7
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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644 Drittes Kapitel
Heerstraßen, Grabmäler, Badeeinrichtungen k., die Urbarmachung weiter Gebiete,
die Einführung des Weinbaus u. dgl. Bei Beginn der Völkerwanderung wurden
die Römer völlig verdrängt. Die Gebiete der nun hier angesiedelten Germanen
(Alemannen und Franken) erstreckten sich über die Grenzen des Großherzogtums,
namentlich gegen Osten hinaus. — Von dem Herzog Gottfried von Alemannien
stammt Berthold I. (der Bärtige) ab, welcher als Graf im Breisgau erscheint und
den Titel Herzog von Zähringen annimmt. Sein ältester Sohn Berthold Ii. wurde
sein Nachfolger, während sein jüngerer Sohn Hermann der Heilige Hochberg erbte
und durch Heirat die Stadt Baden erhielt. Der Zuwachs zu diesen noch geringen
Besitzungen war besonders 1227 erheblich, indem zu dieser Zeit die Städte Psorz-
heim, Durlach und Ettlingen erworben wurden. Schon am Ende des 13. Jahr-
Hunderts aber zerfiel das Gebiet des Hauses in eine obere Markgrasschaft mit der
Hauptstadt Baden und in eine untere Markgrafschaft mit Pforzheim. Nachdem 1391
die Wiedervereinigung erfolgt war, teilte Christoph I. das Land 1515 wieder unter
seine drei Söhne. Von diesen starb Philipp kinderlos, während Bernhard eine Linie
Baden-Baden (Residenzen Baden und Rastatt) und Ernst eine Linie Baden-Durlach
(Residenzen Pforzheim, später Durlach und zuletzt Karlsruhe) stiftete. Beide nahmen
die Reformation an, doch trat Baden-Baden später wieder zur katholischen Kirche über.
Die letztere Linie starb 1771 aus und Baden-Durlach (die Eruestinische Linie) trat
in den Gesamtbesitz. Im Lüneviller Frieden erhielt die Markgrasschaft Baden Stücke
der Pfalz (Gegend von Heidelberg), die Stiftsgebiete von Konstanz, Basel, Straß-
bnrg und Speier auf dem rechten Rheinufer, sowie mehrere sonstige reichsunmittel-
bare Gebiete und freie Reichsstädte; der Fürst aber nahm den Titel Kurfürst an.
Neuen Zuwachs brachte der Frieden von Preßburg, in welchem das Land durch den
Breisgau, die Ortenau, Baar, sowie durch die Gebiete der Fürsten von Fürstenberg
und von Leiningen 2c. vergrößert wurde; zugleich erhielt der Fürst den Titel eines
Großherzogs. Nach der Schlacht bei Leipzig verließ Baden die Sache Napoleons
und wurde dann 1815 Mitglied des Deutschen Bundes. Eine ständische Versassuug
wurde 1818 eingeführt, darauf bildete sich (1821) die Union der lutherischen und
reformierten Kirchen des Landes, zugleich wurde auch der erzbischöfliche Stuhl in
Freiburg für die katholischen Unterthanen geschaffen. 1835 schloß sich Baden dem
deutschen Zollverein an. Nach den Erschütterungen der Jahre 1848 und 1849
(Maiaufstand 1849) gewann das Land unter dem jetzigen Großherzoge Friedrich
(von 1852 an als Prinz-Regent, von 1856 an als Großherzog) eine friedliche und
glückliche Entwickeluug.
Den Erhebungsverhältnissen nach gehört Baden zu dem Gebiete des
oberrheinischen Gebirgssystems. Sein vornehmstes Gebirge ist der Schwarz-
Wald; weiter nördlich kommen das Neckarbergland, und nur zu kleinem Teile
auch der Odenwald und das schwäbische Terrassenland in Betracht. West-
wärts dehnt sich, nach dem Rhein zu, der östliche Flügel der oberrheinischen
Ebene aus.
Von dem Schwarzwalde fällt der bei weitem größte Teil auf Baden, nämlich
7270 von 9480 qkm, in demselben befinden sich auch die bedeutendsten Erhebungen
des Gebirges, nämlich der Feldberg (1494 m), der Belchen (1415 m), der Kandel
(1243 m), der Blauen (1167 m) 2c. Die Hauptmasse des Schwarzwaldes besteht
aus Granit, dazu treten Gneis (am Fuße) und Sandstein (auf höheren Punkten).
Während die Hauptmasse des Gebirges mit Tannen bedeckt ist, tragen die Vorberge
der Rheinseite auf ihren Gipfeln meist Laubwälder und auf ihren Hängen Reben-
und Obstpslauzungen. Nördlich von der Enz geht das Gebirge in ein Hügelland, das
Neckarbergland, über, welches sich am Neckar wieder höher erhebt (in dem 567 m
hohen Königsstuhl); es gehört der Triasformation an, doch treten am Neckar auch
vulkanische Gesteine auf. Der rechts vom unteren Neckar folgende Odenwald besteht
seinem Kern nach aus Granit, welcher jedoch meist von Buntsandstein überlagert
wird. Die Rheinebene ist von Schwemmland gebildet; dasselbe ist zwischen Rastatt,
Karlsruhe und Philippsburg sehr sandig, jedoch auch gut angebaut; mehr nach dem
Gebirge zu ist größere Fruchtbarkeit zu finden, besonders auch in den Seitenthälern
des l^chwarzwaldes und auf den Höhen des Odenwaldes; die größte Fruchtbarkeit
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Gottfried_von_Alemannien Berthold_Ii Hermann_der_Heilige_Hochberg Christoph_I. Philipp_kinderlos Philipp Bernhard Ernst Napoleons Friedrich
( Friedrich
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
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172 Das Waldenburger Bergland.
Räubereien in Schlesien, ohne einen Feind zu haben, fortsetzte. Die Stadt
Namslan hatte er zu seiner Feste gemacht, von der ans er die Umgegend bis
nach Öls hin brandschatzte, weil es der Herzog von Öls mit den Polen gehalten
hatte. Nun rief dieser die Polen nach Schlesien zurück; mit den Breslauern ver-
feindete sich Affenheim, weil diese sein Treiben mißbilligten. Dafür aber fand er
Raubgesellen in den Besitzern der Bonenburg und in Hermann Czettritz auf
Fürstenstein. Jetzt wurde von Namslau, der Bolkenburg und dem Fürstenstein aus
Schlesien verwüstet. Die Raubzüge brachten bedeutende Beute ein, welche die
Räuber in ihre festen Burgen schleppten. Geistliche und Lehrer griffen zu den
Waffen, um das Land zu schützen; der Bischof schlenderte den Bannstrahl auf
die rohen Ritter: aber alles war vergeblich. Drei Jahre, bis zum Jahre 1445,
wüteten die grausamen Menschen. Durch die Bemühungen der Herzogin Elisabeth
zu Liegnitz kam endlich ein Friede zustande. Aber Assenheim hielt nicht, was
er versprochen hatte; er zog plündernd nach Neumarkt, wurde aber dort ergriffen
und zur Strafe seines Rechtsbruches enthauptet.
Über dieses Urteil waren die Freunde des Assenheim empört, und sie be-
gannen wieder ihre Raubzüge gegen die Städter; erst im Jahre 1449 werden
endlich die Fehden beigelegt. Allein nach Verlauf von nicht mehr als zwölf
Jahren loderte durch Podiebrad fchon wieder die Kriegsfackel auf durch ganz
Schlesien, Mähren und Böhmen, und die Schloßherren fanden abermals ihre
volle Beschäftigung. Podiebrad kam nach Schlesien, belagerte und bekam —
ob mit Gewalt oder durch Unterhandlungen ist ungewiß — den Fürstenstein
im Jahre 1463 und gab ihn seinen Getreuen. So wurde die Burg wiederum
eine Geißel für Schlesien. Zur Freude der Breslauer kam im Jahre 1474
Matthias von Ungarn mit 1500 Reitern und 3000 Trabanten, um endlich die
Frevler auf dem Fürstenstein zu züchtigen. Zwar erschütterten die Büchsen mit
Macht die Wehre und Türme der Feste, aber die Festung blieb uuerobert, die
Gewandtheit und Tapferkeit der Besatzung unbesiegt, und Matthias mußte die
Belagerung ausgeben, weil ihn ein Einfall der Türken nach Ungarn zurückrief.
Der Raubritter vom Fürstenstein konnte, wie früher, die Straßen unsicher machen.
Im Jahre 1509 kaufte den Fürstenstein Kunz von Hochberg, dessen Familie
ihn noch heute im Besitz hat. Im Dreißigjährigen Kriege mußte die Burg Haus
Heinrich von Hochberg verlassen, und sie wurde einmal von den Kaiserlichen,
zweimal von den Schweden erobert. Nach dem Frieden ließ dann der Besitzer
die Festungswerke abtragen und machte aus dem Hause des Krieges eine Stätte
des Friedens. Es würde zu weit führen, wenn wir uns bekannt machen wollten
mit der ganzen Kette von Sorgen und Mühen, welche die Familie Hochberg um
den Besitz des Fürstensteins durchzukämpfen gehabt hat, wieviel Leiden sie ge-
tragen, wieviel Geld sie dabei verausgabt hat; wie sie aber immer in der
Not Rettung gefunden, wie sie selbst vom ärmsten Bauer, wenn er nur noch
etwas hergeben konnte, unterstützt worden ist, weil sie überall Liebe gesäet und
Liebe geerntet hat. Wenn nach den Zeiten des Druckes und der Not friedlichere
Zeiten zurückkehrten, traten auch bald geordnetere Verhältnisse wieder ein. Ein
mühevolles Leben führte besonders Hans Heinrich I. von Hochberg, dessen
Verdienste Ferdinand Iii. dadurch auerkauute, daß er ihn 1650 zum Reichsfreiherrn
ernannte. Auf den Fürstentagen zeichnete sich der Besitzer von Fürstenstein sehr
aus, und Kaiser Leopold erhob ihn 1666 in den Reichsgrafenstand. Die Hochbergs
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Hermann_Czettritz Elisabeth Matthias_von_Ungarn Matthias Kunz_von_Hochberg Heinrich_von_Hochberg Heinrich Hans_Heinrich_I._von_Hochberg Heinrich_I. Ferdinand_Iii Ferdinand Leopold Leopold
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Die Burg Kynsberg am Schlesierthale. 187
einem Felsen zerspalten. Die bewunderswerte Treue des Hundes hatte das
Unglück verhütet. Man band den Knaben sorgfältig los, hob ihn auf, und als
er wieder zu sich kam, erzählte er, daß das Pferd unversehens scheu geworden
sei und einen Satz gemacht habe, wobei er aus dem Sattel gestürzt sei. In
demselben Augenblicke ergriff der treue Hund die Zügel des Pferdes und hielt
sie fest, bis endlich Hilfe kam. Zum Andenken an diese wunderbare Rettung ließen
die Eltern den Junker mit Pferd und Hund malen in einem Gemälde, das
noch vorhanden ist. Im 18. Jahrhundert verfiel die Burg immer mehr, so
daß die Herrschaft ihre Wohnung in dem benachbarten Dittmannsdorf nahm.
Ode und verlassen von fast allem Leben, denn nur ein Beamter wohnte im
Thorhause, stürzte im Herbste des Jahres 1789 ein Teil der Seitenmauern
der Burg zusammen. Die Räume, welche mehrere Jahrhunderte hindurch den
Familien von Herzögen, Fürsten und Freiherren freundliches Obdach gewährt,
verfielen derartig, daß die Trümmer nur mit Lebensgefahr zu betreten waren.
Damit die Gläubiger der Herrschaft, die tief in Schulden geraten war,
befriedigt würden, wurden die Besitzungen in einzelne Teile zerteilt und ver-
kauft. Die Burg wurde auf diese Weise im Jahre 1823 durch gerichtlichen
Zuschlag Eigentum einiger Bauern, die schon früher Besitzer des Berges und
Waldes geworden waren. Es ging das Gerücht, die Bauern hätten den Kauf
nur gemacht, um die Burgruine niederzureißen und das Material für sich zu
verwenden, ferner auch, um zu verhindern, daß Fremde in ihr Gebiet kämen.
Ein Freund des Altertums wußte es dahin zu bringen, daß noch Nachgebote
gegeben werden konnten; er wollte die Burg vor dem Niederreißen retten. Da
meldete sich der Professor Büsching mit einem Nachgebot, und mit ihm wollte
jener Freund des Altertums nicht wetteifern, da er dieselbe Absicht wie dieser
hatte. Professor Büsching erstand die Burg, und so wurde die Ruine einem
so liebevollen Pfleger zu teil, wie sich nur je einer finden konnte. Mit einer
rührenden Zärtlichkeit hing er an seiner Kynsburg, ließ die Trümmer auf-
räumen, machte die Ruine wieder gangbar, stellte den Turm wieder her, versah
ihn mit einer Treppe, verwandelte die ehemalige Burgkapelle in ein freundliches
Zimmer, in welchem er sich gern selbst aufhielt, wenn seine amtliche Stellung
in Breslau ihm einen Ausflug gestattete; auch verschönerte er den Burghof durch
anmutige Gartenanlagen und sorgte für die Bequemlichkeit und Unterhaltung
der Burgbesucher. Im Jahre 1840 kam die Burg, nachdem sie siebzehn Jahre
liebevoll gepflegt worden, in die Hände des Grafen von Burghauß, der schon
früher die Herrschaft Kynau an sich gebracht hatte. Was Büsching begonnen hat,
setzt der Graf von Burghauß fort. Alljährlich wird mit den Verschönerungen
der Burg und ihrer Umgebung fortgefahren, so daß wir lebhaft an den alten
Matthias von Logau erinnert werden.
So lohnend der Spaziergang zur Burg ist, so interessant ist eine Wan-
dernng durch die Gemächer derselben. Außerhalb der Thorbrüstung erblicken
wir rechts die halb erhabenen Bilder der Stärke, Geduld, Klugheit und Hoff-
nuug, links die der Barmherzigkeit, Mäßigkeit, Gerechtigkeit und Treue. Die
Bilder tragen die Unterschristen: Portitudo, Patientia, Prudentia, Spes, Caritas
und Fides. Mäßigkeit und Gerechtigkeit sind ohne Unterschriften. Über dem
Eingangsthor sehen wir die Wappen vom Grafen Hohenzollern und von Rochow.
Treten wir in das Schloß ein, so wird uns das Gefängnis gezeigt, in welchem
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
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440 Im Regierungsbezirk Bromberg.
der Menschen erhob sich von den Hügeln ein ungemein großer Schwärm von
weißen Riesenadlern, und der ganze Hain war mit Adlernestern angefüllt.
Lech wurde von einem dieser Adler, der sich in seinem Nacken verfing, über-
fallen, und erst nach tapferer Gegenwehr gelang es ihm, den Aar zu bewältigen.
Auf dem Hügel, auf dem sich das Nest (gniazdo) des Tieres befand, legte er
eine Burg an; dort baute er, ein königlicher Aar, sich sein Nest, von dem aus
er mit seiuem Geschlechte die Lande weit umher beherrschen wollte. Er faud
die Gegend vorzüglich geeignet zur Gründung einer festen Stadt, ließ den Hain
niederhauen, erbaute neben der Burg zum Dauke den Göttern, die ihn so günstig
geführt hatten, einen Tempel und ließ ringsherum eine Stadt erbauen, welche
er G-niezna, d. h. Nest, nannte. So wurde die Stadt Gnesen gegründet.
Zum Andenken an jene Adler und in Verehrung des göttlichen Winkes
erkor Lech den Adler zum Sinnbilde und Zeichen seiner Herrschaft. Deshalb
ist der weiße Adler mit ausgebreiteten Fittichen auch in das Wappen des pol-
nischen Reiches aufgenommen worden.
Lech bemühte sich, sein Volk zu Ackerbauern zu machen; er selbst bebaute
bei seiner Residenz die jungfräuliche Erde, die noch kein Pflug berührt hatte.
Sie lohnte die Arbeit mit reichem Ertrage, und bald entstanden Meiereien,
größere und kleinere Dörfer in der Nähe Gnefens, und immer zahlreicher
drängten sich die Einwohner nach dem Sitze ihres Herzogs, der dem Volke
weise Gesetze gab und Recht und Ordnung im Lande mit Kraft. Klugheit und
Mäßigung handhabte.
Lechs Tod verbreitete tiefe Trauer über das ganze Land. Die angesehensten
Männer aus allen Gegenden des Reiches kamen in Gnesen zusammen, um über
das Wohl des Staates zu beraten. Da zeigte sich wieder der alte Unabhängig-
keits- und Freiheitssinn der Lechiten; sie wollten sich keinem Manne unterwerfen
und doch ein zusammengehöriges Volk bleiben. Deshalb wählten sie keinen
König, sondern zwölf Männer, die sich durch Reichtum, Ansehen und ehren-
werten Charakter auszeichneten, denen sie die Sorge für das Reich auftrugen.
Aber jetzt wollte jeder herrschen, keiner gehorchen; der starke Mann unterdrückte
den schwachen, bis sich ein stärkerer wieder des starken bemächtigte; Eigennutz
trat an die Stelle des Gemeinsinnes, Privatleidenschaft an die Stelle der Ge-
rechtigkeit. Während Unfriede im Reiche herrschte und jeder unbewußt am
Untergange seines Vaterlandes arbeitete, stürmten die Nachbarn als Feinde in
das Land ein, eroberten große Striche desselben und schleppten die Einwohner
als Sklaven hinweg. Der Ruhm und die Macht der Lechiten war eingehüllt
in tiefe Schmach und arges Zerwürfnis. Fast 150 Jahre gingen so in großem
Elend hin. '
Die ersten Herrscher. Da erinnerten sich die wackeren Männer, die von
quälendem Schmerz über die Leiden des Vaterlandes erfüllt waren, an ihren
Stammvater Lech und an seine Weisheit; sie beriefen das Volk zu eiuer großen
Versammlung an die Quellen der Weichsel. Unter der Volksmenge trat ein
Mann auf, Crae mit Namen, der durch Rechtlichkeit, Weisheit und Erfahrenheit
im Kriegswesen bekannt war, und zog durch seine Reden die Aufmerksamkeit
der Anwesenden auf sich. „Lächerlich ist", so sprach Crae, „ein verstümmeltes
Tier und ein kopfloser Mensch. Was ist ein Körper ohne Seele, was eine
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Autor: Keussen, Hermann, Kaiser, W., Keller, J., Heinzerling, Jakob, Preiser, F., Köppen, Fedor von, Nover, Jakob, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Schloß zu Kleve. 215
Früher befand sich im Schlosse ein reichhaltiger Antiquitätensaal; aber
Vieles trugen die Franzosen zur Zeit der Revolution (1794) weg, Anderes ver-
leibte der bekannte Archäolog Dorow den Museen zu Bonn und Münster ein.
Der ehemalige Speisesaal, von seinem weißen Marmorboden der „Mar-
mor-" und später zu Ehren Friedrich Wilhelms H. der „Königssaal" genannt,
dient seit 1821 zum Sitzungssaale des Assissenhoss.
Während von Buggenhagen und der nachmals so berühmte Minister
von Stein sehr viel für die Verschönerung des Schlosses thaten, haben dagegen
die Franzosen während der Revolutionszeit in den ehrwürdigen Räumen mit
empörendem Wandalismus gehaust (1794).
Schloß mit Schwanenthurm zu Kleve.
Nachdem 1798 das linke Rheinufer an Frankreich abgetreten war, stellte
man zwar einige Theile des Schlosses wieder her; aber die durch Geschichte und
Sage geweihten Räume dienten seitdem nur profanen Zwecken, ja sogar Verbrechern
und Gefangenen zum Aufenthalt. Noch jetzt ist die poetische Schwanenbnrg ein
Zucht- und Arresthaus. Sic transit gloria mundi. Doch trotzdem gemahnt
der immer noch stattlich in die Lüste ragende Schwanenthnrm an Sage und
Geschichte; er trotzt dem Zahn der Zeit, ja er widerstand selbst dem Feuer.
Ueber der zweiten Galerie ward 1828 die abgestumpfte Pyramide erneuert; sie
trägt auf acht freistehenden Säulen, deren Spitzbogen acht vergoldete kupferne
Kugeln zieren, eine runde Kuppel. Aus dieser erhebt sich eine eiserne Stange,
worauf ein vergoldeter Schwan ruht. Unter den Flügeln sind Schalllöcher, die bei
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Autor: Keussen, Hermann, Kaiser, W., Keller, J., Heinzerling, Jakob, Preiser, F., Köppen, Fedor von, Nover, Jakob, Klöden, Gustav Adolf von
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Erzbischof Hanno. 125
waren aus Köln entflohen und riefen Heinrich, der sich damals zu einem Zuge
nach Ungarn rüstete, um Hülfe an. Dieser eilte aus Regensburg herbei, und
nachdem er in Mainz das Pfingstfest gefeiert, kam er nach Köln und lud Hanno
vor, um über sein Verhalten in jener Fehde Gericht zu halten. Doch konnte
er dem Erzbischof nichts anhaben, da jene 690 selbst zu viel gefrevelt hatteu.
Ja, als der König verlangte. Hanno solle ihnen die Rückkehr in die Stadt er-
lauben, weigerte sich dieser entschieden, und Heinrich gab auf den Rath seiner
Freunde nach, da seine augenblickliche Lage es ihm unmöglich machte, seinen
Willen durchzusetzen.
So schieden diese beiden Männer, um sich von da ab nicht mehr zu be-
gegnen. Denn mit Hanno's Kraft war es seit jenem Aufstand vorbei, es ging
mit ihm zu Ende. Sein geliebtes Köln hatte sich in Feindschaft von ihm ab-
gewendet; darum sollte es auch seine Gebeine nicht haben. Nicht, wie er früher
verordnet, in der Kirche Maria ad gradus wollte er beigesetzt sein, sondern in
der von ihm gegründeten Abtei Siegburg. Vor seinem Tode aber verzieh er
den Empörern, wie es heißt, infolge eines Traumes, in dem er sich in einer
Versammlung der übrigen Bischöfe erblickte, angethan mit einem glänzend weißen
Kleide. Auf der Brust aber hatte er einen großen, häßlichen Fleck, und der
Bischof Arnulf von Worms bedeutete ihn, er möge diesen tilgen, denn er
werde bald abberufen werden. Kurz darauf starb er und ward seinem Willen
gemäß in Siegburg beigesetzt.
Hanno's kirchliche Wirksamkeit zeigte sich nicht nur in der Bekämpfung der
damals herrschenden Simonie und der Verbesserung der klösterlichen Zucht,
sondern auch in der Verschönerung und Bereicherung der Kölner Kirchen, be-
sonders des Domes St. Peter und der Kirche Maria ad gradus. Noch
größere Wichtigkeit für die ganze Rheingegend hatte die Gründung nener Klöster.
Von diesen Stiftungen ist die Abtei Siegburg die wichtigste. An die Er-
Werbung von Siegburg knüpft sich eine gar traurige Geschichte. Der mächtige
Pfalzgraf Heinrich verwüstete Hanno's Gebiet mit Feuer und Schwert, wes-
halb dieser den Bann über ihn aussprach. Da ging Heinrich in sich, schenkte
die Siegburg der Kirche St. Peter in Köln und ging in ein Kloster. Lange
hielt er es aber darin nicht aus, da brach er wieder los, und die Verwüstung
und Plünderung ging von Neuem au. Endlich scharten sich die Kölner und
ihre Nachbarn zusammen. Vor ihnen zog sich der Pfalzgraf auf sein festes
Schloß bei Kochem an der Mosel zurück. In einem Anfall von Tobsucht,
woran er oft gelitten haben soll, erschlug er dort seine Gemahlin Adelheid
und zeigte den schaudernden Feinden ihr abgeschlagenes Haupt. Damit war
der Krieg zu Ende; denn das Licht des Geistes kehrte dem Unglücklichen nie
wieder. Hanno verwandelte die Burg in ein Kloster, in das er zuerst Mönche
aus der Gegend von Trier und später, als diese sich seiner strengen Ordnung
nicht fügten, solche aus Oberitalien kommen ließ. Heinrich Iv. sowol wie
Hanno und seine Nachfolger statteten die Abtei reichlich mit Gütern und Ge-
rechtsamen aus, so daß sie in der Folge sehr mächtig wurde. Erst im Jahre
1803 ward sie aufgehoben, und später gründete der edle König Friedrich Wil-
Helm Hi. auf ihr eine Irrenanstalt, die noch heute segensreich wirkt. —
Doch kehren wir uach dieser geschichtlichen Episode zu den weiteren Schick-
salen der Stadt Kaiserswerth zurück.
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Extrahierte Personennamen: Hanno Heinrich Heinrich Hanno Hanno Heinrich Heinrich Maria Maria Arnulf_von_Worms Peter Maria Maria Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Peter Adelheid Hanno Heinrich_Iv Heinrich Hanno Friedrich_Wil- Friedrich
Autor: Keussen, Hermann, Kaiser, W., Keller, J., Heinzerling, Jakob, Preiser, F., Köppen, Fedor von, Nover, Jakob, Klöden, Gustav Adolf von
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Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
126 Die alte Nheininsel bei Kaiserswerth.
Nach mehrmaliger Verpfändung kam es 1424 an Köln und erst 1768
fiel es wieder au die Pfalz. Früher war es auch stark befestigt und hielt zwei-
mal starke Belagerungen aus iu den Jahren 1689 und 1702. Jetzt blüht die
Stadt durch verschiedene Industriezweige, Baumwoll- und Wollspinnereien,
Sammt- und Seidenmanufaktur, Tabaksfabriken, Töpfereien und hält drei Jahr-
Märkte ab. Von Gebäuden verdient die alte Stiftskirche romanischen Stils,
im 12. und 13. Jahrhundert aus Tuffstein erbaut, erwähnt zu werden, in der
sich der silberne Reliquienschrein des heil. Suitbertus befindet.
Am User gewahrt man noch die Bogengänge und Mauerwäude der ehe-
maligen kaiserlichen Pfalz, worin sich einst die kaiserliche Wittwe mit dem
Königskinde aufhielt. Im Jahre 1184 hatte sie der Kaiser Friedrich Bar-
barossa wieder herstellen lassen, aber bei der Vertreibung der Franzosen durch
die Holländer 1702 ward die ehrwürdige Burg bis auf wenige Reste geschleift.
In Kaiserswerth war auch das freiherrliche Geschlecht der Speevoulaugeu-
seld ansässig, welchem Friedrich v. Spee, der Dichter der „Trntz-Nachtigall"
lkölu 1649) und des „Güldenen Tugeudbuchs" (Köln 1666), angehörte, be-
sonders bekannt als eifriger Bekämpfer der Hexenprozesse. Gegen diese schrieb
er das Buch: „Kriminalistische Vorsicht, oder Buch über die Prozesse gegen die
Hexen, an die deutschen Obrigkeiten, zu diesen Zeiten nothwendig, aber auch
den Räthen und Beichtvätern der Fürsten, den Inquisitoren, Richtern, Advokaten
u. s. w. sehr nützlich zu leseu." Dies beweist, daß Friedrich v. Spee ein humaner
Mann war; er gehört aber auch zu deu besteu Dichtern des 17. Jahrhunderts.
— Geboren 1591 in Kaiserswerth, trat er später dem Jesuitenorden bei und
starb 1635 zu Trier. Seiue Gedichte athmeu eine tiefempfuudeue Andacht und
ein weiches Gefühl. Der Wahn seiner Zeit hatte ihm die Haare vor der Zeit
gebleicht, so daß er selbst dem Würzburger Kanonikus Johann Philipp von
Schönborn, späteru Kurfürst vou Maiuz, auf sein Befragen darüber antwortete:
„Das kommt von den vielen Hexen her, die ich zum Scheiterhaufen begleitet habe."
Nicht weit von Kaiserswerth liegt das Schloß Helt ors, der Sitz der Grafen
von Spee, im Innern mit Freskogemälden von Cornelius, Plüddemaun, Vincke
und Lessing ausgeschmückt.
Am bekanntesten jedoch ist für die Gegenwart die Stadt geworden dnrch
die vom Pastor Theodor Fliedner 1836 daselbst gegründete Diakonissen-
an st alt, welche das Mutterhaus vieler gleicher Töchteranstalten in Deutschland
und weit über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus wurde.
Es gelang dem noch jugendlichen Pfarrer Fliedner mit Kollektenreisen,
nicht nur der Roth der lutherischen Gemeinde in Kaiserswerth zu steuern,
sondern auch für die Zukunft die Gemeinde, ihren Geistlichen und Schullehrer
zu sichern. Nun arbeitete der treue Seelsorger an der Verwirklichung eines Ideals,
das ihm den Titel eines Wohlthäters der gesunkenen Menschheit verdiente. Er
erbarmte sich nämlich der Roth der Gefangenen, die bis dahin, ohne Unter-
schied des Alters und Geschlechtes, ohne Rücksicht auf schwere oder leichte Ver-
gehen, zusammengepreßt in dumpsen Verließen schmachteten und oft noch laster-
haster und abgefeimter ihre Straflokale verließen, als sie dieselben betreten hatten.
Es ist wahrhaft rührend, wie Fliedner in Düsseldorf selbst den Versuch
machte, sich mit den Verbrechern einkerkern zu lassen, um desto besser unter
ihnen wirken zu können. Er rief 1826 die erste „Gefängnißgesellschast" ins
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Extrahierte Personennamen: Suitbertus Friedrich_Bar- Friedrich Friedrich_v Friedrich Spee Friedrich_v Friedrich Spee Würzburger_Kanonikus_Johann_Philipp_von
Schönborn Johann Philipp Spee Cornelius Lessing Theodor_Fliedner Fliedner Fliedner
Extrahierte Ortsnamen: Kaiserswerth Kaiserswerth Kaiserswerth Maiuz Kaiserswerth Deutschland Kaiserswerth Düsseldorf
Autor: Steinbach, Josef, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Klöden, Gustav Adolf von, Mehlis, Christian, Hocker, Nikolaus
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Ebernburg und der Rheingrafenstein. 27
1697 von den Franzosen zerstört. Einzelne Reste der alten Gebäude sind noch
vorhanden. In einer Nische des Burghofes sind allerlei Alterthümer verwahrt,
die beim Aufgraben der Ruinen gefunden wurden. Ein besonders tiefer Zieh-
brunnen, der noch zum alten Schlosse gehört hat, erregt die Aufmerksamkeit der
Besucher. In einem Saale des Neubaues befinden sich die Porträts Sickingen's
und seiner Freunde, so daß man sich leicht in die Zeit zurückversetzt, als ein
muthiger deutscher Ritter es wagte, mit ganzer Kraft einem „Reichsfeinde"
entgegen zu treten.
Der Rheingrafenstein war eine Burg des edlen Geschlechtes der „vom
Stein", als dessen Urheber Graf Cancer gilt, der im 8. Jahrhundert gelebt
haben soll. Im Jahre 1347 uauute sich Johann Ii., der mit dem Wildgrafen
von Dhaun verwandt war, Rheingraf vom Rheingrafenstein, womit der Ursprung
der Benennung erklärt ist. Nach vielfachen Schicksalen, deren nähere Auseinander-
setzung uns zu weit führen würde, kamen 1791 die Besitzungen vom Rheingrafen-
stein an die Grumbach'sche Linie, die heute noch in den Fürsten von Salm-
Horstmar fortlebt. Sie sind auch Eigeuthümer der malerischen Ruine, von der
man rundum eine prachtvolle Aussicht auf das Thal der Nahe und die sie um-
gebenden Berge, auf die Rebenhügel, lachenden Wiesen, Felder und Wälder hat.
Wer Simrock's „Rheinsagen" zur Haud hat, möge die Sage vom wilden Jäger
nachlesen, die mit den Worten beginnt:
Der Wild- und Rheingraf stieß ins Horn:
„Hallo, hallo zu Fuß und Roß!"
Sein Hengst erhob sich wiehernd vorn;
Laut rasselnd stürzt ihm nach der Troß.
Laut klifft und klafft es, frei von Koppel,
Durch Korn und Klee, durch Heid' und Stoppel.
Führt uns diese Sage eine bedeutsame Sagengestalt des deutschen Volks-
glanbens vor Augen, so erinnert eine andere, die Gustav Pfarrius poetisch
bearbeitet hat, an den Bau des Schlosses mit Hülfe des Teufels. Der Fürst
der Hölle, der sich für diese seine Dienstleistungen gewöhnlich eine Seele ausbat,
erhielt aber statt dessen einen Esel, dasjenige Thier, das ihm im deutschen
Heidenthum, als Herr Uriau noch der germanische Gott Wodan war, geweiht
sein mochte. In der wilden Jagd erscheint auch mitunter ein Esel. Aehnliche
Sagen knüpfen sich an den Bau des Münsters zu Aachen sowie der Dome zu
Mainz, Trier.und Köln und führen uns den alten Heidengott als Weltbaumeister
vor, denn bauen steht symbolisch für schaffen.
Zwischen Nahe, Rhein und Mosel liegt der Hunsrück im Norden der
Vogesen. Er gehört der Uebergangs- und Flötzsormation an, in der ver-
steinerungsleerer Thonschiefer und Quarzite vorherrschen. Eingelagert sind Ueber-
gangskalk mit Kohlensandstein, bunter Sandstein, Quadersandstein und Trapp-
thon. Einzelne Abtheilungen des Hunsrücks führen besondere Namen, so der
Hochwald, der Idar- und der Soonwald. Der eigentliche Hunsrück reicht
von Rheinböllen bis Koblenz und von den Höhen bei Bernkastel bis ebendahin.
Er bildet ein wellenförmiges Plateau, aus dem sich einzelne stark bewaldete
Kuppen und Höhenzüge emporheben, durchschnitten von Thälern, welche Bäche
zur Mosel, Nahe und zum Rhein senden. Der große Soonwald ist ein dunkler
Gebirgsforst, in dem zu Anfang dieses Jahrhunderts die Räuberbanden des
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Extrahierte Personennamen: Johann_Ii Johann Gustav_Pfarrius Gustav