1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die übrigen Staaten in Mittel- und Norddeutschland. 457
Der Verkehr an diesem Platze ist freilich infolge der vermehrten Eisenbahnverbiu-
düngen in letzter Zeit nicht unerheblich zurückgegangen. Von den Steinkohlen werden
etwa 74 Proz. ausgeführt; sehr stark ist auch die Einfuhr, beziehentlich Durchfuhr
böhmischer Braunkohlen. Abgesehen von Steinkohlen, sowie von andern Produkten
des Bergbaues, gelangen besonders Gewebestoffe und Holzwaren zur Ausfuhr, teil-
weise in die fernsten Gegenden, während Rohstoffe für die Industrie (Wolle, Baum-
wolle, Flachs :e.), Kolonialwaren und Getreide eingeführt werden. Handels- und
Gewerbekammern sind in den wichtigsten Handelsplätzen (Zittau, Dresden, Chemnitz,
Plauen, Leipzig); auch das Bank- und Kreditwesen findet geeignete Vertretung. Die
Reichsbank hat eine Hauptstelle in Leipzig und Nebenstellen in mehreren bedeuten-
deren Plätzen. An sonstigen Bankinstituten find zu nennen: die Leipziger Bank, die
Allgemeine Deutsche Kreditanstalt, der Leipziger Kassenverein, die Leipziger Vereins-
bank (sämtlich in Leipzig); die Sächsische Bank, die Dresdener Bank, die Sächsische
Lombard- und die Sächsische Kreditbank (in Dresden), die Stadtbank (in Chemnitz),
die Landständische Bank (in Bautzen) :c. • Auch das Sparkassenwesen ist hoch ent-
wickelt. In Leipzig ist die Zahl der buchhändlerischen Firmen 1833—1883 von 92
auf 523 gestiegen; außerdem waren 1883 in Leipzig noch 5574 auswärtige Firmen
vertreten, von denen etwa '/z in Leipzig stehendes Lager hatten; 1882 wurden hier
2628 Werke publiziert.
Das Verkehrswesen ist der Bedeutung des sächsischen Handels ange-
messen. Als Wasserweg dient die Elbe; die Landstraßen sind zahlreich und
in gutem Zustande, das Eisenbahnwesen besitzt ein sehr verzweigtes System
und auch Post und Telegraphie haben eine entsprechende Entwickelung erhalten.
In Schandau gingen 1888 zu Thal 8015 beladene Schiffe mit einer Ladung
von 2175500 Tonnen und 305 800 Tonnen Floßholz, und zu Berg >177 beladene
und 6363 unbeladene Schiffe mit 199200 Tonnen Ladung durch. Es verkehren
einige 20 Personen- und ebensoviel Schleppdampfer, beziehentlich Kettendampfer und
Güterdampfer. Im Eisenbahnwesen ist, wie in Preußen, das System der Staats-
bahnen zum Durchbruche gekommen. Im Jahre 1888/89 waren 2135 km Eisen-
bahnen (sämtlich unter Staatsverwaltung) vorhanden. Im Personenverkehr ist die
Strecke Dresden-Potschappel, im Güterverkehr (wegen der Kohlenabfuhr) die Strecke
Eainsdorf-Zwickau-Werdau die freqnenteste. Die' Staatsstraßen haben eine Länge
von ca. 3800 km, wovon rund 2800 km kunstmäßig ausgebaut sind. — Das sächsische
Postwesen ist am l. Jan. 1868 auf den Norddeutschen Bund, 1872 auf das Deutsche
Reich übergegangen; es sind Oberpostdirektionen zu Dresden und Leipzig vorhanden.
Bei dem, wie erwähnt, durchschnittlich recht guten Boden wird ziemlich
viel Getreide erzeugt, doch erfordert die zahlreiche Jndustriebevölkerung fast
ein Drittel mehr Getreide als geerntet wird. Die Viehzucht ist sehr be-
deutend; namentlich stark ist der Bestand an Rindvieh, demnächst an Pferden
und Schweinen, verhältnismäßig am schwächsten der an Schafen, doch ist die
Rasse derselben noch immer sehr gut.
Im Jahre 1882 (5. Juni) gab es landwirtschaftliche Betriebe überhaupt
192921, davon nur auf eigenem Lande 121433 (Gesamtfläche: 994714 ha), auf
eigenem und gepachtetem 51508 und nur auf gepachtetem 19880 (Gesamtfläche des
Pachtlandes: 139482 ha). Am verbreitetften sind die mittleren Betriebe (von
l0 100 ha), welche 57,„ Proz. betragen, kleine Betriebe (von 1 — 10 ha) gibt es
25.7 Proz-, große Betriebe (von über 100 ha) 14., Proz. Im Jahre 1888 waren
bestellt mit Roggen 212104 (Ernteertrag: 289126 Tonnen), mit Weizen 50500
^Ernteertrag: 97 796 Tonnen), mit Gerste 32 652 (Ernteertrag: 49 349 Tonnen), mit
Kartoffeln 118846 (Ernteertrag: 1218748 Tonnen), mit Hafer 183233 (Ernteertrag:
285672 Tonnen) und mit Wiesenbau 276 984 ha (Ernteertrag: 453359 Tonnen). —
Der Zuckerrübenbau ist verhältnismäßig gering; im Jahre 1888/89 wurden von drei
Zuckerfabriken 70 669 Tonnen Rüben zu 8829 Tounen Rohzucker und 1925 Tonnen
Melasse verarbeitet. In demselben Verwaltnngsjahre waren 592 Brennereien im
Gange, von denen 116000 Tonnen Kartoffeln, 12400 Tonnen Getreide und 5000
sonnen andre Stoffe verarbeitet wurden. — Bei den Forsten überwiegen die
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584 Drittes Kapitel.
Deutschlands (Faber). Aus den bisherigen Angaben läßt sich schließen, daß der aus-
wärtige Handel Bayerns sich auf gewisse landwirtschaftliche Gegenstände (Hopfen, Obst,
Wein, demnächst auf Vieh, besonders Rinder, und Käse), namentlich aber auf eine
Reihe von Jndustrieerzeuguissen (Bier von München ic.; Metallwaren, Bleistifte und
Spiegelglas zc. von Nürnberg-Fürth, Baumwollengewebe von Augsburg, und ähn-
liche Produkte), die Einfuhr dagegen außer auf Rohprodukte für die Industrie auf
Kolonialwaren erstreckt. Als Handelsstädte haben Nürnberg und Augsburg sich seit
dem Mittelalter eine hervorragende Bedeutung bewahrt, zu ihnen treten neuerdings
besonders München und Würzburg' auch Regensburg und Bamberg verdienen er-
wähnt zu werden. — Das Bank- und Kreditwesen ist in Bayern noch nicht in gleichem
Maße entwickelt, wie in andern deutschen Staaten, was sich daraus ergibt, daß im
März 1887 im ganzen Lande nur 13 Bank- und Kreditinstitute mit einem Gesamt-
kapitale von 124 Mill. Mark, dagegen in dem viel kleineren Königreiche Sachsen in
der nämlichen Zeit 15 solche Institute mit einem Aktienkapitale von über 156 Mill.
Mark vorhanden waren. Unter den erwähnten bayrischen Bankinstituten befanden
sich eine Zettel- und zwei Staatsbanken.
Das Verkehrswesen befindet sich in nicht gerade ungünstigem Zustande.
Abgesehen von den früher erwähnten Wasserstraßen ist einigermaßen für Land-
straßen, wenn auch nicht überall in gleichem Maße wie in andern deutschen
Staaten, gesorgt; auch ist das Eisenbahnnetz zu großen Verbindnngsstraßen
ausgebaut, die namentlich Punkte wie München, Nürnberg, Augsburg, Regens-
bürg, Würzburg in deu Weltverkehr zieheu.
Posteu und Telegraphen haben in Bayern eine von dem Reiche unabhängige
Landesverwaltung. Die Länge der Eisenbahnen betrug 1888/89 5344,B km, wovou
etwa nur 1/9 tu Privatverwaltung stand. Hervorragend sind besonders folgende Bahn-
linien: Müncheu-Jugolstadt-Bamberg-Hos, Treuchtliugen-Würzbnrg, Pleinfeld-Angs-
bnrg-Bnchloe, Bamberg-Würzburg, Schweinsurt-Meiningen, Schweinfnrt-Gemünden,
Donauwörth-Jngolstadt-Regensburg, Augsburg - Ingolstadt, München - Regensburg
Hos, Weiden-Neueumarkt, Hos-Eger, Krailsheim-Nürnberg-Würzburg, Würzburg-
Aschaffenburg, Nürnberg-Eger, Ülm-München-Simbach, München-Bnchloe-Lindan,
Ulm-Kempten, München-Rosenheim-Salzburg, Rosenheim-Pilsting, Landshut-Pilsting-
Eisenstein, Rosenheim-Kusstein, München-Töltz, München - Peißenberg; — die Lud-
wigsbahu (Nürnberg-Fürth) und das System der pfälzischen Eisenbahnen (Neunkirchen-
Worms, Germersheim-Saarbrückeu, Neustadt-Weißenburg :c.). _
Alt der Spitze des Staatswesens stehen uuter dem Könige sechs königliche
Staatsministerien: 1) königliches Haus und Äußeres, 2) Justiz, 3) Inneres,
4) Kirchen - und Schulaugelegeuheiteu, 5) Finanzen, 6) Krieg; neben den
Ministerien besteht noch ein Staatsrat. Im Ministerialdepartement des Äußeren
befinden sich: die Geueraldirektion der Königlichen Verkehrsanstalteu (mit Ab-
teilungen für Eisenbahnbau, Eisenbahnbetrieb, sowie Post und Telegraphen);
im Departement des Inneren: die Abteilung für Landwirtschaft, Gewerbe und
Handel, der Verwaltungsgerichtshof, der Obermedizinalausschuß, das Ober-
bergamt, die oberste Baubehörde, die Statistische Zentralkommission, die Landes-
Gestütsverwaltuug, das Reichsarchiv, die Normaleichungskommission, das Landes-
versichernngsamt:c.; im Departement für Kirchen- und Schulaugelegenheiteu:
der oberste Schulrat, die katholischen Bistümer und das protestantische Ober-
konsistorinm; im Finanzdepartement: der oberste Rechnuugshos, die General-
Bergwerks- und Salinenadministration, die Generaldirektion der Zölle und
indirekten Stenern, die Staatsschuldentilgnngskommission und die Königliche
Bank; im Kriegsdepartement: das Generalauditoriat k.
Der Staat bildet eine konstitutionelle Monarchie, daher steht dem Könige
ein Landtag mit zwei Kammern zur Seite. Die Erste Kammer („Kammer der
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Das Königreich Württemberg. 621
Von dem Schwäbischen Jura kommt besonders der mittlere Teil, die Rauhe Alp in
Betracht, welche von der Donau bis zu dem von Brenz und Kocher gebildeten Quer-
thale reicht. Ihr südwestlicher Teil ist durch Donauzuflüsse mannigfach gegliedert;
erst von der Lauchart (in Hohenzollern) an beginnt die eigentliche Rauhe Alp mit
ihrem zusammenhängenden, wasserarmen Rücken; ihr höchster Punkt ist der Lemberg
(1012 m) bei Gosheim. Nach der Nordwestseite hin stürzt die Alp sehr steil ab
(etwa 300 m tief), und hier finden sich auch die höchsten Erhebungen derselben; auf
beiden Abhängen sind Höhlen häufig. Das Härtfeld schließt sich nordöstlich an die
Rauhe Alp an und erstreckt sich bis in die Gegend von Nördlingen (Ries) als letztes
Glied des Schwäbischen Juras. Die Platte desselben ist auch wasserarm und ein-
förmig, aber waldreicher als die Alp; sie fällt auch zur Donau ziemlich steil ab.
— Das nördliche Terrassenland gehört dem großen Triasgebiete an; der zu Württem-
berg gehörige Teil desselben bildet im ganzen eine von tiefen Thälern durchschnittene
Hochebene, die sich von Süden nach Norden senkt und in ihren südlichen Teilen
große Waldungen enthält. Zwischen Heilbronn und Hall erheben sich die Löwen-
steiner Berge und an diese schließt sich südostwärts der Welzheimer Wald. Zwischen
Stuttgart und Tübingen breitet sich der waldreiche Schönbuch aus (584 m), in dessen
Nordosten die fruchtbare Hochebene Filder liegt (in der Neckarkrümmung bei Pochingen).
— Von dem Schwarzwalde kommen nur die östlichsten und verhältnismäßig niedrigen
Teile in Betracht; die höheren liegen im Großherzogtum Baden. Seine westlichen
Teile bestehen aus Buntsandstein, ooch reicht das württembergische Gebiet auch ^be-
sonders an der badenschen Grenze) in die Region älterer Gesteinmassen (besonders
des Granits) hinein; in dem Katzenkopf der Hornisgrinde wird hier eine Höhe von
1151 m erreicht. Weiter nordwärts folgt das Neckarbergland, größtenteils dem
Buntsandstein angehörig; hier erheben sich noch die Höhenzüge des Stromberges und
Heuchelberges (gegen 500 m hoch).
Für den südöstlichen Teil des Landes bildet die Donau, für den übrigen
der Rhein das Hauptstromgebiet; eine herrschende Stellung im Lande nimmt
der Rheinfluß Neckar mit seinen Zuflüssen ein.
Die Donau tritt oberhalb Tuttlingen in das Land, verläßt dasselbe aber bald
wieder, um die hoheuzolleruschen Lande zu durchströmen, dann durchfließt sie einen
größeren Teil des Landes von Scheer bis Ulm und nimmt hier von rechts Ries,
Roth und Jller, von links Lauter und Brenz auf. Zum Rheingebiete gehen Argen
und Schüssen (auf dem württembergischen Bodenseeufer), ferner wird das Land von der
oberen Murg berührt; wichtiger ist der Neckar. Derselbe gehört von seiner Quelle (ober-
halb Rottweil bis in die Gegend von Wimpfen und Jagstfeld fast immer Württem-
berg an, nur auf eine kurze Strecke zwischen Sulz und Horb berührt er die hohen-
zollernschen Lande. Er nimmt in Württemberg auch links die Enz mit Nagold und
Würm und rechts Fils, Rems, Kocher und Jagst auf. Im Osten greift noch der
Mainfluß Tauber iu das Land ein. Von diesen Gewässern ist hauptsächlich der
Neckar schiffbar; die Schiffbarkeit der Donau für größere Fahrzeuge beginnt erst an
der Grenze des Landes, bei Ulm.
Die fruchtbarste Gegend des Landes bildet der Neckarkreis, eine auch
durch Anmut der Natur allsgezeichnete Gegend, und zwar steht hier wiederum
das eigentliche Neckarthal obenan. In dem Schwarzwaldgebiete findet sich ver-
hältnismäßig das meiste Waldland, die Höhen der Rauhen Alp sind wegen
Wassermangels und dürren Bodens überwiegend unfruchtbar; die schwäbische
Terrasse hat iu ihren südlichen Teilen bedeutende Waldungen, während in den
nördlichen der Ackerbau vorherrscht. In dem Donaukreise, der sich südwärts
bis zum Bodensee erstreckt, sind Acker- und Waldslächen ziemlich gleich verteilt,
die Fruchtbarkeit ist verschieden.
Im Jahre 1883 waren vorhanden: Acker-, Garten- und Weinland 902466,
Wiesen 28j)927, Weiden, Hutungen, Öd- und Unland 91064, Forsten und Holzungen
599976, Haus- und Hofräume, Wege und Gewässer 69045 ha. Hiernach erreichten
Ackerland :e. nicht ganz den Reichsdurchschnitt; derselbe wurde dagegen in Wiesen (14,7
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644 Drittes Kapitel
Heerstraßen, Grabmäler, Badeeinrichtungen k., die Urbarmachung weiter Gebiete,
die Einführung des Weinbaus u. dgl. Bei Beginn der Völkerwanderung wurden
die Römer völlig verdrängt. Die Gebiete der nun hier angesiedelten Germanen
(Alemannen und Franken) erstreckten sich über die Grenzen des Großherzogtums,
namentlich gegen Osten hinaus. — Von dem Herzog Gottfried von Alemannien
stammt Berthold I. (der Bärtige) ab, welcher als Graf im Breisgau erscheint und
den Titel Herzog von Zähringen annimmt. Sein ältester Sohn Berthold Ii. wurde
sein Nachfolger, während sein jüngerer Sohn Hermann der Heilige Hochberg erbte
und durch Heirat die Stadt Baden erhielt. Der Zuwachs zu diesen noch geringen
Besitzungen war besonders 1227 erheblich, indem zu dieser Zeit die Städte Psorz-
heim, Durlach und Ettlingen erworben wurden. Schon am Ende des 13. Jahr-
Hunderts aber zerfiel das Gebiet des Hauses in eine obere Markgrasschaft mit der
Hauptstadt Baden und in eine untere Markgrafschaft mit Pforzheim. Nachdem 1391
die Wiedervereinigung erfolgt war, teilte Christoph I. das Land 1515 wieder unter
seine drei Söhne. Von diesen starb Philipp kinderlos, während Bernhard eine Linie
Baden-Baden (Residenzen Baden und Rastatt) und Ernst eine Linie Baden-Durlach
(Residenzen Pforzheim, später Durlach und zuletzt Karlsruhe) stiftete. Beide nahmen
die Reformation an, doch trat Baden-Baden später wieder zur katholischen Kirche über.
Die letztere Linie starb 1771 aus und Baden-Durlach (die Eruestinische Linie) trat
in den Gesamtbesitz. Im Lüneviller Frieden erhielt die Markgrasschaft Baden Stücke
der Pfalz (Gegend von Heidelberg), die Stiftsgebiete von Konstanz, Basel, Straß-
bnrg und Speier auf dem rechten Rheinufer, sowie mehrere sonstige reichsunmittel-
bare Gebiete und freie Reichsstädte; der Fürst aber nahm den Titel Kurfürst an.
Neuen Zuwachs brachte der Frieden von Preßburg, in welchem das Land durch den
Breisgau, die Ortenau, Baar, sowie durch die Gebiete der Fürsten von Fürstenberg
und von Leiningen 2c. vergrößert wurde; zugleich erhielt der Fürst den Titel eines
Großherzogs. Nach der Schlacht bei Leipzig verließ Baden die Sache Napoleons
und wurde dann 1815 Mitglied des Deutschen Bundes. Eine ständische Versassuug
wurde 1818 eingeführt, darauf bildete sich (1821) die Union der lutherischen und
reformierten Kirchen des Landes, zugleich wurde auch der erzbischöfliche Stuhl in
Freiburg für die katholischen Unterthanen geschaffen. 1835 schloß sich Baden dem
deutschen Zollverein an. Nach den Erschütterungen der Jahre 1848 und 1849
(Maiaufstand 1849) gewann das Land unter dem jetzigen Großherzoge Friedrich
(von 1852 an als Prinz-Regent, von 1856 an als Großherzog) eine friedliche und
glückliche Entwickeluug.
Den Erhebungsverhältnissen nach gehört Baden zu dem Gebiete des
oberrheinischen Gebirgssystems. Sein vornehmstes Gebirge ist der Schwarz-
Wald; weiter nördlich kommen das Neckarbergland, und nur zu kleinem Teile
auch der Odenwald und das schwäbische Terrassenland in Betracht. West-
wärts dehnt sich, nach dem Rhein zu, der östliche Flügel der oberrheinischen
Ebene aus.
Von dem Schwarzwalde fällt der bei weitem größte Teil auf Baden, nämlich
7270 von 9480 qkm, in demselben befinden sich auch die bedeutendsten Erhebungen
des Gebirges, nämlich der Feldberg (1494 m), der Belchen (1415 m), der Kandel
(1243 m), der Blauen (1167 m) 2c. Die Hauptmasse des Schwarzwaldes besteht
aus Granit, dazu treten Gneis (am Fuße) und Sandstein (auf höheren Punkten).
Während die Hauptmasse des Gebirges mit Tannen bedeckt ist, tragen die Vorberge
der Rheinseite auf ihren Gipfeln meist Laubwälder und auf ihren Hängen Reben-
und Obstpslauzungen. Nördlich von der Enz geht das Gebirge in ein Hügelland, das
Neckarbergland, über, welches sich am Neckar wieder höher erhebt (in dem 567 m
hohen Königsstuhl); es gehört der Triasformation an, doch treten am Neckar auch
vulkanische Gesteine auf. Der rechts vom unteren Neckar folgende Odenwald besteht
seinem Kern nach aus Granit, welcher jedoch meist von Buntsandstein überlagert
wird. Die Rheinebene ist von Schwemmland gebildet; dasselbe ist zwischen Rastatt,
Karlsruhe und Philippsburg sehr sandig, jedoch auch gut angebaut; mehr nach dem
Gebirge zu ist größere Fruchtbarkeit zu finden, besonders auch in den Seitenthälern
des l^chwarzwaldes und auf den Höhen des Odenwaldes; die größte Fruchtbarkeit
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- Autor: Thomas, Louis
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- Inhalt: Zeit: Geographie
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92 Die Engländer in Ostindien.
gesamten Genossenschaft, in gewisser Beziehung sogar als Vertreter des
Landes in Rücksicht ans die auswärtigen Angelegenheiten desselben, indem
sie, so oft sich eine günstige Gelegenheit darbot, nicht allein Verträge mit
asiatischen Herrschern abschlössen, sondern ihre Waffen auch zur Verteidigung
oder zum Angriff gegen Holländer, Portugiesen und Türken sowie gegen
diejenigen Fremden gebrauchten, mit denen sie infolge des Handelsverkehrs
feindlich zusammenstießen.
Trotz aller offenen und heimlichen Feindseligkeiten der Portugiesen und
Holländer gelang es dem Kapitän Thomas Best, welcher die zehnte Unter-
nehmung geleitet und den Portugiesen in zwei Treffen empfindliche Ver-
luste beigebracht hatte, im Jahre 1613 vom Großmogul einen Freibrief
auszuwirken, welcher die Kompanie zur Errichtung von Faktoreien in
Surate, Ahmedabad, Cambay und Gogo ermächtigte, ihr Sicherheit ihres
Eigentums gegen Zahlung einer Einfuhrabgabe von 3^2 verbürgte und
endlich dem englischen Handel Schutz gegen die Portugiesen und andre
Feinde verhieß. — In demselben Jahre war es auch dem Kapitän Sarris
gelungen, wertvolle Privilegien vom Kaiser von Japan zu erlangen.
Die Agentender Kompanie und späterhin königliche Abgesandte hatten
nicht unterlassen, genaue Auskunft über die verschiedenen Märkte und die
geeignetste Art des indischen Handelsbetriebes einzuziehen. Sie rieten, bei
Einfuhr der Waren den dort herrschenden Geschmack ins Auge zu fassen
und statt kostspieliger Gesandten lieber eine Anzahl ständiger Agenten zu
unterhalten. Weiterhin ward erwähnt, daß Surate der beste Markt zum
Einkauf der indischen Baumwollenzeuge wäre, daß dort jedoch nur chinesische
Waren, Gewürze und Gold als Tauschmittel gang und gäbe seien; jene
Baumwolleufabrikate ließen sich gegen Gold, Kampfer und Benzoe in
Atschin und Dschambi auf Sumatra, gegen Pfeffer in Bantam und Dfcha-
katra vorteilhaft verwerten; Siam kaufe dergleichen für Gold, Silber und
Felle, welche letztere in Japan gesucht seien; nicht minder englische Tuche,
Seidenwaren und Blei, wofür man Silber, Kupfer und Eisen erlange.
Reis in vorzüglicher Qualität liefere Makafsar aus Celebes und nehme
dafür Baumwollenstoffe entgegen. Alle die genannten Waren fänden auf
den Banda-Jnseln gegen Muskatblüten und Muskatnüsse Absatz, wenn nur
erst die von den europäischen Nebenbuhlern in den Weg gelegten Hinder-
nisfe aus dem Wege geräumt würden.
Man dachte nun allen Ernstes daran, die gemachten Beobachtungen
und Erfahrungen möglichst nützlich zu verwerten und die etwaigen Hinder-
nifse zu beseitigen. Da bis jetzt die meisten Fahrten nach Indien auf
Kosten und Gefahr von nur einzelnen Gesellschaftsmitgliedern unternommen
worden waren, so faßte man im Jahre 1612 den Beschluß, von nun an
sämtliche Unternehmungen auf Rechnung der Gesamtheit auszuführen,
und verwandelte die Handelsgesellschaft in eine Kompanie mit gemein-
schaftlichem Stammkapital, welches damals 413 691 Pfd. Sterl. betrug.
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224 Erstes Kapitel.
Über den Handel des preußischen Staates mögen folgende Bemerkungen
genügen: Die Ausfuhr in Jndnstrieartikeln ist doppelt so groß als die Ein-
fuhr, dagegen stellt sich die Einfuhr von Rohprodukten aller Art weit höher
als deren Ausfuhr.
Eingeführt werden besonders: Getreide, Reis, Wein, Kaffee, Gewürze, Tabak
und Zigarren, Raps, Leinsaat, Obst, Südfrüchte, Pferde, Kühe, Schweine, gesalzenes
und getrocknetes Fleisch und Fische, Käse, Guano, Kreide, Porzellanerde, Eisen-,
Blei-, Zink- und Nickelerze, Dachschiefer, Tafelglas, Roheisen, Rohkupfer, Quecksilber,
Eisen- und Stahlbleche, Soda, Schwefel, Ammoniak, Salmiak, Salpeter, Knochen-
kohle, Galläpfel, Gerberlohe, Farbhölzer, Droguen, Harze aller Art, Hanf, Flachs,
Jute, Baumwolle, Garne, Packleinwand, Wachstuch, Balken, Bretter und sonstige
Hölzer und Holzwaren, Thran, Talg, Öle aller Art, Petroleum, Bettfedern,
Lumpen, Häute und Felle, Dampfkessel, Maschinen und Schiffe. — Zur Ausfuhr
gelangen besonders folgende Gegenstände: Kartoffeln, Bier, Spirituosen, Essig, Hopfen,
Rind- und Schafvieh, Butter, künstliche Dungmittel, Ölkuchen, Steinkohlen, Tors,
Schwefelkies, behauene Steine, Schiefertafeln, feine Steine und Steinwaren, Ziegel-
steine, Töpferwaren, Porzellan, Hohlglas, Blei, Zink, Eisenbahnschienen, Eisen- und
Stahlwaren, Mineralwasser, Kupfervitriol, Schießpulver, Blei- und Zinkweiß, Farben,
Chemikalien, Parfümerien, allerhand Zeugstoffe, Kleider, Wäsche und Posamentier-
waren, Kautschukwaren, Papier, Tapeten, Dachpappen, Möbel und feine Holz- und
Korbwaren, Kutsch- und Eisenbahnwagen, Pianinos und andre musikalische Jnftru-
mente, astronomische, chirurgische, mathematische und physikalische Instrumente, Ge-
wehre, Schmuck- und Kunstgegenstände aller Art, Bücher, Stiche und Spielkarten.
Im Jahre 1882 waren 349556 Handelsbetriebe mit 489063 erwerbstätigen und
im ganzen 1356099 zugehörigen Personen vorhanden.
Zur Förderung des Handels und der Gewerbe sind Kreditinstitute in
hinreichender Zahl vorhanden, und zwar kommen zunächst vou deu im Jahre 1888
vorhaudeueu 16 deutscheu Notenbanken außer der Reichsbank sechs Institute auf
Preußen; die Reichsbank aber hatte im März 1887 195 Niederlassungen, von
denen der größte Teil, und zwar allein elf Hauptstelleu, auf Preußen kamen.
Außerdem sind zahlreiche Geldinstitute und Geldgeschäfte, namentlich Spar-
und Vorschußkassen, Volksbanken und Sparkassen vorhanden. Im März 1887 waren
in Preußen 147 Aktiengeldinstitute mit einem Kapital von 844710000 Mark, darunter
jene sechs Zettelbanken, sowie 34 Staats- und Kommunalinstitute vorhanden. Das
Versicherungswesen hat durch zahlreiche Gesellschaften die verschiedensten Jnter-
essen zu umfassen gesucht (Lebens-, Feuer-, Hagel-, Vieh-, Transport-, Glas-, Hypo-
theken- und Rückversicherungsgesellschaften). — Zur Förderung von Industrie, Handel
und Verkehr dienen ferner auch 81 Handelskammern und kaufmännische Korpo-
rationen sowie zahlreiche polytechnische, technische und Gewerbevereine, industrielle,
Handwerker- und Fortbildungsvereine, ferner kaufmännische, Handels- und nautische
Vereine. Zu größeren Unternehmen bringen vielfach Aktienunternehmungen die
Gelder auf, namentlich im Gebiete der Industrie.
Daß die materielle Wohlfahrt des preußischen Volkes im erfreulichen
Fortschreiten begriffen ist, ergibt sich nicht nur ans dem stark wachsenden Ver-
brauch feinerer Nahrungs-, Geuuß- und Bekleidungsgegenstände, sondern auch
aus dem Zunehmen der Einkommensteuerpflichtigen sowie ihrer Steuerbeträge.
Das Gesuudheitsweseu, welches iu dem „Reichsgesundheitsamte" ein ge-
meinsames Organ besitzt, wird in Preußen durch eiue besondere Abteilung des
Kultusministeriums, iu allen Provinzen durch Mediziualkollegien, durch Orgaue
der Bezirksregieruugeu sowie durch eine große Anzahl von Ärzten vertreten.
Von den 15824 Ärzten des Deutschen Reiches (1887) kommen etwa 60 Pro;.,
von den 3113 Tierärzten fast die Hälfte auf Preußen, Apotheken sind etwa 2800,
Heilanstalten der verschiedensten Art etwa 1700 vorhanden.
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648 Drittes Kapitel.
säure; wozu noch in geringeren Mengen Kupfer-, Silber-, Mangan-, Kobalt-und Wis-
muterze traten. Außerdem kommen Marmor, Gips, Porzellanerde und Graphit vor.
Reich ist das Land an Mineralquellen; die bedeutendsten derselben sind die Thermen
in Baden und Badenweiler, die Eisen- und Stahlquellen zu Antogast, Griesbach, Peters-
thal und Rippoldsan, sowie die Schwefelquellen zu Langenbrücken und Freiersbach.
Der Handel wird durch die schiffbaren Gewässer in hohem Maße be-
günstigt; namentlich ist der Zwischenhandel bedeutend. Seewärts nimmt der
Handel naturgemäß seinen Weg nach den an den Rheinmündungen gelegenen
holländischen Häfen; die wichtigste Handelsstadt des Landes ist Mannheim.
Im Jahre 1888 kamen an in Mannheim zu Thal 951 beladene und 149 uu-
beladene Frachtschiffe mit 29800 Tonnen Ladung, dagegen zu Berg 3650 beladene
und 545 unbeladene Schiffe mit 1553 700 Tonnen Ladung. Hieraus ergibt sich, daß
der Rheinverkehr hauptsächlich nur rheiuabwärts bis Mannheim geht. Andre Han-
delsplätze Badens sind Konstanz, Lahr, Pforzheim, Freiburg und Wertheim, wozu
neuerdings auch Maxau als Rheinhafen für Karlsruhe tritt. Ausgeführt werden
aus Baden besonders Getreide, Hanf, Wein, Hopfen, Tabak, Schlachtvieh, Bauholz,
Bijouterien, Glas, Uhren, Papier, Strohgeflechte, Maschinen, Rübenzucker, Wollen-
und Baumwollenwaren; die Einfuhr hingegen erstreckt sich auf Kolonialwaren, Süd-
früchte, Pferde, Metalle, Seide und Seidenstoffe, Petroleum, Baumwolle, feine
Tücher, Weine und Steinkohlen. — Auf dem Bodenfee laufen außer einer Anzahl
von Segelschiffen 10 badische Dampfschiffe. — Für den Geldverkehr sorgen außer
zahlreichen Vorschußvereinen. Kreditbanken und Sparkassen eine Reichsbankhauptftelle
(in Mannheim) mehrere Reichsbankstellen und Reichsbanknebenftellen, sowie folgende
größere Institute: die Badische Bank, die Rheinische Kreditbank, die Rheinische
Hypothekenbank und die Deutsche Unionsbank in Mannheim, der Pforzheimer
Bankverein und die Kreis-Hypothekenbank in Lörrach.
Für Verkehrswege ist trefflich gesorgt. Abgesehen von den erwähnten
trefflichen Wasserwegen finden sich zahlreiche treffliche Landstraßen sowie ein
starkverzweigtes und gut verwaltetes Eisenbahn- und Telegraphennetz vor.
Die das Land durchschneidenden Staatsstraßen haben eine Länge von etwa
3700 km, wozu noch an chanssierten Gemeindewegen 6000 km kommen. Die Eisen-
bahnen hatten 1888/89 eine Länge, von 1402 km, von denen nur 34,8 km Privat-,
die ganze übrige Strecke Staatsbahnen waren. Die Hauptbahnen führen von
Norden nach Süden und von Basel ostwärts nach Konstanz. Hierzu kommen mehrere
wichtige Bahnen, welche das Land in der Richtung von Westen nach Osten, bezüglich
Nordwesten nach Südosten durchqueren; von denselben ist die Bahn, welche von
Offenburg über Hausach, Triberg, Villingen nach Donaueschingen und von hier nach
dem Bodensee geht, am wichtigsten; sie durchquert den Schwarzwald an interessanten
Punkten. Andre wichtige Bahnen führen von Maxan-Karlsruhe über Durlach nach
der Enz (Pforzheim), von Germersheim über Bruchsal zum Neckar, von Mannheim
über Heidelberg, Mosbach und Königshofen nach Würzburg. Die wichtigsten Eisen-
bahnknotenpnnkte sind Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Offenburg, Freiburg,
Bruchsal. — Das Postwesen war bis 1811 in den Händen des Fürsten von Thurn
und Taxis, dann ging es in die Verwaltung des Landes über und wurde 1871 Reichs-
augelegenheit. Es bestehen jetzt Oberpostdirektionen in Karlsruhe und Konstanz.
Nach der Verfassungsurkunde vom 22. August 1818 ist Baden eine erb-
liche konstitutionelle Monarchie. Die Ständeversammlung, welche alle zwei
Jahre zu einer ordentlichen Sitzung berufen wird, zerfällt in zwei Kammern.
Die erste Kammer besteht aus den großherzoglicheu Prinzen, den Häuptern
der staudesherrlichen Familien, dem katholischen Landesbischos, einem evan-
gelischen Prälaten, acht vom Großherzog aus allen Ständen zu berufenden
Mitgliedern, acht auf acht Jahre zu erwählenden Abgeordneten des gruudherr-
lichen Adels (der ehemaligen Reichsritterschaft) und zwei Abgeordneten der
Landesuniversitäten. Die zweite Kammer besteht ans 63 Abgeordneten, nämlich
1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die wirtschaftlichen Verhältnisse. 99
die Ostsee, neuerdings nicht ganz ohne Erfolg betrieben. Jedenfalls steht Deutsch-
land auch hier weit mehr zurück, als es gut ist; werden doch in den Vereinigten
Staaten jährlich 11200 Mill. Austern gefangen, von der Chesapeakebncht (Penn-
sylvanien) jährlich 11 Mill. Fäßchen und Büchsen versendet und in England an-
geblich 2500 Mill. Austern zum Verkauf gestellt; selbst Frankreich, Belgien, Holland
und namentlich Portugal stehen weit voraus.
Wenn die Aalfischerei in Italien (Lagune von Comacchio), an der schwedischen,
norwegischen und dänischen Küste ungeheure Erträge liefert, so kann man sich nur
darüber wundern, daß in Deutschland dieselbe noch nicht recht in Aufnahme kommen
kann. Störe und Hausen, deren Laich zur Kaviarbereitung benutzt und deren
Fleisch gegessen wird, steigen auch in die deutschen Ströme zur Laichzeit aufwärts,
doch werdeu an der Elb- und Wesermündung jährlich nur einige Tausend Störe
gefangen und die deutsche Kaviarbereitung kommt für den Außenhandel so gut wie
gar nicht in Betracht.
Das deutsche Zollgebiet empfing 1882 an Kaviar und Kaviarsurrogaten noch
281200 kg im Werte von 2109000 Mark, während die Ausfuhr nur 9600 kg im
Werte von 36000 Mark betrug. Die Astrachaner Fischereien dagegen liefern jähr-
lich ca. 2 Mill. Stück verschiedener Störarten (300000 Störe, 100000 Hausen und
1v2 Mill. Ssewrugen), von denen die größten 8 m lang und 1,5 Tonnen schwer
sind; der Ertrag der russischen Kaviarbereitung hatte 1883 die Höhe von 4101148 kg
im Werte von 24606888 Mark.
Wie viet namentlich auch die Binnengewässer in der Versorgung des Landes
mit nahrhafter Fischspeise zu leisten vermöchten, wenn allenthalben die nötige Für-
sorge waltete, ergibt sich aus den bedeutenden Erträgen der Seen und Teiche der
Lausitz an Karpfen:
Etwa 1000 ha Teiche liefern jährlich nach Kottbus bis zu 300000 Stück
Karpfen, refp. Hechte, Karanfchen, Schleien und Barsche im Gewichte von 400—500
Tonnen, und einige Züchter allein Karpfen im Gewichte bis zu 100 Tonnen. Die
Peitzer Teiche in der Niederlausitz, 76 an der Zahl und im Umfange von etwa
2000 ha, liefern jährlich 60—70000 Karpfen im durchschnittlichen Gewichte von
je 2 kg.
Perlmuttermuscheln werden gegenwärtig noch, wenngleich in geringem
Betrage, im bayrischen Main- und sächsischen Elstergebiete gefischt.
Im Mittelalter muß der Ertrag bedeutend gewesen sein, und noch jetzt be-
finden sich im Grünen Gewölbe zu Dresden Halsbänder von Elsterperlen, die einen
hohen Wert haben. Trotz oer gegenwärtigen Schonung (schlagweise erfolgt die Ab-
fischung nur alle zehn Jahre) ist Ausbeute und Wert meist nicht groß; von 1819—79
sollen in der Elster nur 22732 Stück im Werte von etwa 30000 Mark gefangen
worden sein; 1878 allerdings auch zwei kostbare Exemplare im Werte von 200,
bez. 192 Mark.
§ 8. Die Waldkultur.
Wie in andern Ländern Europas, ist auch in Deutschland durch gewaltige
Überschwemmungen und überhaupt durch Unregelmäßigkeiten der Niederschläge
die Regierung auf die unverantwortlichen Waldverwüstungen und auf die Not-
wendigkeit hingelenkt worden, denselben Einhalt zu thun, ja womöglich durch
Wiederaufsorstung entwaldeter Gegenden eine bessere Verteilung der Nieder-
schlüge herbeizuführen. Namentlich kam die landesherrliche Forstfläche nach
den politischen Umwälzungen am Anfange unsres Jahrhunderts sehr in Gefahr.
Bei der Mediatisierung der vielen kleinen Fürsten wurden von diesen ihre bis-
herigen Kammerforsten als Privateigentum reklamiert; überall hatte der Staat
eine bedeutende Schuldeulast zu tilgen und in vielen Fällen wurde auf die
Forsten als den letzten Notpfennig hingewiesen. Nachdem dann eine ziemlich
starke Strömung sogar den Verkauf aller Domänen und Forsten angestrebt
hatte, kam man endlich zu der richtigen Erkenntnis und erklärte fast allgemein
1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
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- Auflagennummer (WdK): 2
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140 Sechstes Kapitel.
Bein, Bernstein, von Fortepianos, Musikinstrumenten aller Art und
Spielwaren.
Möbelwaren und Hauseinrichtuugcn werden besonders in Berlin, Hamburg,
Stuttgart, Dresden, Leipzig, Breslau :c. angefertigt, in Drechslerwaren nehmen
Berlin und die Bezirke Mittelfranken (namentlich Nürnberg, Fürth), Zwickau, Dresden,
in Bernsteinwaren Danzig, in Knöpfen Waltershausen, Frankenhausen, Nürnberg,
Fürth, Worms, Freiburg i. Br. 2e., in Schnitzwaren aus Holz und Bein die Gegenden
von Ammergau und Berchtesgaden (Bayern) sowie einige Gegenden in Württemberg
und Sachsen (Freiberg, Flöha) eine bedeutende Stellung ein; Spielwaren werden in
Mittelfranken (Nürnberg), in Sonneberg in Thüringen und in Württemberg fabriziert.
Es wurden an einfach bearbeiteten Holz- und Schnitzwaren 1888 im ganzen
importiert 985655 Tonnen im Werte von 65212000 Mark und exportiert 182871
Tonnen im Werte von 15824000 Mark. Von fertigen Fabrikaten betrug die Ein-
fnhr 17 915 Tonnen im Werte von 14343000 Mark, die Ausfuhr 36935 Tonnen
im Werte von 52345000 Mark. Obenan stehen in der Ausfuhr Möbel aller Art;
es kommen hinzu Böttcher- und Spielwaren. An Flecht- und Bürstenbinderarbeiten?c.
betrug die Einfuhr 2856 Tonnen im Werte von 10017000 Mark und die Ausfuhr
6086 Tonnen im Werte von 14620000 Mark.
Außerordentlich bedeutend ist auch die Fabrikation von Fortepianos, Pianinos
und Klaviaturen, in denen 1888 eine Ausfuhr von 7192 Tonnen im Werte von
16542000 Mark erfolgte, während die Einfuhr nicht nennenswert war. Hauptplätze
für solche Instrumente sind Berlin, Leipzig, Dresden, Liegnitz, Breslau, Zeitz,
Barmen, Kassel, Stuttgart, Braunschweig und Hamburg. Hierzu kommen die Hanno-
ninms von Dresden, Baireuth und Ulm. Für diesen Industriezweig wurden 1882
1030 Hauptbetriebe mit 10426 Arbeitern gezählt. Auch andre Musikinstrumente
werden in größerem Maßstabe und vortrefflicher Beschaffenheit fabriziert, fo Harmo-
niken in Berlin und Gera, Streich- und Blasinstrumente sowie Akkordions im
sächsischen Vogtlande, ebenfalls Streichinstrumente in Oberbayern (Mittenwald),
mechanische Musikwerke (Spieluhren, Orchestrions, Flötenwerke ?c.) im badischen
Schwarzwalde (Gegend von Tribnrg). Für alle diese Musikwerke (außer Pianofortes)
gab es 1882 4489 Hauptbetriebe mit 11165 Arbeitern und 1888 fand ein Export von
4252 Tonnen im Werte von 20866000 Mark statt (Import ganz unbedeutend).
An feinen Holzwaren betrug 1888 die Ausfuhr (einschließlich Holzbronze) 10724
Tonnen im Werte von 26274000 Mark; die Einfuhr war nicht nennenswert. An
Spielzeug wurden in demselben Jahre nur 136 Tonnen im Werte von 193000 Mark
ein-, dagegen 16552 Tonnen im Werte von 24306000 Mark ausgeführt.
An Elfenbein gelangten im Jahre 1883 143 Tonnen im Werte von 3110000
Mark zur Einfuhr, wovon nur 24 Tonnen im Werte von 401000 Mark wieder
ausgeführt wurden. Esjvurden sonach Elfenbeinschnitzereien besonders nur für das
Inland angefertigt. — Ähnlich ist das Verhältnis bei den Hornwaren. Während
an Horn und Hornspitzen 1882 5137 Tonnen im Werte von 5033000 Mark, an
Hornplatten und rohen Knochenplatten 112 Tonnen im Werte von 101000 Mark
eingesührt wurden, gelangten an elfteren nur 1096 Tonnen im Werte von 790000
Mark, an letzteren 90 Tonnen im Werte von 8000 Mark zur Ausfuhr. — Die Ver-
arbeitung von Perlmutter läßt sich aus der Thatsache beurteilen, daß 1883 im
deutschen Zollgebiete 400,6 Tonnen für 801000 Mark Perlmutter ein-, dagegen nur
4,3 Tonnen dieser Schalen wieder ausgeführt wurden. — Die früher erwähnte be-
deutende Bernsteinfischerei an der preußischen Ostseeküste bedingt eine umfangreiche
Bearbeitung dieses Fossils, so daß eine Ausfuhr von Bernstein, größtenteils Waren,
nämlich Schmucksachen, Zigarrenspitzen ?c., von 185 Tonnen im Werte von 7 942000
Mark stattfinden konnte (1888).
In Korbwaren ist das Deutsche Reich neben Frankreich das wichtigste Pro-
duktionsgebiet. Zu den im Jnlande produzierten Korbweiden wird noch eine nicht
unerhebliche Einfuhr erfordert, so daß der Wert der verarbeiteten Weiden 16 Mill.
Mark betragen mag. An Weidenpflanzungen besaßen zu Anfang der achtziger Jahre
allein die Kreise Erkelenz, Geilenkirchen, Heinsberg und Jülich 57000 ha, welche
einen Jahresertrag von 390 Mark pro Hektar lieferten. An anderm Flechtmaterial
wird besonders spanisches Rohr verarbeitet, von welchem 1883 circa 6800 Tonnen
1884 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
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172 Das Waldenburger Bergland.
Räubereien in Schlesien, ohne einen Feind zu haben, fortsetzte. Die Stadt
Namslan hatte er zu seiner Feste gemacht, von der ans er die Umgegend bis
nach Öls hin brandschatzte, weil es der Herzog von Öls mit den Polen gehalten
hatte. Nun rief dieser die Polen nach Schlesien zurück; mit den Breslauern ver-
feindete sich Affenheim, weil diese sein Treiben mißbilligten. Dafür aber fand er
Raubgesellen in den Besitzern der Bonenburg und in Hermann Czettritz auf
Fürstenstein. Jetzt wurde von Namslau, der Bolkenburg und dem Fürstenstein aus
Schlesien verwüstet. Die Raubzüge brachten bedeutende Beute ein, welche die
Räuber in ihre festen Burgen schleppten. Geistliche und Lehrer griffen zu den
Waffen, um das Land zu schützen; der Bischof schlenderte den Bannstrahl auf
die rohen Ritter: aber alles war vergeblich. Drei Jahre, bis zum Jahre 1445,
wüteten die grausamen Menschen. Durch die Bemühungen der Herzogin Elisabeth
zu Liegnitz kam endlich ein Friede zustande. Aber Assenheim hielt nicht, was
er versprochen hatte; er zog plündernd nach Neumarkt, wurde aber dort ergriffen
und zur Strafe seines Rechtsbruches enthauptet.
Über dieses Urteil waren die Freunde des Assenheim empört, und sie be-
gannen wieder ihre Raubzüge gegen die Städter; erst im Jahre 1449 werden
endlich die Fehden beigelegt. Allein nach Verlauf von nicht mehr als zwölf
Jahren loderte durch Podiebrad fchon wieder die Kriegsfackel auf durch ganz
Schlesien, Mähren und Böhmen, und die Schloßherren fanden abermals ihre
volle Beschäftigung. Podiebrad kam nach Schlesien, belagerte und bekam —
ob mit Gewalt oder durch Unterhandlungen ist ungewiß — den Fürstenstein
im Jahre 1463 und gab ihn seinen Getreuen. So wurde die Burg wiederum
eine Geißel für Schlesien. Zur Freude der Breslauer kam im Jahre 1474
Matthias von Ungarn mit 1500 Reitern und 3000 Trabanten, um endlich die
Frevler auf dem Fürstenstein zu züchtigen. Zwar erschütterten die Büchsen mit
Macht die Wehre und Türme der Feste, aber die Festung blieb uuerobert, die
Gewandtheit und Tapferkeit der Besatzung unbesiegt, und Matthias mußte die
Belagerung ausgeben, weil ihn ein Einfall der Türken nach Ungarn zurückrief.
Der Raubritter vom Fürstenstein konnte, wie früher, die Straßen unsicher machen.
Im Jahre 1509 kaufte den Fürstenstein Kunz von Hochberg, dessen Familie
ihn noch heute im Besitz hat. Im Dreißigjährigen Kriege mußte die Burg Haus
Heinrich von Hochberg verlassen, und sie wurde einmal von den Kaiserlichen,
zweimal von den Schweden erobert. Nach dem Frieden ließ dann der Besitzer
die Festungswerke abtragen und machte aus dem Hause des Krieges eine Stätte
des Friedens. Es würde zu weit führen, wenn wir uns bekannt machen wollten
mit der ganzen Kette von Sorgen und Mühen, welche die Familie Hochberg um
den Besitz des Fürstensteins durchzukämpfen gehabt hat, wieviel Leiden sie ge-
tragen, wieviel Geld sie dabei verausgabt hat; wie sie aber immer in der
Not Rettung gefunden, wie sie selbst vom ärmsten Bauer, wenn er nur noch
etwas hergeben konnte, unterstützt worden ist, weil sie überall Liebe gesäet und
Liebe geerntet hat. Wenn nach den Zeiten des Druckes und der Not friedlichere
Zeiten zurückkehrten, traten auch bald geordnetere Verhältnisse wieder ein. Ein
mühevolles Leben führte besonders Hans Heinrich I. von Hochberg, dessen
Verdienste Ferdinand Iii. dadurch auerkauute, daß er ihn 1650 zum Reichsfreiherrn
ernannte. Auf den Fürstentagen zeichnete sich der Besitzer von Fürstenstein sehr
aus, und Kaiser Leopold erhob ihn 1666 in den Reichsgrafenstand. Die Hochbergs