Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
158 Die ozeanische Inselwelt.
seine erste Leidenschaft und bildet den Hauptzug des Charakters. Die
kleinste Beleidigung — er kann sie nicht vergessen; vergilt er sie nicht, so
geschieht's durch Kinder und Kindeskinder. Von Geschlecht zu Geschlecht
erbt das Andenken daran fort und wird noch in späteren Zeiten als Vor-
wand zu einem feindlichen Angriffe benutzt. Dem Tode trotzt er mit
Kaltblütigkeit und Mut, doch ist er iu seinen Kämpfen weniger tapfer,
namentlich den europäischen Waffen gegenüber, als verschlagen und gewandt.
Menschenfleisch ist seine Lieblingsspeise. Ein Missionär sah einst nach
einem hitzigen Tressen 60 Lsen errichten, und in allen lagen Menschen-
leichname zum Schmause. Es gibt Beispiele, daß sich Krieger in der Wut
des Kampfes über deu gefallenen Feind stürzten und das aus der klaffenden
Wunde herausströmende Blut mit der Gier eines Raubtieres aufschlürften.
Gefangene band man nicht selten an einen Baum, um das von den Gliedern
abgeschnittene, noch zuckende, warme Fleisch zu essen und das in Bechern
aufgefangene Blut dabei zu trinken. Die Köpfe erschlagener Feinde steckte
man auf Stangen und trug sie als Siegeszeichen herum, der Hände be-
diente man sich als Haken in den Hütten. Schon die Kinder werden gegen
den Anblick menschlicher Glieder abgestumpft, und mau sah dieselben mit
abgeschnittenen Gliedern spielen oder den Kopf eines Sklaven sich als Ball
zuwerfen. So werden sie gefühllos gegen die eignen Freunde. Stirbt
ein Mann, fo beraubt man die Weiber alles ihres Eigentums; daher
nehmen sich viele das Leben oder sitzen an seinem Grabe und stoßen oder
schneiden sich tiese Wunden in den Leib. Neugeborene Kinder, besonders
Mädchen, werden häufig getötet, und vielleicht ist unter drei Weibern Neu-
feelands stets eines, welches ein oder mehrere Kinder getötet hat. Der
Mann hat das Recht über das Leben seiner Frau. Dasselbe Recht besitzt
eine jede Herrschaft über das Leben der Sklaven, deren Los im übrigen
leidlich ist. Aber wehe den unglücklichen Geschöpfen, wenn sie den Versuch
macheu, sich durch Flucht zu befreien. Ein englischer Kaufmann war Zeuge
eiuer solchen Szene. Ein löjähriges Sklavenmädchen war drei Tage ohne
Erlaubnis weggeblieben. Da trat sie wieder in die Hütte, die Frau aber
rief einen Knecht und befahl ihm, sie zu töten. Ein Keulenschlag auf die
Stiru streckte sie nieder, ihr Leichnam aber ward an demselben Abende
zur Mahlzeit gebraten.
Alles menschliche Gefühl empört sich in uns, wenn wir derartige
Vorfälle, welche zu den gewöhnlichen gehören, von den zuverlässigsten
Personen erfahren. Leidenschaft. Haß, Verachtung von Menschenleben und
Aberglaube fordern unzählige Opfer.
Da ist der Sohn eines Häuptlings krank, kein Mittel fruchtet, die
Krankheit will nicht weichen. Man rät zartes Menfchensleisch. Der Vater
tötet einen 14jährigen Knaben und setzt das Fleisch dem kranken Sohne vor,
und da es nicht hilft, so gedenkt man eben es noch mit Mädchenfleifch zu
versuchen, als ein christlicher Missionär dazwischen tritt und das arme
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
210 Die Erschließung des schwarzen Erdteils.
Bis Njangwe reichten die Pfade der arabischen Sklavenhändler, welche
raubend und mordend als eine furchtbare Geißel ganz Jnnerafrika durch-
ziehen. Dort aber fand auch ihre Macht eine Schranke. Weiter nördlich
war noch keines Fremden Fuß gekommen, und trotzdem der Lualaba schon
ebenda nach einem Laufe von 240 deutschen Meilen den Nil an Wassermasse
bedeutend übertreffen soll, wußte niemand, wohin er ströme. Livingstone
und nach ihm Cameron versuchten das Problem zu lösen, eine Expedition
zu werben und dem Laufe des Lualaba zu folgen. Beide mußten nnver-
richteter Sache umkehren. Cameron glaubte den Oberlauf des Kongos vor
sich zu haben, Livingstone einen Quellfluß des Nils. Der erstere hatte recht.
Allein er führte seinen Kongo direkt westlich zur Mündung quer durch
Afrika hindurch; und nun wieder war Livingstone auf der richtigen Fährte,
weil er den Lualaba von Njangwe nordwärts fließen ließ.
Stanleys unbesiegbare Thatkraft scheint Hindernisse nicht zu, kennen.
Er sollte glücklicher sein als sein kaum minder energischer Vorgänger.
Sein Entschluß, den Lualaba zu erforschen oder unterzugehen, war gefaßt.
Am 5. November 1876 verließ er Njangwe. Die große historische That
seines Lebens begann.
Die Expedition bestand aus 140 Büchsenschützen, 70 mit Speeren
Bewaffneten, seinem Boot und 18 selbsterbauten Kanoes. Eine feurige An-
fprache entflammte seine Leute für seine Pläne und brachte ihnen auf ihre
Weise einen Begriff von der Größe des Augenblicks bei. Unaufhörlicher
Kampf zu Wasser und zu Lande nahm seinen Anfang. Durch den Urwald
bahnte anfangs die Axt den Weg. Dann begab er sich ganz aus den Strom.
Aber Katarakte und Wasserfälle zwangen ihn zu den mühseligsten Umwegen.
Von den Bäumen zischten vergiftete Pfeile und Speere auf die kühnen Ein-
dringlinge herab. Ganze Flotten verlegten ihnen die Wasserstraße. Einmal
hatte Stanley eine förmliche Belagerung auszuhalten.
Aber weiter und weiter drang er vor. Immer mächtiger wurde der
..große Strom", der seine Richtung nach Norden verfolgte. Endlich unter
dem Äquator wendete er sich gegen Nordwesten. Die bevölkerte Tiesebene
Jnnerafrikas hatte sich mit ihren Wundern dem Entdecker ausgethan. Städte
zeigten sich an den Ufern, Schätze aller Art, besonders ungeheure Massen
von Elsenbein, das zu den verschiedensten Zwecken verwendet wird.
Zahllose Inseln füllten den Stromlauf, der, sich seeartig ailsdehnend,
bis zu zwei deutschen Meilen breit wurde. Gewaltige Nebenflüsse ent-
deckte man längs des ganzen Laufes. Mangel, Krankheiten, Leiden aller
Art bedrängten die Expedition inmitten ihrer Kämpfe. Der Proviant ging
zeitweise aus, die Munition wurde knapp.. Allein Stanleys Sinn blieb
fest, und einen Rückweg gab es ohnehin nicht mehr. Aus dem Nordwest-
lichen Lauf ward unter 4" nördlicher Breite ein westlicher. Dann wendeten
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Extrahierte Personennamen: Livingstone Cameron Livingstone Livingstone Stanleys Stanley
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Eingeborene von Neuseeland. 159
Opfer vom sicheren Tode rettet. Man glaubt, daß die Gesundheit des
Getöteten auf den Kranken übergehe, und zwar besonders, wenn man Ge-
Hirn und Augen desselben verzehre, in welchem Falle man auch von seinem
Geiste in der andern Welt nicht gemartert werden kann.
Der Handel mit tättowierten und geräucherten Menschenköpfen war
bis vor etwa 30 Jahren gar nicht unbedeutend. Im Museum für Völker-
künde zu Leipzig ist ein solcher geräucherter Kopf aufbewahrt. Die Gesichts-
züge sind höchst wohl erhalten, Haare und Bart ganz unversehrt, nur die
eingesetzten Glasaugen geben dem Ganzen das Ansehen einer Leiche.
Eiiigeöorene von Neuseeland (2iuori), Aliim« und Frau.
Ehemals beschränkte man sich eben daraus, die Köpfe, verstorbener Freunde
auszuheben; als man aber merkte, daß Europäer danach als Merkwürdig-
keiten begierig waren und man diese Familienheiligtümer nicht weggeben
wollte, so bereitete man die Köpfe der Feinde oder der andern Erschlagenen
aus ähnliche Weise und brachte sie öffentlich auf die von Europäern be-
suchten Märkte, selbst nach Sydney. Die Köpfe der Häuptlinge hebt man
besonders auf. Kommt ein Freund oder naher Verwandter des Toten in
das Dorf, so holt man sie hervor, stellt sie hoch auf, z. B. auf Dachgiebel,
über die Hausthür, auf Stangen und führt nun die Fremden an diese
Stelle; diese weinen über den Toten, liebkosen den Kopf und brechen beim
Gedanken an die ehemaligen Feinde und Beleidiger desselben in die furcht-
barste Wut aus. Alle Sklaven suchen sich jetzt vor dem Fremdlinge zu
verbergen; erblickte er einen, so könnte es leicht geschehen, daß er dem
Haupte des erschlagenen Freundes einen oder den andern zum Sühnopfer
brächte.
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Extrahierte Ortsnamen: Neuseeland Neuseeland Sydney
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Schlefische Gewerbe- und Industrieausstellung. 63
ist ein Gartenpavillon, der zeltartig in Rundeisen ausgeführt ist; noch leichter
gehalten ist das Gartenzelt aus der Malchowschen Fabrik in Breslau, das aus
schlanken, mit Bambusrohrstangen bemalten Eisenstäben ruht, im Garten leicht
transportabel ist und hier eine große Anzahl von Gestellen und Etageren für
Blumentöpfe, Goldfischgläser u. dgl. in farbiger Ausstattung enthält. Hier liegen
aus Oppeln Hacken, Spaten, Sensen, Schaufeln, dort aus Bunzlau Schirm-
ständer, Ofenvorsetzer, Kaminthüren; hier aus Breslau Taschen-, Jagd- und
Tafelmesser und Dolche, dort Gewehre und andre Waffen. Zu der Sammlung
der Pferdebeschläge gehört auch folgendes Gedicht, das, von einem Reimschmiede
verfaßt, dort zu lesen ist:
„Wird ein Pferd vom Schuh gedrückt, Und gib ihm bei guter Pfleg'
Statt zum Schuster geht zum Schmied; Ein naturgemäß Beschlag'.
Nur zur rechten Schmied' geschickt, Bedenke wohl, ein lahmes Pferd
Daß der Sach' Genüg' geschieht. Hat sür niemand einen Wert
Stets erhalte so den Huf, Und wird als unnützer Gast
Wie der Schöpfer ihn erschuf, Seinem Herrn oft nur zur Last."
Der Vogelliebhaber findet hier eine Voliere für Wald- und Zimmervögel:
die Hausfrau schöne Kücheneinrichtungen, in denen kaum ein denkbarer Gegen-
stand von den vielen in der Küche unumgänglich nötigen fehlt; denn es finden
sich auch Krauthobelmaschinen. Fleischwiegemaschinen u. s. w. Mannigfaltig sind
die aus Bronze verfertigten ausgestellten Artikel, interessant die Klempnerarbeiten.
Doch wir können hier nicht länger bleiben, soviel Unterhaltung uns auch dieser
Teil der Ausstellung gewährt. Wir wenden uns zur vierten Gruppe, welche die
Kurzwaren enthält. Auch auf diesem Gebiete der Industrie ist Schlesien hinter
andern Provinzen nicht zurückgeblieben; denn Schlesien hat mehrere Kurzwaren-
fabriken, deren Fabrikate Ruf haben. Dieser Industriezweig kann in allen seinen
Schöpfungen seinen Ursprung aus der Gebirgsindustrie nicht leugnen und hat
sich dadurch eine urwüchsige Frische erhalten, die auch in der heute verfeinerten
Form noch vorteilhaft zu bemerken ist. Deshalb stehen auch Holzwaren hier
im Vordergrund, wie Handschuhkasten, Uhrständer, Manschettenknöpfe, Spiel-
waren (Pferde. Hunde, Wagen, Trommeln), Schachspiele in prächtiger Schnitz-
arbeit. Am meisten wird das auf den Bergen wachsende Knieholz in diesen
Fabriken verarbeitet.
Die fünfte Gruppe umfaßt die chemische Industrie. Hier schenken wir
unsre Aufmerksamkeit zunächst einem kleinen, aber für Reiche und Arme gleich
wichtigen Gegenstande, dem Streichholze. Wieviel Arbeit und Sorgfalt erfordert
jedes einzelne Zündholz, wenn dieser „Schwede" seinen Beruf nicht verfehlt
haben soll. Phosphorfreie Sicherheitshölzer hat die Zündwarenfabrik von Po-
korny in Oberglogau ausgestellt. Da ist jedes Hölzchen sorgfältig gehobelt, in
der richtigen Länge genau geschnitten, dann in Rahmen gelegt, mit Paraffin ge-
tränkt und schließlich in die aus zehn verschiedenen 'Chemikalien sorgfältig zu-
bereitete Zündmasse getaucht worden. Nur die mit der Zeit sich entwickelnde
Massenfabrikation dieses Artikels ermöglicht diesen außerordentlich billigen Preis.
„Der Verbrauch der Seife ist ein Gradmesser für den Kulturstand eines
Volkes." Je höher Schlesien in der Kultur stieg, desto mehr Seifenfabriken
entstanden in allen größeren Städten der Provinz. Mehrere Fabriken haben
treffliche Muster ihrer verschiedenen Seifen ausgestellt und diesen außerdem noch
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
80 Das Jsergebirge mit seiner Umgegend.
Feld zu treiben, noch auch ihre Äcker zu bestellen, weil sie sich nicht retten
konnten, wenn der gewaltige Vogel daherranschte, sie mit seinen Krallen ergriff
und fortschleppte. Nicht lange dauerte es, so herrschte im Lande eine entsetzliche
Hungersnot, und der Herzog Bolko auf Neuburg wußte sich nicht anders zu
helfen, als daß er demjenigen, der den Greif töten würde, weite Ländereien
und eine große Summe Geldes versprach. So weit und laut aber auch der
Herzog durch seine Herolde sein Angebot bekannt machen ließ, es fand sich doch
niemand, der es unternommen hätte, sich in Lebensgefahr zu stürzen und den
Kampf mit dem Greifen zu unternehmen. Das Elend in den sonst so lachenden
Auen wurde immer größer. Da ließ der Herzog durch das Land bekannt
machen, wer den Greifen töte, der solle nicht nur die bisher ausgesetzte Be-
lohnung, sondern auch die Hand seiner einzigen Tochter Agnes erhalten.
Nun wohnte aber in der Nähe der Burg ein Schäfer mit Namen Gottfche
Schaf, ein stattlicher und mutiger Jüngling, der sonst täglich seine Herde ins
Gebirge trieb: er hatte einst die schöne Herzogstochter auf dem Schloß gesehen,
sich sterblich in sie verliebt und beschloß jetzt, den Kampf mit dem Greifen um
sie zu wagen. Er begab sich also eines Tages, nachdem er sich Lebensmittel
auf einige Tage eingesteckt hatte, mit einer langen Stange und einer scharfen
Axt bewaffnet, ins Gebirge, um zunächst das Nest des Ungetüms zu suchen.
Schon hatte er mehrere Tage den Wald durchsucht, schon ging sein Vorrat auf
die Neige, schon war er matt und müde und dachte daran, in sein Elternhaus
zurückzukehren: da vernahm er über sich das Rauschen von mächtigen Flügeln
und sah den Greif, der in seinen Klauen ein starkes Rind hatte und durch die
Luft davontrug. Der kluge Schäfer verfolgte den Vogel mit seinen Blicken und
entdeckte so das Nest desselben; denn er vermutete, daß der Greif Junge habe
und die Beute denselben zum Fraß bringe. Als sich der Greif einer in der
ganzen Gegend bekannten ungeheuren Eiche näherte, hörte Gottfche Schaf das
gierige Geschrei der kleinen Greifen, war mit seiner Entdeckung zufrieden und
versteckte sich, um nicht von des Ungeheuers weitblickenden Augen entdeckt zu werden.
Am andern Morgen flog der alte Greif natürlich wieder auf Raub aus.
Kaum war er ausgeflogen, da eilte der Schäfer zum Baume, sammelte viel
Reisig, machte aus demselben ein großes Bündel, steckte es auf seine lange
Stange, kletterte ein gutes Stück den Baum hinan, zündete das Bündel an und
hielt das brennende Reisig mit der Stange in die Höhe von unten gegen das
Greifennest, in dem sich drei Junge, die noch nicht flügge waren, befanden.
Bald entzündeten sich die Hölzer, aus denen das Nest zusammengebaut war;
lichterloh brannte die Behausung der Raubvögel. Die jungen Greife erhoben
ein jämmerliches Geschrei und kamen elend in den Flammen um. Durch das
Jammern der Jungen wurde der alte Vogel herbeigelockt; er kam mit unglanb-
licher Schnelligkeit und suchte mit seinen Schwingen das Nest und seine Jungen
zu retten, indem er sich abmühte, das Feuer auszuschlagen. Bei dieser Sorge
um das Leben seiner Kinder verbrannte er sich die Fittiche, so daß er jählings
auf die Erde stürzte. Gottfche Schaf stieg vom Baume, schlug mit seiner Stange
derb gegen den Kopf des Greifen, bis das Tier matt wurde, und trennte ihm
mit einem tüchtigen Axthiebe den Kopf vom Rumpfe.
Der Schäfer kehrte freudig in die Hütte seines Vaters zurück und erzählte,
was er gethan hatte. Die Nachbarn sammelten sich glückwünschend um den
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
94 Das Jsergebirge mit seiner Umgegend.
könne in der Rabendocke große Schätze heben, wenn man in der zwölften Stunde
der Christnacht hineingehe und ein unschuldiges Kmd mitnehme; sie sei eine arme
Frau mit sechs Kindern, habe kein Brot, ihr Mann sei gestorben. Da habe sie ihr
jüngstes Kind, einen Knaben von einem Jahre, auf ihren Arm genommen, sei in
den Felsen geeilt, habe ihr Kind aus einen Tisch in der Mitte des Gewölbes gesetzt
und so viel Gold- und Silberstücke als möglich zusammengerafft, sei darauf schnell,
als es begann ein Viertel zu schlagen, hinausgesprungen und habe ihr Kind ver-
gessen. Nun hatte sich die Pforte geschlossen und ihr Kind war verloren; denn
der Stein war nicht zu öffnen. Die Frau schrie laut auf, denn auch der Sack,
den sie mit Schätzen aus der Höhle gebracht hatte, war spurlos verschwunden.
Entsetzt kehrte der Ritter nach Goldberg zurück mit dem festen Vorsatze, im
nächsten Jahre sein Glück wieder zu versuchen. Noch ehe das Jahr vergangen
war, fand er sich mit einem Knappen in der Herberge zu Goldberg ein, begab
sich, um nicht zu spät zu kommen, lange vor Mitternacht in der Christnacht in
das von Geistern bewohnte Thal und fand alles so, wie er es verlassen hatte.
Sein Knappe trug eine Axt und einen Spaten. Um Mitternacht standen die
beiden Abenteurer vor der Pforte der Rabeudocke; geisterhafte Gestalten um-
schwebten sie, so daß sie von heftigem Grausen erfaßt wurden. Um 12 Uhr
rollte ein hohltönender Donner, welcher immer näher kam und heftiger wurde,
bis die Thür krachend aufsprang. Der mutige Ritter schritt in die Höhle
hinein. Er sah die steinernen Ritter, und ein Kind spielte munter lächelnd auf
einem Tische mit einigen Goldstücken. Schnell nahm er es vom Tische herab
und reichte es seinem Knappen zur Höhle hinaus, damit er es in seinen Mantel
wickeln und vor Kälte schützen sollte. Dann ging er auf die beiden steinernen
Gestalten zu, die ihm doch zu atmen schienen, und sprach zu ihnen mit starker
Stimme: „Seid ihr die Ritter Kuno und Veit, von deren Schandthaten so
viel erzählt wird?" Zwei hohle Stimmen antworteten: „Wir sind es." „Ihr
verdient also kein Erbarmen; aber ich will euch helfen, wenn es möglich ist.
Ist es möglich?" „Ja." „Aber wie? Seid ihr wirklich nur in diese steinernen
Hüllen eingeschlossen, und könnt ihr, wenn ich sie zertrümmere, zur Ruhe ein-
gehen?" „Ja, aber eile." Da schlug der Ritter mit den Worten „Im Namen
Gottes" dreimal gegen die Felsgebilde mit der Axt; beim dritten Schlage
sprangen die Hüllen auseinander, und zwei nebelhafte Gestalten standen vor ihm.
Sie sprachen: „Habe Dank für das, was du an uns gethan hast; wir haben durch
dich die Ruhe gefunden, nach welcher wir uns lange Jahre vergeblich gesehnt hatten.
Nimm eilig, denn bald ist die Viertelstunde verflossen, so viel du von uusern
Schätzen fortbringen kannst; aber lebe fromm und thue mit ihnen den Armen
wohl, damit durch dich das Andenken an nnfre Räubereien vernichtet werde."
Nachdem sie also gesprochen hatten, verschwanden sie. Der Ritter raffte
in größter Eile möglichst viel Gold und Edelsteine, die in großer Menge vor
ihm lagen, zusammen und sprang, als es ein Viertel schlug, hurtig zur Thür
hinaus, die sich krachend hinter ihm schloß.
Ritter und Knappe eilten nach Goldberg und gaben sofort der armen
Frau ihr Kind wieder; dann kehrten sie mit ihren Schätzen in ihre Heimat
zurück, bauten Armenhäuser und verteilten, was sie von den Schätzen nicht zu
den kirchlichen und anderweitigen Bauten, die sie geplant, verwenden konnten,
unter die Armen und Hilfsbedürftigen der Heimat.
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
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Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Hörnerschlittenfahrt. 139
eine ober zwei Personen fassen, in gewaltige, gebogene Hörner auslausen, an
denen der Führer die Niedersahrt leitet. Es wird also kein Pferd- vor den
Schlitten gespannt, sondern der Führer setzt sich auf den Schlitten zwischen die
beiden nach oben gebogenen Kufenenden, ergreift dieselben und lenkt so zugleich
mit seinen Füßen das Gefährt, das sich erst langsam in Bewegung setzt, dann
sanft hinabgleitet, schneller geht, eilt, schießt, ja fast fliegt. In 15—20 Minuten
ist man wieder in dem stundenweit entfernten Schmiedeberg angelangt.
Hörncrschlittenfahrt.
„Das ist ein Gleiten, lustig Schweden,
Das ist fürwahr die wilde Jagd,
Wobei erhöht die Nerven beben?
Hinab, hinab! Mit tollem Sausen
Die schwarze Kette thalwärts fegt:
Verbanne jedes leise Grausen,
Der kleine Schlitten sicher trägt."
Ein sehr beliebter Spaziergang von Schmiedeberg aus ist der nach den-
Friesensteinen, drei Granitmassen, die wie aufgemauert auf dem Bergrücken
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TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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\
Rübezahlsagen. 163
vorwerfen, daß sie die Unterthanen drücke und falsch und lieblos sei. Mit immer
wachsendem Zorne liest darauf die Edelfrau das Blatt; ohnmächtig, vor Wut
läßt sie den erbärmlichen Wicht von ihren Hunden ans dem Schlosse jagen, der
nicht schnell genug das Weite erreichen kann.
Rübezahl verwandelt sich in einen Oberst. Eine alte Gräfin, die
von der Gicht geplagt ist, reist mit ihren Töchtern und Zofen nach Karlsbad,
um dort Heilung zu finden. Der Wagen, der mit Sachen schwer beladen ist,
geht nur langsam über die gebirgigen Wege, die vom Regen durchweicht sind.
Endlich kommt der Mond hervor und wirft sein mattes Licht auf den Weg, so ,
daß unheimliche Schatten hin und her wanken. Plötzlich.fragt Johann, der
Diener, der schon lange mit ängstlichem Gesicht in das Gebüsch gestarrt hat,
den Postillion: „Siehst du dort den Mann, der seinen Kopf unter dem Arme
trägt?" „Still", antwortet der Postillion, „schon lange sehe und beobachte ich
ihn mit Entsetzen." Immer näher und näher kommt das Ungetüm; schon ist
es dicht am Wagen, da schwingt es seinen eignen Kopf, wirft mit diesem den
Diener, so daß dieser herunterfällt und im Fallen den Kutscher mitzieht. Der
Fremde schwingt sich in den Sattel und fährt wie toll mit dem Wagen davon.
Die Damen schreien entsetzt um Hilfe; da naht sich dem kopflosen Manne plötzlich
ein zweiter, der in flüsterndem Tone den ersten zornig fragt, was er hier
beginne? Zitternd antwortet dieser: „Ach, Herr vom Berge, habt Erbarmen
mit mir, quält mich nicht zu grausam und verschont mich." „Deine Strafe
wirst du später bekommen", antwortet der zweite, „jetzt bestimme ich über die
Fahrt." — Sich tief verneigend tritt er an den Wagen, reicht den Damen
wohlriechende Essenzen, stellt sich als Oberst Riesenthal vor, ladet sie ein, in
sein Schloß zu kommen, und erzählt, daß dieser Schurke sich als Berggeist
Rübezahl vermummt habe, um sie irre zu führen. Bald hält der Wagen vor
dem Schloß, Diener gehen geschäftig hin und her; in den reich geschmückten
Zimmern ist Tageshelle und ein gemütliches Feuer prasselt im Kamin. Ein
Arzt ist zur Hand, der den Damen kleine Mittel gibt, den letzten Schreck zu
vertreiben, und endlich sind diese so weit hergestellt, daß sie sich zur Gesellschaft,
die im Schloß versammelt ist, begeben können. Mit silbernem Geschirr ist der
Tisch gedeckt, köstliche Speisen stehen darauf, bald ist Schreck und Reise ver-
gessen, und bei Tanz und Spiel, unter Scherzen und Lachen vergeht die Zeit.
Inzwischen stellen auch die Diener sich ein, die von Dornen arg geschunden sind
und beschämt gestehen, daß der Kopf, der so viel Unheil anrichtete, ein großer
Kürbis war. Die Helden werden weidlich ausgelacht und witzige und heitere
Gespräche wollen kein Ende nehmen. Der Koch bringt das Konfekt, und zum
Erstaunen aller hat er mit kunstvoller Hand den Überfall im Walde in den
Süßigkeiten dargestellt. Natürlich gab dies neuen Stoff zum Lachen; die Gräfin
scherzt am meisten und erklärt, daß sie an keinen Rübezahl glaube, sonst hätte
er gewiß nicht geduldet, daß sie so arg in Schrecken versetzt wurden. Schon
graut im Osten der Tag, und jeder der Gäste sehnt sich nach Ruhe. Nachdem
sie auf kostbaren Betten ausgeruht haben, rüsten sie sich zur Weiterreise, danken
dem Oberst Riesenthal mit warmen Worten für die Bewirtung und fahren ab.
Nach langer, mühseliger Fahrt kommen sie an ihren Bestimmungsort, und die
Gräsin eilt, im warmen Bade ihre matten Glieder zu stärken. Wer beschreibt
jedoch ihr Erstaunen, als sie am Kurhause den Arzt erblickt, der sie im Schloß
11*
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Extrahierte Personennamen: Johann Riesenthal Rübezahl Riesenthal
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Schlacht auf den Pfaffendorfer Höhen bei Liegnitz. 341
Reiter vom Pferde und trieb mehrere Regimenter in wilder Flucht vor sich her.
An einigen Stellen, wo das wackere Regiment vorzugsweise bedrängt wurde,
brachte ihm die herbeieilende Kavallerie im Augenblicke der Not rettende Hilfe
und befreite bei dieser Gelegenheit einen Teil der durch die österreichische Reiterei
kurz zuvor gemachten Gefangenen.
Die Flucht der feindlichen Kavallerie brachte bald auch die Infanterie des
rechten österreichischen Flügels vollends um ihre Haltung; sie wich überall und
floh in Zerstreuung hinab iu das Katzbachthal, wo sie sich zum Rückzug sam-
melte, der früh gegen 6 Uhr mit Ordnung erfolgte.
Friedrich der Große und das Regiment Bernburg.
In weiser Mäßigung widerstand der König der Versuchung, den Feind
zu verfolgen und weitere Früchte des Sieges zu erzielen, denn er wußte noch
nicht, wie Zieten mit dem Feldmarschall Daun fertig geworden war.
Als sich Daun überzeugt hatte, daß der König sein altes Lager aufgegeben
habe, beschloß er, über die Katzbach zu gehen und die Preußen zu verfolgen.
Um 4 Uhr morgens schon war Liegnitz mit Kroaten und Husaren besetzt. Kurze
Zeit darauf wollte Daun einen Angriff auf Zietens Abteilung machen; aber
der Übergang über das Schwarzwasser machte den Österreichern Schwierigkeiten,
und die übergegangene Kavallerie empfing Zieten mit einem kräftigen Kartätschen-
feuer und einigen Schwadronen von Husaren und Dragouern so, daß sie sich eiligst
zurückzog. Neue Versuche mißlangen, selbst Daun vermochte nichts auszurichten;
es kam zwischen Zieten und Daun zu keinem ernsten und andauernden Kampfe.
So war Preußens Friedrich der überall drohenden Gefahr wieder ent-
gangen. War auch der glückliche Ausgang der Schlacht kein solcher, daß er
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Liegnitz Bernburg Liegnitz Daun
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
420 Stadt und Festung Posen.
einer Provinz. Die Straßen sind breit, prächtige Häuser mit eleganten Läden
und großen Spiegelscheiben reihen sich dort aneinander. Elegante Kutschen
rollen an uns vorüber, schwerfällige Landwagen sehen wir ankommen und zu den
Thoren hiuaussahren, stolze Reiter auf geschniegelten Pferden blicken nach dem
bunten Getriebe der lustwandelnden Spaziergänger, unter denen sich der rastlose
Geschäftsmann seinen Weg sucht. Des Abends finden wir Vergnügen an Kon-
zerteu, Theatervorstellungen, Vorträgen; an Nachmittagen finden sich Gelegen-
heiten zu schönen Ausflügen in die Umgegend mit der Bahn (z. B. nach Moschin)
oder mit Wagen; in den besuchtesten Konditoreien liegen viele Zeitungen aus,
in vielen Weinstuben und Restaurationen wird viel gegessen und getrunken;
Droschken, die seit 1345 eingeführt sind, bringen den müden Wanderer nach
Hanse und erleichtern dem eilenden Arzte und Kausmanne den Verkehr.
Das Rathaus. Auf dem Alten Markte in der Stadt zieht das Rathaus
unsre Aufmerksamkeit auf sich. Vor demselben steht eine steinerne Säule aus
alter Zeit, die wir, obgleich sie stark beschädigt ist, noch als einen Pranger er-
kennen. Oben auf der Säule befindet sich eine Figur, welche den Scharfrichter
mit dem zum Hiebe erhobenen Schwert darstellt. Die Jahreszahl 1535 weist
ans die Errichtung des Prangers hin, die übrigen in die Säule eingetragenen
Zahlen auf das Jahr der betreffenden Todesstrafen.
Das Rathaus wurde wahrscheinlich schon im 13. Jahrhundert, bald nach-
dem die Altstadt Posen gegründet war, angelegt. Im Jahre 1508 wurde es
abgebrochen und ein neues Gebäude aufgeführt, das 1535 abbrannte. Durch
einen italienischen Baumeister aus Lucca wurde das Rathaus wieder hergestellt
und durch einen Turm geschmückt, der 1675, vom Blitze getroffen, niederbrannte;
aber schon 1698 war ein neuer Turm vollendet, der zwei Glocken im Gewicht
von 157 und 100 Zentnern trug. Ein Orkan warf 1725 die Spitze des Turmes
mit den Glocken um; erst unter der Regierung des Stanislaus August erhielt
der Turm die neue Spitze, die er noch heute trägt; am 19. Juni 1793 wurde
der große kupferne Adler mit dem Wappen des Königs und der Republik auf
der Brust auf die äußerste Spitze des Turmes gebracht.
Unter den vielen Zimmern und Sälen des Rathauses befindet sich auch
eins, die frühere Folterkammer, in der noch vor hundert Jahren an verdächtigen
Menschen, die nicht eingestehen wollten, glühende Eisen zur Auwendung kamen.
Heute dient die Folterkammer friedlicheren Zwecken; es ruhen dort viele Tausende
von Wertpapieren der Sparkasse und aller städtischen Fonds hinter Schloß und
Riegel. Alle halbe Jahre erscheinen auch noch jetzt in diesem Räume Männer
mit großen eisernen Instrumenten, sie treiben indes ein weniger grausames
Geschäft — es ist die Kassendeputation, welche die Konpons abschneidet.
Schloß. Das Schloß wurde schon 1253 von den Fürsten Przemyslaw
und Boleslaw auf dem Schloßberge angelegt. In demselben residierten die
Fürsten. Später wohnten daselbst die großpolnischen Generale. Als das Schloß
1536 abgebrannt war, baute es der General Gorka wieder aus; im Jahre 1655
nahm der schwedische Kommandant dort seinen Sitz. Da es durch die Schweden-
kriege sehr gelitten hatte, baute es 1783 der General Raczynski wieder aus.
Hier wohnten die polnischen Könige, wenn sie Posen besuchten; hier fanden die
t
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
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Extrahierte Personennamen: Stanislaus_August August Boleslaw Gorka Raczynski