Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 55

1900 - Leipzig : Spamer
Verbannung nach Sibirien. 55 Sibirien als Ort der Verbannung grauenhafte Vorstellungen verbunden. Wie mancher in guter Familie erzogene und nur an Wohlstand gewöhnte hohe Beamte hat sein Leben in den kalten, unwirtbaren Gegenden Sibi- riens verbringen müssen! Kamen auch schon seit der Mitte des 17. Jahr- Hunderts Verbannungen dorthin vor, so geschah dies doch öfters noch seit 1754. als im Russischen Reiche die Todesstrafe abgeschafft wurde und dasür jene eintraten. Seit 1839 werden alle Vagabunden und auch solche, die nur mehrjährige Besserungsstrafen auszuhalten haben, nach Sibirien Anfsisches Fort zu Alnriinsk am Amur. als Kolonisten versetzt, und so mag es kommen, daß dadurch jährlich dem Lande ein Zuwachs von 10 000 Seelen zugeführt wird. Unter diesen Kolonisten und Verbannten befanden sich gleich von Anfang an viele den gebildeten Ständen Angehörige: es waren nicht bloß Ackerbauer, Hand- werker und Beamte unter ihnen, sondern auch Männer, die ausgestattet waren mit allem möglichen Wissen. Zu diesen gehören besonders die dem höheren russischen Adel entstammenden Dezemberleute, d. h. diejenigen, welche sich an der Verschwörung im Dezember 1825 bei der Thronbe- steigung des Kaisers Nikolaus und an den polnischen Aufständen beteiligt hatten. Darum zeigte sich auch sehr bald neben dem materiellen Aus-

2. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 100

1900 - Leipzig : Spamer
100 Die Engländer in Ostindien. Bombay, wurde unter dem Nameu Sir Josiah Child von Surate zum Barouet und zum Oberkommandierenden aller englischen Truppen im Osten erhoben; daher kam es, daß unter allen servilen Genossenschaften die Ostindische Kompanie durch Willfährigkeit gegen den Thron am meisten hervortrat. Sie gab dem Handelsstande des Königreichs das gesetzwidrige Beispiel bereitwilliger Steuerzahlung, als ohne Zustimmung des Parla- ments König Jakob Ii. bei seinem Regierungsantritt gewisse Abgaben ausschrieb. Sobald indessen der Monarch nach kaum vierjähriger Will- kürherrschast aus dem Lande Vertrieben, und der blutige Lord-Oberrichter Jeffreys, welcher die übermäßigen Monopolanfprüche der Ostindischen Gesellschaft für gesetzmäßig erklärt, ein Gefangener geworden war, vereinigten sich die alten Feinde der Kompanie, verstärkt durch die ehemaligen, von Child aus dem Ostmdiahanse vertriebenen Direktoren und ihren Anhang, mit den mächtigsten whigistisch gesinnten Kaufleuten der City und forderten von dem freiheitlich gesinnten Hause der Gemeinen, welches Wilhelm Iii. von Oranien aus den Thron erhoben hatte, Gerechtigkeit und Wiederver- geltuug. Am heftigsten gebürdete sich Papillon, obgleich derselbe einige Jahre früher als eifrigster Vorkämpfer für den Freibrief der Kompanie gestritten. Ein guter Teil der Gegner der Kompanie aber bestand aus Leuten, welche ihr gram waren, weil sie sich von einem Mann hatte be- herrschen lassen, der seinen Einfluß dazu angewendet, um vor allem seine Interessen und die seiner Kreaturen zu fördern. Als Heilmittel für alles schreiende Unrecht und gegeu zukünftige Übergriffe dieser Art verlangte man von der Krone das Monopol zu einer neuen Gesellschaft auf einem besseren Fundamente, wodurch mau hoffte, die Wiederkehr einer engherzigen und tyrannischen Oberleitung auf immer fern zu halten. Die neu zu be- gründende Kompanie, unter der sich einige der ersten Großhändler der City befanden, wählte zur Wahrnehmung ihrer Interessen ein Komitee und beauftragte dasselbe, vom Parlamente und der Regierung ein Privileg zum Handel nach dem Osten auszuwirken. Nachdem das Ostindiahaus sich im Jahre 1693 gegeu jeden Vergleich ausgesprochen hatte, baten die Gemeinen den König Wilhelm Iii., demselben eine dreijährige Vorausverkündigung der Aufhebung seines Freibriefes zu- stellen zu lassen. Sir Josna Child, welcher befürchtete, durch seine Person im Vordergrunde die Interessen seiner Kompanie noch mehr zu gefährden, machte in der rechten Stunde einem neuen Gouverneur, dem Sir Thomas Cook, scheinbar Platz. Dieser, mit dem bisherigen allmächtigen Leiter des Direktorenhofes nahe verwandt, gehörte zu den angesehensten Kauf- leuten Londons; auch fehlte es ihm als Mitglied des Parlaments nicht an Einfluß. Er wußte in der That binnen kurzer Zeit vermittelst wohl- angewandter 100 000 Pfd. Sterl. die ärgsten Gegner zu besänftigen. Infolgedessen wurde ohne Mitwirkung des Parlaments von feiten der Regierung am 7. Oktober 1693 der Freibrief und das Monopol der alten

3. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 99

1900 - Leipzig : Spamer
Sir Josua Child, 99 Bis nach diesem Hauptplatz der Kompanie in Indien hatte sich also der Kampf der doppelt erbitterten Parteien hinverpflanzt. Der Kommandant der Besatzung. Kapitän Keigwin. sagte sich in Übereinstimmung mit seinen Truppen von der Autorität der Kompanie los und proklamierte die des Königs (1683). Hierbei blieb es jedoch nicht, die Aufrührer schritten zur Gewalt vor und kerkerten den mißliebigen Stellvertreter des Gouverneurs ein. Nicht ohne Schwierigkeiten ward man des Aufruhrs Herr, und erst nach Hinrichtung mehrerer der Rädelsführer konnte die Gefahr als beseitigt angesehen werden. Die Regierung würde sonst wahrscheinlich das Ver- halten der Aufständischen gebilligt haben, und den Freibrief, auf welchem das Monopol beruhte, hätte ein gleiches Schicksal, wie es mehreren andern Gesellschaften widerfuhr, getroffen. Gerade noch in der rechten Stunde war aber eine vollständige Wandlung im Ostindiahaufe eingetreten. Sir Josua Child, der damalige Gouverneur, trennte sich plötzlich von seinen politischen Freunden, schloß sie von der Direktion aus und unterhandelte wegen eines engeren Anschlusses mit dem Hose. Wahr- scheinlich trug zum Wechsel seiner politischen Ansichten seine Verwandtschaft mit der angesehenen Toryfamilie der Beanforts bei. Papillon, Barnardi- stone und ihre Anhänger verkauften ihre Stammaktien, die Komiteestelleu wurden mit Anhängern Childs besetzt, und dieser war von nun an so wenig beschränkter Gebieter im Ostindiahaufe, daß ihm dessen Mittel zur freiesten Verfügung standen und die wichtigsten Papiere nicht in den Bureaus der Leadenhallstraße, sondern in seinen Wandschränken zu Wan- stead aufbewahrt wurden. Die Wichtigkeit, welche jene außerordentliche Stellung verlieh, erhob ihn bald zu einem Günstling im Königspalaste von Whitehall, wodurch wiederum feine Macht im Ostindiahaufe um so mehr befestigt wurde. Ein Geschenk von 10 000 Guiueen aus seiner Hand nahm König Karl huldvollst entgegen, weitere 10 000 Pfd. Sterl. dessen Bruder Jakob, welcher mit Freuden der Reihe der Aktieninhaber sich zugesellte. Alle, die am Hofe irgend welches Einflusses sich erfreuten, suchte man durch Geschenke von Shawls und Seidenzeugen, von indischen Vogelnestern, durch Diamanten und Säcke voll Gnineen in guter Laune zu erhalten. Die Bestechungssummen, welche der Direktor mit kluger Verschwendung verteilte und die er seinen Kollegen gegenüber nicht einmal zu verrechnen brauchte, hatten bald den gewünschten Erfolg in einem Um- fange, daß der Direktorenhof fast allmächtig im Staate, Child selbst es aber am Hofe wurde. Lord-Oberrichter Jeffreys gab eine Entfchei- dung zu gunsten des Monopols der Kompanie und der strengsten An~ Wendung der Gesetze zur Verteidigung desselben ab; König Jakob Ii. ließ auf den neuen Freibrief, welcher alle Privilegien der Kompanie bestätigte und erweiterte, sein Staatssiegel drücken; alle Kapitäne von Ostindien- fahrern erhielten ihre Bestalluug von der Krone und durften die königliche Flagge aufhiffen. John Child, Sir Jofuas Bruder, Gouverneur von

4. Das Deutsche Reich - S. 194

1900 - Leipzig : Spamer
194 Siebentes Kapitel. Heere — und zwar die ersten drei Jahre bei den Fahnen, die letzten vier Jahre in der Reserve — die folgenden fünf Lebensjahre der Landwehr ersten Aufgebots und fodann bis zum 31. März desjenigen Kalenderjahres, in welchem das 39. Lebensjahr vollendet wird, der Landwehr zweiten Auf- gebots au. Hierzu tritt der Laudsturm, welcher im Kriegsfalle au der Ver- teidiguug des Vaterlandes teilzunehmen hat. Derselbe besteht aus allen Wehr- Pflichtigen vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 45. Lebensjahre, welche weder dem Heere uoch der Marine angehören, und wird in zwei Aufgebote eingeteilt. Zum Laudsturm ersten Aufgebots gehören die Landstnrmpflichtigen bis zum 31. März desjenigen Kalenderjahres, in welchem sie ihr 39. Lebens- jähr vollenden, zum Laudsturm zweiten Aufgebots vou dem bezeichneten Zeit- punkte bis zum Ablaufe der Landsturmpflicht. (Vgl. das Landwehr- und Landsturmgesetz vom 11. Februar 1883). Die Friedeuspräseuzstärke betrug bis zum 31. Dezember 1871 eiu Prozent der Bevölkerung und wird jetzt im Wege der Reichsgesetzgebung festgestellt. Die Kosten des Reichsheeres werden von den einzelnen Staaten zur Reichskasse gezahlt; die bezügliche Summe wird durch Etatsgesetz festgestellt. Die gesamte Landmacht bildet ein einheitliches Heer, welches in Krieg und Friedeu unter dem Befehle des Kaisers steht; alle Truppeu müssen dem Befehle des Kaisers unbedingte Folge leisten (entsprechende Fassung des Fahneneides). — Der Kaiser kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Teil desselben in Kriegszustand erklären (Art. 57 — 68). Die preußische Militärgesetzgebung ist (mit Ausnahme der Militärkirchenord- nung) allgemein eingeführt. Für die Bekleidung und deren Schnitt dient diejenige des preußischen Heeres als Norm; daneben kann jeder Kontingentsherr Abzeichen lkokarden :e.) bestimmen. Behufs Erhaltung der Kriegstüchtigkeit der einzelnen Kontingente hat der Kaiser das Recht der Inspektion aller Truppenteile. Der Kaiser bestimmt den Präsenzstand, die Gliederung und Einteilung der Kontingente, die Organisation der Landwehr, die Garnisonen und die kriegsbereite Aufstellung eines jeden Teiles des Reichsheeres; er ernennt auch die Höchstkommandierenden eines Kontingents, alle Offiziere, welche Truppen mehr als eines Kontingents befehligen und alle Festungskommandanten; die Ernennung von Generalen und Offizieren in Generalsstellungen innerhalb des Kontingents bedarf seiner Zustimmung. Der Kaiser hat das Recht, Festungen innerhalb des Bundesgebietes anzulegen. Die Bundes- fürsten sind Chefs aller ihren Gebieten angehörigen Truppenteile und ernennen die Offiziere derselben, wo nicht besondere Konventionen etwas andres bestimmen. Sie haben das Recht, zu polizeilichen Zwecken nicht bloß ihre eignen, sondern alle in ihren Gebieten dislozierten Truppen zu verwenden. Bayern und Württemberg haben Separatrechte, welche durch die Bündnis- Verträge vom 23. November 1870 und die Militärkonvention vom 2t.—25. Novem- der festgesetzt werden und die bezüglichen Vorschriften etwas modifizieren. Die Einnahmen und Ausgaben des Reichs werden durch den Reichs- Haushaltsetat geordnet, welcher jährlich festgestellt wird. Zur Bestreitung der Ausgaben dienen namentlich die Einnahmen der Zölle, der gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern fowie des Post- und Telegraphenwesens; der Rest wird solange Reichssteueru uicht eingeführt find, durch Beiträge der Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung gedeckt (Art. 69—73). Die gemeinschaftlichen Ausgaben werden in der Regel für ein Jahr bewilligt, doch kann dies in besonderen Fällen auch für längere Dauer geschehen. Für die Verwendung aller Einnahmen ist vom Reichskanzler dem Bundesrate und Reichs- tage zur Entlastung jährlich Rechnung zu legen. Bei außerordentlichen Bedürfnissen

5. Bilder aus den neuen Reichslanden und aus dem südwestlichen Deutschland - S. 164

1880 - Leipzig : Spamer
164 Straßburg, die Königin des Oberrheins. Anders sah es freilich damals schon in Straßburg ans. An der Spitze der Stadtverwaltung stand als königlicher Kommissar an Stelle des erkrankten Prätor Gerard (seit 6. Juli 1789) Herr Friedrich von Dietrich (geb. 1748), ein Mann von lauterster Gesinnung und wohl- wollendem Charakter. Er hatte seine Studien größtenteils in Paris ge- macht und war unter den verführerischen Jdeeu gereift, welche vor dem Ausbruche der Revolution dort mit Vorliebe gepflegt wurden. Völlig hingegeben an die großen Gedanken des neuen Zeitalters, wünschte er auch Straßburg der Segnungen der Revolution theilhaftig zu macheu. Das aber war die tragische Schuld dieses rechtschaffenen, edel- denkenden Mannes, daß er um der ueueu Aera willen mit der alten deutschen Vergangenheit seiner Vaterstadt brechen zu müssen glaubte. Ein solcher Manu war deu damaligen Leitern der französischen Regierung sehr willkommen. Die altehrwürdige reichsstädtische Verfassung Straßbnrgs war ihnen laugst ein Dorn im Auge. Schou vor dem Bastillesturm sah man auf deu Gassen Straßbnrgs unheimliche Gesellen, welche durch wilde Freiheitsreden und gelegentliche Weinspenden ans die Menge zu wirken, auch die ärmeren Volksklassen gegen die Patrizier im Rath und in den Ausschüssen "aufzuregen suchten. Die Nachricht von der Erstürmung der Bastille, der alten Zwingburg der frauzösischeu Könige, wurde von ihnen anfs Neue zur Erregung der Massen benutzt. Aufrührerische Volkshaufen zogen (21. Juli 1789) uach dem Rathhause, drangen in die Säle, plün- derten die Urkunden und rissen das alte Streitbanner der Stadt in Stücke, ohne daß die Stadtbehörden oder der französische Truppenkommandant gegen die Aufrührer einzuschreiten wagten. Kurze Zeit darauf (11. August) legteu sämmtliche Rathsherren und die dreihundert Schöffen ihre Stellen nieder. Das war das Eude einer mehr als vierhundertjährigen Verfassung. Von der frauzösischeu Nationalversammlung in Paris erhielt die ehe- mals freie Reichsstadt gleich den übrigen Städten Frankreichs ihre Kom- munalverfaffung zugeschnitten. Neben dem Maire bildeten fortan 17 Muni- zipalitätsräthe und 36 Notablen, die aus unmittelbaren Volkswahlen her- vorgingen, die neue Stadtbehörde. Zum ersteu Maire von Straßburg wurde Friedrich von Dietrich gewählt. Im Hotel de ville — so hieß nämlich jetzt die städtische Pfalz — empfing der neugewählte Maire (18. März 1799) aus den Händen des letzten Städtemeisters das Siegel der Stadt, und auf eiuer festlich geschmückten Tribüne, an der Place d'armes, d. h. dem Parade- platz, errichtet, leistete die Munizipalität vor der versammelten Menge den Bürgereid; aber trotz aller Theatereffekte, trotz Glockeuläuteu und Geschütz- salven stand doch das Schauspiel weit zurück hinter der einfachen Würde des alten Straßburger Schwörtags. Damit war der Bruch mit der deutschen Vergangenheit vollzogen, der Uebergang iu die französische Staatsordnung verwirklicht. Friedrich von Dietrich fühlte wol die tiefe Abneigung, die in der Seele des Volkes gegen die neuen frauzösischeu Einrichtungen vorherrschte; er sah, daß seine eifrigen Bestrebungen, Straßburg und das Elsaß in die neue i

6. Bilder aus den neuen Reichslanden und aus dem südwestlichen Deutschland - S. 327

1880 - Leipzig : Spamer
Karl Mathy. 327 Stufe stieg, nachdem einmal einige Freunde für die Ausbildung des Knaben gesorgt hatten, so war das ganze Leben Mathy's ein Kampf, ein Ringen um die höchsten Interessen und wieder mit die einfachsten Sorgen, in welchen es kaum ein behagliches Ausruhen gab. Geboren wurde Mathy den 17. März _ 1807 in Mannheim als der Sohn des Professors Arnold Mathy, der als Dok- tor der Theologie eine Zeit lang das katholische Stadtpfarramt Mannheim bekleidete, aber nach schweren inneren Kämpfen zum Protestautismus übertrat und nachher am Gymnasium in Mannheim eine Anstellung erhielt. An der nöthigen Gelegenheit zur Ausbildung, an nachhaltigen Einflüssen bester Art von der Familie aus fehlte es dem jungen Mathy nicht; aber es folgten seiner Geburt noch fünf Brüder und zwei Schwestern nach, und Karl mußte früher als andere Kinder das Sorgen und Entbehren lernen. Seinen Altersgenossen an Lerneifer und Fassungskraft überlegen, absolvirte er glänzend das Gymnasium und bezog im Herbste 1824 die Universität Heidelberg. In seinem Vaterhause war neben Unabhängigkeitssinn auch das vaterländische Interesse mächtig in ihm geweckt worden, und das trieb ihn in Heidelberg in die Burschenschaft mit ihrem schwarz-roth-goldenen Banner, obwol diese Verbindungen infolge des Attentates an Kotzebne, das wenige Jahre zuvor in Mannheim geschah, mit scheelen Augen von der Regierung und dem Bundestag betrachtet wurden. Erst ein Semester lag hinter ihm, als er den Vater verlor, und es galt nun, die nöthigen Hülfsmittel zum Weiterstudium durch Privatunterricht zu verdienen und noch seiner Mutter mit Rath und That beizustehen. Mit unermüdlichem Eifer stndirte er die Finanzwissenschaften. Aber noch ehe er das Examen bestand, riß ihn die damals unter der Jugend Deutschlands hell auflodernde Begeisterung für das gegen das Osmanenthnm sich erhebende Griechenland fort, und er erschien am 13. Mai 1828 in Paris und stellte sich dem phil- hellenischen Comits zur Verfügung. Aber die Sache der Griechen war schon in die Hände der Diplomaten übergegangen, und so kehrte er, nicht ohne durch mächtige Eindrücke von der Welthauptstadt bereichert zu sein, nach drei Monaten wieder in die Heimat zurück, holte das Staatsexamen mit der Note „sehr gut besähigt" nach und trat 1829 als Kameralprakti- kant in den Dienst der badischen Regierung. Die Wogeu der politischen Bewegung gingen damals in Deutschland infolge der französischen Juli- revolutiou von 1830 sehr hoch. In Baden kam das Ministerium Winter den Liberalen entgegen und die Presse war ungehemmt Mathy hatte nn- mittelbar vorher eine Abhandlung über die Einführung einer Vermögens- steuer geschrieben und lieferte Kammerberichte in die Augsburger allge- meine Zeitung und national-ökonomische Artikel in das Rotteck-Welkersche Staatslexikou. Er gründete eine Zeitung, „der Zeitgeist", die durch gedie- geueu Juhalt sich auszeichnete, und in welcher er, in Widerspruch mit den in Süddeutschland herrschenden Sympathien sür Frankreich und Oesterreich, im festgefügten Preußeu trotz seiuer reaktionären Bestrebungen den Eiui- guugspuukt für Deutschland erkannte. In diesem Sinne schrieb er 1834 eine Schrift über den Beitritt Badens zum Zollverein.

7. Bilder aus den neuen Reichslanden und aus dem südwestlichen Deutschland - S. 329

1880 - Leipzig : Spamer
Karl Mathy. 329 Fickler, Brentano diesen Antrag als eine Schädigung der kleinen Prodn- zenten und Arbeiter bekämpften. Ein Hauptaugenmerk Mathy's war darauf gerichtet, eiu Zusammen- wirken des Liberalismus in Nord und Süd zu Stande zu bringen. Es war wesentlich sein Verdienst, als Juli 1847 die „Deutsche Zeituug" ge- gründet wurde, au der die bewährtesten politischen wie staatswissenschaft- lichen Kräfte sich betheiligten. Die Wogen der politischen Bewegung gingen immer höher; die Februarrevolution, die Louis Philipp's Regiment stürzte, brach herein, ihre Wirkungen pflanzten sich nach Deutschland fort. Schon Herbst 1847 war ein Kreis liberaler Männer in Heppenheim zusammen- getreten, um die deutsche Einheit anzubahnen. Karl Mathy. Mathy wies darauf hin, daß die Grundlage dazu im Zollverein schon vorhanden sei, und daß sie nur durch dessen Erweiterung kommen könne. Aber mit Eintritt der Februarrevolution und der Erklärung Frankreichs zur Republik drangen die radikalen Elemente in den Vordergrund; man träumte, man schwärmte für eine deutsche Republik. Badeu ging voran. Gerade iu Mathy's Wahlbezirk, im Seekreise, war durch Fickler schon am 13. März die Republik erklärt worden. Mathy reiste unverzüglich hin; in stürmischen Volksversammlungen trat er gegen diese Idee auf: die ge- schliche Ordnung müsse aufrecht erhalten werden, und er ließ Fickler ver- haften. Nie hat ihm seine Partei diese That vergeben, ihre Presse strömte von Schmähungen über. Er vertheidigte mnthig das Einschreiten der

8. Bilder aus den neuen Reichslanden und aus dem südwestlichen Deutschland - S. 160

1880 - Leipzig : Spamer
160 Straßburg, die Königin des Oberrheins. Man dachte statt des Türken wol einen Andern, aber man wagte nicht, ihn zu nennen, ans Furcht, daß ein Späher sich eingeschlichen haben könnte. Endlich kehrt die städtische Gesandtschaft aus dem französischen Haupt- quartier zurück, baug erwartet von der Volksmenge am Thore und von der Versammlung im Rathhause. In ihren ernsten Mienen liest man den Er- folg ihrer Botschaft — kein Ausweg mehr, als freiwillige Unterwerfung unter die französische Gewalt oder hoffnungsloser Widerstand bis auf das Letzte! Ob die Franzosen es auf dieseu wirklich ankommen lassen, ob sie vor einer solchen Vergewaltigung und schweren Verletzung des Völkerfriedens nicht im letzten Augenblicke noch zurückschrecken würden, wenn die gesammte Bürgerschaft ihueu eiumüthig und entschlossen entgegenträte, das überlegt man nicht mehr. Die zur Eutscheiduug bewilligte Frist naht dem Ablauf. Es ist fünf Uhr Nachmittags. Die Stimmen im Rathe werden gesammelt, — die Mehrzahl erklärt sich für Unterwerfung. Nach der Verfassung ist noch die Zustimmung der Bürgerschaft einzuholen, aber der frauzösische Vertreter wird bereits von dem erwünschten Stande der Dinge benachrichtigt, um die angedrohten Gewaltmaßregeln von der Stadt abzuwenden. Andern Tags wird die Bürgerschaft befragt. Von aller Hülfe und Leitung verlassen, glaubt auch diese, sich in das Unabänderliche schicken zu müssen. Allein die Schneiderinnnng stimmt für Verteidigung bis auf deu letzten Mann. Noch ehe die Bürgerschaft sich erklärt hatte, besetzte schon der sranzö- sische General Montclar mit 15,000 Mann die Stadt, und einige Tage später wurden Richter, Konsuln und Senatoren der „königlichen Stadt", bevor sie von Kaiser und Reich ihres Eides entbunden, für den neuen Gebieter in Eid genommen. Gleichzeitig begann Vanban seinen Festuugs- bau, um die geraubte Stadt in sichern Verwahrsam zu bringen und ihre Hörner gegen Deutschland zu kehren. Der Kriegsminister aber berichtete an den König: „Eure Majestät dars darauf zählen, daß, wenn die Citadelle vollendet und am Eude der Brücke nach der Breisganer Seite zu eiu Fort mit vier Bastionen errichtet ist, keine Macht in Europa es wagen wird, Eure Majestät mit Gewalt von diesem Posten zu vertreiben." Der Raub vou Straßburg mitten im Frieden war vollzogen. Nun- mehr begann die französische Fremdherrschaft, ihren Einfluß zu entfalten. Unter den Bestimmungen der Kapitulatiousurkuude befand sich anch der Zusatz von dem französischen Minister, daß die Kirche „Notre Dame", sonst „Münster" genannt, dem katholischen Gottesdienst übergeben werden solle. Infolge dessen hielt am 20. Oktober der Bischof Egon von Fürstenberg von Zabern aus, wohiu seit der Reformation der Bischofssitz verlegt war, mit Pauken und Fahnen in feierlicher Prozession seinen Einzug in die Stadt und das Münster. Drei Tage später erschien König Lndwig Xiv. selbst in Begleitung seiner Familie und eines glänzenden Hofstaates nnter trium- phireudem Schaugepräuge in Straßburg. Au dem Haupteingang des Münsters empfing ihn der gleißnerische Bischof, der bereits seit anderthalb Jahren ein Jahrgehalt von 60,000 Livres vom Könige von Frankreich bezog, reichte dem Allerchristlichsten Könige das Kruzifix zum Kusse und

9. Bilder aus der Mark Brandenburg, vornehmlich der Reichshauptstadt - S. 234

1882 - Leipzig : Spamer
234 Ausflug nach Potsdam. da er die größte Gunst ist, die Sie mir erzeigen können. Bald werden Sie mich am vollen Tage überzeugen, es sei Nacht." In seiner maßlosen Bewunderung der Dichtungen Voltaires ging Friedrich so weit, daß er für eine Zeile aus der Henriade den ganzen Homer, den er an sich hochschätzte, hingeben wollte. „Ich habe", schrieb er 1777, „in Berlin eine öffentliche Bibliothek bauen lassen; Voltaire's Werke logirten vorher zu uuau- ständig. Alexander der Große legte Homer's Werke, wie billig, in das sehr kostbare Küstchen, welches er unter anderen von dem Darius erbeutet hatte. Und ich? -— nun, ich bin kein Alexander der Große und habe auch von keinem Menschen Beute gemacht, wol aber, nach meinen geringen Kräften, das best- mögliche Behältniß für die Werke des Homer unsers Jahrhunderts erbauen lassen." Der am 30. Mai 1778 erfolgte Tod Voltaire's verfehlte denn auch nicht,, den gealterten König in die tiefste und nachhaltigste Betrübniß zu versetzen. Besonders empörte es ihn, daß die Geistlichkeit dem Freigeist ein kirchliches Begräbnis; verweigerte und daß der Abbe Mignot, der ihn in der Abtei von Seellicres beigesetzt hatte, bestraft wurde. Der Alte Fritz schrieb selbst eiue Lobrede auf Voltaire für die Akademie der Wissenschaften in Berlin. „So viel sich auch Ihre theologische Brut Mühe giebt", heißt es iu seinem Briefe vom 1. Mai 1780 an d'alembert, „Voltaire nach dem Tode zu schänden, so sehe ich darin doch weiter nichts, als das ohnmächtige Streben einer neidischen Wuth, welche ihren eigenen Urheber mit Schande bedeckt. Mit all den Stücken ausgerüstet, die Sie mir dazu geschickt haben, beginne ich jetzt in Berlin die merkwürdige Unterhandlung wegen Voltaire's Seelenamt; und obschon ich keinen Begriff von einer unsterblichen Seele habe, so wird man doch für die seinige eine Messe lesen." Dies geschah am 30. Mai 1780 in einem feierlichen Tranergottesdienst, der in der katholischen Kirche zu Berlin abgehalten wurde. Von den Generalen Friedrich's wurde der hochbetagte treue Zieten, kurz vor dem Ableben seines Herrn, am 26. Jannar 1786 ins Jenseits gerufen. Friedrich hatte den alten Handegen bis an sein Ende stets mit der gemütlichsten Aufmerksamkeit behandelt. So vereinsamte der Philosoph von Sanssouci immer mehr; von dem ursprünglichen Gesellschaftszirkel lebten bis zu seinem Tode nnr noch zwei Italiener im Verkehr mit ihm: der Marchese Lucchesini und der Abt Bastiani. Von den vornehmeren Geistern der Auskläruugszeit, welche aber erst iu der folgenden Epoche der letzteren glänzen, kamen zwei mit Friedrich kurz vor seinem Tode in Berührung. Zunächst im Herbst 1785 der edle, schwärmerische Marquis de Lasayette, der sieben Jahre später, empört über die entsetzlichen Ausschreitungen der französischen Demagogen, seinem Vaterlande den Rücken wandte; im selbigen Jahre der Graf von Mirabeau, der uachmals an der Einfädelnng der französischen Staatsnmwälznng, deren Hauptkatastrophe er freilich nicht mehr erlebte, stark betheiligt war. Kurz zuvor eutwirft uns der Graf von Segur, welcher unter Washington in Amerika gedient hatte und auf der Durchreise als srauzösischer Gesaudter nach Nußlaud deu großen König sah, von diesem folgendes Bild: „Mit lebhafter Neugier betrachtete ich diesen Mann, der, groß von Genie, klein von Statur, gekrümmt und gleichsam unter der Last seiner Lorbern und seiner langen Mühen gebeugt war. Sein blauer Rock, abgenutzt wie sein

10. Bilder aus der Mark Brandenburg, vornehmlich der Reichshauptstadt - S. 231

1882 - Leipzig : Spamer
Voltaire am Hofe Friedrich's des Großen. 231 Zu einem ernstlichen Bruche kam es aber erst, als Voltaire, welcher den Präsidenten der Berliner Akademie der Wissenschaften Maupertuis in nn- ziemlicher Weise angegriffen hatte, weil er in ihm wiederum einen Nebenbuhler erblickte, mit einer neuen verletzenden Satire nicht zurückhielt, obwol er Friedrich versprochen hatte, dieselbe ungedruckt zu lassen. Friedrich ließ das in Dresden erschienene Buch von Henkers Hand am 14. Dezember 1752, so daß es Vol- taire mit ansah, auf öffentlicher Straße verbrennen. Gleichwol erhielt der Dichter, nachdem er in einem längeren Briefe reumüthig Abbitte gethan, noch einmal alle Beweise königlicher Huld zurück. Das königliche Stadtschloß in Potsdam. Weit entfernt, hierdurch vorsichtiger und rücksichtsvoller zu werden, be- nutzte er den Urlaub zu einer Badereise nach Frankreich im Frühjahr 1753, um in Leipzig wieder neue beleidigende Pasquille, welche er zu diesem Zweck und zur Veröffentlichung außerhalb der preußischen Lande vorbereitet hatte, drucken zu lassen. Der König, welcher eine nicht unbegründete Vorahnung von neuen Taktlosigkeiten Voltaire's gehabt, hatte ihm den Urlaub nur unter der Bedingung ertheilt, daß er sein Patent, seinen Orden, den Kammerherrn- schlüssel und das Exemplar seiner Gedichte, welches er ihm anvertraut, zurück- lasse. Als dies nicht geschah, wurde Voltaire iu Frankfurt a. M. verhaftet und so lange zurückgehalten, bis er jene Gegenstände ausgeliefert hatte. Nun- mehr erhielt er die königlichen Gnadenbeweise nicht noch einmal zurück. Wir übergehen eine Reihe von Niedrigkeiten Voltaire's, die anderweitig erzählt
   bis 10 von 12 weiter»  »»
12 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 12 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 16
1 106
2 15
3 156
4 63
5 157
6 16
7 139
8 88
9 76
10 111
11 1
12 12
13 71
14 0
15 16
16 48
17 13
18 169
19 86
20 1
21 6
22 17
23 0
24 85
25 16
26 21
27 21
28 20
29 75
30 18
31 4
32 4
33 46
34 9
35 2
36 58
37 239
38 157
39 158
40 15
41 31
42 1
43 17
44 7
45 355
46 21
47 23
48 6
49 29

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 1
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
8 6
9 1
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 1
16 0
17 3
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 1
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 2
36 1
37 0
38 3
39 0
40 0
41 2
42 0
43 0
44 0
45 3
46 2
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 1
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 1
60 3
61 0
62 0
63 0
64 1
65 0
66 1
67 0
68 2
69 1
70 1
71 2
72 1
73 0
74 0
75 0
76 1
77 3
78 0
79 0
80 1
81 0
82 0
83 0
84 0
85 0
86 0
87 2
88 0
89 0
90 0
91 0
92 6
93 0
94 1
95 1
96 0
97 0
98 3
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 5
1 1
2 3
3 2
4 0
5 2
6 0
7 4
8 0
9 1
10 0
11 0
12 1
13 0
14 0
15 0
16 0
17 3
18 0
19 0
20 1
21 6
22 0
23 0
24 0
25 3
26 2
27 0
28 0
29 1
30 0
31 1
32 1
33 5
34 0
35 16
36 0
37 0
38 0
39 4
40 0
41 0
42 1
43 1
44 3
45 0
46 0
47 0
48 0
49 4
50 0
51 2
52 3
53 0
54 3
55 0
56 0
57 1
58 0
59 9
60 7
61 4
62 1
63 0
64 0
65 18
66 0
67 2
68 0
69 0
70 0
71 4
72 2
73 15
74 0
75 2
76 0
77 0
78 1
79 0
80 0
81 12
82 1
83 0
84 0
85 0
86 1
87 0
88 0
89 1
90 0
91 2
92 1
93 1
94 0
95 1
96 2
97 2
98 2
99 6
100 4
101 0
102 3
103 3
104 2
105 0
106 0
107 0
108 0
109 0
110 4
111 3
112 0
113 0
114 0
115 1
116 0
117 2
118 0
119 0
120 0
121 0
122 2
123 1
124 0
125 1
126 0
127 0
128 0
129 2
130 1
131 1
132 0
133 0
134 1
135 3
136 7
137 0
138 0
139 0
140 12
141 0
142 4
143 3
144 7
145 2
146 0
147 2
148 0
149 0
150 0
151 0
152 1
153 1
154 0
155 8
156 2
157 1
158 0
159 0
160 0
161 0
162 0
163 0
164 0
165 1
166 1
167 1
168 0
169 3
170 1
171 0
172 2
173 3
174 1
175 2
176 0
177 10
178 0
179 2
180 0
181 0
182 12
183 10
184 1
185 1
186 1
187 0
188 0
189 0
190 0
191 1
192 0
193 0
194 0
195 0
196 4
197 0
198 3
199 8