1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die übrigen Staaten in Mittel- und Norddeutschland. 457
Der Verkehr an diesem Platze ist freilich infolge der vermehrten Eisenbahnverbiu-
düngen in letzter Zeit nicht unerheblich zurückgegangen. Von den Steinkohlen werden
etwa 74 Proz. ausgeführt; sehr stark ist auch die Einfuhr, beziehentlich Durchfuhr
böhmischer Braunkohlen. Abgesehen von Steinkohlen, sowie von andern Produkten
des Bergbaues, gelangen besonders Gewebestoffe und Holzwaren zur Ausfuhr, teil-
weise in die fernsten Gegenden, während Rohstoffe für die Industrie (Wolle, Baum-
wolle, Flachs :e.), Kolonialwaren und Getreide eingeführt werden. Handels- und
Gewerbekammern sind in den wichtigsten Handelsplätzen (Zittau, Dresden, Chemnitz,
Plauen, Leipzig); auch das Bank- und Kreditwesen findet geeignete Vertretung. Die
Reichsbank hat eine Hauptstelle in Leipzig und Nebenstellen in mehreren bedeuten-
deren Plätzen. An sonstigen Bankinstituten find zu nennen: die Leipziger Bank, die
Allgemeine Deutsche Kreditanstalt, der Leipziger Kassenverein, die Leipziger Vereins-
bank (sämtlich in Leipzig); die Sächsische Bank, die Dresdener Bank, die Sächsische
Lombard- und die Sächsische Kreditbank (in Dresden), die Stadtbank (in Chemnitz),
die Landständische Bank (in Bautzen) :c. • Auch das Sparkassenwesen ist hoch ent-
wickelt. In Leipzig ist die Zahl der buchhändlerischen Firmen 1833—1883 von 92
auf 523 gestiegen; außerdem waren 1883 in Leipzig noch 5574 auswärtige Firmen
vertreten, von denen etwa '/z in Leipzig stehendes Lager hatten; 1882 wurden hier
2628 Werke publiziert.
Das Verkehrswesen ist der Bedeutung des sächsischen Handels ange-
messen. Als Wasserweg dient die Elbe; die Landstraßen sind zahlreich und
in gutem Zustande, das Eisenbahnwesen besitzt ein sehr verzweigtes System
und auch Post und Telegraphie haben eine entsprechende Entwickelung erhalten.
In Schandau gingen 1888 zu Thal 8015 beladene Schiffe mit einer Ladung
von 2175500 Tonnen und 305 800 Tonnen Floßholz, und zu Berg >177 beladene
und 6363 unbeladene Schiffe mit 199200 Tonnen Ladung durch. Es verkehren
einige 20 Personen- und ebensoviel Schleppdampfer, beziehentlich Kettendampfer und
Güterdampfer. Im Eisenbahnwesen ist, wie in Preußen, das System der Staats-
bahnen zum Durchbruche gekommen. Im Jahre 1888/89 waren 2135 km Eisen-
bahnen (sämtlich unter Staatsverwaltung) vorhanden. Im Personenverkehr ist die
Strecke Dresden-Potschappel, im Güterverkehr (wegen der Kohlenabfuhr) die Strecke
Eainsdorf-Zwickau-Werdau die freqnenteste. Die' Staatsstraßen haben eine Länge
von ca. 3800 km, wovon rund 2800 km kunstmäßig ausgebaut sind. — Das sächsische
Postwesen ist am l. Jan. 1868 auf den Norddeutschen Bund, 1872 auf das Deutsche
Reich übergegangen; es sind Oberpostdirektionen zu Dresden und Leipzig vorhanden.
Bei dem, wie erwähnt, durchschnittlich recht guten Boden wird ziemlich
viel Getreide erzeugt, doch erfordert die zahlreiche Jndustriebevölkerung fast
ein Drittel mehr Getreide als geerntet wird. Die Viehzucht ist sehr be-
deutend; namentlich stark ist der Bestand an Rindvieh, demnächst an Pferden
und Schweinen, verhältnismäßig am schwächsten der an Schafen, doch ist die
Rasse derselben noch immer sehr gut.
Im Jahre 1882 (5. Juni) gab es landwirtschaftliche Betriebe überhaupt
192921, davon nur auf eigenem Lande 121433 (Gesamtfläche: 994714 ha), auf
eigenem und gepachtetem 51508 und nur auf gepachtetem 19880 (Gesamtfläche des
Pachtlandes: 139482 ha). Am verbreitetften sind die mittleren Betriebe (von
l0 100 ha), welche 57,„ Proz. betragen, kleine Betriebe (von 1 — 10 ha) gibt es
25.7 Proz-, große Betriebe (von über 100 ha) 14., Proz. Im Jahre 1888 waren
bestellt mit Roggen 212104 (Ernteertrag: 289126 Tonnen), mit Weizen 50500
^Ernteertrag: 97 796 Tonnen), mit Gerste 32 652 (Ernteertrag: 49 349 Tonnen), mit
Kartoffeln 118846 (Ernteertrag: 1218748 Tonnen), mit Hafer 183233 (Ernteertrag:
285672 Tonnen) und mit Wiesenbau 276 984 ha (Ernteertrag: 453359 Tonnen). —
Der Zuckerrübenbau ist verhältnismäßig gering; im Jahre 1888/89 wurden von drei
Zuckerfabriken 70 669 Tonnen Rüben zu 8829 Tounen Rohzucker und 1925 Tonnen
Melasse verarbeitet. In demselben Verwaltnngsjahre waren 592 Brennereien im
Gange, von denen 116000 Tonnen Kartoffeln, 12400 Tonnen Getreide und 5000
sonnen andre Stoffe verarbeitet wurden. — Bei den Forsten überwiegen die
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550 Zweites Kapitel.
Das Staatsgebiet gehört dem norddeutschen Tieflande an und ist auf dem
rechten Weserufer von einer Hügelkette (Dünen) in der Richtung von Südost
nach Nordwest durchzogen. Der Weserstrom durchströmt ei in derselben Richtung;
von den Nebenflüssen kommen rechts Wümme und Geeste, rechts Ochtum in
Betracht. Das Klima Bremens ist im ganzen gemäßigt.
Der Boden besteht durchweg aus Diluvial-und Alluvialbildungen; festes Gestein
findet sich nirgends. Am linken User ist wirkliches Flachland; die Dünen auf dem
rechten Ufer bestehen aus kleinkörnigem Sande. Das sogenannte Hollerland auf
dem rechten Ufer (51,5g qkm) hat überhaupt Sandboden mit Einlagerungen von
Raseneisenstein; im Blocklande (29,qkm) und Werderlande (48,,^ qkm) auf derselben
Seite liegt der Sand erst unter einer Schicht von Klei- und Moorboden; vereinzelt
findet sich auch zäher, unfruchtbarer Thon („Dwaa"), auch ist ein Moor vorhanden
(in der Feldmark von Borgfeld). Auf dem linken Ufer findet sich teils Lehm- teils
Kleiboden. — Die Weser macht viele Krümmungen und ist oberhalb Bremens ]48,
in der Stadt bis zu 226 m breit; ihr Lauf im Staatsgebiet hat eine Länge von
24,g km; ihre Tiefe beträgt oberhalb etwa 1,3 m und unterhalb 2—2,„ m. Ihre
Bedeutung für die Schiffahrt ist natürlich sehr groß. Der Weserfluß Wümme hat
im Staatsgebiete einen 28 km langen schiffbaren Lauf und ist mit der Weser durch
zwei kleine Kanäle verbunden. Die bei Bremerhaven mündende Geeste ist gleich-
falls schiffbar; die Ochtum berührt das Gebiet mit 5 km. Zum Schutze dieser
-Gewässer sind Deiche in der Gesamtlänge von 96,2 km nötig geworden. Das Klima
Bremens ist verhältnismäßig mild und beträgt im Jahresdurchschnitt zwischen 8—9° C.
Die meisten Niederschläge sinden im Sommer demnächst im Herbst und Winter und
die wenigsten im Frühlinge statt, sie betragen im Jahresdurchschnitt 7—800 mm.
Der Witterungswechsel ist plötzlich; nach heißen Tagen sind kühle Abende und dichte
Nebel sehr häufig. Die Winde haben meist die Richtungen von Süd bis Nordwest.
Die Bevölkerung ist niederdeutschen Stammes, weit überwiegend evange-
lisch und hauptsächlich mit Handel, demnächst auch mit Industrie, weniger mit
Ackerbau und Viehzucht beschäftigt.
Auf 255,ß qkm lebten nach der Zählung 1885 165628 Einwohner, welche (bis
auf 6196 Katholiken und 840 Juden) fast sämtlich evangelisch waren. Sehr ver-
breitet ist die plattdeutsche Sprache, in den gebildeten Kreisen herrscht jedoch die
hochdeutsche. In Bremen selbst und in Bremerhaven leben auch sehr viele Ausländer,
besonders Amerikaner, Engländer und Holländer, dieserhalb, sowie wegen des be-
deutenden Seeverkehrs wird häufig die englische Sprache gebraucht. — Am 5. Juni
1882 wurden gezählt in Land- und Forstwirtschaft, Tierzucht und Fischerei 12084 Zu-
gehörige, davon 5187 Erwerbsthätige, in der Industrie einschließlich Bergbau und Bau-
Wesen 75 935 Zugehörige, darunter 29 297 Erwerbsthätige, in Handel, Verkehr, Gast-
Wirtschaft :e. 47114 Zugehörige, darunter 16 829 Erwerbsthätige. Bremen nimmt
unter den deutschen Sechandelsplätzen eine der ersten Stellen ein, und zwar ist
der Handel weit weniger Speditions- und Kommissions- als Eigenhandel und beruht
vorzugsweise auf Warenumsatz, während das reine Papier- und Geldgeschäft sehr
zurücktritt. Es sind über l000 Großhandlungen vorhanden, unter denen sich etwa
50 Reeder befinden. Neben dem Handel treten zunächst alle diejenigen Geschäfts-
zweige bedeutsam hervor, welche mit dem Handel zusammenhängen, Schiffahrt,
Schiffbau k. Haupthaudelsartikel.sind: Petroleum, Reis, Tabak, Baumwolle, Kaffee,
Zucker, Thee, Gewürze, Getreide, Öl, französische Weine:c. Unter diesen Gegenständen
stehen obenan: Petroleum (jährliche Einfuhr für 30—40, Ausfuhr für 40—50 Mill.
Mark), Baumwolle (jährliche Einfuhr für etwa 50—60, Ausfuhr für etwa 53 Mill.
Mark), Tabak (jährliche Einfuhr für 50-60, Ausfuhr für 60-65 Mill. Mark),
wozu noch Tabaksstengel und Zigarren treten. Die Reederei bestand am I.januar
1889 aus 341 Schiffen zu 325594 Tonnen, darunter 118 Dampfer mit 124256 Tonnen
Gehalt. Außerdem steheu noch etwa 260 oldenburgische und preußische Schiffe im
Dienste des preußischen Handels. Das größte Transportgeschäft betreibt die Aktien-
Gesellschaft des Norddeutschen Lloyds, die regelmäßige Dampfschiffverbindungen mit
England und Amerika unterhält und neuerdings auch für die vom Reiche geschaffenen
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584 Drittes Kapitel.
Deutschlands (Faber). Aus den bisherigen Angaben läßt sich schließen, daß der aus-
wärtige Handel Bayerns sich auf gewisse landwirtschaftliche Gegenstände (Hopfen, Obst,
Wein, demnächst auf Vieh, besonders Rinder, und Käse), namentlich aber auf eine
Reihe von Jndustrieerzeuguissen (Bier von München ic.; Metallwaren, Bleistifte und
Spiegelglas zc. von Nürnberg-Fürth, Baumwollengewebe von Augsburg, und ähn-
liche Produkte), die Einfuhr dagegen außer auf Rohprodukte für die Industrie auf
Kolonialwaren erstreckt. Als Handelsstädte haben Nürnberg und Augsburg sich seit
dem Mittelalter eine hervorragende Bedeutung bewahrt, zu ihnen treten neuerdings
besonders München und Würzburg' auch Regensburg und Bamberg verdienen er-
wähnt zu werden. — Das Bank- und Kreditwesen ist in Bayern noch nicht in gleichem
Maße entwickelt, wie in andern deutschen Staaten, was sich daraus ergibt, daß im
März 1887 im ganzen Lande nur 13 Bank- und Kreditinstitute mit einem Gesamt-
kapitale von 124 Mill. Mark, dagegen in dem viel kleineren Königreiche Sachsen in
der nämlichen Zeit 15 solche Institute mit einem Aktienkapitale von über 156 Mill.
Mark vorhanden waren. Unter den erwähnten bayrischen Bankinstituten befanden
sich eine Zettel- und zwei Staatsbanken.
Das Verkehrswesen befindet sich in nicht gerade ungünstigem Zustande.
Abgesehen von den früher erwähnten Wasserstraßen ist einigermaßen für Land-
straßen, wenn auch nicht überall in gleichem Maße wie in andern deutschen
Staaten, gesorgt; auch ist das Eisenbahnnetz zu großen Verbindnngsstraßen
ausgebaut, die namentlich Punkte wie München, Nürnberg, Augsburg, Regens-
bürg, Würzburg in deu Weltverkehr zieheu.
Posteu und Telegraphen haben in Bayern eine von dem Reiche unabhängige
Landesverwaltung. Die Länge der Eisenbahnen betrug 1888/89 5344,B km, wovou
etwa nur 1/9 tu Privatverwaltung stand. Hervorragend sind besonders folgende Bahn-
linien: Müncheu-Jugolstadt-Bamberg-Hos, Treuchtliugen-Würzbnrg, Pleinfeld-Angs-
bnrg-Bnchloe, Bamberg-Würzburg, Schweinsurt-Meiningen, Schweinfnrt-Gemünden,
Donauwörth-Jngolstadt-Regensburg, Augsburg - Ingolstadt, München - Regensburg
Hos, Weiden-Neueumarkt, Hos-Eger, Krailsheim-Nürnberg-Würzburg, Würzburg-
Aschaffenburg, Nürnberg-Eger, Ülm-München-Simbach, München-Bnchloe-Lindan,
Ulm-Kempten, München-Rosenheim-Salzburg, Rosenheim-Pilsting, Landshut-Pilsting-
Eisenstein, Rosenheim-Kusstein, München-Töltz, München - Peißenberg; — die Lud-
wigsbahu (Nürnberg-Fürth) und das System der pfälzischen Eisenbahnen (Neunkirchen-
Worms, Germersheim-Saarbrückeu, Neustadt-Weißenburg :c.). _
Alt der Spitze des Staatswesens stehen uuter dem Könige sechs königliche
Staatsministerien: 1) königliches Haus und Äußeres, 2) Justiz, 3) Inneres,
4) Kirchen - und Schulaugelegeuheiteu, 5) Finanzen, 6) Krieg; neben den
Ministerien besteht noch ein Staatsrat. Im Ministerialdepartement des Äußeren
befinden sich: die Geueraldirektion der Königlichen Verkehrsanstalteu (mit Ab-
teilungen für Eisenbahnbau, Eisenbahnbetrieb, sowie Post und Telegraphen);
im Departement des Inneren: die Abteilung für Landwirtschaft, Gewerbe und
Handel, der Verwaltungsgerichtshof, der Obermedizinalausschuß, das Ober-
bergamt, die oberste Baubehörde, die Statistische Zentralkommission, die Landes-
Gestütsverwaltuug, das Reichsarchiv, die Normaleichungskommission, das Landes-
versichernngsamt:c.; im Departement für Kirchen- und Schulaugelegenheiteu:
der oberste Schulrat, die katholischen Bistümer und das protestantische Ober-
konsistorinm; im Finanzdepartement: der oberste Rechnuugshos, die General-
Bergwerks- und Salinenadministration, die Generaldirektion der Zölle und
indirekten Stenern, die Staatsschuldentilgnngskommission und die Königliche
Bank; im Kriegsdepartement: das Generalauditoriat k.
Der Staat bildet eine konstitutionelle Monarchie, daher steht dem Könige
ein Landtag mit zwei Kammern zur Seite. Die Erste Kammer („Kammer der
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Goldgewinnung. 143
eine Million und am vierten Mittwoch brach der Wagen, der die gewaltige
Last zu tragen hatte, unterwegs zusammen, und die Eskorte kam einen Tag
später in die Stadt; diesmal waren es 1110 kg Gold — im Werte von
etwa 31/2 Millionen Mark. Seitdem hat sich die Goldausbeute im ganzen
noch sehr bedeutend vergrößert, und die Ausfuhr nach England berechnete
sich sehr bald nur nach Millionen von Psnnd Sterling. Schwankungen
kommen natürlicherweise vor; so betrug z. B. die Ausfuhr von Gold von
Etiinesen beim Goldwäschen.
Australien nach England in den ersten elf Monaten 1866 die Summe
von 6 231612 Pfund Sterling, in der entsprechenden Periode des folgenden
Jahres nur 5 291 014 Pfund Sterling und vom Januar bis November
1868 wieder 6 356 102 Pfund.
Solche Schwankungen wollen aber bei der kolossalen Höhe der ganzen
Zahlen nicht viel bedeuten. Die jährliche Ausbeute Australiens an Gold
darf im ganzen zu wenigstens 240 Millionen Mark angenommen werden?
Wie die Größe der Ausbeute, so hat sich auch die Zahl der Gold-
fexber im Verlaufe der Zeit sehr bedeutend vermehrt, und es ist jetzt er-
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56 Die Eroberung von Sibirien durch die Kosaken.
schwunge ein bedeutender Fortschritt auf geistigem Gebiete; es gab sich
darin eine Bewegung kund, welche darthut, daß die Bevölkerung den
europäischen Stammesgenossen nicht nachzustehen gewillt ist.
In allen Schichten des sibirischen Volkes regt es sich, und der Roth-
schild dieses Landes, der Thee- und Goldhändler Sidorow, welcher als
Leibeigner geboren wurde und durch seine eigne nnermüdete Thätigkeit zu
Reichtum und Ansehen gelangte, hat vor kurzem den einheimischen Be-
Hörden eine Million Silberrnbel zur Verfügung gestellt, um dafür in
Jrkutsk oder Tobolsk eine sibirische Universität zu gründen. Von einer
ärmlichen Poststation, 1661 angelegt, hat sich Jrkutsk, au der Angara
gelegen, zu einer prächtigen Stadt von 36 117 Einwohnern aufgeschwungen,
in welcher westeuropäische Sitten mehr denn anderswo Eingang gesunden
haben, und in welcher selbst eine sehr thütige geographische Gesellschaft
als Abteilung der großen russische» geographischen Gesellschaft besteht.
Ein an alle feineren gesellschaftlichen Bedürfnisse gewöhnter Abendländer
wird in dieser ostsibirischen Hauptstadt sich nicht vergebens nach derartigen
Dingen umsehen.
Sibirien galt lange als ein Bild des Jammers, Elendes und Ent-
setzens. Gegenwärtig ist dieses unermeßliche Gebiet der Schrecknisse ent-
kleidet, womit es eine ausgeregte Phantasie und die gläubig vernommenen
Übertreibungen entsprungener Flüchtlinge umwoben; es ist kein Geheimnis
mehr, daß Landschaften von paradiesischer Schönheit und Distrikte von un-
geahnter Fruchtbarkeit Gegenden schmücken, die man sich unter dem ewigen
Eisschlamm der Tundren begraben dachte. Die fortschreitende Forschung
hat aber letztere in ihre wahren Grenzen verwiesen und gezeigt, wie neben
dem Schauergemälde der hochnordischen Eiswelt Raum geschaffen werden
müsse sür die lieblichen Bilder einer reichgesegneten Natur. Der Welt-
Handel hat längst die Bedeutung dieses Landes erkannt, welches der
elektrische Telegraph mit der europäischen Zivilisation verknüpft und welches
in nicht allzu ferner Zukuuft durch einen riesigen Schienenweg zur Brücke
von dem Atlantischen zum Stillen Ozean erhoben wird. Die Verwirklichung
dieses Planes — wohl nur eine Frage der Zeit — wird dann auch den
Amurländern eine Wichtigkeit verleihen, die sich in ihrem vollen Umfange
heute noch gar nicht abschätzen läßt.
Es kann uns nicht befremden, daß die russische Regierung gerade dem
östlichen Teile von Sibirien ihr Hauptaugenmerk zuwendet, und daß sie
für dessen Kolonisierung alles mögliche ausbietet, denn in diesem Gebiet
liegt ja der Schlüssel des Großen Ozeans; hier sind besonders die reichen
Gold-, Kupfer- und Steinkohlenlager vorhanden, welche den Besitz des
Landes seit Jahrhunderten zu einem so wertvollen machen; in seinen süd-
lichen Gebirgslandschaften sind ja auch die Eingangspforten zu sucheu nach
dem Amurlande, dem zukunftreichen Schauplatze russischer Thätigkeit. Vor
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112 Sechstes Kapitel.
in das Reichsland und die bayrische Pfalz hinüberreicht; 3) das ober-
schlesische auf dem Tarnowitzer Plateau, welches uach dem österreichischen
und russischen Gebiete hinübergreift; 4) das niederschlesische im Walden-
burgischen; 5) das Zwickauer von der Zschopan bis zur Pleißeuquelle; 6) das
Kohlenbecken des Plauen scheu Gruudes bei Dresdeu. Kleinere Stein-
kohlenlager finden sich bei Ibbenbüren in Westfalen, am Piesberge in Han-
nover, bei Wettin in der Provinz Sachsen, auf der Südseite des Thüringer
Waldes, in Bayern und Sachfen-Meiningen :c. Hierzu kommen Ablagerungen
in der sogeuauuteu Wälderformation (im Wealden) in den kleinen Gebirgen
zwischen Leine und Weser ?c. — Die Braunkohle findet sich besonders in
zahlreichen und ergiebigen Ablagerungen an der Saale und ihren Zuflüssen
(in der Provinz Sachsen und den Nachbargebieten), in der Rheinprovinz, am
Westerwalds, im nördlichen Teile der oberrheinischen Tiefebene, im Gebiete
der Fulda und sehr vereinzelt durch das norddeutsche Tieslaud verstreut (in
Brandenburg, Schlesien jc.).
Den Umfang der deutschen Kohlenfelder hat man auf 3600 engl. Quadratmeilen
berechnet, während Großbritannien 9000, Neusüdwales 24000, Ostindien 35500,
die Vereinigten Staaten 194000, China 200000, Spanien dagegen nur 3500, Frank-
reich 1800, Belgien 900 engl. Quadratmeilen Kohlenfelder haben sollen. Sehr ver-
schieden ist natürlich die Mächtigkeit. — Das rheinisch-westfälische Becken ist
bis auf 35—100000 Mill. Tonnen geschätzt worden, so daß es bei der jetzigen Pro-
duktiousweise noch 2—5000 Jahre reichen würde. Es lagert besonders an der Ruhr
zwischen Unna und Duisburg-Ruhrort, doch reicht es auch nordwärts bis zur Lippe.
Die Flöze fallen flach und in sanften Mulden und Sätteln nach Norden ein und
die kleineren Reviere von Piesberg und Ibbenbüren erscheinen als Fortsetzung des
großen Beckens. Mit jedem Jahre wachsen noch die Aufschlüsse nach Norden hin.
Das Saarbecken hat etwa einen Flächenraum von 290000 ha und nach ungefährer
Schätzung 45400 Mill. Tonnen Inhalt; dasselbe könnte also noch 17000 Jahre die
jetzige Ausbeute gewähren. Die Hauptpartie findet sich zwischen Ottweiler, Saar-
louis und Forbach, außerdem sind mehrere kleinere Reviere nördlich und nordöstlich
davon vorhanden. Der Abbau ist durch die gestörten Lagerungsverhältnisse, durch
Grubenbrände jc. erschwert, doch die Kohle sehr gut; sie beherrscht Südwestdeutsch-
land und findet starken Export (nach Frankreich, der Schweiz :e.). Das ober-
schlesische Becken hat, soweit es preußisch ist, eine Ausdehnung von ungefähr
acht deutschen Quadratmeilen und ist in der Mitte der siebziger Jahre bis zu einer
Tiefe von 630 m. auf etwa 1000 Mill. Tonnen geschätzt worden, wozu in einer jetzt
nicht als abbaufähig geltenden Tiefe etwa noch weitere 4000 Mill. Tonnen kommen.
Die Hauptpartie findet sich von Neu-Beruu, Myslowitz, Tarnowitz an der polnischen
Grenze bis Gleiwitz und Kieferstädtel im Westen; dazu kommen mehrere kleinere
Reviere fnikolai-Czuchow, Niedobschütz-Loslau :e.). Die Lagerungsverhältniffe sind
sehr günstige, die Produktionskosten gering, die Kohle gut und billig; die Flöze
haben eine Mächtigkeit von 3—4m. Das niederschlesische Becken läßt sich zwar
keineswegs an Bedeutung mit dem oberschlesischen vergleichen, doch bietet es gleich-
falls eine ziemlich reiche Produktion, wenngleich die Schwierigkeit der Gewinnung
groß und daher der Preis hoch ist. — Die beiden Becken des Königreichs Sachsen
nehmen eine Fläche von 16000 ha ein. Dieselben bilden den Haupthebel der sächsischen
Industrie, versorgen jedoch auch einen Teil Süddeutschlands. Die kleinen Reviere
in Süddeutschland: St. Bilt, Berghaupten, Erbendorf und Stockheim können das
Bedürfnis ihrer Gegend nicht decken und sind überhaupt unbedeutend; ebenso haben
die kleinen Reviere in Thüringen (Ilfeld, Manebach, Kammerberg) keine allgemeinere
Bedeutung. — Die Kohle der sekundären Periode der Wealdenformation hat an
einzelnen Teilen der Wesergebirge eine allmähliche Bedeutung gewonnen; sie wird
am Deister, Süntel und Osterwald und am Steinhuder See abgebaut, ist vortrefflich
und für Hannover von Bedeutung. — Die Braunkohle (Kohle der tertiären Periode)
hat in ihren Ablagerungen am Fuße der Alpen (bei Miesbach, Tölz, Pensberg,
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Die wirtschaftlichen Verhältnisse. 133
Da das Zinnmetall in Deutschland nur in ganz geringer Menge ge-
Wonnen wird, so ist die Judustrie in demselben nicht allzu bedeutend.
Die Fabrikation von Zinnwaren sindet in Lüdenscheid (Westfalen), besonders
aber in Mittelfranken (Nürnberg, Fürth) statt. Verarbeitet wurden 1887: 6812
Tonnen; von dem angegebenen Betrage gelangte etwas über ein Sechstel zur
Aussuhr.
Die Industrie von wissenschaftlichen Instrumenten ist zu hoher Voll-
endnng gediehen; Hauptplatz für dieselbe ist München; auch andre Plätze, wie
Braunschweig, Berlin, Rathenow, verdienen eine rühmliche Erwähnung.
Im Jahre 1882 waren mit der Anfertigung von wissenschaftlichen Jnstru-
menten 4585 Hauptbetriebe mit 15073 Arbeitern beschäftigt, und zwar kamen auf
mathematische, physikalische und chemische Instrumente 2612, auf chirurgische Jnstru-
mente 1744, auf Telegraphen- und Telephonanlagen 140 Hauptbetriebe. 1887
wurden an wissenschaftlichen Instrumenten 700 Tonnen im Werte von 13990000
Mark ausgeführt.
§ 15. Industrie der Steine und Erden.
Auf die Industrie der Steine und Erden kommen nach der letzten Zäh-
lnng ruud 55 000 Hauptbetriebe mit eiuem Personal von 349196 Köpfen.
Der größte Teil hiervon kommt auf Preußen, von dem die Provinz Schlesien
und Rheinland obenan stehen; demnächst solgen Brandenburg und Sachsen;
auch Bayern, das Königreich Sachsen und Thüringen nehmen in dieser
Industrie eine hervorragende Stelle ein.
Stein-, Marmor- und Schieferbrüche sowie Betriebe sür
grobe und seiuere Marmor-, Stein- und Schieferwaren weisen
17 699 Betriebe (darunter 14918 Hauptbetriebe mit 72249 Köpfen) auf;
davon kommt fast die Hälfte auf Preußeu, diesem zuuächst stehen Bayern, das
Königreich Sachsen und das Herzogtum Sachseu-Meiningen. Für feinere
Steinwaren sind 1938 Haupt- und 121 Nebenbetriebe vorhanden, die erstereu
mit 7292 Köpfen.
Die Sandsteinbrüche an der Elbe (in der Sächsischen Schweiz), an der unteren
Unstrut (bei Nebra), finden eine weitgehende Ausbeutung und Versendung, ähnlich
ist dies bei den Sandsteinen der Wesergegend der Fall. Granite und Gneise kom-
men in der norddeutschen Tiefebene vielfach als erratische Blöcke vor und werden
häusig zu Denkmälern und Kunstwerken verarbeitet; besonders ist das letztere auch
mit den Graniten des Fichtelgebirges der Fall, welche unter anderm zu Weißen-
stadt zu allerhand gröberen Waren (Futtertrögen, Brunnenbecken jc.) verarbeitet
werden. Eine weitgehende Verwertung finden die Trachytbrüche des Siebengebirges,
die Marmorbrüche am llntersberg bei Reichenhall in Bayern. Marmorwaren ver-
schiedener Art werden zu Berchtesgaden in Bayern, zu Olpe in Westfalen, zu Rübe-
land im Harze :e. angefertigt. Die fogenannte Marmelfabrikation, d. i. die Ver-
fertignng von Kugeln aus Kalkstein, Kieseln, Jaspis und Glas, betreibt man in
Meiningen (Sonneberg) und in Koburg-Gotha. Der Reichtum an gutem Tafel-
schiefer, ein Vorzug des Franken- und des südöstlichen Thüringer Waldes, hat
auch hauptsächlich die Industrie von Schiefertafeln und Schiefergriffeln, die weithin
versendet werden, besonders in den thüringischen Staaten (zu Lehesten, Gräfenthal,
sonneberg) und im bayrischen Bezirk Oberfranken (Geroldsgrün), hervorgerufen,
während aus dem mittelrheinischen Schiefer an der Mosel (bei Müllenbach), ferner
im Lennegebirge (bei Olpe), im Harze (bei Lautenthal), im Erzgebirge (bei Lößnitz,
Affalter, Dittersdorf :e.) gute Dachschieferplatten geschnitten werden. Die lithogra-
phischen Schiefer von Solnhofen an der Altmühl im fränkischen Jura sind bereits
ruhmlichst erwähnt worden; die aus ihnen geschnittenen Platten gehen in alle Welt
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- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Königreich Preußen. 249
der übrigen Provinz 216775, bez. 71497 Personen. Die Hauptvermittelungsorte für
den Handel von und nach außerhalb sind Hamburg und Stettin. Dem Handels-
verkehr dienen besonders die Niederschlesisch-Märkische, die Anhalter, die Berlin-
Hamburger, die Berlin-Lehrter Bahn, die Ostbahn, die Berlin-Stettiner und die
Berlin-Potsdam-Magdeburger Bahn, ferner die Elbe und Oder, die Havel mit der
Spree, der Finow-, der Friedrich-Wilhelms- und der Plauesche Kanal. Von den
Handelskammern ist namentlich die in Berlin („Kollegium der Ältesten der Berliner
Kaufmannschaft") von Bedeutung. In Berlin haben die Reichsbank (Stammkapital
von 120 Mill. Mark), die Seehaudluug, die Bank des Berliner Kaffenvereins ihren
Sitz, auch findet sich hier eine sehr bedeutende Börse; Reichsbanknebenstellen und
kleinere Geldinstitute sind über die Provinz verbreitet. Bedeutend sind der Berliner
Wollmarkt (im Juni) und die Frankfurter Messe (dreimal jährlich).
Die Industrie bewegt sich zunächst in der Fabrikation von Tuchen und
Wollwaren, in welcher die Provinz mit Rheinland, Schlesien, der Provinz
und dem Königreich Sachsen im Reiche' die erste Stelle einnimmt. Auch in
Seidenwaren und gemischten Stoffen wird Bedeutendes geleistet. Die Ver-
arbeitung von Metallen erstreckt sich hauptsächlich auf den Maschinenbau sowie
auf die Herstellung von gröberen Eisenwaren, Kupfer-, Messing- und Bronze-
waren. Bedeutend sind auch die Fabrikation von feinen Leder- und Kurzwaren,
Möbeln, von Putz- und Bekleidungsgegenständen, Ziegelsteinen, Thonwaren und
Glas, die Spiritusbrennerei und die Bierbrauerei.
Die Hauptsitze für die Tuchfabrikation befinden sich im Süden der Provinz
(Kottbns, Luckenwalde, Guben, Forst, Sorau, Finsterwalde), wo Tuche, Buckskins,
Double- und Teppichstoffe angefertigt werden; in Berlin bestehen mehrere große
Shnddysabriken. Der Gesamtwert der Tuchfabrikation der Provinz beziffert sich jähr-
lich etwa auf 100 Mill. Mark. Ein großer Teil der Tuche geht, abgesehen von dem
übrigen Deutschland, nach den Vereinigten Staaten, auch wohl nach Südamerika,
Westindien, Mexiko, Japan, Spanien :e. Seiden- und Halbseidenwaren werden
in Berlin, Potsdam und Brandenburg angefertigt. Roheisen wird von einer großen
Anzahl von Werken verarbeitet; die Maschinenindustrie, die Fabrikation von Lampen,
wissenschaftlichen und musikalischen Instrumenten, Luxuspapieren, Lichtern und Seifen,
feinen Leder- und Kurzwaren, Goldleisten, Möbeln und Telegraphenapparaten haben
besonders in Berlin ihren Sitz. Die bedeutendsten Ziegeleien und Thonwarenfabriken
liegen an der Havel; von den mehr als 20 Glashütten ist die umfangreichste in
Baruth. Die Luxuspapiere, Kurz-, Galanterie- und Konfektionswaren gehen zu einem
großen Betrage nach den Vereinigten Staaten; auch die Berliner Lampen haben einen
starken Absatz nach dem Auslande. Spiritusbrennereien waren (1886/87) im Direk-
tionsbezirk Brandenburg-Pommern 973, Bierbrauereien (in Brandenburg 1887/88)
560, Zuckerfabriken (1887/88) 12 in Betrieb; bedeutende Beträge von Spiritus
gingen ins Ausland.
Der Ackerbau ist, wie bereits angedeutet, zwar stark verbreitet, kann
jedoch bei weitem nicht die Bedürfnisse des Landes decken; am bedeutendsten
noch ist der Anbau der Kartoffel, die in dem sandigen Boden vortrefflich gedeiht.
Der Gartenbau ist verhältnismäßig stark entwickelt.
Die Provinz Brandenburg (abgesehen von Berlin) hatte (1882) 261101 land-
wirtschaftliche Betriebe; gewidmet waren von 2234851 ha (1882) im Erntejahre 1886
dem Roggen 607 812, dem Weizen 50863, der Gerste 77 077, der Kartoffel 293182,
dem Haser 212943, dem Wiesenheu 403555 ha. Geerntet wurden (abgesehen von
Berlin) 1886 an Roggen 514459, an Weizen 68276, an Gerste 86549, an Kar-
tosfeln 2471362, an Hafer 201951, an Wiesenheu 760394 Tonnen. Das Ergebnis
der Roggenernte stellt sich in der Provinz durchschnittlich nur auf 0,-z Tonne pro
Hektar, während der Durchschnitt im ganzen preußischen Staate 0f9o Tonne beträgt.
Tabak wurden 1886/87 von 8840 Pflanzern auf 2343 ha 4042 Tonnen im Werte
von 1405000 Mark geerntet. Die bedeutendsten Obst-, Kunst-und Handelsgärtnereien
besinden sich in Berlin, Potsdam, Werder, Lübbenau, Lübben, Guben und Groß-
1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
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224 Erstes Kapitel.
Über den Handel des preußischen Staates mögen folgende Bemerkungen
genügen: Die Ausfuhr in Jndnstrieartikeln ist doppelt so groß als die Ein-
fuhr, dagegen stellt sich die Einfuhr von Rohprodukten aller Art weit höher
als deren Ausfuhr.
Eingeführt werden besonders: Getreide, Reis, Wein, Kaffee, Gewürze, Tabak
und Zigarren, Raps, Leinsaat, Obst, Südfrüchte, Pferde, Kühe, Schweine, gesalzenes
und getrocknetes Fleisch und Fische, Käse, Guano, Kreide, Porzellanerde, Eisen-,
Blei-, Zink- und Nickelerze, Dachschiefer, Tafelglas, Roheisen, Rohkupfer, Quecksilber,
Eisen- und Stahlbleche, Soda, Schwefel, Ammoniak, Salmiak, Salpeter, Knochen-
kohle, Galläpfel, Gerberlohe, Farbhölzer, Droguen, Harze aller Art, Hanf, Flachs,
Jute, Baumwolle, Garne, Packleinwand, Wachstuch, Balken, Bretter und sonstige
Hölzer und Holzwaren, Thran, Talg, Öle aller Art, Petroleum, Bettfedern,
Lumpen, Häute und Felle, Dampfkessel, Maschinen und Schiffe. — Zur Ausfuhr
gelangen besonders folgende Gegenstände: Kartoffeln, Bier, Spirituosen, Essig, Hopfen,
Rind- und Schafvieh, Butter, künstliche Dungmittel, Ölkuchen, Steinkohlen, Tors,
Schwefelkies, behauene Steine, Schiefertafeln, feine Steine und Steinwaren, Ziegel-
steine, Töpferwaren, Porzellan, Hohlglas, Blei, Zink, Eisenbahnschienen, Eisen- und
Stahlwaren, Mineralwasser, Kupfervitriol, Schießpulver, Blei- und Zinkweiß, Farben,
Chemikalien, Parfümerien, allerhand Zeugstoffe, Kleider, Wäsche und Posamentier-
waren, Kautschukwaren, Papier, Tapeten, Dachpappen, Möbel und feine Holz- und
Korbwaren, Kutsch- und Eisenbahnwagen, Pianinos und andre musikalische Jnftru-
mente, astronomische, chirurgische, mathematische und physikalische Instrumente, Ge-
wehre, Schmuck- und Kunstgegenstände aller Art, Bücher, Stiche und Spielkarten.
Im Jahre 1882 waren 349556 Handelsbetriebe mit 489063 erwerbstätigen und
im ganzen 1356099 zugehörigen Personen vorhanden.
Zur Förderung des Handels und der Gewerbe sind Kreditinstitute in
hinreichender Zahl vorhanden, und zwar kommen zunächst vou deu im Jahre 1888
vorhaudeueu 16 deutscheu Notenbanken außer der Reichsbank sechs Institute auf
Preußen; die Reichsbank aber hatte im März 1887 195 Niederlassungen, von
denen der größte Teil, und zwar allein elf Hauptstelleu, auf Preußen kamen.
Außerdem sind zahlreiche Geldinstitute und Geldgeschäfte, namentlich Spar-
und Vorschußkassen, Volksbanken und Sparkassen vorhanden. Im März 1887 waren
in Preußen 147 Aktiengeldinstitute mit einem Kapital von 844710000 Mark, darunter
jene sechs Zettelbanken, sowie 34 Staats- und Kommunalinstitute vorhanden. Das
Versicherungswesen hat durch zahlreiche Gesellschaften die verschiedensten Jnter-
essen zu umfassen gesucht (Lebens-, Feuer-, Hagel-, Vieh-, Transport-, Glas-, Hypo-
theken- und Rückversicherungsgesellschaften). — Zur Förderung von Industrie, Handel
und Verkehr dienen ferner auch 81 Handelskammern und kaufmännische Korpo-
rationen sowie zahlreiche polytechnische, technische und Gewerbevereine, industrielle,
Handwerker- und Fortbildungsvereine, ferner kaufmännische, Handels- und nautische
Vereine. Zu größeren Unternehmen bringen vielfach Aktienunternehmungen die
Gelder auf, namentlich im Gebiete der Industrie.
Daß die materielle Wohlfahrt des preußischen Volkes im erfreulichen
Fortschreiten begriffen ist, ergibt sich nicht nur ans dem stark wachsenden Ver-
brauch feinerer Nahrungs-, Geuuß- und Bekleidungsgegenstände, sondern auch
aus dem Zunehmen der Einkommensteuerpflichtigen sowie ihrer Steuerbeträge.
Das Gesuudheitsweseu, welches iu dem „Reichsgesundheitsamte" ein ge-
meinsames Organ besitzt, wird in Preußen durch eiue besondere Abteilung des
Kultusministeriums, iu allen Provinzen durch Mediziualkollegien, durch Orgaue
der Bezirksregieruugeu sowie durch eine große Anzahl von Ärzten vertreten.
Von den 15824 Ärzten des Deutschen Reiches (1887) kommen etwa 60 Pro;.,
von den 3113 Tierärzten fast die Hälfte auf Preußen, Apotheken sind etwa 2800,
Heilanstalten der verschiedensten Art etwa 1700 vorhanden.
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Das Königreich Preußen. 281
1882 gab es im ganzen 165785 landwirtschaftliche Betriebe, wovon 140154
nur auf eignem Lande stattfanden; Landwirtschaft, Tierzucht und Gärtnerei hatten
zu gleicher Zeit 1063795 Zugehörige, worunter 392119 Erwerbsthätige. 1886 waren
gewidmet: dem Roggen 520927 ha (Ernteertrag 414101 Tonnen), dem Weizen
100394 ha (Ernteertrag 96008 Tonnen), der Gerste 90711 ha (Ernteertrag 77631
Tonnen), der Kartoffel 248776 ha (Ernteertrag 2044179 Tonnen), dem Hafer
138810 ha (Ernteertrag 115868 Tonnen), dem Wiesenheu 232280 ha (Ernteertrag
423604 Tonnen). Tabakspflanzer waren 1886/87 im ganzen 4743 vorhanden,
welche allerdings nur 79 ha bebauten und 126 Tonnen Blätter ernteten. Weinbau
findet sich bei Unruhstadt (Kreis Bomst) mit 162 ha, Hopfenbau in den Kreisen
Buk, Bomst, Meseritz und Neutomischl mit 2094 ha, Ölsaat wurde mit 5125, Flachs
mit 4440, Hans mit 58, Zuckerrüben mit 21124 ha angebaut (1883).
Im Januar 1883 ergab die Viehzählung für die Provinz 211291 Pferde,
625 723 Rinder, 1892336 Schafe, 469043 Schweine und 71353 Ziegen. Der Ge-
samtwert des Viehstandes betrug 223489000 Mark. In Pferden übersteigt die
Provinz den Staats- und Reichsdurchschnüt, noch mehr in Schafen, erreicht den-
selben jedoch nicht in Rindern, Schweinen und Ziegen.
Die Forsten, welche 20,2 Proz- der Gesamtfläche einnehmen, enthalten Haupt-
fächlich Kiefern, welchen auf besserem Boden Eichen, Hainbuchen und Birken ein-
gesprengt sind; die letzteren treten im Bezirke Posen auch in selbständigen Beständen
auf. Staatsforsten gab es 1883 164582 ha (28,2 Proz.), Gemeindesorsten 11631ha
(2 Proz.), Privatforften 403266 ha (69 Proz.).
Daß der Bergbau nicht bedeutend sein kann, ergibt sich bereits aus
früheren Angaben; auch die Industrie steht verhältnismäßig weit zurück.
Der Handel erstreckt sich im wesentlichen auf die eignen Erzeugnisse der
Landwirtschaft sowie auf den Zwischenhandel mit Erzeugnissen des russischen
Polens; doch hat dieser Durchgangsverkehr in den letzten Jahren mehr und
mehr nachgelassen (erschwerende Maßregeln Rußlands).
Nur einzelne Gruben fördern geringe Mengen von Braunkohlen (etwa 30000
Tonnen); die königliche Saline von Jnowrazlaw stellt aus einer 26 prozentigen Sole
30—35000 Tonnen Kochsalz her. Im Jahre 1882 gab es nur acht bergbauliche
Betriebe mit im ganzen 1547 Zugehörigen, wozu noch 138 Betriebe für Torfgräber«
mit 1582 Zugehörigen traten. Es findet sich etwas Eisenindustrie, nämlich 3497
meist kleine Betriebe (mit 21353 Zugehörigen), wozu für Maschinen- und Jnstru-
mentenbau noch 1945 (mit 10907 Zugehörigen) und für sonstige Metallverarbeitung
1882 151 Betriebe (mit 1063 Zugehörigen) kamen. Zahlreich findet sich die Industrie
der Steine und Erden (Ziegeleientu. dgl. 1279 mit 16101 Zugehörigen). Mühlen-
werke sind vielfach vorhanden, so Ölmühlen (161), Sägemühlen (84, davon über die
Hälfte mit Dampfbetrieb), besonders aber Mahlmühlen (außer 2500 Windmühlen
und mehr als 400 Wassermühlen über 100 Dampfmühlen). Außerdem findet sich
vereinzelt Textilindustrie (Flachs- und Wollspinnerei), Zigarren- und Tabaks-,
Stärke- und Zuckerfabrikation (1887/88 bestanden 15 Zuckerfabriken), in stärkerem
Maße Bierbrauerei (1887/88 im ganzen 162 Brauereien) und ganz besonders Brannt-
weinbrennerei (1887: 418 Brennereien; Herstellung von fast V2 Mill. hl Spiritus).—
Von Polen her gehen besonders Getreide (Weizen, Gerste, Roggen, Hafer), Hülsen-
srüchte, Klee-, Raps-, Rüb- und Leinsaat; Vieh (besonders Schweine), Knochen,
Hörner, Felle, Häute, Wolle, Haare, Borsten, Federn, Holz der verschiedensten
Art und Gerberlohe ein. — Der Eingang dieser Gegenstände erfolgt zum großen
Teile durch die Vermittelung des Bromberger Kanals; doch hat dieser Verkehr in
letzter Zeit nachgelassen. Es gingen durch nach der Netze 1873/75 je 1222 beladene,
155 unbeladene Schiffe, 71700 Tonnen Güter und 453800 Tonnen Floßholz; 1887
nur 587 beladene und 528 unbeladene Schiffe, 51700 Tonnen Güter und 400900
Tonnen Floßholz; nach der Weichsel zu 1873/75: 487 beladene und 924 unbeladene
Schiffe mit 21200 Tonnen Gütern; 1887: 494 beladene und 213 unbeladene Schiffe
mit 38900 Tonnen Gütern und 1000 Tonnen Fbßholz.
Für den Geldverkehr sorgen, abgesehen von einer Reichsbankhauptstelle
und deren Agenturen, noch mehrere größere oder^kleinere Geldinstitute, welche