Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
162 Die ozeanische Inselwelt.
Seitdem habeil die blutigen Streitigkeiten sich gemindert, ja in vielen
Distrikten fast gänzlich ausgehört, und die Beispiele von Mordlust und
Verräterei werden selbst bei denen seltener, die sich noch nicht zum Christen-
tum bekehrt haben. Der Jude Palack, welcher lange mit den Neusee-
läudern in Handelsangelegenheiten verkehrt hatte, erklärte sich über das
Werk der Missionäre also: „Die Mission hat für die bürgerliche Gesittung
der Insel mehr geleistet, als alle europäischen Kaufleute zusammen; ja
ohne sie wäre es für die Kaufleute zu unsicher gewesen, im Lande zu
wohnen."
Mit dem Christentum werden alle nnsre Künste und bürgerlichen
Einrichtungen in die neubekehrten Länder verpflanzt. Alle Naturvölker
finden bald Gefallen an den Einrichtungen der kultivierten christlichen Na-
tionen und bringen dieselben mit dem Christentnme in unauflöslichen Zu-
sammenhang. Dies zeigt uns Waimate auf das unwiderleglichste. Ein
Reisender schildert diesen Ort mit folgenden Worten: „Es gibt hier drei
große Häuser, in denen die Missionäre wohnen, und nahe dabei sind die
Hütten der eingeborenen Arbeiter. Anf einem benachbarten Abhänge
standen schon Gerste und Weizen in voller Ähre, an einem andern sah
man Felder mit Kartoffeln und Klee. Auch hatte man Gärten mit jeder
Frucht und jedem Küchengewächs, das England hervorbringt; andre ge-
hören schon einem wärmeren Klima an. Ich nenne Spargel, Bohnen,
Gurken, Rhabarber. Äpfel, Birnen, Feigen, Aprikosen, Wein, Oliven,
Stachel- und Johannisbeeren, Hopfen und selbst mehrere Arten Blumen.
Um den Hof standen Ställe, eine Scheune zum Dreschen sowie eine Ma-
schine zum Reinigen des Getreides und eine Schmiede. Auf dem Boden
lagen Pflüge und andre Ackerwerkzeuge, in der Mitte sah man jene länd-
liche Mischuug von Schweinen und Geflügel, wie man sie auf jedem euro-
päischen Hofe so gemächlich beisammen sieht. Einige hundert Schritte
davon hatte man das Wasser zu einem Teiche eingedämmt und eine große
dauerhafte Wassermühle errichtet, und dies alles an einer Stelle, an welcher
vor fünf Jahren nichts als Farnkraut wuchs. Die Arbeit der Eingeborenen,
von den Missionären gelehrt, hat die Umwandlung hervorgebracht. Der
Neuseeländer hat das Haus gebaut, den Fensterrahmen gemacht, die
Felder gepflügt, die Bäume gepfropft. In der Mühle sieht man einen mit
Mehl gepuderten Eingeborenen als Knappen. Man hat auf diese Weise
die Künste der gebildeten Menschheit mit der Erziehung zum Christentnme
verbunden. Einige junge Leute, die auf dem Gute beschäftigt und erzogen
wurden, waren von Missionaren aus der Sklaverei erkauft worden. Sie
trugen Hemd, Jacke und Beinkleid und hatten ein ordentliches Aussehen.
Ein junger Arbeiter brachte während nnsrer Anwesenheit ein Messer und
einen Bohrer, beides auf der Straße gefunden, da er von ihnen nicht
wußte, wem sie gehörten. Alles war fröhlich und wohlgemut, und am
Abend sah ich mehrere mit Ballschlagen beschäftigt, während die Knaben
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Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Sandwichinseln. 187
Beringsstraße, als er zuerst auf Tauai gelangte, wo man ihn und seine
Leute wie Götter aufnahm. Man entdeckte noch zwei benachbarte Inseln
und ging alsdann weiter gegen Norden, ohne jedoch lange zu verweilen, da
die Mannschaft zu sehr durch Krankheiten litt. Schon am 26. November 1778
entdeckte Cook die Insel Maui und am 1. Dezember auch Hawai. Man
warf an der Südseite im Angesicht der Ortschaft Kearakakna oder Kealakakua
Anker und ward von den Bewohnern, wie einst Kolumbus von den West-
indiern, empfangen. Überall kam man den noch nie gesehenen Weißen mit
göttlicher Verehrung entgegen; Cook selbst aber ward für den Gott Rono
gehalten, von welchem die Sage ging, daß er, nachdem er auf einem sonderbar
gestalteten Schiffe die Insel verlassen hatte, einst dahin wieder zurückkehren
werde. Da die Ortschaft Kearakakua gegen 1400 Häuser enthielt, so fehlte
es nicht an Scharen Volkes, die beim Heransegeln der Schiffe ans Ufer
eilten. Wohl 15 000 Menschen mochten versammelt sein; das Ufer, die
Felsen, die angrenzenden Berge, die Dächer der Häuser, alle Bäume waren
bedeckt, und das Geschrei der Freude und Verwunderung von volltönenden
Stimmen der Männer vermischte sich mit den helleren Ausrufungen der
tanzenden und mit den Händen klatschenden Frauen. Man setzte in Kanoes
nach den Schiffen über und brachte Waren zum Verkauf oder Tausch. Als
nun Cook vollends die Insel betrat, begrüßte man ihn mit außerordent-
licher Feierlichkeit.
Zwei Häuptlinge mit langen weißen Stäben machten einen Weg
zwischen den Kanoes für sein Fahrzeug, und während Cook zwischen den
Insulanern hindurchruderte, warf sich alles vor ihm aufs Gesicht; kaum
aber war er vorbei, so erhob man sich und folgte ihm nach. Doch er brauchte
sich nur einmal umzusehen, sofort warf man sich auf die Erde oder verhüllte
das Gesicht, und endlich, um ja den Blicken des vermeinten Gottes nicht zu
begegnen, krochen sie auf allen vieren hinter ihm her.
Hierauf führte man Cook nach dem Morai, wohin das Volk nicht
folgen durfte, und wo die von ihm ausgeteilten Geschenke mit der größten
Ehrfurcht in Empfang genommen wurden. Auf sein Begehr wies man ihm
einen Raum am Strande an, begrenzte denselben mit weißen Stäben und
bestimmte, daß derselbe von keinem Insulaner betreten werden durfte, aber
auch die Weißen sollten ihn nach Sonnenuntergang nicht verlassen. Das
Tabu ward über ihn ausgesprochen, und dies hielt jeden Eingeborenen
vom Betreten zurück; leider kehrten sich die Matrosen nicht daran, denn sie
schlichen bald überall umher und suchten Verbindungen anzuknüpfen; dies
mußte die hohe Meinung der Wilden herabstimmen. Auch Cook benahm
sich nicht mit der nötigen Klugheit, sondern war gewaltthätig wie immer
in seinem Verkehre mit den Eingeborenen der Südsee-Jnseln. Da einige
Insulaner ihm Kleinigkeiten entwendet hatten, so ließ er mehrere Unschuldige
durchpeitschen und. aus andre sogar schießen, wobei Tötungen erfolgten.
Dies konnte sein Ansehen nur untergraben, und man war überzeugt, daß
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Inhalt: Zeit: Geographie
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Zusammentreffen mit der „Jsabella". 241
dennoch dem Schiffe näher. Da erhob sich ein Wind, das Schiff setzte alle
Segel bei und fuhr südöstlich. Um 10 Uhr erblickte man ein zweites
Schiff, aber dieses entfernte sich rasch. Es war der schrecklichste Augen-
blick, den die Verlassenen erlebt hatten. Zwei Schiffe in der Nähe zu
wissen und sie doch davoneilen zu sehen! Doch der Himmel hals, es ward
wieder windstill, man konnte schnell vorwärts rudern, und um 11 Uhr
erkannte man deutlich, wie das eiue Schiff beilegte und ein Boot ins
Wasser ließ, das auf die Boote zuruderte. Es war bald in der Nähe und
der befehligende Steuermann fragte, ob man das Schiff verloren habe.
Roß nahm das Wort und erkundigte sich nach dem Namen des Schiffes
und bat, an Bord genommen zu werden. Man antwortete, es sei die
„Jsabella" von Hull, einst von Kapitän Roß befehligt. Roß erwiderte:
„Ich bin selbst der Kapitän Roß und diese Leute die Mannschaft der
„Vktory". Erst wollte der erstaunte Steuermann dieser Angabe keinen
Glauben schenken und bemerkte, Kapitän Roß sei schon seit zwei Jahren
tot; aber bald überzeugte er sich durch den bärenähnlichen Anzug, die
langen Bärte, das abgemagerte Aussehen, daß dem doch so sein könnte.
Man fuhr mm nach dem Schiffe zu, und kaum war der vorauseilende
Steuermann an Bord gesprungen, als die gesamte Mannschaft des Schiffes
auf dem Verdecke erschien und die Ankommenden mit Jubelruf begrüßte.
Schnell eilten sie an Bord, jeder war hungrig und mußte gespeist werden,
jeder war in Lumpen und mußte Kleider haben — es gab keinen, dem
das Waschen nicht unerläßliches Bedürfnis war. Alles geschah zu gleicher
Zeit: Waschen, Ankleiden, Essen, Rasieren! Eine Menge Fragen mußten
in buntem Durcheinander beantwortet werden. So sehr der Schlaf Be-
dürsnis war, so war man doch seit zu langer Zeit an eiu kaltes Bett auf
hartem Schnee oder nacktem Felsen gewöhnt, um auf einem guten Lager
schlafen zu können, und selbst Roß mußte das Bett verlassen und die Nacht
aus einem Stuhle zubringen. Der Kapitän der „Jsabella", Hnmphrey,
hatte den kühnen Versuch gemacht, durch die Prinz-Regents-Einfahrt bis
zu den Leopoldsinseln zu gelangen, wo er Spuren von Roß und der
„Victory" zu finden hoffte, denn Mannschaft und Schiff hielten sie längst
für verloren. Ein Eisfeld hatte ihm das weitere Vordringen unmöglich
gemacht.
Am 19. Oktober langte Roß nach einer Abwesenheit von länger als
vier Jahren in London an. Man kennt durch ihn die Lage des magne-
tischen Nordpols, das Land Boothia Felix und das Vorhandensein eines
Binnenmeeres, von welchem schon Franklin durch die Eskimos Nachricht
erhalten hatte.
Mittlerweile hatten die Engländer noch einmal versucht, die Aufgabe
der nordwestlichen Durchfahrt aus dem Landwege zu lösen. Von der ersten
Landreise, welche John Franklin von 1819—21 unternommen hatte, und
Buch b. Enld. Ii. Iß
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Hull Felix Felix John_Franklin_von_1819—21 Enld
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
56 Fünftes Kapitel.
bebaut werden sollte, in drei Hauptteile nach der Bodenbeschaffenheit zerlegt, von
welchen jeder einzelne sein Stück erhielt. Die Bestellung der Äcker wechselte
dann nach Winterfrucht, Sommerfrucht und Brache ab und geschah behufs
besserer Sicherung der Grenzen gleichzeitig. Rings um die Äcker breiteten sich
dann Wald und Weidelaud zur uugeteilteu Benutzung der ganzen Gemeinde
aus, und das Ganze zusammen hieß Mark (Grenze), die darin enthaltenen
Gehöfte aber bildeten eine Markgenossenschaft. Wenn damals die deutschen
Dörfer nur klein und wenig volkreich, dagegen sehr zahlreich über die Land-
schaft hingebreitet waren, so mußten die Verhältnisse allmählich deren Ver-
ringerung sowie eine größere Vereinigung der Wohnsitze herbeiführen. Seit
Karl dem Großen ist dies fortgesetzt geschehen, das ganze Mittelalter hindurch,
uameutlich aber während des Dreißigjährigen Krieges. Die Zahl der bäuer-
licheu Güter verringerte sich, während die Zahl der Familien wuchs; selbst die
Vermehrung der Häuser hielt nicht mit der letzteren Schritt. Am meisten noch
hat sich das altbäuerliche Leben in einzelnen Teilen Schleswig-Holsteins, in
den sriesischeu Küstengebieten und in Westfalen, hin und wieder auch iu ab-
gelegenen Gegeudeu Süddeutfchlauds erhalteu. — Die Bauart der Häuser
war schon in alter Zeit bei den verschiedenen Stämmen keineswegs gleich und
in der geschichtlichen Entwickeluug unsres Volkes haben naturgemäß die Zeit-
Verhältnisse zu mancherlei Wandlungen und Änderungen derselben geführt*).
Am verbreiterten ist die Form des fränkischen Bauernhauses, welches eine
von den wirtschaftlichen Nebengebäuden gesonderte geräumige Behausung bildet.
An derselben führt auf der breiten Seite der Eingang in einen bis zur Rückwand
durchgehenden Flur, in welchem sich die Sommerküche befindet. Vom Flur aus
gelangt man auf der der Dorfstraße zugewendeten Giebelfeite in eine etwa quadra-
tische Stube mit zwei Fenstern nach der Dorfstraße und ebeufo vielen nach dem
Hofe! daneben liegt eine halb so breite einfensterige Kammer. In der Stube steht
ein Kochofen für die Winterküche; in der Ecke zwischen den Fenstern hin laufen
Holzbänke, vor denen der Familientisch steht. An der entgegengesetzten Seite des
Flurs befinden sich einige Kammern. Durch ein Thorhaus, das eine Thür für
Fußgänger und eine Einfahrt für Wagen hat, gelangt man in den Hof; links steht
das Wohnhaus, rechts Ställe, Gerätschuppeu und Scheune. Das ganze Gehöft ist
häufig von einem Zaune umgeben, welcher dann auch den Hausgarten umschließt.
— Das sächsische Haus, welches in Westfalen und im nordwestlichen Deutschland,
besonders in Schleswig-Holsteiu, angetroffen wird, vereinigt sämtliche für die Wirt-
schaft nötigen Räumlichkeiten mit der Wohnung unter einem Dache. Bon der
Giebelseite führt ein großes Eingangsthor zu der Diele, die sich mitten durch das
Haus zieht. Auf der einen Seite derselben haben die Pferde, auf der andern die
Kühe ihren Stand und werden von der Diele aus gefüttert. Über der Diele und
den Viehställen findet die Ernte ihren Platz, ebenda schlafen über den Pferden die
Knechte, über den Kühen die Mägde. Im Hintergrund der Diele steht der Herd,
zu dessen Seiten die Bettstätten der Familie; rechts und links vom Herde erstreckt
sich der Raum für die Hauswirtschaft bis zu den Seitenwänden des Hauses, durch
welche je eine Glasthür ins Freie führt. — Das schweizerische Haus, welches
sich in den deutschen Alpenthäleru findet, hat meist eine quadratische Form, dabei
aber eine große Mannigfaltigkeit der inneren Einrichtung; bezeichnend find nament-
lich ein flaches, breit überhängendes Dach und ringsum laufende Galerien darunter.
— Das in der Weichselgegend vorkommende nordische Haus ist, wie das fränkische,
von den wirtschaftlichen Nebengebäuden gesondert. Es hat in der Giebelseite durch
eine Vorhalle seinen Zugang und wird von beiden Seiten durch Fenster erhellt;
die Vorhalle ist ganz oder halb offen. Das Innere hat entweder einen einzigen
oder zwei hintereinander liegende Räume. Daß das fränkische Haus sich besonders
*) Vgl. „Unser deutsches Land und Volk" Bd. I, Seite 79—84.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Schleswig-Holsteins Westfalen Westfalen Deutschland Schleswig-Holsteiu Weichselgegend
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die wirtschaftlichen Verhältnisse. 93
Vielfach sind an dem Zuckerrübenanbau jetzt außer den Besitzern und Aktiv-
nären der Fabriken auch noch viele andre, meist kleinere Grundbesitzer beteiligt,
welche für ihre Rübenfrucht gute Bezahlung erhalten, die für die höheren Kultur-
kosten des Bodens ziemlich reichlich entschädigt. Ans den Rückständen der Rüben
bei der Zuckerfabrikation, wie auch aus dem Rübenkraute, beide auf lange Zeit
konservierbar, ergeben sich dann aber noch höchst nutzbare Futterstoffe, die zur Hebung
der Viehzucht, namentlich der Rinderzucht, führten, und der weit intensiver bearbeitete
und gepflegte Boden vermag nach der Zuckerrübe oder abwechselnd mit derselben
an Getreide und Kartoffeln' weit reichere Erträge zu liefern als früher. In der
preußischen Provinz Sachsen, in Anhalt und Braunschweig, sowie an einzelnen Punkren
andrer Gegenden ist durch diese Verhältnisse eine ganz erstaunliche Steigerung der
Bodenwerte herbeigeführt worden, welche freilich bei Eintreten der Zuckerknsis seit
1883 einen Rückschlag unvermeidlich machte. Solide landwirtschaftliche Betriebe in
den erwähnten Gegenden haben die Notlage bisher glücklich überstanden.
Die Branntweinbrennerei verhilft der Landwirtschaft dazu, daß sie
einen Teil ihrer Früchte, nämlich Roggen und Kartoffeln, mit gutem Gewinne
verwenden kann. Besonders wird die Kartoffel, deren ausgedehnten Anbau
wir früher (§ 3) hervorgehoben haben, für die Brennerei verwendet, und
es wird dabei zugleich ein nutzbares Futter für die Viehzucht (besonders
Rinder- und Schweinezucht) gewonnen.
Zu bemerken ist freilich, daß seit 1861 die Zahl der Brennereien stetig ab-
genommen hat, indem die kleineren derselben nicht mehr recht mit den größeren
konkurrieren können.
Der Wirtschaftsbetrieb ist bei kleinen Grundbesitzern noch jetzt meist in
erster Linie von der persönlichen Arbeitskraft derselben abhängig, und ihnen
tritt dann oft die ganze Familie zu angestrengtester Thätigkeit zur Seite. Der
so erzielte Gewinn gewährt im besten Falle ein notdürftiges Auskommen.
Etwa 2v3 Millionen Betriebe sind dieser Art, und namentlich in Süddeutsch-
laud finden sich dieselben zahlreich (vgl. § 5). Schon etwas günstiger stehen
diejenigen kleinen Grundbesitzer, welche einen, wenngleich nicht bedeutenden
Stand von Rindvieh haben, das ihnen neben fortlaufenden Einnahmen (durch
Milch und Butter) Zugdienste an Pflug und Wagen zu leisten vermag; die
Zahl solcher Besitzer ist ebenfalls ziemlich groß, denn sie macht etwa 2/5 von
allen aus. Erst wo der Betrieb der Wirtschaft mit Pferden geschieht, pflegt
derselbe ein gewinnreicherer zu werdeu, zumal weuu diesen Zugtieren anch
sonstiges Nutzvieh, besonders Ochsen, zur Seite tritt. In diesem Falle macht
sich aber sofort das dringende Bedürfnis nach Dienstpersonal geltend, welches
den Betrieb bedeutend verteuert. Ausgedehntere Wirtschaften haben natürlich
ein ziemlich zahlreiches Personal nötig, doch befinden sich uuter deu fast eiue
Million Besitzern mit Pferde- und Rindviehbestand immerhin noch viele, die sich
mit einzelnen Dienstleuten einzurichten vermögen. Die landwirtschaftliche
Arbeiterbevölkerung nnn, anf welche wir hier geführt werdeu, zerfällt in
eine stetige und in eine wechselnde. Schon bei kleinen Gütern findet sich
die Einrichtung, daß außer eiueiu Bestaude von Mägden, die im Hanse und in
den Ställen Verweuduug erhalten, mehrere Knechte vorhanden sind, die die
Bedienung der Gespanue vor Pslug und Wagen übernehmen. Außer diesen
Personen, die mehr oder weuiger im Gutshause selbst Unterkunft erhalten,
haben größere Güter meist noch in besonderen Häuschen Familienwohnungen
eingerichtet, welche von ständigen Arbeitern der Besitzung bewohnt werden.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide]]
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Schlefische Gewerbe- und Industrieausstellung. 63
ist ein Gartenpavillon, der zeltartig in Rundeisen ausgeführt ist; noch leichter
gehalten ist das Gartenzelt aus der Malchowschen Fabrik in Breslau, das aus
schlanken, mit Bambusrohrstangen bemalten Eisenstäben ruht, im Garten leicht
transportabel ist und hier eine große Anzahl von Gestellen und Etageren für
Blumentöpfe, Goldfischgläser u. dgl. in farbiger Ausstattung enthält. Hier liegen
aus Oppeln Hacken, Spaten, Sensen, Schaufeln, dort aus Bunzlau Schirm-
ständer, Ofenvorsetzer, Kaminthüren; hier aus Breslau Taschen-, Jagd- und
Tafelmesser und Dolche, dort Gewehre und andre Waffen. Zu der Sammlung
der Pferdebeschläge gehört auch folgendes Gedicht, das, von einem Reimschmiede
verfaßt, dort zu lesen ist:
„Wird ein Pferd vom Schuh gedrückt, Und gib ihm bei guter Pfleg'
Statt zum Schuster geht zum Schmied; Ein naturgemäß Beschlag'.
Nur zur rechten Schmied' geschickt, Bedenke wohl, ein lahmes Pferd
Daß der Sach' Genüg' geschieht. Hat sür niemand einen Wert
Stets erhalte so den Huf, Und wird als unnützer Gast
Wie der Schöpfer ihn erschuf, Seinem Herrn oft nur zur Last."
Der Vogelliebhaber findet hier eine Voliere für Wald- und Zimmervögel:
die Hausfrau schöne Kücheneinrichtungen, in denen kaum ein denkbarer Gegen-
stand von den vielen in der Küche unumgänglich nötigen fehlt; denn es finden
sich auch Krauthobelmaschinen. Fleischwiegemaschinen u. s. w. Mannigfaltig sind
die aus Bronze verfertigten ausgestellten Artikel, interessant die Klempnerarbeiten.
Doch wir können hier nicht länger bleiben, soviel Unterhaltung uns auch dieser
Teil der Ausstellung gewährt. Wir wenden uns zur vierten Gruppe, welche die
Kurzwaren enthält. Auch auf diesem Gebiete der Industrie ist Schlesien hinter
andern Provinzen nicht zurückgeblieben; denn Schlesien hat mehrere Kurzwaren-
fabriken, deren Fabrikate Ruf haben. Dieser Industriezweig kann in allen seinen
Schöpfungen seinen Ursprung aus der Gebirgsindustrie nicht leugnen und hat
sich dadurch eine urwüchsige Frische erhalten, die auch in der heute verfeinerten
Form noch vorteilhaft zu bemerken ist. Deshalb stehen auch Holzwaren hier
im Vordergrund, wie Handschuhkasten, Uhrständer, Manschettenknöpfe, Spiel-
waren (Pferde. Hunde, Wagen, Trommeln), Schachspiele in prächtiger Schnitz-
arbeit. Am meisten wird das auf den Bergen wachsende Knieholz in diesen
Fabriken verarbeitet.
Die fünfte Gruppe umfaßt die chemische Industrie. Hier schenken wir
unsre Aufmerksamkeit zunächst einem kleinen, aber für Reiche und Arme gleich
wichtigen Gegenstande, dem Streichholze. Wieviel Arbeit und Sorgfalt erfordert
jedes einzelne Zündholz, wenn dieser „Schwede" seinen Beruf nicht verfehlt
haben soll. Phosphorfreie Sicherheitshölzer hat die Zündwarenfabrik von Po-
korny in Oberglogau ausgestellt. Da ist jedes Hölzchen sorgfältig gehobelt, in
der richtigen Länge genau geschnitten, dann in Rahmen gelegt, mit Paraffin ge-
tränkt und schließlich in die aus zehn verschiedenen 'Chemikalien sorgfältig zu-
bereitete Zündmasse getaucht worden. Nur die mit der Zeit sich entwickelnde
Massenfabrikation dieses Artikels ermöglicht diesen außerordentlich billigen Preis.
„Der Verbrauch der Seife ist ein Gradmesser für den Kulturstand eines
Volkes." Je höher Schlesien in der Kultur stieg, desto mehr Seifenfabriken
entstanden in allen größeren Städten der Provinz. Mehrere Fabriken haben
treffliche Muster ihrer verschiedenen Seifen ausgestellt und diesen außerdem noch
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk]]
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
80 Das Jsergebirge mit seiner Umgegend.
Feld zu treiben, noch auch ihre Äcker zu bestellen, weil sie sich nicht retten
konnten, wenn der gewaltige Vogel daherranschte, sie mit seinen Krallen ergriff
und fortschleppte. Nicht lange dauerte es, so herrschte im Lande eine entsetzliche
Hungersnot, und der Herzog Bolko auf Neuburg wußte sich nicht anders zu
helfen, als daß er demjenigen, der den Greif töten würde, weite Ländereien
und eine große Summe Geldes versprach. So weit und laut aber auch der
Herzog durch seine Herolde sein Angebot bekannt machen ließ, es fand sich doch
niemand, der es unternommen hätte, sich in Lebensgefahr zu stürzen und den
Kampf mit dem Greifen zu unternehmen. Das Elend in den sonst so lachenden
Auen wurde immer größer. Da ließ der Herzog durch das Land bekannt
machen, wer den Greifen töte, der solle nicht nur die bisher ausgesetzte Be-
lohnung, sondern auch die Hand seiner einzigen Tochter Agnes erhalten.
Nun wohnte aber in der Nähe der Burg ein Schäfer mit Namen Gottfche
Schaf, ein stattlicher und mutiger Jüngling, der sonst täglich seine Herde ins
Gebirge trieb: er hatte einst die schöne Herzogstochter auf dem Schloß gesehen,
sich sterblich in sie verliebt und beschloß jetzt, den Kampf mit dem Greifen um
sie zu wagen. Er begab sich also eines Tages, nachdem er sich Lebensmittel
auf einige Tage eingesteckt hatte, mit einer langen Stange und einer scharfen
Axt bewaffnet, ins Gebirge, um zunächst das Nest des Ungetüms zu suchen.
Schon hatte er mehrere Tage den Wald durchsucht, schon ging sein Vorrat auf
die Neige, schon war er matt und müde und dachte daran, in sein Elternhaus
zurückzukehren: da vernahm er über sich das Rauschen von mächtigen Flügeln
und sah den Greif, der in seinen Klauen ein starkes Rind hatte und durch die
Luft davontrug. Der kluge Schäfer verfolgte den Vogel mit seinen Blicken und
entdeckte so das Nest desselben; denn er vermutete, daß der Greif Junge habe
und die Beute denselben zum Fraß bringe. Als sich der Greif einer in der
ganzen Gegend bekannten ungeheuren Eiche näherte, hörte Gottfche Schaf das
gierige Geschrei der kleinen Greifen, war mit seiner Entdeckung zufrieden und
versteckte sich, um nicht von des Ungeheuers weitblickenden Augen entdeckt zu werden.
Am andern Morgen flog der alte Greif natürlich wieder auf Raub aus.
Kaum war er ausgeflogen, da eilte der Schäfer zum Baume, sammelte viel
Reisig, machte aus demselben ein großes Bündel, steckte es auf seine lange
Stange, kletterte ein gutes Stück den Baum hinan, zündete das Bündel an und
hielt das brennende Reisig mit der Stange in die Höhe von unten gegen das
Greifennest, in dem sich drei Junge, die noch nicht flügge waren, befanden.
Bald entzündeten sich die Hölzer, aus denen das Nest zusammengebaut war;
lichterloh brannte die Behausung der Raubvögel. Die jungen Greife erhoben
ein jämmerliches Geschrei und kamen elend in den Flammen um. Durch das
Jammern der Jungen wurde der alte Vogel herbeigelockt; er kam mit unglanb-
licher Schnelligkeit und suchte mit seinen Schwingen das Nest und seine Jungen
zu retten, indem er sich abmühte, das Feuer auszuschlagen. Bei dieser Sorge
um das Leben seiner Kinder verbrannte er sich die Fittiche, so daß er jählings
auf die Erde stürzte. Gottfche Schaf stieg vom Baume, schlug mit seiner Stange
derb gegen den Kopf des Greifen, bis das Tier matt wurde, und trennte ihm
mit einem tüchtigen Axthiebe den Kopf vom Rumpfe.
Der Schäfer kehrte freudig in die Hütte seines Vaters zurück und erzählte,
was er gethan hatte. Die Nachbarn sammelten sich glückwünschend um den
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Trotzendorf. 89
Dorfe dieses Namens, eine Meile von Görlitz (jetzt Troitschendorf), wo er 1490
geboren wurde, gehört in die Reihe der großen Schulmänner des 16. Jahr-
Hunderts, wie Sturm in Straßbnrg. Neander in Jlefeld, H. Wolf in Augsburg,
Mylins in Görlitz, Fabricius in Meißen, welche alle aus der Schule Melauchthons
hervorgegangen sind. Trotzendorf war der Sohn eines ehrbaren Landmannes,
der mit Bettelmönchen in Verbindung stand. Als diese die Lernbegierde und Fähig-
keit des Knaben wahrnahmen, veranlagten sie den Vater, den kleinen Valentin
nach Görlitz auf die Schule zu schicken. Bald aber wurde es dem Vater leid, den
Sohn fortgeschickt zu haben; er ließ ihn wieder zurückkommen und verwendete
ihn in der Landwirtschaft.
Goldberg.
Aber die Mutter gefiel sich in dem Gedanken, ihr Söhnchen könne
einmal ein Priester werden, und sie wußte es durchzusetzen, daß Valentin in
seinem Geburtsorte weiter im Lesen und Schreiben unterrichtet wurde. Als
Schreibmaterial dienten dem Knaben Birkenrinde (interior betulae cortex),
Gänsekiele und Kaminruß (fuligo infumibuli atramentum suppeditavit).
Zwei Jahre dauerte dieser Unterricht Auf unablässiges Betreiben seiner
Mutter wurde der Jüugling im Jahre 1508 wieder in die Stadt gebracht,
um sich ganz dem Studium zu widmen. Trotzendorf überholte bald alle seine
Mitschüler, und als 1513 sein Vater starb (seine Mutter war schon früher
an der Pest gestorben), verkaufte er sein Erbgut und begab sich nach Leipzig,
wo er sich zwei Jahre lang lateinischen und griechischen Studien widmete.
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
94 Das Jsergebirge mit seiner Umgegend.
könne in der Rabendocke große Schätze heben, wenn man in der zwölften Stunde
der Christnacht hineingehe und ein unschuldiges Kmd mitnehme; sie sei eine arme
Frau mit sechs Kindern, habe kein Brot, ihr Mann sei gestorben. Da habe sie ihr
jüngstes Kind, einen Knaben von einem Jahre, auf ihren Arm genommen, sei in
den Felsen geeilt, habe ihr Kind aus einen Tisch in der Mitte des Gewölbes gesetzt
und so viel Gold- und Silberstücke als möglich zusammengerafft, sei darauf schnell,
als es begann ein Viertel zu schlagen, hinausgesprungen und habe ihr Kind ver-
gessen. Nun hatte sich die Pforte geschlossen und ihr Kind war verloren; denn
der Stein war nicht zu öffnen. Die Frau schrie laut auf, denn auch der Sack,
den sie mit Schätzen aus der Höhle gebracht hatte, war spurlos verschwunden.
Entsetzt kehrte der Ritter nach Goldberg zurück mit dem festen Vorsatze, im
nächsten Jahre sein Glück wieder zu versuchen. Noch ehe das Jahr vergangen
war, fand er sich mit einem Knappen in der Herberge zu Goldberg ein, begab
sich, um nicht zu spät zu kommen, lange vor Mitternacht in der Christnacht in
das von Geistern bewohnte Thal und fand alles so, wie er es verlassen hatte.
Sein Knappe trug eine Axt und einen Spaten. Um Mitternacht standen die
beiden Abenteurer vor der Pforte der Rabeudocke; geisterhafte Gestalten um-
schwebten sie, so daß sie von heftigem Grausen erfaßt wurden. Um 12 Uhr
rollte ein hohltönender Donner, welcher immer näher kam und heftiger wurde,
bis die Thür krachend aufsprang. Der mutige Ritter schritt in die Höhle
hinein. Er sah die steinernen Ritter, und ein Kind spielte munter lächelnd auf
einem Tische mit einigen Goldstücken. Schnell nahm er es vom Tische herab
und reichte es seinem Knappen zur Höhle hinaus, damit er es in seinen Mantel
wickeln und vor Kälte schützen sollte. Dann ging er auf die beiden steinernen
Gestalten zu, die ihm doch zu atmen schienen, und sprach zu ihnen mit starker
Stimme: „Seid ihr die Ritter Kuno und Veit, von deren Schandthaten so
viel erzählt wird?" Zwei hohle Stimmen antworteten: „Wir sind es." „Ihr
verdient also kein Erbarmen; aber ich will euch helfen, wenn es möglich ist.
Ist es möglich?" „Ja." „Aber wie? Seid ihr wirklich nur in diese steinernen
Hüllen eingeschlossen, und könnt ihr, wenn ich sie zertrümmere, zur Ruhe ein-
gehen?" „Ja, aber eile." Da schlug der Ritter mit den Worten „Im Namen
Gottes" dreimal gegen die Felsgebilde mit der Axt; beim dritten Schlage
sprangen die Hüllen auseinander, und zwei nebelhafte Gestalten standen vor ihm.
Sie sprachen: „Habe Dank für das, was du an uns gethan hast; wir haben durch
dich die Ruhe gefunden, nach welcher wir uns lange Jahre vergeblich gesehnt hatten.
Nimm eilig, denn bald ist die Viertelstunde verflossen, so viel du von uusern
Schätzen fortbringen kannst; aber lebe fromm und thue mit ihnen den Armen
wohl, damit durch dich das Andenken an nnfre Räubereien vernichtet werde."
Nachdem sie also gesprochen hatten, verschwanden sie. Der Ritter raffte
in größter Eile möglichst viel Gold und Edelsteine, die in großer Menge vor
ihm lagen, zusammen und sprang, als es ein Viertel schlug, hurtig zur Thür
hinaus, die sich krachend hinter ihm schloß.
Ritter und Knappe eilten nach Goldberg und gaben sofort der armen
Frau ihr Kind wieder; dann kehrten sie mit ihren Schätzen in ihre Heimat
zurück, bauten Armenhäuser und verteilten, was sie von den Schätzen nicht zu
den kirchlichen und anderweitigen Bauten, die sie geplant, verwenden konnten,
unter die Armen und Hilfsbedürftigen der Heimat.
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TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
128 Das Riesengebirge.
hielten fest zusammen, und nach diesen fünf Jahren hatten sich bereits 240
Personen gemeldet, eine für dieses kleine Thal nicht unbedeutende Zahl, meist
Hirten, Handwerker und Arbeitsleute, auch einige Bauern und Gutsbesitzer.
Da kam zufällig der Kaiser Franz nach Tirol im Jahre 1832. Sofort
schickten die Zillerthaler eine Deputation von drei Männern an ihn nach Inns-
brück; an der Spitze derselben stand Fleidl, der in der Geschichte der Ziller-
thaler Auswanderung eine hervorragende Rolle zu spielen bestimmt war. Sie
sollten dem Kaiser persönlich die Bitte vortragen, eine eigne protestantische Ge-
meinde in ihrer Heimat bilden zu dürfen. Die drei Männer wurden beim
Kaiser vorgelassen, der Kaiser zeigte sich persönlich human und liebenswürdig;
aber einen Erfolg hatte diese Audienz nicht, denn der Kaiser kann in diesem
Punkte nicht handeln, wie er will. Kaum hatte sich die Nachricht im Lande
verbreitet, daß Franz die Deputation gnädig angenommen und ihnen zugesagt
hatte, zu thuu, was er thun könne, so liefen auch schon Schriften bei den Staats-
behörden ein, in welchen um Abwehrung der Glanbensfpaltnng im Lande ge-
beten wurde. Nach längeren Beratungen auf dem Tiroler Landtage und in
der Hofburg zu Wien ging im Jahre 1834 den im Herzen evangelischen Ziller-
thalern der Bescheid zu, es würde ihnen anheimgestellt, in eine andre öfter-
reichische Provinz zu ziehen, in der sich bereits nichtkatholische Gemeinden be-
fänden, wie in Siebenbürgen.
Alle Bitten und Gesuche um eine Änderung dieses Bescheides blieben ohne
Resultat. Die Lage der Zillerthaler wurde von Tag zu Tag bedenklicher; die
Leute fühlten sich als Protestanten, hatten aber keinen Seelsorger, auch hatte
die katholische Kirche sie noch nicht völlig aufgegeben, ihnen nur mancherlei Be-
schränkungen auferlegt, ihnen unter andern die Ehe und das Begräbnis auf
dem katholischen Friedhofe versagt. Auch der Staat mischte sich hindernd ein
und erschwerte den protestantisch Gesinnten den Erwerb von Eigentum, die
Erteilung von Pässen und dergleichen. Ihrerseits aber hielten sich bei ihrem
lebhaften Temperament die Protestanten wohl nicht frei von Ausbrüchen des
Verdrusses und Ärgers und neckten und verspotteten ihre Widersacher, um ihrer
Erbitterung Luft zu machen. Die Lage der protestantischen Zillerthaler wurde
immer unbehaglicher, und da von oben herab in sie der Keim der Auswanderung^
idee gelegt war, so ging derselbe schnell wuchernd auf. Hat erst einmal die Un-
Zufriedenheit im eignen Heim Platz gegriffen, steckt erst einmal die Wanderlust
in den Gliedern, so ist auf die Dauer kein Halten mehr. Aber darüber waren
die in ihrer Heimat Unzufriedenen bald einig, wenn gewandert werden mußte,
so wollten sie in ein protestantisches Land gehen und es machen, wie es vor
ihnen die Salzburger gethau hatten. Sie wollten nicht wie Kranke in eine andre
Provinz desselben Reiches ziehen. Aber wohin sollten sie ziehen? Preußen
schien ihnen fast von selbst zu winken; mächtig war der Zug dorthin, wo bereits
Tausende, auch von ihren Stamm- und Blutsverwandten, eine neue Heimat ge-
fuuden hatten. Sie beschlossen also, einen Abgesandten nach Berlin an den
preußischen König zu schicken und diesem ihre Sache vorzutragen. Der Mann,
den sie sich als Boten auserlesen hatten, war wiederum Fleidl. Als dieser
Mann nach einigen Umständlichkeiten von seiten der Behörden seinen Paß er-
halten hatte, ging er im Jahre 1837 nach Berlin, wo er zunächst schriftlich,
dann persönlich bei dem Könige seine Bitte vortrug. Friedrich Wilhelm Hl
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag]]
Extrahierte Personennamen: Franz Franz Franz Franz Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Wien Siebenbürgen Berlin Berlin