1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die übrigen Staaten in Mittel- und Norddeutschland. 457
Der Verkehr an diesem Platze ist freilich infolge der vermehrten Eisenbahnverbiu-
düngen in letzter Zeit nicht unerheblich zurückgegangen. Von den Steinkohlen werden
etwa 74 Proz. ausgeführt; sehr stark ist auch die Einfuhr, beziehentlich Durchfuhr
böhmischer Braunkohlen. Abgesehen von Steinkohlen, sowie von andern Produkten
des Bergbaues, gelangen besonders Gewebestoffe und Holzwaren zur Ausfuhr, teil-
weise in die fernsten Gegenden, während Rohstoffe für die Industrie (Wolle, Baum-
wolle, Flachs :e.), Kolonialwaren und Getreide eingeführt werden. Handels- und
Gewerbekammern sind in den wichtigsten Handelsplätzen (Zittau, Dresden, Chemnitz,
Plauen, Leipzig); auch das Bank- und Kreditwesen findet geeignete Vertretung. Die
Reichsbank hat eine Hauptstelle in Leipzig und Nebenstellen in mehreren bedeuten-
deren Plätzen. An sonstigen Bankinstituten find zu nennen: die Leipziger Bank, die
Allgemeine Deutsche Kreditanstalt, der Leipziger Kassenverein, die Leipziger Vereins-
bank (sämtlich in Leipzig); die Sächsische Bank, die Dresdener Bank, die Sächsische
Lombard- und die Sächsische Kreditbank (in Dresden), die Stadtbank (in Chemnitz),
die Landständische Bank (in Bautzen) :c. • Auch das Sparkassenwesen ist hoch ent-
wickelt. In Leipzig ist die Zahl der buchhändlerischen Firmen 1833—1883 von 92
auf 523 gestiegen; außerdem waren 1883 in Leipzig noch 5574 auswärtige Firmen
vertreten, von denen etwa '/z in Leipzig stehendes Lager hatten; 1882 wurden hier
2628 Werke publiziert.
Das Verkehrswesen ist der Bedeutung des sächsischen Handels ange-
messen. Als Wasserweg dient die Elbe; die Landstraßen sind zahlreich und
in gutem Zustande, das Eisenbahnwesen besitzt ein sehr verzweigtes System
und auch Post und Telegraphie haben eine entsprechende Entwickelung erhalten.
In Schandau gingen 1888 zu Thal 8015 beladene Schiffe mit einer Ladung
von 2175500 Tonnen und 305 800 Tonnen Floßholz, und zu Berg >177 beladene
und 6363 unbeladene Schiffe mit 199200 Tonnen Ladung durch. Es verkehren
einige 20 Personen- und ebensoviel Schleppdampfer, beziehentlich Kettendampfer und
Güterdampfer. Im Eisenbahnwesen ist, wie in Preußen, das System der Staats-
bahnen zum Durchbruche gekommen. Im Jahre 1888/89 waren 2135 km Eisen-
bahnen (sämtlich unter Staatsverwaltung) vorhanden. Im Personenverkehr ist die
Strecke Dresden-Potschappel, im Güterverkehr (wegen der Kohlenabfuhr) die Strecke
Eainsdorf-Zwickau-Werdau die freqnenteste. Die' Staatsstraßen haben eine Länge
von ca. 3800 km, wovon rund 2800 km kunstmäßig ausgebaut sind. — Das sächsische
Postwesen ist am l. Jan. 1868 auf den Norddeutschen Bund, 1872 auf das Deutsche
Reich übergegangen; es sind Oberpostdirektionen zu Dresden und Leipzig vorhanden.
Bei dem, wie erwähnt, durchschnittlich recht guten Boden wird ziemlich
viel Getreide erzeugt, doch erfordert die zahlreiche Jndustriebevölkerung fast
ein Drittel mehr Getreide als geerntet wird. Die Viehzucht ist sehr be-
deutend; namentlich stark ist der Bestand an Rindvieh, demnächst an Pferden
und Schweinen, verhältnismäßig am schwächsten der an Schafen, doch ist die
Rasse derselben noch immer sehr gut.
Im Jahre 1882 (5. Juni) gab es landwirtschaftliche Betriebe überhaupt
192921, davon nur auf eigenem Lande 121433 (Gesamtfläche: 994714 ha), auf
eigenem und gepachtetem 51508 und nur auf gepachtetem 19880 (Gesamtfläche des
Pachtlandes: 139482 ha). Am verbreitetften sind die mittleren Betriebe (von
l0 100 ha), welche 57,„ Proz. betragen, kleine Betriebe (von 1 — 10 ha) gibt es
25.7 Proz-, große Betriebe (von über 100 ha) 14., Proz. Im Jahre 1888 waren
bestellt mit Roggen 212104 (Ernteertrag: 289126 Tonnen), mit Weizen 50500
^Ernteertrag: 97 796 Tonnen), mit Gerste 32 652 (Ernteertrag: 49 349 Tonnen), mit
Kartoffeln 118846 (Ernteertrag: 1218748 Tonnen), mit Hafer 183233 (Ernteertrag:
285672 Tonnen) und mit Wiesenbau 276 984 ha (Ernteertrag: 453359 Tonnen). —
Der Zuckerrübenbau ist verhältnismäßig gering; im Jahre 1888/89 wurden von drei
Zuckerfabriken 70 669 Tonnen Rüben zu 8829 Tounen Rohzucker und 1925 Tonnen
Melasse verarbeitet. In demselben Verwaltnngsjahre waren 592 Brennereien im
Gange, von denen 116000 Tonnen Kartoffeln, 12400 Tonnen Getreide und 5000
sonnen andre Stoffe verarbeitet wurden. — Bei den Forsten überwiegen die
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92 Die Engländer in Ostindien.
gesamten Genossenschaft, in gewisser Beziehung sogar als Vertreter des
Landes in Rücksicht ans die auswärtigen Angelegenheiten desselben, indem
sie, so oft sich eine günstige Gelegenheit darbot, nicht allein Verträge mit
asiatischen Herrschern abschlössen, sondern ihre Waffen auch zur Verteidigung
oder zum Angriff gegen Holländer, Portugiesen und Türken sowie gegen
diejenigen Fremden gebrauchten, mit denen sie infolge des Handelsverkehrs
feindlich zusammenstießen.
Trotz aller offenen und heimlichen Feindseligkeiten der Portugiesen und
Holländer gelang es dem Kapitän Thomas Best, welcher die zehnte Unter-
nehmung geleitet und den Portugiesen in zwei Treffen empfindliche Ver-
luste beigebracht hatte, im Jahre 1613 vom Großmogul einen Freibrief
auszuwirken, welcher die Kompanie zur Errichtung von Faktoreien in
Surate, Ahmedabad, Cambay und Gogo ermächtigte, ihr Sicherheit ihres
Eigentums gegen Zahlung einer Einfuhrabgabe von 3^2 verbürgte und
endlich dem englischen Handel Schutz gegen die Portugiesen und andre
Feinde verhieß. — In demselben Jahre war es auch dem Kapitän Sarris
gelungen, wertvolle Privilegien vom Kaiser von Japan zu erlangen.
Die Agentender Kompanie und späterhin königliche Abgesandte hatten
nicht unterlassen, genaue Auskunft über die verschiedenen Märkte und die
geeignetste Art des indischen Handelsbetriebes einzuziehen. Sie rieten, bei
Einfuhr der Waren den dort herrschenden Geschmack ins Auge zu fassen
und statt kostspieliger Gesandten lieber eine Anzahl ständiger Agenten zu
unterhalten. Weiterhin ward erwähnt, daß Surate der beste Markt zum
Einkauf der indischen Baumwollenzeuge wäre, daß dort jedoch nur chinesische
Waren, Gewürze und Gold als Tauschmittel gang und gäbe seien; jene
Baumwolleufabrikate ließen sich gegen Gold, Kampfer und Benzoe in
Atschin und Dschambi auf Sumatra, gegen Pfeffer in Bantam und Dfcha-
katra vorteilhaft verwerten; Siam kaufe dergleichen für Gold, Silber und
Felle, welche letztere in Japan gesucht seien; nicht minder englische Tuche,
Seidenwaren und Blei, wofür man Silber, Kupfer und Eisen erlange.
Reis in vorzüglicher Qualität liefere Makafsar aus Celebes und nehme
dafür Baumwollenstoffe entgegen. Alle die genannten Waren fänden auf
den Banda-Jnseln gegen Muskatblüten und Muskatnüsse Absatz, wenn nur
erst die von den europäischen Nebenbuhlern in den Weg gelegten Hinder-
nisfe aus dem Wege geräumt würden.
Man dachte nun allen Ernstes daran, die gemachten Beobachtungen
und Erfahrungen möglichst nützlich zu verwerten und die etwaigen Hinder-
nifse zu beseitigen. Da bis jetzt die meisten Fahrten nach Indien auf
Kosten und Gefahr von nur einzelnen Gesellschaftsmitgliedern unternommen
worden waren, so faßte man im Jahre 1612 den Beschluß, von nun an
sämtliche Unternehmungen auf Rechnung der Gesamtheit auszuführen,
und verwandelte die Handelsgesellschaft in eine Kompanie mit gemein-
schaftlichem Stammkapital, welches damals 413 691 Pfd. Sterl. betrug.
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162 Die ozeanische Inselwelt.
Seitdem habeil die blutigen Streitigkeiten sich gemindert, ja in vielen
Distrikten fast gänzlich ausgehört, und die Beispiele von Mordlust und
Verräterei werden selbst bei denen seltener, die sich noch nicht zum Christen-
tum bekehrt haben. Der Jude Palack, welcher lange mit den Neusee-
läudern in Handelsangelegenheiten verkehrt hatte, erklärte sich über das
Werk der Missionäre also: „Die Mission hat für die bürgerliche Gesittung
der Insel mehr geleistet, als alle europäischen Kaufleute zusammen; ja
ohne sie wäre es für die Kaufleute zu unsicher gewesen, im Lande zu
wohnen."
Mit dem Christentum werden alle nnsre Künste und bürgerlichen
Einrichtungen in die neubekehrten Länder verpflanzt. Alle Naturvölker
finden bald Gefallen an den Einrichtungen der kultivierten christlichen Na-
tionen und bringen dieselben mit dem Christentnme in unauflöslichen Zu-
sammenhang. Dies zeigt uns Waimate auf das unwiderleglichste. Ein
Reisender schildert diesen Ort mit folgenden Worten: „Es gibt hier drei
große Häuser, in denen die Missionäre wohnen, und nahe dabei sind die
Hütten der eingeborenen Arbeiter. Anf einem benachbarten Abhänge
standen schon Gerste und Weizen in voller Ähre, an einem andern sah
man Felder mit Kartoffeln und Klee. Auch hatte man Gärten mit jeder
Frucht und jedem Küchengewächs, das England hervorbringt; andre ge-
hören schon einem wärmeren Klima an. Ich nenne Spargel, Bohnen,
Gurken, Rhabarber. Äpfel, Birnen, Feigen, Aprikosen, Wein, Oliven,
Stachel- und Johannisbeeren, Hopfen und selbst mehrere Arten Blumen.
Um den Hof standen Ställe, eine Scheune zum Dreschen sowie eine Ma-
schine zum Reinigen des Getreides und eine Schmiede. Auf dem Boden
lagen Pflüge und andre Ackerwerkzeuge, in der Mitte sah man jene länd-
liche Mischuug von Schweinen und Geflügel, wie man sie auf jedem euro-
päischen Hofe so gemächlich beisammen sieht. Einige hundert Schritte
davon hatte man das Wasser zu einem Teiche eingedämmt und eine große
dauerhafte Wassermühle errichtet, und dies alles an einer Stelle, an welcher
vor fünf Jahren nichts als Farnkraut wuchs. Die Arbeit der Eingeborenen,
von den Missionären gelehrt, hat die Umwandlung hervorgebracht. Der
Neuseeländer hat das Haus gebaut, den Fensterrahmen gemacht, die
Felder gepflügt, die Bäume gepfropft. In der Mühle sieht man einen mit
Mehl gepuderten Eingeborenen als Knappen. Man hat auf diese Weise
die Künste der gebildeten Menschheit mit der Erziehung zum Christentnme
verbunden. Einige junge Leute, die auf dem Gute beschäftigt und erzogen
wurden, waren von Missionaren aus der Sklaverei erkauft worden. Sie
trugen Hemd, Jacke und Beinkleid und hatten ein ordentliches Aussehen.
Ein junger Arbeiter brachte während nnsrer Anwesenheit ein Messer und
einen Bohrer, beides auf der Straße gefunden, da er von ihnen nicht
wußte, wem sie gehörten. Alles war fröhlich und wohlgemut, und am
Abend sah ich mehrere mit Ballschlagen beschäftigt, während die Knaben
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Das Königreich Preußen. 249
der übrigen Provinz 216775, bez. 71497 Personen. Die Hauptvermittelungsorte für
den Handel von und nach außerhalb sind Hamburg und Stettin. Dem Handels-
verkehr dienen besonders die Niederschlesisch-Märkische, die Anhalter, die Berlin-
Hamburger, die Berlin-Lehrter Bahn, die Ostbahn, die Berlin-Stettiner und die
Berlin-Potsdam-Magdeburger Bahn, ferner die Elbe und Oder, die Havel mit der
Spree, der Finow-, der Friedrich-Wilhelms- und der Plauesche Kanal. Von den
Handelskammern ist namentlich die in Berlin („Kollegium der Ältesten der Berliner
Kaufmannschaft") von Bedeutung. In Berlin haben die Reichsbank (Stammkapital
von 120 Mill. Mark), die Seehaudluug, die Bank des Berliner Kaffenvereins ihren
Sitz, auch findet sich hier eine sehr bedeutende Börse; Reichsbanknebenstellen und
kleinere Geldinstitute sind über die Provinz verbreitet. Bedeutend sind der Berliner
Wollmarkt (im Juni) und die Frankfurter Messe (dreimal jährlich).
Die Industrie bewegt sich zunächst in der Fabrikation von Tuchen und
Wollwaren, in welcher die Provinz mit Rheinland, Schlesien, der Provinz
und dem Königreich Sachsen im Reiche' die erste Stelle einnimmt. Auch in
Seidenwaren und gemischten Stoffen wird Bedeutendes geleistet. Die Ver-
arbeitung von Metallen erstreckt sich hauptsächlich auf den Maschinenbau sowie
auf die Herstellung von gröberen Eisenwaren, Kupfer-, Messing- und Bronze-
waren. Bedeutend sind auch die Fabrikation von feinen Leder- und Kurzwaren,
Möbeln, von Putz- und Bekleidungsgegenständen, Ziegelsteinen, Thonwaren und
Glas, die Spiritusbrennerei und die Bierbrauerei.
Die Hauptsitze für die Tuchfabrikation befinden sich im Süden der Provinz
(Kottbns, Luckenwalde, Guben, Forst, Sorau, Finsterwalde), wo Tuche, Buckskins,
Double- und Teppichstoffe angefertigt werden; in Berlin bestehen mehrere große
Shnddysabriken. Der Gesamtwert der Tuchfabrikation der Provinz beziffert sich jähr-
lich etwa auf 100 Mill. Mark. Ein großer Teil der Tuche geht, abgesehen von dem
übrigen Deutschland, nach den Vereinigten Staaten, auch wohl nach Südamerika,
Westindien, Mexiko, Japan, Spanien :e. Seiden- und Halbseidenwaren werden
in Berlin, Potsdam und Brandenburg angefertigt. Roheisen wird von einer großen
Anzahl von Werken verarbeitet; die Maschinenindustrie, die Fabrikation von Lampen,
wissenschaftlichen und musikalischen Instrumenten, Luxuspapieren, Lichtern und Seifen,
feinen Leder- und Kurzwaren, Goldleisten, Möbeln und Telegraphenapparaten haben
besonders in Berlin ihren Sitz. Die bedeutendsten Ziegeleien und Thonwarenfabriken
liegen an der Havel; von den mehr als 20 Glashütten ist die umfangreichste in
Baruth. Die Luxuspapiere, Kurz-, Galanterie- und Konfektionswaren gehen zu einem
großen Betrage nach den Vereinigten Staaten; auch die Berliner Lampen haben einen
starken Absatz nach dem Auslande. Spiritusbrennereien waren (1886/87) im Direk-
tionsbezirk Brandenburg-Pommern 973, Bierbrauereien (in Brandenburg 1887/88)
560, Zuckerfabriken (1887/88) 12 in Betrieb; bedeutende Beträge von Spiritus
gingen ins Ausland.
Der Ackerbau ist, wie bereits angedeutet, zwar stark verbreitet, kann
jedoch bei weitem nicht die Bedürfnisse des Landes decken; am bedeutendsten
noch ist der Anbau der Kartoffel, die in dem sandigen Boden vortrefflich gedeiht.
Der Gartenbau ist verhältnismäßig stark entwickelt.
Die Provinz Brandenburg (abgesehen von Berlin) hatte (1882) 261101 land-
wirtschaftliche Betriebe; gewidmet waren von 2234851 ha (1882) im Erntejahre 1886
dem Roggen 607 812, dem Weizen 50863, der Gerste 77 077, der Kartoffel 293182,
dem Haser 212943, dem Wiesenheu 403555 ha. Geerntet wurden (abgesehen von
Berlin) 1886 an Roggen 514459, an Weizen 68276, an Gerste 86549, an Kar-
tosfeln 2471362, an Hafer 201951, an Wiesenheu 760394 Tonnen. Das Ergebnis
der Roggenernte stellt sich in der Provinz durchschnittlich nur auf 0,-z Tonne pro
Hektar, während der Durchschnitt im ganzen preußischen Staate 0f9o Tonne beträgt.
Tabak wurden 1886/87 von 8840 Pflanzern auf 2343 ha 4042 Tonnen im Werte
von 1405000 Mark geerntet. Die bedeutendsten Obst-, Kunst-und Handelsgärtnereien
besinden sich in Berlin, Potsdam, Werder, Lübbenau, Lübben, Guben und Groß-
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224 Erstes Kapitel.
Über den Handel des preußischen Staates mögen folgende Bemerkungen
genügen: Die Ausfuhr in Jndnstrieartikeln ist doppelt so groß als die Ein-
fuhr, dagegen stellt sich die Einfuhr von Rohprodukten aller Art weit höher
als deren Ausfuhr.
Eingeführt werden besonders: Getreide, Reis, Wein, Kaffee, Gewürze, Tabak
und Zigarren, Raps, Leinsaat, Obst, Südfrüchte, Pferde, Kühe, Schweine, gesalzenes
und getrocknetes Fleisch und Fische, Käse, Guano, Kreide, Porzellanerde, Eisen-,
Blei-, Zink- und Nickelerze, Dachschiefer, Tafelglas, Roheisen, Rohkupfer, Quecksilber,
Eisen- und Stahlbleche, Soda, Schwefel, Ammoniak, Salmiak, Salpeter, Knochen-
kohle, Galläpfel, Gerberlohe, Farbhölzer, Droguen, Harze aller Art, Hanf, Flachs,
Jute, Baumwolle, Garne, Packleinwand, Wachstuch, Balken, Bretter und sonstige
Hölzer und Holzwaren, Thran, Talg, Öle aller Art, Petroleum, Bettfedern,
Lumpen, Häute und Felle, Dampfkessel, Maschinen und Schiffe. — Zur Ausfuhr
gelangen besonders folgende Gegenstände: Kartoffeln, Bier, Spirituosen, Essig, Hopfen,
Rind- und Schafvieh, Butter, künstliche Dungmittel, Ölkuchen, Steinkohlen, Tors,
Schwefelkies, behauene Steine, Schiefertafeln, feine Steine und Steinwaren, Ziegel-
steine, Töpferwaren, Porzellan, Hohlglas, Blei, Zink, Eisenbahnschienen, Eisen- und
Stahlwaren, Mineralwasser, Kupfervitriol, Schießpulver, Blei- und Zinkweiß, Farben,
Chemikalien, Parfümerien, allerhand Zeugstoffe, Kleider, Wäsche und Posamentier-
waren, Kautschukwaren, Papier, Tapeten, Dachpappen, Möbel und feine Holz- und
Korbwaren, Kutsch- und Eisenbahnwagen, Pianinos und andre musikalische Jnftru-
mente, astronomische, chirurgische, mathematische und physikalische Instrumente, Ge-
wehre, Schmuck- und Kunstgegenstände aller Art, Bücher, Stiche und Spielkarten.
Im Jahre 1882 waren 349556 Handelsbetriebe mit 489063 erwerbstätigen und
im ganzen 1356099 zugehörigen Personen vorhanden.
Zur Förderung des Handels und der Gewerbe sind Kreditinstitute in
hinreichender Zahl vorhanden, und zwar kommen zunächst vou deu im Jahre 1888
vorhaudeueu 16 deutscheu Notenbanken außer der Reichsbank sechs Institute auf
Preußen; die Reichsbank aber hatte im März 1887 195 Niederlassungen, von
denen der größte Teil, und zwar allein elf Hauptstelleu, auf Preußen kamen.
Außerdem sind zahlreiche Geldinstitute und Geldgeschäfte, namentlich Spar-
und Vorschußkassen, Volksbanken und Sparkassen vorhanden. Im März 1887 waren
in Preußen 147 Aktiengeldinstitute mit einem Kapital von 844710000 Mark, darunter
jene sechs Zettelbanken, sowie 34 Staats- und Kommunalinstitute vorhanden. Das
Versicherungswesen hat durch zahlreiche Gesellschaften die verschiedensten Jnter-
essen zu umfassen gesucht (Lebens-, Feuer-, Hagel-, Vieh-, Transport-, Glas-, Hypo-
theken- und Rückversicherungsgesellschaften). — Zur Förderung von Industrie, Handel
und Verkehr dienen ferner auch 81 Handelskammern und kaufmännische Korpo-
rationen sowie zahlreiche polytechnische, technische und Gewerbevereine, industrielle,
Handwerker- und Fortbildungsvereine, ferner kaufmännische, Handels- und nautische
Vereine. Zu größeren Unternehmen bringen vielfach Aktienunternehmungen die
Gelder auf, namentlich im Gebiete der Industrie.
Daß die materielle Wohlfahrt des preußischen Volkes im erfreulichen
Fortschreiten begriffen ist, ergibt sich nicht nur ans dem stark wachsenden Ver-
brauch feinerer Nahrungs-, Geuuß- und Bekleidungsgegenstände, sondern auch
aus dem Zunehmen der Einkommensteuerpflichtigen sowie ihrer Steuerbeträge.
Das Gesuudheitsweseu, welches iu dem „Reichsgesundheitsamte" ein ge-
meinsames Organ besitzt, wird in Preußen durch eiue besondere Abteilung des
Kultusministeriums, iu allen Provinzen durch Mediziualkollegien, durch Orgaue
der Bezirksregieruugeu sowie durch eine große Anzahl von Ärzten vertreten.
Von den 15824 Ärzten des Deutschen Reiches (1887) kommen etwa 60 Pro;.,
von den 3113 Tierärzten fast die Hälfte auf Preußen, Apotheken sind etwa 2800,
Heilanstalten der verschiedensten Art etwa 1700 vorhanden.
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Das Königreich Preußen. 281
1882 gab es im ganzen 165785 landwirtschaftliche Betriebe, wovon 140154
nur auf eignem Lande stattfanden; Landwirtschaft, Tierzucht und Gärtnerei hatten
zu gleicher Zeit 1063795 Zugehörige, worunter 392119 Erwerbsthätige. 1886 waren
gewidmet: dem Roggen 520927 ha (Ernteertrag 414101 Tonnen), dem Weizen
100394 ha (Ernteertrag 96008 Tonnen), der Gerste 90711 ha (Ernteertrag 77631
Tonnen), der Kartoffel 248776 ha (Ernteertrag 2044179 Tonnen), dem Hafer
138810 ha (Ernteertrag 115868 Tonnen), dem Wiesenheu 232280 ha (Ernteertrag
423604 Tonnen). Tabakspflanzer waren 1886/87 im ganzen 4743 vorhanden,
welche allerdings nur 79 ha bebauten und 126 Tonnen Blätter ernteten. Weinbau
findet sich bei Unruhstadt (Kreis Bomst) mit 162 ha, Hopfenbau in den Kreisen
Buk, Bomst, Meseritz und Neutomischl mit 2094 ha, Ölsaat wurde mit 5125, Flachs
mit 4440, Hans mit 58, Zuckerrüben mit 21124 ha angebaut (1883).
Im Januar 1883 ergab die Viehzählung für die Provinz 211291 Pferde,
625 723 Rinder, 1892336 Schafe, 469043 Schweine und 71353 Ziegen. Der Ge-
samtwert des Viehstandes betrug 223489000 Mark. In Pferden übersteigt die
Provinz den Staats- und Reichsdurchschnüt, noch mehr in Schafen, erreicht den-
selben jedoch nicht in Rindern, Schweinen und Ziegen.
Die Forsten, welche 20,2 Proz- der Gesamtfläche einnehmen, enthalten Haupt-
fächlich Kiefern, welchen auf besserem Boden Eichen, Hainbuchen und Birken ein-
gesprengt sind; die letzteren treten im Bezirke Posen auch in selbständigen Beständen
auf. Staatsforsten gab es 1883 164582 ha (28,2 Proz.), Gemeindesorsten 11631ha
(2 Proz.), Privatforften 403266 ha (69 Proz.).
Daß der Bergbau nicht bedeutend sein kann, ergibt sich bereits aus
früheren Angaben; auch die Industrie steht verhältnismäßig weit zurück.
Der Handel erstreckt sich im wesentlichen auf die eignen Erzeugnisse der
Landwirtschaft sowie auf den Zwischenhandel mit Erzeugnissen des russischen
Polens; doch hat dieser Durchgangsverkehr in den letzten Jahren mehr und
mehr nachgelassen (erschwerende Maßregeln Rußlands).
Nur einzelne Gruben fördern geringe Mengen von Braunkohlen (etwa 30000
Tonnen); die königliche Saline von Jnowrazlaw stellt aus einer 26 prozentigen Sole
30—35000 Tonnen Kochsalz her. Im Jahre 1882 gab es nur acht bergbauliche
Betriebe mit im ganzen 1547 Zugehörigen, wozu noch 138 Betriebe für Torfgräber«
mit 1582 Zugehörigen traten. Es findet sich etwas Eisenindustrie, nämlich 3497
meist kleine Betriebe (mit 21353 Zugehörigen), wozu für Maschinen- und Jnstru-
mentenbau noch 1945 (mit 10907 Zugehörigen) und für sonstige Metallverarbeitung
1882 151 Betriebe (mit 1063 Zugehörigen) kamen. Zahlreich findet sich die Industrie
der Steine und Erden (Ziegeleientu. dgl. 1279 mit 16101 Zugehörigen). Mühlen-
werke sind vielfach vorhanden, so Ölmühlen (161), Sägemühlen (84, davon über die
Hälfte mit Dampfbetrieb), besonders aber Mahlmühlen (außer 2500 Windmühlen
und mehr als 400 Wassermühlen über 100 Dampfmühlen). Außerdem findet sich
vereinzelt Textilindustrie (Flachs- und Wollspinnerei), Zigarren- und Tabaks-,
Stärke- und Zuckerfabrikation (1887/88 bestanden 15 Zuckerfabriken), in stärkerem
Maße Bierbrauerei (1887/88 im ganzen 162 Brauereien) und ganz besonders Brannt-
weinbrennerei (1887: 418 Brennereien; Herstellung von fast V2 Mill. hl Spiritus).—
Von Polen her gehen besonders Getreide (Weizen, Gerste, Roggen, Hafer), Hülsen-
srüchte, Klee-, Raps-, Rüb- und Leinsaat; Vieh (besonders Schweine), Knochen,
Hörner, Felle, Häute, Wolle, Haare, Borsten, Federn, Holz der verschiedensten
Art und Gerberlohe ein. — Der Eingang dieser Gegenstände erfolgt zum großen
Teile durch die Vermittelung des Bromberger Kanals; doch hat dieser Verkehr in
letzter Zeit nachgelassen. Es gingen durch nach der Netze 1873/75 je 1222 beladene,
155 unbeladene Schiffe, 71700 Tonnen Güter und 453800 Tonnen Floßholz; 1887
nur 587 beladene und 528 unbeladene Schiffe, 51700 Tonnen Güter und 400900
Tonnen Floßholz; nach der Weichsel zu 1873/75: 487 beladene und 924 unbeladene
Schiffe mit 21200 Tonnen Gütern; 1887: 494 beladene und 213 unbeladene Schiffe
mit 38900 Tonnen Gütern und 1000 Tonnen Fbßholz.
Für den Geldverkehr sorgen, abgesehen von einer Reichsbankhauptstelle
und deren Agenturen, noch mehrere größere oder^kleinere Geldinstitute, welche
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- Autor: Steinbach, Josef, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Klöden, Gustav Adolf von, Mehlis, Christian, Hocker, Nikolaus
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90 Der Rheingau.
sodann Sylvaner (Oesterreicher); „brav Oesterreicher giebt brav Wein" ist ein
rheinisches Winzersprüchwort. Orleans (namentlich in Rüdesheim), Traminer,
endlich als einzige Rothweintraube blauer Clcivner (Klebroth, schwarzer Bur-
gunder). Eine eigenthümliche Erziehung der Weinstöcke an niedrigen Pfählen
mit kurzen Schenkeln, und Bogenreben, welche derart mit dem Boden parallel
angeheftet hängen, gehört dem Rheingau an. Das Weinbergsareal des eigent-
lichen Rheingaues — die Aemter Rüdesheim und Eltville in 20 Gemarkungen —
beträgt nur 1783,25 ha = 7133 Morgen), wovon 1366,75 ha= 5467 Morgen
in Ertrag. Davon sind bepflanzt 49,7 % mit Elbling, 9,z mit Sylvaner.
Die Gesamtproduktion schwankte im Zeiträume von 40 Jahren (1830—1869)
von 88 Stück — in dem schlechtesten Jahre: 1830 — bis zu 5086 Stück
(ä 1200 1) in dem besten: 1868. Von diesen 40 Jahren haben 25 weniger
als eine halbe, nur eines, 1868, eine volle Ernte geliefert. Die besten rhein-
gauer Weine, die sogenannten Hochgewächse, sind in der ganzen Welt gesucht.
Auch die mittleren Weine des Rheingaues sinden noch weithin Abnahme; die
kleineren werden an Ort und Stelle selbst oder in der Umgegend konsumirt,
und zwar sehr stark. Es ist ein Jrrthum, wenn man glaubt, der Rheingau
erzeuge immer nur gute, wenigstens trinkbare Weine. In schlechten Jahrgängen
liefern besonders die Rieslinge ein sehr geringes, faures Produkt, das noch
unter dem sogenannten „Kutscher" steht, nichtsdestoweniger aber getrunken wird.
Der Volkswitz ist unerschöpflich, bezeichnende Spitznamen dafür zu erfinden,
wie „Rambaß", „Saurach", „Flöhpeter", „Rachenputzer", „Garibaldi",,,Schipka-
paß" u. s. w. Letzterer Name ist jetzt am allgemeinsten üblich für saureu Krätzer.
Der Wein des Rheingaues, durchweg weiß mit wenigen Ausnahmen,
zeichnet sich aus durch goldhelle Färbung und trockenen, pikanten Geschmack,
welcher ihn derart charakterisirt, daß er Anfangs dem nicht daran Gewöhnten
leicht die Empfindung von Säure auf der Zunge niacht, weshalb auch Ausländer,
besonders des Südens, gewöhnlich von den Rheinweinen nichts wissen wollen.
Allein selbst bei den leichtesten Weinen des Rheingaues vereinigt sich diese Säure
mit so viel Aroma, Lieblichkeit und Feinheit, daß sie ein vortreffliches gesundes
Tafelgetränk bilden, welches niemals Beschwerden oder Ueberdruß erregt. Je
edler die Weiue, um so minderen Säuregehalt haben sie; die Hochgewüchfe
besitzen alle Bestaudtheile in so harmonischer Zusammeustimmuug, daß ihr
Geschmack völlig undefiuirbar wird, einen Begriff davon kann nur Der erlangen,
der sie selber kostet. Das besondere Vorrecht der rheiugauer Weine ist aber
ihr köstliches, unvergleichbares Bouquet; bei reifen Edelweinen muß dasselbe
das Zimmer erfülle«, wenn eine Flasche geöffnet wird; kein anderer Wein der
Welt hat es in dieser Fülle und Wirkuug; selbst Weine, welche sonst keines-
ivegs zu deu ausgezeichneten gehören, besitzen dies Bouquet oft in hohem Grade.
An Haltbarkeit können sich nur wenige Weine dem rheingauer vergleichen; bei
richtiger Behandlung hält er sich Jahrhunderte laug, ohne krank zu werden,
oder sich zu zerfetzeu. Im Allgemeinen find die edlen Weine des Rheingaues
schwer, sie bringen aber, wie man zu sagen pflegt, nur „einen gnten Rausch",
ohne üble Nachweheu — vollkommene Reinheit natürlich vorausgesetzt. Mäßig
getrunken, übertrifft ihre diätische Wirkung, namentlich bei alteu Leuten, diejenige
aller bekannten Weine. Im Range stehen die Rheinweine an der Spitze der
deutschen und neben den edelsten Weinen des Auslandes; die Juri) der Londoner
1881 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Steinbach, Josef, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Klöden, Gustav Adolf von, Mehlis, Christian, Hocker, Nikolaus
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Rheinbleicharte. 193
am Ausfluß der Nahe gegenüber, abwärts bis Capellen bei Koblenz, nimmt
dann auf dem rechten Rheinufer preußischen Gebiets seinen Anfang bei Hochheim
und hört auf bei Bonn. Sein Gebiet umfaßt ca. 3000 ha, das Klima ist hier
dem der Mosel gleich, der Boden Thonschiefer, hin und wieder Lehm, auch Basalt-
gerölle. Letzteres liefert besonders schwere, feurige Weine, so die von Königswinter,
Linz, Erpeler Lay und Dattenberg (der Menderberg). In reinen Lehmboden bauen:
Rhein-bergen, Hönningen, Erpel, Unkel, Honnef, Bonn, Gilsdorf, Oedekoren.
Kreuzberg.
Der Rebsatz auf der linken Rheinseite besteht vorzugsweise aus weißen, auf der
rechten aus rothen Reben, doch kommen auch Ausnahmen vor. So wird in
der Gegeud von Oberwesel sowie bei Boppard (in Hamm) in einzelnen Lagen
rother Wein, bei Leutersdorf, Niederhammerstein, Oberhammerstein weißer Wein
gewonnen. Der gebräuchlichste weiße Rebsatz ist Riesling, Elben, Traminer,
Ruländer, Oesterreicher, und Ortlieber; die vier letzten seltener.
Für rothen Rebsatz wählt man Clävner und Spätburgunder, neuerdings
für die Lehmböden Frühburguuder. Pfaffendorf bei Koblenz kultivirt die Horn-
tranbe, auch den Färber stndet man. Die unterrheinischen Weine, deren rothe
Sorten „Rheiubleicharte" genannt werden, find theilweise gut, stark, feurig und
wohlschmeckend, haben aber häufig Erdgeschmack und zu wenig Bouquet, dagegen
in nicht günstigen Jahrgängen viele Säure. In früheren Zeiten waren einzelne
von ihnen berühmter als die Rheingauer; Jedermann kennt das Sprüchwort:
Deutsches Land und Volk. Iv. 1z
1881 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Steinbach, Josef, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Klöden, Gustav Adolf von, Mehlis, Christian, Hocker, Nikolaus
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Weinorte.
89
Die Weine des Wheingaues
(nach W. Hamm: »Das Weinbuch", 2. Aufl. Leipzig. I. I. Weber).
Wem es beschieden ist Drüben in Rüdesheim
Bleib' an des Rheines Strand! Soll gut Geläute sein;
Nirgends hienieden ist Hüben in Büdesheim _
Doch ein so feines Land. ^and ich die Leute fem.
Männer und Mägdelein, Locken die Glocken dich?
Kenner von echtem Wein, Mädchen, sie locken mich,
Schenken ein. Fahr' allein!
K. Simrock.
Geisenheim und der Johannisberg.
Die besten Weinberge stehen auf Thonschiefer (Mergel, Kenperkalk Molasse)
und Diluvialgeschieben der Lößformation. Nach den Analysen Liebig's ist der
Boden des Schloßweinberges zu Johannisberg ein eisenhaltiger Thonboden von
sehr wechselnder Zusammensetzung, je nach der Himmelsgegend. Der Thongehalt
beträgt 8,3 bis 14,62, der Eisengehalt 5,54 bis 8,84, die Bittererde — auf
deren Anwesenheit viele Weinbauer besonderes Gewicht legen —- 0,43 bis
Der Kalk 0,86 bis 7,57, Kali 2r73 bis 6,35 und Kieselerde 65,4g bis 67,3g%.
Mehr als der Bodeu scheiut die Lage die Güte des Produktes zu beeinflussen
sie ist allerdings so günstig, wie sie nur zweimal in Europa noch getroffen wird,
an der Giroude und im Hegyalljaagebirge.
Der Rebstock ist vorwiegend der edle Riesling, dessen Varietät man sogar
im Rheingau durch Züchtung entstanden glaubt, nächstdem ist am meisten
verbreitet Elbling (Weißelben, Kleinberger), besonders im unteren Rheingau,
1880 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Hocker, Nikolaus, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Albrecht, Längin, J., Buttgers, J., Mehlis, Christian, Klöden, Gustav Adolf von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Aus dem Volksmunde. Moselweine. 553
Wir haben jetzt noch des Moselweines zu gedenken, durch den die
Mosel mit Recht so berühmt geworden ist. Seine erste Anpflanzung datirt
aus römischer Zeit. Kaiser Probus soll die ersten Reben an die Mosel
gebracht haben. Von wesentlichem Einflüsse auf Hebung des Weinbaues
waren die Klöster des Moselthals, Triers, der Eisel und des Hundsrücks.
Die Abteien Prüm und Himmerode besaßen bedeutende Weinberge an der
Mosel und suchten durch sorgfältige Kultur deren Erträge zu erhöhen.
Bernkastel.
Auch die Trierschen Kurfürsten, die einen guten Trunk nicht der-
schmähten, ließen ans ihren Besitzungen edle Rebensorten anpflanzen. Seit
der Moselwein in den Städten des Rheinlandes einen ungewöhnlich starken
Absatz gefunden hat und auch in großen Quantitäten in den Handel ge-
bracht ist, wurde der Pflege der Rebe eine außerordentliche Sorgfalt znge-
wendet, wozu die landwirtschaftlichen Verebte viel beigetragen haben. Nach
v. Hamm beträgt der Flächenraum der Moselweinberge 3750 ha.; von
dem rheinpreußischen Weiubau fallen auf die Mosel 40,35 %, die jährliche
Weinprodnktion wird auf 142,000 dl. veranschlagt.
An der Mosel wird vorzugsweise weißer Wein gezogen. Er ist im
Glase grünlichgelb, mild und lieblich auf der Zunge, herzerfreuend und
stärkend. Daher rührt das bekannte Sprüchwort: „Moselwein, Krankenwein",
dem man ein anderes substitnirt hat: „Moselwein sott gesnnd seht." „Des
Moselweines Fülle, Güte, Kraft und Znträglichkeit", sagt v. Hontheim, „ist