1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Königreich Preußen. 337
Betrachten wir die Erhebungsverhältnisse der Provinz, so erkennen
wir die letztere als einen Teil des norddentschen Tieflandes. Es lassen sich
in der Oberflächenform drei von einander abweichende Teile unterscheiden:
1) das östliche, fruchtbare Hügelland, welches im Süden mit der mecklen-
burgischen Seenplatte zusammenhängt; 2) ein niedriges, fruchtbares Flachland,
die „Marsch", im Westen und 3) eiue schwachwellige, unfruchtbare Hochebene,
das Heideland, zwischen den beiden ersteren. Die Ostseeinseln gehören der
Hügel-, die Nordfeeinseln der Marsch- oder Geestlandschaft an. Die Wasser-
scheide zwischen der Ost- und Nordsee liegt in dem östlichen Hügellande, an der
Grenze des Heiderückens.
Die mittlere Höhe des Hügellandes beträgt 35—70 in; es tritt oft mit hohen
Uferrändern gegen die See vor. Die höchsten Erhebungen desselben sind der
Bungsberg bei Eutin (159 m), der Pielsberg oder Hessenstein bei Lütjen-
bürg (127 m) und der Scheelsberg bei Eckernförde (109 in). Der Heiderückeu
verflacht sich gegen Westen und geht allmählich in die sogenannte Vorgeest über,
welche wiederum durch die Sandmarsch und Vormarsch zu der eigentlichen Marsch
hinführt. Die letztere besteht aus Alluvium, Niederschlägen des Meeres und der in
dasselbe mündenden Flüsse; die übrigen Teile des Landes gehören dem Diluvium an.
Das Heideland besteht gegen das Hügelland hin aus Geschiebesand, der noch zur
Forstwirtschaft und zum Kornbau ausreicht; weiter westwärts folgt ein weißer Sand,
welcher auf losem, braunem Sandstein ruht und als „Ahlformation" bezeichnet wird.
Die letztere läßt Ackerbau und Banmwnchs kaum zu und stellt daher, besonders in
Holstein, fast gänzlich unwirtbares, nur mit Heidekraut bedecktes Land dar, in welchem
übrigens auch größere Sümpfe und Torfmoore nicht selten sind. In der Nähe der
Marsch finden sich auch Anhäufungen von Flugsand, die sogenannten Binnenlands-
dünen. Feste Gesteinsmassen älterer Formation treten nur selten auf; unter anderm
findet sich bei Segeberg der Kalkberg (Anhydrit und Gips der Zechsteinformation,
unter dem Gips in geringer Tiefe ein großes Steinsalzlager), bei Elmshorn eine
mächtige Rötelschieferablagernng (durchwachsen mit Steinsalz und mit starker Sol-
quelle versehen); an einzelnen Punkten liegen Kreideschichten zu Tage (bei Heiligen-
Hasen und Itzehoe); tertiäre Gebilde sind weit verbreitet, bauwürdige Braunkohlen-
ablagerungen werden indes vermißt. Die Trinkwasserverhältnisse sind im ganzen
nicht günstig. Zwar findet sich in dem östlichen Hügellande meist gutes Wasser in
ausreichender Menge, auf der Geest ist dasselbe indes ziemlich spärlich und bisweilen
durch Eisen- und Moorteile verunreinigt, und noch ungünstiger steht es auf der
Marsch, wo man sich fast, allgemein mit Regenwasser behelsen muß; neuerdings sucht
man dem angedeuteten Übelstande mit mehr oder weniger Erfolg durch artesische
Brunnen abzuhelfen. — Im Jahre 1883 waren von dem Gesamtboden der Provinz
1097428 ha Acker- und Gartenland und Weinberg, 204083 ha Wiesen, 334522 ha
Weide, Hutung, Öd- und Unland, 119690 ha Forsten und Holzungen und 128463 ha
Haus- und Hofräume, Wege und Gewässer. Verhältnismäßig groß sind also die
Weiden :c. (17,. Proz. gegen 2,2 in Schlesien und 4,7 Proz. in der Provinz Sachsen),
sehr gering an Umfang dagegen die Forsten (mit 6,4 Proz. der geringste Stand in
der Monarchie; Brandenburg 32,5, Schlesien 28,g, Hessen-Nassau sogar 40 Proz.).
Hinsichtlich der Bewässerungsverhältnisse ergibt sich zunächst eine
weite Küste, und zwar ist dieselbe noch ausgedehnter an der Ostsee als an der
Nordsee; dort machen sich Ebbe und Flut fast gar nicht, hier stark geltend.
Unbedeutende Gewässer gehen in die Ostsee, entwickeltere in die Nordsee (die
Wasserscheide liegt in der Nähe der Ostsee); Überschwemmungen treten an
beiden Küsten auf. Abgesehen von der Elbe, welche nicht nnr die Provinz im
Südwesten begrenzt, sondern auch mehrere Flüsse aus derfelben aufnimmt, ist
die Eid er der Hanptflnß, welcher schon am Ende des vorigen Jahrhunderts
vermittelst eines Kanals zu eiuer Verbindung der Ost- und Nordsee benutzt
wordeu ist. Landseen finden sich besonders im östlichen Holstein ziemlich zahlreich.
Das Deutsche Reich. 99
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454 Zweites Kapitel.
französischen Zeit furchtbar, zumal die Hauptschlachten des Freiheitskrieges in Sachsen
geschlagen wurden. Nach Napoleons Sturz erlangte Preußen von Sachsen 367%
Quadratmeilen und 864400 Einwohner, während die Mark Meißen (mit Ausnahme
des nördlichsten Striches), der größte Teil der Oberlansitz und das Gebiet zwischen
Mulde und Elster (das Pleißnerland und der südliche Teil des Osterlandes), im ganzen
27172 Quadratmeilen mit 1182744 Einwohnern dem Könige Friedrich August I.
verblieben. Derselbe that fortan viel für die Hebung des Landes. König Anton
(1827—36) gab dem Lande (1831) eine Verfassung. Unter König Johann (1854—73)
trat Sachsen dem Norddeutschen Bunde bei, welcher 1871 sich zu dem Deutschen
Reiche erweiterte. Im Jahre 1866 Bundesgenosse Österreichs gegen-Preußen, trug
König Johann im französischen Kriege thatkräftig zur Niederwerfung des Erbfeindes
und zur Neugestaltung nnsres Vaterlandes bei; der jetzige König, Albert, aber war
als Kronprinz einer der ruhmreichsten Heerführer gegen Frankreich.
Betrachten wir die Erhebungsverhältnisse des Landes, so finden wir, daß
die südliche Hälfte desselben Gebirgsland ist, woran sich nordwärts Hügel-
land (^/z) und erst an dieses wiederum Flachland (V6) schließt. In dem Ge-
birgslande treten von Osten nach Westen zu das Lausitzer, Elbsandstein-, Erz-
und Elstergebirge hervor; das Erzgebirge ist das Hauptgebirge.
Das Lausitzer Gebirge reicht bis zur Südostgrenze Sachsens und besteht aus
zahlreichen Berggruppen; die höchsten Punkte (die Lausche und der Oybin, der Hoch-
wald, der Czorneboh bei Bautzen ?e.) übersteigen nicht eine Höhe von 830 in; es
besteht vorherrschend aus Granit, daneben ans Sandstein und Basalt. Das West-
wärts folgende Elbfandsteingebirge (die „Sächsische Schweiz"), zu beiden Seiten der
Elbe, besteht aus Quadersandstein, welcher an einzelnen Stellen durch Basaltmassen
durchbrochen wird. Gegen Südwesten folgt dann das Erzgebirge, ein ausgevräates
Kammgebirge, welches gegen Süden steil abfällt, dagegen nach Norden hin sich alt-
mählich abstuft. Es ist in seinem südwestlichen Teile am höchsten (sein Kamm bis
zu 1000 m und seine höchsten Kuppen, Fichtelberg, Keilberg, Auersberg, über 1200 m
hoch). Dem Erzgebirge ist das sächsische Mittelgebirge vorgelagert, welches von
Glauchau au 60 km weit östlich zieht und am Ostende mit dem Erzgebirge zu-
sammenhängt; noch weiter nördlich folgt das sächsische Bergland bis an die Linie
Meißen-Ofchatz-Grimma-Altenburg hin. Der östliche Teil des Erzgebirges besteht
bis zur Zschopau hin hauptsächlich aus Gneis, stellenweise auch aus Granit, der
südwestliche aus Glimmer- und Thonschiefer sowie gleichfalls aus Granit. Die Ur-
gesteine werden vielfach von Basalt, Phonolith, Porphyr und Melaphyr durchsetzt
(besonders an der unteren Zschopau und in der Nähe des Zwickauer Beckens). An
dem Nordrande der Urgebirgsschichten tritt Steinkohlengebirge mit stellenweise sehr
reichhaltigen Flözen auf; das nördliche Bergland enthält Brannkohlenlager (bei
Grimma, Oschatz, Bautzen). Das Erzgebirge ist reich an Erzen, besonders an Blei,
Silber, Zinn und Eisen.
^ Die Bewässerung des Königreichs Sachsen ist sehr günstig. Zahlreiche
Flüsse und Bäche entspringen den im Südeu des Landes liegenden Gebirgen,
nm sich größtenteils in den Elbstrom zu ergießeu, welcher den Hanptstrom
Sachsens bildet. __
Nur die Lausitzer Neiße, welche, nachdem sie in Böhmen ihren Ursprung ge-
funden hat, nach Sachsen übertritt, gehört der Oder an. Die Elbe tritt als 130 m
breiter, schiffbarer Strom in das Königreich, durchbricht zunächst das Elbsandstein-
gebirge, fließt dann durch den Thalkessel von Dresden, wird bis Meißen von Höhen-
zügen begleitet und verläßt Sachsen oberhalb Mühlberg (bei Strehla); sie hat in
diesem Lande eine schiffbare Strecke von 117 km. Von den linken Nebenflüssen der
Elbe find links die Mulde, welche sich aus der Zwickauer und Freiberger Mulde
(Zufluß Zschopau) bei Kolditz bildet, und die zur Saale gehende Weiße Elster mit
der Pleiße und Parthe, von den rechten Nebenflüssen die Spree und die Schwarze
Elster mit der Röder zu nennen. Außerdem sind viele kleinere Flüßchen, Flöß-
graben, Bergbaugräben, an stehenden Gewässern indes nur größere deiche (bei
Moritzburg, Wermsdors ?e.), aber keine eigentlichen Landseen vorhanden. An Mineral-
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550 Zweites Kapitel.
Das Staatsgebiet gehört dem norddeutschen Tieflande an und ist auf dem
rechten Weserufer von einer Hügelkette (Dünen) in der Richtung von Südost
nach Nordwest durchzogen. Der Weserstrom durchströmt ei in derselben Richtung;
von den Nebenflüssen kommen rechts Wümme und Geeste, rechts Ochtum in
Betracht. Das Klima Bremens ist im ganzen gemäßigt.
Der Boden besteht durchweg aus Diluvial-und Alluvialbildungen; festes Gestein
findet sich nirgends. Am linken User ist wirkliches Flachland; die Dünen auf dem
rechten Ufer bestehen aus kleinkörnigem Sande. Das sogenannte Hollerland auf
dem rechten Ufer (51,5g qkm) hat überhaupt Sandboden mit Einlagerungen von
Raseneisenstein; im Blocklande (29,qkm) und Werderlande (48,,^ qkm) auf derselben
Seite liegt der Sand erst unter einer Schicht von Klei- und Moorboden; vereinzelt
findet sich auch zäher, unfruchtbarer Thon („Dwaa"), auch ist ein Moor vorhanden
(in der Feldmark von Borgfeld). Auf dem linken Ufer findet sich teils Lehm- teils
Kleiboden. — Die Weser macht viele Krümmungen und ist oberhalb Bremens ]48,
in der Stadt bis zu 226 m breit; ihr Lauf im Staatsgebiet hat eine Länge von
24,g km; ihre Tiefe beträgt oberhalb etwa 1,3 m und unterhalb 2—2,„ m. Ihre
Bedeutung für die Schiffahrt ist natürlich sehr groß. Der Weserfluß Wümme hat
im Staatsgebiete einen 28 km langen schiffbaren Lauf und ist mit der Weser durch
zwei kleine Kanäle verbunden. Die bei Bremerhaven mündende Geeste ist gleich-
falls schiffbar; die Ochtum berührt das Gebiet mit 5 km. Zum Schutze dieser
-Gewässer sind Deiche in der Gesamtlänge von 96,2 km nötig geworden. Das Klima
Bremens ist verhältnismäßig mild und beträgt im Jahresdurchschnitt zwischen 8—9° C.
Die meisten Niederschläge sinden im Sommer demnächst im Herbst und Winter und
die wenigsten im Frühlinge statt, sie betragen im Jahresdurchschnitt 7—800 mm.
Der Witterungswechsel ist plötzlich; nach heißen Tagen sind kühle Abende und dichte
Nebel sehr häufig. Die Winde haben meist die Richtungen von Süd bis Nordwest.
Die Bevölkerung ist niederdeutschen Stammes, weit überwiegend evange-
lisch und hauptsächlich mit Handel, demnächst auch mit Industrie, weniger mit
Ackerbau und Viehzucht beschäftigt.
Auf 255,ß qkm lebten nach der Zählung 1885 165628 Einwohner, welche (bis
auf 6196 Katholiken und 840 Juden) fast sämtlich evangelisch waren. Sehr ver-
breitet ist die plattdeutsche Sprache, in den gebildeten Kreisen herrscht jedoch die
hochdeutsche. In Bremen selbst und in Bremerhaven leben auch sehr viele Ausländer,
besonders Amerikaner, Engländer und Holländer, dieserhalb, sowie wegen des be-
deutenden Seeverkehrs wird häufig die englische Sprache gebraucht. — Am 5. Juni
1882 wurden gezählt in Land- und Forstwirtschaft, Tierzucht und Fischerei 12084 Zu-
gehörige, davon 5187 Erwerbsthätige, in der Industrie einschließlich Bergbau und Bau-
Wesen 75 935 Zugehörige, darunter 29 297 Erwerbsthätige, in Handel, Verkehr, Gast-
Wirtschaft :e. 47114 Zugehörige, darunter 16 829 Erwerbsthätige. Bremen nimmt
unter den deutschen Sechandelsplätzen eine der ersten Stellen ein, und zwar ist
der Handel weit weniger Speditions- und Kommissions- als Eigenhandel und beruht
vorzugsweise auf Warenumsatz, während das reine Papier- und Geldgeschäft sehr
zurücktritt. Es sind über l000 Großhandlungen vorhanden, unter denen sich etwa
50 Reeder befinden. Neben dem Handel treten zunächst alle diejenigen Geschäfts-
zweige bedeutsam hervor, welche mit dem Handel zusammenhängen, Schiffahrt,
Schiffbau k. Haupthaudelsartikel.sind: Petroleum, Reis, Tabak, Baumwolle, Kaffee,
Zucker, Thee, Gewürze, Getreide, Öl, französische Weine:c. Unter diesen Gegenständen
stehen obenan: Petroleum (jährliche Einfuhr für 30—40, Ausfuhr für 40—50 Mill.
Mark), Baumwolle (jährliche Einfuhr für etwa 50—60, Ausfuhr für etwa 53 Mill.
Mark), Tabak (jährliche Einfuhr für 50-60, Ausfuhr für 60-65 Mill. Mark),
wozu noch Tabaksstengel und Zigarren treten. Die Reederei bestand am I.januar
1889 aus 341 Schiffen zu 325594 Tonnen, darunter 118 Dampfer mit 124256 Tonnen
Gehalt. Außerdem steheu noch etwa 260 oldenburgische und preußische Schiffe im
Dienste des preußischen Handels. Das größte Transportgeschäft betreibt die Aktien-
Gesellschaft des Norddeutschen Lloyds, die regelmäßige Dampfschiffverbindungen mit
England und Amerika unterhält und neuerdings auch für die vom Reiche geschaffenen
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Das Königreich Preußen. 249
der übrigen Provinz 216775, bez. 71497 Personen. Die Hauptvermittelungsorte für
den Handel von und nach außerhalb sind Hamburg und Stettin. Dem Handels-
verkehr dienen besonders die Niederschlesisch-Märkische, die Anhalter, die Berlin-
Hamburger, die Berlin-Lehrter Bahn, die Ostbahn, die Berlin-Stettiner und die
Berlin-Potsdam-Magdeburger Bahn, ferner die Elbe und Oder, die Havel mit der
Spree, der Finow-, der Friedrich-Wilhelms- und der Plauesche Kanal. Von den
Handelskammern ist namentlich die in Berlin („Kollegium der Ältesten der Berliner
Kaufmannschaft") von Bedeutung. In Berlin haben die Reichsbank (Stammkapital
von 120 Mill. Mark), die Seehaudluug, die Bank des Berliner Kaffenvereins ihren
Sitz, auch findet sich hier eine sehr bedeutende Börse; Reichsbanknebenstellen und
kleinere Geldinstitute sind über die Provinz verbreitet. Bedeutend sind der Berliner
Wollmarkt (im Juni) und die Frankfurter Messe (dreimal jährlich).
Die Industrie bewegt sich zunächst in der Fabrikation von Tuchen und
Wollwaren, in welcher die Provinz mit Rheinland, Schlesien, der Provinz
und dem Königreich Sachsen im Reiche' die erste Stelle einnimmt. Auch in
Seidenwaren und gemischten Stoffen wird Bedeutendes geleistet. Die Ver-
arbeitung von Metallen erstreckt sich hauptsächlich auf den Maschinenbau sowie
auf die Herstellung von gröberen Eisenwaren, Kupfer-, Messing- und Bronze-
waren. Bedeutend sind auch die Fabrikation von feinen Leder- und Kurzwaren,
Möbeln, von Putz- und Bekleidungsgegenständen, Ziegelsteinen, Thonwaren und
Glas, die Spiritusbrennerei und die Bierbrauerei.
Die Hauptsitze für die Tuchfabrikation befinden sich im Süden der Provinz
(Kottbns, Luckenwalde, Guben, Forst, Sorau, Finsterwalde), wo Tuche, Buckskins,
Double- und Teppichstoffe angefertigt werden; in Berlin bestehen mehrere große
Shnddysabriken. Der Gesamtwert der Tuchfabrikation der Provinz beziffert sich jähr-
lich etwa auf 100 Mill. Mark. Ein großer Teil der Tuche geht, abgesehen von dem
übrigen Deutschland, nach den Vereinigten Staaten, auch wohl nach Südamerika,
Westindien, Mexiko, Japan, Spanien :e. Seiden- und Halbseidenwaren werden
in Berlin, Potsdam und Brandenburg angefertigt. Roheisen wird von einer großen
Anzahl von Werken verarbeitet; die Maschinenindustrie, die Fabrikation von Lampen,
wissenschaftlichen und musikalischen Instrumenten, Luxuspapieren, Lichtern und Seifen,
feinen Leder- und Kurzwaren, Goldleisten, Möbeln und Telegraphenapparaten haben
besonders in Berlin ihren Sitz. Die bedeutendsten Ziegeleien und Thonwarenfabriken
liegen an der Havel; von den mehr als 20 Glashütten ist die umfangreichste in
Baruth. Die Luxuspapiere, Kurz-, Galanterie- und Konfektionswaren gehen zu einem
großen Betrage nach den Vereinigten Staaten; auch die Berliner Lampen haben einen
starken Absatz nach dem Auslande. Spiritusbrennereien waren (1886/87) im Direk-
tionsbezirk Brandenburg-Pommern 973, Bierbrauereien (in Brandenburg 1887/88)
560, Zuckerfabriken (1887/88) 12 in Betrieb; bedeutende Beträge von Spiritus
gingen ins Ausland.
Der Ackerbau ist, wie bereits angedeutet, zwar stark verbreitet, kann
jedoch bei weitem nicht die Bedürfnisse des Landes decken; am bedeutendsten
noch ist der Anbau der Kartoffel, die in dem sandigen Boden vortrefflich gedeiht.
Der Gartenbau ist verhältnismäßig stark entwickelt.
Die Provinz Brandenburg (abgesehen von Berlin) hatte (1882) 261101 land-
wirtschaftliche Betriebe; gewidmet waren von 2234851 ha (1882) im Erntejahre 1886
dem Roggen 607 812, dem Weizen 50863, der Gerste 77 077, der Kartoffel 293182,
dem Haser 212943, dem Wiesenheu 403555 ha. Geerntet wurden (abgesehen von
Berlin) 1886 an Roggen 514459, an Weizen 68276, an Gerste 86549, an Kar-
tosfeln 2471362, an Hafer 201951, an Wiesenheu 760394 Tonnen. Das Ergebnis
der Roggenernte stellt sich in der Provinz durchschnittlich nur auf 0,-z Tonne pro
Hektar, während der Durchschnitt im ganzen preußischen Staate 0f9o Tonne beträgt.
Tabak wurden 1886/87 von 8840 Pflanzern auf 2343 ha 4042 Tonnen im Werte
von 1405000 Mark geerntet. Die bedeutendsten Obst-, Kunst-und Handelsgärtnereien
besinden sich in Berlin, Potsdam, Werder, Lübbenau, Lübben, Guben und Groß-
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Das Königreich Preußen. 291
zogen wird; nordöstlich von diesen bedeutenden Gebirgsmassen findet sich nach
dem Oderstrome zu Berg- und Hügelland und weiterhin meist flaches, ebenes
Land (die niederfchlesifche Bucht); der Südosten enthält die oberschlesische Platte.
In den Sudeten bildet das Riesengebirge den Hauptstock; seine Kammhöhe
reicht bis zu 1300 m; auf dem Kamme erheben sich die Schneekoppe (1605 m), das
Hohe Rad (1514 m), die große Sturmhaube, der Reifträger zc. Im Nordwesten
schließen sich an das Riesengebirge die Jserkämme an mit der Tafelfichte (1155m),
dann tdciter gegen Westen das Lausitzer Gebirge mit dem Jeschkenberge (1015m).
Im Südosten wird das Riesengebirge von dem plateauartigen Waldenburger
Gebirge begrenzt, an das sich der Glatzer Gebirgskessel schließt, der gegen
Nordosten von dem Eulengebirge und dem Reichensteiner Gebirge, im Süd-
osten von dem Glatzer Schneeberge (1424 m) und im Südwesten von dem
Habelschwerdter, dem Heuscheuer- und dem Adersbacher Felsengebirge
begrenzt wird. Parallel mit dem zuletzt erwähnten Südwestrande laufen die
Böhmischen Kämme, die in der Nähe des Passes von Reinerz mit ihm in der
Hohen Mense (1083 m) verwachsen. Die eigentlichen Sudeten (das Mäh-
rische Gesenke) berühren das preußische Schlesien nicht, dagegen sind den soeben
berührten Gebirgen als vereinzelte, aus der Ebene sich erhebende Bergmassen vor-
gelagert: die Strehlener Berge (mit dem Rummelsberge, 400 m), das Zobten-
gebirge (718m), die Striegauer Berge (337 m), der Gröditzberg bei Hainau
(407 m) und die Landskrone bei Görlitz (429 m). Das rechte Oderufer wird bis
zur unteren Bartsch hin von einem Rücken begleitet, welcher die Fortsetzung der
oberschlesischen Platte bildet und in dem Annaberge 400, in dem Trebnitzer Katzen-
gebirge 311 m hoch steigt. An der Bartschmündung findet der Rücken auf dem
linken Oderufer seine Fortsetzung und durchzieht in nordwestlicher Richtung die
Gegend von Pöllwitz bis über Grünberg hinaus. — Der Sudetenzug besteht größten-
teils aus Urgestein, und zwar das Riesengebirge aus Granit, das Eulengebirge und
die Berge der Grafschaft Glatz aus Gneis und kristallinischen Schiefern; das Heu-
scheuer- und Adersbacher Gebirge freilich aus Quadersandstein; daneben treten Grün-
stein, Serpentin :e. auf. Eine große Entwicklung hat aber auch das Steinkohlen-
gebirge (um Waldenburg und Neurode) mit den dieser Periode eigentümlichen
Eruptionsgesteinen (Porphyr und Melaphyr). Nordwärts von dem eigentlichen
Gebirge zeigt die Provinz gleichfalls Steinkohlenformation in ausgezeichneter Ent-
Wickelung (Oberschlesien), von dem Triasgestein besonders Muschelkalk, vielfach mit
wertvollen Einlagerungen von Galmei-, Blei- und Eisenerzen. Die Muschelkalk-
schichten werden gegen Nordosten von Juraschichten umgeben, welche teilweise Eisen-
lager enthalten. — Im Flach- und Hügellande findet sich die Tertiärperiode mit
zahlreichen Braunkohlen- und Gipsablagerungen vertreten; hier treten bisweilen
auch jüngere Eruptivgesteine, wie Basalt, auf.
Die Provinz besitzt eine gute Bewässerung. Der Hauptstrom derselben
ist die Oder, welche sie fast in der Mitte durchströmt und, abgesehen von dem
Bober, der Lausitzer Neiße und der Warthe, alle bedeutenden Nebenflüffe während
ihres Laufes durch die Provinz aufnimmt. Nur wenige der letzteren sind
freilich schiff- oder flößbar. Auch die Gewässer des Elbstromes greifen in die
Provinz ein; die Weichsel fließt an der Grenze. Kanäle fehlen fast ganz.
Kleine Landseen sind vielfach vorhanden, am meisten im Gebiete der Bartsch
(zwischen Militsch und Trachenberge Mineralquellen finden sich zahlreich im
Gebirgs- und Hügellande, unter ihnen mehrere von bedeutendem Rufe.
Der Oderstrom durchzieht die Provinz in einer Länge von 461 km und ist
von Ratibor aus für ganz flache Fahrzeuge schiffbar. Von den Elbgewässern kommen
die Jser (an der Grenze), die Spree und die Schwarze Elster in Betracht; die Weichsel
und deren Nebenfluß Przemsza mit der Briuitza bilden die Grenze der Provinz
gegen das österreichische und russische Gebiet im Südosten. — An Kanälen sind zu
erwähnen: der Klodnitzkanal (45 km), anfangs unterirdisch bis Zabrze, in die Oder
mündend bei Kosel (wichtig zur Beförderung der Berg- und Hüttenbauprodukte) und
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294 Erstes Kapitel.
Schon im 13. Jahrhundert wurde Erzbergbau bei Tarnowitz, im 14. Jahr-
hundert Goldbergbau bei Nikolstadt und Goldberg, Eisenschmelzerei bei Sagan be-
trieben; ziemlich früh auch Silber bei Tarnowitz und Gottesberg, Zinn bei Giehren,
Gold bei Reichenstein, Kupfer bei Kupferberg, Eisen bei Schmiedeberg, Vitriol bei
Tarnowitz, Neiße, Kupferberg und Schreiberhau gewonnen. Nachdem der Bergbau
durch den Dreißigjährigen Krieg fast ganz eingegangen war, wurden erst unter der
preußischen Herrschaft (feit Friedrich dem Großen) die großen mineralischen Schätze
in wahrhaft erfolgreicher Weise wieder gehoben. Eisenerze finden sich weit verbreitet,
und zwar als Roteisenstein (im Kreise Jauer), als Magneteisenstein (im Granit des
Riesengebirges), als Thoneisenstein (in den Steinkohlengebirgen), als Brauneisenerz
(in Oberschlesien) und als Raseneisenerz (überall im Flachlande); Zink wird in
ungeheuren Mengen aus dem Galmei des oberschlesischeu Muschelkalkes (größte
Produktion der Welt), Bleiglanz aus den untersten Schichten des oberschlesischen
Dolomits, Kupfererze in der Nähe von Görlitz (nicht bedeutend), Kobalterze im
Bezirke Liegnitz, Arsenik bei Reichenstein und Kupferberg gewonnen. Das ungeheure
Steinkohlenlager Oberschlesiens erstreckt sich von Gleiwitz östlich nach der polnischen
und der österreichischen Grenze (auf Krakau) zu in einer Ausdehnung von 51000 ha
und mit einer höchst bedeutenden Mächtigkeit der Flöze. Kleinere Lager finden sich
südlich zwischen Nikolai und Loslau, sowie bei Hultfchin. Das niederschlesische
Steinkohlenbecken hat seinen Hauptmittelpunkt bei Waldenburg, wo 60 Flöze, von
denen die Hälfte abbaufähig ist, mit einer gesamten Mächtigkeit von 50 m über-
einander lagern. Auch bei Neurode sind Flöze desselben Beckens in Abbau ge-
nommen worden. Eine unbedeutendere Steinkohlenförderung findet in Ullersdorf
bei Naumburg a./Qu. aus der Kreidekohle statt. Die über das Flachland weithin
verbreitete Braunkohle wird besonders nur bei Strehlen, Grüneberg, Freystadt und
Muskau ausgebeutet. — Unter den Steinbrüchen sind die Granitbrüche bei Striegau
und Strehlen, die Marmorbrüche des Kreises Neiße (bei Kunzendorf :c.) und die
Kalkbrüche bei Gogolin, Krappitz und Reichenstein besonders wertvoll.
Die Weberei Schlesiens ist gleichfalls sehr alt, wie sich aus der That-
sache ergibt, daß bereits im 14. Jahrhundert Handel mit einheimischer Lein-
wand und ebensolchen Tuchen getrieben wurde; in allmählicher Entwicklung
ist dieser Erwerbszweig bis in die Neuzeit fortwährend gewachsen.
Seit dem 15. Jahrhundert ragten Breslau, Löwenberg und Striegau in der
Wollweberei, Hirschberg in der Schleierweberei hervor; in der Gegend von Reichen-
bach wurde angeblich durch schwedische Soldaten die Kanevaweberei eingeführt; in
der Mitte des 18. Jahrhunderts gab Friedrich der Große der Gewebeindustrie einen
neuen Aufschwung. Der König befreite die Weber und Bleicher vom Zunftzwange,
Militärdienste und zeitweise auch von den Abgaben; dadurch kam die Gewebeindustrie
derartig in Schwung, daß sie sich bis in die Gegenwart hinein gegenüber der Kon-
kurrenz des Auslandes zu behaupten vermochte. Es finden sich jetzt alle Zweige
dieser Industrie (von der Spinnerei bis zur Fertigstellung der feinsten Waren) ver-
treten, und zwar ausgedehnt in den Kreisen Leobschütz, Neustadt und Neiße (Ober-
schlesien), besonders aber in den Gebirgskreisen Reichenbach, Schweidnitz, Walden-
bürg, Landshut, Hirschberg und Lauban (Mittel- und Niederschlesien), weniger ver-
breitet, aber doch noch in wichtigen Betrieben, in der Grafschaft Glatz, in den
Kreisen Frankenstein, Brieg, Bolkenhain, Schönau, Goldberg, Hainau, Bunzlau
und Löwenberg. An den genannten Orten findet sich mehr oder weniger Leinen-,
Woll- und Baumwollweberei und Spinnerei: besonders Tuche werden gefertigt in
Görlitz, Sagan, Grünberg, Bernstadt, Breslau und Neurode, Teppiche und Decken-
zeuge in Schmiedeberg.
Unter den sonstigen Industrien der Provinzen treten die Fabrikation von
Porzellan, Glas und Chemikalien, sowie Töpfereien, Brennereien und Zucker-
fabriken bedeutfam hervor.
Uber die Zuckerfabrikation ist schon unter Landwirtschaft kurz berichtet worden.
Die Porzellanfabrikation hat in den Kreisen Waldenburg und Schweidnitz ihren Sitz
und liefert jährlich Waren von über 6 Millionen Mark. Die Glasfabrikation ist
besonders im Bezirke Liegnitz zu Hause, wo sich circa 20 Glashütten befinden, etwa
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Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Das Königreich Preußen. 295
halb soviel haben die Bezirke Breslau und Oppeln. Der Gesamtwert der Waren
hat die Höhe von 6—7 Millionen Mark. — Den Mittelpunkt der Töpfereien bildet
im Bezirke Liegnitz Bnnzlan. — Chemikalien werden in wenigen, aber um so
bedeutenderen Fabriken hergestellt. — Brennereien waren im Jahre 1886/87 944
vorhanden, von denen 29 auch Hefenfabrikation trieben, 612 Kartoffeln und 329
Getreide verwendeten. An Brauereien waren 1887/88 im ganzen 877 vorhanden,
welche aus 40622 Tonnen Getreide und 104 Tonnen Surrogaten 2417600 hl Bier
erzeugten (58 1 per Kopf).
Da die Provinz die natürliche Vermittlung zwischen den deutschen und
den slawischen Stämmen bildet, so ist sie seit alter Zeit auch der Sitz eines
regen Handels gewesen. Es hat sich dabei naturgemäß um den Austausch
der Rohprodukte des Ostens (Polens und Rußlands) gegen die Industrie-
erzeuguisse des Westens (Deutschlands und Frankreichs) gehandelt; auch zwischen
dem Süden (Österreich) und dem Norden (den Handelsstädten der Nord- und
Ostseeküste) war schon früh ein reger Verkehr. Neben selbständigem Handel
fand immer ein bedeutender Durchgangs- und Vermittelungsverkehr statt,
dessen Mittelpunkt Breslau war.
Zu Anfang des 14. Jahrhunderts gingen schlefifche Garne nach Holland,
fchlefische Leinwand über Hamburg nach Spanien, Portugal und England, schlesische
Tuche von Tschirnau und Guhrau nach Ungarn, von Steinau und Wohlan nach
Leipzig; Breslau aber war ein Meßort für den Tuchhandel nach Polen und Ruß-
land. In dieser frühen Zeit gingen vielbenutzte Handelsstraßen aus Schlesien nach
Krakau (über Oppeln, Groß-Strehlitz, Tarnowitz, Benthen und Siewierz oder über
Rosenberg und Woischnik), nach Ungarn (über Oppeln, Ratibor, Troppan und
Olmütz oder über Teschen, und dann durch den Jablunkapaß), sowie nach Wien
(über Ohlau, Grottkau, Neiße, Olmütz und Brünn). Nach der Bereinigung der
Provinz mit dem preußischen Staate wurde der bisherige Verkehr mit den Habs-
burgischen Ländern plötzlich unterbrochen und es trat ein starker Handel mit Polen
und Rußland ein, der durch die Teilung Polens und die Zollpolitik Rußlands
später wieder gemindert wurde. Nach den mit den napoleonischen Kriegen zusammen-
hängenden Handelsstörnngen gereichte die Einverleibung Krakaus in die österreichische
Monarchie dem Verkehre nach dem Osten zum Nachteile, ebenso die immer weiter
getriebene Abschließuug Rußlands; anderseits wurde durch den Aufschwung des
Bergwerks- und Hüttenbetriebes in Oberschlesien, sowie der Landwirtschaft in der
ganzen Provinz der innere Verkehr derselben erfreulich gesteigert, und auch nach dem
Auslande hin ist der Handel immerhin noch ziemlich rege..geblieben. Es werden
gegenwärtig ausgeführt: Kohlen, Kalk und Gewebe nach Österreich; Gewebe (be-
sonders Tuche und halbwollene Stoffe) nach Holland, Schweden, Norwegen, Italien
und dem Orient; Porzellan- und Glaswaren nach Dänemark, Holland, Rußland,
Spanien, Portugal und der Schweiz; Spiritus nach Italien. Kolonialwaren hin-
gegen wurden bisher vielfach aus England und Holland, Pelzwaren ans Rußland,
Schmuck- und Seidenwaren aus Frankreich, Eisen- und Stahlwaren aus England
bezogen, wobei die größeren Handlungshäuser in direktem Verkehr mit dem Aus-
lande standen. — Hinsichtlich des Viehhandels ist zu bemerken, daß Pferde in
größerer Menge ein-, Rinder, Schweine und Schafe in weit größerer Menge aus-
geführt zu werden pflegen, als umgekehrt.
Zur Förderung des Handels besteht eine größere Anzahl von Handels-
kammern, Filialen der Reichsbank, Privatbanken und Kreditinstituten.
Eine Reichsbankhanptstelle befindet sich in Breslau, Reichsbank- und Reichs-
banknebenstellen in den wichtigeren Provinzialstädten; in Breslau ist die städtische,
die Breslauer Diskonto-, die Breslauer Wechslerbank und der fchlefische Bankverein,
teilweise mit Zweigstellen in der Provinz, vorhanden. An Kreditanstalten sind das
königliche Kreditinstitut für Schlesien (errichtet 1769 durch Friedrich den Großen)
und die schlesische Generallandschaft (1848 errichtet) zu erwähnen; zu der letzteren
gehören die Fürstentumslandschaften zu Breslau, Frankenstein, Glogan, Görlitz,
Janer, Liegnitz, Neiße, Ols und Ratibor, sowie die schlesische landschaftliche Bank
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Das Königreich Preußen. 351
Königs Jakob I. und nächster protestantischer Verwandter der Königin Anna 1714
König von England. Die früheren Stifter Bremen und Verden, welche im West-
Mischen Frieden Schweden zugefallen waren, wurden von Hannover durch den
nordischen Krieg gewonnen. Die Verbindung mit England verwickelte Hannover
in den österreichischen Erbfolgekrieg (1741—47), in den Siebenjährigen (1756—63)
und in die napoleonischen Kriege, wodurch vielfache Verwüstung des Landes herbei-
geführt und bewirkt wurde, daß 1803 — 5 und (nach vorübergehender Besetzung
durch Preußen) von 1807—14 die Franzosen das Land beherrschten (der südlichste
Teil, Grubenhagen, Göttingen und Osnabrück, gehörte zum Königreiche Westfalen,
der nördliche wurde von Napoleon felbst beherrscht). Nach dem Befreiungskriege
erhielt das nunmehrige Königreich Hannover von Preußen Ostfriesland, und erwarb
ferner Meppen, Lingen und das nördliche Eichsfeld. Onfriesland hatte seit dem
Aussterben des fürstlichen Hauses Cirksena (1744) einen Bestandteil des Königreichs
Preußeu gebildet. Die Nichte des letzten gemeinsamen Königs Wilhelm Iv., Viktoria,
war zwar in England, nicht aber in Hannover, wo nach dem salischen Gesetz nur
männliche Erben zulässig sind, erbberechtigt, - daher hier ein jüngerer Bruder Wil-
Helms, der Herzog Ernst August von Cumberland, folgte. Dessen Sohn, Georg V.,
wurde, da er auf der Seite Österreichs stand, infolge des Krieges von 1866 ent-
thront und sein Land preußische Provinz (Einverleibungsgesetz vom 20. Sept. 1866).
Der größere Teil der Provinz gehört.dem Flachlande, der kleinere dem
Gebirgslande an. In dem letzteren erheben sich Teile des Oberharzes und
seiner westlichen und nördlichen Norberge, Teile der Wesergebirge sowie der
zwischen dem Harze und den Wesergebirgen liegenden Erhebungen. Das
Flachland gehört zu der nordwestdeutschen Tiefebene und besteht in seinen süd-
lichen Teilen aus Geestland, welches wiederum in Moorland und Sandgeest
zerfällt, und an der Nordseeküste sowie in der Nähe der größeren Flüsse aus
fruchtbaren Marschen. Hiernach findet sich ein großer Unterschied in der Er-
tragsfähigkeit des Bodens; derselbe schwankt zwischen Unfruchtbarkeit und
außerordentlicher Ergiebigkeit, so jedoch, daß der frnchtbare Teil etwa nur
25 Proz. des ganzen Gebietes ausmacht.
Das Gebirgsland beträgt etwa 7681, das Flachland 30800 qkm. Das Ge-
birgsland findet sich namentlich in dem Bezirke Hildesheim und enthält 1) von dem
Oberharze bedeutende Teile, welche größtenteils aus Devon- und Silurschichten
(Grauwackengebirgel bestehen. Tic höchsten Harzgipfel der Provinz sind der Königs-
berg (999 m), der Bruchberg (918 m), der Rehberg (881m), das Brockenfeld (949 m
hoch). Zwischen Harz und Weser erstreckt sich eine Anzahl von Höhenzügen, welche
vorherrschend der Trias und Kreideformation angehören. Zu denselben rechnen der
Göttinger Wald (mit den beiden Gleichen), der Solling (mit dem Moosberge, 515 m),
der Hils und Ith, der Sackwald und die Sieben Berge, der Osterwald, Süntel und
Deister und noch nördlicher die Lindener und Loccumer Berge. Den südlichen Teil
des Bezirks Osnabrück erreichen die nordwestlichsten Ausläufer des Teutoburger-
Waldes und der Weserkette. — Das nördlich und nordwestlich von diesen Gebirgen
gelegene Tiefland wird hauptsächlich nur durch die letzte Abteilung des sogenannten
südlichen Landrückens, nämlich die Luneburger Heide, durchzogen, welche sich an
das Plateau der Altmark anschließt, von Südosten nach Nordwesten als dürrer Rücken
(Sandgeest) streicht und eine Höhe von 168 m erreicht. Gegen Norden fällt sie zu
den vorgelagerten Mooren ziemlich steil ab (Quellen der Oste, Este, Seve, Wümme,
Böhme und Luhe), und hier liegen auch die Lüneburger Kalkberge; gegen Süden
dagegen senkt sie sich sehr allmählich zur Miller. In der nordöstlichen Senkung zur
Elbe hin finden sich fruchtbare Äcker und große Wälder «mit den Jagdgebieten
der Göhrde), in der Abdachung zur Aller hin dagegen zahlreiche Moore. — Von
dem eigentlichen Tieflande ist ein großer Teil Moorland, von dem in der Elbgegend
zwischen Winsen a. d Luhe, Harburg, Buxtehude und Hornburg, ferner zwischen
den Marschen der Lste und Elbe sowie im Amte Olterndorf größere Striche vor-
kommen; ebenso an der Ilnterweser bei Bremervörde und im Amte Lilienthal, in den
Kreisen Gishorn, Celle, Verden, Rothenburg, im Landkreise Hannover und (links
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516 Zweites Kapitel.
wenig über 400 m; der Ramberg (mit der Viktorshöhe) steigt auf 660 m. Das
Plateau dacht sich nach dem Mansselder Gebirgs- und dem Sangerhäuser Kreise zu
allmählich von 400 bis zu 220 m ab.
Das ebene Land ist zum größeren Teil außerordentlich fruchtbar, selbst
die nordöstliche Hälfte des Kreises Wallenstedt hat guten Boden.
Von dem großen östlichen Hauptgebiete haben die Kreise Bernburg und Köthen
einen hervorragend guten Bodeu, der Kreis Dessau steht gegen dieselben zurück, der
Kreis Zerbst aber ist überwiegend sandig und enthält viel dürftigen Kiefernwald.
In dem Kreise Wallenstedt eignen sich die hohen und bergigen Teile wenig zum
Ackerbau und tragen daher große Waldungen, dagegen zeigen die nordöstlichen Teile
schon die große Fruchtbarkeit der benachbarten Provinz Sachsen. — Die Flachlands-
gebiete gehören fast vollständig dem Diluvium und Alluvium, demnächst dem Tertiär-
gebirge an. In den beiden erfteren Formationen finden sich ausgehnte Thonlager
(bei Sandersleben k.), sowie ein großes Ockerlager (bei Koswig), im Tertiärgebirge
hingegen liegen ausgedehnte und gute Braunkohlenlager (im Westgebiete bei Frose
und besonders im westlichen Teile des Ostgebietes, auch ganz östlich bei Koswig);
die Flöze haben eine Mächtigkeit bis zu 8 m. Der zu Anhalt gehörige Teil des
Unterharzes besteht hauptsächlich aus Grauwacke und enthält Blei- und Silbererze,
Kupfer- und Schwefelkiese, Spate und Rot- und Brauneisenstein, Kalk, Gips und
Schiefer; mehrfach tritt Granit (am Ramberge, am Mägdefprnnge ?e.), auch wohl
Grünstem auf. Im Bernburger Kreise lagern an den Ufern der Saale und Wipper
Buntfandstein, Muschelkalk und Gips; derselbe Kreis hat an den äußerst wertvollen
Stein- und Kalisalzlagern bei Staßsurt einen erheblichen Anteil (Werk Leopoldshall).
Das Herzogtum gehört ganz zum Stromgebiete der Elbe, welche nicht
nur selbst, sondern auch durch ihre Neben- und Zuflüsse Mulde, Saale, Bode
und Selke dasselbe bewässert.
Die Elbe durchfließt das Land von unterhalb Wittenberg an in ost-westlicher
Richtimg mit 53 km schiffbarer Strecke, empfängt unweit Dessau links die Mulde
und, schon außerhalb des Landes, die Saale, nachdem dieselbe das Land (gleichfalls
fchiffbar) 22 km lang durchflössen hat. Von den Zuflüssen der Saale berühren die
Bode und deren Zufluß Selke Anhalt, die letztere mit einem schönen, vielbesuchten
Thale. Die alljährlich drohenden Überschwemmungen der Elbe, Saale und Mulde
werden durch das ganze Land hin durch großartige Deichbauten verhütet. In den
Kreisen Dessau und Zerbst sind mehrere kleinere Seen vorhanden.
Das Klima ist gesund und, bis anf die höher gelegenen Harzgegenden,
verhältnismäßig mild.
In den höheren Teilen des Kreises Ballenstedt (Harzgerode) beträgt die Durch-
schnittstemperatur nur + 6, in Ballenstedt + ?,gg, in Beruburg dagegen bereits
+ 8,80 C. Die Regenmenge ist im Harz erheblich größer als in der Ebene (Ballen-
siedt über 900, Bernburg unter 500 mm). Als angenehm gelegener Kurort ist im
Selkethale „Alexisbad" zu nennen (chlor- und schwefelsaures Eisen).
Die Bevölkerung ist obersächsischen Stammes mit entsprechender Mund-
art und fast ganz evangelisch; sie beschäftigt sich mit Industrie und Landwirt-
schaft, demnächst auch mit Schiffahrt und Handel.
Nach der Volkszählung von 1885 wohnen auf 2347,,, qkm 248166 Einwohner,
welche, abgesehen von 5492 Katholiken und etwa 1600 Judeu, sämtlich evangelisch
(und zwar überwiegend uniert) sind. Von der Bevölkerung kamen am 5. Juni 1882
auf Land- und Forstwirtschaft 78418 Angehörige, darunter 33730 Erwerbsthätige,
auf die Industrie, einschließlich Bergbau und Bauwerke 104956 Angehörige, darunter
38593 Erwerbsthätige; auf den Handel und Verkehr:e. 24129 Angehörige, darunter
8084 Erwerbthätige. 1883 wurden als Acker- und Gartenland :e. 141925, als
Wiesen 15961, als Weiden, Hutungen :e. 5219, als Forsten :e. 54991, als Haus-
und Hofräume ?c. 11340 ha benutzt. Von den 29 800 landwirtschaftlichen Betrieben
fanden (1882) 8396 nur auf eignem, 14869 auf eignem und gepachtetem und 6535
nur auf gepachtetem Laude statt. Neben den mittleren landwirtschaftlichen Betrieben
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522 Zweites Kapitel.
Im Südosten des nordöstlichen Hauptgebietes erheben sich mehrere bewaldete
Höhenzüge, von denen die Asse, die Höhen von Helmstedt, die Lichtenberge und der
Elm (318 m) besonders erwähnenswert sind. Braunkohlen- und Steinsalzlager finden
sich im Osten (bei Helmstedt und Schöningen). Im Osten des andern Hauptgebietes
liegen die Ausläufer des Harzes, im Westen Teile der Gebirgszüge Solling, Vogler,
Ith, Hils :c. — In den Harzgebieten besteht der Boden vorherrschend aus Thon-
schiefer, Granwacke und Kalk (von der ältesten Periode an bis zum unteren Kohlen-
gebirge), hier und da tritt auch Granit hervor. Der Übergangskalk birgt mehrfach
Höhlen (Baumanns- und Bielshöhle). Eingelagert finden sich besonders Eisen-,
daneben auch Blei-, Kupfer- und Vitriolerze. In den nach der Weser zu gelegenen
kleinen Gebirgszügen tritt vorherrschend Triasgestein auf, daneben finden sich die
unteren Kreideschichten („Hilsschichten"). Auch anderwärts sind die Gesteine der
Triasformation verbreitet. Das eigentliche Flachland (Gegend von Vorsfelde, Cal-
vörde 2c.) gehört in geognostischer Beziehung zum Diluvium, teilweise auch zum
Tertiärgebirge. — Nach der Aufnahme von 1883 nahmen ein: das Acker- und
Gartenland :e. 183135, die Wiesen 35350, die Weiden, Hutuugen ?e. 14619, die
Forsten 109895, die Haus- und Hofräume ?e. 19195 ha.
Das Land gehört zu den Stromgebieten der Elbe und Weser.
Dem ersteren Strome gehen besonders kleinere Harzgewässer zu, die von der
Bode gesammelt werden, außerdem wird das Amt Calvörde von der Ohre durch-
schnitten. Wichtiger ist für das Land die Weser. Dieselbe durchfließt nicht nur den
westlichen Teil des Kreises Holzminden und berührt die Exklave Thedinghausen,
sondern empfängt auch aus Braunschweig mehrere wichtige Gewässer. Die Aller
berührt in ihrem Oberlaufe das nordöstliche Hauptgebiet und empfängt aus dem-
selben die Ocker, und der Allerzufluß Leine durchfließt auf eine Strecke von 15 km
das schmale südwestliche Gebiet.
Das Klima ist am rauhesten in den Harzgebieten, am mildesten in dem
nordöstlichen Hauptteile.
Das Klima ist auf dem Harze, wie früher mehrfach berührt, kalt, feucht und
neblig; auf lange, gleichmäßig strenge Winter folgen kurze Sommer. Die nach der
Weser zu gelegenen Berggegenden haben ein etwas milderes Klima, und in den
Ebenen des ^ordostgebieies schaffen die vorherrschenden Westwinde ein noch ge-
mäßigteres Klima.
Die Bevölkerung ist niedersächsischen Stammes und weit überwiegend
evangelisch-lutherisch; sie beschäftigt sich zu einem großen Teile mit Acker- und
Gartenbau, sowie mit Industrie; auch der Handel ist ziemlich bedeutend.
Nach der Zählung von 1885 wohnten auf 3690,4 qkm 372452 Einwohner,
von denen über 96 Proz. evangelifch-lutherifch, der Rest zum größeren Teile katho-
lisch, zum kleineren reformiert oder jüdisch war. Die gebildete Bevölkerung spricht
hoch-, das Landvolk plattdeutsch (niedersächsisch). — Am 5. Juni 1882 kamen auf
Land- und Forstwirtschast ?e. 120062 Angehörige, darunter 61854 Erwerbsthätige,
auf Industrie, Bergbau und Bauwesen 146616 Angehörige, darunter 59353 Er-
werbsthätige, auf Handel und Verkehr :e. 38467 Angehörige, darunter 14200 Er-
werbsthätige. In der Landwirtschaft überwiegen bedeutend die mittleren Betriebe
(von 10—100 da), welche über 55 Proz. ausmachen, der Großbetrieb (von 100 und
mehr ha) beträgt 18 Proz. Der Acker- und Gartenbau ist sehr in Blüte. Neben
den verschiedenen Getreidearten, Kartoffeln, Futterkräutern :e. werden Hopfen, Obst,
Zuckerrüben, Spargel und andre Gemüse (in der Umgegend von Braunschweig und
2bo Isenbüttel) gebaut. Von den 53 611 landwirtschaftlichen Betrieben fanden (ani
5. Juni 1882) 10919 nur auf eignem, 19031 auf eignem und gepachtetem und
23661 nur auf gepachtetem Lande statt. Bestellt waren 1888 mit Roggen 38504,
mit Weizen 22488, mit Gerste 9821, mit Kartoffeln 17 849, mit Hafer 28270 und
mit Wiesenheu 35350 ha. Der Ertrag waren 61044, bez. 55074, 21229, 213 962,
67936 und 113060 Tonnen. Auf Gartenland kommen (1883) 5226, auf Acker für Ol-
saat 386, für Flachs 808, für Hopfeu 15, für Zichorieu 430, für Zuckerrüben 20673 ha.
— Im Jahre 1888/89 wurden 603092 Tonnen Rüben gewonnen und von den
32 Zuckerfabriken zu 72557 Tounen Rohzucker und 13943 Tonnen Melasse verarbeitet