1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Königreich Preußen. 381
Oberpostdirektion, Land- und Schwurgericht, Landratsamt für den Landkreis, Eisen-
bahubetriebsamt, Hauptsteueramt; unter den neun katholischen Kirchen vier gotische
(Dom. Liebfrauen-, Lambertus- und Jgnatinskirche) und zwei romanische (Martinus-
und Mauritiuskirche), dazu eine evangelische Kirche. Akademie mit zwei Fakultäten
(philosophische und katholisch-theologische); katholisches Gymnasium, Realgymnasium
und Lehrerinnenseminar, Zuchthaus, Jrreuaustalt; Kraukenhäuser (evangelisches und
katholisches); altes Rathaus (mit dem „Friedenssaale" vom 24. Oktober 1648), ehe-
malige Bischofsresidenz (Oberpräsidium und Generalkommando), Ständehans; Vereine
für Geschichte, Wissenschaft und Kunst; alte schöne Giebelhäuser; Paläste westfälischer
Adelsfamilien; schöne Promenaden an Stelle der ehemaligen Festungswerke; Fabri-
kation von Maschinen, Papier, Lampen, Korb- und Blechwaren, drei bedeutende
mechanische Banmwollwebereien, Fabrikation von Segeltuch und Säcken, fünf große
Dampfmühlwerke, Dampfsägewerke und Furnierschneiderei, Bierbrauerei, Lohgerberei
und Ziegeleibetrieb, Buchdruckerei ic.; Handel mit Getreide und andern landwirt-
schaftlichen Erzeugnissen, Mehl, Kohlen ?e.; Reichsbankstelle, Provinzialhilsskasse,
Landschaft der Provinz Westfalen, Rentenbänk für Westfalen, Rheinprovinz und
Hefsen-Nassau, Handelskammer. Alte Stadt; Bistum, von Karl dem Großen errichtet
(780), später mit ausgedehntem Besitze ausgestattet; Unwesen der Wiedertäufer 1534/35;
im 18. Jahrhundert mit Kurköln vereinigt, 1803 säkularisiert.
Der Landkreis Münster umschließt die Stadt und breitet sich längs des Ems-
flufses Werse bis zur Ems hin aus, meist eben; nicht übermäßig fruchtbar; fast
ganz katholisch. Darin: Telgte, Stadt an der Ems, östlich von Münster, 2273
Einwohner. Höhere Privaterziehungsanstalt und Privatirrenhaus; ein „wunder-
thätiges" Marienbild zieht zahlreiche Wallfahrer an; Wollwarenfabrikation. — Im
Westen von Münster, bei Roxel an der Aa, liegt Haus Hülshof, Geburtsort der
Dichterin Annette Freiin v. Droste-Hülshos. — Im Süden von Münster St. Lam-
berti, mit Industrie (Weberei, Färberei, Druckerei ?e.). — Nördlich von Münster
Greven, Dorf und Bahnstation an der schiffbaren Ems (Mündung der Aa), 2200
Einwohner. Baumwollspinnerei, Seidenweberei und Zigarrenfabrikation; Armen-
anstatt. — Nottuln, großes Dorf im Südwesten von Münster; in den nahen
„Baumbergen" Sandsteinbrüche; Dampfsägewerke. Sandsteinbrüche finden sich auch
bei dem Dorfe Albersloh an der Werfe.
Östlich vom vorigen der Kreis Warendorf, zu beiden Seiten der Ems, von
mäßiger Fruchtbarkeit; erheblicher Flachs- sowie Hanfbau und starke Weberei; fast
25 Proz. Weiden; Bevölkerung fast ganz katholisch. Darin: Warendorf, Kreisstadt
am linken Emsufer, 5109 Einwohner. Katholisches Gymnasium und katholisches
Lehrerseminar; Landgestüt, Maschinenweberei für Baumwollenstofse. Alte und früher
bedeutende Stadt (Mitglied der Hanf«). — Nordöstlich von der Kreisstadt, Sassen-
b erg, Flecken an der Hessel; Schloß des Grafen v. Nesselrode, Streichgarnspinnerei.—
Ostlich von Warendorf der Flecken Harsewinkel, in der Nähe der Lütter, Lein-
Weberei; dabei die ehemalige Cistereienserabtei Marienfeld. Starke Leinwand-
Weberei findet sich anch im Flecken Freckenhorst und Everswinkel; bei dem
letzteren das Haus Laugen des Grafen Droste zu Vischering.
Südlich vom vorigen der Kreis Beckum, ein Plateau zwischen Ems und Lippe,
von der Werse durchflössen; die Bodenverhältnisse sehr mäßig; die Bevölkerung fast
ganz katholisch; viel Leinwandweberei; ausgedehnte Weiden lfast 25 Proz.). Darin:
Beckum, Kreisstadt und Bahnstation in hoher Lage an der Werse, 4068 Einwohner.
In der Nähe bedeutende Kalksteinlager; Verwertung derselben zur Zementsabrikation;
Branntweinbrennerei. Ehemals Hansestadt. — Bei Lipporg an der Lippe das
Haus Assen, Stammsitz der Grafen v. Galen. — Ahlen, Stadt und Bahnstation
an der Werse, 4748 Einwohner. Fabrikation verzinnter und emaillierter Eisenwaren.
— Liesborn, Dorf am Liefenbache, ehemaliges Kloster (von Karl dem Großen
gestiftet); das Aliso der Römer (?). — Herzfeld, Dorf an der Lippe, mit Grab-
kapelle der heiligen Ida; Fabrikation von Drainröhren. — Ölde, Stadt und Bahn-
station an der Grenze des Bezirks Minden, 3139 Einwohner. Starke Brannt-
weinbrennerei, Bierbrauerei, Bandfabrikation; fruchtbare Feldmark mit lohnender
Landwirtschaft. — Südöstlich vom vorigen der Flecken Stromberg, bedeutender
Obstbau (Pflaumen)p Bandfabrikation; Ruine, Wallfahrtsort. Die „Stromberger
Hügel" (190 m hoch).
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Das Königreich Preußen. 383
Flachsbau; Ziegeleien. — Darfeld, Dorf und Bahnstation, Leinwandweberei und
Kalkbrennerei; Kalksteinbrüche. — Dülmen, Stadt und Bahnkreuzungspunkt, 4570
Einwohner. Leinwandweberei, Waisenhaus; Residenzschloß des Herzogs von Croy-
Dülmen. In der Nähe Raseneisensteingruben und das Eisenhüttenwerk „Prinz-
Rudolfshütte." — Haltern, Stadt und Bahnkreuzungspunkt in der Nähe der Lippe,
2993 Einwohner; viele Weiden.
Südöstlich vom vorigen der Kreis Lüdinghausen, hauptsächlich im Gebiete der
Lippe, teilweise nicht unfruchtbar, doch auch nicht unerhebliche Weidegebiete; Flachs-
bau ziemlich verbreitet; Rinder- und Pferdezucht verhältnismäßig stark; Bevölkerung
fast ganz katholisch. Darin: Lüdinghausen, Kreisstadt und Bahnstation an dem
Lippeznslusse Stever, 2321 Einwohner. Ackerbauschule, mehrere Dampfsägewerke,
Brennerei. — Ottmarsbocholt mit schönem Schloß (Gemäldegalerie). — Alt-
lünen an der Lippe, Gemeinde mit der Eisengießerei und Maschinenfabrik West-
falia. In der Nähe Schloß Kappenberg in schöner Gegend, ehemalige altsäch-
fische Feste, dann bedeutende Prämonstratenserabtei (1803 säkularisiert, jetzt Besitzung
des Grafen von Kielmannsegge; Tod des Reichsfreiherrn vom Stein, 1831). Flachs-
bau findet sich bei Südkirchen, Senden, Selm :c.
Südwestlich vom vorigen der Kreis Recklinghansen, am linken Ufer der Lippe
und bis zur Emscher heran; eine Hügellandschaft, welche auch etwas in das Stein-
kohlengebiet au der Ruhr hineinreicht; früher zum Erzstist Köln gehörig, jetzt Graf-
fchaft des Herzogs von Arenberg. Der Boden ist vielfach sandig, bisweilen auch
moorig, aber doch teilweise auch fruchtbar; Bevölkerung fast ganz katholisch. Darin:
Necklinghausen, Kreisstadt und Bahnstation, 9240 Einwohner. Schloß des Herzogs
von Arenberg, katholisches Gymnasium, drei bedeutende Steinkohlengruben, sehr
wichtige Kalkindustrie (über 100 Kalköfen); Ziegeleien, Fabrikation von Pulver, Zinn-
waren, Dochten ?c. In der Nähe das „Grnlbad" (Sole). — Horst in Westfalen,
Dorf und Eisenbahnstation an der Emscher, 2390 Einwohner; Steinkohlengrube,
Maschinenfabrikation; Ziegeleien. Auch bei Bottrop ist eine Steinkohlengrube. —
Osterfeld, großes Dorf an der Emscher, mit Eisenhütte. Im Westen des Dorfes
Kirchhellen die gleichnamige Heide. — Dorften, Stadt und Eisenbahnknoten-
Punkt an der Lippe, 3396 Einwohner; katholisches Progymnasium, Eisengießerei,
Papier-, Wachstuch- und Netzfabrikation; Leinwandhandel; Schiffahrt.
Nordwestlich vom vorigen der Kreis, korken, zwischen der Rheinprovinz und
den Niederlanden gelegen; hat mehr unfruchtbares Weideland als der vorige (über
37 Proz.), namentlich findet sich im Osten ausgedehntes Sennegebiet; die Weberei
ist stark verbreitet; die Bevölkerung größtenteils katholisch. Darin: töoxkzn, Kreis-
stadt und Bahnstation an der Aa, 3431 Einwohner. Starke Weberei (Leinwand
und Halbleinen). — Gemen, Flecken an der Aa, mit Schloß des Grafen v. Lands-
berg-Gemen (Standesherrschaft)..— Velen, Dorf mit Schloß des Grafen V.lands-
berg-Gemen; Nesselweberei. — Östlich von Borken Bocholt, Stadt und Bahnstation
an der Aa, 10576 Einwohner. Realprogymnasium, Schloß des Fürsten zu Salm-
Salm; bedeutende Baumwollspinnerei und -Weberei (viele Dampfmaschinen, 40000
Spindeln und 1200 Stühle; dazu bedeutende Handweberei; Fabrikationswert 7 bis
8 Mill. Mark). In der Nähe eine Eisenhütte; Schlacht zwischen Karl dem Großen
und den Sachsen (779). — Dingden, südlich von Bocholt, mit Flachsbau. — An-
holt, Stadt an der alten Assel und an der niederländischen Grenze, 1880 Einwohner;
schönes Residenzschloß des Fürsten von Salm-Salm (Park).
Regierungsbezirk Minden.
Minden, Regierungshauptstadt, Kreisstadt und Bahnstation am linken Ufer
der Weser, 18592 Einwohner (S/6 evangelisch). Regierung, Landratsamt, Oberpost-
direktion, Hauptsteueramt; katholischer Dom und vier evangelische Kirchen; Gym-
nasium mit Realgymnasium; Westfälische Gesellschaft für vaterländische Kultur
(Museum); Eisenbahnwerkstätte, bedeutende Tabaks- und Zigarrenfabrikation, Fabri-
kation von Chemikalien, Farben und Seife, Lampen, Zichorien :e.; Ziegeleien, Dampf-
mahl- und -sägewerke; Hafen, Schleppdampfschiffahrt; Garten- und Gemüsebau;
lebhafter Handel (landwirtschaftliche Produkte, Wein :e.); Reichsbankstelle, Vorschuß-
verein, Handelskammer. Von Karl dem Großen gestiftetes Bistum (1526 reformiert,
1648 brandenburgisch).
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384 Erstes Kapitel,
Der Greis Minden breitet sich zu beiden Seiten „der Weser aus; in den Weser-
Niederungen fruchtbarer Alluvialboden, der aber der Überschwemmung ausgesetzt ist,
auf den Höhen aus Saud, Lehm und Kalk gemischtes, immer noch im ganzen er-
tragreiches Land; die Weiden von mäßigem Ilmfange (12 Proz.); Bevölkerung fast
ganz evangelisch. Darin: Barkhausen, Dorf iu der Nähe der Weser und der West-
fälischen Pforte; Eisenwerk („Porta"), Zementfabrikation, Steinkohlen- und Eisen-
erzgrnbe. Die „Westfälische Pforte" (Weserscharte) wird gebildet durch den Witte-
kindsb erg am linken (darauf Reste der Margaretenklus und ein 23 m hoher Aus-
sichtsturm) und deu Jakobs- oder Hausberg am rechten Weserufer. An dem
letzteren liegt Haus berge, Flecken an der Weser, 1370 Einwohner; Zigarrenfabri-
kation, große Sandsteinbrüche am Hausberge (beuutzt zum Bau der Weichselbrücke
bei Dirschau und der Befestigungen bei Wilhelmshaven); in der Nähe zwei Glashütten
und eiue Eiseuhütte. Nordwestlich vou Minden das große Bastaubruch (Torfmoor), —
Petershagen, Stadt an der Weser, 1781 Einwohner; ehemaliges Residenzschloß
der Bischöfe von Minden (jetzt evangelisches Schullehrerseminar und Taubstummen-
anstalt); Tabaks- und Zigarrenfabrikation. In der Nähe die Glasfabrik Gernheim
und das Dorf Totenhausen (Sieg Ferdinands v. Braünschweig über die Franzosen,
1759). — Wietersheim an der Weser, ehemals Ordenskomtnrei des Herrenmeister-
tums Sonnenburg (Mark). — Lerbeck, Dorf am rechten Weserufer, zwei Glas-
sabrikeu. — Oeynhausen, Stadt und Bahnstation im Süden von der Mündung
der Werre, 2460 Einwohner. Ziegeleien, Fabrikation von Thonwaren und Zigarren;
Eisenwerk („Weserhütte"), Saline („Neusalzwerk"); vielbesuchter Badeort (kohlensaure
Thermalsolquelleu). Dicht dabei das Dorf Rehme; Eisengießerei. — Dehme, Dorf
an der Weser, mit Steinkohlengrube.
Westlich vom vorigen der Kreis Wibbecke, gleichfalls zu dem ehemaligen Bis-
tum Minden gehörig, ist reich an Brüchen (mit Wiesen) und Weiden; mehrere Stein-
kohlengruben (Wälderformation), Leinwandweberei; Bevölkerung fast ganz evangelisch.
Darin: Lübbecke, Kreisstadt in der Nähe des Wiehengebirges, 2871 Einwohner.
Gerberei, Fabrikation von Zigarren, Strohpapier, Stärke, Seilerei'/ bedeutender
Leinwandhandel. — Nettelstädt, Dorf mit Eisenhütte und Zigarrenfabrikation, —
Preußisch-Oldeudorf, Flecken am Wiehengebirge; Schweinezucht, Leinwand-
Weberei; Rettungsanstalt: Steinkohlengrube. — Bei dem Dorfe Alswede, an der
Großen Aue, das Bad Fiestel (eisenhaltige Schwefelquelle). — Rahden, Flecken;
Viehzucht (Schweine) und Viehhandel; Wollspinnerei und Zigarrenfabrikation, —
Levern, Flecken; Schweinezucht, Leinwandweberei, Steinkohlengrube (Wälderforma-
tiou, wenig abbaufähig); Bad (Schwefelquellen).
Südwestlich von Minden der Kreis Herford, eine meist recht fruchtbare Hügel-
landschast an der Werre, Aa und Else; mit fast ganz evangelischer Bevölkerung.
Darin: Herford, Kreisstadt und Eisenbahnkreuzungspunkt an der Mündung der Aa
in den Weserfluß Werra, 15902 Einwohner, Unter den fünf evangelischen Kirchen
das Münster, die St. Marien- und St. Johanniskirche; Gymnasium, Landwirt-
schastsschnle; Theater, Zuchthaus; Leinwandweberei, Fabrikation von fertiger Wäsche
(Konfektionen), Konditorwaren (Schokolade), Maschinen, Teppichen, Leder, Maschinenöl,
Möbeln, Zigarren, Dünger; bedeutender Leinwandhandel. Ehemalige Reichsabtei
(von Wittekind 789 gestiftet und 1803 mit dem Unterstifte „Berg" eingezogen);
davon getrennt die Stadt (längere Zeit Reichstadt und zur Hausa gehörig), —
Enger, alter Flecken, nordwestlich von Herford, 1957 Einwohner; einst Residenz
Wittekinds; Fabrikation von Wurstwareu, Schinken und Zigarren, Leinwand-
Weberei; Flachsbau, — Bünde, Stadt und Bahnstation an der Else, 2960 Ein-
wohner, Fabrikation von Zigarren und Zigarrenkisten, Eisengießerei: Flachsbau,
Leinwandweberei. Im Norden des Dorfes Rödinghausen der Nonnenstein
(Wiehengebirge). Bei der großen Gemeinde Gohfeld an der Werre Sieg des Erb-
Prinzen von Weimar über die Franzosen (1759). Bei dem Dorfe Obernbeck das
Schloß Beck (Stammsitz der Herzöge von Holstein-Beck). — Löhne, Bahnkreuzungs-
punkt an der Vereinigung von Else und Werre; Flachs- und Hanfbau. Stift
Quernheim im Nordosten von Bünde, jetzt Fräuleinstift, — Vlotho, Stadt in
anmutiger Gegend am linken Ufer der Weser (Weserwinkel), 3300 Einwohner; be-
deutende Zigarren- und Tabaksfabrikation, Fabrikation von Zigarrenkisten, Papier,
Zuckerrassiuerie, Bierbrauerei; Steinbrüche; Schiffahrt, Ruine der Vlothoburg.
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386 Erstes Kapitel.
Fleischwaren. Gerberei, Seilerei, Fabrikation von Hefen, Zigarrenje.; Schloß des
Fürsten v. Bentheim-Tecklenburg-Rheda (Standesherrschaft). — Wenig nordöstlich
davon Gütersloh, Stadt und Bahnstation an der Dalle, 5356 Einwohner (größeren-
teils evangelisch); evangelisches Gymnasium, Nesselweberei, Branntweinbrennerei
(Wacholderschnaps), Bierbrauerei, Haudel mit landwirtschaftlichen Produkten (Butter,
Vieh), mit Fettwaren und Pumpernickel. — Rietberg, Stadt an der Ems, 1866
Einwohner; früher Hauptort der Grafschaft Rietberg; katholisches Progymnasiäm,
Leinwandweberei; Schloß (früher Besitz des Grafen v. Kaunitz). — Holte, Dorf
mit Schloß und großem Eisenwerke.
Südöstlich vom vorigen der Kreis Paderborn, an der oberen Lippe, auf der
Grenze des Berglandes, teilweise schon dem Tieflande angehörig, mit sandigem und
kalkigem, aber auch fruchtbarem Boden; fast ganz katholisch. Darin: Paderborn,
Kreisstadt und Bahnstation an der Pader, 16 624 Einwohner. Land- und Schwur
gericht, Eisenbahnbetriebsamt, katholischer Bischof nebst Domkapitel, katholischer Dom
(romanisch, Grab des heiligen Liborius; unter demselben die starken Quellen der
Pader), dazu noch drei katholische und eine evangelische Kirche; katholisches Gym-
nasium, katholisches Schullehrerseminar, Blindeninftitut; Eisenbahnwerkstätte; Tabaks-
fabrikation, Dampfmühlwerke; Woll- und Viehmärkte; Reichsbanknebenstclle, In
der Nähe das Jnselbad (mit einer erdig-muriatischeu Stickstoff- und einer erdig-
salinischen Stahlquelle). Sehr alter Ort (Reichstag Karls des Großen 777, Bistum
seit 782, 1802 säkularisiert und an Preußen übergeben.— Nordöstlich Lippspringe,
Stadt in der Nähe der Lippequelle, 2339 Einwohner. Berühmtes Bad (die Armi-
ninsquelle, eine erdig-salinische, eisenhaltige Stickstoffquelle, für Lungenkranke, dazu
eine gipshaltige Schwefelquelle); Papierfabrik. — Neuenbeken, Dorf mit Glas-
Hütte; in der Nähe Altenbeken, Eisenbahnkrenzungspunkt und Eisengrube.— Neu-
haus in Westfalen, Flecken an der Mündung der Alme und Pader in die Lippe;
Kunstwollenfabrikation. (Hier wird die Lippe schiffbar und es zweigt sich der Boker
Kanal ab.) Bei dem Städtchen Delbrück, 1257 Einwohner, die Boker Heide.
Südwestlich vom vorigen der Kreis Mren, auf dem Plateau von Paderborn,
wenig fruchtbar, sehr waldreich (30 Proz.); die Bevölkerung katholisch. Darin:
Mren, Flecken und Hauptort, in einem Thale an dem Zusammenflüsse der Alme
und Alfter, 2196 Einwohner; katholisches Schnllehrerseminar und Taubstummen-
anstatt. — Bei Wewelsburg an der Alme in schöner Gegend Böddeken, mit
Schloß und einer Glasfabrik. — Salzkotten, Stadt und Bahnstation im Südwesten
von Paderborn, 2162 Einwohner. Saline mit vorzüglichem Produkt, Zigarrenfabri-
kation. — Wünnenberg, Flecken an der Alfter und Aa; auf dem nördlich davon
gelegenen Sind- oder Sentfeld schlug Karl der Große die Sachsen (794). Bei dem
Dorfe „Holtheim die Glasfabrik Marschallshagen (Tafelglas).
Östlich vom vorigen der Kreis Warburg, am Eggegebirge und an der Diemel;
das Thalland sehr fruchtbar („Warburger Börde"), dagegen das Gebirgsland un-
fruchtbar; Bevölkeruug fast ganz katholisch. Darin: Warburg» Kreisstadt und Bahn-
station an der Diemel, 4884 Einwohner. Gymnasium, Papierfabrikation; Getreide-
und Viehhandel; starke Pferdezucht in der Umgegend. — Scherfede, Dorf am Fuße
der Egge und in der Nähe der Diemel, Kunstwollenfabrikation; in der Nähe die
ehemalige Beuediklinerabtei Hardehausen (jetzt Oberförsterei). — Dringenberg,
Flecken mit Glashütte; Forellenfischerei im Osenbache. — Gehrden, Flecken ani
Osenbache, und Neuenheerse, an der Quelle der Nethe, beide mit ehemaligen
Klöstern. — Willibadessen, Flecken am Fuße der Egge und im Thale der Nethe,
von Wäldern umgeben, Bahnstation; dabei die „Karlsschanze" (Lager Karls des
Großen); Eisengrube und Eisenhütte. Bei dem Dorfe Daseburg die Ruine Desen-
berg (352 m hoch).
Nördlich vom vorigen der Kreis Härter, zwischen Egge und Weser, gebildet
aus der ehemalige:: Abtei Korvey und Teilen des Stiftes Paderborn; die Frucht-
barkeit teilweise zufriedenstellend, Acker- und Gartenland ausgedehnt (54 Proz.),
ebenso der Wald (27 Proz.), dagegen weniger das Weideland; weit überwiegend
katholisch. Darin: Höxter, Kreisstadt und Bahnstation am linken Weserufer, 6004
Einwohner (größere Hälfte evangelisch). Evangelisches Gymnasium, Baugewerkschule;
zwei Glashütten, Fabrikation von Gummifäden, Leinwand und Zement, Gerberei;
rreffliche Sandsteinbrüche am rechten Weserufer. Prächtige Bergwälder ringsum.
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Das Königreich Preußen. 337
Betrachten wir die Erhebungsverhältnisse der Provinz, so erkennen
wir die letztere als einen Teil des norddentschen Tieflandes. Es lassen sich
in der Oberflächenform drei von einander abweichende Teile unterscheiden:
1) das östliche, fruchtbare Hügelland, welches im Süden mit der mecklen-
burgischen Seenplatte zusammenhängt; 2) ein niedriges, fruchtbares Flachland,
die „Marsch", im Westen und 3) eiue schwachwellige, unfruchtbare Hochebene,
das Heideland, zwischen den beiden ersteren. Die Ostseeinseln gehören der
Hügel-, die Nordfeeinseln der Marsch- oder Geestlandschaft an. Die Wasser-
scheide zwischen der Ost- und Nordsee liegt in dem östlichen Hügellande, an der
Grenze des Heiderückens.
Die mittlere Höhe des Hügellandes beträgt 35—70 in; es tritt oft mit hohen
Uferrändern gegen die See vor. Die höchsten Erhebungen desselben sind der
Bungsberg bei Eutin (159 m), der Pielsberg oder Hessenstein bei Lütjen-
bürg (127 m) und der Scheelsberg bei Eckernförde (109 in). Der Heiderückeu
verflacht sich gegen Westen und geht allmählich in die sogenannte Vorgeest über,
welche wiederum durch die Sandmarsch und Vormarsch zu der eigentlichen Marsch
hinführt. Die letztere besteht aus Alluvium, Niederschlägen des Meeres und der in
dasselbe mündenden Flüsse; die übrigen Teile des Landes gehören dem Diluvium an.
Das Heideland besteht gegen das Hügelland hin aus Geschiebesand, der noch zur
Forstwirtschaft und zum Kornbau ausreicht; weiter westwärts folgt ein weißer Sand,
welcher auf losem, braunem Sandstein ruht und als „Ahlformation" bezeichnet wird.
Die letztere läßt Ackerbau und Banmwnchs kaum zu und stellt daher, besonders in
Holstein, fast gänzlich unwirtbares, nur mit Heidekraut bedecktes Land dar, in welchem
übrigens auch größere Sümpfe und Torfmoore nicht selten sind. In der Nähe der
Marsch finden sich auch Anhäufungen von Flugsand, die sogenannten Binnenlands-
dünen. Feste Gesteinsmassen älterer Formation treten nur selten auf; unter anderm
findet sich bei Segeberg der Kalkberg (Anhydrit und Gips der Zechsteinformation,
unter dem Gips in geringer Tiefe ein großes Steinsalzlager), bei Elmshorn eine
mächtige Rötelschieferablagernng (durchwachsen mit Steinsalz und mit starker Sol-
quelle versehen); an einzelnen Punkten liegen Kreideschichten zu Tage (bei Heiligen-
Hasen und Itzehoe); tertiäre Gebilde sind weit verbreitet, bauwürdige Braunkohlen-
ablagerungen werden indes vermißt. Die Trinkwasserverhältnisse sind im ganzen
nicht günstig. Zwar findet sich in dem östlichen Hügellande meist gutes Wasser in
ausreichender Menge, auf der Geest ist dasselbe indes ziemlich spärlich und bisweilen
durch Eisen- und Moorteile verunreinigt, und noch ungünstiger steht es auf der
Marsch, wo man sich fast, allgemein mit Regenwasser behelsen muß; neuerdings sucht
man dem angedeuteten Übelstande mit mehr oder weniger Erfolg durch artesische
Brunnen abzuhelfen. — Im Jahre 1883 waren von dem Gesamtboden der Provinz
1097428 ha Acker- und Gartenland und Weinberg, 204083 ha Wiesen, 334522 ha
Weide, Hutung, Öd- und Unland, 119690 ha Forsten und Holzungen und 128463 ha
Haus- und Hofräume, Wege und Gewässer. Verhältnismäßig groß sind also die
Weiden :c. (17,. Proz. gegen 2,2 in Schlesien und 4,7 Proz. in der Provinz Sachsen),
sehr gering an Umfang dagegen die Forsten (mit 6,4 Proz. der geringste Stand in
der Monarchie; Brandenburg 32,5, Schlesien 28,g, Hessen-Nassau sogar 40 Proz.).
Hinsichtlich der Bewässerungsverhältnisse ergibt sich zunächst eine
weite Küste, und zwar ist dieselbe noch ausgedehnter an der Ostsee als an der
Nordsee; dort machen sich Ebbe und Flut fast gar nicht, hier stark geltend.
Unbedeutende Gewässer gehen in die Ostsee, entwickeltere in die Nordsee (die
Wasserscheide liegt in der Nähe der Ostsee); Überschwemmungen treten an
beiden Küsten auf. Abgesehen von der Elbe, welche nicht nnr die Provinz im
Südwesten begrenzt, sondern auch mehrere Flüsse aus derfelben aufnimmt, ist
die Eid er der Hanptflnß, welcher schon am Ende des vorigen Jahrhunderts
vermittelst eines Kanals zu eiuer Verbindung der Ost- und Nordsee benutzt
wordeu ist. Landseen finden sich besonders im östlichen Holstein ziemlich zahlreich.
Das Deutsche Reich. 99
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Das Königreich Preußen. 339
der letzten Zahlung auf 18 841,g qkm 1 150 306 Köpfe (Zunahme feit der
vorletzten Zählung 0,41 Proz.).
Die Dithmarschen haben seit lange unter den Niedersachsen eine gesonderte
Stellung eingenommen (vgl. oben den geschichtl. Abschn.), doch verwischen sich jetzt
die Besonderheiten dieses Zweiges mehr und mehr. Die Niedersachsen bewohnen
Holstein, Lauenburg und das südöstliche Schleswig; in Wagrien und Lauenburg
haben sie sich im Mittelalter mit wendischen, in Schwansen und im Dänischen Wohld
(zu beiden Seiten der Eckernförder Bucht) mit Dänen gemischt. Die Angeln sitzen
zwischen der Flensburger Bucht und der Schlei, die Nordfriesen. in dem westlichen
Schleswig und auf den Nordseeinseln. In den nördlichen Distrikten finden sich
Dänen, deren Zahl sich in den letzten Jahrzehnten vor der Befreiung Schleswig-
Holsteins durch Einwanderung vermehrt halte; dänisch gesprochen wird hier nament-
lich auf dem Lande. Allgemeiner kommt das Dänische in den Kreisen Hadersleben,
Apenrade und Sonderburg vor, aber keineswegs ausschließlich; in noch geringerem
Umfange in den Kreisen Flensburg und Tondern. In 100 von 430 lutherischen
Pfarrkirchen ist bisher ausschließlich (in 18 neben Deutsch) in dänischer Sprache ge-
predigt worden. — Im gewöhnlichen Verkehr überwiegt die plattdenische Mundart
(vorwiegend die niedersächsische, in dem westlichen Holstein die dithmarscher); in den
gebildeten Kreisen wird hochdeutsch gesprochen. — Der evangelisch-lutherischen Kirche
gehören etwa 99 Proz. an, der geringe Rest verteilt sich auf Katholiken, christliche
Sekten und Juden (0,38 Proz.).
Die Bevölkerung widmet sich in vorwiegender Weise der Landwirtschaft,
demnächst der Industrie, und in noch geringerer Zahl dem Handel; etwa
20 Proz. fallen auf persönliche Dienstleistung.
Auf die Land- und Forstwirtschaft, Tierzucht und Fischerei kamen am 5. Juni
1882 im ganzen 497526 Personen, wovon 188 641 erwerbsthätige waren; auf die
Industrie, einschließlich Bergbau und Bauwesen, 334419 Personen, worunter 131554
erwerbsthätige, auf den Handel, einschließlich Gast- und Schankwirtschaft, 137419,
worunter 46847 erwerbsthätige.
Die Landwirtschaft legt hier besonders ihren Schwerpunkt auf Vieh-
zncht, besonders auf Rindviehzucht; in keiner andern Provinz ist die letztere so
bedeutend wie hier; auch die Bienenzucht blüht außerordentlich. Die auf dem
Mittelrücken des Landes befindlichen Torfmoore werden ausgebeutet, das öde
Heidelaud nicht ohne Erfolg aufgeforstet.
Schon in ziemlich früher Zeit ist man hier vom Kornbau zur vorherrschenden
Viehzucht übergegangen; nur in Gegenden mit besonders fruchtbaren Bodenverhält-
nissen herrscht der Ackerbau noch vor. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe
war am 5. Juni 1882 im ganzen 137133, wovon 85619 nur eignes Land, 19967
zugleich auch Pachtland und 31547 nur Pachtland in Arbeit hatten. Die landwirt-
schaftlich benutzte Fläche betrug überhaupt 1423699 ha, wovon 232574 ha Pacht-
land waren. Im Jahre 1887 waren 146516 ha dem Roggen (Ertrag: 208155
Tonnen), 43392 ha dem Weizen (Ertrag: 97885 Tonnen), 53664 ha der Gerste
(Ertrag: 77261 Tonnen), 30846 ha der Kartoffel (Ertrag: 255024 Tonnen),
191336 ha dem Hafer (Ertrag: 267023 Tonnen) und 204301 ha dem Wiesenheu
(Ertrag: 422678 Tonnen) gewidmet; 1883 betrugen die Anbauflächen von Garten-
land 12957, von Ölsaat 8994, von Flachs 1585, von Hanf 33, von Zuckerrüben
1638 ha. — Schon ist auf den geringen Forstbestand der Provinz hingewiesen
worden, welcher glücklicherweise gegenwärtig im Wachsen ist. Staats- und Staats-
anteilsforsten gab es (1883) 31150, Gemeindeforsten 9526, Stiftungsforsten 1655,
Genossenschaftsforsten 461 und Privatforsten 76898 ha (64,2 Proz.). — Die Vieh-
zucht ruht hier überwiegend in den Händen kleinerer Landwirte, welche dieselbe um-
sangreich und sorgfältig betreiben; es gilt dies namentlich von der Rindvieh- und
Pferdezucht, wogegen die Schweinezucht mehr auf größere Gutswirtschasteu beschränkt
bleibt. Stammherden und Stammzuchten haben bisher mehr als in andern Pro-
vinzen gemangelt. Die, wie erwähnt, bevorzugte Rinderzucht (38,6 Proz., gegen
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Das Königreich Preußen. 393
Handelsstadt und Mitglied der Hansa. - Eisenwerke finden sich noch in Finnen-
trop, Förde, Elspe, Grevenbrück (an der Mündung der Elspe in die Lenne;
dabei die Papernbnrg), Kirchhundem und Altenhundem (an der Lenne), Saal-
hausen (in der Nähe die Adolfsburg). Aus dieser Gegend, an der Hundein und
Lenne, ziehen sich bedeutende Eisenerzgänge südwestwärts nach der Sieg und Wied zu.
— Bilstein, Flecken links von der Lenne, mit einem hochgelegenen alten Schlosse,
früher Mittelpunkt einer eignen Herrschaft. _
Südlich vom vorigen der Kreis Siegen, ein Gebirgsland, das sich vom Sauer-
lande in den Westerwald hineinerstreckt und das Quellgebiet der Flüsse Sieg, Lahn
und Eder enthält; reich an Eisenerzlagern und bedeutend durch Eisenindustrie; Acker-
und Gartenland tritt ganz zurück, fast drei Viertel des Bodens trägt Wald (72 Proz.),
auch sind treffliche Wiesen vorhanden! die Bevölkerung ist weit überwiegend evangelisch.
Darin: Ziegen, Kreisstadt und Bahnstation an der Sieg, 16676 Einwohner. Zwei
Bergreviere, Realgymnasium, Bergschule und Wiesenbauschule. Bedeutender Berg-
bau (Spat-, Rot- und Brauneisenstein, Kupferkies, Bleiglanz und Zinkblende); wich-
tige Gerbereien, Fabrikation von Tnch, Leim, Seife, Papier. Maschinenbau, Eisen-
bahnreparatnrwerkstätte; Handelskammer. In der Nähe Eisenwerke und zahlreiche
Erzgruben; der Siegener Rohstahl ist berühmt. Früher Hauptort eines Fürsten-
tums, das dem Hause Nassau-Oranien einige Zeit gehörte (seit 1815 preußisch);
Geburtsort des Malers Peter Paul Rubens. — Große Eisenwerke liegen bei den
Orten Haardt, Niederschelden (an der Sieg), Eiserfeld (an der Mündung
des Eiserbaches), Neunkirchen im Bezirk Arnsberg (an der Mündung des
Wildbaches in die Heller, südlich von Siegen), Wilden (am Wildbache), Eisern
(am Eiserbache), Ober- und Nieder-Netphen (an der Sieg, auch Gerberei),
Haarhausen, Dahlbruch, Müsen (auch Silber-, Blei- und Kupferhütten; in
der Nähe der erzreiche Stahlberg), Bahnhof Kreuzthal (nordnordweftlich von
Siegen), Buschhütten, Littfeld, Freudenberg (Stadt an der Asdorf, West-
nordwestlich von Siegen, 1595 Einwohner; auch bedeutende Leder- und Leimfabri-
kation, Fabrikation von Shoddywaren). Die genannten Ortschaften haben meist auch
bedeutende Eisenerzgruben. — Das Dorf Burbach an der Heller hat außer Eisen-
auch Blei- und Galmeigrnben; Bergrevier. In den Waldungen bei Hainchen die
Quellen der Lahn, Sieg und Eder (am Forsthaus Lahnhof). — Das Dorf Eichen
hat außer einem Stahlhammer auch Bleigruben.
Nordöstlich vom vorigen der Kreis Wittgenstein, ein rauhes Bergland, welches
das Rothaargebirge umschließt und große Waldungen (fast 53 Proz.), außerdem
viele Wiesen und Weiden, aber sehr wenig Acker- und Gartenland enthält; Bevölke-
ruug fast ganz evangelisch. Darin Berleburg, Kreisstadt in einem engen Thale am
Odeborn, 1880 Einwohner. Schloß des Fürsten von Sayn-Wittgenstein-Berleburg;
Schieferbrüche. Letztere kommen auch sonst mehrfach vor. — Das Dorf Aue an der
Eder mit Pulverfabrik. — Laasphe, Stadt und Bahnstation an der Lahn, 2225
Einwohner. Strnmpfweberei und Schuhmacherei. — Das nahe Niederlaasphe mit
Eisenhüttenwerk. — Aus einem Berge über Laasphe das Schloß Wittgenstein,
Residenz des Fürsten von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein. — Erntebrück an der
oberen Eder mit Pulverfabrik.
Nordöstlich vom vorigen der Kreis Brilon; derselbe besteht ganz aus Gebirgs-
land, und zwar in seinem südlichen Teile aus dem Plateau von Winterberg, in
seinem nördlichen ans den Höhen von Brilon, welche im Quellgebiete der Ruhr zu-
sammenhängen; namentlich das erstere Gebiet ist höchst rauh; die Wälder sind nicht
ganz so ausgedehnt, wie im vorigen Kreise (41 Proz.), das Acker- und Gartenland
etwas umfangreicher als dort; die ärmliche Bevölkerung fast ganz katholisch. Darin:
Brilon, Kreisstadt an der Aa (mächtige Quelle, baldiges Verschwinden), 4411 Ein-
wohner. Bergrevier, katholisches Gymnasium; vor Arnsberg Hauptstadt des Herzog-
tums Westfalen. — Das Dorf Bigge an der Ruhr mit Sensenfabrikation. —
Olsberg, Dorf und Bahnstation an der Ruhr, mit Eisengießerei und Eisenerz-
gruben. In der Nähe noch mehrere Sensenhammer. — Siedliughauseu, Dorf
au der Lamelose; Schieferbrüche. — Ober- und Niederalme am Ursprung der
Alme; Fabrikation von Papier und Holzstoff. — Niedermarsberg, Stadt und
Bahnstation an der Diemel, 3351 Einwohner. Provinzialirrenanstalt, Kupferbergbau
und Kupferhütte; Papierfabrikation. Darüber: die Stadt Obermarsberg, 1310
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- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Su Erstes Kapitel.
Inseln Nordstrand, Pellworm und die Halligen, Darin: Husum, Kreisstadt und
Bahnstation an der Husumer Au und am Rande der Marsch, 6268 Einwohner.
Gymnasium mit Realprogymnasium, Eisengießerei, Hafen, Viehhandel (Ausfuhr);
Dampfschiffahrt nach den nordfriesischen Inseln, (Mehrfache Verheerungen durch
Sturmfluten.) In dem benachbarten Wattenmeere die schleswigschen Austernbänke
(jetzt geschont), — Bredstedt, großer Flecken in der Nähe der Marsch (2212 Ein-
tvohner), Viehzucht, Viehhandel; kleiner Hafen. — An der Küste liegen verschiedene
„Köge". — Nvrdstrand, Pelworm und die 13 Halligen sind die Reste der ehe-
maligen großen Insel Nordstrand, welche durch große Fluten zwischen dem 14, und
17. Jahrhundert zu Grunde gegangen ist. Nordstrand und Pellworm haben
fruchtbaren Marschboden und sind jetzt durch große Deiche geschützt; erstere Insel mit
2370 Einwohnern (worunter 300 Katholiken), letztere mit 2061 Einwohnern. Die
Halligen sind kleine uneingedeichte Inseln, die° höheren Stellen der bei der Ebbe
hervortretenden Watten; sie haben gute Viehweiden, sind aber bei Sturmfluten sehr
gefährdet. Tic Wohnungen der Bevölkerung, die aus mutigen Seefahrern besteht,
liegen auf Warfen (erhabenen Punkten); Viehzucht und Sammeln von Muscheln.
Bewohnt sind unter andern Hooge, Nordmarsch, Gröde, Oland,
Nordöstlich vom vorigen der Landkreis Flensburg, zu beideu Seiten des Flens-
burger Busens, besonders aber im Süden desselben; der Boden ist in den östlichen
Teilen meist sehr fruchtbar; in den südwestlichen hingegen finden sich Moore und
Heiden. Darin; Flensburg, selbständige Stadt und Bahnstation im Hintergründe
des schönen Flensburger Busens, hufeisenförmig gebaut, 33313 Eimvohner. Land-
und Schwurgericht, Landraisamt des Landkreises; Hauptsteueramt, Gymnasium mit
Realgymnasium, Seemannshanpt- und Schiffahrtsschule, Landwirtschaftsschule; viele
milde Stiftungen; lebhafte Industrie (Fabrikation von Tuch und Wollwaren, Walte,
Tabak und Zigarren, Papier, Glas; Ölen, anch aus Palmkernen; Seife, Tapeten,
Zündwaren, Preßhefe, Essig, Zement und Thonwaren; zahlreiche Ziegeleien;
Eisengießerei und Maschinenbau; Bierbrauerei und Brennerei; bedeutender Schiff-
bau :e.); vortrefflicher und geschützter Hafen; Reederei (46 Seeschiffe, worunter einige
20 Dampfer); bedeutender Seeverkehr; reger Fischereibetrieb und Pferdemarkt, Reichs-
bankstelle, Kreditverein und Handelskammer. Zu der Stadt gehören jetzt mehrere
benachbarte Dörfer (Duberg, Fischerhof, St. Jürgen je.). Alte Stadt (schon 1284
Stadtrechtej. — Im Landkreise Flensburg; Krusau, in der Nähe des Flensburger
Busens, Messingwerk, — Südlich von der Flensburger Bucht, iu der fruchtbaren
Landschaft Angeln, Översee, an der oberen Treene, Dorf; Sieg über die Dänen
(1864). — Glücksburg, Flecken in schöner Lage, am Flensburger Busen; großes
Schloß (ehemals hier Benediktinerktoster); Seebad, Obst- und Gemüsebau, lange
Residenz der Herzöge von Schleswig-Holstein-Glücksburg (1662—l778).
Nordöstlich vom vorigen der Kreis Z'onderburg; derselbe besteht aus der Insel
Alfen und der gegenüber liegenden Halbinsel Snndcwitt; die Insel ist sehr fruchtbar
und wohlangebaut, auch im Besitze schöner Laubwälder und Obstpflanzungen; die
Bevölkerung meist dänisch. Auf der Insel; Sonderbnrg, Kreisstadt in prächtiger
Lage am Alsensunde, 5267 Einwohner. Pontonbrücke zum Festlande; Schloß, Real-
Progymnasium, Spinnerei und Weberei, Schiffbau, Eisengießerei, Dampfmühlen;
guter Hafen, Seebad, Dampfschiffahrt (nach Kiel, Flensburg ?e.; l886 gingen 624
beladene Schiffe mit 38077 Tonnen ein und 466 beladene Schiffe mit 30720 Tonnen
aus); siegreicher Übergang der Preußen (am 29. Juni 1864); früher Bollwerk der
Dänen. — Nordöstlich Augustenburg, Flecken an der Bucht gleichen Namens;
Schloß (1770—76 erbaut; ehemals Residenz der Herzöge von Schleswig-Holstein-
Sonderburg-Augustenburg); Lehrerinnenseminar. — Im Norden der Insel der Flecken
Norbnrg; ehemals sehr feste Burg (Ruine). — Auf der Halbinsel Sundewitt: In
der Mitte das Dorf Broacker (Viehmärkte). An dem schmalen Eckensund (Ab-
zweigung des Flensburger Busens) das Dorf gleichen Namens (Ziegeleien). Sonder-
bürg gegenüber das Dorf Düppel. Dabei ehemals die starken „Düppeler Schanzen",
viel umkämpft (Treffen am 28. Mai 1848; von Bayern und Sachsen erstürmt am
13. April 1849, von den Preußen am 18. April 1864). — Sandberg am Alsen-
sunde ist Hauptort der Grafschaft Reventlow-Sandberg.
Nördlich vom Kreise Flensburg der Kreis Äpenrade; an dem Apenrader Busen
und von diesem südwärts bis zu dem Busen von Flensburg; im Westen reich an
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Das Königreich Preußen. 345
Mooren, im Osten fruchtbar; Bevölkerung auf dem Lande größtenteils dänisch.
Darin: Apenrade, Kreisstadt und Bahnstation in prächtiger Lage an dem Apenrader
Busen, 6126 Einwohner (meist deutsch). Navigationsschute; Wollspinnerei, Schiff-
bau und Schiffahrt; Reederei (45 Schiffe); guter Hafen, Seebad. Schloß Brunlund
(von der Königin Margareta 1411 erbaut; jetzt Gerichtsgebäude), — In der Nähe
der Hügel Uruehöved, in alter Zeit Wahlort der Könige und Versammlungsort des
Schleswigschen Landthings. — In der Nähe der Halbinsel Sundewitt der Flecken
Gravenstein, mit Schloß und bedeutendem Obstbau („Gravensteiner Apfel").
Westlich vom vorigen der Kreis Tondern; derselbe breitet sich von dem Land-
rücken zur Westküste hin aus und enthält auch die nordfriesischen Inseln. An der
Westküste finden sich viele Moore, aber auch gute Marschen; auf den Inseln treten
Marsch- und Geestland hinter Dünen und Sandflächen zurück. Darin: Tondern,
Kreisstadt und Bahnstation an der schiffbaren Widau, 3550 Einwohner. Haupt-
steneramt, Schullehrerseminar; ehemaliges Dominikanerkloster (jetzt Hospital); Eisen-
gießerei; bedeutende Viehzucht (auf den benachbarten Fettviehweiden), lebhafte Vieh-
markte; in der Umgegend viel Spitzenklöppelei. — Nordöstlich Lügumkloster,
Flecken an der Lohbek, ehemaliges Cistereienserkloster (1173—1548; schöne Kirche).—
In der Nähe der Mündung der Widau und am Wattenmeere der Flecken Hoyer;
Viehzucht, Dampfschiffahrt nach Sylt. — Im Süden von Tondern meist Marsch-
land; hier das große Dorf Niebüll. — An dem Wattenmeere Dagebüll, Über-
fahrtshafen nach Wyk auf Föhr. Auf der Insel Föhr findet sich zum Teil sehr
fruchtbarer Boden und schöne, kräftige Bevölkerung friesischen Stammes (Seeleute und
Fischer, 4300 Einwohner). Hauptort Wyk, Flecken an der Ostseite; Hafen, Seebad.
In drei sogenannten „Vogelkojen" werden jährlich 60000 Enten gefangen. — Süd-
westlich von Föhr die Insel Amrum, meist aus Dünen bestehend (550 Einwohner).
— Weiter nördlich die langgestreckte und verzweigte Insel Sylt, welche nur in ihrem
mittleren Teile Marsch- und Geestland enthält (2900 Einwohner). Hier liegt auch
(au der Ostküste) der Hauptort Keitum (Fischerei und Schiffahrt) und in der Nähe
der Westküste Westerland, stark besuchtes Seebad, jetzt durch einen Schienenweg
mit dem Landungsplatz Munkmarsch verbunden (starker Wellenschlag). In der Nähe
das kleinere Seebad Wenningstedt. — Die weiter nördlich gelegene Insel Röm
(Romö) enthält im Westen Sandhügel, im Osten Geestland und hat 1130 Einwohner.
Hauptort ist Kirkeby.
Ganz im Norden der Kreis Hadersleben; derselbe reicht von der Ost- bis zur
Westküste, hat viel Moor- und Heideboden und meist dänische Einwohner. Darin:
Hadersleben, Kreisstadt und Bahnstation, auf der Nordseite des laugen und schmalen
Busens gleichen Namens, 7635 Einwohner (die gebildeten Bürger deutsch). Haupt-
zollamt, Marienkirche, Gymnasium mit Nealprogymnafinm, Predigerseminar; Eisen-
gießerei und Maschinenfabrikation, Gerberei und Handschuhfabrikation, Fabrikation
von Knochenmehl und Tabak, Schiffahrt (der Hafen ist versandet). Ackerbau auf
fruchtbarem Boden. In einiger Entfernung am Belt das „Viktoriabad". — Nörd-
lich vom Busen von Hadersleben die fruchtbare kleine Insel Aaroe (240 Einwohner).
Nördlich von Hadersleben der Flecken Christiansfeld (1773 von Herrenhutern an-
gelegt), in anmutiger Gegend, gewerbfleißig. — Ganz im Norden, nach der Grenze
zu, Schott bürg, großes Dorf.
Kiel, stark befestigter Kriegshafen, selbständige Stadt und Elsenbahnkreuzungs-
Punkt am westlichen Ufer des gleichnamigen Busens, 51706 Einwohner. Herrliche
Lage; Station der Ostseeflotte; Oberlandes-, Land- und Schwurgericht, Oberpost-
direktion, Hauptsteueramt; evangelische Nikolaikirche (1240); Universität, von Herzog
Christian Albrecht gestiftet (Bibliothek mit 150000 Bänden, Sammlungen); Gym-
nafium, Oberrealschule, Marineakademie und Marineschule, Maschinisten- und Steuer-
manns- sowie Handelsschule, Blindenanstalt und Waisenhaus; Stadtkloster (bedeu-
tende Verpflegungsanstalt); große Krankenhäuser, Idioten- und Privatirrenanstalt
(Hornheim), viele Stiftungen; Sternwarte, Theater; zahlreiche wissenschaftliche und
gemeinnützige Vereine. Altstadt und Neustadt (mit Brunswiek und Düsternbrook).
In der Nähe ein prachtvoller Buchenwald, das Seebad, das Lustschloß Bellevue und
allenthalben prächtige Landhäuser und Gärten. In der Stadt das große königliche
Schloß.(prächtig erneuert; Residenz des Prinzen Heinrich von Preußen und teil-
weise für Seine Majestät den Kaiser reserviert). Die gewaltigen Marineetablissements
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Das Königreich Preußen, 397
Hofräume, Wege, Gewässer zc. Beachtenswert ist der Waldreichtum (40 Proz. der Ge-
samtfläche), an'welchem die Provinz alle übrigen des preußischen Staates übertrifft.
Von den früher erwähnten fruchtbaren Flußebenen sind besonders die südlichen als
ergiebige Gebiete zu bezeichnen; hier findet sich gesegnetes Weizen-, Obst- und Wein-
land (der Rheingau zwischen Main- und Nahemündung, das untere Mainthal von
Hanau bis Mainz und, nördlich hiervon, die Thäler der Kinzig und Nidda). Rauh
und unfruchtbar hingegen sind die höheren Gegenden der Rhön, des Thüringer- und
Westerwaldes. Von den Forsten sind 238455 ha Staats-, 217386 ha Gemeinde-,
105870 ha Privatforsten, der Rest (9276, bez. 37037 ha) Stistungs- und Genossen-
schaslssorsten. Der Bezirk Kassel allein besitzt im ganzen gegen 400000 ha, von
denen über die Hälfte dem Staate ganz oder teilweise gehört; im Bezirke Wiesbaden
hingegen tritt der Staatsforst sehr zurück. In den Forsten herrscht die Buche vor
und wird teilweise durch herrliche Bestände vertreten, außerdem gibt es Eichen,
Eschen, Ahorne, Ulmen, Birken und (neuerdings mehr als früher) auch Nadelholz
(Fichten und Kiefern). Das Laubholz beträgt 454932 ha (72,5 Proz.), wovon
304406 ha (48,5 Proz.) Buchen. Von dem Nadelholz (172592 ha) kommt die größere
Hälfte auf Kiefern.
Die Gewässer der Provinz gehören den Stromgebieten des Rheins und
der Weser an.
Der Rheinstrom selbst berührt die Provinz nur als Grenzfluß gegen Hessen-
Darmstadt und Rheinland im Südosten, zwischen Biebrich und Niederlahnstein, und
zwar mit einer schiffbaren Strecke von 90 km. Von den Nebenflüssen des Rheins
ist auch der Main von oberhalb Hanau bis zu seiner Mündung fast nur Grenzfluß
gegen Hessen-Darmstadt, aber wegen seiner Schiffbarkeit gleichfalls wichtig. Von den
Zuflüssen des Mains gehört die Kinzig der Provinz ganz, die Nidda nur im unteren
Laufe an (fruchtbare Thäler). Sehr weitgehenden Einfluß auf die Provinz hat der
Rheinfluß Lahn, welcher zwar seine Quellen in Westfalen hat und eine Strecke weit
heffen-darmstädtisches Gebiet und den Kreis Wetzlar (Rheinland) durchfließt, sonst
aber in seinem langen Laufe ausschließlich der Provinz Hessen-Nassau, besonders
dem Bezirke Wiesbaden, angehört. — Der Weserstrom bildet zunächst mit schiffbarem
Laufe zwischen Münden und Karlshafen die Grenze zwischen Hessen-Nassau und
Hannover und nimmt gegen Ende dieser Strecke die fischreiche Diemel aus, dereu
Unterlauf der Provinz angehört, sodann durchfließt der Strom auch den Kreis
Rinteln von unterhalb Hameln an. Von den Quellflüssen der Weser berührt die
Werra zunächst den Kreis Schmalkalden, aus welchem sie auch die Hasel empfängt,
dann die Kreise Hersfeld, Eschwege und Witzenhaufen; von Wanfried an wird sie
schiffbar. Noch bedeutsamer ist der Quellfluß Fulda, welcher von seiner Quelle auf
der Wasserkuppe an bis zu seiner Vereinigung mit der Werra bei Münden fast
immer der Provinz angehört. Bei Hersfeld wird die Fulda für kleine Fahrzeuge
schiffbar. Unter den Nebenflüssen der Fulda ist die Eder (welche freilich auch west-
sälisches und waldecksches Gebiet berührt) und deren Zufluß Schwalm (welcher in
Oberhessen entspringt) zu erwähnen. — Besonders reich ist die Provinz, namentlich
der Bezirk Wiesbaden, an Salz- und Mineralquellen (140 an Zahl); unter ihnen
sind die berühmtesten die zu Ems, Selters, Schwalbach, Homburg, Wiesbaden und
Schlangenbad. Stehende Gewässer von Bedeutung fehlen.
Das Klima ist, wie bereits angedeutet, in den höheren Gegenden etwas
rauh, sonst jedoch dem des übrigen Mitteldeutschlands entsprechend, an den
Ufern des Rheins, Mains, der Lahn und der Werra zum Teil sogar sehr
mild und angenehm.
Durch die Bodenerhebungen und die Richtung der Gebirge wird das Klima
mannigfach beeinflußt, so daß nahe bei einander liegende Punkte bisweilen Vege-
tationsunterschiede von 8—14 Tagen zeigen. Sehr rauh sind die Hochflächen des
Westerwaldes und die Rhöngegenden, verhältnismäßig mild der Rheingau, das
Kinzig- und Niddathal, das Werrathal bei Witzenhausen. Kassel hat einen Jahres-
durchschnitt von 8, Frankfurt a./M. von 9 — 10° C. Die Niederschläge betragen
im Jahresdurchschnitte in Kassel nur 500 — 600, in Frankfurt a./M. dagegen 600
bis 700 mm.