1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Königreich Preußen. 337
Betrachten wir die Erhebungsverhältnisse der Provinz, so erkennen
wir die letztere als einen Teil des norddentschen Tieflandes. Es lassen sich
in der Oberflächenform drei von einander abweichende Teile unterscheiden:
1) das östliche, fruchtbare Hügelland, welches im Süden mit der mecklen-
burgischen Seenplatte zusammenhängt; 2) ein niedriges, fruchtbares Flachland,
die „Marsch", im Westen und 3) eiue schwachwellige, unfruchtbare Hochebene,
das Heideland, zwischen den beiden ersteren. Die Ostseeinseln gehören der
Hügel-, die Nordfeeinseln der Marsch- oder Geestlandschaft an. Die Wasser-
scheide zwischen der Ost- und Nordsee liegt in dem östlichen Hügellande, an der
Grenze des Heiderückens.
Die mittlere Höhe des Hügellandes beträgt 35—70 in; es tritt oft mit hohen
Uferrändern gegen die See vor. Die höchsten Erhebungen desselben sind der
Bungsberg bei Eutin (159 m), der Pielsberg oder Hessenstein bei Lütjen-
bürg (127 m) und der Scheelsberg bei Eckernförde (109 in). Der Heiderückeu
verflacht sich gegen Westen und geht allmählich in die sogenannte Vorgeest über,
welche wiederum durch die Sandmarsch und Vormarsch zu der eigentlichen Marsch
hinführt. Die letztere besteht aus Alluvium, Niederschlägen des Meeres und der in
dasselbe mündenden Flüsse; die übrigen Teile des Landes gehören dem Diluvium an.
Das Heideland besteht gegen das Hügelland hin aus Geschiebesand, der noch zur
Forstwirtschaft und zum Kornbau ausreicht; weiter westwärts folgt ein weißer Sand,
welcher auf losem, braunem Sandstein ruht und als „Ahlformation" bezeichnet wird.
Die letztere läßt Ackerbau und Banmwnchs kaum zu und stellt daher, besonders in
Holstein, fast gänzlich unwirtbares, nur mit Heidekraut bedecktes Land dar, in welchem
übrigens auch größere Sümpfe und Torfmoore nicht selten sind. In der Nähe der
Marsch finden sich auch Anhäufungen von Flugsand, die sogenannten Binnenlands-
dünen. Feste Gesteinsmassen älterer Formation treten nur selten auf; unter anderm
findet sich bei Segeberg der Kalkberg (Anhydrit und Gips der Zechsteinformation,
unter dem Gips in geringer Tiefe ein großes Steinsalzlager), bei Elmshorn eine
mächtige Rötelschieferablagernng (durchwachsen mit Steinsalz und mit starker Sol-
quelle versehen); an einzelnen Punkten liegen Kreideschichten zu Tage (bei Heiligen-
Hasen und Itzehoe); tertiäre Gebilde sind weit verbreitet, bauwürdige Braunkohlen-
ablagerungen werden indes vermißt. Die Trinkwasserverhältnisse sind im ganzen
nicht günstig. Zwar findet sich in dem östlichen Hügellande meist gutes Wasser in
ausreichender Menge, auf der Geest ist dasselbe indes ziemlich spärlich und bisweilen
durch Eisen- und Moorteile verunreinigt, und noch ungünstiger steht es auf der
Marsch, wo man sich fast, allgemein mit Regenwasser behelsen muß; neuerdings sucht
man dem angedeuteten Übelstande mit mehr oder weniger Erfolg durch artesische
Brunnen abzuhelfen. — Im Jahre 1883 waren von dem Gesamtboden der Provinz
1097428 ha Acker- und Gartenland und Weinberg, 204083 ha Wiesen, 334522 ha
Weide, Hutung, Öd- und Unland, 119690 ha Forsten und Holzungen und 128463 ha
Haus- und Hofräume, Wege und Gewässer. Verhältnismäßig groß sind also die
Weiden :c. (17,. Proz. gegen 2,2 in Schlesien und 4,7 Proz. in der Provinz Sachsen),
sehr gering an Umfang dagegen die Forsten (mit 6,4 Proz. der geringste Stand in
der Monarchie; Brandenburg 32,5, Schlesien 28,g, Hessen-Nassau sogar 40 Proz.).
Hinsichtlich der Bewässerungsverhältnisse ergibt sich zunächst eine
weite Küste, und zwar ist dieselbe noch ausgedehnter an der Ostsee als an der
Nordsee; dort machen sich Ebbe und Flut fast gar nicht, hier stark geltend.
Unbedeutende Gewässer gehen in die Ostsee, entwickeltere in die Nordsee (die
Wasserscheide liegt in der Nähe der Ostsee); Überschwemmungen treten an
beiden Küsten auf. Abgesehen von der Elbe, welche nicht nnr die Provinz im
Südwesten begrenzt, sondern auch mehrere Flüsse aus derfelben aufnimmt, ist
die Eid er der Hanptflnß, welcher schon am Ende des vorigen Jahrhunderts
vermittelst eines Kanals zu eiuer Verbindung der Ost- und Nordsee benutzt
wordeu ist. Landseen finden sich besonders im östlichen Holstein ziemlich zahlreich.
Das Deutsche Reich. 99
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Das Königreich Preußen. 401
Schiffe gezählt worden. Für den Verkehr von der Mainmündung bis Frankfurt a./M.
war bisher der Umstand hinderlich, daß die Güter in Mainz umgeladen werden
mußten; nachdem die Strecke bis Frankfurt a./M. kanalisiert worden ist, hat sich der
Frachtenverkehr dahin auf dem Main bedeutend gehoben (statistische Angaben sind
noch nicht möglich). Die Schiffahrt auf der Fulda ist nach Eröffnung der Nord-
bahn im wesentlichen auf den Verkehr von Baumaterial beschränkt. — Die gut ge-
haltenen Kunststraßen hatten bereits zu Ende der siebziger Jahre im Bezirke Kassel
etwa 7000, im Bezirke Wiesbaden gegen 1400 km Länge. — Von den Eisenbahnen
ist vor allem die von Hannover kommende Linie zu erwähnen, welche über Göt-
tingen, Bebra, Fulda und Frankfurt a./M. zum Rheine (bei Kastell) führt; sodann
eine zweite, welche von Karlshafen über Kaffel, Marburg. Gießen, Weilburg, Lim-
bürg nach Oberlahnstein leitet und, den Rhein aufwärts gehend, sich mit der ersteren
Linie vereinigt. Beide Hauptstrecken sind miteinander verbunden: von der Halle-
Kasseler Bahn her durch die Strecke Eichenberg-Münden-Kassel; von der Thüringer
Bahn her durch die Strecke Bebra-Guntershausen, von der Leineselde-Gothaer Bahn
her durch die Linie Dingelstedt-Niederhohne-Kassel und Waldcappel-Treysa; außerdem
durch die Strecken Fulda-Gießen. Gelnhausen-Gießen, Frankfurt-Gießen, Höchst-
Limburg. Außerdem zweigen sich noch seitwärts mehrfache Bahnlinien ab (Elm-
Gmnnden, Hanau-Aschaffenburg, Hanau-Offenbach-Frankfurt a./M., Frankfurt a./M.-
Darmstadt-Heidelberg, Frankfurt a./M.-Mainz am linken Flußufer, Frankfurt a./M.-
Homburg, Höchst-Soden, Kastell-Wiesbaden , Kastell - Biebrich, Wetzlar-Betzdorf,
Hümme-Warburg-Altenbeken :c. Die gesamten Eisenbahnlinien hatten 1888/89 eine
Länge von 1422 km, wovon 1254 km unter Staatsverwaltung, 168 km unter
Privatverwaltung standen. — Das Postwesen entstand im Kurhessischen 1615—1618;
etwa 10 Jahre später trat die Thurn- und Taxissche Verwaltung ein, welche feit
1816 jährlich eine Abgabe von 42000 Thalern zahlte. Auch in Nassau war diese
Verwaltung, anfangs unentgeltlich, seit 1806 gegen eine Abgabe von 6000 Gulden.
In Frankfurt a./M. bestand seit 1722 neben städtischer Botenpost auch Thurn- und
Taxissche Verwaltung; seit 1811 war hier die Generaldirektion der Thurn- und
Taxisschen Verwaltung. Im Jahre 1867 wurde die Verwaltung überall preußisch.
Es bestehen jetzt Oberpostdirektionen in Kassel und in Frankfurt a./M.
In der Provinzialhanptstadt Kassel haben das Oberpräsidium, die Pro-
vinzialsteuerdirektion und das Generalkommando des Xi. Armeekorps ihren Sitz.
Für die Verwaltung der evangelischen Kirche bestehen Konsistorien zu Kassel
und Wiesbaden, für die der katholischen Kirche Bistümer zu Fulda und Lim-
bürg; eine Universität befindet sich zu Marburg. Jeder der beiden Bezirke
bildet auch einen kommunalständischen Verband, zu welchem gesonderte Pro-
vinzialstände gehören (Versammlung zu Kassel und Wiesbaden). Der kom-
munalständischen Verwaltung sind unterstellt: das Chansseebanwesen, die
Leih- und Pfandhäuser, die Landeshospitaler, Landkrankenhäuser, Taub-
stummeninstitnte, die Jrrenheil-, Korrektions- und Landarmenhäuser, sowie
die Schatzkommission und die Landeskreditkasse (in Kassel) und die Landesbank
(in Wiesbaden).
Regierungsbezirk Kassel.
Kassel, Hauptstadt der Provinz und des Regierungsbezirks, Stadtkreis und
Eisenbahnknotenpunkt in einem weiten Thalbecken, an der unteren Fulda, 64083
Einwohner (bis auf ca. 5000 Katholiken und 1800 Juden evangelisch). Oberpräsi-
dium, Oberlandes-, Land- und Schwurgericht, Oberpostdirektion, Provinzial-Steuer-
direktion, drei Eisenbahnbetriebsämter, Landratsamt für den Landkreis, Hauptsteuer-
amt, Bergrevier, Generalkommission zur Ablösung von Servituten. Unter den sechs
reformierten Kirchen ist die Martinskirche (Grabmal Philipps des Großmütigen);
Gymnasium, Realgymnasium, Realschule, Gewerbe- und Kriegsschule; Akademie der
bildenden Künste; Zeichenschule; bedeutende Sammlungen (Gewerbemuseum, Gemälde-
galerie?c.); Landesbibliothek (140000 Bände); Theater, Strafanstalt, Waisenhäuser).
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402 Erstes Kapitel.
Schöne Stadt mit sauberen Straßen und breiten Plätzen, sowie mit vielen Pracht-
bauten; hervorzuheben sind: die Königs-, die Friedrich-Wilhelms- und die Bellevue-
straße, der Friedrichsplatz (Standbild des Landgrafen Friedrichs Ii), der Wilhelms-
platz , der Karlsplatz (Standbild des Landgrafen Karl), das frühere kurfürstliche
Residenzschloß (am Friedrichsplatz), das Museum, das Rathaus, das Schloß Bellevue,
die große Orangerie (im Auparke an der Fulda). Bedeutende Industrie (Eisen-
gießereien und Maschinenfabriken, darunter die große von Henschel; Fabrikation
von Gold- und Silberwaren, von musikalischen lpianofortes), chirurgischen, mathe-
matischen und physikalischen Instrumenten, von Porzellan- und Thonwaren, Tabak
und Zigarren, Eisenbahnwagen, von Leinwand, Segeltuch, Nessel und Handschuhen,
von Ultramarin und Böttcherwaren je.); lebhafter Handel (Getreide, Kolonialwaren,
Tuch- und Modewaren, Leinwand, Häute, Rauchwaren:c.; zwei Mesien); Reichs-
bankstelle, Landeskreditkasse, Kredit- und Borschußverein, Handelskammer; viele
Buch- und Kunsthandlungen; bedeutende Handelsgärtnereien. Schon unter König
Konrad I. erwähnt; lange Zeit landgräfliche Residenz, 1807 — 13 Hauplstadt des
Königreichs Westfalen (Hieronymus); sei: 1866 preußisch. — An den Rändern des
Thalbeckens der Habichtswald, der Reinhardswald und die Söhre.
Der Landkreis Kassel enthält fruchtbares Thalland, das im Westen vom Habichts-
walde, im Osten vom Kausfunger Walde und im Südosten von der Söhre begrenzt
ist; auf den Bergen viel Wald (34 Prvz.), fast ganz evangelisch; Braunkohlengruben.
Darin: Bettenhausni, Dorf an der Loffe, Bahnstation, sehr gewerbfleißig (Eisen-
Hammer, Fabrikation von Maschinen, Buntpapier, Kattun, Stöcken und Zündhölzern;
Kalikofabrik Agathof); Landkrankenhaus. — Wolfsanger, Dorf am linken Ufer
der Fulda; Pferdezucht, Gemüsebau und Kaltwasserheilanstalt. — Wehlheiden,
großes Dorf an der Wilhelmshöher Allee (über 4000 Einwohner) mit Zigarren-
fabrikation, Bierbrauerei :e., daz» das Schloß Augustenruhe. 4 km westlich von
Kassel das Schloß Wilhelmshöhe, die berühmte Sommerresidenz der Landgrafen
und Kurfürsten von Hessen, durch eine prächtige Lindenallee mit Kassel verbunden.
Das Schloß liegt am östlichen Abhänge des Habichtswaldes und ist von einem groß-
artigen Parke umgeben (Gewächshaus, Fasanerie, Schweizcrei, Löwenburg, berühmte
Wasserkünste; Oktogon mit dem Herkules). — Braunkohlengruben finden sich beim
Dorfe Dörnhagen in der Nähe der Fulda, bei Wahlershausen, Hoof, Ober-
kaufungen an der Lofse (ehemaliges Benediktinernonnenkloster, jetzt adliges Fräu-
leinstist) und Wattenbach.
Südöstlich vom vorigen der Kreis Eschwege, zwischen dem Ringgau, dem Meiß-
ner und dem Eichsfelde, von der Werra in freundlichem und fruchlbarem Thale
durchflössen, zu einem großen Teile Berglandschaft und waldreich (33,4 Proz. Forsten);
Obst- und Tabaksbau. Abgesehen von vielen Juden (1430) fast ganz evangelisch.
Darin: Cschwege, schön gelegene Kreisstadt und Bahnstation am linken Ufer der
Werra, 9478 Einwohner. Realschule mit Progymnasium, Schloß, Rathaus, Siechen-
Haus; wichtige Lohgerberei (Sohlleder je.), Wollspinnerei, Flanell- und Baumwoll-
Weberei, Fabrikation von Zigarren, Leim, Fleischwaren ?e.; Obstbau. — Nieder-
hone, Dorf und Eisenbahnkreuzungspunkt im Werrathale, Tabaksbau und Zucker-
fabrikation. Beim Dorfe Albungen in schöner Lage das Schloß Fürstenstein. —
Reichensachsen, großes Dorf und Bahnstation an der Wohra (ca. 1800 Einwohner),
Wollspinnerei. — Wannfried, alte Stadt am rechten Ufer der Werra, von Bergen
umgeben (Plefse und Schlierbacher Wald), 2168 Einwohner. Schloß: Tabaks- und
Obstbau (Kirschen), Wollspinnerei und Tabakssabrikation; Steinbrüche, Schiffahrt
auf der Werra. — Heldra, Dorf im herrlichen Werrathale; Obstbau. Dabei der
großartige Heldra st ein (prächtige Aussicht ins Werrathal). — Waldkappel, alte
Stadt und Eisenbahnkreuzungspunkt an der Wohra, 1103 Einwohner; Lederfabrik«-
tion. — Germerode, Dorf, ehemaliges Nonnenkloster. — Wichmannshausen,
Dorf an der Sontra; Ruinen der Boyneburg. — Röhrda, Dorf an der Netra, mit
alter Kirchenruine. — Herleshausen, Dorf und Bahnstation an der Werra, mit
schöngelegenem Schlosse Angustenau. — Markershausen, Dorf, mit der hoch-
gelegenen Ruine Brandenfels. — Abterode, Dorf am Kupferbache, Pfarrort des
Fabeldichters Burkhard Waldis (1544-57). — In der Nähe die Burg Bilstein
(Grafen von Bilstein) und der Meißner (Basaltwände und -Säulen, merkwürdige
Flora, der „Frau-Hollenteich", bedeutende Fernsicht; Braunkohlengrube).
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Das Königreich Preußen. 403
Nordwestlich vom vorigen der Kreis Witzenhansen, an der Werra gelegen, sehr
gebirgig und reich an Wäldern (44 Proz.); fast ganz evangelische Bevölkerung;
Braunkohlengruben. Darin: Witzenhausen, Kreisstadt und Bahnstation (3 km ent-
fernter Bahnhof) an der Mündung der Gelster in die Werra, 3l36 Einwohner.
Reger Gewerbfleiß (Fabrikation von Tabak und Zigarren, Papier; Roßhaarspinnerei
und Baumwollweberei, Färberei, Lederfabrikation); bedeutender Obstbau (Kirschen,
Wein); Vergnügungsort Johannisberg. Höchst romantische Umgegend; Burgruine
Bischhausen. — Beim Dorfe Gertenbach an der Werra das Schloß Berlepsch
und bei Oberrieden die Burg Ludwigstein. — Das Dorf Ziegenhagen am
Kaufunger Walde mit Glashütte. — Eichenberg, Dorf und Eisenbahnkreuzungs-
pnnkt; dabei die alte, romantische Burg Arnstein. — Allendorf, Stadt am rechten
Werraufer, 2797 Einwohner. Alte Ringmauern; große Waldungen; Fabrikation
von Chemikalien, Papier und Papierwaren; Kanarienvögelzucht. — Auf dem andern
Ufer der Werra (gegenüber) der Flecken Sooden (1000 Einwohner) mit Bahn-
station, alter Saline und aufblühendem Solbade. — Großalmerode, Stadt in
dem tiefen Gelsterthale, Bahnstation, 2442 Einwohner. Bedeutende Fabrikation von
Steingut- und Thonwaren (Schmelztiegeln, Pfeifenköpfen, feuerfesten Steinen ?e.);
Fabrikation von Chemikalien und Ultramarin; bedeutende Thongruben; Braun-
kohlengruben. — Lichtenau, Stadt und Bahnstation an der Losse, 1205 Einwohner.
Fabrikation von Zigarren und Zement; Vorschußverein. Braunkohlengruben finden
sich bei Fürstenhagen und Hopfelde. — Das Dorf Reichenbach mit schönem
Schlosse.
Südwestlich vom vorigen der Kreis Melsungen, größtenteils Bergland (Kau-
fuuger Wald), von der Fulda und Eder durchflössen, reich an Wald (über 41 Proz.);
mehrfach Braunkohlenablagerungen; Einwohner meist evangelisch. Darin: Melsungen,
schön gelegene Kreisstadt und Bahnstation am Mken Ufer der Fulda, 3636 Ein-
wohner. Schloß; Tuch- und Leinwandweberei; Lederfabrikation. Die Stadt ist von
Basaltfelsen umgeben (Steinbrüche). Institut der „Vilmarianer." — Guxhagen,
Dorf an der Fulda. Dabei das schön gelegene frühere Kloster Breitenau. —
Spangenberg, Stadt und Bahnstation in rauher Gegend an der Psiese, 1676 Ein-
wohner. Weberei und bedeutende Kunsttischlerei. Die gleichnamige hochgelegene
Bergfestung (392 m hoch) war früher kurhessisches Staatsgefängnis. — Altmorschen,
Dorf in freundlicher Gegend an der Fulda, Bahnstation; Zigarrenfabrikation, Gips-
bräche (Alabaster); dabei das Schloß Heyda (ehemaliges Cistereienserkloster). —
Felsberg, Stadt in fruchtbarer Gegend am linken Ufer der Eder, 942 Einwohner.
Burgruine (ehemals Grafensitz). — Altenburg, gegenüber der Mündung der
Schwalm in die Eder; Ruinen der bedeutenden Burg gleichen Namens auf hohem
Basaltfelsen. Braunkohlengruben finden sich bei Wollrode und Gensungen;
mehrfach wird Flachs gebaut.
Ganz im Norden vom Kreise Kassel-Land liegt der Kreis Hofgeismar, zwischen
Weser und Diemel, enthält namentlich den Reinhardswald und ist daher reich an
Forsten (45 Proz.). das Weserthal ist eng und romantisch; die Einwohner sind meist
evangelisch. Darin: Hofgeismar, Kreisstadt und Bahnstation in dem anmutigen
Essethale, 4341 Einwohner. Realprogymnasium; Badeort (kohlensaure Eisenquelle
mit Kochsalz, Glaubersalz je.); Ackerbau; in der Nähe die Ruinen Schönburg und
Schöneberg. — Das waldumgebene Dorf Hombrefseu an der Lempe und im
Reinhardswalde mit vielen Schmieden. — Hümme, Dorf und Bahnkreuzungspunkt,
in dem weiten Thale der Esse. — Lamerden, Dorf an der Diemel, mit Kalkstein-
brächen. — Karlshafen, regelmäßig gebaute Stadt und Bahnstation in herrlicher
Lage, an der Mündung der Diemel in die Weser; 1600 Einwohner. Jetzt sehr still;
etwas Industrie (Tabaks- und Zigarrenfabrikation); schwach besuchtes Solbad;
Schiffahrt. Juvalidenhaus. (1699 vom Landgrafen Karl mit flüchtigen Waldensern
bevölkert). — Hellmarshausen, Stadt und Bahnhof an der Diemel, 1306 Ein-
wohner. Bedeutende Steinbrüche; Ruine. — Trendelburg, Städtchen in hoher
Lage an der Diemel, 846 Einwohner; Burgruine. — Lippoldsberg, Flecken an
der Weser; ehemaliges Nonnenkloster; Flachsbau. — Grebenstein, Stadt und Bahn-
station an der Esse, 2252 Einwohner. Leinweberei; Burgruine auf einem Basalt-
selsen. — Jmmenhanfen, Städtchen und Bahnstation, 1330 Einwohner. In der
Nähe eine Braunkohlengrube. — Beim Dorfe Kalden das ehemalige kurfürstliche
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fir-che; fruchtbarer Boden: Schloß Fürsteneck (auf einem Basalifelsen). — Dorf
Buchenau mit Schloß.
Weiter südlich der Kreis Fulda, eine von den Flusteu Fulda, Hanne und Miede
bewässerte Hochebene zwischen der Hohen Rhön und dem Vogelsberge; das Acker-
und Gartenland ist wenig umfangreicher als der Waldboden (40 gegen 37 Proz.),
sehr ausgedehnt sind die Wiesen (17,g Proz.); die Bevölkerung weit überwiegend
katholisch. Darin: Fulda, reichgetürmte Kreisstadt und Bahnkreuzungspunkt in einem
freundlichen Thalgrunde am rechten Fuldaufer, 12383 Einwohner (Dreiviertel katho-
lisch). Katholischer Bischof nebst Domkapitel, katholischer Dom (Grab des Bonisaeius),
uralte Michaelskirche (von 820); katholisches Gymnasium, Realprogymnafium; katho-
lisches Schullehrerseminar; ehemaliges Schloß der Kurfürsten von Hessen (Park; Besitz
des Landgrafen Friedrich von Hessen); mehrere frühere Klöster, evangelisches adliges
Stift Wallerstein; Erzdenkmal des Bonifatius (Domplatz), Landkrankenhaus, Arbeits-
haus für weibliche Sträflinge; lebhafte Industrie (Kammgarnspinnerei, Leinwand-,
Woll-, Baumwoll- und Plüschweberei, Fabrikation von Filz, Wachskerzen, Seife und
Blasinstrumenten); bedeutender Getreide- und Viehhandel (Schweine); in der Nähe
der Stadt das Frauziskauerkloster Frauenberg. Fulda ist Stiftung des Bonisaeius
(744) und war lange reichsfürstliche Abtei und Fürstbistum (bis 1802); Bischofs-
konferenzen (alljährlich). — Fulda gegenüber Neuenberg, ehemalige Benediktiner-
abtei (1525 im Bauernkriege zerstört). — Südlich von Fulda Johannisberg, ehe-
maliges Kloster am Gieselbache (jetzt Schloß). — Bronzell, Dorf an der Fulda:
unblutiger Zusammenstoß zwischen Preußen und Österreichern (8. November 1850).
— Eichenzell an der Fulda; ehemaliges bischöfliches Lustschloß. Fasanerie und
Wallfahrtskirche St. Florenberg. — Bei dem Dorfe Steinau an der Hanne die
alte Burg des Ritters Giso (Gegner des Abtes Erlols von Fulda; der letzteren 1271
ermordet). — Hofbieber an der Fulda; dabei die Burg Bieberstein. An der Grenze
des Kreises Gersfeld die Felspartie Teufelswand und Teufelsstein. — Flieden,
sehr alter Flecken an der Fliede; bedeutende Viehzucht (Rinder, Schafe, Schweine).
Östlich vom vorigen der Kreis Gersfeld, enthält die Quellen der Fulda und
Ulster und einen großen Teil der Hohen Rhön; die Wiesen sind fast ebenso aus-
gedehnt wie das Acker- und Gartenland und wie die Waldungen (27,6 gegen 28, bez.
'27 Proz.); dazu kommen große Weiden (14,8 Proz.); mehrfach Flachsbau und Lein-
Weberei; die Bevölkerung ist zur größeren Hälfte katholisch. Darin: Gersseld, Kreis-
stadt, in einem tiefen und anmutigen Thalkessel in der Rhön und an der oberen
Fulda. 1401 Einwohner. Leinweberei, Tabaks- und Zigarrenmacherei, Fabrikation
von Drehorgeln; Schloß des Grafen von Frohberg-Montjoie. — Poppenhausen,
Flecken an der Lütter; Schloßruine; in der Nähe eine Wallfahrtskirche (auf dem
Poppenhäuser Stein) und die Burgruine Ebersberg. — Tann, Stadt in engem
Thale an der Ulster, 1088 Einwohner (evangelisch); drei Schlösser; Stammsitz des
Freiherrn von der Tann (kam 1866 von Bayern an Preußen). — Hilders, Flecken
an der Ulster; Flachsbau und Weberei; in der Nähe die Burgruine Auersberg. —
Wüstensachsen, Flecken an der Ulster, in tiefem Thale; Weberei, Thon-, Torf-
und Braunkohlengrube. In dem Kreise befinden sich von hervorragenden Gipfeln
der Hohen Rhön das Daumersfeld, die Wasserkuppe und die Milseburg (Gangolfs-
brnnnen und Gangolfskapelle).
Südwestlich vom vorigen der Kreis Schlüchtern, ein Bergland, welches von der
Kinzig, der Sinn und Schmalen Sinn durchflössen wird; sehr ausgedehnte Wiesen
(20,6 Proz.) und Wälder (39 Proz.), Acker- und Gartenland verhältnismäßig gering
(33,5 Proz.); die Bevölkerung weit überwiegend (nicht ganz Dreiviertel) evangelisch.
Darin: Schlüchtern, Kreisstadt und Bahnstation an der Mündung der Elm in die
Kinzig, 2634 Einwohner. Ehemaliges Benediktinerkloster (von Bonifatius gestiftet),
evangelisches Schullehrerseminar. — Beim Dorfe Ramholz die hochgelegene Ruine
Steckelberg (Geburtsort Ulrichs von Hutten, 1488). — Steinau, Stadt und
Bahnstation an der Mündung der Steine in die Kinzig, 2188 Einwohner. Schloß,
Fabrikation von Steingutwaren. — Salmünster, Stadt und Bahnstation an der
Mündung der Salza in die Kinzig, 1213 Einwohner. Ehemaliges Kollegiatstift
(früher zu Fulda gehörig), Obstbau. — Soden, Stadt zwischen der Salza und
Kinzig, 882 Einwohner, mit Salzquellen und der Ruine der Burg Stolzenberg.
Der südöstliche Teil des Kreises ist sehr waldreich.
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Das Königreich Preußen. 413
Hattenheim, Flecken am Rhein; dabei die ehemalige Cistercienserabtei Eberbach
(Grabmäler von nassauischen Grafen, Erzbischöfen von Mainz ?e.; jetzt Korrektions-
haus); in der Nähe der berühmte Steinberg („Steinberger Kabinett") und das Schloß
Reichardshansen (Graf Schönborn). — Östrich-Winkel (berühmter Weinbau); tu
der Nähe das ehemalige Nonnenkloster Gottesthal. — Auch manche verfolgenden
Orte haben guten Weinbau, obgleich weniger berühmte Lagen. Lorch, Flecken an
der Mündung des Wisperbaches, Bahnstation, 2100 Einwohner. Fabrikation von
Chemikalien, erheblicher Weinbau; Ruine Nollich (Lorch war im Mittelalter viel
bedeutender). — Beim Dorfe Lorchhausen (Weinbau) die Ruine Waldeck, beim
Dorfe Preßberg die Ruine Kammerberg, beim Dorfe Espenschied die Ruine Luckeu-
mühl oder Lanxberg -— Wenig nordöstlich von Rüdesheim das Dorf Eibingen
mit ehemaligem Benediktinerkloster (Grabmal der heiligen Hildegard; 1802 säkulari-
siert, dann längere Zeit Zeughaus); Weinbau. -— St. Goarshausen, Stadt in
prächtiger Lage am Rhein, Bahnstation, 1456 Einwohner. Fabrikation von Sohl-
leder, Nudeln :e.; Weinbau, Salmensang, Getreidehandel; in der Nähe die Burg-
ruine Katz (1806 von den Franzosen gesprengt) und der Lurleiselsen. (Der Ort
gehörte früher zur Grafschaft Katzenelnbogen.) Gegenüber, iu der Rheiuproviuz, die
Stadt St. Goar; in der Nähe münden das Schweizerthal und das Hafelbachthal
(Reichenberg mit Burgruine). Beim Dorfe Wellmich die Ruine der Festung Thuru-
berg („Maus"). Bei Ehrenthal eine Blei- und Silbergrube. — Kaub, alte
Stadt am Rhein, Bahnstation, 2169 Einwohner. Schieferbrüche, Weinbau, Rheiu-
schissahrt (Bergstürze 1876 und 1878). Über der Stadt die Ruine Gutenfels, im
Rhein die „Pfalz" (erbaut für den Rheinzoll); Blüchers Rheinübergang (Neujahrs-
nacht 1814). Im nahen Sauerthal die Ruine Sauerburg. — Braubach, Stadt
und Bahnstation, 1841 Einwohner. Bergbau, Blei-, Kupfer- und Silberhütte; über
der Stadt die alte Martiuskapelle und noch höber die Marxburg (bis 1866 Juva-
lidenhaus und Staatsgefängnis). Über dem Dorfe Osterspai das Schloß Liebeneck;
Weinbau. Der Flecken Kamp und das Dorf Bornhofen mit Weinbau, ehemaligem
Kapuzinerkloster (Wallfahrtsort) und den bedeutenden Ruinen Liebenftein und Stern-
berg (die „Brüder"). Das Dorf Frücht, östlich von Oberlahnstein, mit der Familien-
grust des Ministers Freiherrn v. Stein. — Oberlahn st ein, Stadt mit Wällen
und Türmen in prächtiger Rheinlage, 5836 Einwohner. Realprogymnasium, Haupt-
steueramt, Bleigrube, Hochofen („Ahlerhüite"), Farbenfabrik, Weinbau und -Handel,
Rheinschiffahrt; Burg Lahneck (wiederhergestellt). In der Nähe die Marienkapelle
(Absetzung König Wenzels, 1400). — Niederlahnstein, Flecken am Rhein (an der
Lahnmündung), 2800 Einwohner. Eisenbahnkreuzungspunkt; Dampfsägewerke, Schiff-
bau, Fabrikation von Drahtseilen; alte Johanniskirche an der Lahnmünduug; Hohen-
rheiner Eisenhütte. — Fachbach, Dorf an der Lahn; bedeutendes Eisenwerk (Hoch-
ofen, Eisengießerei, Emaillierwerk).
Der Unterlahnkreis erstreckt sich von der Mündung der Lahn an derselben
aufwärts zu beiden Seiten; das Acker- und Gartenland ziemlich ausgedehnt (gegen
50 Proz.), doch auch viele Wiesen (8 Proz.) und Wald (36 Proz.); die Bevölkerung
ist weit überwiegend evangelisch (weit über '2/a). Darin: Diez, Kreisstadt und Bahn-
kreuzuugspunkt in schöner Landschaft, an der Mündung des Flüßchens Aar in die
Lahn, 4211 Einwohner. Großes Schloß (ehemalige Residenz der Fürsten von Nassau-
Diez; jetzt Zuchthaus); steinerne Brücke, Realprogymnasium; Fabrikation von Farben,
Bergbau (Eisenerz), Marmor- und Kalksteinbrüche, Obstbau, Getreidehaudel. In der
Nähe das Schloß Orauienstein (Kadettenhaus). — Fachingen, Dors mit be-
rühmtem Sauerbrunnen (Versand in Krügen). — Geilnau, Dorf; Sauerbrunnen
(starker Versand). — Dorf Balduinstein an der Lahn, mit gleichnamiger Ruine;
dabei das Schloß Schaumburg (Eigentum des Großherzogs von Oldenburg;
Bibliothek und Mineraliensammlung). — Dorf Laurenburg mit der Ruine der
Stammburg des Haufes Nassau. — Holzappel, Stadt, 964 Einwohner. Blei-
und Zinkgruben; Schloß (Standesherrschaft des Großherzogs von Oldenburg). —
Freiendiez, Dorf; Eisenerzgrube, Papiermühle. — Dorf Holzheim mit der
Ruine Ardeck. — Hahn statten, Dorf und Bahnstation an der Aar, Kalkbrennerei;
Burg. — Burgschwalbach, Dorf, mit Eisenbergbau, Eisenhütte und Fabrikation
von Chemikalien. — Limburg, Stadt und Bahnkreuzungspunkt an der Lahn,
6417 Einwohner (3/4 katholisch). Katholischer Bischof; Land- und Schwurgericht;
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Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Königreich Preußen. 409
hat außerordentlich viele Wiesen (13 Proz.) und Wälder (54,5 Proz.); die Einwohner
sind etoartgclifcj). Darin: Schmalkalden, Kreisstadt und Bahnstation in schönem Thale
an der Stille und Schmalkalde, 6714 Einwohner. Realprogymnasium, Bergrevier;
altes Augustinerkloster; die Wilhelmsburg mit Garten, altertümliche Häuser mit
Holzschnitzereien (Gasthof „Zur Krone" mit Erinnerung an den Schmalkaldischen
Bund, 1531; der „Schwan" mit Erinnerung an die Schmalkaldischen Artikel, 1537);
die ehemaligen Wälle bilden jetzt Promenaden. Wichtige Industrie in Eisen- und
Stahlwaren (Schmalkaldener Artikel: Bohrer, Zangen, Feilen, Messer, Scheren,
Ahlen je.), Maschinen. Spielwaren, Lichten, Leder ze. In der Nähe Eisengruben
und Eisenwerke, sowie ausgedehnte Waldungen. (Geburtsort von Wilhelm, dem Kom-
ponisten der „Wacht am Rhein.") Eisenwerke finden sich in Heindorf, Asbach,
Weidenbrunn, Floh, Seligenthal (Eisengrube), Klein-Schmalkalden (enges,
romantisches Felsenthal; hat auch Fabrikation von Korb- und Böttcherwaren, Blase-
bälgen, Spritzenschläuchen je.), Brotterode (Flecken im schönen Trnsenthale; außer
Eisen- und Stahlwaren auch Fabrikation von Drechslerwaren und Zigarren; klima-
tischer Kurort), Herges (auch Bergbau auf Eisen, Alabaster und Schwerspat),
Steinbach-Hallenberg (Flecken an der Schwarza, über 3000 Einwohner; auch
viele Schlosser und Schmiede; Ruine der Hallenburg). — Herrenbreitungen,
Dorf an der Mündung der Truse in die Werra, mit Schloß (ehemaliges Benedik-
tinerflofter). — Barchfeld, Flecken in kleiner Exklave an der Mündung der Schweina
in die Werra, schönes Schloß des Landgrafen von Hessen-Philippsthal-Barchseld.
Noch weiter vom Hauptgebiete entfernt liegt der Kreis Rinteln, zwischen hannö-
verschem, westfälischem und lippischem Lande, weit unterhalb an der Weser, Teile der
bewaldeten Bückeberge, des Süntels und Deisters, aber auch gutes Acker- und Garten-
land (49 Proz.) enthaltend; die Bevölkerung fast ganz evangelisch. Darin: Rinteln,
Kreisstadt und Bahnstation an der Weser, 4184 Einwohner. Früher Festung und
Universität (1612—1809); Gymnasium, Technikum, Landkrankenhaus. Fruchtbare
Thallandschaft, in der Nähe schöne Aussichtspunkte (Luhdener Klippen, Papenbrinck,
Papenburg, Schaumburg). — Oldendorf, Stadt und Bahnstation an der Weser,
1618 Einwohner. Zuckerfabrikation, Gerberei; alte Schlösser; Niederlage der Kaiser-
lichen (1633). — Das Dorf Fischbeck an der Weser; ehemaliges Benediktinerkloster
(jetzt adliges Fräuleinstift). — Obernkirchen, Stadt am Bückeberge, 2882 Ein-
wohner. Bergamt; ehemaliges Benediktinerklofter (815 gestiftet, jetzt evangelisches
Damenstift). In der Nähe am Bückeberge wichtige Steinkohlengruben (preußische und
schanmbnrg-lippische Verwaltung), bedeutende Sandsteinbrüche und große Glashütten.
— Rodenberg, Stadt zwischen Deister und Süntel, 1676 Einwohner. Altes Schloß
und Saline. — Groß-Nenndorf, besuchtes Bad mit schönen Parkanlagen (vier
starke Schwefelquellen, mit Schlammbädern und Salzquelle). — Sachsenhagen,
Städtchen an der Aue, mit Burgruine.
Regierungsbezirk Wiesbaden.
Wiesbaden, Bezirkshauptstadt, Stadtkreis und Bahnstation in prächtiger Lage
am Fuße des Taunus und am Salzbache, 55454 Einwohner (über Zweidrittel evan-
gelisch). Regierung, Land- und Schwurgericht, Konsistorium, Bergrevier, Eisenbahn-
betriebsamt, Forstinspektion, Landratsamt für den Landkreis; außer zwei evangelischen
eine katholische und eine englische Kirche, sowie eine griechische Kapelle; Gymnasium,
Realgymnasium, landwirtschaftliches Institut, chemisches Laboratorium (Fresenius);
Theater, Museum (Gemäldegalerie, Sammlung von Altertümern und Bibliothek von
70000 Bänden); Augenheilanstalt (von Pagenstecher), Heilanstalt sür Massage (Metzger),
Blindenanstalt, Rettungshaus, Militärbadeanstalt („König-Wilhelms-Heilanstalt").
Zwischen der Stadt und den Parkanlagen liegt die schöne Wilhelmsstraße; auf dem
Theaterplatze das Schillerdenkmal, auf dem Kranzplatze eine Hygieiagruppe, auf dem
Luisenplatze ein Obelisk (Denkmal für die Befreiungskriege). Fabrikation von Thon-
waren (feinen Ofen), Chemikalien, Metallkapseln, Zement, von Nähmaschinen :e.;
Bildhauerei und Holzschnitzerei, Eisengießerei; lithographische Anstalten, Bierbraue-
reien ?c. Lebhafter Handel (besonders Wein- und Buchhandel); Reichsbanknebenstelle,
mehrere Vorschußvereine, Handelskammer. Einer der besuchtesten Badeorte (etwa
70000 Badegäste, nur von Baden-Baden übertroffen); es sind 23 Kochsalzthermen
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- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
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Das Königreich Preußen. 417
in diesen Gegenden das politische Leben der Nation (Rense, Aachen). Selbst die
traurigen Zeiten des Faustrechts, des Dreißigjährigen Krieges, der französischen
Raub- und Revolutionskriege konnten die Bedeutung und den Wohlstand der Rhein-
lande nicht tilgen; dieselben haben sich indes erst zu einer wahren Blüte entwickeln
können, seitdem sie zur preußischen Rheinprovinz vereinigt worden sind. Im Jahre
1867 ist der Provinz noch das Hessen-Homburgische Oberamt Meisenheim hinzugefügt
worden (Bezirk Koblenz). — Hohenzollern, wo zu Anfang der Regierung Kaiser
Heinrichs Iv. zuerst Grafen von Zollern auftraten, war seit 1576 in die Linien
Hechingen und Sigmaringen geteilt; denselben wurde 1623, bez. 1638 die Reichs-
fürstenwürde verliehen. Vergrößerungen traten 1803 (Reichsdeputationshauptschluß)
und 1806 (Rheinbundsakle) ein; 1849 gingen beide Fürstentümer durch Staats-
vertrag an Preußen über.
Die Rheinprovinz ist bis auf ihren nördlichen Teil gebirgig, und zwar
gehören ihre Erhebungen zu dem rheinisch-westfälischen Gebirgssystem. Das
Gebiet des Niederrheins besteht aus Tiefland, von welchem sich eine Seiten-
bucht den Strom aufwärts bis in die Nähe von Bonn erstreckt. Hohenzollern
ist auch ein Gebirgsland.
Auf dem linken Ufer des Rheinstromes' breitet sich zwischen Rhein, Nahe, Saar
und Mosel der Huusrück aus, eine Hochebene, welche aus Grauwacke- und Schiefer-
massen besteht und nach den Thälern zu ziemlich steil abfällt. Auf der Hochebene
streichen mehrere Bergkämme, welche- in der Richtung von Südwesten nach Nord-
osten hin die Namen Hochwald (mit dem Erbeskopf, 814 m), Jdarwald (mit dem
Jdarkopf, 714 m) und Soonwald führen. Ganz im Südwesten dieses Gebirgslandes
liegt ein Steinkohlengebirge mit reichhaltigen Flözen (Saarbecken). Nordwärts von
dem Hnnsrück breitet sich zwischen den Flüssen Mosel, Our, Ahr und Rhein das
rauhe, unfruchtbare Hochland der Eifel aus, welches in die Hobe Eifel (mit der
Hohen Acht, 760 ml, die Vordereifel und die Schneeeifel (Schneifel, im Nordwesten)
zerfällt. Das Gebirge besteht vorherrschend aus devonischen Schichten, die aber viel-
fach, besonders in der Hohen Eisel, von vulkanischen Gesteinen (Basalt, Phonolith,
Trachyt und Lavamassen) durchbrochen werden. Hier ist das Gebirge reich an schön
gebildeten Bulkauen, Kraterseen (Maare genannt) und Mineralquellen. Zwischen
Mosel, Elz und Nette senkt sich die Hochebene zu dem fruchtbaren und milden Mai-
felde. Durch den Zitterwald (mit dem Weißenstein, 686 m hoch) ist die Eifel gegen
Nordwesten hin mit dem Hohen Venn verbunden. Das letztere reicht nordwärts bis
in die Gegend von Montjoie und Eupen, geht westwärts nach Belgien hinüber und
besteht aus einer unwegsamen, rauhen, an tiefen Torflagern reichen Hochebene (bis
672 m hoch), deren vorherrschendes Gestein versteinerungsloser kristallinischer Schiefer
(„Ardennenschiefer") ist. — Von dem östlichen Flügel des rheinisch-westfälischen Systems
erstreckt sich zunächst der nördliche Teil des Westerwedes in die Provinz hinein
(vgl. die Provinz Hessen-Nassau). Hier befindet sich im Osten ein Stück des Wester-
Waldes (bis zu dem Siegzufluffe Nister) und im Westen das durch seine schönen
vulkanischen Berge ausgezeichnete Siebeugebirge mit der Löwenburg (440), dem Öl-
berge (460) und dem Drachenfels (325 m). Nördlich von der Sieg folgt das Sauer-
land, ein Bergland, welches nach der breiten Rheinebene abfällt und zu dessen nörd-
lichsten Teilen der Haarstrang und das Ruhrkohlengebirge gehören. Das letztere reicht
anch in die Rheinprovinz hinein. — Im Bezirke Sigmaringen befinden sich Teile der
Rauhen Alp (durchschnittlich 555 m hoch), welcher unter andern Bergen auch der
Hohenzollern (7öl m) vorgelagert ist, und des Schwarzwaldes (mit Triasgestein).
Hinsichtlich der Bewässerung gehört die Provinz in einem schmalen
nordwestlichen Streifen zum Gebiete der Maas, weit überwiegeud jedoch zu
demjenigen des Rheins. — Durch den südlichen Teil des Bezirks Sigmaringen
fließt die Donan (noch nicht schiffbar).
Der Rhein bildet von der Nahemündnng bei Bingen an zunächst bis Hoch-
heim bei Koblenz die Grenze zwischen den Provinzen Heffen-Nafsan und Rheinland,
durchströmt dann die Bezirke Koblenz, Köln und Düsseldorf in nordwestlicher Rich-
tnng und verläßt die Provinz und zugleich Deutschland wenig unterhalb Emmerich.
Das Deutsche Reich. 07
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Das Königreich Preußen. 429
Roteisensteingruben), Klüsserath, Kenn, Riol (der alte Rigodulum), Leiwen
( Laurentiusberg"), Köwerich ic. Bei Braunshagen liegt die Mariahütte (Eisen-
a'ießerei), bei Bierfeld die „Hubertushütte" (Eisenwerk). Kastell mit Eisenerzlagern,
Thomm und Osburg (in der Nähe des Osburger Hochwaldes) mit Schieferbruchen.
Südlich vom vorigen der Kreis Saarburg; von der Mosel nordwärts und
westwärts begrenzt, gegen Osten über die Saar hinweg bis in die Nähe des Hoch-
Waldes reichend; mehr Acker- und Gartenland (48 Proz.) als Waldboden (über
38 Proz.), auch Weinland (1,z Proz.); die Bevölkerung fast ausschließlich katholisch.
Darin: Saarbnrg, Kreisstadt und Bahnstation am Einfluß der Lenk in die Mosel.
Landwirlschaftsschule, katholisches Schullehrerinnenseminar, Lederfabrikation, Wein-
bau; lebhafte Schiffahrt; Burgruine. — Beurig, Dorf, Saarburg gegenüber; Fabri-
kation von Sohlleder, Kallwasserheilanstalt Der beste Saarwein wächst bei Wil-
t in gen („Scharzhofsberger"; Dachschieserbrüche); andre Weinorte sind: Kanzem,
Wawern, Nittel, Perl. — Niederzerf mit Eisengrube; Freudenburg mit
Burgruine. — Kastel, Dorf auf hohem Felsen an der Saar, mit der Grabkapelle
des blinden Königs Johann von Böhmen (gest. 1346 in der Schlacht von Creey).
Südlich vom vorigen der Kreis Merzig; derselbe liegt an der Saar, hat ziem-
lich viel Acker- und Gartenland (46 Proz.), doch auch viele Wälder (über 37 Proz.)
und Wiesen (gegen 10 Proz.): die Bevölkerung ist fast ganz katholisch. Darin:
Merzig, Kreisstadt und Bahnstation am rechten Saarufer, 4939 Einwohner. Pro-
vinzialirrenanstalt; Fabrikation von Wollwaren und Tabak, bedeutende Ziegeleien
und Thonwarenfabrikation. — Mettlach, wichtiger Fabrikort in schöner Gegend an
der Saar, Bahnstation, 1500 Einwohner. Bedeutende Steingutfabrikation („Mett-
lacher Platten"); ehemalige Benediklinerabtei (im 7. Jahrhundert gestiftet); nord-
wärts großer Eisenbahntunnel. — Das Dorf Beckingen mit Eisenwerk (Brücken-
bauanstalt und Schraubenfabrikation). — Das Dorf Besseringen an der Saar
mit der St. Gangolfskirche und der Burgruine Montelair (auf waldreicher Saar-
Halbinsel). — Wadern, Flecken an der Wadrill; Schweinemärkte; früher Hauptort
der reichsunmittelbaren Herrschaft Dagstuhl. — Nunkirchen, Dorf am Losheimer
Bache, mit Kalkfteinbrüchen.
Weiter die Saar aufwärts der Kreis Zaarlouis, an Saar, Nied und Prims
gelegen, mit ziemlich viel Acker- und Gartenland (59 Proz.), vielen Wiesen (fast
12 Proz.), aber wenig Wald (22 Proz.); reicht bereits in das Steinkohlenbecken der
Saar hinein; die Bevölkerung fast ganz katholisch. Darin: Saarlouis, Kreisstadt,
Festung und Bahnstation am linken Saarufer, 6735 Einwohner. Realprogym-
nasium; etwas Industrie (Fabrikation von Thonwaren, Leder und Schuhwaren).
Die großen Dörfer Fraulautern (ehemaliges Nonnenkloster), Lisdorf, Beau-
marais und Roden liegen unmittelbar vor den Befestigungen der Stadt. In der
Nähe Sandsteinbrüche und Kohlengruben. Steinkohlengruben finden sich bei Gries-
born, Hostenbach, Labach :e. — Dillingen, großes Dorf an der Prims. Be-
deutendes Eisenhüttenwerk (Fabrikation von Schwarz-, Kessel- und Weißblech, sowie
von Panzerplatten; 1800 Arbeiter).— Wadgassen, Dorf am linken Saarufer, Bahn-
stmion; ehemalige Prämonstratenserabtei (jetzt Kristallglasfabrik).— Wallerfangen,
Flecken an der Saar; bedeutende Steingut- und Porzellanfabrikation. — Lebach,
Flecken an der Prims, mit großen Vieh- und Krammärkten. — Dorf Außen an
der Prims, mit Eisenerzgrube.
Ganz im Süden des Bezirks und der Provinz der Kreis Saarbrücken, an der
Saar gelegen und den Hauptteil des Saarbrückens Steinkohlenbeckens umfassend:
mehr Waldungen (über 43 Proz) als Acker- und Gartenland (gegen 39 Proz.), auch
viele Wiesen (11,4 Proz.); außer vielen Steinkohlen- auch bedeutende Eisenerzgruben,
sowie wichtige Eisenwerke: die Bevölkerung zu drei Fünfteln katholisch, zu zwei Fünfteln
evangelifch. Darin: Saarbrücken, Kreisstadt und bedeutender Eisenbahnkreuzungs-
Punkt am linken Saarufer, 10453 Einwohner. Land- und Schwurgericht, Berg-
Werksdirektion, Eisenbahnbetriebsamt, Hauptsteueramt; zwei evangelische und eine
katholische Kirche; evangelisches Gymnasium, Gewerbeschule, Bergsctmle, Waisenhaus:
erhebliche Industrie (Baumwollenspinnerei, Fabrikation von Zigarren, Rauch- und
Schnupftabak, Maschinenteilen, Kleineisenzeug und Drahtseilen, von Chemikalien.
Gla?, Steingut, Glanzleder, Strohhüten, Blech-und Zinkwaren); Garten-und Wein-
bau; lebhafter Handel (Steinkohlen, Getreide, Mehl, Wein, Rohprodukte ?e.); Saar-
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Das Königreich Preußen. 431
Östlich vom Landkreise Trier liegt der Kreis Bernkastel; derselbe befindet sich
größtenteils im Süden der Mosel und enthält in seinen südlichen Teilen den Hoch-
wald und Jdarwald. Das Garten- und Ackerland ist wenig umfangreich (27 Proz.),
weit ausgedehnter der Waldboden (über 47 Proz), auch viele Wiesen und Weiden
(je 10 Proz.) sowie schöne Weinberge (über 2 Proz.): die Bevölkerung ist größeren-
teils (über zwei Drittel) katholisch. Dann: Bernkastel, herrlich gelegene Kreisstadt
und Bahnstation an der Mosel. 2400 Einwohner. Gerbereien und Zigarrensabri-
kation; bedeutender Weinbau („große Lei", „Hergengrube"), lebhafter Weinhandel.
Über der Stadt die Ruine Landshut. Weitere Weinorte sind: Graach („Josephs-
höfer"), Zeltingen (Flecken), Erden, Wolf, Lieser („Niederberg"), Kues,
Wehlen, Mühlheim an der Mosel (Flecken, Weinhandel, Maschinenfabrikation),
Dusemond („Branneberger"), Winterich (die ausgezeichneten Lagen des Luisen-
bergs, Ohligsbergs und Neubergs; Kalksteinbrüche), Veldenz (Burgruine), Neu-
mageu (Flecken, Novomagum der Römer), Niederemmel ?c. — Kempfeld, Dorf,
mit Achatfchleiferei. — Morbach, Dorf atn Thronbache, Eisenerzlager.
Der Kreis Mtburg liegt auf der Eifel, hat ziemlich viel Acker- und Garten-
land (55,5 Proz,), Waldungen von mäßiger Ausdehnung (26,5 Proz.), aber ziemlich
viel Wiesen und Weiden (je 7 Proz.); die Fruchtbarkeit des Bodens ist meist gering,
die Bevölkerung dünn und katholisch. Darin: Mtburg, Kreisstadt, zwischen Kyll und
Nims gelegen, 2712 Einwohner. Landwirtschaftsschule; Kreditverein. Beim Dorfe
Bollendorf, an der Sauer, liegt die Eisenhütte Weilerbach (landwirtschaftliche
Maschinen). — Echternacherbrück, Dorf an der Sauer, bekannt durch die „Spring-
Prozession." — Neuerburg, Stadt an der Enz, 1419 Einwohner. Fabrikation von
Leder und Wollwaren; Wasserfall (4,5 in hoch); die rauhe Umgegend heißt Eisling.
— Mettendorf mit Eisenerzlager; Holstum, Dorf am Eiuflusse der Enz in die
Prüm, mit Kalksteinbrücken. — Kyllburg, Flecken und Eisenbahnstation in schöner
Lage an der Kyll, mit Sandsteinbrüchen und Hopfen- und Kirschenbau. Beim Dorfe
Malberg gleichfalls Hopfenbau. — Speicher, Dorf und Bahnstation im Kyll-
thale; Schleifsteinbrüche und Fabrikation von Thonwaren. Gleichfalls Schleifstein-
bnichejinden sich bei den Dörfern Beilingen und Herforst (auch Eisengrube).
Östlich vom vorigen der Kreis Wittlich, gleichfalls auf der Eifel und bis in
die Nähe des linken Moselufers; mehr Wälder (über 41 Proz) als Acker- und
Gartenland (über 37 Proz.), ziemlich viel Wiesen und Weiden (9,4, bez. 8 Proz.);
in der Moselgegend etwas Weinland (unter 1 Proz.); die schwache Bevölkerung ist
katholisch. Darin: Wittlich, Kreisstadt an der Lieser, 3425 Einwohner. Katholisches
Schullehrerseminar, Lohgerberei: Wein- und Tabaksbau; Spuren von römischen
Altertümern; Burgruine Ottenstein. Weinbau findet sich bei Hetzerath, Rivenich,
Osann, Platten, Monzel, Minheim, Reil, Kröv, Kinheim, Urzig und
besonders Piesport („Falkenlei", „Güntherslei", „Taubergarten" und „Groß-
Wingert"). — Krames-Klausen, ehemalige Benediktinerabtei, Wallfahrten. —
Bengel, Dorf an der Alf mit Eisenwerk und reichen Lagern von Eisenglanz und
Roteisenstein (am Kondelwald). — Manderscheid, schön gelegener Flecken an der
Lieser, mit Burgruine und Trümmern der Cistercienserabtei Himderod; prächtige
Aussicht (früher Sitz von Reichsgrafen). — Beim Dorfe Meerfeld das große
Meerfelder Maar (jetzt teilweise Wiesengrund), bei Bettenfeld der Moseberg (er-
loschener Vulkan mit mehreren Kratern).
Nördlich vom vorigen der Kreis Daun, auf der Eifel gelegen, mit vielen aus-
gebrannten Vulkanen und Sauerbrunnen; etwas mehr Garten- und Ackerland
(40 Proz.) als Wälder (über 31 Proz.); viele Wiesen (10 Proz.) und Weiden
(15 Proz.); die dünne Bevölkerung ist katholisch. Darin: Daun, Flecken und Haupt-
ort an der Lieser. Auf einem Basaltfelsen in der Nähe stand einst die Reichsburg
Daun (Stammsitz der Grafen gleichen Namens). In dem Umkreise viele Sauer-
brunnen. Beim Dorfe Gillenfeld an der Alf, in scköner Gegend, das bekannte
Pulvermaar. — Das Dorf Udersdorf an der Lieser, von Lavamassen umgeben.
— Gerolstein, Flecken im schönen Kyllthale; Sauerbrunnen, Burgruine, Eisen-
erzgrnbe, klimatischer Kurort. Eisenerzgruben und -lager finden sich noch bei
Hillesheim (Steinbrüche), Niederehe, Glaadt k. — Jünkerath (Bahnhof)
und Müllenborn mit Eisenwerken. — Neroth, Dorf, mit Burg auf vulka-
nischem Berge.