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1. Geschichte der Neuzeit - S. 111

1912 - Frankfurt a.M. [u.a.] : Diesterweg
111 Philosophen Leibniz aus Hannover, der auch auf sorgliche Pflege und Verbesserung der teutschen Sprache" drang; auch den Elssser Philipp Jakob Spener, den Begrnder des Eemtschristentums, des Pietis-mus, holte er nach Berlin. Er wandelte die Ritterakademie zu Halle zur Universitt um; an ihr wirkte Speners Geistesverwandter, August Her-mann Francke, gleich segensreich auf der Lehrkanzel wie an den Er-ziehungsanstalten des von ihm geschaffenen Waisenhauses. Auch der Pro-fessor Christian Thomasius, der sich wegen seiner neuen Gedanken und seiner in deutscher Sprache gehaltenen Vorlesungen in Leipzig manche Anfeindungen zugezogen hatte, fand seinen Wirkungskreis in Halle. In dem Hamburger Knstler Andreas Schlter besa der Hof den bedeutendsten Vertreter des Barockstils: der Groe Kurfürst mit der Stirn des Zeus" und die Masken sterbender Krieger am Zeughaus, der jetzigen Ruhmeshalle, sind Werke seiner plastischen Kunst; seine grozgige Architektur tritt im Knigsschlo zutage mit seiner ernsten Pracht und den wuchtigen Linien seiner Sulenstellungen, die mehrere Stockwerke umfassen. Aber diese Splendeur" des jungen Knigshofes berstieg Friedrichs Einknfte, und er stellte daher sein Heer gern gegen Subsidien" in fremde Dienste. Darum mute er dem Ablauf des Nordischen Kriegs unttig zuschauen, weil seine Regimenter in den Niederlanden and in Italien fr den Kaiser und die Macht des Hauses Habsburg fochten. 2. Friedrich Wilhelm I., der mit 25 Iahren zur Regierung kam, war ganz das Gegenteil seines Vaters: schlicht, sparsam, glubig, eine derbe Soldatennatur, voll strmischen Ttigkeitsdranges: Quidquid vult, vehementer vult, sagte ein Augenzeuge seines Wirkens: alles, was er will, will er heftig; Cito, cito! (schnell! schnell!) stand gewhnlich auf seinen Schriftstcken. Den Hofbeamten, soweit er sie nicht entlie, minderte er das Gehalt auf ein Viertel; die Weinvorrte der Hofkellereien und die meisten Pferde seines Marstalls verkaufte er, das Silber wanderte in die Mnze. Sein ganzes Trachten galt der inneren Strkung seines Staates. Dem Kaiser war er treu ergeben, ohne sein Handeln von ihm beeinflussen zu lassen: Ich mache es so wie Wallenstein," schrieb er einmal: wenn der eine Ordre vom Kaiser kriegte, so kte er sie und steckte sie versiegelt ans Fenster." Auch auf stndische Verhandlungen hielt er nicht viel: er lasse, sagte er, den Herren Junkern den Wind vom Landtag." Er stabilierte die Souvernitt wie einen Rocher von Bronze". Vom Ertrag seiner Domnen, den er von 1,8 auf 3,5 Millionen hob, nahm er nur 50 000 Taler fr sich. Schonungslos zog er auch den widerstrebenden Adel, wenigstens in Preußen und Pommern, zur Kon-tributton heran; fr die Städte bestand die Akzise weiter.

2. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 157

1900 - Leipzig : Spamer
Neuseeland. 157 noch in späteren Zeiten eine Erinnerung an ihre Thaten zu haben. Man hat einige Künstler, welche sich nur mit Tättowierung abgeben und eine vorzügliche Gewandtheit in der Herstellung regelmäßiger Formen besitzen. Sie bedienen sich hierzu vorzugsweise eines scharfen Knochens, der bisweilen noch mit einigen Zähnen versehen ist. Man setzt ihn auf die Haut und schlägt mit einem Stäbchen auf den Rücken desselben, damit er tief genug eindringe. Da hierbei Blutungen entstehen, so wartet man, bis dieselben gestillt sind, worauf man die Furchen mit einem in Farben getauchten Vorratshaus eines Nlaori. Pinsel bestreicht. Mit der Tättowierung hat es ungefähr dieselbe Be- wandtnis wie mit unsern Wappen. Bei Verträgen mit Häuptlingen ver- tritt die Abzeichnung ihrer Tättowierung, Moko genannt, die Stelle der Unterschrift. Frauen dürfen sich nur wenig tättowieren, Sklaven gar nicht. Diese Operation wird nicht auf einmal, sondern nach und nach gemacht. Der Charakter des Neuseeländers oder Maori ist ein Verein von guten und schlechten Eigenschaften, eine Mischung von Sanftmut und Grausamkeit, die ihn zum furchtbarsten Kannibalen macht. Ist er ruhig, so zeigt sein Gesicht Gutmütigkeit und Freundlichkeit, gerät er in Zorn und Wut, so ist jeder Zug, jede Gebärde völlig entstellt. Rachsucht ist

3. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 73

1900 - Leipzig : Spamer
Der niederländische Handel in Ostindien. 73 Jetzt erst trat die niederländische Staatsregierung durch Übernahme der Verwaltung der indischen Besitzungen in ihre natürlichen Rechte, die sie viel zu lange einer Gesellschaft von Kaufleuten überlassen hatte. Die Finanzen Niederländisch-Jndiens waren zerrüttet, der Handel nach Abzug der großen administrativen Ausgaben nicht mehr einträglich, und es be- durfte eine Zeit der politischen Ruhe, verbunden mit einer weisen und ehrlichen Verwaltung, um die zerrütteten Zustände wieder zu heben. Hätte die Fruchtbarkeit des Bodens den Fleiß des Landmannes nicht stets Eigentümliche Segepellung hinlerindifcher Hüllen- und Fluftfahi zeuge. durch reichlichen Ertrag belohnt und den wenigen Bedürfnissen des be- scheidenen Bewohners überflüssig Genüge geleistet, so wäre das reiche Indien infolge der vielen Abgaben und Erpressungen in Not und Elend geraten. Aber die Armut der öffentlichen Kassen und der Mangel an Silber berührte den Inländer wenig, dem die gütige Natur alles zum Leben Notwendige lieferte. Fragt man nach der Ursache des Verfalls der im ersten Jahrhundert ihres Bestehens so blühenden Handelsgesellschaft, so müssen wir dieselbe ganz vorzüglich in der schon erwähnten unnatürlichen Stellung zum Staate suchen, ebenso in der außergewöhnlichen, einer Privatgesellschaft nicht zu-

4. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 86

1900 - Leipzig : Spamer
86 Die Niederländer in Java und auf den übrigen ostindischen Inseln. begabt sind. Dabei nimmt deren Seelenzahl mit Riesenschritten zu; Handel und Industrie sind in fortwährendem Steigen begriffen, die Ge- sittung und Moralität heben sich, und dabei wird weder die Sprache noch die Religion der Väter aufgegeben; die alten Sitten sind, insofern sie nicht durch die Fortschritte als veraltet erscheinen, geehrt; die Geschichte und die Denkmäler früherer Zeiten werden sorgfältig gepflegt. Man läßt die Nationalität nicht nur als ein Gegebenes bestehen und sucht sie nicht zu unterdrücken, sondern man faßt sie als einen lebendigen organischen Be- standteil des Völkerlebens auf und sucht ihr Wachstum und ihre Ent- Wickelung zu fördern. Der Javanese hat nicht aufgehört Mohammedaner zu sein: er ist es jetzt nur in einem besseren Sinne als früher, indem er weniger abergläubisch, dafür intelligenter und moralisch besser geworden ist als ehedem. Hat es auch bei aller Ruhe und allem Fortschritt, die sich überall in den holländischen Kolonien offenbaren, keineswegs an Zwischenfällen gefehlt, die besonders durch religiöse Schwärmerei hervor- geruseu wurden, so haben doch diese nur vorübergehende Störungen verursacht. Die religiöse Schwärmerei und der Aberglaube äußern sich allerdings bei den Javanesen nicht selten durch sonderbare Handlungen, die jedoch schon seit langer Zeit keine politische Gefährlichkeit mehr haben, oder denen die Regierung durch kluges Verhalten zuvorzukommen weiß. Hat auch das Kultursystem und dessen Durchführung anfänglich manche Härten mit sich geführt, so sind dieselben doch allmählich aus- geglichen worden. Die Zwangskulturen haben nach und nach aufgehört und beschränken sich nur noch auf Zucker und Kaffee. Die Frondienste sind auf das geringste Maß festgesetzt, und es wird auch für dieselben schon ein billiger Lohn gezahlt. Die Häuptlinge brauchen nicht mehr zu Erpressungen ihre Zuflucht zu nehmen, und die Landbevölkerung gelangt zu immer fortschreitendem Wohlstande. Die Sklaverei hat längst ausgehört, und der Javanese versöhnt sich mit der Arbeit. Man erfreut sich dort einer Herrschaft, die um so weniger empfindlich ist, als sie sich den herkömmlichen Anschauungen anschließt. Die Niederländer haben ihren Beamten den Eid aufgelegt, die Ein- geborenen zu schützen und für deren Wohl nach allen Kräften zu sorgen. Daher wird auch jetzt ein beträchtlicher Teil der Jahreseinnahmen auf Verminderung der Steuern, auf die geistige Hebung des Volkes und auf Förderung ihres Handels und Verkehrs verwendet. Mit unermüdlichem Eifer ist man mit dem Bau von Eisenbahnen und Telegraphen vor- gegangen. Mag auch das Kultursystem eine Bevormundung in sich schließen, so haben doch die besten Kenner jener Völker es für das einzig richtige Mittel erkannt, ein Naturvolk, wie die Malaien der ostindischen Inseln, auf eine höhere Stufe der Bildung zu erheben.

5. Griechische und römische Geschichte - S. 122

1916 - Frankfurt a. M. [u.a.] : Diesterweg
122 Die Kaiserzeit. Gottes". „Sei wahr gegen die Menschen!" „Handle immer so, daß der Tod dich jeden Augenblick abrufen kann". Auf einem zweiten Zuge gegen die Markomannen und Quaden starb Kaiser Mark Aurel in Vindobona (Wien). „Ich habe nie einen Menschen betrübt", hatte er kurz vorher geschrieben. 12. Aber allen diesen trefflichen Herrschern erschienen die Christen und nicht minder die Juden, mit denen man sie häufig verwechselte, als eine Gefahr für das Römertum, als Zerstörer des Römerstaats und der Römerreligion, zumal die neue Religion zunächst unter Sklaven und Armen Verbreitung fand*). Die Christen galten als staatsgefährliche Gottesleugner (Atheisten); denn sie weigerten den Kaiserbildern göttliche Verehrung und machten kein Hehl aus ihrem Abscheu gegen die Götter. Gar oft erscholl daher der Ruf: „Die Christen vor die Löwen!" Unter Trajan wurden sie gefoltert und mit halbgeschorenem Kopf in die Steinbrüche und Bergwerke geschickt. So konnten sie nur verstohlen Gottesdienst abhalten in ihren unterirdischen Grabkammern bei Rom und Neapel: den Katakomben. Aber je grausamer die Verfolgungen wurden, desto stärker wuchs die Zahl der Bekenner. Ihrer Lehre wandten sich mehr und mehr auch vornehme Frauen zu, wie die Blutzeugin Cäcilia, welche die Kirche als Erfinderin der Orgel verehrt. 4. Der Ausgang Roms und der Sieg des Christentums. * *1. Auf die Zeit der Adoptivkaiser folgte fast ein volles Jahr- hundert wilder Soldatenernpörungen. Nach der Laune eines Augenblicks riefen einzelne Truppenteile ihre Führer zu Imperatoren aus und verließen ihre Stellung an der Grenze, um andere Kaiser zu bekämpfen. Keiner der Purpurträger dieses Zeitraumes ist eines natürlichen Todes gestorben außer Septimius Severus, der auf der britannischen Erenzwacht in Eboracum (9)orf) verschied; an seine Kriegszüge erinnert ein Triumphbogen, der im Südflügel des Berliner Kaiserschlosses nachgebildet ist. Die Provinzen verarmten unter der Last der Steuern; auf der Folter erpreßte man die Steuererklärungen; die Bevölkerung starb aus. *) Die Verbreitung des Christentums unter den „Mühseligen und Beladenen" stellen u. a. die Romane von E. Ebers („Homo sum“; „Der Kaiser") und E. Taylor („Sintinöus") dar.

6. Von der Restauration zur Reichsgründung - S. 53

1913 - Frankfurt am Main : Diesterweg
Friedrich List: Das nationale Systenl der politischen Ökonomie. 53 stärker als die Macht der Theorie. Dem Kngstruf der Ittanufamuristen, zumal da er aus einer Gegend kam, die sich nach ihrem früheren verbände mit Frankreich sehnte und deren Zuneigung zu erwerben der Mühe wert war, durfte man nicht zu lange das Ohr verschließen. Mehr und mehr verbreitete sich in jener Zeit die Meinung, die englische Regierung begünstige auf außerordentliche weise die Überschwemmung der Kontinentalmärkte mit Manufakturwaren in der Absicht, die Kontinentalmanufakturen in der wiege zu ersticken. Diese Meinung ist ins Lächerliche gezogen worden; daß sie aber herrschte, war natürlich genug, einmal weil die Überschwemmung wirklich in der Art statthatte, als ob sie eigens zu dem erwähnten Zweck organisiert gewesen wäre, und zweitens, weil ein berühmtes Parlamentsmitglied, Herr Henri) Brougham22, im Jahre 1815 mit dürren Worten im Parlament gesagt hatte: »That it was well worth while to incur a loss on the exportation of english manufactures in order to stifle in the cradle of the foreign manufactur e s.« Diese Idee des als Philanthropen, Kosmopoliten und Liberalen seitdem so berühmt gewordenen Lords wurde zehn Jahre später von dem nicht minder als liberal berühmten Parlamentsglied humc23 fast mit denselben Worten wiederholt; auch er wollte, „daß man die Kontinentalfabriken in den windeln ersticke". Endlich ward die Bitte der preußischen Manufakturisten erhört — spät zwar — es ist nicht zu leugnen, wenn man bedenkt, wie peinlich es ist, jahrelang mit dem Tode zu ringen, — aber auf meisterhafte weise. Der preußische Zolltarif vom Jahre 1818 entsprach für die Zeit, in welcher er gegeben war, allen Bedürfnissen der preußischen Industrie, ohne den Schutz auf irgendeine weise zu übertreiben oder dem nützlichen Verkehr des Landes mit dem Rusland zu nahe zu treten. (Er war in seinen Zollsätzen ungleich billiger als die englischen und französischen Zollsysteme und

7. Lesebuch zur Geschichte des 19. Jahrhunderts - S. 57

1909 - Frankfurt am Main [u.a.] : Diesterweg
57 Umarmung; der ha und Zorn, damals ganz jugendliche, frischeste Ge-feilen, welchen noch keine Polizei die Flgel gestutzt hatte, gaben einen Augenblick fast ebenso groe Seligkeiten. Da habe ich viele trefflichste Männer zuerst gesehen und kennen gelernt und war mit einem Male mitten in einem groen, gewaltigen Mnnerbunde, der einen einzigen Gegenstand seines Bedrfnisses hatte: ha und Hbfchttelung und Vernichtung der Welschen. Andere Schibbolethe und Geheimlehren gab es dort gewi bei den wenigsten, wenigstens bei mir keine andere. hier aber klang es nun bald wieder marsch! Der König von Preußen hatte sich der Weltlage nach mit dem Erzfeind verbinden mssen, und im Anfange des Mrzes machte ich mich weiter gegen Osten nach Breslau auf den Weg, auer dem russischen Passe auch mit einem sterreichischen, auf die bhmischen Bader lautenden versehen. Als das Bndnis mit Napoleon bekannt war, nahmen und erhielten viele preuische Offiziere, welchen das herz zu schwer ward, unter franzsischen Fahnen zu streiten, von dem Könige gndigen Abschied.1) Diele gingen nach Schlesien, dort zu warten, wie die Dinge sich entwickeln wrden: andere suchten, ehe ihnen alles gesperrt wrde, die verschiedenen Straen, welche zur See und zu Lande nach Rußland fhrten, dort Arbeit fr ihre Degen hoffend,- mich nahm der berft Graf Chasot mit in seinen Wagen bis Breslau, wo er noch einige Wochen verweilte und dann nach Rußland entfloh. Meine Breslauer Frhlingsmonate waren zuerst ebenso lebendig und fast auf hnliche Weise lebendig, wie mein Februar in Berlin gewesen war. Zuerst Bekannte schon von Berlin her: die Obersten Graf Chasot und von Gneisenau, der Polizeiprsident Gruner, welcher als ein Fran-zosenseind gezeichnet, natrlich in Berlin jetzt nicht hatte in seiner Stellung bleiben drfen; und auer ihnen mehrere andere. Das bewegte sich einige Wochen in einem Kreise zusammen, bis es nach verschiedenen Seiten hin auseinanderflo, hier hinein kam zuweilen auch der alte General Blcher, der auch bei frhlichen (Belagen etwas vom Feldmarschall hatte. Trotz seines Alters trug er eine herrliche Gestalt, groß und schnell, mit den schnsten, rundesten Gliedern vom Kopf bis zum Fu, seine Arme, Beine und Schenkel noch fast wie eines 3nglings scharf und fest gezeichnet. Am meisten erstaunte sein Gesicht. (Es hatte zwei verschiedene Welten, die selbst bei Scherz und Spa, welchen er sich ganz frisch und soldatisch mit jedem ergab, ihre Farben nicht wechselten: auf Stirn, Nase und in den Augen konnten Götter wohnen; um Kinn und Mund trieben die gewhnlichen Sterblichen ihr Wesen. Da ich es sage: in jener oberen Region war nicht allein Schnheit und hoheit ausgedrckt, sondern auch eine tiefe Schwermut, die ich der schwarzdunklen Augen wegen, die der finstern Meeresblue glichen, fast eine Meerschwermut nennen mchte; denn wie freundlich diese Augen auch zu lachen und zu winken verstanden, sie verdunkelten sich oft auch pltzlich zu einem frchterlichen Ernst und Zorn. War der alte Held ja auch nach dem Unglck von 1805 und 1807, *) (Es waren nur etwa 30.

8. Lesebuch zur Geschichte des 19. Jahrhunderts - S. 61

1909 - Frankfurt am Main [u.a.] : Diesterweg
61 hatte mich das nicht abgehalten, mich an jenem Morgen auf die Strae zu begeben, um mir den hochgewaltigen Mann, dessen Name auf allen Lippen war, mglichst von nahem zu besehen. Huch war es mir gelungen, in einem Augenblicke, da er anhielt, um eine Meldung anzuhren, nicht weit von seinem Pferde Fu zu fassen. Da blickte ich ihm lange in sein gelblich fahles, damals schon gedunsenes Gesicht, das mir den Eindruck eines Leichenfeldes machte. Seine festen imperatorischen Zge waren kalt und ruhig, seine Rgen tot, und gleichgltig ruhte sein trber Blick ein Weilchen auf dem kleinen, ihn neugierig anstarrenden Knaben. Dann ritt er langsam weiter, von seinem glnzenden Stabe gefolgt. lieben ihm war Murat, der König von Neapel. (Er sah phantastisch aus, wie ein Theaterprinz, trug ein Barett mit Strauenfedern, gestickte Schnrstiefel und einen kurzen, reich mit Gold belegten Waffenrock. Aber neben der einfachen Gestalt des Kaisers entschwand er schnell dem Blicke. Jenem blickte ich lange nach, dem kleinen, unscheinbaren, groen Manne mit seinem schlichten berrckchen. Das also war er! dacht' ich. Napoleon ritt seitdem noch oft vorber, doch meine Mutter sah ihn nie. Wie nachteilige Speisen ihr nicht schmeckten, auch nicht die delikatesten, so mochte sie auch nichts sehen, was ihr verderblich schien, wenn es auch noch so interessant war. In ihren Rgen war jener groe Mann nichts anderes, als eine dem Rbgrunde der Hlle entstiegene Schreck-gestalt, ein Dieb, ein Ruber, ein Mrder, ein Vielfra an Lndern, Blut und eitler (Ehre. Seine Gre bewunderte sie am wenigsten. Was sie davon erkannte, schrieb sie lediglich dem Zorne Gottes zu, der ihn als einen giftigen Skorpion vom Staube aufgerafft, die Welt mit ihm zu geieln. Man kann sich daher ihr Befremden denken, als sie erfuhr, da eine Dame unserer Bekanntschaft voll Begeisterung ausgerufen habe: <D, da ich ihm die Fe kssen drfte und dann sterben!" Veder Neapoli e poi morir 1" parodierte mein Vater. (Er seinerseits hatte brigens jede Gelegenheit wahrgenommen, den groen Mann 3u sehen, so oft er konnte, nicht, um daran zu sterben, sondern nur, um sich seine Zge einzuprgen. Dann malte er ein schnes dsteres Bild, das er seiner Sammlung von Zeitgenossen einverleibte. 3. Deutschlands Lage im Jahre 18*2. Steins Denkschrift an Kaiser Alexander. Pertz, a. a. (D. Da alles den Rusbruch des Krieges ankndigt, so ist es ntig, die "Mglichkeit zu untersuchen, die Krfte Deutschlands zugunsten Nulands und seiner Verbndeten wirksam zu machen; sie stehen jetzt zur Verfgung Napoleons, und es kommt darauf an, Mittel zu finden, um sie aufzulsen, ober gegen ihn zu richten, indem man die Meinungen so weit erhebt, da sie sich offen gegen ihn aussprechen. Die Stimmung der deutschen Bevlkerung ist gegen die jetzige (Drbnung vber Dinge und gegen beren Urheber erbittert; sie sieht ihre Unabhngigkeit,

9. Lesebuch zur Geschichte des 19. Jahrhunderts - S. 261

1909 - Frankfurt am Main [u.a.] : Diesterweg
261 ihn zu bitten, nicht wieder verloren und fhle, wenn nicht Frieden, doch vertrauen und Lebensmut in mir, wie ich sie sonst nicht mehr kannte. Welchen Wert Sie dieser erst zwei Monate alten Hegung meines Herzens beilegen werden, wei ich nicht; nur hoffe ich, soll sie, was auch der mich beschlossen sein mag, unverloren bleiben; eine Hoffnung, die ich Ihnen nicht anders habe bekrftigen knnen, als durch unumwundene Offenheit und Treue in dem, was ich Ihnen, und sonst nioch niemandem, hier vorgetragen habe, mit der berzeugung, da Gott es den Hufrichtigen gelingen lasse. Bismarck, b) Charakter Fürst Bismarcks. v. St)bel, Die Begrndung des Deutschen Reiches. Mnchen 1901. Gldenbourg. Bismarck stand im Jahre 1851 mit 36 Lebensjahren in der vollen Blte des krftigsten Mannesalter. (Eine hohe Gestalt, welche die Mehrzahl der Menschenkinder um eine Kopfeslnge berragte, ein gesundheitstrahlendes Antlitz, ein von Geist belebter Blick, in Mund und Kinn der klusdruck unbeugsamen Willens, so erschien er damals den Zeitgenossen, in jedem (Besprche erfllt von eigenartigen Gedanken, farbigen Bildern, frappanten Wendungen, von gewinnender Liebenswrdigkeit im geselligen, von schneidender berlegenheit im geschftlichen Verkehr. Sein Bildungsgang war grtenteils der eines Autodidakten gewesen; die frische Ursprng-lichkeit seiner Natur hatte er weder durch mechanische Schulung noch durch uerlichen Dienstzwang einschnren oder umschleifen lassen. Huf der Universitt hatte er bald den Besuch langweiliger Vorlesungen aufge-geben und als flotter Korpsbursche alle Freuden der akademischen Frei-heit grndlich genossen. Hb er sein Dasein ging nicht, wie bei so vielen, im Korpsdienst auf und unter, um dann in geistlosem Philistertum hinzuschleichen: sondern kein Tag erschien, an dem er nicht nach lehrreicher und anregender Lektre gegriffen und den aufstrebenden Gedanken Nahrung und Erfrischung geboten htte. Schon als Knabe hatte er eifrig Geographie getrieben, welche Wissenschaft sich damals noch nicht zu der modernen Vereinigung von Fragmenten aller Naturwissenschaften entfaltet hatte, sondern sich wesentlich mit der Verteilung und den ueren Zustnden der Menschen in den verschiedenen Lndern befate: Bismarck pflegte gern zu erzählen, wie frh ihm durch grndliches Studium der Karte von Deutschland mit ihrem Farbenreichtum von 39 verschiedenen Landesgrenzen die (Erkenntnis der Naturwidrigkeit eines solchen Gebildes aufgegangen sei. vor allem aber widmete er sich, wie nach einem Vorgefhl des knftigen Wirkens, historischen Studien. Nach der eigenen, weiteren Er-fahrung sprach er den Grundsatz aus, fr jeden Staatslenker sei ein richtig geleitetes Studium der Geschichte die wesentliche Grundlage des Wissens; hier allein sei zu lernen, was bei der Verhandlung mit anderen Staaten in jeder Frage erreichbar sei; in der Fhigkeit aber, die Grenzen des (Erreichbaren zu erkennen, sei die hchste Hufgabe der diplomatischen Kunst bezeichnet. Sein ganzes spteres Leben bildet einen praktischen Kommentar zu

10. Lesebuch zur Geschichte des 19. Jahrhunderts - S. 46

1909 - Frankfurt am Main [u.a.] : Diesterweg
46 brach, die sich gusdruck suchte, suchen mute, selbst auf die Gefahr hin, an der tdeit zu zerschellen. Und was war diese Idee? Man kann sie am krzesten vielleicht in die Worte Erweckung des Gemeingeistes" hineinlegen. Man mu bemht sein, die ganze Masse der in der Nation vor-handenen Krfte auf die Besorgung ihrer ffentlichen Geschfte zu lenken," so drckt Stein selber es aus, und ganz bewut hat er mit bezeichnenden Worten den Zustand ausgemalt, den er durch das von ihm empfohlene Heilmittel berwinden wollte, verweigert man dem Volke das Mit-wirken, so entsteht Mimut und Unwille," fhrt er aus, die arbeitenden und die mittleren Stnde werden alsann verunedelt, indem ihre Ttigkeit ausschlielich auf Erwerb und Genu gerichtet wird. Die oberen Stnde sinken in der ffentlichen Achtung durch Genuliebe und Mig-gang; die spekulativen Wissenschaften erhalten einen usurpierten Wert: das Gemeinntzige wird vernachlssigt, und das Sonderbare, Unverstnd-liche zieht die Aufmerksamkeit des menschlichen Geistes auf sich, der sich einem migen hinbrten berlt, statt zu einem krftigen handeln zu schreiten. Man ttet, indem man die Brger von aller Teilnahme an der Verwaltung entfernt, den Gemeingeist und den Geist der Monarchie." Diese berzeugung hat Stein durch sein ganzes Leben begleitet. Ihren Spuren begegnen wir in allen seinen Schriften und allen feinen Taten, und wie ein echter, guter Baumeister hat er das ganze stolze Staats-gebude, das er aufzufhren gedachte, und davon er uns die genauen Plne hinterlie, auf diesem Grunde, den er als den festeren erkannt hatte, aufgebaut. Sie alle wissen, da es ihm nicht vergnnt war, sein Werk zu voll-enden. Wenig mehr als ein Jahr lang hat er als leitender Minister an der Wiederaufrichtung des zusammengebrochenen Staates mitarbeiten drfen. (Einen Tag vor dem Tilsiter Frieden, der der das Schicksal Preuens entschied, indem er die eine Hlfte des Knigreichs abri und die andere im Zustande vollkommenster Russaugung dem schwergeprften Monarchen zurckgab, einen Tag vor diesem unglckseligen 7. Juli 1807 war es, als König Friedrich Wilhelm Iii. sich zu Steins Berufung entschlo. (Es mochte dem stolzen Herrscher nicht leicht werden, den Mann zurckzurufen, den er ein Jahr zuvor ungndig entlassen hatte. Eber auch er hatte wohl erkannt, da nach dem Zusammenbruch der alten Ordnung es einer (Erneuerung von Grund auf bedurfte, und fest und besonnen, selbstlos und pflichtgetreu, wie jemals ein Fürst auf einem groen Throne," hat Friedrich Wilhelm Iii. nach Sybels Wort dieses Gelbnis gehalten. (Es ist fast rhrend fr uns Nachfahren zu sehen, wie damals aller Augen auf den einen Mann gerichtet waren. Sie find tatschlich der einzige, auf den alle guten Patrioten ihre Hoffnung fetzen," schrieb der Kanzler Hardenberg an ihn. Knnen Sie dieses Land unglcklich und verlassen sehen und ihm die Talente, die Einsichten verweigern, die allein uns noch von unserm Fall erheben knnen? Hardenberg sieht fr feinen
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