1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
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- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
454 Zweites Kapitel.
französischen Zeit furchtbar, zumal die Hauptschlachten des Freiheitskrieges in Sachsen
geschlagen wurden. Nach Napoleons Sturz erlangte Preußen von Sachsen 367%
Quadratmeilen und 864400 Einwohner, während die Mark Meißen (mit Ausnahme
des nördlichsten Striches), der größte Teil der Oberlansitz und das Gebiet zwischen
Mulde und Elster (das Pleißnerland und der südliche Teil des Osterlandes), im ganzen
27172 Quadratmeilen mit 1182744 Einwohnern dem Könige Friedrich August I.
verblieben. Derselbe that fortan viel für die Hebung des Landes. König Anton
(1827—36) gab dem Lande (1831) eine Verfassung. Unter König Johann (1854—73)
trat Sachsen dem Norddeutschen Bunde bei, welcher 1871 sich zu dem Deutschen
Reiche erweiterte. Im Jahre 1866 Bundesgenosse Österreichs gegen-Preußen, trug
König Johann im französischen Kriege thatkräftig zur Niederwerfung des Erbfeindes
und zur Neugestaltung nnsres Vaterlandes bei; der jetzige König, Albert, aber war
als Kronprinz einer der ruhmreichsten Heerführer gegen Frankreich.
Betrachten wir die Erhebungsverhältnisse des Landes, so finden wir, daß
die südliche Hälfte desselben Gebirgsland ist, woran sich nordwärts Hügel-
land (^/z) und erst an dieses wiederum Flachland (V6) schließt. In dem Ge-
birgslande treten von Osten nach Westen zu das Lausitzer, Elbsandstein-, Erz-
und Elstergebirge hervor; das Erzgebirge ist das Hauptgebirge.
Das Lausitzer Gebirge reicht bis zur Südostgrenze Sachsens und besteht aus
zahlreichen Berggruppen; die höchsten Punkte (die Lausche und der Oybin, der Hoch-
wald, der Czorneboh bei Bautzen ?e.) übersteigen nicht eine Höhe von 830 in; es
besteht vorherrschend aus Granit, daneben ans Sandstein und Basalt. Das West-
wärts folgende Elbfandsteingebirge (die „Sächsische Schweiz"), zu beiden Seiten der
Elbe, besteht aus Quadersandstein, welcher an einzelnen Stellen durch Basaltmassen
durchbrochen wird. Gegen Südwesten folgt dann das Erzgebirge, ein ausgevräates
Kammgebirge, welches gegen Süden steil abfällt, dagegen nach Norden hin sich alt-
mählich abstuft. Es ist in seinem südwestlichen Teile am höchsten (sein Kamm bis
zu 1000 m und seine höchsten Kuppen, Fichtelberg, Keilberg, Auersberg, über 1200 m
hoch). Dem Erzgebirge ist das sächsische Mittelgebirge vorgelagert, welches von
Glauchau au 60 km weit östlich zieht und am Ostende mit dem Erzgebirge zu-
sammenhängt; noch weiter nördlich folgt das sächsische Bergland bis an die Linie
Meißen-Ofchatz-Grimma-Altenburg hin. Der östliche Teil des Erzgebirges besteht
bis zur Zschopau hin hauptsächlich aus Gneis, stellenweise auch aus Granit, der
südwestliche aus Glimmer- und Thonschiefer sowie gleichfalls aus Granit. Die Ur-
gesteine werden vielfach von Basalt, Phonolith, Porphyr und Melaphyr durchsetzt
(besonders an der unteren Zschopau und in der Nähe des Zwickauer Beckens). An
dem Nordrande der Urgebirgsschichten tritt Steinkohlengebirge mit stellenweise sehr
reichhaltigen Flözen auf; das nördliche Bergland enthält Brannkohlenlager (bei
Grimma, Oschatz, Bautzen). Das Erzgebirge ist reich an Erzen, besonders an Blei,
Silber, Zinn und Eisen.
^ Die Bewässerung des Königreichs Sachsen ist sehr günstig. Zahlreiche
Flüsse und Bäche entspringen den im Südeu des Landes liegenden Gebirgen,
nm sich größtenteils in den Elbstrom zu ergießeu, welcher den Hanptstrom
Sachsens bildet. __
Nur die Lausitzer Neiße, welche, nachdem sie in Böhmen ihren Ursprung ge-
funden hat, nach Sachsen übertritt, gehört der Oder an. Die Elbe tritt als 130 m
breiter, schiffbarer Strom in das Königreich, durchbricht zunächst das Elbsandstein-
gebirge, fließt dann durch den Thalkessel von Dresden, wird bis Meißen von Höhen-
zügen begleitet und verläßt Sachsen oberhalb Mühlberg (bei Strehla); sie hat in
diesem Lande eine schiffbare Strecke von 117 km. Von den linken Nebenflüssen der
Elbe find links die Mulde, welche sich aus der Zwickauer und Freiberger Mulde
(Zufluß Zschopau) bei Kolditz bildet, und die zur Saale gehende Weiße Elster mit
der Pleiße und Parthe, von den rechten Nebenflüssen die Spree und die Schwarze
Elster mit der Röder zu nennen. Außerdem sind viele kleinere Flüßchen, Flöß-
graben, Bergbaugräben, an stehenden Gewässern indes nur größere deiche (bei
Moritzburg, Wermsdors ?e.), aber keine eigentlichen Landseen vorhanden. An Mineral-
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510 Zweites Kapitel.
entlang bis Arnstadt laufen, in dessen Norden das Land flach wird. Die rudol-
städtische Unterherrschaft wird zu einem großen Teile von dem Kysfhäuser-
gebirge ausgefüllt, doch wird dieselbe auch von der Hainleite (im Südwesten)
berührt und enthält (gegen Osten) auch Flachland; die Sondershäusische Unter-
Herrschaft wird in ihrem nördlichen Teile von einem Höhenzuge berührt, der
sich ostwärts in die Kyffhäuserberge und die Bendeleber Höhen spaltet, in ihrem
südlichen Teile hingegen von der Hainleite durchzogen.
Unter den Kuppen des Thüringer Waldes finden sich (im Rndolstädtischen) der
Wurzelberg (867 na), der Hettftedt (820 m) und der Trippstein, ferner (im Sonders-
häufenschen) der Silberberg (752 in), der Dreiherrenstein (783 in) und der Rehberg
(814 na); aus dem südlichen Teile des Hochlandes ragen empor (im Rudolstädtischen)
der Hainberg (691 na), der Große Kalm (546 in) und der Singerberg (582 in), serner
(im Sondershäusenschen) an der Gera die Königsleite bei Gossel (518 m) und der
Fürstenberg bei Arnstadt (299 in). In den Unterherrschaften erheben sich: auf der
Hainleite der Possen bei Sondershausen (442 na); auf dem Kyffhäusergebirge das
Lengefeld (486 in). — In geognostischer Beziehung enthält die Oberherrschaft des
Fürstentums Rudolstadt von Süden nach Norden zunächst besonders Grauwacke und
Thonschiefer, dann (zwischen Rinne und Schwarza) eiuen Streifen Zechstein, weiter
(vom oberen Jlmgebiete bis in die Saalegegend) Sandstein und endlich Muschelkalk;
die Oberherrschaft von Sondershausen dagegen in der Aufeinanderfolge von Süden
nach Norden erst Grauwackeuformation, dann einen Streifen von Quarz, Glimmer-
Porphyr und Steinkohlenformation, weiterhin (am Nordabhange des Thüringer
Waldes) Buntsandstein mit Mergellagern und Gips, noch nördlicher (von Plaue an)
Muschelkalk und endlich (im Flachlande) Keuper. — Beide Unterherrschaften gehören
der Triasformation an. In dem größeren sondershäusischen Gebiete treten außer den
Triasgesteinen Zechstein, ein Braunkohlenlager (östlich von Sondershausen) und
Tuffstein (bei Greußen im Helbethale) auf; im rudolstädtischen Anteil der Unterherr-
schast kommen am Kyffhäusergebirge in der Nähe der Rotenburg und der Kyffhäuser-
bürg Grauit, Syenit, Zechstein, Rotliegendes und Porphyr zu Tage; bei Franken-
Hausen findet sich ferner ein Steinsalz- und ein Braunkohlenlager. Eisenerze werden
namentlich bei Könitz gefunden.
Der Boden ist in der Unterherrschaft und in einzelnen Thalgründen und
tieferen Strichen der Oberherrschaft des Fürstentums Schwarzburg-Rudol-
stadt, sowie im Llrnstädter Bezirke und in der Uulerherrfchaft des Fürstentums
Schwarzburg-Sondershausen vorherrschend fruchtbar, in den gebirgigen Gegenden
beider Länder dagegen für den Ackerbau wenig branchbar. In letzteren Gebieten
finden sich vorherrschend Waldungen, welche überhaupt verhältnismäßig sehr
verbreitet sind.
Im Jahre 1883 enthielten die Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt, bez.
Sondershausen an Acker-, Gartenland ?e. 39338, bez. 50306, an Wiesen 7482,
bez. 3864, an Weiden, Hutungen ?e. 2222, bez. 1921, an Forstungen ?e. 41347,
bez. 25978, an Haus- und Hofräumen 2c 3654, bez. 4150 ha. — In Schwarzburg-
Sondershausen ist verhältnismäßig viel Ackerland (58,4 Proz. gegen 48,7 Proz. im
Reichsdurchschnitt), in diesem und Schwarzburg-Rudvlstadt auch viel Wald(30„, bez.
44 Proz., gegen 25,7 Proz. im Reichsdurchschnitt) vorhanden. Die Waldungelr- sind
in der rudolstädtischen Oberherrschaft und in den sondershäusischen Gebieten des
Thüringer Waldes überwiegend Nadelholz, in den andern Gebieten (Arnstädter Ge-
gend, Kyffhäuser ?e.) überwiegend Laubholz, Im ganzen beträgt das Nadelholz in
Sondershausen 55, in Rudolstadt über 82 Proz., davon kommt der größte Teil auf
Fichten und Tannen. Sondershausen hat bedeutende Staats- und Kronforsten
(16 785 dkl, 64,g Proz.), und weniger ausgedehnte Gemeinde-, Stiftungs-, Genoffen-
und Privatforsten (2512, bez. 242, 3836 und 2603 ha), Rudolstadt neben bedeu-
tendeu Staats- und Kronforsten (18881 ha oder 45,7 Proz.) namentlich viele Privat-
forsten (16807 ha oder 40,7 Proz), wogegen die Gemeindeforsten (10,4 Proz.),
namentlich aber die Stifts- und Genossenforsten zurücktreten (1,2, bez. 2,0 Proz.).
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140 Das Festland Australien.
eingefaßt und von einem reißenden Fliißchen durchflössen. Längs des Users
und zwischen den Bäumen der angrenzenden Abhänge waren Zelte errichtet
oder Hütten aus Ästen, wie man sie sich in ein oder zwei Stunden auf-
bauen kann. Ihre Zahl war sehr bedeutend, indem auf dem Räume von
einer Viertelstunde mindestens 5000 Menschen in vollster Thätigkeit waren.
Dieselben hatten sich in wenigen Wochen zusammengefunden. Auch er init
seinen Genossen errichtete sich eine Hütte und ging mit ihnen alsdann aufs
Goldsuchen aus. Die Stelle, welche das reichste Goldlager enthielt, lag am
Abhänge eines an der Ostseite des Flusses terrassenförmig gegen die Quelle
zu aufsteigenden Hügels, was deshalb erwähnt wird, weil es bemerkens-
wert ist, daß die hauptsächlichsten Goldfelder immer eine solche Lage haben.
Ter Boden war „aufgeschwemmtes Land" und bestaud aus Schichteu von
feinem Saud, Kies, großen Quarzstückeu und weißem Thon. In diesem
Thone, unmittelbar unter dem Quarze lag das Gold. An einigen Stellen,
wo es zuerst gesehen wurde, lag der Quarz obendrauf, an andern lag er
wohl 2—10 m tief. Man mußte, um Gold suchen zu dürfen, eiueu Er-
laubnisschein bei der Regieruug einlösen, welcher nur auf einen Monat
ausgestellt wird, 30 Schilling (30 Mark) kostet und nach Ablauf des
Monats gegen Erlegung derselben Summe wieder erneuert werden muß.
Kein Goldgräber durfte über 2v2 qm Laud aus einmal in Arbeit nehmen,
doch konnten mehrere zusammentreten. Es war daher jener kleine Hügel,
in welchem sich das meiste Gold vorfand, gleich einem Siebe durchlöchert;
die einen gruben den goldhaltigen Thon, die andern wuscheu mit Wiegen
das Gold am Ufer aus. Die Zahl der Goldsucher wuchs mit jedem Tage;
der Hasen von Sydney war seit dem ersten Bekanntwerden mit Schiffen
angefüllt, denn alles verließ seine bisherige Beschäftigung und ging den
Goldsuchern nach.
Es war am 15. Mai 1851, als der „Sydney Morning Herald" die
erste Nachricht von der Auffindung von Gold am Sommerhill-Creek, nahe
bei Bathurst, brachte. Ein Kolonist, Hargreaves mit Namen, der kürz-
lich erst aus Kalifornien zurückgekehrt und dem die große Ähnlichkeit der
Felsenbildung iu der Gegend von Bathurst mit derjenigen in den Gold-
gruben Kaliforniens ausgefallen war, hatte daranf hin Nachforschungen
angestellt und jene große Entdeckung gemacht. Indessen ist Thatsache, daß
in Australien lange vorher schon Gold gefunden worden war. Bereits
zur Zeit, als die Straße über die Blauen Berge gebaut wurde, also im
Jahre 1814 oder 1815, behauptete ein Eisengefangener, der an jener
Straße arbeitete, ein Stück Gold gefunden zu haben. Da aber an dem
von ihm als Fuudort bezeichneten Platze nicht noch mehr solche Stücke
lagen, und es dem Offizier oder Aufseher zu sonderbar schien, so be-
schuldigte man den Mann, er habe sich das Gold aus gestohlenen oder zu-
sammengeschmolzenen Uhren, Ketten u. dergl. selbst fabriziert, und peitschte
ihn aus.
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138 Das Festland Australien.
höheren gebirgigen Steilen, in denen, wie z. B. Mouut Kosciuszko, der
Schnee während des größten Teiles des Jahres liegen bleibt. In Sydney
hat man, solange es bekannt ist, nur einmal (im Jahre 1836) Schnee be-
obachtet. Im allgemeinen ist das Klima der Gesundheit sehr zuträglich,
so daß epidemische Krankheiten fast unbekannt sind. Augenkrankheiten sind
davon ausgeschlossen, sie erscheinen häufig und sind Folge der staubführenden
nordwestlichen Winde. Brustkranken ist das Klima, namentlich in den
Breiten von Sydney, sehr zuträglich. Die Kolonisten klagen nicht selten
über Rheumatismus, doch dürfte dies mehr ihrem unregelmäßigen Leben
als dem Klima zuzuschreiben sein.
Es liegt in der Beschaffenheit des Landes und ist bei solchen klima-
tischen Verhältnissen erklärlich, daß Australien eigentliche Kulturlandschaften
vorzugsweise nur in den Küstenregionen haben kann; das Innere wird,
soweit es sich zur Ernährung von Herden eignet, den Viehzüchtern vor-
behalten bleiben. In den für den Ackerbau geeigneten Distrikten baut
man mit Erfolg alle europäischen Getreidearten, ebenso gedeihen auch
Südfrüchte, Baumwolle und Tabak vortrefflich, namentlich aber verdient
der Weinbau alle Beachtung; bereits wird seit Jahren ein vortrefflicher
einheimischer Rebensaft in den Kolonien getrunken, der auch nach Europa
und Amerika seinen Weg findet.
An Gesteinen finden sich in Australien hauptsächlich und werden nutzbar
gemacht: Granit, Sandstein, Basalte, Kalkstein, Quarz. Man hat bereits
angefangen, letzteren zur Glasfabrikation zu verwenden, während Granit
und Basalt zu Baumaterialien dienen. An vielen, leider fast unzugäng-
lichen Gegenden ist schöner Marmor, Porzellanerde und Töpferthon ge-
fnnden worden. Aus der Ostküste, oberhalb Sydney, werden bei Newcastle
reiche, mächtige Steinkohlenflöze bearbeitet. Braunkohle (Lignit) findet
sich ebenfalls in größeren Lagern vor, und man sängt an, solche aus-
zubeuten. Besonders reich aber ist Australien an edlen Metallen und vor-
nehmlich wieder an Gold. Die Goldwäscher beschränken sich bis jetzt Haupt-
sächlich auf die Kolonien Viktoria und Neusüdwales, doch hat man auch
in Queensland und Südaustralien Gold gefunden, ja vom Golf von Car-
pentaria aus hat auch fchon hin und wieder Gold seinen Weg nach Sydney
gefunden. Es ist über allen Zweifel erhaben, daß sowohl im Norden als
im Innern noch mehr bedeutende Goldfelder entdeckt werden. Seit der
Entdeckung der Goldfelder im Jahre 1851 bis zum Ende des Jahres 1879
hat man von Australien 60 990 855 Unzen im ungefähren Werte von
240 349 413 Pfd. Sterl. oder über 5 000 000 000 Mark Gold aus-
geführt. Doch nicht bloß an Gold, sondern auch an andern Metallen ist
Australien reich, und namentlich an Kupfer, welches hauptsächlich in Süd-
australien und Queensland ausgebeutet wird. In letztgenannter Kolonie
findet sich dasselbe in besonders reichen Erzen. Gediegenes Silber wird
ebenfalls hin und wieder gesunden und namentlich in St. Arnand in
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212 Die Erschließung des schwarzen Erdteils.
Reihe kristallinischer Schiefer, Quarzsandstein, Phyllite, Glimmerschiefer
und Quarzite, welche von Westen nach Osten aufeinander folgen. Granit-
durchbräche sind dem Gebirge im Norden der Loangoküste vorgelagert; andre
Granitmassen finden sich am Kongo, unterhalb Boma und enden mit dem
charakteristischen Fetischfelsen (Fetish Rock) am Südufer -und dem Blitz-
felseu (Stone os Lightning) am Nordufer, durch welche der Austritt des
mächtigen Stromes aus dem Gebirge in seine Niederung markiert wird.
Dieses Schiefergebirge ist reich an wertlosen Granaten und hat im In-
nern Ablagernugen von Magneteisen. Das als Loangoküste bezeichnete
und demselben vorgelagerte Gebiet ist ein Dilnvialgebilde, aus gelbem
lehmigen Sande und feinen sandigen roten Thonen bestehend. Das Lie-
gende in und unter dem Niveau des Meeres, am Strande teilweise durch
die Brandung bloßgelegt, aber auch deshalb schwer zugänglich, wird durch
horizontale Schichten von Brauneisenstein, rötlichem Sandstein und plasti-
schen und steinartigen Thonen, welche dem Jura und der Kreide angehören,
gebildet. An der Loangoküste wechseln häufig Ebenen von 5 bis 12 m Höhe
mit Hügeln von meist sanft abgerundeter Gestalt. Wie die übrigen Ströme
in Niederguinea hat der Kongo wegen der nahe an das Meer herantreten-
den Gebirgszüge nur einen kurzen Unterlauf. Die Fälle und Schnellen, in
denen er das Gebirge durchbrechen muß, setzen der Schiffbarkeit frühzeitig
Schranken. Die obersten Fälle sind die Sangalla, nach welchen sich der
Strom auf eine kurze Strecke bis auf 2 bis 4 englische Meilen erweitert,
um den Hauptdurchbruch bei Bausa N'jnga zu beginnen. Die mächtige
Wassermasse wird hier auf eine Breite bis zu 300 in, zuweilen auch 200 in
zusammengedrängt. Der unterhalb der Fälle liegende Landungsplatz Bansa
Nokki ist nur noch 140 englische Meilen vom Meere entfernt; die Breite
des Stromes beträgt hier 850 in.
Sie schwankt weiter abwärts in der 45 Meilen langen Strecke von
Bansa Nokki bis zum Handelsorte Boma zwischen 700 in und zwei eng-
lischen Meilen.
Boma liegt auf dem nördlichen Ufer in einer steinigen und sandigen
Landstrecke, umgeben von anmutigen, grasbewachsenen Hügelreihen, welche
nach dem Hochlande von San Salvador hinaufführen. Hier beginnt in
einer Entfernung von 95 englischen Meilen von seiner Mündung der sich
durch seine großartige Jnselbilduug charakterisierende Unterlauf. Eine Zeit-
lang begleiten noch höhere Ufer den Strom, dann aber ist alles, Uferland
und Inseln, ein unabsehbarer, überreich getränkter Alluvialbodeu. Der
erste Abschnitt des Flußarchipels liegt 40—45 englische Meilen von der
See entfernt zwischen Boma und dem Handelsorte Punta da Lenha. Die
langgedehnten Inseln sind hier derartig im Flußbette verteilt, daß ein
charakteristischer Hauptstrom nicht mehr zu erkennen ist. Zuerst zeigt sich
in der Mitte des Stromes eine Kette von Inseln, die Bnka-, Kete-, Chombe-
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10 Zweites Kapitel.
Schieferschichten derselben, zersprengt, zerrissen, gehoben, gefaltet und überhaupt der-
ändert. Die granitischen Zentralmassen haben also für die Gestaltung des gewal-
tigen Alpengebäudes den eigentlichen Hebel gebildet. Aber auch diese haben später
mannigfache Umwandlungen erfahren. Denn Hitze, Dämpfe, Gase und Säuren
sorgten fortgesetzt für die Zertrümmerung älterer und die Bildung neuer Gesteine,
und noch jetzt ist dieser Entwickelungsprozeß keineswegs zum Abschlüsse gelangt.
Es läßt sich nun zunächst die Zone der Zentralalpeu unterscheiden,
welche aus kristallinisch-schieferigen Gesteinen, besonders aus Gneis und Glim-
merschiefer bestehen, die von granitischen Massen durchbrochen sind. Diese
Mittelzone wird im Westen, Norden und Süden von Nebenzonen begleitet,
welche größtenteils aus Kalksteinen, Sandsteinen und Schiefern bestehen und,
da die ersteren vorherrschen, mit dem Namen Kalkalpen belegt zu werden
Pflegen. Diese Alpen senken sich gegen die Vorberge und die Ebenen nieder,
welche den Fuß des Gebirges umgeben; sie sind es, die für das Deutsche
Reich nur in Betracht kommen.
Im eigentlichen Sinne ist das Alpengebirge kein Kettengebirge zu
nennen, wie man noch vielfach annimmt, vielmehr zerfällt dasselbe in eine
Anzahl selbständiger Gebirgsgruppen oder Massivs, welche aus einem
Granit- oder Gneisstocke bestehen und wiederum von Schiefern und Kalken
umgeben sind. Diese Gruppen sind entweder unter sich parallel, oder wie Felder
eines Schachbrettes gegeneinander gestellt, zwischen denen mehr oder weniger
zusammenhängende Mulden und Thäler die Scheidegrenzen bilden. Erst in
den Ostalpeu lassen sich längere Parallelketten deutlich verfolgen. Der er-
wähnten eigentümlichen Gruppierung des Gebirges entspricht es, daß das-
selbe allenthalben von tiefen, reich bewässerten und fruchtbaren Thäleru durch-
zogen ist, in denen zahlreiche Bewohner sich niederlassen und selbständige
Völker und Staaten bilden konnten, und da diese Thäler fast überall durch
Bergpässe, welche sich entweder durch jene Mafstvs hindurchwinden oder in die
Kämme tief eingeschnitten sind, in Verbindung gesetzt werden, so sind die
Alpen, wiewohl sie in Klima, Vegetation und Tierwelt für Europa eine
wichtige Grenzscheide darstellen, doch eins der zugänglichsten und passierbarsten
Gebirge unsres Erdteils. Infolgedessen haben anch seit den ältesten Zeiten
viel benutzte Straßen durch dieselben geführt und gehen gegenwärtig teils
über ihre Pässe (Brenner, Schober, Semmeriug), teils, vermittelst kunstreicher
Tunnels, durch ihre Tiefen hindurch (Mont Cenis, St. Gotthard, Arlberg)
wichtige Eisenbahnlinien zur Vermitteluug des Weltverkehrs.
Hinsichtlich der Höhen Verhältnisse unterscheidet man 1) Voralpen,
von 600—1800 m Höhe, 2) Mittelalpen, etwa von 1300—2700, bez.
(im Süden) 2800 in, d. h. bis zur Schueegrenze. und 3) Hochalpen, von
2700, bez. 2300 in, aufwärts bis zu den höchsten Erhebungen. Die erst-
erwähnte Vorstufe, dereu Grenze zusammenfällt nicht nur mit der Grenze
des Holzwuchses, sondern im allgemeinen auch mit derjenigen bleibender An-
siedelungen der Menschen, läßt sich wiederum in drei Regionen zerlegen, deren
unterste, etwa bis zu 800 m Höhe, durch den Anbau vou Nußbäumen und
Edelkastanien sowie von Mais und Weinstöcken (im Süden bis zu 900 m)
charakterisiert wird, während die zweite, bis zu 1300 in, iu Wäldern das
Vorherrschen der Buche und an den Abhängen die Kultur der europäischen
Getreidearteu sowie uusrer gewöhnlichen Obstbäume zeigt, und die dritte
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20 Zweites Kapitel.
§ 8. Das rheinische Gebirgssystem.
Zu beiden Seiten des Oberrheins dehnt sich zwischen Basel und Mainz
die breite Thalfläche der oberrheinischen Tiefebene aus, welche eine Lauge
von 300, eine Breite von 30—45 km besitzt und sich von Südeu nach Norden
sanft und allmählich abdacht. Die quartäreu Schichten, welche die Oberfläche
bilden, bestehen bisweilen, namentlich zwischen Rastadt und Durlach, aus uu-
fruchtbarem Saude, überwiegend jedoch aus fruchtbarem, wohlangebautem und
ertragsreichem Boden.
Es breitete sich hier einst ein großer Landsee aus, dessen Gewässer nordwärts
nach dem Weserthale hin abgeflossen sein mögen, bis durch die Hebung des vulka-
nischen Vogelsberges dieser Ausgang gesperrt und die Gewässer genötigt wurden,
die mittelrheinischen Schiesermassen zu durchbrechen. Der Rhein und seine Neben-
und Zuflüsse haben den Boden der Ebene mit allerhand Geröll von Stein- und
Erdmassen überlagert und flache, sehr fruchtbare Schuttkegel gebildet, welche hin und
wieder von Steinwällen umsäumt werden. In der Mitte der Fläche fließt der Rhein
in vielfach gewundenem, zahlreiche Inseln („Auen") umschließendem Laufe, der Strom
ist hier vielfach reguliert und überbrückt worden. Die beiden Hauptstraßen und
Hauptbahnen des weiten Thales gehen längs des Gebirgssußes mit dem Strome
parallel; Städte und Dörfer sind besonders am Austritte der Gebirgsthäler in die
Ebene, auf vorspringenden Höhen der Gebirge hingegen Burgen, Schlösser, Kirchen,
Klöster und Landhäuser erbaut, während die Abhänge Weinberge tragen. An
einzelnen bequemen Übergangsstellen des Stromufers sind bedeutende Städte, wie
Breisach, Mannheim, Germersheim, Speier, Worms, Oppenheim-Mainz, besonders
aber Straßburg, erwachsen. Die breitere und fruchtbarere Westseite der südlichen
Thalhälfte trägt an dem mit dem Rheinstrome parallel fließenden Jllflufse bedeu-
tende Plätze, wie Mülhausen, Kolmar und Schlettstadt. Südwestlich vom Jllthale
liegt die breite Thalspalte der „Burgundischen Pforte". Auf der rechten Rhein-
seite erhebt sich, Kolmar gegenüber, im Breisgau der Aaiscrjluhl (560 m hoch), ein
kleines vulkanisches Gebirge mit schönen Wäldern, Weinbergen und Obstgärten,
prächtiger Aussicht und starker Bevölkerung. — Als Seitenbuchten der oberrheinischen
Tiefebene, nach Bodenart, Klima und Kultur, erscheinen die Gegenden nordwärts
des unteren Mains, besonders die schöne Wetteran,
Die oberrheinische Tiefebene wird von Gebirgen umschlossen, welche hin-
sichtlich ihrer Bestandteile und ihrer Gruppierung eine große Verwandtschaft
zeigen; es ist der Schmarzwald auf der rechten, .der Wasgenwald auf der
liukeu Seite des Rheins. Beide sind vorzugsweise aus Granit, Grannlit nebst
devonischen Schiefern und Kalken gebildet und nach der Thalfeite von Rot-
liegendem und Schiefer der Zechsteinformation begrenzt, beide von südnördlicher
Richtung, im Süden hoch und breit, im Norden niedrig und schmal, beide auch
mit domsörmigeu, abgerundeten Gipfeln, tief einschneidenden Felsenthälern und
anmutigen Bergseeu versehen; beide haben auch eiue fast gleiche Höhe. — Der
Schwarz wald reicht bis in die Gegend von Pforzheim und hat feine Haupt-
masse im Südosten der Freiburger Tieflandsbucht.
Hier läuft der Hauptkamm mit den beiden höchsten Kuppen, dem Belchen
(1415 m) und dem Feld berge (1494 in), von Südwest nach Nordost und sendet
starke Queräste nach Süden, zwischen welchen sich tief eingeschnittene Thäler mit
großartigen Alpenszenerien, wie das Albthal, das Wutachthal, südwärts zum Rhein
ziehen. Im mittleren und nördlichen Teile fehlt ein scharf ausgeprägter Kamm und
zeigt sich Plateaucharakter: hier liegen die bis zu 1200 rn hohen Gipfel westwärts
von der Wasserscheide. Von Freiburg führt an der Dreisam entlang und durch
das Höllenthal zu dem Kamm (900rn hoch) am Fuße des Feldberges eine be-
schwerliche Straße, welche von dort weiter nach Schaphausen oder Donaueschingen
leitet. Bequemere Wege zu den letzterwähnten Städten führen die Kinzig und
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112 Sechstes Kapitel.
in das Reichsland und die bayrische Pfalz hinüberreicht; 3) das ober-
schlesische auf dem Tarnowitzer Plateau, welches uach dem österreichischen
und russischen Gebiete hinübergreift; 4) das niederschlesische im Walden-
burgischen; 5) das Zwickauer von der Zschopan bis zur Pleißeuquelle; 6) das
Kohlenbecken des Plauen scheu Gruudes bei Dresdeu. Kleinere Stein-
kohlenlager finden sich bei Ibbenbüren in Westfalen, am Piesberge in Han-
nover, bei Wettin in der Provinz Sachsen, auf der Südseite des Thüringer
Waldes, in Bayern und Sachfen-Meiningen :c. Hierzu kommen Ablagerungen
in der sogeuauuteu Wälderformation (im Wealden) in den kleinen Gebirgen
zwischen Leine und Weser ?c. — Die Braunkohle findet sich besonders in
zahlreichen und ergiebigen Ablagerungen an der Saale und ihren Zuflüssen
(in der Provinz Sachsen und den Nachbargebieten), in der Rheinprovinz, am
Westerwalds, im nördlichen Teile der oberrheinischen Tiefebene, im Gebiete
der Fulda und sehr vereinzelt durch das norddeutsche Tieslaud verstreut (in
Brandenburg, Schlesien jc.).
Den Umfang der deutschen Kohlenfelder hat man auf 3600 engl. Quadratmeilen
berechnet, während Großbritannien 9000, Neusüdwales 24000, Ostindien 35500,
die Vereinigten Staaten 194000, China 200000, Spanien dagegen nur 3500, Frank-
reich 1800, Belgien 900 engl. Quadratmeilen Kohlenfelder haben sollen. Sehr ver-
schieden ist natürlich die Mächtigkeit. — Das rheinisch-westfälische Becken ist
bis auf 35—100000 Mill. Tonnen geschätzt worden, so daß es bei der jetzigen Pro-
duktiousweise noch 2—5000 Jahre reichen würde. Es lagert besonders an der Ruhr
zwischen Unna und Duisburg-Ruhrort, doch reicht es auch nordwärts bis zur Lippe.
Die Flöze fallen flach und in sanften Mulden und Sätteln nach Norden ein und
die kleineren Reviere von Piesberg und Ibbenbüren erscheinen als Fortsetzung des
großen Beckens. Mit jedem Jahre wachsen noch die Aufschlüsse nach Norden hin.
Das Saarbecken hat etwa einen Flächenraum von 290000 ha und nach ungefährer
Schätzung 45400 Mill. Tonnen Inhalt; dasselbe könnte also noch 17000 Jahre die
jetzige Ausbeute gewähren. Die Hauptpartie findet sich zwischen Ottweiler, Saar-
louis und Forbach, außerdem sind mehrere kleinere Reviere nördlich und nordöstlich
davon vorhanden. Der Abbau ist durch die gestörten Lagerungsverhältnisse, durch
Grubenbrände jc. erschwert, doch die Kohle sehr gut; sie beherrscht Südwestdeutsch-
land und findet starken Export (nach Frankreich, der Schweiz :e.). Das ober-
schlesische Becken hat, soweit es preußisch ist, eine Ausdehnung von ungefähr
acht deutschen Quadratmeilen und ist in der Mitte der siebziger Jahre bis zu einer
Tiefe von 630 m. auf etwa 1000 Mill. Tonnen geschätzt worden, wozu in einer jetzt
nicht als abbaufähig geltenden Tiefe etwa noch weitere 4000 Mill. Tonnen kommen.
Die Hauptpartie findet sich von Neu-Beruu, Myslowitz, Tarnowitz an der polnischen
Grenze bis Gleiwitz und Kieferstädtel im Westen; dazu kommen mehrere kleinere
Reviere fnikolai-Czuchow, Niedobschütz-Loslau :e.). Die Lagerungsverhältniffe sind
sehr günstige, die Produktionskosten gering, die Kohle gut und billig; die Flöze
haben eine Mächtigkeit von 3—4m. Das niederschlesische Becken läßt sich zwar
keineswegs an Bedeutung mit dem oberschlesischen vergleichen, doch bietet es gleich-
falls eine ziemlich reiche Produktion, wenngleich die Schwierigkeit der Gewinnung
groß und daher der Preis hoch ist. — Die beiden Becken des Königreichs Sachsen
nehmen eine Fläche von 16000 ha ein. Dieselben bilden den Haupthebel der sächsischen
Industrie, versorgen jedoch auch einen Teil Süddeutschlands. Die kleinen Reviere
in Süddeutschland: St. Bilt, Berghaupten, Erbendorf und Stockheim können das
Bedürfnis ihrer Gegend nicht decken und sind überhaupt unbedeutend; ebenso haben
die kleinen Reviere in Thüringen (Ilfeld, Manebach, Kammerberg) keine allgemeinere
Bedeutung. — Die Kohle der sekundären Periode der Wealdenformation hat an
einzelnen Teilen der Wesergebirge eine allmähliche Bedeutung gewonnen; sie wird
am Deister, Süntel und Osterwald und am Steinhuder See abgebaut, ist vortrefflich
und für Hannover von Bedeutung. — Die Braunkohle (Kohle der tertiären Periode)
hat in ihren Ablagerungen am Fuße der Alpen (bei Miesbach, Tölz, Pensberg,
1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die wirtschaftlichen Verhältnisse. 133
Da das Zinnmetall in Deutschland nur in ganz geringer Menge ge-
Wonnen wird, so ist die Judustrie in demselben nicht allzu bedeutend.
Die Fabrikation von Zinnwaren sindet in Lüdenscheid (Westfalen), besonders
aber in Mittelfranken (Nürnberg, Fürth) statt. Verarbeitet wurden 1887: 6812
Tonnen; von dem angegebenen Betrage gelangte etwas über ein Sechstel zur
Aussuhr.
Die Industrie von wissenschaftlichen Instrumenten ist zu hoher Voll-
endnng gediehen; Hauptplatz für dieselbe ist München; auch andre Plätze, wie
Braunschweig, Berlin, Rathenow, verdienen eine rühmliche Erwähnung.
Im Jahre 1882 waren mit der Anfertigung von wissenschaftlichen Jnstru-
menten 4585 Hauptbetriebe mit 15073 Arbeitern beschäftigt, und zwar kamen auf
mathematische, physikalische und chemische Instrumente 2612, auf chirurgische Jnstru-
mente 1744, auf Telegraphen- und Telephonanlagen 140 Hauptbetriebe. 1887
wurden an wissenschaftlichen Instrumenten 700 Tonnen im Werte von 13990000
Mark ausgeführt.
§ 15. Industrie der Steine und Erden.
Auf die Industrie der Steine und Erden kommen nach der letzten Zäh-
lnng ruud 55 000 Hauptbetriebe mit eiuem Personal von 349196 Köpfen.
Der größte Teil hiervon kommt auf Preußen, von dem die Provinz Schlesien
und Rheinland obenan stehen; demnächst solgen Brandenburg und Sachsen;
auch Bayern, das Königreich Sachsen und Thüringen nehmen in dieser
Industrie eine hervorragende Stelle ein.
Stein-, Marmor- und Schieferbrüche sowie Betriebe sür
grobe und seiuere Marmor-, Stein- und Schieferwaren weisen
17 699 Betriebe (darunter 14918 Hauptbetriebe mit 72249 Köpfen) auf;
davon kommt fast die Hälfte auf Preußeu, diesem zuuächst stehen Bayern, das
Königreich Sachsen und das Herzogtum Sachseu-Meiningen. Für feinere
Steinwaren sind 1938 Haupt- und 121 Nebenbetriebe vorhanden, die erstereu
mit 7292 Köpfen.
Die Sandsteinbrüche an der Elbe (in der Sächsischen Schweiz), an der unteren
Unstrut (bei Nebra), finden eine weitgehende Ausbeutung und Versendung, ähnlich
ist dies bei den Sandsteinen der Wesergegend der Fall. Granite und Gneise kom-
men in der norddeutschen Tiefebene vielfach als erratische Blöcke vor und werden
häusig zu Denkmälern und Kunstwerken verarbeitet; besonders ist das letztere auch
mit den Graniten des Fichtelgebirges der Fall, welche unter anderm zu Weißen-
stadt zu allerhand gröberen Waren (Futtertrögen, Brunnenbecken jc.) verarbeitet
werden. Eine weitgehende Verwertung finden die Trachytbrüche des Siebengebirges,
die Marmorbrüche am llntersberg bei Reichenhall in Bayern. Marmorwaren ver-
schiedener Art werden zu Berchtesgaden in Bayern, zu Olpe in Westfalen, zu Rübe-
land im Harze :e. angefertigt. Die fogenannte Marmelfabrikation, d. i. die Ver-
fertignng von Kugeln aus Kalkstein, Kieseln, Jaspis und Glas, betreibt man in
Meiningen (Sonneberg) und in Koburg-Gotha. Der Reichtum an gutem Tafel-
schiefer, ein Vorzug des Franken- und des südöstlichen Thüringer Waldes, hat
auch hauptsächlich die Industrie von Schiefertafeln und Schiefergriffeln, die weithin
versendet werden, besonders in den thüringischen Staaten (zu Lehesten, Gräfenthal,
sonneberg) und im bayrischen Bezirk Oberfranken (Geroldsgrün), hervorgerufen,
während aus dem mittelrheinischen Schiefer an der Mosel (bei Müllenbach), ferner
im Lennegebirge (bei Olpe), im Harze (bei Lautenthal), im Erzgebirge (bei Lößnitz,
Affalter, Dittersdorf :e.) gute Dachschieferplatten geschnitten werden. Die lithogra-
phischen Schiefer von Solnhofen an der Altmühl im fränkischen Jura sind bereits
ruhmlichst erwähnt worden; die aus ihnen geschnittenen Platten gehen in alle Welt
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224 Erstes Kapitel.
Über den Handel des preußischen Staates mögen folgende Bemerkungen
genügen: Die Ausfuhr in Jndnstrieartikeln ist doppelt so groß als die Ein-
fuhr, dagegen stellt sich die Einfuhr von Rohprodukten aller Art weit höher
als deren Ausfuhr.
Eingeführt werden besonders: Getreide, Reis, Wein, Kaffee, Gewürze, Tabak
und Zigarren, Raps, Leinsaat, Obst, Südfrüchte, Pferde, Kühe, Schweine, gesalzenes
und getrocknetes Fleisch und Fische, Käse, Guano, Kreide, Porzellanerde, Eisen-,
Blei-, Zink- und Nickelerze, Dachschiefer, Tafelglas, Roheisen, Rohkupfer, Quecksilber,
Eisen- und Stahlbleche, Soda, Schwefel, Ammoniak, Salmiak, Salpeter, Knochen-
kohle, Galläpfel, Gerberlohe, Farbhölzer, Droguen, Harze aller Art, Hanf, Flachs,
Jute, Baumwolle, Garne, Packleinwand, Wachstuch, Balken, Bretter und sonstige
Hölzer und Holzwaren, Thran, Talg, Öle aller Art, Petroleum, Bettfedern,
Lumpen, Häute und Felle, Dampfkessel, Maschinen und Schiffe. — Zur Ausfuhr
gelangen besonders folgende Gegenstände: Kartoffeln, Bier, Spirituosen, Essig, Hopfen,
Rind- und Schafvieh, Butter, künstliche Dungmittel, Ölkuchen, Steinkohlen, Tors,
Schwefelkies, behauene Steine, Schiefertafeln, feine Steine und Steinwaren, Ziegel-
steine, Töpferwaren, Porzellan, Hohlglas, Blei, Zink, Eisenbahnschienen, Eisen- und
Stahlwaren, Mineralwasser, Kupfervitriol, Schießpulver, Blei- und Zinkweiß, Farben,
Chemikalien, Parfümerien, allerhand Zeugstoffe, Kleider, Wäsche und Posamentier-
waren, Kautschukwaren, Papier, Tapeten, Dachpappen, Möbel und feine Holz- und
Korbwaren, Kutsch- und Eisenbahnwagen, Pianinos und andre musikalische Jnftru-
mente, astronomische, chirurgische, mathematische und physikalische Instrumente, Ge-
wehre, Schmuck- und Kunstgegenstände aller Art, Bücher, Stiche und Spielkarten.
Im Jahre 1882 waren 349556 Handelsbetriebe mit 489063 erwerbstätigen und
im ganzen 1356099 zugehörigen Personen vorhanden.
Zur Förderung des Handels und der Gewerbe sind Kreditinstitute in
hinreichender Zahl vorhanden, und zwar kommen zunächst vou deu im Jahre 1888
vorhaudeueu 16 deutscheu Notenbanken außer der Reichsbank sechs Institute auf
Preußen; die Reichsbank aber hatte im März 1887 195 Niederlassungen, von
denen der größte Teil, und zwar allein elf Hauptstelleu, auf Preußen kamen.
Außerdem sind zahlreiche Geldinstitute und Geldgeschäfte, namentlich Spar-
und Vorschußkassen, Volksbanken und Sparkassen vorhanden. Im März 1887 waren
in Preußen 147 Aktiengeldinstitute mit einem Kapital von 844710000 Mark, darunter
jene sechs Zettelbanken, sowie 34 Staats- und Kommunalinstitute vorhanden. Das
Versicherungswesen hat durch zahlreiche Gesellschaften die verschiedensten Jnter-
essen zu umfassen gesucht (Lebens-, Feuer-, Hagel-, Vieh-, Transport-, Glas-, Hypo-
theken- und Rückversicherungsgesellschaften). — Zur Förderung von Industrie, Handel
und Verkehr dienen ferner auch 81 Handelskammern und kaufmännische Korpo-
rationen sowie zahlreiche polytechnische, technische und Gewerbevereine, industrielle,
Handwerker- und Fortbildungsvereine, ferner kaufmännische, Handels- und nautische
Vereine. Zu größeren Unternehmen bringen vielfach Aktienunternehmungen die
Gelder auf, namentlich im Gebiete der Industrie.
Daß die materielle Wohlfahrt des preußischen Volkes im erfreulichen
Fortschreiten begriffen ist, ergibt sich nicht nur ans dem stark wachsenden Ver-
brauch feinerer Nahrungs-, Geuuß- und Bekleidungsgegenstände, sondern auch
aus dem Zunehmen der Einkommensteuerpflichtigen sowie ihrer Steuerbeträge.
Das Gesuudheitsweseu, welches iu dem „Reichsgesundheitsamte" ein ge-
meinsames Organ besitzt, wird in Preußen durch eiue besondere Abteilung des
Kultusministeriums, iu allen Provinzen durch Mediziualkollegien, durch Orgaue
der Bezirksregieruugeu sowie durch eine große Anzahl von Ärzten vertreten.
Von den 15824 Ärzten des Deutschen Reiches (1887) kommen etwa 60 Pro;.,
von den 3113 Tierärzten fast die Hälfte auf Preußen, Apotheken sind etwa 2800,
Heilanstalten der verschiedensten Art etwa 1700 vorhanden.