Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Georg Wilhelm, der letzte Sproß des Hauses der Piasten im Briege. 287
gute Ordnung in Essen, Trinken, Schlafen, Wachen, Ruhe, Bewegung, Liebe
und Furcht des Schöpsers im ganzen Leben. Unter den Augen und der Obhut
eines Lehrers, der sich bemühte, alle diese Tugenden seinem Zögling zu eigen
zu machen, hatte Georg Wilhelm das vierzehnte Jahr, mit welchem er sür
mündig erklärt wurde, erreicht.
Als der Prinz 14^ Jahre alt war, ein Jüngling von blühender Gesichts-
färbe, blondgelocktem Haar, das bis auf die Schultern herabfiel, großer, kräf-
tiger Gestalt, reiste er auf Wunsch der Landstände zur Huldigung nach Wien.
Sobald er dort am 19. Februar 1675 angekommen war, meldete er bei Hofe
seine Absicht, und der Kaiser bestimmte den Tag der Audienz und Huldigung.
Georg Wilhelm legte vor dem Throne mit eignem Munde den Huldigungseid
ab und hielt mit größter Geistesgegenwart einen von ihm selbst verfaßten Vor-
trag, über welchen der Kaiser und die anwesenden Staatsmänner sehr günstig
urteilten. Der spanische Botschafter sagte damals von dem Brieger Fürsten,
die Christenheit habe keinen Fürsten von so geringem Alter und so vieler Fähig-
keit, und Lohenstein erzählt, die ganze Stadt Wien und der Hof habe von nichts
als dem jungen Piasten gesprochen.
Nach beendigter Huldigung kehrte der Fürst nach Brieg zurück. Die Land-
stände, gegen 500 Mann zu Roß, kamen ihm entgegen und führten ihn ins
Schloß unter Lösung der Kanonen, während Bürgerschaft und die Kompanien
geworbener Soldaten mit fliegenden Fahnen im Gewehr standen. Dann leisteten
die Stände den Eid der Treue. Die Freude in dem ganzen Fürstentum war
groß. Auch die Stände von Wohlau und Liegnitz huldigten dem jugendlichen
Fürsten mit großer Freude und erwarteten eine thaten- und segensreiche Regierung.
Im September hielt Georg Wilhelm in Liegnitz einen Landtag ab, ging
von dort nach Breslau und kehrte nach Brieg zurück, um eine Hirschjagd zu
beginnen. Hier hatte er am 15. November bei rauher Witterung in den Wäl-
dern der rechten Oderseite sich erkältet und trat, um sich zu erwärmen, in ein
Bauernhaus, in welchem zu seinem Unglück die Kinder an den Blattern krank
lagen. Der Fürst wurde in Fieberschauern zu Wagen nach Brieg gebracht.
Die Ärzte waren sehr sorgfältig, aber kein Mittel besiegte das heftige Fieber.
Die Kinderpocken zeigten sich bald auf dem ganzen Körper, verschwanden jedoch
wieder und warfen sich aufs Innere. Der Kranke litt mit größter Sanftmut
die brennendsten Schmerzen und zeigte festes Vertrauen auf Gott und die Hoff-
rtuug auf ewiges Leben. Am 21. November war er eine Leiche. Mit ihm
erlosch der piastische Stamm in Schlesien, wie ein Licht, das im Verlöschen
noch einmal hell aufflackert.
Aus dem Briefe, den der Fürst eigenhändig während seiner Krankheit an
den Kaiser geschrieben hat, mögen nur wenige Worte hier Platz finden, damit
sie uns einen Beweis geben, wie berechtigt die Erwartungen der Schlesier von
den Talenten des letzten Piasten waren; er schrieb: „Allergnädigster Kaiser,
König und Herr! Ich bin zwar der Hoffnung und des Vorsatzes gewesen, Ew.
Majestät und dero glorwürdigstem Erzhause noch durch langwierige treue
Dienste mich wohlgefällig zu machen und dies, was ich bei meiner Jugend
annoch nicht zu thuu vermocht, mit zunehmendem Alter in desto vollkommener
Devotion derselben darzustellen. Es scheint aber, daß bei jetziger meiner Un-
päßlichkeit der Allerhöchste seinem nnerforschlichen Gutbefinden nach dieses durch
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Extrahierte Personennamen: Georg_Wilhelm Wilhelm Georg_Wilhelm Wilhelm Georg_Wilhelm Wilhelm Brieger Georg_Wilhelm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Wien Wien Brieg Liegnitz Liegnitz Breslau Brieg Brieg Schlesien
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
1741. 1806—1814. 359
40 Österreichern wurde in der Nähe der Schloßbastion aufgehoben, der Haupt-
wall erstiegen, ehe das Festungsgeschütz abgefeuert werden konnte, die Thor-
wache besetzt! alles dies war das Werk einer halben Stunde. Die österreichische
Besatzung warf sich ins Schloß, mußte sich aber am nächsten Morgen ergeben.
Graf Wallis mit 2 Geueraleu, 36 Ober- und Stabsoffizieren und 855 Unter-
offizieren und Gemeinen wurde kriegsgefangen; erobert wurden 64 Kanonen,
5 Mörser, 1300 Zentner Pulver. Die Preußen hatten 4 Tote und 29 Ver-
wundete, die Österreicher ungefähr ebensoviel. Zum Denkmal dieser preußischen
Wassenthat wurde in eine Futtermauer der Kreuzbastei eine Sandsteintafel mit
der Inschrift „F. R. 1741" eingelegt; die Bastei erhielt den Namen Friedrich.
Das Plündern war den siegenden Truppen untersagt. Am dritten Tage nach
der Einnahme huldigten Magistrat, Geistliche und alle Beamten namens der
Bürgerschaft iu Gegenwart des Fürsten Leopold und der Markgrasen Karl und
Wilhelm dem Könige von Preußen.
Seit 1742 begannen die zur Verstärkung der Festuug nötigen Bauten.
Gloglau blieb während der Schleichen Kriege in preußischem Besitz.
1806—1814. Als im Jahre 1806 der Krieg des Frankenkaisers Napoleon
eine für Preußen unglückliche Wendung genommen hatte und dem Prinzen
Hieronymus Napoleon die Aufgabe zugefallen war, mit Franzosen, Bayern und
Württembergern unter Vandamme Schlesien zu erobern, war es die Festung
Glogan, auf die es die Feinde zunächst abgesehen hatten. Festnngskommandant
war damals der Generalmajor von Marwitz, stellvertretender Gouverneur
der Generalleutnant von Reinhard. Am 21. Oktober 1806 ging der Befehl
ein, Glogau solle gegen einen Handstreich gesichert werden. Sofort wurden die
Arbeiten begonnen; aber als sich schon am 7. November der Feind von allen
Seiten zeigte, war die Befestigung noch lange nicht vollendet. Noch am 7. Novem-
der abends erschien ein Unterhändler bei dem Gouverneur und forderte zur
Übergabe der Festung auf. Er wurde abgewiesen, ebenso wie ein zweiter am
15. November. Damals hätten vielleicht die Feinde von Glogau zurückgedrängt
werden können, denn Napoleon hatte die Bayern abberufen, und das Heer der
Belagerer bestand aus nur 5000 Württembergern; aber es geschah nichts, es
fehlte an der nötigen Thatkrast. Als das Belagerungsgeschütz der Feinde von
Küstrin herangekommen war und man anfing, die Stadt zu beschießen, wurde
sie am 3. Dezember übergeben. Daß die Übergabe damals noch nicht notwendig
war, das steht jetzt wohl so ziemlich fest. In die Hände der Feinde sielen 208
Stück schweres Geschütz und ein großer Vorrat von Gewehren, Kugeln und
Pulver; das Gewehr streckten 3374 Mann, unter diesen 72 Offiziere. Durch
den Besitz von Glogau wurden die Feinde Meister eines großen Teiles von Schlesien
und erhielten Geschütz, mit dem sie die andern Festungen angreifen konnten.
Glogau mußte, um der Plünderung zu entgehen, an Vandamme 25 000
Thaler bezahlen; es erhielt einen französischen Gouverneur. Auch nach dem
Frieden zu Tilsit blieb die Festung (mit Stettin und Küstrin) mit 10 000 Mann
französischer Besatzung in den Händen der Feinde. Im Schlosse zu Glogau
redete der brutale Imperator im Jahre 1807 die preußischen Stände also an:
„Ihr habt den Frieden gewünscht; ich habe ihn euch soeben gegeben; der Krieg
war eine Thorheit (sottise), zu welcher die Hofleute den König verleitet haben;
sie hätte ihm beinahe den Verlust des Thrones zugezogen. Ihr werdet Preußen
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Leopold Leopold Karl Karl Wilhelm Napoleon Napoleon Reinhard Napoleon
Autor: Keussen, Hermann, Kaiser, W., Keller, J., Heinzerling, Jakob, Preiser, F., Köppen, Fedor von, Nover, Jakob, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
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Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
134 Die Entwicklung der Krefelder Seiden- und Sammtindnstrie.
Begründer der ersten Nähseide-, Posamentier- und Seidenbandfabrik anzusehen
haben. Das Krefelder Bürgerrecht erwarb er sich 1679. Diesen Zeitpunkt
dürfen wir wol für den Ausgangspunkt der Entwickluug der Krefelder Seiden-
industrie annehmen, wenn auch das Geschäftsbuch, zehn Jahre früher auf der
Frankfurter Messe angelegt, dem zu widersprechen scheint, wenn es für die Jahre
1669 und 1671 den Verkauf von Floret-, Taffet- und Sammtband und den
Ankauf von Rohseide in den Jahren 1675 und 1678 meldet. Letztere wird
in dem Posamentiergeschäft, das die von der Leyen bereits in Radevormwalde
betrieben, Verwendung gefunden haben; die Bänder wurden damals noch als
Kommissionsartikel geführt. Zur Ausübung der Seidenfabrikation, deren Kennt-
niß die Familie von Flandern mit herübergebracht, fand sich in Radevormwalde
keine Gelegenheit, während in Krefeld die Glaubensgenossen aus dem Jülichschen
den Boden vorbereitet hatten. „Gott verlene (verleihe) seinen Segen zu einem
yenckigen (glücklichen) Anfang end einem Gottsallechen Außgang!" so setzte der
fromme Mennonit als Motto vorn in das Geschäftsbuch, und dieser Wunsch ist
nicht ohne Erhörung geblieben.
Seit dem Jahre 1679, wo auch Adolfs Sohn Wilhelm, welcher zur
Abwicklung der Geschäfte noch im bergischen Lande zurückgeblieben war, nach
Krefeld übersiedelte, wurde die Fabrikation von seidenen Bändern, von Silber-
und Goldborten eifrig betrieben. Wilhelm trat zwar nicht in das väterliche
Geschäft, eben so wenig sein Bruder Friedrich, sondern Beide begründeten neben
demselben eigene; Wilhelm gab dem seinigen eine mannichsache Ausdehnung, denn
er handelte nicht allein mit seidenem Lind, seidenen Knöpfen und seidenen, mit
Gold durchwirkten Borten, sondern führte alle jene Artikel, welche mit der Be-
kleidnng irgend eine Beziehung hatten; ja er verschmähte es selbst nicht, Schreib-
und Banernalmanache, Abc-Bücher und Katechismen, Tabaks- und Tuntel-
dosen zum Verkaufe anzubieten. Wilhelm, ein unternehmender, weitblickender
junger Mann, der mit kaufmännischen Kenntnissen reichlich ausgestattet war,
zog mit seinen Waaren Hausirend über Land von Ort zu Ort. während der
Vater das Engrosgeschäst betrieb, die Frankfurter Messe fleißig besuchte und
neben dem Verkaufe von Seiden- und Sammtband sogenanntes holländisches
Leinen in Kommission nahm und hier abzusetzen suchte. — Leipzig wurde
im 17. Jahrhundert wegen der mangelhaften und schwierigen Verbindung
nicht besucht: Elberselder Kaufleute übernahmen dort für die Krefelder Fabri-
kanten den Verkauf der vou diesen angefertigten Artikel. — Die Sage erzählt,
und sie ist wol nicht unbegründet, daß noch im Anfange dieses Jahrhunderts
die Familie von der Leyen die Kiepe (Rückenkorb) als heilige Reliquie auf-
bewahrt habe, in welcher Wilhelm seine Waaren selbst herumgetragen habe.
Als der Vater alterte, löste ihn der jüngere Sohn Friedrich in dem Besuche
der Messen ab, dabei die Einkäufe der Rohseide bei Züricher Seidehändlern
besorgend, während die Näh- und Stickseide aus dem Holländischen, vornehm-
lich aus Amsterdam, bezogen wurde. Verarbeitet wurde italienische Seide
aus Mailand und Bergamo, später auch aus Turin. Wilhelm scheint
dagegen die kleineren Geschäftsreisen in der Umgegend besorgt und dem innern
Geschäftsbetrieb und der Fabrikation vorgestanden zu haben. Noch zu Lebzeiten
Adolfs (er starb am 25. September 1698 kurz nach dem Hingange seiner
zweiten Gemahlin) hatte das Seidengeschäft einen bedeutenden Aufschwung
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Extrahierte Personennamen: Adolfs_Sohn_Wilhelm Adolfs Wilhelm Wilhelm Friedrich Friedrich Wilhelm Wilhelm Wilhelm Friedrich Friedrich Wilhelm Adolfs Adolfs
Autor: Lincke, G. A., Ohlert, Bernhard, Klöden, Gustav Adolph von, Ernst, L., Biernatzki, Johannes, Köppen, Fedor von, Blasendorff, Carl
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
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Königsberg als Festung. 47 5
Tode des Großen Kurfürsten schliefen allerdings diese Versuche, für Preußen
Kolonialbesitz zu erringen, sehr bald wieder ein — um erst seit kurzem, und
zwar ziemlich in derselben Gegend, hoffen wir mit nachhaltigerem Erfolge,
wieder aufgenommen zu werden. _
Königsberg als Festung- Schon zur Zeit des Großen Kurfürsten wurde
am linken'pregelufer zum Schutze der Einfahrt in den Fluß, wohl auch
in der Absicht, die widerspenstige Stadt im Zaume zu halten, die kleine Feste
Friedrichsburg gegründet, die freilich jetzt gegenüber den so sehr gesteigerten
Mitteln der Belagerungskunst wohl schwerlich widerstandsfähig sich zeigen würde.
Die neue Börse.
Auch die zur Zeit des Siebenjährigen Krieges mit großen Kosten ausgeführte
Umwallung der ganzen weitläufigen Stadt war für eine Verteidigung derselben
völlig wertlos, gewährte aber später, mit Baumpflanzungen eingefaßt, einen an-
genehmen Spaziergang um die Stadt. Dagegen wurde seit 1843 auf Verord-
nnng Friedrich Wilhelms Iv. durch Anlage von zwölf, nach den jetzigen Be-
dürfniffen der Belagerungskunst erbauten Forts Königsberg zu einem Waffenplatz
ersten Ranges erhoben und damit einem tiefgefühlten Bedürfnis abgeholfen, da
Preußens Ostgrenze, wohl infolge des unbegrenzten Vertrauens, das Friedrich
Wilhelm Iii. in die Freundschaft seines ihm durch alte Waffenbrüderschaft ver-
bündeten Nachbars setzte, bis dahin fast gänzlich nnbeschützt war. Die Besatzung
während des Friedens beträgt 6680 Mann.
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Extrahierte Personennamen: Königsberg Königsberg Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Forts_Königsberg Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm
Autor: Kretschmer, Albert, Klöden, Gustav Adolf von, Steudener, Arnold, Köppen, Fedor von, Molendo, Ludwig, Nover, Jakob, Richter, Julius Wilhelm Otto
Auflagennummer (WdK): 2
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
52 Die Wesergegenden von Münden bis zur Porta.
Das Steinender Meer. Nördlich vom Deistergebirge, an der Nord-
grenze von Schaumburg-Lippe, zeigt sich dem Reisenden ein langer hellglänzender
Wasserstreisen, ein ungefähr 0,75 geograph. Umeilen großer See, das Stein-
huder Meer. „Der Miniatursee, in 43 m Höhe, 5 m tief, hat im Nord-
osten in den bis 518' = 168 m (370 P. F. relat. Höhe) hohen Rehburger
Bergen seinen Monte Baldo, in dem ans künstlicher Insel liegenden Wilhelm-
stein sein Peschiera, in der Aue seinen Mincio."
Der Wilhelm stein ist eine Musterfestung, welche einst der kriegerische
Held Graf Wilhelm von der Lippe (gest. 1777) anlegte. In der von ihm ge-
gründeten Kriegsschule erhielt auch der berühmte Regenerator des preußischen
Kriegswesens Gerhard David von Scharnhorst seine erste militärische Aus-
bilduug. Wirklich sehenswert sind die Sammlungen von Geschützen und Waffen
in der Festuug. Am westlichen Ufer liegt, unweit Wunstorf, der jährlich im
Durchschnitt von ungefähr 800 Kurgästen besuchte Badeort Rehburg.
Doch kehren wir zur Weser zurück.
Ijad Heynhausen. Am rechten User der Werre, eines Nebenslüßchens
der Weser, liegt unweit Rehme anmntig das vielbesuchte Bad Oeynhausen,
sogenannt nach seinem Begründer, dem Berghauptmaun v. Oeynhausen (1845).
Die bereits 1839 begonnene Bohrarbeit aus Salz ergab nachgerade eine Tiefe
von 785 in, und eine Soolquelle von „feltener Ergiebigkeit und Heilkraft".
Schon Alexander v. Humboldt nennt in seinem Kosmos dieses Bohrloch die
größte relative, d. h. unter den Meeresspiegel hinabsteigende Tiefe, welche die
Menschen bisher erreicht haben.
Die vorsorgliche preußische Regierung nahm sich der Anlage des Bades
bereitwillig an, und so ward im Juni 1845 das Bad mit drei ziemlich ein-
fachen Badehäusern eröffnet. Zehn Jahre später machte sich besonders der
Handelsminister von der Heydt um seine Vergrößerung verdient, und jetzt er-'
hebt sich ein architektonisch reizvolles und stattliches, von König Friedrich
Wilhelm Iv. selbst entworfenes Badehaus. Außerdem treten „die drei zu Bädern
benutzten kohlensäurereichen Thermalsoolquelleu, welche zusammen stündlich
74cbm Wasser liefern, in dem schönen, von Lenne angelegten Kurgarten zu Tage,
die wärmste und Hauptquelle in einem mächtigen, 9 in hohen Strahle. Die
Bohrlöcher sind gegen 620 in tief und mit hohen Bohrtürmen überbaut" ....
Eigentümlich ist das Duustbad. ein künstlicher Wassersall der Heilquelle in einer
bedeckten Rotunde. Daneben sind noch die Soolbäder aus besonderen, 4°/o und
9°/o haltenden Soolquellen, ferner auch die Gas- und Wellenbäder zu erwähnen.
In der Nähe liegt die königliche Saline Neusalzwerk, in deren Umgegend
man schon 1847 das Flötzgebirge bis auf 7 00 rn Tiefe durchbohrt hatte; die-
selbe liefert jährlich 50 000 Centner Salz.
Wir nähern uns nun dem Glanzpunkte des großen Wesergebietes, der so-
genannten Porta Westfalica im Süden von Minden.
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Extrahierte Personennamen: 370_P._F. Monte_Baldo Wilhelm Wilhelm Gerhard_David_von_Scharnhorst David Ijad_Heynhausen Alexander_v Alexander Friedrich
Wilhelm_Iv Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Porta Wunstorf Bad_Oeynhausen Oeynhausen Porta_Westfalica Minden
Autor: Friedel, Ernst, Lüders, Hermann, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von, Schwebel, Oskar
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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Geschlecht (WdK): koedukativ
16 Berliner Stadtgeschichten.
1636, den 29. Oktober, erschien der schwedische General Hermann
Wrangel mit seiner ganzen Armee vor Berlin, plünderte die Stadt zwar nicht,
fonragirte und requirirte aber in einer Art, welche einer „Anspochung" ziemlich
ähnlich war. So ging es die nächsten Jahre weiter, bald Feind, bald Freund,
bald Kaiserliche, bald Schweden, dazu Hungersnoth und Pest!
Wir wollen diese fürchterlichste Zeit Berlins nicht weiter ausmalen, da die
nackten Zahlen die Zustände am sprechendsten schildern. Von 845 Häusern in Berlin
waren noch im Jahre 1641 206, von 364 in Kölln 150 unbewohnt und theilweise
verfallen. Die Bevölkerung beider Städte hatte sich von 11,000 Einwohnern im
Jahre 1608 und 12,000 im Jahre 1619 bis zu 8100 im Jahre 1631 und 1640
bis auf 6000 vermindert! Das Schloß war in baufälligem Zustande, der Lust-
garten ein verwilderter Busch, die Lange Brücke und die Hundebrücke, jetzt Schloß-
brücke, für Fuhrwerk' kaum mehr passirbar, Pflaster äußerst spärlich vorhanden; auch
zeigten sich die meisten bewohnten Häuser in schlechten baulichen Würden, zumeist
mit hölzernen Schornsteinen und Schindeldächern versehen. Die Brunnen waren
offen, wie auf deu Dörfern mit Schwengeln und Kübeln versehen, dabei zum Theil
verschlammt. Große Kehrichthaufen lagen vor den Häusern, die Schweine
wühlten darin und in den verstopften Kanälen. Die Ställe für dieses Rüsselvieh
befanden sich zum Theil au der Straße, ja unter den Fenstern der Wohnungen.
Ier Oroße Kurfürst. Unter fo elenden Verhältnissen übernahm Kur-
fürst Friedrich Wilhelm (1640—1688) seine Hauptstadt. Dieser Monarch,
dem die Geschichte den Titel „des Großen" neidlos zuerkannt hat, ließ es sich
besonders augelegen sein, den traurigen Zustand Berlins zu verbessern. Vor
Allem suchte er Bewohuer in die wüsten Hausstellen zu ziehen. Dies glückte
ihm mit Kölln am leichtesten, so daß dort bald jedes Haus wieder besetzt war.
Auf den Befehl an den Rath von Berlin im Jahre 1665, daß die wüsten
Stellen binnen Jahresfrist bebaut oder au andere Bürger umsonst abgegeben
werden sollten, mußte die geplagte Stadtobrigkeit berichten: „Wir haben schon
manche wüste Stelle verkauft, aber es gehet wie einem alten zerrissenen Kleide,
wo, wenn man ein Loch zuflicket, zwey neue wieder vorhanden sind." Dennoch
erholte sich unter seiner langen, gesegneten Regierung Berlin nicht blos, son-
dern stand sogar am Ende seines Lebens als eine ansehnliche Stadt da.
Die Pflasterung Berlins wurde allmählich durchgeführt, 1679 auch ein
Anfang zur Straßenbeleuchtung in der Weise gemacht, daß vor jedem
dritten Hanse eine Laterne mit brennendem Lichte ausgehängt werden mußte,
wozu die betreffenden Hausbesitzer umschichtig herangezogen wurden. 1682
wurden trotz allen Sträubens der Bewohner, welche die Kosten scheuten, die
Laternen auf Pfähle gesetzt. Scharfe Verkehrs- und Baupolizeivorschriften
sorgten dafür, daß die Schweineställe und ihre unsanberen Insassen wenigstens
von den Straßen vertrieben wurden. 1680 wurde ein Gassenmeister eingesetzt,
welcher täglich mit zwei Abfuhrkarren durch die Straßen zog und vor jedem
Hause, wo er etwas aufzuladen hatte, für eine volle Ladung Einen Groschen
6 Pfennig (15 Reichspfennige), vom Kurfürsten selbst aber jährlich 52 Scheffel
Korn und freie Wohnung erhielt. Wer vor seinem Hause nicht gekehrt hatte, dem
warf d.er Gassenmeister den Koth ins Haus. Die lehmernen und hölzernen
Steine wurden verboten und Feuerlöschordnungen eingeführt.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Hermann
Wrangel Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Koth
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Schweden Berlins Berlin Berlins Berlin Berlin Berlins
Autor: Friedel, Ernst, Lüders, Hermann, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von, Schwebel, Oskar
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
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Geschlecht (WdK): koedukativ
Königliche Porzellanmanufaktur. 73
waren von den Maschinenfabrikanten Watt n. Bonlton in Birmingham gemacht,
die Herstellung der Feuermaschine selbst erfolgte aber in den königlichen Eisen-
Hütten zu Malapane und Gleiwitz in Oberschlesien durch den Maschinisten Baildon.
welchem neben seinem Honorar dafür eine goldene Medaille, „aus den Stempeln
der Preismedaille der königlichen Akademie der bildenden Künste geprägt", zu-
theil wurde. Die neue Dampfmaschine von 10 Pferdekraft, nach doppelt Watt-
Bonlton'schem Prinzip konstrnirt, hatte einen Cylinder von 16 Zoll Durchmesser,
der Hub betrug 4 Fuß bei 20maliger Umdrehung des Hauptbewegungsrades
in der Minute, der Kessel wog 18 Centner, der Steinkohlenverbrauch betrug
11 Scheffel täglich bei 13 stündiger Arbeitszeit. Die Maschine kostete einschließ-
lich des hölzernen Balanciers, jedoch ausschließlich der Beförderung^ und Auf-
stellungskosten, 1404 Thlr. 12 Gr. 7 Pf. und blieb über 23 Jahre in Betrieb. —
Diese Neuerung galt mit Recht als sür Berlins Industrie so wichtig und interessant,
daß der Minister von Heinitz folgende Einladung ergehen ließ:
„An des Königs Majestät.
Die mit schleichen Steinkohlen in Gang gebrachte Feuermaschine bei der
Porcellanmannsactur, von deren Erbauung ich bereits vorläufig unterthänigst
Anzeige gethan habe, ist nun vollständig errichtet, und es werden dadurch an
10 Pferde erspart. Sie beweget 12 Stampfen, 11 liegende und einen stehen-
den Mühlenstein und eine große kupferne Scheibe für die Porzellanschleiferei.
Außerdem hebt sie alles Wasser, dessen sie theils selbst zum Verdampfen und
Niederschlagen der Dämpfe, theils die ganze Wasch- und Schlemmerei-Anstalt
bedarf, aus einem 40 Fuß tiefen Brunnen. Sie ist die erste ihrer Art, von
kleinem Umfang und großer Wirkung, durchaus ein inländisches Produkt, auf
den oberschlesischen Eisenwerken Euer Majestät durch den sehr geschickten Maschi-
nisten Baildon verfertigt und nun hier errichtet. Sie verdient von Eurer Majestät
und Höchstdero königlichen Frau Gemahlin besehen zu werden, und ich würde
bei dieser erwünschten Gelegenheit die nun auch völlig fertigen, zur beträchtlichen
Holzersparnng eingerichteten und zugleich auf Vervollkommnung der Arbeiten
und Erleichterung der Onvriers abzweckenden Porzellanbrenn-, Trocken- und
Emailliröfen unterthänigst vorzeigen. — Geruhen daher Ener Majestät den Tag
und die Stunde hiezu gnädigst zu bestimmen.
Berlin, den 13. August 1793."
Der Besuch erfolgte und trug wesentlich dazu bei, Dampfmaschinen in Berlin
einzubürgern.
Um den Absatz des Porzellans zu fördern, wurde so recht im Sinne der
damaligen Zeit zu deu absonderlichsten Mitteln gegriffen. So mußten die
Generalpächter der Lotterie nach einem königlichen Erlaß vom 24. Juni
1769 zum auswärtigen Absatz und auf ihre eigene Rechnung für 6000 Thlr.,
seit 1783 für 9600 Thlr. Porzellan jährlich entnehmen. Ebenso waren die
Juden genöthigt, für gewisse bürgerliche Handlungen, welche an sich nicht stener-
pflichtig waren, ein bestimmtes Quantum vou Porzellan, nicht selten für 300 Thlr.
und mehr, anzukaufen, mit der Verpflichtung, es im Auslande abzusetzen und
dies durch obrigkeitliche Atteste nachzuweisen. So erhielt z. B. Abel Leviu zu
Freienwalde eine „Coneession als publiquer Bedienter bei dortiger Judenschaft
in der Qualität eiues Todtengräbers", wogegen er für 28 Thlr. Porzellan zu
entnehmen hatte. Mit Recht tadelt Kolbe diese Maßregel als hart und dabei
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Extrahierte Personennamen: von_Heinitz August Abel_Leviu Kolbe
Extrahierte Ortsnamen: Birmingham Gleiwitz Oberschlesien Baildon Berlins Mühlenstein Berlin Berlin
Autor: Friedel, Ernst, Lüders, Hermann, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von, Schwebel, Oskar
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die deutsche Reichsbank. 87
Weichsbank und Münze. Börse und Bank fangen nicht umsonst bei
allen Handelsvölkern mit demselben Buchstaben am sie müssen wie in der Natur
Regen und Sonnenschein neben einander zum Gedeihen wirksam sein. Und
welche Bedeutung die Münze als Dritte im Bunde hat, das lehrt die hochwichtige,
gerade jetzt vielbesprochene Frage des Münzfußes und der Währung: ob Silber,
ob Gold oder ob beide Metalle gleichzeitig den nervus rerurn. bilden sollen.
Beide Institute, welche seit Wiedererrichtung des Deutschen Reichs diesem
unterstellt sind, wollen wir daher bei unserer Stadtwanderung nicht übersehen.
Deutsche Reichsbank.
1764 stiftete Friedrich der Große in der Jägerstraße 34 die „Königliche
Bank" in einem zwei Geschoß hohen Gebäude, dessen Portal mit einer ionischen
Säulenstellung versehen, 1690 nach Nering's Rissen erbaut und dem könig-
lichen Oberjägermeister überwiesen war. Eingerichtet wurde daselbst ein Haupt-
koutor vornehmlich für den Ankauf des Edelmetalles der Münze und den
Ein- und Verkauf fremder und einheimischer Wechselbriefe. Es beförderte
mittels der Provinzialbankkontore die Staatseinkünfte und gab Anweisungen
zur Zahlung im In- und Auslande. Das Depositenkontor nahm Kapita-
lien, jedoch nicht unter 150 Mark, an und verzinste solche zu 21/2 oder 3%,
namentlich wurden hier Stiftungs- und Vormundfchaftsmaffen derartig hinter-
legt. Endlich das Diskontokontor und Lombard lieh Kapitalien zu 5°/0
jährlicher Zinsen aus auf gezogene Wechsel, ingrossirte Obligationen, Juwelen,
Edelmetall und andere unverderbliche Sachen. Anfänglich Giro- und Zettel-
bank, ward das Institut später lediglich Zettelbauk.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_der_Große Friedrich
Autor: Friedel, Ernst, Lüders, Hermann, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von, Schwebel, Oskar
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
102 Gewerbe und Verkehr. Handel und Wandel.
Auf dem Schloßplatz stand, wie wir schon früher beschrieben, eine Kloster-
kirche der Dominikanermönche mit drei gleich hohen Schiffen in stattlichem,
gewölbtem Backsteinbau, um 1280 erbaut, welche, durch Kurfürst Joachim El
zu einer Kreuzkirche mit hohen Giebeln und Thürmen 1536 umgebaut, zur
Gruftkirche der Hohenzollern bestimmt und mit einem Domstift ausgestattet
wurde. Da diese älteste Domkirche allmählich baufällig wurde und dem Ver-
kehr vom Friedrichswerder über die Kurfürstenbrücke nach Alt-Berlin hindernd
im Wege staud, so wurde sie unter Friedrich dem Großen im Jahre 1749 ab-
gerissen und dabei die Ueberführung der fürstlichen Leichen nach dem neuen
Dom zwischen der alten Börse und dem Schlosse angeordnet, der erst in diesem
Jahrhundert ausgebaut worden ist. um hoffentlich nunmehr bald einem ganz
neuen. Berlins würdigen Dom Platz zu machen. Bei dieser Ueberführnng
sind übrigens die Särge und sterblichen Reste der Kurfürsten Johann Cicero's
und Joachim's Ii. verfchwundeu.
Dem pietätvollen und historischen Sinne des Kronprinzen Friedrich Wil-
Helm entsprach es, mittels einer ausgedehnten Ausgrabung des Schloßplatzes den
Versuch zur Wiederauffindung jener Ahnen zu macheu. Siud die Letzteren anch
nicht gefunden worden, so ist doch ein tiefer und neuer Einblick in das längst
vergrabene unterirdische Berlin gemacht und mancher kulturgeschichtlich interessante
Ueberrest der grauesten Vorzeit noch unter den Kellern und Fundamenten der
alten Klosterkirche der Schwarzeu Brüder ausgefnudeu worden. Bei solchen
Erddnrchschnitten tritt nun jedesmal ein seltsames Gewirr von neuerlichen An-
lagen der Tiefstadt Berlin ans Tageslicht; da sind alte Entwässerungsanlagen,
welche durch die neueste Kanalisation entbehrlich wnrden. Alsdann fallen die
mächtigen Bauten der Hobrecht'schen Entwässerungsanlage außer durch ihre
riesigen Verhältnisse durch ihren sonderbaren — nach unten zu spitzeren — ei-
sörmigen Durchschnitt in der gähnenden Tiefe auf, daneben oder darüber liegen
die eisernen oder thöneren Rohre der neuen Wasserleitung, die Röhren der Gas-
werke, die eigentümlich gestalteten Führungen der Rohrpost und ein wahres
Wirrsal von Telegraphen und Telephonkabeln, welche der Post, dem Polizei-
Präsidium, dem Kriegsministerium, der Stadtverwaltung und wer weiß welchen
anderen Interessenten angehören.
Immer mehr verlangt der Verkehr dergleichen unterirdische Leitungen, und
immer schwieriger wird die Beschaffung des Platzes. Da ferner trotz aller
Sorgfalt bei der Beschaffung des Materials und bei der Ausführung immer
von Neuem wieder Betriebsstörungen vorkommen, so wird anch fortgesetzt ein
störendes und kostspieliges Aufreißen des Dammes oder Bürgersteiges nothwendig,
im die Schäden auszubessern. Schon muß man sich die Frage auswerfen, ob es
nicht gerathen sein wird, die Straßen gänzlich zu unterkellern und in die ent-
stehenden Hohlräume alle jene Leitungen so, daß sie durch Einsteigeschächte zu-
gänglich werden, zu verlegen. Zwar hätte man hier mit dem Frost und beim
Undichtwerden von Gasröhren mit einer Explosionsgesahr zu kämpfen, welche
letztere, wie ein schrecklicher Vorgang zu London im Jahre 1380 gezeigt hat,
ganze Straßen und Häuserreihen mit Tausenden von Menschen wie ein Erd-
beben mit plötzlicher Vernichtung bedrohen kann. Vielleicht ist aber, wenn es
zur Unterkellerung der Straßen kommt, das bereits altmodische und verräterische
Leuchtgas schon längst durch das elektrische Licht beseitigt.
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Extrahierte Personennamen: Joachim Friedrich Friedrich Johann_Cicero's Johann Friedrich_Wil- Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Alt-Berlin Berlins Berlin Berlin London
Autor: Friedel, Ernst, Lüders, Hermann, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von, Schwebel, Oskar
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22 Berliner Stadtgeschichten.
Die Bevölkerung zahlte im Jahre 1756 bereits 126,000 Seelen, ver-
minderte sich durch die Kriegslänfte und betrug 1763 nur erst 119,300 Seeleu;
1766 war die Ziffer von 1756 wieder erreicht und betrug beim Ableben des
Monarchen im Jahre 1786 rund 150,000 Seelen mit dem Militär. Daneben
waren damals etwa 6650 Vorder- und 4000 Hinterhäuser mit einem Ver-
sichernngswerth von 57,Millionen Mark vorhanden.
In die glorreiche Regierungszeit des Großen Friedrich fallen die ersten
feindlichen Heimsuchungen Berlins.
Als der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. sich entschloß, die Festnngs-
werke Berlins schleifen zu lassen, unternahm er damit wohl überlegt einen
Schritt, der auf die äußere Politik und Kriegführung Preußens von der
größten Bedeutung gewesen ist. Unermüdlich hatten seine Vorgänger an der
Vergrößerung des Staatsgebietes gearbeitet und demselben mit seltenem Glück
Stück für Stück mosaikartig angefügt, dennoch nahm sich der brandenburgisch-
preußische Staat wunderlich zerrissen auf der Laudkarte aus. Im äußersten
Westen auf dem linken Ufer des Rheins Gebiete, dann mehr central, als der
eigentliche Kern, die Marken, im äußersten Osten das Herzogthum Preußen,
von dem das neue Königreich den Namen führte; aber diese drei Hanpttheile,
zu deueu südöstlich das neu erworbene Schlesien kam, uuverbuudeu, und daneben
weit verstreut zahlreiche größere und kleinere Enklaven. Oesterreich, Frankreich.
Rußland, Schweden und Polen als Gegner und die deutschen Kleinstaaten zum
großen Theil nicht als Freunde Preußens, ließen die Hauptstadt bei j^dem mit Glück
geführten feindlichen Vorstoß verloren fein, falls sie nicht befestigt war; dennoch ent-
schied sichdasprenßischekabinetgegen einebesestigung Berlins. Die uugünstigelage
der Hauptstadt und die Verzettelung der Provinzen nöthigten den Regenten nicht
blos die historische gewordene Devise: „la Prasse cloit etre toujours en vedette",
sondern auch im Falle kriegerischer Verwicklungen die Notwendigkeit auf, rascheste
Initiative zu ergreifen und möglichst den Krieg in Feindesland zu verlegen.
So verfuhr Friedrich Ii., so König Wilhelm I. in den Kriegen von 1866 und
1870—1871; schwer hat es Friedrich Wilhelm Ih. büßen müssen, daß er an
die Stelle des mnthigen Darauflosgeheus die Politik des Zuwartens setzte.
Dieser frischen, raschen Kriegführung verdankt das kleine Preußen feine
beispiellosen Erfolge numerisch weit überlegenen Feinden gegenüber, verdankt
das unbefestigte Berlin die verhältnißmäßig seltene Ueberrumpeluug durch den
Feind. Als Festung im Mittelalter und in der Kurfürstenzeit ist Berlin jungfräulich
geblieben. Die Belagerung durch König Waldemar Ih. im Jahre 1349 und durch
den Tempelritterorden im Jahre 1435 endete ruhmvoll für Berlin. Ruhmvoll
ist auch die Verteidigung der nur mit einer zur Sicherung des Oktroi errichteten
schwachen Mauer, stellenweise sogar nur mit Palissadenstaket umgebenen Stadt
im Siebenjährigen Kriege gewesen, ruhmvoll, weun auch nicht glücklich.
Der erste Uebersall erfolgte am 16. Oktober 1757, als Friedrich mit
Oesterreich, dem Deutschen Reich, Rußland, Frankreich und Schweden zugleich
kämpfte, durch den Kroateugeueral Haddick, der mit 7000 Mann sich nach einem
blutigen Kampfe, in welchem die schwache Garnison fast aufgerieben wurde, des
schiefischen Thores bemächtigte, aber nicht in die Stadt selbst einzuziehen wagte,
sondern sich mit einer Kontribution von 600,000 Mark begnügte. Ein Ge-
schenk, bestehend aus einem Kästchen mit 24 Paar feinen Berliner Handschuhen,
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Wilhelm_I. Friedrich_Ii Friedrich König_Wilhelm_I. Wilhelm_I. Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Waldemar_Ih Friedrich Friedrich Kroateugeueral_Haddick
Extrahierte Ortsnamen: Berlins Berlins Rheins Oesterreich Frankreich Schweden Berlins Berlin Berlin Berlin Oesterreich Frankreich Schweden