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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
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74 Die Niederländer in Java und auf den übrigen ostindischen Inseln.
kommenden Befugnis, an die Stelle der Regierung zu"treten und einen
Staat im Staate zu bilden. Die reich gewordenen Kaufleute, in deren
Solde die in Indien kämpfenden Krieger standen, schauten verachtend auf
diese herab; daher kam es, daß dem Militär in Ostindien die Seele seines
Standes, der Ehrgeiz, fehlte. Nur verkommene Individuen oder wegen
schlechten Betragens aus dem Dienst entlassene Beamte und Offiziere
meldeten sich für deu ostindischen Dienst, so daß es am Ende niemand zur
Ehre gereichte, sich diesem Gesindel des In- und Auslandes anzuschließen.
Die für den Dienst des Vaterlandes in Holland durch Aushebung zur
Fahne gerufene Jugend konnte nicht wie das geworbene Heer in England
auch für den Dienst in den Kolonien verwendet werden, sondern man
überließ es der Kompanie, sich Söldnertruppen anzuwerben.
Der Militärdienst wurde in Indien mit einer beispiellosen Nach-
lässigkeit und Treulosigkeit betrieben. Das Heer bestand nur aus aben-
teueruden, aus aller Herren Länder zusammengelaufenen Gesellen, die an
und für sich schon nicht an strenge Ordnung und Zucht gewöhnt waren, in
den heißen Gegenden Javas aber noch viel mehr erschlafften. Noch bis
in die neuere Zeit ist die Heeresverfassung eine der wundesten Stellen in
Niederländisch-Jndien gewesen, welcher Umstand durch die Werbungen von
Soldaten im Auslande herbeigeführt worden ist, denn kaum der vierte
Teil aller Truppen in jenen Gegenden bestand bis vor kurzem aus Nieder-
ländern. Diese fanden es stets für angemessener und einträglicher, Fremde,
welche für Geld zu habeu waren, zum Dienst zu verwenden, als ihn selbst
zu thun. Seit sich im Jahre 1860 aber unter den ausländischen Truppen
bedenkliche Meutereien gezeigt haben, sind die Verhältnisse etwas anders
geworden. Wie das Militärwesen sich in einem durchaus zerrütteten Zu-
stände befand, so war dies auch mit dem Beamtentum der Fall. Die
Beamten hatten nur ihre eigne Bereicherung im Auge und erpreßten daher
von den Einwohnern allerlei ungerechte und ungesetzliche Abgaben. Trotz-
dem hatte die Handelsgesellschaft ihrem ungeheuren Beamtenheere außer-
ordentlich hohe Besoldung zu zahlen. Hierzu gesellten sich noch die
Jahresgehalte, welche den inländischen pensionierten Fürsten gewährt
werden mußten. Auch die Gesandtschaften, die Geschenke an die Nachbar-
könige und die immerwährenden kleinen Kriege gegen aufständische Va-
sollen und Fürsten verschlangen große Summen, daß selbst der gewinn-
reichste Handel dieselben nicht zu decken vermochte. Daher war es als
kein besonderer Verlust für die Mitglieder der Handelsgesellschaft anzusehen,
daß am 15. März 1795 die Batavische Republik die Holländisch-ostindische
Kompanie aufhob und ihre Besitzungen für Staatseigentum erklärte.
In den ersten Jahren des Bestandes der Handelsgesellschaft, als es
sich noch darum handelte, gegen den Nationalfeind als mächtiges Volk auf-
zutreten und festen Fuß in Indien zu fassen, hatte die Sache eine ganz
andre Bewandtnis. Damals galt es eine Nationalangelegenheit; der
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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Extrahierte Ortsnamen: Indien Ostindien Holland England Indien Javas Niederländisch-Jndien Nieder- Batavische_Republik Indien
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88 Tie Engländer in Ostindien.
breitet, die ihm die Niederländer schon ansingen streitig zu machen; und
selbst die Franzosen schickten sich an, im Nordosten von Amerika ihren zivili-
satorischen Beruf, auf den sie sich von jeher so viel zu gute gethau haben,
weiter zu verfolgen. Es schien, als ob das meerumgürtete England bei
der Teilung der Welt zu spät gekommen und nichts für dasselbe übrig ge-
blieben wäre.
Und doch — wer hätte wohl damals denken sollen, daß es kaum zweier
Jahrhunderte bedurste, um die englische Flotte zur Beherrscherin aller
Meere zu machen! Wer hätte geahnt, daß jetzt der englische Schiffsverkehr
fast so viel beträgt, als der aller andern seefahrenden Völker zusammen-
genommen?
Das 16. Jahrhundert war schon seinem Ende nahe, als die Engländer
die ersten erfolgreichen Anstrengungen machten, auf dem Meere zu Ansehen zu
gelangen. Im Jahre 1532 belief sich die Flotte ihrer Kauffahrteischiffe
auf 135, von denen sich nur eiue kleine Zahl bis zu 500 Tonnen Last er-
hob. Doch als mit diesen Fahrzeugen, denn nur wenige gehörten der Krone
an, die größte und stolzeste Flotte jener Zeit, die spanische Armada, ge-
schlagen ward, da erhoben die englischen Schiffer mutig ihr Haupt, sandten
verlangend ihreu Blick in die Weite und strebten danach, mit teilzunehmen
am Handel in den fernen Welten. Tie Gesellschaft der „wagenden Kauf-
leute" brachte Leben und Rührigkeit in die Nation, und allerorten äußerte
sich ein kräftiger Aufschwung. Bald machte sich auch die Notwendigkeit
sühlbar, mit Indien, der unerschöpflichen Quelle aller für einen Kaufmann
wünschenswerten Gegenstände, in unmittelbaren Verkehr zu treten. Man
beschäftigte sich zunächst damit, einen Handelsweg zu Lande dahin ausfindig
zu machen, und schon 1531 war eine Anzahl Handelsherren zur Bildung
„einer türkischen Handels-Kompanie" zusammengetreten, um durch den Per-
sischen Meerbusen und dann zu Lande über Aleppo Waren direkt von
Indien her einzuführen. Doch der Weg war zu weit und unsicher, als
daß günstige Erfolge hätten erlangt werden können, man wandte sich daher
in einer Bittschrift an die Königin, eine Handelsunternehmung zur See
nach Indien eröffnen zu dürfen. Es vergingen wieder einige Jahre, bevor
etwas Entscheidendes geschah. Aber noch vor Ablauf des 16. Jahrhunderts,
am 22. September 1599, versammelten sich in Fonnderhall der Lordmayor,
die Aldermänner und etwa 100 der angesehensten Kaufleute von London
und beschlossen, eine Gesellschaft zu errichten zum Zwecke des Handels-
betriebes nach Indien, indem sie zugleich auf der Stelle in 101 Anteilen
von 100 bis 3000 Pfd. Sterl. ein Kapital von 30 000 Pfd. Sterl. zeich-
neten. Infolge einer bald nachher an den Geheimen Rat gerichteten Ein-
gäbe, in welcher um das Patent zur Bildung einer Kompanie gebeten ward,
erteilte die Königin Elisabeth am 31. Dezember 1600 dem Grafen Georg
von Cumberland und 215 Rittern, Aldermännern und Kaufleuten einen
königlichen Freibrief (Charter), der diese ermächtigte, sich unter dem Namen
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Georg
von_Cumberland
Extrahierte Ortsnamen: Ostindien Amerika England Indien Aleppo Indien Indien London Indien
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94 Die Engländer in Ostindien.
Monate in Kraft. Schon im Dezember 1820 griff infolge neuer Zerwürfnisse
der holländische Generalgouverneur plötzlich die Inseln Lantore und Pull-
Roo an, auf deren Besitz die Engländer Ansprüche machten, nahm sie weg und
eröffnete durch dieses Vorgehen eine Reihe von Feindseligkeiten, welche ihren
Höhepunkt im Februar 1623 in blutigen Hinrichtungen, zu Amboiua fanden,
infolge deren die Agenten der englischen Kompanie sich von allen Gewürzinseln
vertrieben sahen. — Der ununterbrochene Streit wirkte aus die Erweite-
rung des englischen Handels höchst nachteilig. Die Sache ward selbst nicht
besser, als es der Kompanie im Jahre 1622 gelang, der portugiesischen
Macht eine empfindliche Niederlage beizubringen und sich in den persischen
Meeren einer wertvollen portugiesischen Faktorei aus der Insel Ormuz mit
Hilfe des Schahs von Persien zu bemächtigen. Vielmehr wiesen die Ge-
schästsbücher des Ostindiahanses drei Jahre später eine Schuld von 300 000
Pfd. Sterl. aus, so daß 1625 ernstlich in Überlegung gezogen ward, ob
es nicht besser sei, alle Besitzungen in Indien und den Handel dorthin aus-
zugeben, zumal man schon vorher sich genötigt gesehen, die Faktoreien in
Japan, trotz eines zweiten, noch günstigeren Freibriefes vom Kaiser, infolge
mangelnden Schutzes eingehen zu lassen.
Auf dem Höhepunkte ihres Kredits im Jahre 1616 hatte die Kom-
panie einen Fond von 1629 040 Pfd. Sterl. zusammengebracht, als aber
im Jahre 1624 eine neue Anleihe gemacht werden sollte, blieben die Teil-
nehmer aus, und die Aktien, welche 1617 zu 203 % verkauft wurden,
fanden kaum noch Abnehmer zur Hälfte jenes Betrages. Die Kompanie
bestand aber auch diese Ungunst der Zeiten, und ihre Entwickelung nahm
auch in den folgenden Jahren stetigen, wenn auch öfters unterbrochenen
Fortgang. Ein wichtiges Hoheitsrecht, welches ihr im Jahre 1627 König
Karl I. verlieh, bestand in der vollen Gerichtsbarkeit über ihre auswärtigen
Bediensteten und ihre Unterthanen im fernen Osten, welche sie nach ge-
meinem wie nach Kriegsrecht aburteilen lassen durfte.
Im Jahre 1636, noch unter der stets geldbedürftigen Regierung
Karls I., wurde das Monopol der Ostindischen Handelsgesellschaft dadurch
verletzt, daß der König auch dem Sir William Courteeu auf den Vor-
wand hin, die Ostindische Handelsgesellschaft thue zu wenig für das all-
gemeine Beste, die Erlaubnis erteilte, nach Indien Handel zu treiben.
Nichtsdestoweniger fiel es der mittlerweile in ihren älteren Mitgliedern
außerordentlich zusammengewachsenen und dadurch erstarkten Kompanie
nicht schwer, jenes königliche Patent für sich unschädlich zu machen; ja es
gelang ihr sogar, 1639 auf der Küste von Koromandel zu Madraspat-
uam eine feste Niederlassung zu gründen, nachdem ihr von seiten eines
geneigten indischen Radschahs gestattet worden war, in dem ihr überlassenen
kleinen Bezirk das Fort St. George zu bauen. Dahin siedelte bald nach-
her die Präsidentschaft über, welche sich bisher zu Bantam befand. In-
folge der rührigen Thätigkeit, die sich an diesem wichtigen Punkte entwickelte,
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
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100 Die Engländer in Ostindien.
Bombay, wurde unter dem Nameu Sir Josiah Child von Surate zum
Barouet und zum Oberkommandierenden aller englischen Truppen im
Osten erhoben; daher kam es, daß unter allen servilen Genossenschaften die
Ostindische Kompanie durch Willfährigkeit gegen den Thron am meisten
hervortrat. Sie gab dem Handelsstande des Königreichs das gesetzwidrige
Beispiel bereitwilliger Steuerzahlung, als ohne Zustimmung des Parla-
ments König Jakob Ii. bei seinem Regierungsantritt gewisse Abgaben
ausschrieb. Sobald indessen der Monarch nach kaum vierjähriger Will-
kürherrschast aus dem Lande Vertrieben, und der blutige Lord-Oberrichter
Jeffreys, welcher die übermäßigen Monopolanfprüche der Ostindischen
Gesellschaft für gesetzmäßig erklärt, ein Gefangener geworden war, vereinigten
sich die alten Feinde der Kompanie, verstärkt durch die ehemaligen, von
Child aus dem Ostmdiahanse vertriebenen Direktoren und ihren Anhang,
mit den mächtigsten whigistisch gesinnten Kaufleuten der City und forderten
von dem freiheitlich gesinnten Hause der Gemeinen, welches Wilhelm Iii.
von Oranien aus den Thron erhoben hatte, Gerechtigkeit und Wiederver-
geltuug. Am heftigsten gebürdete sich Papillon, obgleich derselbe einige
Jahre früher als eifrigster Vorkämpfer für den Freibrief der Kompanie
gestritten. Ein guter Teil der Gegner der Kompanie aber bestand aus
Leuten, welche ihr gram waren, weil sie sich von einem Mann hatte be-
herrschen lassen, der seinen Einfluß dazu angewendet, um vor allem seine
Interessen und die seiner Kreaturen zu fördern. Als Heilmittel für alles
schreiende Unrecht und gegeu zukünftige Übergriffe dieser Art verlangte
man von der Krone das Monopol zu einer neuen Gesellschaft auf einem
besseren Fundamente, wodurch mau hoffte, die Wiederkehr einer engherzigen
und tyrannischen Oberleitung auf immer fern zu halten. Die neu zu be-
gründende Kompanie, unter der sich einige der ersten Großhändler der
City befanden, wählte zur Wahrnehmung ihrer Interessen ein Komitee
und beauftragte dasselbe, vom Parlamente und der Regierung ein Privileg
zum Handel nach dem Osten auszuwirken.
Nachdem das Ostindiahaus sich im Jahre 1693 gegeu jeden Vergleich
ausgesprochen hatte, baten die Gemeinen den König Wilhelm Iii., demselben
eine dreijährige Vorausverkündigung der Aufhebung seines Freibriefes zu-
stellen zu lassen. Sir Josna Child, welcher befürchtete, durch seine Person
im Vordergrunde die Interessen seiner Kompanie noch mehr zu gefährden,
machte in der rechten Stunde einem neuen Gouverneur, dem Sir Thomas
Cook, scheinbar Platz. Dieser, mit dem bisherigen allmächtigen Leiter
des Direktorenhofes nahe verwandt, gehörte zu den angesehensten Kauf-
leuten Londons; auch fehlte es ihm als Mitglied des Parlaments nicht
an Einfluß. Er wußte in der That binnen kurzer Zeit vermittelst wohl-
angewandter 100 000 Pfd. Sterl. die ärgsten Gegner zu besänftigen.
Infolgedessen wurde ohne Mitwirkung des Parlaments von feiten der
Regierung am 7. Oktober 1693 der Freibrief und das Monopol der alten
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Extrahierte Personennamen: Josiah_Child_von_Surate Jakob_Ii Jeffreys Wilhelm Wilhelm Josna_Child Thomas
Cook
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102 Die Engländer in Ostindien.
und Godwindpur samt der Gerichtsbarkeit über die Bewohner mit dem
Rechte, Forts zu errichten, erwarb — wurde der neuen Ostindischen
Handelskompanie am 5. September desselben Jahres, nachdem sie die
Regierung vermittelst einer Bestechung von 2 Millionen zu 8 % in Form
einer Anleihe gewonnen hatte, unter dem Titel „Die englische Kompanie
der nach Indien handelnden Kaufleute von England", zufolge einer
Parlamentsakte vom 5. Juli ebenfalls ein Freibrief erteilt. Die neue
Genossenschaft rüstete im nächsten Jahre (1699) drei Schiffe mit einer
Ladung im Werte von 178 000 Pf. Sterl. für Indien aus, während die
alte Ostindiakompanie in demselben Jahre auf 13 Schiffen für 525 000
Pfd. Sterl. Waren sandte.
Die Streitigkeiten zwischen beiden Gesellschaften, deren neuere man
Dowgatekompanie hieß, weil sie in der Dowgatestraße, und zwar in
der stattlichen Halle der Pelzhändler, ihre Versammlungen abhielt, während
die ältere nach ihrem Geschäftshaufe in der Leadenhallstraße benannt
wurde, zogen sich in feindseligster Weise manche Jahre hin. Die Haupt-
Waffen der neuen Genossenschaft waren Schmähschriften, die der alten
Geldbestechungen; die neue wurde durch die Whigs unterstützt, die alte
durch die Tories; jene stützte sich auf die Volksgunst, die letztere aus den
ungeheuren Vorteil eines großen gemeinsamen Schatzes. Mit Hilfe des
letzteren hatte sich die Unterstützung aller Einflußreichen am Hofe und im
Parlamente leicht erkaufen lassen, während die neue Kompanie das Geld
zu dergleichen Zwecken aus ihrem eignen Seckel nehmen mußte, ohne
Hoffnung auf baldigen Wiedergewinn.
Die bisherigen Verdrießlichkeiten, bei denen niemand etwas gewann,
sowie zahllose Mißstände, die der Nebenbuhlerschaft der beiden Kompanie»
entsprangen, führten im Jahre 1701 schließlich doch zu einer Vereinigung
der zwei Gesellschaften, welche Königin Anna durch das Staatssiegel am
22. Juli 1702 sanktionierte. Als das englische Gouvernement sich sechs
Jahre nachher in Geldnot befand, erklärte es sich bereit, der „Vereinigten
Kompanie" das ausschließliche Privilegium des Handels nach Ostindien
bis zum 25. März 1726 wieder zuzugestehen. Durch eine Parlamentsakte
ward der Gesellschaft bis drei Jahre nach dem Erlöschen ihres Freibriefes
ihr früheres Monopol und damit ihr gesicherter Bestand gewährleistet.
Dafür forderte die Regierung jedoch eine Aushilfe von 1 200 000 Pfd.
Sterl. ohne Interessen, welche samt dem früheren Vorschusse von
2 000 000 Pfd. Sterl. eine 5 °/0 Anleihe der Regierung bilden sollten.
Mit der segensreichen Regierung Wilhelms Iii. hatte die Glanz-
Periode des Handels und allgemeinen Wohlstandes Großbritanniens be-
gönnen. — Die außerordentliche Wichtigkeit der südasiatischen Kolonien
für die englische Machtstellung trat während einer Verkehrs- und Handels-
strömung, wie sie bis dahin noch nicht dagewesen, immer mehr zu Tage.
Das britische Gouvernement sah sich veranlaßt, den Niederlassungen
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66 Die Niederländer in Java und auf den übrigen ostindischen Inseln.
gesinnt gegen die Regierung zeigen, aus ihren Posten zu belassen, obschon
immer niederländischen Beamten die Oberaufsicht über die ganze Verwal-
tung anvertraut ist und die Herrschaft der noch jetzt vorhandenen Souveräne
nur noch eine scheinbare genannt werden kann.
Bald nach Houtmans Zurückkunft im Jahre 1598 wurden acht Schiffe
von Kaufleuten in Amsterdam, Rotterdam und Enkhuizen ausgerüstet und
unter Jakob Cornelius van Nek nach Indien geschickt. Te^ls auf Java,
teils auf den Molukken nahmen diese Schiffe reiche Ladungen kostbarer
Produkte ein und kehrten sämtlich wohlbehalten nach dem vaterländischen
Boden zurück.
Angelockt durch den reichen Gewinn, den diese Expedition ihren Unter-
nehmern abwarf, beeiferte sich die Kaufmauuschaft, noch mehr Schiffe für
die Fahrt nach Ostindien auszurüsten. So kam es, daß im Jahre 1601
bereits vierzig Schiffe nach den ostindischen Gewässern segelten, welche alle
mit reichen Ladungen heimkehrten. Um aber sowohl den Uneinigkeiten der
einzelnen Handelsgesellschaften untereinander zu steuern, als auch um der
Konkurrenz von Spaniern und Engländern kräftigen Widerstand zu bieten,
wurden durch Vermittelung der Generalstaaten alle holländischen Handels-
gesellschaften am 20. März 1602 in eine einzige, die berühmte Ostindische
Handelsgesellschaft (Ostindische Handelsmaatschappij), vereinigt. Der
indische Handel wurde durch diese Kompanie zu einer Nationalangelegen-
heit, an welcher Volk und Regierung gemeinsam Anteil hatten. Die Han-
delsgesellschaft erhielt aber auch Befugnisse, welche nur der Gesamtnation
als solcher zukommen. Es war vor allem nicht nur das Monopol, allein
nach Indien Geschäfte treiben zu dürfen, sondern auch das Recht, Beamte
in Indien anzustellen, Krieg zu führen und Friedensverträge abzuschließen,
Bündnisse einzugehen, Münzen zu schlagen, Städte und Festungen zu
bauen, alles natürlich nur im Namen der Generalstaaten. Das Kapital,
welches die Kompanie bei ihrer ersten Gründung zusammeiwrachte, belief
sich auf die für jene Zeiten ungeheure Summe von 6 600 000 Gulden,
während die zwei Jahre früher gegründete Englische Handelsgesellschaft
ihr Unternehmen nur mit einer Summe von 72 000 Pfund Sterling oder
500 000 Thalern begonnen hatte. In allen See- und Handelsplätzen der
Provinzen der befreiten Niederlande regte sich ein erstaunliches Leben und
Treiben, sollen doch nach den Berichten des Hugo Grotius ums Jahr 1600
in den Häfen alljährlich 2000 Schiffe gebaut worden sein. Mit Mut und
Entschlossenheit wurde der Kampf mit allen übrigen seefahrenden Nationen
aufgenommen.
Die erste Expedition, welche die Niederländisch - oft indische
Handelsgesellschaft nach Indien sandte, bestand aus 13 Schiffen mit
1200 Mann unter Befehl van der Hagens. Dieser empfing bei seiner
Ankunft zu Bantam auf der Insel Java eine Gesandtschast der Eingeborenen
von Amboina. einer der Molukken- oder Gewürzinseln, welche die Hilfe
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
96 Die Engländer in Ostindien.
einen passenden Artikel zur Erhebung neuer Steuern erblickte. Vor dem
Jahre 1660 hatte kaum ein aus der Themse ausgelaufenes Schiff das
Delta des Ganges besucht — 23 Jahre später erhob sich bereits der Wert
der jährlichen Einfuhr aus den östlichen, reichen und dicht bevölkerten Län-
dern von 8600 Pfd. Sterl. auf 300 000 Pfd. Sterl.
Diese außerordentliche Entwickeluug des indischen Verkehrs begann
gerade zu einer Zeit, welche dem englischen Großhandel in Europa höchst
ungünstig war; denn infolge der Begünstigung der nachbarlichen Moden unter
der üppigen Hofhaltung Karls Ii. überfluteten französische Jndustrie-Er-
zeugnisse alle Märkte des Königreichs. —
Und diese Zeit gelang es den Franzosen, auch in Ostindien, nachdem
nnter Beistand ihres großen Staatsmannes Colbert eine Französisch-
Ostindische Gesellschaft 1664 gegründet worden war, immer mehr
Boden zu gewinnen. Vermöge ihrer Geschmeidigkeit trugen sie bald das
entscheidende Übergewicht insbesondere im Süden der Halbinsel davon. In
dieser bevorzugten Stellung behaupteten sie sich bis in die ersten Jahrzehnte
des 18. Jahrhunderts. Außer den alten Nebenbuhlern im Osten machten
nun auch die Franzosen den Engländern in Indien das Leben sauer. Von
Pondichery, dem Mittelpunkte der französischen Kolonisation in Indien,
liefen fein gesponnene Fäden aus, wodurch die Gouverneure der sranzö-
sischen Kompanie sich mit allen Teilen des indischen Reiches in Verbindung
und ihren Einfluß im Gange erhielten.
Von Jakob Ii. war für gutes Geld jede Gunst, nur keine thatkräftige
.Willensäußerung zu erlangen. Dieser König fügte, um die Kompanie selbst
besser instandzusetzen, den Holländern und andern Gegnern zu widerstehen,
ihren Privilegien die Ermächtigung hinzu, in Indien Festungen zu erbauen,
Truppe» auszuheben und zu unterhalten, Münzen zu schlagen u. s. w. —
um so wertvollere Zugeständnisse, nachdem Karl Ii. bereits im Jahre 1630
die an der Westküste von Vorderindien südlich vom Meerbuseu von Cambay
gelegene Insel Bombay, eine Mitgabe seiner Gemahlin Katharina von
Portugal, dem Ostindiahanse gegen einen jährlichen Erbzins zu Lehen
gegeben. Weiterhin erwarb die Gesellschaft im Jahre 1689 Tegnapatam
südlich von Madras und befestigte die gewonnene nene Besitzung durch das
Fort St. David.
Auch während der ersten Jahre nach der Thronbesteigung Wilhelms Iii.
(1689) nahm der Einfluß und die Bedeutung der zu außerordentlicher
Blüte gelangten Gesellschaft fortwährend zu, jedoch auch die Mißgunst der-
jenigen, welche mit Verdruß bemerkten, wie der auf die Kompanie nieder-
strömende Reichtum sich mehrte. Damit hielten gleichen Schritt die Be-
sorgnisse langjähriger Freunde des Ostiudiahauses. Voll Bangen sahen sie
die längst befürchteten Folgen der intimen Verbindung herannahen, welche
die Leiter des Direktorenhofes während der ärgsten Stuartwirtschaft mit
dem Hose sowie mit den Parlamentsparteien unterhielten. Während dieser
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Karls Colbert Jakob_Ii Karl_Ii Karl Meerbuseu_von_Cambay Katharina_von
Portugal David David Wilhelms Wilhelms
Extrahierte Ortsnamen: Ostindien Europa Karls Ostindien Indien Indien Indien Bombay Madras
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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Geschlecht (WdK): koedukativ
r
110 Die Engländer in Ostindien.
Angelegenheiten. Infolge eines mit dem Großmogul abgeschlossenen Ver-
träges überließ dieser den Engländern die Erhebung aller Einkünfte in
Bengalen und dessen zugehörigen Provinzen im Betrage von 3125 000 Pfd.
Sterl. gegen einen Lebenszins von jährlich 325 000 Pfd. Sterl.
Was Clive in Ostindien angefangen hatte, das setzte einer seiner
Nachfolger, Warren Hastings, mutig fort, der seit dem Jahre 1773
als erster Generalgouverneur daselbst auftrat. Schon seit seinem acht-
zehnten Lebensjahre, seit 1750, befand er sich in Bengalen, um dort als
Handelsagent der Kompanie sein Glück zu versuchen. Durch seinen häufigen
Umgang mit Leuten aus allen Klassen und Kasten lernte er die Sitten
und Zustände der Eingeborenen gründlich kennen, so daß er bei seiner
diplomatischen Geschicklichkeit, seiner Besonnenheit und Entschlossenheit der
englischen Verwaltung bald die größten Dienste erwies und schon im Jahre
1761 Mitglied des Rates von Bengalen wurde. Von 1764 bis 1769
weilte er in England, im Jahre 1769 war er wieder als zweites Mitglied
des Rates von Madras auf dem Wege uach Indien. Hier fand er die
Handelsbeziehungen in höchst unbefriedigendem Zustande; jeder suchte auf
seine eigne Hand möglichst schnell reich zu werden.
Darunter schwand der Wohlstand der Provinz sichtlich, und die Ein-
künste nahmen in erschreckender Weise ab. Hastings ordnete sehr energisch
die Finanz- und Handelsangelegenheiten und brachte ein besseres System
beim Ein- und Verkauf zustande; 1772 wurde er als Vorsitzender nach
Kalkutta gesandt. Waren auch hier die Engländer in tatsächlichem Besitz
aller Macht, so ergingen doch alle ihre Regierungsmaßregeln im Namen
des Nabobs von Bengalen, dem aber als Großwürdenträger und erster
Minister einer der vornehmsten Eingeborenen zur Seite stand. Mit Schlau-
heit wußte Hastings diesen Beamten, der einen Gehalt von 100 000 Pfd.
Sterl. bezog, beiseite zu setzen; dem Nabob vergönnte man von nun an
nicht einmal mehr den scheinbaren Anteil an der Regierung, sondern nur
die bisherige beträchtliche Jahrespension. Durch diese und andre, aller-
dings vor dem Richterstuhle der Moral kaum zu rechtfertigende Maßregeln
erhöhte er das Einkommen der Kompanie um sehr große Summen, so
daß diese ihn im Jahre 1773, als durch die sogenannte Regierungsakte
die Verhältnisse der Kompanie zu ihrem indischen Reiche neu geordnet
wurden, zum Generalgouverneur von Indien mit dem Sitze in Kalkutta
auf fünf Jahre ernannte. Er war der erste, der diese Würde bekleidete,
und behielt sie bis zum Jahre 1785. Ihm zur Seite stand ein Rat, aus
vier Mitgliedern bestehend; neben ihm ward noch ein unabhängiger oberster
Gerichtshof eingesetzt. Seiner Energie und Umsicht gelang es aber bald,
die unumschränkte Gewalt sich anzueignen.
Eine neue Gefahr, größer und furchtbarer denn je zuvor, erwuchs
der Kompanie um diese Zeit in den Sultanen von Mysore. Als Hyder
Ali, der Beherrscher von Mysore, 1772 in Streit mit seinen Nachbarn,
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Extrahierte Personennamen: Warren_Hastings Hyder
Ali
Extrahierte Ortsnamen: Ostindien Bengalen Ostindien Bengalen Bengalen England Madras Indien Kalkutta Bengalen Indien Kalkutta
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
172 Das Waldenburger Bergland.
Räubereien in Schlesien, ohne einen Feind zu haben, fortsetzte. Die Stadt
Namslan hatte er zu seiner Feste gemacht, von der ans er die Umgegend bis
nach Öls hin brandschatzte, weil es der Herzog von Öls mit den Polen gehalten
hatte. Nun rief dieser die Polen nach Schlesien zurück; mit den Breslauern ver-
feindete sich Affenheim, weil diese sein Treiben mißbilligten. Dafür aber fand er
Raubgesellen in den Besitzern der Bonenburg und in Hermann Czettritz auf
Fürstenstein. Jetzt wurde von Namslau, der Bolkenburg und dem Fürstenstein aus
Schlesien verwüstet. Die Raubzüge brachten bedeutende Beute ein, welche die
Räuber in ihre festen Burgen schleppten. Geistliche und Lehrer griffen zu den
Waffen, um das Land zu schützen; der Bischof schlenderte den Bannstrahl auf
die rohen Ritter: aber alles war vergeblich. Drei Jahre, bis zum Jahre 1445,
wüteten die grausamen Menschen. Durch die Bemühungen der Herzogin Elisabeth
zu Liegnitz kam endlich ein Friede zustande. Aber Assenheim hielt nicht, was
er versprochen hatte; er zog plündernd nach Neumarkt, wurde aber dort ergriffen
und zur Strafe seines Rechtsbruches enthauptet.
Über dieses Urteil waren die Freunde des Assenheim empört, und sie be-
gannen wieder ihre Raubzüge gegen die Städter; erst im Jahre 1449 werden
endlich die Fehden beigelegt. Allein nach Verlauf von nicht mehr als zwölf
Jahren loderte durch Podiebrad fchon wieder die Kriegsfackel auf durch ganz
Schlesien, Mähren und Böhmen, und die Schloßherren fanden abermals ihre
volle Beschäftigung. Podiebrad kam nach Schlesien, belagerte und bekam —
ob mit Gewalt oder durch Unterhandlungen ist ungewiß — den Fürstenstein
im Jahre 1463 und gab ihn seinen Getreuen. So wurde die Burg wiederum
eine Geißel für Schlesien. Zur Freude der Breslauer kam im Jahre 1474
Matthias von Ungarn mit 1500 Reitern und 3000 Trabanten, um endlich die
Frevler auf dem Fürstenstein zu züchtigen. Zwar erschütterten die Büchsen mit
Macht die Wehre und Türme der Feste, aber die Festung blieb uuerobert, die
Gewandtheit und Tapferkeit der Besatzung unbesiegt, und Matthias mußte die
Belagerung ausgeben, weil ihn ein Einfall der Türken nach Ungarn zurückrief.
Der Raubritter vom Fürstenstein konnte, wie früher, die Straßen unsicher machen.
Im Jahre 1509 kaufte den Fürstenstein Kunz von Hochberg, dessen Familie
ihn noch heute im Besitz hat. Im Dreißigjährigen Kriege mußte die Burg Haus
Heinrich von Hochberg verlassen, und sie wurde einmal von den Kaiserlichen,
zweimal von den Schweden erobert. Nach dem Frieden ließ dann der Besitzer
die Festungswerke abtragen und machte aus dem Hause des Krieges eine Stätte
des Friedens. Es würde zu weit führen, wenn wir uns bekannt machen wollten
mit der ganzen Kette von Sorgen und Mühen, welche die Familie Hochberg um
den Besitz des Fürstensteins durchzukämpfen gehabt hat, wieviel Leiden sie ge-
tragen, wieviel Geld sie dabei verausgabt hat; wie sie aber immer in der
Not Rettung gefunden, wie sie selbst vom ärmsten Bauer, wenn er nur noch
etwas hergeben konnte, unterstützt worden ist, weil sie überall Liebe gesäet und
Liebe geerntet hat. Wenn nach den Zeiten des Druckes und der Not friedlichere
Zeiten zurückkehrten, traten auch bald geordnetere Verhältnisse wieder ein. Ein
mühevolles Leben führte besonders Hans Heinrich I. von Hochberg, dessen
Verdienste Ferdinand Iii. dadurch auerkauute, daß er ihn 1650 zum Reichsfreiherrn
ernannte. Auf den Fürstentagen zeichnete sich der Besitzer von Fürstenstein sehr
aus, und Kaiser Leopold erhob ihn 1666 in den Reichsgrafenstand. Die Hochbergs
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Extrahierte Personennamen: Hermann_Czettritz Elisabeth Matthias_von_Ungarn Matthias Kunz_von_Hochberg Heinrich_von_Hochberg Heinrich Hans_Heinrich_I._von_Hochberg Heinrich_I. Ferdinand_Iii Ferdinand Leopold Leopold
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
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Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Betscher Gauner. 433
Gegenständen vergeblich, bis ein am Fenster stehender Blumentopf die Auf-
merksamkeit eines Beamten auf sich zog. Der Topf wurde zerschlagen und es
fanden sich in einem Läppchen in der Erde 29 doppelte, 15 einfache und 12
halbe Friedrichsdor Geld, das nach der Aussage des Löwenthal schon lange
dort von ihm aufbewahrt wurde. Weil nun schon mehrere Thatsachen gegen
Löwenthal sprachen, wurde er, seine Frau, sein Sohn und sein Dienstmädchen
verhaftet. Weitere Nachsuchungen brachten eine Börse mit 64 Lonisdor zum
Vorschein, von denen der bestohlene Qnästor einige als ihm entwendet erkannte,
und einen Nachschlüssel, der in einem Vogelbauer versteckt war und der, wie sich
bald herausstellte, das Gewölbeschloß in der Quästur öffnete. Als der Gefangene
einsah, daß ihm kein Leugnen seine Freiheit wiedergeben würde, daß zu viele
Thatsachen gegen ihn sprachen, da gestand er ein, daß er einer wohlorganisierten
Diebesbande angehöre und gestehen werde, wenn ihm Ungestraftheit zugesichert
würde. Die Behörden waren anfänglich wohl im Zweifel, ob einem so ge-
fährlichen Menschen ein solches Zugeständnis gemacht werden könne. Da man
aber kein Mittel fand, der Diebe habhaft zu werden, so wurde dem Löwenthal
Begnadigung versprochen, wenn er alles gestände und jeden Dieb namhaft machen
würde. Nun gestand Löwenthal, daß er eigentlich ein Nepper, d. h. ein Be-
trüger, sei, erst 1828 ein Gannew, d. h. ein Dieb, geworden sei und sich einer
Chawrusse, d.h. einem Diebesverein, angeschlossen habe und bei 37 Diebstählen
beteiligt sei. Nenn sehr gefährliche Diebe wurden von ihm namhaft gemacht
und von der Polizei verhaftet, er selbst in Freiheit gesetzt.
Unter den Verhafteten befanden sich auch zwei Polizeivigilauteu, Jonas
und Rosenthal. Solche Vigilanten sind Menschen, die meist wegen Diebstahls
mehrere Male bestraft worden, dann aber in den Dienst der Polizei getreten
sind, um ihr beim Auffinden der Diebe behilflich zu sein; sie bekommen, wenn
sie Diebe aussindig machen, für ihre Thätigkeit vom Staate eine Vergütigung;
ihre Dienste sind, weil solche Menschen mit den Schlichen der Diebe am besten
bekannt sind, oft von großem Nutzen.
Die Gauner wußten Rosenthal und Jonas allmählich auf ihre Seite zu
ziehen, so daß diese zwar meist nicht persönlich stahlen, aber die Aufmerk-
samkeit der Polzei von den Dieben ablenkten und für diesen Dienst einen Teil
der Beute erhielten. Rosenthal verstand sich außerdem vorzüglich auf das
Baldowern, d. h. er wußte Gelegenheiten zum Stehlen auszukundschaften und
diese den Gaunern anzugeben. Leider konnte die Polizei mit den Verhafteten
nichts anfangen, da kein einziger gestand, und schon war man nahe daran, die
Menschen frei zu geben, als Mißgunst eines Gefangenen die Angelegenheit in
ein andres Fahrwasser brachte. Wohlauer nämlich wußte, daß er von Löwenthal
verraten worden und daß dieser für den Verrat in Freiheit gesetzt war; zugleich
war es ihm nicht unbekannt geblieben, daß der Angeber nur unter der Be-
dingung eines vollständigen Bekenntnisses begnadigt war, dieser aber einige
Diebe aus seiner Verwandtschast verschwiegen hatte. Nun wünschte anch er die
Freiheit zu erhalten, wenn er alles entdecken würde. Als ihm dies nicht ge-
währt wurde, rächte er sich an Löwenthal, indem er erklärte, daß dieser kein
vollständiges Bekenntnis abgelegt habe. Der entlassene Schuft und andre Diebe
wurden eingezogen. Wiederum gestand niemand; vor allen Dingen leugnete
der Vigilant Rosenthal, auf dessen Aussage alles ankam, hartnäckig. Wohlauer
Deutsches Land und Volk. Viii. 23
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Extrahierte Personennamen: Löwenthal Jonas Rosenthal Rosenthal Jonas Rosenthal Rosenthal Wohlauer