Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
88 Tie Engländer in Ostindien.
breitet, die ihm die Niederländer schon ansingen streitig zu machen; und
selbst die Franzosen schickten sich an, im Nordosten von Amerika ihren zivili-
satorischen Beruf, auf den sie sich von jeher so viel zu gute gethau haben,
weiter zu verfolgen. Es schien, als ob das meerumgürtete England bei
der Teilung der Welt zu spät gekommen und nichts für dasselbe übrig ge-
blieben wäre.
Und doch — wer hätte wohl damals denken sollen, daß es kaum zweier
Jahrhunderte bedurste, um die englische Flotte zur Beherrscherin aller
Meere zu machen! Wer hätte geahnt, daß jetzt der englische Schiffsverkehr
fast so viel beträgt, als der aller andern seefahrenden Völker zusammen-
genommen?
Das 16. Jahrhundert war schon seinem Ende nahe, als die Engländer
die ersten erfolgreichen Anstrengungen machten, auf dem Meere zu Ansehen zu
gelangen. Im Jahre 1532 belief sich die Flotte ihrer Kauffahrteischiffe
auf 135, von denen sich nur eiue kleine Zahl bis zu 500 Tonnen Last er-
hob. Doch als mit diesen Fahrzeugen, denn nur wenige gehörten der Krone
an, die größte und stolzeste Flotte jener Zeit, die spanische Armada, ge-
schlagen ward, da erhoben die englischen Schiffer mutig ihr Haupt, sandten
verlangend ihreu Blick in die Weite und strebten danach, mit teilzunehmen
am Handel in den fernen Welten. Tie Gesellschaft der „wagenden Kauf-
leute" brachte Leben und Rührigkeit in die Nation, und allerorten äußerte
sich ein kräftiger Aufschwung. Bald machte sich auch die Notwendigkeit
sühlbar, mit Indien, der unerschöpflichen Quelle aller für einen Kaufmann
wünschenswerten Gegenstände, in unmittelbaren Verkehr zu treten. Man
beschäftigte sich zunächst damit, einen Handelsweg zu Lande dahin ausfindig
zu machen, und schon 1531 war eine Anzahl Handelsherren zur Bildung
„einer türkischen Handels-Kompanie" zusammengetreten, um durch den Per-
sischen Meerbusen und dann zu Lande über Aleppo Waren direkt von
Indien her einzuführen. Doch der Weg war zu weit und unsicher, als
daß günstige Erfolge hätten erlangt werden können, man wandte sich daher
in einer Bittschrift an die Königin, eine Handelsunternehmung zur See
nach Indien eröffnen zu dürfen. Es vergingen wieder einige Jahre, bevor
etwas Entscheidendes geschah. Aber noch vor Ablauf des 16. Jahrhunderts,
am 22. September 1599, versammelten sich in Fonnderhall der Lordmayor,
die Aldermänner und etwa 100 der angesehensten Kaufleute von London
und beschlossen, eine Gesellschaft zu errichten zum Zwecke des Handels-
betriebes nach Indien, indem sie zugleich auf der Stelle in 101 Anteilen
von 100 bis 3000 Pfd. Sterl. ein Kapital von 30 000 Pfd. Sterl. zeich-
neten. Infolge einer bald nachher an den Geheimen Rat gerichteten Ein-
gäbe, in welcher um das Patent zur Bildung einer Kompanie gebeten ward,
erteilte die Königin Elisabeth am 31. Dezember 1600 dem Grafen Georg
von Cumberland und 215 Rittern, Aldermännern und Kaufleuten einen
königlichen Freibrief (Charter), der diese ermächtigte, sich unter dem Namen
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Extrahierte Personennamen: Georg
von_Cumberland
Extrahierte Ortsnamen: Ostindien Amerika England Indien Aleppo Indien Indien London Indien
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Bewohner des Karolinenarchipels. 169
daß sie im Laufe der Jahrtausende die Gipfel oder unterseeischen Berg-
züge durch Ansetzen ihrer kalkartigen Stöcke immer mehr erhöhen, bis diese
zuletzt in Folge allgemeiner Erhebung des Meeresbodens sich gleichfalls
als Riffe und' Inseln erheben und ganze Felsenketten oder unermeßlich
große unterseeische Bänke und Massen bilden, deren Ausdehnung durch die
Entstehung neuer Tiere, welche den Bau der alten fortführen, unaufhörlich
zunimmt. So baut eine Kolonie auf der andern fort, die Hülle der ersteren
bleibt unverletzt und dient der zweiten als Grundlage, diese wieder der
Bewohner des Harolmenarchipets. (Nach einer Originalphotographie.)
dritten und so fort. Haben diese Baue endlich die Meeresoberfläche er-
reicht, so können die kleineu Tierchen nicht mehr leben und der durch ihre
Trümmer entstandene Boden hört auf, durch ihre Mitwirkung emporzu-
wachsen, wogegen die durch unterirdische Kräfte hervorgebrachte Erhebung
des Bodens fortdauern oder auch nach Jahrtausenden in eine Senkung
desselben übergehen kann. Für beiderlei Tätigkeiten gibt die Bildung
und Gestaltung dieser Inselwelt Belege, so rätselhaft auch manches noch
bleibt. Findet eine Hebung jener Korallenbaue statt, dann setzt die Atmo-
sphäre das Werk der Polypen fort und wirkt auf den Bau ein, das Meer
füllt den inneren Raum mit Sand und Erde aus, schwemmt Pflanzensamen
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Der niederländische Handel in Ostindien. 73
Jetzt erst trat die niederländische Staatsregierung durch Übernahme
der Verwaltung der indischen Besitzungen in ihre natürlichen Rechte, die
sie viel zu lange einer Gesellschaft von Kaufleuten überlassen hatte. Die
Finanzen Niederländisch-Jndiens waren zerrüttet, der Handel nach Abzug
der großen administrativen Ausgaben nicht mehr einträglich, und es be-
durfte eine Zeit der politischen Ruhe, verbunden mit einer weisen und
ehrlichen Verwaltung, um die zerrütteten Zustände wieder zu heben.
Hätte die Fruchtbarkeit des Bodens den Fleiß des Landmannes nicht stets
Eigentümliche Segepellung hinlerindifcher Hüllen- und Fluftfahi zeuge.
durch reichlichen Ertrag belohnt und den wenigen Bedürfnissen des be-
scheidenen Bewohners überflüssig Genüge geleistet, so wäre das reiche
Indien infolge der vielen Abgaben und Erpressungen in Not und Elend
geraten. Aber die Armut der öffentlichen Kassen und der Mangel an
Silber berührte den Inländer wenig, dem die gütige Natur alles zum
Leben Notwendige lieferte.
Fragt man nach der Ursache des Verfalls der im ersten Jahrhundert
ihres Bestehens so blühenden Handelsgesellschaft, so müssen wir dieselbe
ganz vorzüglich in der schon erwähnten unnatürlichen Stellung zum Staate
suchen, ebenso in der außergewöhnlichen, einer Privatgesellschaft nicht zu-
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die wirtschaftlichen Verhältnisse. 95
und klimatische Verhältnisse obenein ziemlich ungünstige sind. Gebirgige Gegenden
mit magerem Boden, z. B. die Eisel- und Rhöngebiete, die Fluren des rheinischen
Plateaus, die Oberpfalz je., produzieren nur höchst spärliche Nahrung.
In Gegenden mit fruchtbarem Boden, günstigem Klima und rühriger
Bevölkerung hat die Lage der Landwirtschaft sich feit der Mitte unfres Jahr-
Hunderts im ganzen recht gehoben, und wo, wie in Mitteldeutschland, der
Grundbesitz nicht allzusehr verkleinert worden ist, auch die Eigentümer sich
bemüht haben, mit der Zeit rüstig fortzuschreiten, da hatten fchon Besitzer von
50—100 ha günstigen Bodens die behagliche Stellung begüterter Leute ge-
Wonnen und wendeten, wenn sie in die Stadt kamen, den Kaufleuten und Hand-
werkern reiche Summen zu. Es hat sich dies leider in den letzten Jahren ge-
ändert, und man hat sich daran gewöhnt, von einer Notlage der Landwirt-
schaft zu reden. Daß infolge der unmäßigen Vermehrung der Zuckerfabriken,
fowie des übertriebenen Anbaues der Zuckerrübe in den schon mehrfach er-
wähnten Gegenden ein Notstand entstehen mußte, zumal das Ausland noch
immer wachsende Beträge von Rohrzucker^) auf den Markt brachte, war aller-
dings vorauszusehen, und ist wirklich eingetreten. Weit schlimmer jedoch ist
jedenfalls die Lage derjenigen Landwirte, welche auf die gewöhnlichen Erträge
des Bodens durch Halm- und Hackfrucht sowie der Viehzucht angewiesen sind;
dieselben sehen sich seit Jahren bei fortgesetzter Steigerung der Betriebskosten
und Verminderung des Geldwertes einem stetigen Sinken der Preise der land-
wirtschaftlichen Produkte gegenüber, und zwar trotz des gewachsenen und unaus-
gesetzt weiter wachsenden Bedürfnisses an Lebensmitteln. Die infolge des
letzteren eingetretene Zufuhr des Auslaudes hat nicht nur das vorhandene Be-
dürfnis überschritten, sondern es ist auch möglich gewesen, das freinde Getreide
trotz eines weiten und kostspieligen Transportes derartig wohlfeil auf den
deutschen Markt zu werfen, daß in den letzten Jahren die Preise sogar erheb-
lich herabgingen. Erwägt man, daß schon eine Aufrechterhaltung der Preis-
Verhältnisse^) gegenüber der fortschreitenden starken Verringerung des Geld-
wertes einer ungeheuren Entwertung der landwirtschaftlichen Produkte gleich
kommen würde, so kann man es wohl begreifen, daß jenes Sinken der Preise
als ein unerträgliches Übel für die Landwirtschaft empfunden werden muß.
Es sind die Preise pro Doppelzentner seit 1877 für alle vier Hauptgetreide-
arten erheblich gesunken, und zwar bis 1883 sür Weizen von 23 auf 18,^, für Roggen
von 17,g auf 14,g, für Gerste von 16,8 auf 14,4, für Hafer von 16 ans 14 Mark,
Nur in den Jahren 1880 und 1881 tral eine vorübergehende Erhöhung ein; dagegen
ist das Sinken der Preise 1884 und 1885 immer weiter gegangen; die schlechte Ernte
des Jahres 1888 hat nur eine mäßige Steigerung bewirkt.
Unter solchen Umständen gehörte wahrlich keine Schwarzseherei dazn, daß
man den baldigen Ruin der deutschen Landwirtschast zu befürchten anfing,
weshalb aus den Kreisen derselben heraus der dringliche Rns nach Schntz der
landwirtschaftlichen Produktion ertönte. Das Verlangen nach Eingangszöllen
für landwirtschaftliche Produkte fand bei der Reichsregierung Berücksichtigung,
zumal deren Erträge dazu geeignet waren, gleichzeitig die gesteigerten Bedürfnisse
*) Die Rohrzuckerproduktion ergab 1867 nur 1,. Mill, 1887 aber 2,7 Mill.
Tonnen.
**) Nach der Zusammenstellung der „Agricultural Gazette" sind in London
die Weizenpreise von 1641—1882 etwa dieselben geblieben!
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Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Polen.
395
verdankte. Der Bauer weiß, daß der Adel das Land zu Grunde richtete, und
deshalb sang er auch schon bald nach 1772 vom Adel:
Jeder Versuch zur Aufreizung findet im polnischen Bauer einen sehr nn-
empfänglichen Boden. Die Masse der Polen gehört also keineswegs zu den
unruhigen, stets zu Revolutionen geneigten Unterthanen Preußens. Zu den
beklagenswerten Unruhestiftern gehört in der Provinz Posen nur ein äußerst
geringer Teil der polnischen Bevölkerung, der es sich aber — leider — zur
Lebensaufgabe gemacht zu haben scheint, die an Zahl vielleicht das Zweihundert-
fache überwiegende Masse seiner Landsleute durch beständige Aufstachelungen
zum Treubruch gegen den Herrscher, ja bis zur Revolution zu treiben; der
gleichzeitig an das wenig unterrichtete Ausland seinen Schmerzensschrei richtet,
der sich unglücklich und grausam unterdrückt nennt, um Mitleid, womöglich
thätige Teilnahme zu erregen. Diese Unruhestifter gehören meistens dem Adel
an, einige sind Litteraten und einige Bürger kleiner Städte. Wollte man die
Unzufriedenen zählen, so würde man vielleicht 2000 Seelen finden, die in
Preußen noch für die Wiederherstellung des Polentums schwärmen — und
diese wenigen Menschen wagen es unausgesetzt, mit den maßlosesten, durchaus
unberechtigten, ja völlig ungesetzlichen Ansprüchen der Regierung und dem
Träger der Krone entgegenzutreten.
Der polnische Edelmann (es gibt natürlich auch ehrenvolle Ausnahmen)
sehnt sich zurück nach den polskie czasy, nach den polnischen Zeiten, in denen
der Grundbesitz seines Vaters viel größer war als jetzt der seinige, in denen
es noch keine freien Bauern gab; er haßt die neue Regierung, die allein sein
Herunterkommen verschuldet hat, weil sie allen Wohlstand von Gesetz und Ord-
nuug, von Fleiß und Mäßigkeit abhängig macht. Als 1848 ein adliger Frei-
heitsapostel in einen Krug kam und einen alten Mann für die dawna Polska,
für das alte Polen zu begeistern suchte, da öffnete dieser das Hemd und mit
den Worten „dzgkujg, pan, za waszq, wolnosc, ich danke, Herr, für Eure Frei-
heit" zeigte er ihm die vielen Narben der Wunden, die ihm einst der Kurbatsch
des Woiwoden geschlagen hatte. — Damals behauptete auch der polnische Bauer
Pruszak und rief seinen Landsleuten zu: „Nicht eher wird in Polen Ruhe
werden, bevor nicht alle Edelleute hängen!" — Im Jahre 1859 schrieb ein
polnisches Blatt: „Der Adel ist der Feind des Volkes, der die Thränen und
das Blut des Volkes trinkt, der zuerst aus dem Wege geräumt werden muß?"
Ju den ersten Jahren nach der preußischen Besitzergreifung von 1315
folgte eine gewisse Abspannung auf die Anstrengungen und Enttäuschungen der
napoleonischen Zeit. Man hatte genug des politischen Haders und freute sich
des friedlichen Gedeihens und Aufblühens der Provinz unter dem neuen Regi-
ment. In Posen entwickelte sich eine wahrhaft glänzende Geselligkeit, zu welcher
der Statthalter Fürst Autou Radziwill das Beispiel gab, an welcher der pol-
nische Adel und das preußische Beamtentum und Militär gleichmäßig teilnahmen.
Die liebenswürdigen Eigenschaften der Polen, der Luxus des Adels verliehen
dieser Geselligkeit einen hohen Reiz; Deutsche und Polen drehten sich gemeinsam
„Panowie! Panowie!
Coscie mieli wglowie
Zescie nas zdradzili
I kraj swöj zgubili?"
„Ihr Herren! Ihr Herren!
Was hattet ihr im Kopfe,
Daß ihr uns verrietet
Und unser Land verspieltet?"
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Autor: Keussen, Hermann, Kaiser, W., Keller, J., Heinzerling, Jakob, Preiser, F., Köppen, Fedor von, Nover, Jakob, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Femgericht. 365
Kaiser Friedrichs Hi. Später jedoch erwirkten sich sowol Fürsten wie Städte
Befreiung von der Verantwortlichkeit den Femgerichten gegenüber.
Anfangs besaßen die Freigerichte keine geschriebenen Gesetze. Um diesem
Mißstand abzuhelfen, traten im 15. und 16. Jahrhundert sogenannte General-
kapitel zusammen und erließen Vorschriften (Reformationen). Trotzdem kamen
noch Mißbräuche genug vor, meistens aus Habsucht der Richter und Schöffen,
da Strafsummen und Sporteln sehr hoch angesetzt waren. Durch den all-
gemeinen Landfrieden 1493 und die verbesserte Justizpflege ward die Gerichts-
barkeit der Freigerichte auf ein Minimum beschränkt.
Die Femlinde bei Dortmund.
Dennoch behaupteten sie sich bis in unser Jahrhundert (bis 1811). Noch in
den dreißiger Jahreu existirte wenigstens dem Namen nach ein Freigraf in Werl.
Trotz der späteren Ausschreitungen und Mißbräuche ist nicht zu leugnen, daß die
Femgerichte in ihrem Anfang und in der Blütezeit ein segensreiches Institut ge-
wesen sind, ein Institut unparteiischer Gerechtigkeit ohne Ansehen der Person, ein
strenger Wächter der alten guten Sitten, ein unerbittlicher Richter über alle Ver-
brechen. Die Ehre war der Grundpfeiler, Gott, König und Recht der Wahlspruch.
Wie im Alterthum die unentrinnbaren Rachegeister, die Erinnyen, so ereilte die
heilige Feme den geheimen Verbrecher. Wie ein Blitzstrahl traf ihn der Fluch,
der Arm des Rächers. Zittern und Angst befiel ihn, erblickte er als Zeichen
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Autor: Lincke, G. A., Ohlert, Bernhard, Klöden, Gustav Adolph von, Ernst, L., Biernatzki, Johannes, Köppen, Fedor von, Blasendorff, Carl
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
414 Danzig und Umgegend.
Unterwerfung verweigerte, wurde es von demselben belagert (1577), verteidigte
sich aber so tapfer, daß der König unverrichteter Sache abziehen mußte, mit der
Stadt Frieden schloß und sich an der Huldigung und der Zahlung einer Geld-
summe genügen ließ, dagegen ihre Privilegien und die Religionsfreiheit aus-
drücklich bestätigte. Schwer litt die Stadt namentlich in den Kriegen zwischen
Polen und Schweden. Als im Polnischen Erbfolgekriege der König Stanislaus
Leszezinski vor August Iii. weichen mußte, suchte er flüchtig in den Mauern
Danzigs Schutz, weshalb Danzig im Jahre 1734 eine harte Belagerung von
dem russisch-sächsischeu Heere unter Feldmarschall Münnich erdulden und endlich
nach tapferer Gegenwehr, nachdem Stanislaus auf französischen Schiffen ge-
flüchtet war, kapitulieren mußte.
Die Vereinigung Westpreußens mit dem Staate Friedrichs des Großen
im Jahre 1772, für das übrige Land der Anbruch einer neuen besseren Zeit,
brachte zunächst über Danzig, das unter dem annektierten Lande nicht mit-
begriffen war, nur größere Bedrängnis und schwere Verluste, da Friedrich der
Große durch Begünstigung Elbings und Schädigung des Danziger Handels
offenbar seine Lossagung von Polen erzwingen wollte.
Die im Jahre 1793 erfolgte Einverleibung in Preußen machte natürlich
jenen Maßregeln parteiischer Zurücksetzung ein Ende und setzte Danzig wieder
in das volle Vermögen, von seiner für Handel und Verkehr so günstigen Lage
Gebrauch zu machen, aber die bedrängte Lage, in welche der ganze preußische
Staat bald darauf geriet, brachte nach einer kurzen Zeit günstiger Entwicklung
auch über Danzig schwere Prüfungen. In dem unglücklichen Kriege von 1807
wurde Danzig von einem französischen Heere unter Marschall Lefebre von März
bis Ende Mai hart belagert und trotz der tapferen Verteidigung des Generals von
Kalkreuth zur Übergabe und Zahlung einer Kontribution von 20 Millionen Frank
gezwungen. Im Frieden zu Tilsit wurde es von Napoleon mit einem Gebiete von
2 Lieues im Umkreis zu einem Freistaat (!) mit seiner alten Verfassung unter
preußischem und sächsisch^polnischem Schutz, der freilich tatsächlich ganz unter
der Herrschaft des die französische Besatzung kommandierenden Gouverneurs
General Rapp stand, erklärt, welche zweideutige Gnade es durch eine Zahlung
von 10 Millionen Frank an den Kaiser und 1 Million an den Gouverneur
erkaufen mußte. Dieser „Freistaatszeit", während welcher der Handel völlig
stockte und der Zahlungen und Kontributionen kein Ende war, folgte nach der
Katastrophe des Napoleonischen Heeres in Rußland eine ein ganzes Jahr lang,
vom Januar 1813 bis Januar 1814, währende Belagerung, die, da sich
General Rapp hartnäckig verteidigte, die Schrecken und Verwüstungen aller
früheren weit hinter sich ließ. Wie das ganze Land nur sehr allmählich sich
von den ungeheuren Verlusten, die es erlitten, erholte, ist zur Genüge bekannt;
auch Danzig krankte lange an den Nachwehen der über alle Maßen schweren
Zeit und, wenn man den jetzigen blühenden Zustand der Stadt, die großartigen
Verbesserungen in den verschiedensten kommunalen Verhältnissen betrachtet, muß
man zugeben, daß Danzigs Bürger an Thatkrast, Unternehmungsgeist und
Bürgersinn ihren Vorfähren in keiner Weise nachstehen. Daß man bemüht ist,
den Handel trotz vieler Hindernisse und Schwierigkeiten, die sich einem lohnenden
Betrieb desselben entgegenstellen, durch Eröffnung neuer Verkehrswege und
Absatzgebiete und durch Beschaffung einer zahlreichen Flotte von Dampfschiffen
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Extrahierte Personennamen: Stanislaus
Leszezinski August Feldmarschall_Münnich Stanislaus Friedrichs Friedrich Frank Napoleon Rapp Rapp
Autor: Hocker, Nikolaus, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Albrecht, Längin, J., Buttgers, J., Mehlis, Christian, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
344 Gewerbsteiß an der Jll.
der erzeugten Massen, wie des konsnmirten Quantums. Wurden doch nach
der letzten Volkszählung und statistischen Ausnahme in ganz Elsaß während
des Jahres 1877 auf 78 803,136 hl Bier gebraut, vou denen allein aus
Unterelsaß 628,965 hl kommen. 757 Personen arbeiten in dem genannten
Bezirk im Brauereigeschäft und bedienen sich dabei der Hülfe von Ma-
schinen mit zusammen 298 Pferdekräften. Die meisten dieser Anstalten
finden sich in und bei Straßburg, und die Stadtbevölkerung unterstützt ihre
Bestrebungen derart, daß bereits auf 184 Einwohner eine Schankwirthschast
kommt, in der neben dem Weinfaß auch die Bierquelle fließt. Das groß-
artigste unter diesen Etablissements ist unstreitig das von Gruber u. Reeb
in Königshofen vor Straßburg, das an 28 Orten Deutschlands und Frank-
reichs Zweiganstalten eröffnet hat. Seine Besitzer haben von den kleinsten
Anfängen ihr Geschäft zu dieser Höhe gebracht, indem sie mit dem Fortgang
der chemischen Wissenschaft stetig Schritt hielten und so jenes wohl-
schmeckende und gesunde Bier lieferten, welches ihren Namen weit und
breit bekannt gemacht hat.
Insoweit aber hatten die Gegner der Knnstgewerbeschnle von 1872
wirklich Recht, als sie von einem eigentlich für Straßburg charakteristische»
Gewerbebetrieb oder Handelszweig nichts wissen wollten. So betriebsam
die Stadt in allen Arten von Kleingewerbe und manchem vereinzelten Fa-
briknnternehmen ist (wir wollen jedenfalls die dem Staate gehörige Tabak-
Manufaktur und die mancherlei Privatunternehmungen der Tabakindustrie
nicht vergessen, welche in Straßburg allein 1076 Personen ernährt), so
wenig hat sie eine Thätigkeit, welche dem Ganzen der Stadt ihr Gepräge
aufdrückte. Auch auf dem Gebiete des Handels finden sich außer ein paar
großen Hopfeugeschäfteu keinerlei mit dem Leben des Landes eng verwachsene
oder gar dominirende Erscheinungen. Die Bedentnng Straßburgs iu
dieser Hinsicht liegt in der Vergangenheit, liegt vor 1681, als die Stadt
noch das große Emporinm am Oberrhein war, als die Handelsverhältnisse
sich noch mit der langsam fördernden Schiffahrt auf dem Rhein vertrugen,
als Straßburg noch inmitten des Reiches lag, im fröhlichen Besitze zahl-
reicher Handelsprivilegien. Diese Bedeutung sank, als die Stadt zu einer
französischen Greuzstadt wurde, der mau die natürliche Verbindung mit
ihrem Hinterland abgeschnitten hatte, ohne ihr dafür eine neue Verbindung mit
dem Lande jenseit der Vogesen eröffnen zu können. Noch einmal blühte
die Stadt aus iu ihren Handelsbeziehungen während der Kontinentalsperre.
Als die englischen Flotten die Häfen des napoleonischen Kaiserreichs sperrten,
wurde Straßburg der Hauptstapelplatz für alle möglichen Kolonialprodukte,
namentlich für Baumwolle und Zucker, welche in neutralen Häfen gelandet
oder eingeschmuggelt wurden und aus einem kostspieligen Landwege von hier
aus in das eigentliche Frankreich eingeführt wurden. Im Entgelt dafür
wurden die Seideuwaareu von Lyon und die Weine von Bordeaux hier
ausgeführt und manches große Vermögen der modernen Straßburger Pa-
trizier datirt aus jener Zeit einer Treibhausblute des Straßburger Handels
Dieselbe verwelkte bald an dem frischeren Lusthauch, der uach dem Sturze
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Autor: Hocker, Nikolaus, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Albrecht, Längin, J., Buttgers, J., Mehlis, Christian, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
120 Elsasser Geschichtsbilder,
des Mittelalters in der traurigsten Lage. In harter Leibeigenschaft gehalten,
von Frohndiensten, Zehnten und Abgaben gedrückt, in allen Kriegen hart
mitgenommen, galt der Bauer als das eigentliche Lastthier der Gesellschaft.
Dabei war er ohne Schutz und Vertretung im Reiche und bei den Gerichten,
der Willkür des Adels und den Uebervortheilnngen habgieriger Rechtsbeamten
und Schreiber ausgesetzt. Es lag daher ein sittlicher Grnndzng in dieser
Bauernbewegung; sie wollten nichts Anderes, als was ihnen in einem
späteren Zeitalter als menschlich berechtigt allgemein zugestanden wurde,
aber durch die wüsten Gesellen, welche die Umgestaltung der gesellschaftlichen
Ordnung in die Hand nehmen und mit Feuer und Schwert, mit Blut und
Greuelthaten zum Ziele schreiten wollten, wurde die Bewegung zu einem Ver-
brechen an der Menschheit. Auch in anderen Gegenden Deutschlands fehlte es
nicht an Verschwörungen; so die Bauernverbindung des „armen Konrad" in
Schwaben. Wurden die vereinzelten Aufstände auch niedergeworfen, so
konnten sie doch als Vorboten einer allgemeinen Erhebung gelten.
In die vorhandene Gährnng trug die Reformation neuen Zündstoff.
Der allgemeine Ruf nach evangelischer Freiheit und Gleichheit wurde von
den gedrückten Bauern in handgreiflicher Weise auf ihre eigenen Verhält-
nisse gedeutet. Sie glaubten die Stunde gekommen, nm allen Vorrechten
der Stände ein Ende zu machen, die Klöster und Kirchengüter zu plündern,
die Güter der Reichen zu theilen. Mit diesen Ideen vermischten sich unklare
religiöse Vorstellungen von der Aufrichtung eines himmlischen Reiches auf
Erden, iu dem alle Menschen gleich seien und jeder Unterschied zwischen
Arm und Reich, Vornehm und Gering verschwinden sollte. Am Oberrhein,
wo der Druck des österreichischen Adels besonders fühlbar war, und wo
der benachbarte freie Schweizer in seinen Kämpfen gegen die österreichische
und burgundische Ritterschaft ein ermnthigendes Beispiel gegeben hatte,
brach der Aufstand zuerst aus und verbreitete sich schnell über ganz Ober-
dentschland bis nach Franken und Thüringen (1525). Auf dem rechten
Ufer des Oberrheius sammelte Hans Müller von Bulgenbach seinen Anhang.
Mit rothem Mantel und rothem Barett zog er an der Spitze der anfge-
regten Haufen von Flecken zu Flecken; auf eiuem mit Laub und Bändern
geschmückten Wagen ward die Hanpt- und Sturmfahne hinter ihm herge-
gefahren; in allen größeren Orten, die sie durchzogen, wurden die „zwölf
Artikel" verlesen, welche ihre Forderungen — Aufhebung der Leibeigenschaft,
der Frohndienste und der Zehnten, Freiheit der Jagd, der Holzung, des
Fischfangs u. s. w. — enthielten. Durch das Oberelsaß zogen an zwanzig-
tausend bewaffnete Bauern unter ihrem Obersten Wolf Wagner von Rhinau,
von einem wiedertäuferischen Priester Clemens Seich entflammt, und um-
lagerten unter kühnen Hauptleuten — Erasmus Gerber, Ittel Jörg, Peter
von Nordheim n. A. — die Schlösser und Städte. Vergebens versuchten
der Bischof und der Stadtrath von Straßburg sowie der Laudvogt, zu ver-
Mitteln; endlich zog der Herzog Anton von Lothringen gegen die Bauern heran.
Der Herzog kam mit seinen Brüdern Claudius vou Guise, Ludwig von
Vandemont und einer zahlreichen Ritterschaft in das Elsaß. In der Nähe
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Extrahierte Personennamen: Hans_Müller_von_Bulgenbach Wolf_Wagner_von_Rhinau Clemens_Seich Ittel_Jörg Peter
von_Nordheim Anton_von_Lothringen Claudius_vou_Guise Ludwig_von
Vandemont Ludwig
Autor: Hocker, Nikolaus, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Albrecht, Längin, J., Buttgers, J., Mehlis, Christian, Klöden, Gustav Adolf von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Karl Mathy. 329
Fickler, Brentano diesen Antrag als eine Schädigung der kleinen Prodn-
zenten und Arbeiter bekämpften.
Ein Hauptaugenmerk Mathy's war darauf gerichtet, eiu Zusammen-
wirken des Liberalismus in Nord und Süd zu Stande zu bringen. Es
war wesentlich sein Verdienst, als Juli 1847 die „Deutsche Zeituug" ge-
gründet wurde, au der die bewährtesten politischen wie staatswissenschaft-
lichen Kräfte sich betheiligten. Die Wogen der politischen Bewegung gingen
immer höher; die Februarrevolution, die Louis Philipp's Regiment stürzte,
brach herein, ihre Wirkungen pflanzten sich nach Deutschland fort. Schon
Herbst 1847 war ein Kreis liberaler Männer in Heppenheim zusammen-
getreten, um die deutsche Einheit anzubahnen.
Karl Mathy.
Mathy wies darauf hin, daß die Grundlage dazu im Zollverein schon
vorhanden sei, und daß sie nur durch dessen Erweiterung kommen könne.
Aber mit Eintritt der Februarrevolution und der Erklärung Frankreichs
zur Republik drangen die radikalen Elemente in den Vordergrund; man
träumte, man schwärmte für eine deutsche Republik. Badeu ging voran.
Gerade iu Mathy's Wahlbezirk, im Seekreise, war durch Fickler schon am
13. März die Republik erklärt worden. Mathy reiste unverzüglich hin;
in stürmischen Volksversammlungen trat er gegen diese Idee auf: die ge-
schliche Ordnung müsse aufrecht erhalten werden, und er ließ Fickler ver-
haften. Nie hat ihm seine Partei diese That vergeben, ihre Presse strömte
von Schmähungen über. Er vertheidigte mnthig das Einschreiten der
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TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff]]
Extrahierte Personennamen: Karl_Mathy Karl Brentano Louis_Philipp's Karl_Mathy Karl Mathy Mathy
Extrahierte Ortsnamen: Nord Deutschland Heppenheim Frankreichs