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1. Bd. 1 - S. 36

1911 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
36 H. Aus dem Menschenleben. ..So, hier ist, was wir suchen," sagte der Rittmeister. — „Geduldet Euch noch ein wenig!" erwiderte der Bauer und ging vorüber. Sie folgten ihm und kamen endlich bei einem andern Gerstenfeld an, das aber weit geringer stand, als das erste. Nachdem nun die Reiter das Getreide abgemäht, es auf die Pferde gebunden hatten und wieder weiterreiten wollten, sagte der Rittmeister: „Ihr habt uns ganz un- nötigerweise einen langen Weg reiten lassen, Alter; das erste Feld war besser als dieses." — „Kann wohl sein," versetzte der Alte, „aber es war nicht das meinige." H. Caspari. 43. Die zwölf Kier. Ein reicher Kaufmann, der in einen Gasthof eintritt, bestellte sich zwölf gekochte Eier. Er konnte sie aber, als sie gebracht wurden, nicht verzehren, weil eben ein Eilbote eintraf, der ihn in einer dringenden Angelegenheit heim berief. Er verließ auch sogleich das Haus, sprang wieder zu Pferde und ritt fort, ohne die Eier bezahlt zu haben. Zehn Jahre nachher begab es sich aber, daß der Kaufmann wieder in demselben Gasthofe einkehrte. Da sagte er zu dem Wirte, er wäre heute nicht zum erstenmal in seinem Hause; vor vielen Jahren hätte er sich einmal zwölf Eier bei ihm kochen lassen, und die wäre er noch schuldig. „Ja," sagte der Wirt, „die sind Euch augerechnet und werden Euch auch teuer genug zu stehen kommen." „Nun," sagte der Kauf- mann, „zwölf Eier zu bezahlen, werde ich doch wohl reich genug sein." „Das fragt sich sehr," entgegnete der Wirt, „es wird sich aber bald ausweisen; denn ich habe Euch längst verklagt, und da Ihr jetzt hier seid, müßt Ihr morgen vor Gericht stehen." Dessen weigerte sich der Gast nicht. Als sie nun anderntags vor den Richter kamen, rechnete der Wirt ihm vor, aus den zwölf Eiern würden zwölf Küchlein gekommen sein, die Küchlein würden wieder Eier gelegt haben, aus denen wieder Küchlein gekommen sein würden, und so fort, was zuletzt eine ungeheure Summe ausmachte, die der Wirt forderte und der Richter ihm auch zusprach. Ganz erschrocken ging der Kaufmann aus dem Gerichtssaale; denn sein ganzes Vermögen reichte bei weitem nicht hin, um die Schuldsumme zu bezahlen. Da begegnete ihm ein altes Männchen und sprach: „Herr, was habt Ihr Trauriges erlebt? Ihr seht ja aus wie die teure Zeit." Der Kaufmann antwortete, wozu er ihm das sagen sollte, ihm sei doch nicht zu helfen. „Wer weiß!" sagte das Männchen, „ich bin ein guter Rat- geber; klagt mir nur Eure Not." Da erzählte er, wie er um zwölf Eier ein armer Mann werden sollte. „Wenn es weiter nichts ist," sagte

2. Bd. 1 - S. 91

1911 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
Ii. Aus dem Menschenleben. 91 5. Flink abgemacht! Du fehlst mir im Rat; Zieh zu mir und hilf mir regieren den Staat!" — „Gern, aber nur zuweilen! Nun laßt ins Freie mich eilen; Denn bin ich erst im Rat da drein, Werd bald ich so quer wie die andern sein. Flink fort ohne Sorgen Von heut auf morgen!" Aug. Kopisch. 114. Kas Wferd als Kläger. 1. In jenen Zeiten, die wir preisen, Davon noch gern die Sage spricht, Da hielt mit König Karl, dem Weisen, Als Schöffe mancher Held Gericht. 2. Ein Glöckchen hing im Waldes- schatten, Man hört' im Schlosse, wenn es klang: Da kamen, die zu klagen hatten, Und zogen an der Glocke Strang. 3. „Wohlauf, das Glöcklein hör ich schallen; Laßt schauen, wer Gerichts begehrt!" Sie traten aus des Schlosses Hallen, Da zog den Strick ein lahmes Pferd. 4. „Das ist ein wunderlicher Klüger: Wer will dem Stummen Stimme leihn? Der Armen und der Waisen Pfleger, Du, Eckart, sollst fein Anwalt sein." 5. „Der besten Redner bin ich keiner, Eckart ist allem Hader feind. Hier Eurer Ritter ist es einer, Den dieses Pferdes Klage meint. 6. Es hat ihn feurig einst getragen Von Schlacht zu Schlacht, von Sieg zu Sieg; Man sah es stolz die Scholle schlagen, Wenn e?s im Waffenschmuck bestieg. 7. Die Ehre dankt er hohem Streben, Er dankt den Ruhm dem tapfern Arm; Dem Rosse schuldet er das Leben, Es trug ihn aus der Feinde Schwarm. 8. Da gab er ihm viel Schmeichelnamen Und Leckerbissen mannigfalt; Doch Jahre gingen, Jahre kamen, Auch dieses edle Roß ward alt. 9. Nun lahmt sein Fuß zu raschem Laufe, Blind schwankt es an der Grube Rand; Da gönnt er ihm vor seiner Raufe, Vor seiner Krippe keinen Stand. 10. Es irrt, aus seinem Stall ver- wiesen Umher und sucht ein Hülmchen Stroh, Und niemand ist auf Feld und Wiesen Des ungebetnen Gastes froh. 11. Gescheucht, geworfen und geschlagen, Lief es hierher und fand den Strang; Der Hunger trieb's, ihn zu benagen, Bis diese Glocke sich erschwang. 12. Die Glocke fühlte mit dem armen, Ihr war der schnöde Undank leid, Zum Himmel rief sie um Erbarmen, Zum König um Gerechtigkeit. 13. Ihr weisen Richter mögt erkennen, Was diesem edeln Tier gebührt; Den Ritter will ich nicht benennen, Ich warn' ihn nur, daß er's vollführt." 14. Da rief der letzte, wie der erste, Da rief der schuld'ge Ritter auch: „Bis an den Bauch in goldne Gerste, In goldnes Korn bis an den Bauch!" Karl Simrock.

3. Bd. 1 - S. 195

1911 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
Iii. Die heimatliche Flur im Jahreslause. 195* 2. Sei gegrüßt, du finstrer Wald! Stehst noch traumverloren; Doch getrost, erwachend bald Prangst du neugeboren. Trauter Bach im Silberglanz, Wirst die Fesiel sprengen; Duftend wird ein bunter Kranz Deine Flut umdrängen. 3. Auf die Wasgauberge kühn Will ich wieder steigen, Wenn das erste Maiengrün Schimmert an den Zweigen. Jauchzend dann vom Felsenrand Über Blumengründen Soll mein Lied dem Heimatland Meine Liebe künden! Christian Schmitt. 240. Wie König Winter einen Koftag Hätt. In seinem Eispalaste, versteckt im tiefsten Tannengrunde, saß König Winter in schimmernder Rüstung. Das Alter hatte seine Riesen- gestalt gebeugt und die Spuren der Hinfälligkeit in sein Antlitz ge- zeichnet. Ihn umgaben die Großen seines Reiches, zunächst der Frost, des Königs Kanzler, und neben ihm des Reiches Feldmarschall, der rauhe Nord. Auch das bleiche Gerippe des Hungers, die Prinzessin Sorge und ihre Nichte, die Not, und noch viele Prinzen und Gesandte aus dem Reich der Lüfte umgaben den Thron. Der König hatte alle zu einem großen Hoftage zusammenberufen. Jeder hatte Rechenschaft abzulegen, und es trat der Frost vor die Versammlung und sprach also: „Ich habe, o König, dein Reich geschützt gegen die Wolkenkönigin Sonne. Die Erde befestigte ich mit einem eisigen Walle, an dem selbst die schärfsten Sonnenpfeile abprallen. Die Bäche und Ströme nahm ich gefangen und legte ihnen schwere Bande an. Blumen, Kräuter, und all das üppige Gewächs warf ich in tiefe Kerker, und die übermütigen Sänger in den Lüften habe ich aus deinem Reiche verbannt; sie zogen fort nach Süden. Dein weißes Banner glänzt von allen Hängen nieder." Und es trat der Nord hervor und sprach also: „Von den Eisgefilden meiner Heimat riefst du mich her, o König, dir zu dienen. Ich habe dir Ehre und Ansehen verschafft. Wenn ich mit meinen rauhen Gesellen einherstürme, zittert selbst der Unerschrockenste. Die festen Mauern wanken, und die stolzen Bäume ächzen jämmerlich unter meinen Stößen. Meine Stimme schon flößt Schrecken ein, und meinem Angriffe weicht der stärkste Feind. Aus meinem Hinterhalte in den Schlnchten der Berge stürze ich zuweilen hervor und stürme über die Ebene hin, und dann erkennt alles deine Hoheit an, o König." Nun kam der Hunger an die Reihe, und nach ihm die Sorge, die Not und alle, die dem mächtigen König dienten, und alle rühmten sich und berichteten von ihren Taten. Zuletzt blieb noch ein blasser

4. Bd. 1 - S. 232

1911 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
232 Iv. Land und Leute in .Heimat und Vaterland. 5. Da kam bald übers Kloster des Hungers große Not, Bald teilten die frommen Brüder das letzte Stücklein Brot; Doch wollten sie lieber sterben, als der Königin untreu sein. Dies ging Brunhild, der edlen, tief in das Herz hinein. 6. Sie ließ zum Tore rufen Wittich und Swinebold Und sprach: „Ihr Ungetreuen, nehmt hin das schnöde Gold! Nur diese Gunst gewähret — sie ist recht herzlich klein —: Das, was am kleinen Finger ich mit zu ziehn vermag, sei mein!" 7. „Das Gut am kleinen Finger macht uns nicht viel Beschwer," So lachten froh die Frevler, „Frau Königin nehmt nur mehr!" „Nicht mehr begehr ich," sprach sie, „doch sei zur Sicherheit Beschworen dies, beschworen mit einem Heilgen schweren Eid." 8. Als nun der Schwur geschworen auf die Reliquien hin, Da sollt' hinab nach Metis die Königin fürder ziehn, Doch draußen vor den Toren, da standen die Räuber bereit Und freuten sich im voraus schon der goldnen Herrlichkeit. 9. Da horch! es öffnet knarrend und kreischend sich das Tor Und sieh! welch seltsam Schauspiel kommt aus dem Innern vor! Ein langer Troß von Mäulern, verkoppelt Tier an Tier, Mit Schätzen schwer beladen, kommt langsam aus dem Tor herfür. 10. Und an der Spitze schreitet mit Lächeln die Königin, Das Leittier lenkt sie sicher geschickt zu Tale hin, Den Zügel hat gewunden, sie um den Finger klein Und zieht so mit dem Leittier die ganze Kette hinterdrein. 11. Da standen mit langen Gesichtern, der Feinde verblüffte Reihn Und schauten, traun nicht klüger als dort die Esel drein; Doch mußten sie ziehen lassen der Schätze Herrlichkeit, Da ffe gebunden waren durch einen Heilgen schweren Eid. 12. Als Siegbert aus dem Kriege als Sieger heimwärts kam, Da hat er weidlich gelachet, als er die Mär vernahm, Und rief: „Reich ist Austrasien durch dieses Goldes Gewinn, Doch wahrlich noch viel reicher, durch seine kluge Königin!" A. Frieß. 274. Iraute Keirnat. 1. Traute Heimat meiner Lieben, Sinn' ich still an dich zurück, Wird mir wohl; und dennoch trüben Sehnsuchtstränen meinen Blick. 2. Stiller Weiler, grün umfangen Von beschirmendem Gesträuch; Kleine Hütte, voll Verlangen Denk' ich immer noch an euch!

5. Bd. 1 - S. 233

1911 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
Iv. Land und Leute in Heimat und Vaterland. 233 3. An die Fenster, die mit Reben Einst mein Vater selbst umzog; An den Birnbaum, der daneben Auf das niedre Dach sich bog. 4. Was mich dort als Kind erfreute, Kommt mir wieder lebhaft vor; Das bekannte Dorfgeläute Widerhallt in meinem Ohr. 5. Selbst des Nachts in meinen Träumen Schiff' ich auf der Heimat See, Schüttle Äpfel von den Bäumen, Wäsf're ihrer Wiesen Klee; 6. Lösch' aus ihres Brunnens Röhren Meinen Durst am schwülen Tag; Pflück' im Walde Heidelbeeren, Wo ich einst im Schatten lag. — 7. Wann erblick' ich selbst die Linde, Auf den Kirchenplatz gepflanzt, Wo, gekühlt im Abendwinde, Unsre frohe Jugend tanzt? 8. Wann des Kirchturms Giebelfpitze, Halb im Obstbaumwald versteckt, Wo der Storch auf hohem Sitze Friedlich feine Jungen deckt? 9. Traute Heimat meiner Väter, Würd' bei deines Friedhofs Tür Nur einst, früher oder später, Auch ein Nuheplätzchen mir. I. G. von Salis-Seewis. 275. Mur Maierland. 1. Dem Land, wo meine Wiege stand, Ist doch kein andres gleich; Es ist mein liebes Vaterland Und heißt das Deutsche Reich. 2. Wie lieblich sind hier Berg und Tal, Die Wälder wie so schön, Wie lockend auch im Sonnenstrahl Die rebnmkränzten Höhn! 3. An Städten rauscht vorbei der Strom, Trägt reicher Kaufherrn Gut, Und freundlich spiegelt Burg und Dom Sich in der blauen Flut. 4. Mein Kaiser aber thront als Held In tapfrer Heldenschar Und führt in seinem Wappeufeld Den sieggewohnten Aar. 5. Drnm, fragt man mich nach meinem Land, Brennt mir das Herz sogleich, Und stolz, dem Frager zugewandt, Ruf ich: „Das Deutsche Reich!" I. Sturm. 276. Der König Watzmann. Vor langen Zeiten lebte ein König Watzmann; der hatte ein Weib und sieben Kinder. Er selbst aber war ein gewaltiger Jäger, dabei stolz und grausam; und seine größte Lust war es, begleitet von Weib und Kindern, und im Gefolge von Hunden und Knechten, auf den Gebirgen umher zu schweifen, die Gemsen

6. Bd. 1 - S. 273

1911 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
Vi. Bilder aus der Geschichte des Vaterlandes. 273 den eisernen Karl in einem Eisenhelm, in eisernen Schienen, eisernem Panzer um die breite Brust, eine Eisenstange in der Linken hoch auf- reckend. In der Rechten hielt er den Stahl, der Schild war ganz aus Eisen, und auch sein Roß schien eisern an Mut und Farbe. Alle, die ihm vorausgingen, zur Seite waren und ihm nachfolgten, ja das ganze Heer schien auf gleiche Weise ausgerüstet. Einen schnellen Blick darauf werfend, rief Ogger: „Hier hast du den, nachdem du so viel frügest," und stürzte halb entseelt zu Boden. Brüder Grimm. 312. Die Schule der Stutzer. 1. „In solchem Staat, Ihr Herrn vom Rat, Mit Seide, Gold und Bändern? Wohl ziemt der Glanz Zu Spiel und Tanz, Zum Reihen oder Ländern; Zu ernsten Dingen ziemt er nicht; Drum halt' ich heute kein Gericht. Auf, laßt uns fröhlich jagen!" 2. Das Hifthorn schallt Im grünen Wald, An Seilen bellt die Meute. Dem Freudenschall Erjauchzen all Die flinken Jägersleute. Der Kaiser weist sie manchen Pfad, Wo sich viel Wilds verborgen hat: „Rur zu durch dick und dünne!" 3. Ihm folgen gern Die schmucken Herrn; Wie ließen sie sich mahnen? Doch mancher Dorn Rimnlt sie aufs Korn Und zerrt an ihren Fahnen. Viel bunte Flitter flattern fort, Ein Läppchen hier, ein Läppchen dort, Sie müssen Wolle lassen. 4. Im schlichten Rock Hat manchen Bock Der Kaiser abgefangen. Sie trafen nie Stets blieben sie An einem Dornbusch hangen. Der Kaiser lacht: „Ach, wie zerfetzt! Ihr wurdet heute selbst gehetzt; Ein andermal seid klüger!" Karl Simrock. 313. Witlekinds Wekehrung. Es war im Winter und eine Waffenruhe eingetreten. Der Sachsen- herzog Wittekind, der den Franken nicht länger widerstehen konnte, hielt sich auf einer Burg im Wesergebirge versteckt. Er hatte das Ver- trauen zu seinen Heidengöttern verloren; denn sie waren nicht imstande gewesen, Niederlage und Verderben von ihm abzuwenden. Jetzt ergriff den Helden eine wunderbare Sehnsucht, zu schauen, wie die Christen ihren vielgerühmten Gott verehrten. Daher hüllte er sich eines Tags in ein Bettlergewand und schlich ins fränkische Lager. Unerkannt gesellte er sich zu den Krüppeln, die am Eingang des Heiligtums harrten, daß die Krieger vom Gottesdienst zurückkehrten und ihnen ein Almosen dar- reichten. Durch die geöffnete Pforte drang Wittekinds Blick in die N. Gottesleben, Deutsches Lesebuch, l. 1z

7. Bd. 1 - S. 103

1911 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
Ii. Aus dem Menschenleben. 103 sprachen sie: „Es geht zwar nicht, aber es wäre doch eine feine Kunst, wenn es geraten wäre." Ratlos standen nun die armen Schildbürger ans der Straße und wußten nicht, was beginnen. Da kam ein Fremder des Weges daher, dem klagten sie ihre Not. „Es ist ein schwieriges Werk," sagte der schlaue Vogel und kraute sich hinter dem Ohre, „ein äußerst schwieriges Werk, doch könnte ich's wohl zustande bringen, so Ihr mir einen guten Lohn gebet." „Fordere!" antwortete der Bürgermeister, „so viel in unsern Kräften steht, sollst Du erhalten!" Der Fremde verlangte hundert Goldgulden, und sogleich wurden sie ihm zugesprochen. Nun gab er ihnen den Rat, das Dach an mehreren Stellen abzuheben, und siehe da! das Licht strömte in das Haus, und die Schildbürger waren außer sich vor Freude und zahlten mit vielen Danksagungen dem Fremden lausend Goldgulden. Bald aber sollten sie mit Schrecken gewahr werden, daß sie geprellt waren. Es regnete den weisen Ratsherrn auf die kahlen Köpfe und in die Akten, und sie waren gezwungen, die Lücken im Dache wieder zuzudecken. Nun saßen sie in Not wie zuvor, und mit flackernden Kienspänen erschienen sie zu ihren Ratsversammlungen. Da geschah es, daß einem der Herren sein Span erlosch und er tastend an der Wand des Hauses entlang schlich, um den Ausgang zu gewinnen. Durch eine Ritze in der Wand schimmerte du Lichtstrahl von außen herein. Fast wäre vor freudiger Überraschung der ehrsame Ratsherr auf den Rücken gefallen, da er solches sah. Mit schwungvollen Worten teilte er der hohen Versammlung seine Entdeckung mit; alle bestaunten das Wunder, und nun kamen die weisen Männer dahinter, daß sie die Fenster vergessen hatten. Nach G. Schwab und K. Simrock. 121. Vom '1111 Eulenspiegel. 1. Wer Till Eulenspiegel war. In dem Munde des Volkes lebt noch jetzt nach 500 Jahren der Name eines schalkhaften Mannes. Er hieß Till Eulenspiegel. Seine größte Lust war, die Welt zu durchwandern und lustige, nicht selten auch boshafte Streiche zu machen. Geboren war Till Eulenspiegel in einem Dorfe bei Schöppenstädt im Herzogtum Braunschweig. Er starb 1350 iu dem Städtchen Mölln, 4 Meilen von Lübeck. Man zeigt daselbst noch einen Grabstein mit seinem Wappen. So oft er nämlich an einem Orte einen Mutwillen ver- übt hatte und sich dann aus dem Staube machte, zeichnete er mit Kreide an die Tür des Hauses einen Spiegel mit einer Eule. Darunter die Worte: „Der ist es gewesen.“

8. Bd. 1 - S. 190

1911 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
190 Iii. Die heimatliche Flur im Jahreslaufe. dien erzählen, die alle das Zuchthaus verdienten. Selbst auf den Kornböden können sie ihr Getreide nicht sichern; der Spatz holt sich seinen Teil selbst, und das alle Tage. Vom Reisen ist er kein Freund; er bleibt im Winter da und denkt: „Ich kann mir ja mit Stehlen helfen!“ Ein Glück ist es noch, daß er auch unter den schädlichen Insekten aufräumt, so daß es noch sehr die Frage ist, was an ihm überwiegt, der Nutzen oder der Schaden. l. Walther. 234. Z)er Kahn. Ein recht schöner, stolzer, kühner Hahn ist unter allen Vögeln der angenehmste. Hoch trägt er sein gekröntes Haupt, nach allen Seiten spähen seine feurigen Augen; unvermutet überrascht ihn keine Gefahr, und jeder möchte er Trotz bieten. Wehe jedem fremden Hahne, der es wagt, sich unter seine Hühner zu mischen! Mit lauter Stimme ruft er seine Lieben, wenn er ein Körnchen gefunden hat; denn er teilt mit ihnen jeden Fund. Jetzt zieht er an der Spitze seiner Schar, deren Beschützer und Führer er ist, hinaus ins Freie. Mer kaum hat er hundert Schritte getan, so hört er vom Stalle her den freudigen Ruf einer Henne, welche verkündigt, daß sie ein Ei gelegt hat. Spornstreichs kehrt er zurück, begrüßt sie mit Kratzfüßen, stimmt in ihren Freudenruf ein und eilt dann in vollem Laufe dem ausgezogenen Heere nach, um sich wieder an die Spitze zu stellen. Die geringste Veränderung der Luft fühlt er und verkündet sie durch sein lautes Krähen. So verkündet er auch den anbrechenden Morgen und weckt den fleißigen Landmann zu neuer Arbeit. Ist er auf eine Mauer oder ein Dach geflogen, so schlägt er die Flügel kräftig zusammen und kräht und scheint sagen zu wollen: „Hier bin ich Herr! wer wagt's mit mir?" Ist er von einem Menschen gejagt worden, so kräht er wieder aus Leibeskräften und verhöhnt wenigstens den Feind, dem er nicht schaden kann. Wie schön und stolz erscheint er aber in dem Augenblicke, wo das Geschrei eines fremden Hahnes sein Ohr trifft. Er horcht, senkt die Flügel, richtet sich kühn empor, schlägt mit den Flügeln und fordert mit lautem Krähen zum Kampfe auf. Erblickt er den Feind, so rückt er ihm mutig entgegen oder stürzt mit vollem Laufe auf ihn zu. Jetzt treffen sie zusammen; die Halsfedern sind aufgerichtet und bilden einen Schild, die Augen sprühen Feuer, und jeder sucht den andern niederzustrecken, indem er mit aller Macht gegen ihn springt. Wer wird Sieger sein? Beide scheinen sich an Mut und Kräften gleich. Jeder sucht ein höheres Plätzchen zu gewinnen, um von dort aus mit größerer Gewalt fechten zu können. Lange währt die Schlacht; aber immer kann sie nicht dauern. Die Kräfte nehmen ab; es tritt eine kurze Ruhe ein. Mit gesenktem

9. Bd. 1 - S. 218

1911 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
218 Iv. Land und Leute in Heimat und Vaterland. 3. Hätt' mich nicht der Sergeant beacht, So hätt' es keine Not! Jetzt haben sie mich eingebracht Und schießen heut mich tot. O liebe Herren, glaubt es mir, Mich zog ein süßer Ton. Der Knabe, der das Alphorn blies, Der trägt die Schuld davon. 4. Nun führt hinaus mich vor das Tor, Und meßt die fünfzehn Schritt' Und schießet wacker. Doch zuvor Gewährt mir eine Bitt': Blast mir das Alphorn noch einmal In wunderbarem Reiz, Und dann grüßt mir viel tausendmal Mein Heimatland, die Schweiz! Schweizer Volkslied. 260. Die Burg Nideck. Wir nahmen Abschied vom Schneeberg. Südlich von der Kuppe des Berges leitete uns ein Fußweg hinab zur Ruine der Burg Nideck, die mitten im Walde versteckt liegt. Nur einige Mauern und ein starker Quaderturm haben sich von der ehemaligen Feste erhalten. Im Innern des Turmes stiegen wir auf einer steilen Wendeltreppe zur Plattform empor und erfreuten uns an dem grünen Wald- und Bergbild. So weit das Auge blickt, sieht es nichts als mit grünen Wäldern bedeckte Berge; nur eine einzige menschliche Wohnstätte zeigt sich, eine Ferm am Wege von der Ruine Girbaden nach Grendelbruch. In fernen Tagen hausten hier oben Riesen. Da stieg einst an einem Frühlingstage das Riesenfräulein aus der Waldwildnis hernieder in das sonnige Haslacher Tal. Dort wurde eben das Feld bestellt. Verwundert schaute die Riesenmaid auf den Bauern zu ihren Füßen und auf die munteren Rößlein am Pfluge. Das alles war ihr neu und seltsam. Das nehm ich mit, dachte sie. Sie kniete nieder, breitete ihre Schürze aus, strich mit der Hand über das Feld, fing alles zusammen und tat es hinein: Pflug, Rosse und Bäuerlein. Dann eilte sie vergnügt aufs Schloß. Ihr Vater, der eben am Tische saß1, sah ihr vergnügt lachendes Gesicht und fragte: „Was trägst du denn so Zappeliges in deiner Schürze?“ Da stellte sie das niedliche Gespann samt dem Bäuerlein auf den Tisch, lief herum und schlug lachend die Hände zusammen. Vater Riese aber hob den Finger warnend in die Höh und sprach: „Kind, Kind! Da hast du was Schönes angerichtet! Trag nur alles gleich wieder hin, wo du es hergenommen.“ Und als die Riesen- tochter darob zu weinen begann, da fuhr er ernsthaft fort: „Nicht gemurrt! Der Bauer ist kein Spielzeug! Baut er nicht sein Acker- feld, so fehlt es uns an Brot in unserem Felsenneste.“ In dem Hochwald bei der Burg Nideck ist der Boden überall mit bemoosten Felsblöcken bedeckt. Mit mächtigen Wurzeln

10. Bd. 1 - S. 209

1911 - Straßburg : Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
Iv. Land und Leute in Heimat und Vaterland. 209 stielen, Strohwischen, Rechen, Schaufeln u. s. w. reitend, treffen von allen Seiten Frauengestalten ein zur Beratung im Wipfel des alten Baumes. Was er alles zu hören bekommt, sträubt seine Haare; denn es ist der Hexensabbat, der über ihm tagt. — „Vernehmt mein Meisterstück,“ hub die Alte an, die auf des Baumes höchstem Zweig ihren Platz gefunden hatte, „die einzige Tochter des Her- zogs von Lothringen hab’ ich mit einem Siechtum geschlagen, das alle Künste der Ärzte zu Schanden macht. Und doch, wie leicht wäre die Maid zu heilen. Das Herz eines weißen Füllens, das noch keinen Sattel getragen hat, ohne Salz gekocht und ohne Würze, dies der Kranken zu essen gegeben, und heil wird wieder ihr Leib und fröhlich ihr Sinn. Und welches Glück würde dem Retter zuteil werden! Zum Gemahl hat sie der trauernde Vater dem versprochen, der sie dem Leben wieder gewänne.“ — Wenige Monde verstrichen. Da ging die Kunde durch die Lande: „Des Herzogs Tochter ist wieder gesund, und wohlauf. Ein fremder, fahrender Gesell hat ihr den heilenden Bissen geboten, und der dankbare Herzog hatte sein Versprechen gehalten und dem Retter die Gerettete zum Gemahl gegeben. Beide leben jetzt glücklich und in Freuden.“ Der fremde Fahrende aber war unser Geselle, der das Geheimnis der Hexe erlauscht und sich zu Nutzen gemacht hatte. Einmal bei fröhlicher Ausfahrt mit seinem lieblichen Gemahl drängte sich ein schlichter Wanderer, den verschlissenen Hut in der schwieligen Hand, an das rollende Gefährt heran, um ein Almosen zu erbitten. Und ins Auge schauen sich Bettler und Herr, und — „Du?“ — „Du?“ entfährt es dem Munde der beiden. Sie erkannten sich wieder, die zusammen ausgezogen waren, das Glück zu erjagen, der eine eilend, der andere zögernd. Und im Herrenschlosse bei festlicher Tafel erzählen sich die Freunde, was sie seit der Trennung erlitten und erlebt. Der Enttäuschte kam bald zum Entschlüsse: Hat das Geheimnis der Eiche den Freund zum Herzog gemacht, so kehr’ ich zurück zu jener Stätte, um aus des Baumes Wipfel auch mein Schicksal zu vernehmen. — Gedacht, getan. Wieder kamen sie angeschwirrt, die unheim- lichen Gestalten, wieder tagte der Hexensabbat im Geäste, wieder erhob sich die Alte aus des Baumes höchsten Zweigen. „Genos- sinnen,“ sprach sie mit entrüsteter Stimme, „als wir vor Monden hier Beratung gepflogen, hat ein Elender unsere Geheimnisse er- lauscht und Verrat geübt. Drum laßt uns heute die Schatten durch- spähen, ob wir auch unbelauscht unsere Taten berichten. Und her- nieder sausten die wilden Gestalten in wirrem Geflatter. Sie fanden den Späher, und in tollem Getriebe ward ihm ein schrecklicher Tod zuteil. Heute ist die Eiche dahingesunken; des Himmels Strahl hat N. Gottcsleben, Deutsches Lesebuch, l. ^4
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