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1. Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen - S. 5

1888 - Braunschweig : Wollermann
5 Schlacht im Teutoburger Walde. Bald darauf erhielt Varus die Kunde von dem Aufstande eines deutschen Stammes an der Ems. Das war so geplant worden, um Varus und sein Heer recht tief in die Wälder hmemzulocken. Arglos brach er aus seinem Lager auf und zog ohne strenge Ordnung und mit vielem Gepäck durch den dichten Wald an der Weser dahin. Hier aber fielen he Germanen aus dem Dickicht des Waldes die Römer an, anfangs einzeln, dann in dichten Haufen. Kampfend erreichten die Römer einen freien Platz, wo sie ihr Nachtlager aufschlugen. Am folgenden Tage zogen sie weiter und kamen (wahrscheinlich bei Detmold) in den Teuto-burqer Wald. Der Regen floß in Strömen herab, die Bogensehnen der Römer erschlafften. und mit ihren schweren Harnischen sanken sie in den weichen Boden ein. Desto mutiger waren die Deutschen. Aus jedem Busche drangen sie hervor, von jedem Baume schossen sie Pfeile ohne Zahl auf die erschrockenen Römer herab. Erst die Nacht machte dem wütenden Kampfe ein Ende. Aber nicht lange konnten die ermatteten Römer ruhen; das Kriegsgeheul der Deutschen schreckte sie schon vor Tagesanbruch auf und trieb sie weiter. Endlich erreichten sie ein offenes Feld. Da stehen in dichten Scharen die Deutschen zum Kampfe geordnet. Mit Ungestüm dringen sie in die Reihen der Römer ein. und vor ihnen sinken die Feinde wie Halme zur Erde. Als Varus sab daß alles verloren war. stürzte er sich verzweiflungsvoll in fein eignes Schwert. ' 6. Wach der Schlacht. Schrecklich war die Niederlage der Römer. Die meisten lagen erschlagen am Boden, die Lebenden gerieten größtenteils in die Gefangenschaft. Hier harrte ihrer ein schreckliches Los. Die Anführer wurden den Göttern geopfert oder an d«s Kreuz geschlagen. Am schlimmsten erging es den römischen Advokaten; dem einen riß man die Zunge aus und ries dabeit „Nun zische, Natter, wenn du kannst!" Andere Gefangene aber wurden zu den niedrigsten Sklavendiensten gezwungen und „mancher Römer aus ritterlichem Hause alterte bei einem deutschen Bauer als Hausknecht oder Herdenhüter." Als Augustus den Ausgang der Schlacht erfuhr, zerriß er wehklagend seine Kleider, rannte wie ein Wahnsinniger mit dem Kopse'gegen die Wand und rief: „Varus. Varus. gieb mir meine Legionen wieder!" Da er fürchtete, die Deutschen würden jetzt nach Rom kommen, ließ er Tag und Nacht Wachen durch die Stadt ziehen, verstärkte sein Heer und vertrieb alle Deutschen aus Rom Aber die deutschen Krieger dachten nicht an Eroberungen, sondern kehrten friedlich an ihren Herd zurück. — Erst 1875 ist dem Befreier Deutschlands auf dem Teutoburger Walde, unweit Detmold, ein Denkmal errichtet worden. (S. Geogr.) 4. Die Kirnnen. 1. Aussehen. Ums Jahr 375 kamen die Hunnen, ein wildes Reitervolk, aus den Steppen Asiens nack Europa. Sie waren sehr häßlich. Auf dem kleinen, gedrungenen Körper saß ein dicker, unförmlicher Kopf mit schwarzem, struppigem Haar. Das Gesicht war von gelbbrauner Farbe und mit vielen Narben bedeckt; denn bald nach der Geburt zerschnitt man den Knaben die Wangen, um den Bartwuchs zu verhindern. Die kleinen Augen lagen schiesgeschlitzt im Kopfe, die Nase war plattgedrückt, die Backenknochen standen weit hervor, und die Lippen waren dick und aufgeworfen. Die Beine aber waren vom vielen Reiten säbelförmig gekrümmt. 2. Wahrung imb Kleibung. Zur Nahrung dienten den Hunnen Wurzeln (Rüben), allerlei kleines Getier und rohes Fleisch. Dieses legten sie statt eines Sattels auf ihre Pferde und ritten es so mürbe. Ihre Kleidung bestand aus einer Hose von Bockshaut und einem Kittel, der aus Mausefellen zusammengenäht war. Tag und Nacht trugen sie dasselbe Kleid so lange, bis es ihnen in Fetzen vom Leibe siel. Den Kopf bedeckte eine rauhe Pelzmütze, und die Füße steckten in großen, unförmlichen Schuhen, fo daß der Gang schwer und unbeholfen war. 3. Wmherschweifenbes Leben. Häuser mieden die Hunnen wie Gräber, ur.b

2. Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen - S. 14

1888 - Braunschweig : Wollermann
— 14 — heit aufgab. Er ging zu Karl, welcher ihn sehr freundlich aufnahm, und empfing mit vielen sächsischen Edlen die heilige Taufe. — Noch mehrmals versuchten die Sachsen, das Joch der Franken abzuschütteln, aber ihr Widerstand erlahmte ohne Wittekind nach und nach, bis sie endlich nach 31 Jahren sich vollständig Karl unterwarfen. 9. Iug nach Spanien. Im Jahre 777 veranstaltete Karl einen Reichstag zu Paderborn. Hierzu lud er alle unterworfenen Fürsten und Edlen ein und suchte sie durch Freundlichkeit und Milde zu gewinnen. Hier erschien vor ihm eine merkwürdige Gesandtschaft aus Spanien, mit langen Kaftans und bunt geschmückten Turbans bekleidet. Es waren Mauren, von ihren unterdrückten Fürsten gesandt, um den mächtigen König der Franken zu Hilfe zu rufen. Karl zog nach Spanien und gründete dort zwischen den Pyrenäen und dem Ebro die „spanische Mark", die fortan einen Teil seines Reiches ausmachte. Als Karl auf dem Rückwege war, wurde die Nachhut seines Hee- ^ res in einer Schlucht der Pyrenäen überfallen und vollständig vernichtet. Unter den gefallenen Helden befand sich auch der aus der Sage wohlbekannte Roland. 10. Krieg gegen die Wcrnern und Avaren. Der Herzog Thassilo von Bayern hatte sein Land von den Franken zu Lehn erhalten. Er strebte aber nach der Königskrone und suchte sich mit Gewalt von der fränkischen Herrschaft zu befreien. Zweimal besiegte ihn Karl und verzieh ihm seine Untreue. Als der Herzog dennoch wieder einen Aufstand versuchte und sogar die räuberischen Avaren von der untern Donau zu seiner Unterstützung herbeirief, da wurde der Aufrührer vom Reichstage zum Tode verurteilt, von Karl aber zu lebenslänglichem Gefängnis begnadigt. Dann zog Karl selbst mit einem Heere gegen die Avaren, eroberte nach 7 Feldzügen ihr Land bis zur Theiß, gründete hier die „östliche Mark" und legte so den ersten Keim zum ;< östreichischen Staate. 11. Ausdehnung des Weichs. Durch fortwährende Kriege vergrößerte Karl l sein Reich nach Süden, Osten und Norden hin. Bei seinem Tode umfaßte es das heutige j Frankreich, Spanien bis zum Ebro, den größten Teil Italiens sowie Deutschland bis zur Elbe und Eider hin. I 12. Kcriferkrönung. Der Papst Leo Iii. war bei einer feierlichen Prozession vom Pöbel auf der Straße arg mißhandelt und dann in einen Kerker geworfen worden. |\ Er entkam aber und ging nach Paderborn, um hier Karl persönlich um Hilfe anzu- J1 rufen. Karl zog mit feiner Macht nach Rom und hielt hier Gericht über die Schuldigen. I . Ant Weihnachtsfeste erschien er in der Peterskirche, wohnte hier dem Gottesdienste bei { und kniete nach der Messe vor dem Altare. Da nahte sich ihm der Papst mit der höchsten j Geistlichkeit, setzte ihm die goldene Krone aufs Haupt und salbte ihn zum Kaiser und ! weltlichen Oberherrn der gesamten katholischen Christenheit. I, 13. ^erwattung. Karl war nicht nur ein gewaltiger Kriegsheld, sondern auch -ein ganz vorzüglicher Verwalter und Gesetzgeber seines Landes. Die alten Stammesherzogtümer, die Herde der Widerspenstigkeit, löste er auf und teilte das Land in Gaue ein. Uber diese setzte er Grafen, welche monatlich Gaugericht abhielten. In jedem Frühjahre wurde eine Volksversammlung aller Freien abgehalten, das Maifeld. Hier wurde über Krieg und Frieden, über Handel und Verkehr, über Gesetz und Recht beraten. Zur Hebung des Ackerbaus ließ er Wälder ausroden, Sümpfe austrocknen und Dörfer anlegen. Er selbst ging dem Landmanne mit gutem Beispiele voran und legte auf feinen Krongütern Musterwirtschaften an. Hier kümmerte er sich um jede Kleinigkeit und prüfte selbst die Rechnungen seiner Gutsverwalter, in die jedes Ei, das verkauft war, genau eingetragen werden mußte. — Eigenes Geld besaß Deutschland vor Karl noch nicht; was davon vorhanden war, war römischen oder gallischen Ursprungs. Erst Karl d. Gr. errichtete Münzstätten und ließ die ersten deutschen Silberpfennige prägen. Auch ein öffentliches Maß führte er ein, das überall beim Verkaufen angewendet werden sollte. — Steuern waren zu Karls Zeiten noch unbekannt, wohl aber wurden die

3. Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen - S. 51

1888 - Braunschweig : Wollermann
— 51 — hilf mir Beute streiten zu deines Namens Ehr." Dann zog er den Degen und rückte gegen den Feind. Der Sieg neigte sich bald auf die Seite der Schweden Da sah Gustav Adolf, daß der linke Flügel seines Heeres zurückgedrängt wurde. Schnelleitte er an der Spitze eines Regiments dorthin; aber bald zerschmetterte ihm eine Kugel den linken Arm. Als er sich dann von seinem Begleiter aus dem Gefecht bringen lassen wollte, gerieten beibe in ein feinbliches Kürassierregiment. Der Oberst besselben erkannte den König und jagte ihm mit den Worten: „Dich habe ich lange gesucht!" eme Kugel durch den Leib. Bald sah das schwebische Heer den verwnnbeten Hengst des Königs mit Blut bespritzt zwischen den Truppen umherirren. Furchtbar erbittert über den Verlust ihres geliebten Königs, bringen die Schweden von neuem auf den Feind ein. Schon weicht er. Da erscheint Pappenheim mit frischen Truppen, aber auch sie werben geworfen, und Pappenheim selber fällt. Sterbenb noch ruft er: „Sagt dem Herzog von Friedland, daß ich vergnügt sterbe, da ich unseren gefährlichsten Feind mit mir getötet weiß." 14. Wallensteins God. Wallensteins Feinde schwärzten ihn unaufhörlich beim Kaiser an. Sie glaubten, er wolle sich zum König von Böhmen machen. Da enthob ihn der Kaiser des Oberbefehls. Wallenstein unterhandelte nun in großer Hast mit den Schweden. Doch ehe es zum Abschlüsse kam, erfüllte sich sein Geschick. Zu seiner Sicherheit war er mit einem Teil seines Heeres nach Eger geeilt. Aber drei Obersten aus der Besatzung stifteten eine Verschwörung gegen ihn an und beschlossen, ihn zu ermorden. Zuerst wurden des Herzogs Freunde abends beim Mahle niedergemacht. Noch in derselben Nacht wurde der Hauptschlag vollführt. Es war 11 Uhr. Eben hatte der Sterndeuter Seni den Feldherrn mit den Worten verlassen, „die von ihm in den Sternen beobachtete Gefahr sei noch nicht vorüber." Wallenstein wollte sich gerade zur Ruhe begeben. Ein Lärm von der Strotze her schreckte ihn auf. Da stürmten plötzlich die Mörder die Treppe herauf, sprengten die Thür des Schlafgemachs, und lautlos, mit ausgebreiteten Armen, empfing Wallenstein den Todesstoß. 15. Die Letzten Kriegszcrh^e. Nach dem Tode Gustav Adolfs übernahm der kühne Herzog Bernhard von Weimar den Oberbefehl über das schwebische Heer, würde aber bei Nörbüngen (1634) vollstäubig von den Kaiserlichen geschlagen. Nun fielen die meisten deutschen Fürsten von den Schweden ab, bereit Macht durch die verlorne Schlacht gebrochen war. Alles sehnte sich jetzt nach Frieden. Da fachte Frankreich aufs neue die Fackel des Krieges an und schloß mit bett Schweden ein Bünbnis, um so die Macht Deutschlands zu schwächen und die Länber ant Rheine an sich zu reißen. So bauerten die Schrecken des Krieges noch 13 Jahre, in betten sich der Sieg balb aus die Seite der Kaiserlichen, balb aus die der Schweden (Torstensohn und Bauer) neigte. Furchtbar waren die Greuel, welche in dieser Zeit von den Truppen verübt würden. Nicht nur bei den Lanbsknechten, fonbern auch bei den Schweden war die eble Sitte gefchwunben, und der Ruf: „Die Schweden kommen!" verbreitete Schrecken und Entsetzen rings umher. Die Martern, welche den Bürgern und Bauern bei Erpressungen auferlegt wurden, waren warhaft teuflisch. Dem einen banb man beibe Hättbe auf den Rücken und zog ihm mit einer burchtöcherten Ahle ein Roßhaar durch die Zunge. Dann suchte man ihm durch Ziehen an dem Roßhaar die größten Schmerzen zu bereiten, und bei jebem Schrei, den der Unglückliche ausstieß, versetzte man ihm 4 Schläge mit der Karbatsche auf die Waben. Den andern legten sie gebunben aus die Erbe, steckten ihm ein Sperrholz in den Munb und schütteten ihm einen Milch-kübel voll garstiger Jauche in den Leib. Das nannten sie „einen schwebischen Trunk". Zu biefen Greueln gesellte sich eine entsetzliche Hungersnot, die so furchtbar war, daß die Menschen Gras aßen, ja, sogar Fleisch vom Schittbattger holten und die Gräber nach Menfchenfteifch umwühlten. Dazu kam noch die schreckliche Pest, durch welche ganze Dörfer ausstarben. 16. Iriede. Endlich, im Jahre 1648, ward zu Osnabrück und Münster der „westfälische Friede" geschlossen. Deutschland verlor kostbare Grenzländer, von denen 4*

4. Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen - S. 32

1888 - Braunschweig : Wollermann
— 32 — 6. Die Kanscr. Zur Zeit des Faustrechts lauerten die Raubritter nicht selten den vorüberziehenden Kaufleuten an der Heerstraße auf oder plünderten ihre Schiffe, die den Rhein und die Elbe befuhren. Da vereinigten sich Lübeck und Hamburg (1241) und beschlossen, sich gegen diese Räuber zu schützen. Sie schufen sich ein eignes Heer und rüsteten Kriegsschiffe aus, welche die Kauffahrer auf der Elbe in Schutz nahmen. Diesen Bund nannte man die Hansa. Bald traten nun auch noch andre Städte diesem Bündnisse bei, toie Braunschweig, Stralsund, Stettin, Köln, Frankfurt a. D., Königsberg, Magdeburg u. s. w., im ganzen 60 Städte, und es dauerte nicht lange, so zitterte alles vor der Macht der Hansa. Sie hatte eine Flotte von 200 Schiffen, ein furchtbares Landheer und führte Krieg mit Fürsten und Königen. So erklärte einmal der Bürgermeister von Danzig dem Könige von Dänemark den Krieg. In Lübeck war der Bundestag. Hatte eine Stadt ihre Pflicht nicht erfüllt, so wurde sie „gehanset", d. h. aus dem Bunde gestoßen. 300 Jahre lang war die Hansa in voller Blüte. Im 15. Jahrhundert aber zerfiel sie allmählich, weil die Fürsten selbst mehr für Ordnung und Sicherheit sorgten. 24. Aenrgerichte. per schwerrze Goö. Aronöienste. 1. Ierngevichte. In den schütz- und rechtslosen Zeiten des Faustrechts verbreiteten sich die 'ans den alten Volksgerichten der Franken gebildeten Femgerichte durch ganz Deutschland. Sie gewährten jedem Freien den sichersten Schutz und waren der Schrecken aller Übelthäter. Ihre obersten Richter hießen Freigrafen, die übrigen Mitglieder Freischöffen oder auch „Wissende", weil sie um die Geheimnisse der Feme wußten. Das Gerichtwurde auf der „Malstätte" abgehalten. Dort bestieg der Freigraf den „Freistuhl". Vor ihm auf einem Tische lagen Schwert und Strick, die Zeichen des Rechts über Leben und Tod. Der oberste Freistuhl war in Dortmund unter der Femlinde, die noch heute als Zeuge jener Gerichtsstätte dasteht. War jemand bei dem Femgerichte verklagt, dann ward er durch den Ladebrief mit 7 Siegeln vorgeladen. War er ein Ritter, der auf feiner Raubburg verschlossen wohnte, so hefteten die Fronboten die Ladung des Nachts au das Thor, schnitten aus demselben 3 Späne als Wahrzeichen und schlugen dreimal laut gegen die Thorflügel. Erschien der Angeklagte, so führte man ihn mit verbundenen Augen in den Kreis der Richter und las ihm die Anklage vor. Bekannte er sich schuldig, oder wurde er überführt, dann sprachen die Schöffen das Urteil; war es die Todesstrafe, so wurde er sofort, meistens von dem jüngsten Schöffen, an den nächsten Baum gehängt. Gelindere Strafen waren Landesverweisung und Geldbuße. Erschien der Angeklagte nicht, so galt er als schuldig und ward „verfemt". Dann wurde der Name des Verurteilten in das Blutbuch geschrieben und der also Verfemte von allen Wissenden verfolgt. Keiner von ihnen durfte das Urteil verraten, aber jeder hatte die Pflicht, es zu vollstrecken, doch mußten sie dabei zu dreien fein. Wo sie des Verfemten habhaft werden konnten, zu Haufe oder auf der Straße, da stießen sie ihn nieder oder hängten ihn. Zum Zeichen, daß der Getötete durch die heilige Feme gefallen, ließ man ihm alles, was er hatte, und steckte ein Messer neben ihm in die Erde. Das letzte Femgericht wurde im Jahre 1568 in .Celle abgehalten. 2. Der schwarze God. Etwa um die Mitte des 14. Jahrhunderts (von 1348—50) wurde ganz Europa von einer furchtbaren Pest heimgesucht, die man in Deutschland mit dem Namen „schwarzer Tod" belegte. Die von der Krankheit Befallenen wurden am ganzen Körper mit Geschwüren — Pestbeulen — bedeckt, spieen Blut aus und starben meistens schon nach 3 Tagen. Große Städte verloren oft mehr als die Hälfte ihrer Bewohner (Straßburg 16 Ooö), und viele Dörfer starben ganz und gar aus. Das Volk glaubte nicht anders, als daß die Juden durch Vergiftung der Brunnen das Unglück herbeigeführt hätten. Infolgedessen wurden dieselben in den meisten Städten verfolgt, zu Hausen getrieben und in ihren Häusern verbrannt. Andere wiederum sahen die Pest als ein Strafgericht Gottes an, das man durch „Geißlerfahrten" abzuwenden suchte. Scharen von 100—300 Büßern zogen paarweise mit Kreuzen, Fahnen und Kerzen von einer Stadt zur andern.

5. Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen - S. 33

1888 - Braunschweig : Wollermann
— 33 — Überall wurden sie mit Glockengeläute empfangen. Am Morgen und Abend zogen sie dann vors Thor hinaus, entblößten den Rücken und schlugen sich gegenseitig mit Geißeln. Letztere waren vorn mit Knöpfen versehen, durch welche Nadeln gesteckt waren, so daß bei jedem Geißelhiebe das Blut vom Rücken floß. 3. Frondienste. Ursprünglich lebten die Fürsten und Grundherren von den Einkünften ihrer eigenen Güter (Domänen). Als sie aber später die Domänen ihren Beamten und Dienern zur Bewirtschaftung übergaben, da ließen sie sich von diesen ihren „hörigen Bauern" nicht nur die Lebensmittel in die Küche liefern, sondern auch die Dienste verrichten, welche in der herrschaftlichen Haushaltung vorfielen. Zu bestimmten Zeiten mußten die „Gefälle" (wie Gänse, Hühner, Schweine, Fische, Butter, Eier, Korn, Kessel, Töpfe rc.) entrichtet werden. In späterer Zeit traten an die Stelle solcher Lieferungen Abgaben in Geld, die Zins oder Steuern genannt wurden. Da diese in der Regel an den Festtagen erhoben wurden, so erklären sich daraus die noch heute hier und da gebräuchlichen Michaelissteuern, Osterzinse, Weihnachtshühner rc. Manche hörige Bauern mußten am Hofe die Öfen heizen, Brot backen, Bier brauen, Holz spalten, Nachtwachen leisten, Botengänge verrichten rc. Zuweilen auch mußte der Bauer mit seinem Gespann für den Herrn arbeiten und ihm Holz, Mehl, Steine rc. herbeifahren, seinen Acker bestellen oder die Ernte besorgen. Doch wurden die Leute meistens bei der Arbeit gut beköstigt. Die Kinder eines hörigen Bauern waren verpflichtet, bei ihren Grundherren in Dienst zu treten. Sie erhielten meistens nur Kost, zuweilen auch einen ganz geringen Lohn. 25. Erfindungen im Witlelcrtter. 1. Dcrs Schießprrtver war in Deutschland schon im 12. Jahrhunderte bekannt, doch wurde es nur zu Feuerwerken u. a. Spielereien benutzt. Erst zu Anfang des 14. Jahrhunderts fing man an, das Pulver zum Fortschleudern der Geschosse zu verwenden. Ein Mönch (vielleicht Berthold Schwarz) soll diese Kraft des Pulvers zuerst entdeckt haben. Die ersten Feuerwaffen, welche um das Jahr 1320 auftauchten, waren sehr schwer zu laden und hatten einen unsichern Schuß, so daß sie der Armbrust und dem Bogen noch keineswegs überlegen waren. Auch die Kanonen, aus denen man anfangs mit Steinen schoß, waren von ungeheurer Größe und sehr schwer fortzuschaffen. Die Feuerwaffen fanden daher sehr langsam Eingang in die Heere, und noch im 30jäh-rigen Kriege bestand die Hälfte des Fußvolks aus Hellebardieren und Pikenieren. Erst nachdem man durch Erfindung des Bajonetts Spieß und Muskete in einer Waffe vereinigt hatte, wurde die gesamte Infanterie (zuerst unter Prinz Eugen vor etwa 180 Jahren) mit dem Feuergewehr ausgerüstet. 2. '^ttd^bruc&er&imf'f. 1440. Vor der Erfindung der Buchdruckerkunst wurden die Bücher durch Abschreiben vervielfältigt, womit sich besonders die Mönche beschäftigten. Doch waren solche Bücher sehr teuer; eine Bibel bezahlte man z. B. mit 6—900 Ji Später schnitt man allerlei Heiligenbilder in Holz und druckte sie ab. Ebenso versuchte man es mit ganzen Kapiteln aus der Bibel. Aber das war immernoch sehr mühsam. Da kam Johann Gutenberg in Mainz auf den Gedanken, die Buchstaben einzeln herzustellen und dieselben zu Wörtern zusammenzusetzen, nach vollendetem Druck aber wieder auseinander zu nehmen und zu andern Wörtern zu verwenden. (Derartige von ihm geschnitzte Lettern sind noch jetzt in Mainz vorhanden. Sie sind aus Birnbaumholz geschnitzt und etwa 4 cm lang.) Die Geldnot zwang ihn, sich mit dem reichen Goldschmied Fnst und dessen Schwiegersohn Schöffer zu verbinden. Letzterer erfand noch die Kunst, die einzelnen Buchstaben durch Guß herzustellen. Auch die noch jetzt übliche Herstellung der Druckerschwärze ist seine Erfindung. Die Erfindung des Leinenpapiers (1300) kam der Buchdruckerkunst sehr zu statten. Vorher hatte man Pergament und Baumwollenpapier. 3. Die erste gedruckte Wibel. Das erste große Druckwerk war eine lateinische Kahnmeyer «. Schulze, Realienbuch A. (I. Geschichte.) 3

6. Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen - S. 38

1888 - Braunschweig : Wollermann
wandt wurde, konnte er mit seiner persönlichen Tapferkeit wenig ausrichten; er zog es es daher vor, zu Hause zu bleiben und seine Knechte, Vögte, Kutscher u. s. w. in den Kampf zu schicken. — Brach aber ein Krieg aus, so konnte ein Fürst selten eine qe-Agende Anzahl Truppen zusammenbringen; es blieb ihm dann weiter nichts übriq als Soldner zu werben. Auf dem Markte der Stadt ließ der Werbeoffizier die Fahne aufpflanzen und die Trommel rühren; die kriegslustigen Burschen aberließen sich gegen Zahlung eines Handgeldes in die Stammrolle einschreiben. Monatlich wurde ihnen *m ®°!b Stahlt, daher der Name „Söldner". In der Regel zogen sie in Haufen („Fähnlein'2 unter Führung eines selbstgewählten Hauptmannes von Land zu Land von einem Kriege zum andern. Es gab Söldner, die schon in Italien, Spanien, Frankreich, Holland. Rußland u. a. Ländern gedient hatten. Sie hatten keinen andern Wunsch, als sich durch Plünderung und Brand, Raub und Mord zu bereichern. Wollte ja ein Feldherr solche Roheiten nicht dulden, so empörten sie sich gegen ihn oder gingen zum Feinde über. ä a 2. Die Landsknechte sind eine Schöpfung Maximilians und feines Feldhauptmannes Georg von Fmndsberg, der ja den Namen „Vater der Landsknechte" erhielt. Die Landsknechte sind auch Söldner, aber sie sollen aus den kaiserlichen Landen g<* noinitieit werden. Ein kaiserlicher Oberst wirbt und führt sie, und so erhalten sie das Ansehen eines kaiserlichen Kriegsvolkes, dem auch reiche Bürgerssöhne und selbst Adelige angehören. Plünderung im Freundesland ist ihnen streng verboten, ebenso alles gotteslästerliche Fluchen und Schwören. Jahrhunderte hindurch bildeten sie den Hauptbestandteil der kaiserlichen Heere. Die Landsknechte unterschieden sich in Spieß-und Buchsenknechte. Erstere trugen einen 5 m langen Spieß, letztere dagegen eine Hakenbüchse oder Muskete. Diese war so schwer, daß sie beim Abfeuern auf einen Gabelstock gelegt werden mußte. Gewöhnlich leistete der Landsknecht den Fahneneid mir für einen bestimmten Feldzug. Für Waffen und Kleidung mußte er selber sorgen Nicht selten nahm er einen Burschen oder seine Frau mit. Die Soldatenfrauen kochten bucken, wuschen und nähten für die Männer. Im Kriege halfen sie Schanzen bauen und pflegten die Verwundeten. 30. §sexen und $exenpxo$effe. 1. Kexengtairse. In der finstern Zeit des Mittelalters war der Glaube an Hexen in ganz Deutschland verbreitet. Die Hexen, so glaubte man, gaben sich dem Teufel ganz zu eigen und verschrieben sich ihm mit ihrem Blute. Dafür verlieh er ^ten die Gabe, dem Nächsten Böses zuzufügen. So konnten sie durch ihren bösen Blick Menschen und Tiere krank machen oder Ungewitter, Hagel und Unfruchtbarkeit des Feldes herbeiführen. Auf dem Brocken fand jährlich in der Walpurgisnacht (1. Mai) eine Hauptversammlung statt. Die Hexen flogen dann auf Böcken, Gänsen, Besen, Ofengabeln, Stöcken, Spinnrocken u. dergl. zum Schornstein hinaus durch die Luft zum Brocken. Hier schmausten sie im Beisein des Teufels, der in Bocksgestalt auf der Hexenkanzel saß, tranken aus Kuhklaueu und Pferdeschädeln und hielten dann ihre Hexentänze ab. Dieser Spuk endete erst mit Tagesgrauen, woraus die Heren wieder heimflogen. 2. Verfolgung. Mit größter Heftigkeit wurden die Hexen vom Staat und von der Kirche verfolgt. Rote Augen, Verdacht der Ketzerei, Erfüllung einer ausgesprochenen Drohung und ähnliche, oft ganz unbedeutende Dinge waren genügend, eine Frau vor das Gericht zu bringen. Leugnete sie, ein Bündnis mit dem Bösen zu haben, so wandte man die „Hexenprobe" an. Man unterschied die Wasser-, Wage- und Thranenprobe. Bei der Wasserprobe wurde der Unglücklichen der rechte Arm mit dem linken Fuß, und der linke Arm mit dem rechten Fuß zusammengebunden; so wurde sie dann nn einem Strick „1v2 Ellen" tief in das Wasser hinabgelassen. Erschien sie wieder

7. Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen - S. 60

1888 - Braunschweig : Wollermann
— 60 — Zopfe und gestreckten Beinen in den engen Gamaschen regungslos auf einem Stuble sitzend verbringen. 1 4. Korb. Die Gemeinen bezogen in manchen Ländern einen so geringen Sold daß sie hungern oder betteln mußten, wenn sie es nicht vorzogen, durch Stricken' Spinnen rc. etwas nebenbei zu verdienen. Die meisten Unteroffiziere sowie auch viele Gemeine sind verheiratet. Jede Soldatenfamilie hat in der Kaserne eine Stube und Kammer inne. Auch die Frau sucht zu erwerben: sie kocht, spinnt Wolle strickt Strümpfe, und die Kaserne sieht daher fast wie ein Werkhaus aus. Ist der Soldat s^ch geworden, dann erhält er zu seiner ganz unzureichenden Pension auch wohl die Erlaubnis, „bei den adligen Landsassen einen Zehrpfennig zu begehren". Nicht selten sah man ganze Hausen solcher alten entlassenen Soldaten bettelnd und stehlend das Land durchziehen. — Am besten wurde noch in Preußen und Östreich für die Invaliden gesorgt, da man ihnen hier eine Anstellung gab oder sie in Jnvaliden-hänsern unterbrachte. 40. Arneörrich Wichetrn I. 1713—1740. 1. Jugend. Friedrich Wilhelm I. war schon als Knabe derb und einfach. Alles Prunkhafte und Erkünstelte war ihm verhaßt. Einst erhielt er einen reichlich mit Gold besetzten Schlafrock. Er zog ihn aber nicht an, sondern warf ihn in das hellflackernde Kaminfeuer. Seine Gesichtsfarbe war sehr zart, und seine Mutter hätte ihm dieselbe gern erhalten. Zu ihrem Schrecken aber sah sie den Prinzen eines Tages in der heißen Sonne liegen und sein Gesicht mit einer Speckschwarte einreiben, damit er recht braun werde. Er führte auch sorgfältig eine „Rechnung über seine Dukaten" und schrieb jede Ausgabe gewissenhaft an. Seine größte Lust fand er am Exerzieren. 2. Sparsamkeit. Nach dem Tode seines Vaters bestieg Friedrich Wilhelm den Thron. Während der Vater Pracht und Auswand geliebt hatte, regierte der Sohn mit der größten Sparsamkeit. Seine Gemahlin und seine Töchter strickten, nähten, häkelten und befaßten sich fleißig mit andern häuslichen Arbeiten. Die vielen unnützen Hofbeamten seines Vaters entließ er, und die Gold- und Silbersachen, welche sein Vater mühsam erworben , verkaufte er und bezahlte davon die Schulden. In den ersten Jahren seiner Regierung trug er einfache, bürgerliche Kleidung, später die Uniform eines Obersten. Durch ihn ist es bei den Fürsten Sitte geworden, Uniform zu tragen. Auf seiner Tafel erschien gewöhnlich einfache Hausmannskost; nur wenn hoher Besuch eintraf, durfte sie mit feinen und teuren Speisen besetzt werden. 3. Strenge. Der König war von früh bis spät unausgesetzt thätig. Eine solche Thätigkeit verlangte er auch von allen seinen Beamten. Wehe, wenn jemand seine Schuldigkeit nicht that! Als er erfahren, daß der Thorschreiber in Potsdam die Bauern des Morgens vor dem Thore warten läßt, begiebt er sich eines Morgens selber dorthin, und da er den säumigen Beamten noch im Bett findet, prügelt er ihn mit den Worten: „Guten Morgen, Herr Thorschreiber!" höchst eigenhändig aus dem Sett heraus. Tagediebe und Müßiggänger waren ihm besonders zuwider. Sah er irgendwo einen Arbeiter ans dem Felde oder bei einem Baue müßig stehen, so gebrauchte er ohne weiteres seinen Knotenstock. Wer den König kommen sah, lies davon oder arbeitete mit doppeltem Eifer. Einst holte er einen solchen Flüchtling ein. Auf die Frage, warum er davon gelaufen, erhielt der König die Antwort: „Weil ich mich vor Ew. Majestät fürchte." Da geriet der König in Zorn. „Ihr sollt mich nicht fürchten, ihr sollt mich lieben!" rief er ihm zu und zerbleute ihm dabei mit seinem Knotenstock den Rücken. 4. gbeev. Der König hatte eine große Vorliebe für Soldaten; ein großes, schlagfertiges Heer zu haben, war sein Hauptbestreben. Besonders liebte er die „langen Kerle," von denen er sich in Potsdam ein ganzes Regiment bildete, das aus 2400 solcher Riesen bestand. Im ersten Gliede maß keiner unter 6 Fuß, und der eine

8. Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen - S. 75

1888 - Braunschweig : Wollermann
den Kolonnen nicht folgen. Es gab große Entbehrungen zu ertragen. Nach 7 Wochen erreichte das Heer endlich Smolensk; dort hoffte es sich von den Strapazen zu erholen. Aber die Russen hielten die Stadt besetzt. 2 Tage lang verteidigten sie dieselbe — dann zogen sie ab. Die Stadt aber ging in Flammen auf, und am nächsten Morgen fand Napoleon an Stelle der Stadt nur einen Aschenhaufen vor. Mühsam ging der Zug vorwärts. Bei Borodino, 100 km diesseit Moskau, stellten sich die Russen abermals zur Wehr. An 70000 Tote und Verwundete bedeckten das Schlachtfeld. Napoleon hatte gesiegt; die Russen zogen sich zurück und überließen ihre Hauptstadt Moskau dem Feinde. 3. "gdrcmb in Moskau. Der Anblick dieser schönen Stadt erfüllte das ermattete Heer mit neuem Mute; dort gab es ja reiche Beute und Speise und Trank im Überfluß. Aber sonderbar! Die Straßen waren menschenleer, und die Fenster der Paläste verhangen. Die Einwohner waren mit ihrer besten Habe geflüchtet; nur etwa 12 000 Verbrecher, die man aus dem Gefängnisse entlassen hatte, waren in der Stadt zurückgeblieben. Napoleon bezog den Kreml, seine Armee die leerstehenden Paläste. Aber schon in der ersten Nacht brach an einzelnen Stellen Feuer aus, ebenso in der folgenden, und bald stand die ganze Stadt in Flammen. Die Russen selbst hatten das Feuer angelegt. Nun mußten die Truppen Napoleons vor der Stadt ein Lager beziehen: 4. Wückzirg. In dieser bedrängten Lage bot Napoleon dem Kaiser Alexander den Frieden an. Dieser ließ ihm jedoch sagen: „Jetzt ist der Krieg nicht aus, jetzt soll er erst recht anfangen." So mußte sich denn Napoleon Mitte Oktober zum Rückzüge entschließen. Anfänglich war die Witterung noch längere Zeit milde; aber im Heere herrschte bereits die größte Unordnung, die vor allem durch die Zuchtlosigkeit und das liederliche Wesen der Soldaten hervorgerufen wurde. Ihren höchsten Grad erreichte aber die Not, als das Wetter umschlug und der Mangel an Lebensmitteln sich einstellte. Im Dezember stieg die Kälte bis auf 27 Grad, und hoher Schneebedeckte Weg und Steg. Die Soldaten hatten kein Brot und verzehrten die gefallenen Pferde mit Heißhunger. Ihre Schuhe und Stiefel waren zerrissen; die Füße wurden mit Lumpen um» wickelt; viele hinkten oder gingen auf Krücken. Ganze Hansen lagen am Morgen tot um die erloschenen Wachtfeuer. Tag und Nacht umschwärmten Kofalen die Fliehenden, und Tausende fielen in ihre Hände. 5. Übergang über die Weresincr. Das Schrecklichste auf dem Rückzüge aber war der Übergang über die Beresina. Seit einigen Tagen war Tauwetter eingetreten und der mit Treibeis bedeckte Fluß hoch angeschwollen. Mit vieler Mühe wurden zwei Brücken hergestellt; aber nur langsam konnte die Menschenmenge hinüber. Da, am 3. Tage, erschienen die Russen mit Kanonen und beschossen die Brücken. Nun stürzte alles, was noch auf jener Seite war, auf die Brücken zu. Es entstand ein furchtbares Gedränge. Einige machten sich mit dem Säbel Bahn, andere ritten und fuhren nieder, was ihnen in den Weg kam. Plötzlich brach die eine Brücke. Die Soldaten hinten wußten nichts davon und drängten die vordem mit Gewalt in den Fluß hinein. Als man das Unglück entdeckte, stürzte der Menschenschwarm sich auf die andre Brücke. Wagen, Pferde und Menschen lagen hier über- und untereinander. Die Nachfolgenden kletterten über die am Boden liegenden hinweg, und Taufende stürzten in den Fluß. Dazu donnerten die Kanonen, und die Kugeln pfiffen dazwischen. Es war entsetzlich! Als Napoleon mit dem Hauptheer hinüber war, wurde die Brücke abgebrochen. Wer noch drüben war, fiel den Russen in die Hände. — Von der großen Armee erreichten nur etwa 30 000 Mann, halb erfroren und verhungert, die polnische Grenze. 6. Mork. Der General Aork hatte den Oberbefehl über das 20000 Mann starke Hilfsheer, welches Preußen dem Kaiser Napoleon hatte stellen müssen. Er war dem Marschall Macdonald untergeordnet worden, dessen Gesamtmacht den linken Flügel des französischen Heers bildete. Als Dork die Nachricht von dem schmählichen Ende des französischen Hauptheers erfuhr, erfüllte Freude feine Brust. Nur mit Widerwillen hatte er stets für die Sache der Franzosen gekämpft. Jetzt hielt es ihn nicht länger. Als er am Weihnachtsabend mit

9. Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen - S. 80

1888 - Braunschweig : Wollermann
- 80 - äußerster Gewalt versuchte Napoleon, die Reihen der Engländer zu durchbrechen, aber diese leisteten trotz der Übermacht tapfern Widerstand. „Kinder." rief Wellington, „wir müssen tapfer aushalten, wir dürfen nicht geschlagen werden; was würde man in England sagen!" Schon war es 4 Uhr; das erschöpfte Heer leistete nur noch geringen Widerstand. Da nahm Wellington in einem Carr6 Platz und rief, nach der Uhr sehend, ungeduldig aus: „Ich wollte, es wäre Nacht, oder die Preußen kämen!" 5. Wlircher Hätt Wort. Blücher hatte den Tag vorher infolge des Sturzes im Bette bleiben müssen. Als er dann Wellington zu Hilfe eilen und auf das Pferd steigen wollte, fühlte er heftige Schmerzen. Sein Arzt wollte ihn einreiben; er aber sagte: „Ach was, noch erst schmieren! Ob ich heute balsamiert oder unbalfamiert in die andere Welt gehe, das wird wohl auf eins herauskommen." Dann ging's vorwärts. Der Regen floß in Strömen herab. „Das sind unsere Alliierten von der Katzbach," rief Blücher, „da sparen wir dem Könige wieder viel Pulver." Die Wagen und Kanonen konnten in dem weichen Boden aber nur langsam fortkommen. Von Wellington kamen Boten über Boten, und überall feuerte Blücher die Truppen an. „Es geht nicht mehr!" riefen ihm die ermatteten Soldaten zu. Blücher aber eutgeguetete: »Ihr sagt wohl, es geht nicht, aber es muß gehen. Ich habe es ja meinem Bruder Wellington versprochen; Ihr wollt doch nicht, daß ich wortbrüchig werden soll?" Endlich um 5 Uhr traf er auf dem Schlachtfelde ein. Das hatte Napoleon nicht erwartet. Jetzt, von 2 Seiten angegriffen, führte er seine beste Truppe, die alte Garde ins Gesecht. Aber sie konnte nichts mehr ausrichten und war bald von Preußen um-' zingelt. Die französische Arme wurde säst vernichtet; der Rest stürzte in wilder Flucht davon. 6. "gferfosgung. Blücher befahl nun, „den letzten Hauch von Mann und Pferd daran zu setzen, um den Feind nicht wieder zum Stehen kommen zu lassen." Und so wurde in der mondhellen Nacht eine förmliche Hetzjagd, von Gneifenau geleitet, auf die Franzosen veranstaltet. Kaum hatten sich diese an einem Ort niedergelassen, so wurden sie wieder von den Verfolgern aufgescheucht und weiter gejagt. Napoleon befand sich in Genappe; dort wollte er die Nacht in seinem Wagen verbringen. Da ertönte plötzlich der Ruf: „Die Preußen! die Preußen!" Schnell sprang er aus dem Wagen und verbarg sich in einem Garten. Dort fanden ihn später Franzosen, hingen ihm einen Kürassiermantel um und banden ihm ein Tuch um den Kopf. So unkenntlich gemacht, setzte er sich auf ein Pferd und sprengte eiligst davon. Sein Wagen samt Hut und Degen aber fiel in Blüchers Hände. 7. Kinzug irr 14 Tage später stand Blücher schon vor Paris. Bald erschienen französische Abgesandte, um mit ihm über den Frieden zu verhandeln. Als diese forderten, Paris solle mit Einquartierung verschont bleiben, da entgegnete er barsch: „Die Franzosen haben jahrelang recht angenehm in Berlin logiert; kein Preuße, der mir hierher gefolgt ist, soll zurückkehren, ohne sagen zu können, daß die Pariser ihn gut bewirtet haben." Einige Tage später zog er mit seiner Armee in Paris ein. Die Stadt mußte 100 Mill. Frank Kriegssteuern zahlen. 8. St. Kelena. Napoleon mußte nun dem Throne entsagen. In der Absicht, nach Amerika zu entfliehen, bestieg er ein Schiff. Die Engländer aber fingen ihn auf und verbannten ihn nach der öden Felseninsel St. Helena. Dort verbrachte er die letzten 6 Jahre seines Lebens unter strenger Aufsicht als Staatsgefangener. Nur ein einziger von feinen Getreuen folgte ihm in die Verbannung und hielt bis zu seinem Tode bei ihm aus. In den ersten Jahren seiner Gefangenschaft schrieb Napoleon die Geschichte seiner Kriege; dann aber stellte sich der Magenkrebs bei ihm ein und verursachte ihm furchtbare Schmerzen. Einmal legte er die Hand des Arztes auf seinen Magen und sagte: „Ein Fleischermesser haben Sie mir hierhergesetzt und die Klinge in der Wunde abgebrochen." Er starb am 8. Mai 1821. Zunächst begrub man ihn in einem Thale der Insel; 1840 aber wurde seine Leiche nach Frankreich gebracht und im Dome der Invaliden beigesetzt.

10. Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen - S. 90

1888 - Braunschweig : Wollermann
— 90 — Die Gärten bieten Obst, Gemüse und Kartoffeln, in den Kellern sind große Weinvorräte, i Brot und Fleisch wird reichlich geliefert, und an „Liebcscigarren" ist auch kein Mangel. Das Leben wäre hier ganz erträglich gewesen, wenn nur nicht fortwährend der Kanonen- 1 donner dazwischen gebrummt und der Vorpostendienst die behagliche Ruhe gestört hätte. 3. Kampf und Äbergcrbe. In Paris hatte man wohl an 300000 Mann. ] zum größten Teile Mobilgarden (eine Art Landwehr), zusammengezogen. Bald hier, J bald dort wurde ein Ausfall gemacht, aber immer wurden die Franzofen von den j Deutschen zurückgeschlagen. Die Pariser lebten in großer Angst. Keinen Abend mehr i brannten sie Gas, aus Furcht, eine Bombe könne einschlagen. Aber erst um Weih-nachtenbeganndieeigentlichebeschießnng. Ein Befestigungswerk nach dem andern wurde f zum Schweigen gebracht, und immer enger zog sich der Kreis um die Stadt zusammen. I An 20000 Granaten wurden täglich in die Stadt hineingeworfen, und an verschiedenen J Orten entstand Feuer. Schlimmer aber noch war der Mangel an Lebensmitteln, der sich bald einstellte. Schon seit Mitte Dezember war Pferdefleisch ein Leckerbissen geworden, und man verschmähte weder Hund noch Katze, ja, nicht einmal Ratten. Auch an Holz und Kohlen fehlte es, und der Winter war bitter kalt. Krankheiten aller Art stellten sich ein, ganz besonders wüteten die Pocken. Kein Stand, keine Familie blieb von den Leiden und Entbehrungen der Belagerung verschont. Von Tag zu Tag -wurde die Not größer. Noch einmal, am 19. Januar, sollte ein Rettungsversuch ge- ; macht werden. Ungeheure Truppenmassen versuchten in westlicher Richtung auf St. I Clond den Durchbruch. Aber die Deutschen hielten hinter den Schanzen wacker stand. Am Abend mußten die Franzosen wieder zurück; der eiserne Ring blieb geschlossen. Endlich sahen die Pariser ein, daß längerer Widerstand nutzlos sei. Am 28. Januar ergab sich die Stadt; die ganzen Besatzungsmannschaften wurden zu Gefangenen ge- i macht, dazu mußten 200 Mill. Frank Kriegskosten von der Stadt gezahlt werden. 4. Aöercrll Sieg. Während der Belagerung von Paris hatte der König sein Hauptquartier in dem königlichen Schlosse zu Versailles. Fast täglich gingen Nachrichten von neuen Siegen ein. Schon am 27. September war Straßburg gefallen, und einen Monat später mußte sich auch Bazaine mit 173000 Mann in Metz ergeben. ; Vergeblich hatte Gambetta versucht, mit seinen Mobilgarden Paris zu befreien; aber er war bei Orleans fast vernichtet worden. Auch die Franktireurs (Freischützen), die das Land durchstreiften und in Wald und Feld den Deutschen auflauerten, konnten Frankreich nicht mehr retten. Im Norden wie im Süden, überall drangen die Deut- ■ scheu siegreich vor. In 7 Monaten waren 16 große Schlachten gewonnen, 26 Festungen erobert und über 370 000 Franzosen zu Gefangenen gemacht worden. Frankreichs j Macht war gebrochen. 5. Wiedercrufrichtung des Deutschen Kaiserreichs. Die gemeinsamen * Siege aller deutschen Völker hatten das Gefühl der Zusammengehörigkeit lebhaft ge- ) weckt; überall brach das Verlangen nach Einigkeit mächtig hervor. Die Fürsten — allen voran der König Ludwig Ii. von Bayern — sowie die Völker richteten daher an ! König Wilhelm die Bitte, den deutschen Kaisertitel anzunehmen. Der König erfüllte den allgemeinen Wunsch, und am 18. Januar 1871 wurde das vor mehr als 60 Jahren zusammengesunkene Deutsche Reich neu errichtet. Die bedeutungsvolle Feier fand — während noch vor Paris die Kanonen donnerten — im Schlosse zu Ber- ; sailles statt. In einem großen Saale war ein Altar hergerichtet worden. Um lvi Uhr erschien der König mit dem Kronprinzen, vielen Fürsten, Ministern rc. und stellte sich mit ihnen vor dem Altar im Halbkreise auf. Ein kurzer Gottesdienst wurde abgeholten. Dann trat der König vor und erklärte mit lauter Stimme vor den ver- ■-sammelten Offizieren und den mit dem eisernen Kreuz geschmückten Kriegern, daß er die ihm von den Fürsten und dem Volke dargebotene Kaiserwürde annehme. Gleich darauf verlas Graf Bismarck die Kaiserproklamation an das deutsche Volk. Zum Schlüsse trat der Großherzog von Baden vor und rief: „Seine Majestät der deutsche
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