222
Prägstellen wurden „Heckenmünzen" genannt. In ihnen fand
eine planmäßige Verschlechterung des Geldes statt. Nach der
Berechtigung des Münzers wurde nicht gefragt, wer mit Feuer
und Eisen umzugehen wußte, verdang sich zu solchem Werke.
Auf den vorgeschriebenen Feingehalt und das Gewicht des Geldes
ward wenig Rücksicht genommen, es ward mit falschen Stempeln
geprägt und auf leichte Münzen das Bild des Landesherrn und
die Jahreszahl aus einer besseren Zeit geschlagen, ja es wurden
in wirklicher Falschmünzerei die Stempel fremder Münzen nach-
gestochen. Den neugeprägten Münzen ward dann durch Weinstein
oder Lotwasser der neue Glanz genommen. Alles geschah unter
dem Schutze des Landesherrn.
So war es überdies schon vor dem Jahre 1618. Die kleinen
wie die großen Landesherren brauchten Geld und wieder Geld.
Da fingen einige Reichsfürsten an, die Arbeiten der verrufensten
Heckenmünzer zu übertreffen. Sie ließen statt von Silber in
einer schlechten Mischung von Silber und Kupfer schwere und
leichte Landesmünzen schlagen. Bald wurde versilbertes Tupfer
daraus. Zuletzt schlug man z. B. in Leipzig das kleine Geld gar-
nicht mehr von Tupfer, das man höher verwerten konnte, sondern
die Stadt gab statt dessen eckiges Blech mit einem Stempel aus.
Wie eine Pest griff diese Entdeckung, Geld ohne große kosten zu
machen, um sich. Hundert neue Münzen wurden errichtet. Wo ein
verfallener Turm für Schmiede und Blasebalg fest genug schien,
wo Holz zum Brennen vollauf und eine Straße war, das gute Geld
zur Münze hinein- und schlechtes hinauszufahren, da nistete sich
eine Bande Münzer ein. Kurfürsten und Herren, geistliche Stifter
und Städte wetteiferten miteinander, aus Kupfer Geld zu machen.
Auch das Volk wurde angesteckt. Seit Jahrhunderten hatten
Goldmacherkunst und Schatzgräberei die Phantasie des Volkes
beschäftigt; jetzt schien die glückliche Zeit gekommen zu sein, wo
jeder Fischtiegel sich auf der Wage des Münzers in Silber ver-
wandeln konnte. Es begann ein tolles Geldmachen. Alle Welt
legte sich auf Geldhandel. Der Kaufmann machte Geldgeschäfte
mit dem Handwerker, der Handwerker mit dem Bauer. Ein all-
gemeines Umherlungern, Schachern und Übervorteilen riß ein.
Der moderne Schwindel mit Aktien und Börsenpapieren gibt nur
eine schwache Vorstellung von dem Treiben der damaligen Zeit.
Gustav Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit.
89. Vertreter des Geldes.
Die Vertreter des Geldes oder seine Ersatzmittel sind Kredit-
papiere. Sie führen von der reinen Geldwirtschaft zur Kredit-
wirtschaft hinüber. Ihre Bedeutung ist in den Staaten mit
blühender Volkswirtschaft ungeheuer. Sie haben den Umsatz des
baren Geldes weit überflügelt.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten]]
/S)/6ö I. I. Ruedorffer: Deutschland in der Weltpolitik. /D 13
Deutschland ist von der politischen Konstellation Europas
abhängiger als seine Nachbarn. Es ist schwerer gegen feind-
liche Bündnisse zu sichern und bedarf zu solcher Sicherung
einen größeren Aufwand an diplomatischen oder militä-
rischen Machtmitteln. Auf der Erkenntnis dieser Lage be- 5
ruhte die Politik Bismarcks, die, im wesentlichen Konti-
nentalpolitik, den Notwendigkeiten dieser Kontinentalpolitik
die Wünschbarkeiten der Weltpolitik unterordnete. Es ist
offenbar, daß bei allen afrikanischen, türkischen, persischen,
chinesischen Unternehmungen die deutsche Politik sich zunächst 10
zu fragen hat, welche Rückwirkungen ein derartiges Ein-
greifen Deutschlands auf die Konstellation des europäischen
Kontinents ausüben muß. Sie wird, wenn sie in der euro-
päischen Türkei, in Persien oder in Ehina russischen In-
teressen begegnet, Rußland noch enger an die Seite des 15
unwandelbar feindlichen Frankreich heften, wird, wenn sie
in Mesopotamien ein englisches Interessengebiet antastet,
England auf die Seite der Gegner treten sehen. In der Tat
haben die ersten weltpolitischen Unternehmungen Deutsch-
lands derartige Wirkungen gehabt. Die deutsche Orient- 20
Politik, die durch das Bagdadbahnunternehmen eingeleitet
wurde, hat Russen und Engländern einen möglichen ge-
meinsamen Gegner gezeigt und zu ihrer Verständigung
manches beigetragen, weswegen denn auch viele deutsche
Diplomaten kontinentaler Denkart dieses Unternehmen aus 25
Gründen politischer Taktik für durchaus verfehlt erklärten
und für die Schwierigkeiten, auf welche die deutsche Politik
in dem ersten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts
infolge einer gegen sie orientierten Konstellation der großen
Weltmächte allerorten stieß, dieses und andere Unterneh- 30
mungen weltpolitischen Charakters verantwortlich machten.
Als Deutschland im Jahre 1904 der kolonialen Expansion
Frankreichs gegenüber von der Tradition Bismarcks ab-
wich und dieser, die sie bisher unterstützt hatte, entgegen-
zutreten unternahm, war dieser Umschwung trotz der viel- 35
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Ruedorffer Bismarcks
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Europas Bismarcks Deutschlands Persien Frankreich Mesopotamien England Deutschland Frankreichs
132 /5)/5) Ernst Iääh: Insulare Borniertheit. /D/D/D/D
Absichten geführt hat. Militärisch: die Mächte des Drei-
verbandes stehen durchaus in einer aufgezwungenen und
bedrohten Defensive gegenüber der erfolgreichen und
dauernden Offensive der deutschen Kraft; wir haben den
5 Krieg ins Feindesland tragen und ihn dort halten können,
und die „Einkreisungslinien" schneiden durch französisches
und russisches Gebiet hindurch und werden dort stehen
bleiben, auch wenn zur Zeit kein deutscher Vormarsch mehr
weiter will. Ebenso wirtschaftlich: von einer Aushunge-
10 rung ist doch nirgends etwas zu spüren und wird auch nie
die Rede sein können; von einer Knappheit vielleicht in den
letzten Wochen vor der neuen Ernte, die aber dann sicherer
und leichter auch durch einen zweiten Kriegswinter hinüber-
reichen wird. Auch unsere finanzielle Widerstandsfähigkeit
15 übertrifft alle Berechnungen unserer Feinde. Ein Eng-
länder, Norman Angell, hat einmal über „die falsche Rech-
nung" geschrieben und er hat darin die Sinnlosigkeit einer
modernen Kriegführung überhaupt kennzeichnen wollen;
er könnte heute darunter die falsche Rechnung verstehen,
20 auf der England das Gebäude seiner antideutschen Politik
aufgebaut hat.
Wie diejenigen Staatsmänner, die König Eduard per-
sönlich gut kannten, überzeugt sind, daß er selbst nur die
diplomatische, nie die kriegerische Niederkämpfung Deutsch-
25 lands gewollt hat, so wissen die Politiker, die Sir Edward
Grey genau kennen, daß in ihm der typische Stockengländer
zur Regierung kam, der keine fremde Sprache gelernt hat
und der keine festländischen Verhältnisse studiert hat: kein
überlegener Mephisto, sondern nach König Eduard „dem
30 Großen" ein Sir Edward der Kleine, ein unsicherer Sub-
alterner, nach dem König von Auch.paris der Lord von
Rur-London, kurzum jenes seltsame Gemisch von „Un-
bildung und Einbildung" (um mit Bismarck zu reden), das
im entscheidenden Augenblick versagen muß und das die
35 Beute eines fremden Willens wird. Selbst das Studium
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Ernst_Iääh Ernst Norman_Angell Eduard Edward
Grey Eduard_„dem Eduard
^ 's 'S 's 'S* 'S 'ss 2. Der Norddeutsche Bund. 29
einzulassen, sich in Kämpfen mit der eigenen Bevölkerung
aufzuhalten — meine Herren, das können Sie von einer
Dynastie, wie sie über Preußen regiert, das können Sie von
keiner der Dynastien, die augenblicklich in Deutschland
regieren, erwarten, daß sie an ein nationales Werk mit
dieser Heuchelei — ich kann es nicht anders nennen — her-
angeht. (Lebhaftes Bravo!)
Wir wollen den Grad der Freiheitsentwicke-
lung, der mit der Sicherheit des Ganzen nur
irgend verträglich ist. Es kann sich nur handeln um
die Grenze: wie viel, was ist mit dieser Sicherheit auf die
Dauer verträglich? was ist jetzt mit ihr verträglich? ist ein
Übergangsstadium nötig? wie lange muß dies dauern?
(Sehr gut! Bravo!)
Es kann nicht in unserer Absicht liegen, das Militär-
budget auch für den Zeitraum, wo es von Ihnen selbst als
eisern behandelt werden sollte, und ein solcher Zeitraum ist
meines Erachtens unentbehrlich, Ihrer Kenntnis zu ent-
ziehen. Es ist hier gesagt worden, als wenn das Militär-
budget mit einer gewissen Heimlichkeit nachher behandelt
werden sollte. Soweit ich mir überhaupt diesen Gedanken
schon klar gedacht habe, so schwebt er mir in der Art vor,
daß wir jedenfalls ein Budget vorlegen würden, welches
die Gesamtausgaben des Bundes umfaßt, die militärischen
nicht ausgeschlossen; nur würden wir das auf der Basis
des mit der Vertretung für eine gewisse Dauer von Jahren
abzuschließenden Vertrages tun, so daß man uns an dem
Militärbudget für diese Zeit keine Streichung machen kann,
wenigstens keine solche, die nicht mit dem Bundesfeldherrn
vereinbart wäre. Es ist ja möglich, daß der Bundesfeld-
herr sich überzeugt, dies oder jenes kann ich entbehren, daß
er selbst sagt, das will ich. Aber es muß einen Zeitraum
geben, in welchem die Existenz des Bundesheeres nicht von
zufälligen Schwankungen der Majorität abhängt. Ich will
gern zugeben, daß es sehr unwahrscheinlich ist, daß sich in
3*
5
10
15
20
25
30
35
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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76 Ausgewählte Reden des Fürsten v. Bismarck,
Die Leute können ja doch ihr Geld nicht selbst essen, sondern
sie müssen die Zinsen davon an andere wieder ausgeben,'
also freuen Sie sich doch, wenn Leute bei uns reich werden:
da fällt immer für die Gesamtheit etwas ab und nicht bloß
5 für den Steuerfiskus.
So kleinliche Auffassungen, wie der Herr Vorredner in
der Beziehung uns zumutet, muß ich von den Regierungen
weit fortweisen. Wir wirtschaften und streben für die
Hebung des wirtschaftlichen Gesamtvermögens der deutschen
10 91(1*1011; dazu gehören die reichen Leute so gut wie die
armen: und wenn wir dabei zugleich eine Verbesserung
des fiskalischen Einkommens des Deutschen Reiches er-
reichen, dann freuen Sie sich mit uns, dann werden Sie
weniger Mühen haben mit den Ihnen so unbequemen Be-
15 willigen von Mitteln.
Die Kolonien, wie Euba, wie Portorico, wie die west-
indischen und alle die äquatorialen Kolonien, sind vom
Mutterlande stets in ihrem Geldwert sehr hoch geschätzt.
Deshalb ist dahin aber noch keine große Auswanderung
20 gegangen; man hat nicht darauf gerechnet, daß dort
Weizen oder Wolle produziert werde, welche nachher zum
Schrecken des Herrn Vorredners zollfrei bei uns einge-
lassen werden sollten; sondern es sind eben tropische Pro-
dukte, die bei uns nicht wachsen. Das ist gerade die Haupt-
25 fache, dort Plantagen anzulegen, Deutsche des gebildeten
und halbgebildeten Standes auf diesen Plantagen zu be-
schäftigen. Wer wie ich in der Nähe von Hamburg wohnt,
der weiß, daß unter den gebildeten Hamburger Familien
kaum eine ist, die nicht ein Mitglied zählte, welches einmal
30 über See, „drüben", gewesen ist, wie sie sagen, und dort
den besten Teil seiner Jugend zugebracht, dort Vermögen
erworben hat und wiedergekommen ist. Das ist dort auf
fremdem Gebiet erworben. Nehmen Sie an, wenn ein Teil
der Baumwolle, des Kaffees, den wir bei uns importieren,
35 auf deutschem Grund und Boden über See wüchse, wäre
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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6. Neds über Deutschlands Mehrkraft. Otq'a 89
Zeitungsabschnitten aus der Zeit aus dem „Berliner
Tageblatt", aus der „Freisinnigen Zeitung", aus der
„Volks-Zeitung", aus der „Germania" vor allem; eins
überbietet immer das andere an Beschimpfungen der Re-
gierung, weil sie nicht für Bulgarien und seinen damaligen
Fürsten Rußland gegenüber den Handschuh aufnehmen
wollte. Das erste aus dem „Berliner Tageblatt" fängt
gleich damit an:
„Wenn die Grundlagen des europäischen Friedens der-
art erschüttert sind, daß derselbe nur durch ein Mittel
erhalten werden kann, welches die Moral in den Völkern
untergräbt, dann ist doch eine Frage berechtigt, ob nicht ein
gesunder Krieg einem so krankhaften Frieden vorzu-
ziehen sei."
So waren die Herren damals gestimmt. Die „Ger-
mania" predigt nicht so geradezu den Krieg, aber sie ist
ihrer Natur nach viel schärfer und bitterer in den Be-
schimpfungen der Regierung über ihre Feigheit. Als ich
das gelesen habe, ich muß sagen, hat es mir zunächst den
Eindruck von Heiterkeit gemacht; ich habe diese ganze Preß-
hetzerei lächerlich gefunden, die Zumutung, daß wir nach
Bulgarien laufen sollten, um „hinten weit in der Türkei",
wie man früher zu sagen pflegte, die Händel zu suchen, die
wir hier nicht finden können.
Ich hätte geradezu verdient, wegen Landesverrats vor
Gericht gestellt zu werden, wenn ich auch nur einen Augen-
blick auf den Bedanken hätte kommen können, mich auf diese
Dummheit einzulassen, und es hat mich damals auch wenig
verdrossen; wir waren ja die Herren, zu tun und zu lassen,
was wir wollten. Es hat mich nur tief betrübt, einen
solchen Aufwand von Pathos in der deutschen Presse zu
finden, um uns womöglich mit Rußland in Krieg zu ver-
wickeln. Als ich diese Deklamationen zuerst las, — sie sind
zum Teil weinerlich, zum Teil pathetisch, — so fiel mir
unwillkürlich die Szene aus „Hamlet" ein, wo der Schau-
5
10
15
20
25
30
35
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Die Währungssysteme
87
1. Doppelte Währung, Bimetallismus. Die scheinbar ein-
fachste und deshalb älteste Brt der Vereinigung ist, daß man beide Me-
talle in einem festen Wertverhältnis zueinander als rechtlich gleich-
stehende Nurantmünzen des Landes ausprägt.
5o hat schon das älteste Münzsystem, das wir kennen, das babylo-
nische. Gold und Silber in dem festen Wertverhältnis von l: 131/3 aus-
geprägt und die so geprägten Münzen allem Anschein nach als gleich-
berechtigt behandelt, während es doch nahe gelegen hätte, bei den ersten
Anfängen des Münzwesens die Silbermünzen und die Goldmünzen gleich-
mäßig, den Gewichtseinheiten entsprechend, jede zu gewissen Teilen des
Pfundes auszuprägen, befolgte man diesen weg nicht, sondern prägte
nur die Goldmünzen den Gewichtseinheiten entsprechend, die Silber-
münzen aber so aus, daß der Gewichtseinheit in Gold eine gewisse Zahl
von Gewichtseinheiten in Silber dem werte nach entsprach. Dasselbe
Verfahren wurde bei der persischen und lydischen Prägung und zur
Blütezeit des römischen Münzwesens eingeschlagen und ist seitdem im
Laufe der Jahrhunderte das weitaus vorherrschende gewesen, nur daß
man die Übereinstimmung der Goldmünzen mit der Gewichtseinheit auf-
gab. Die Feststellung des richtigen Wertverhältnisses der beiden Metalle
im Münzwesen war daher eine der wichtigsten und am meisten erörterten
Fragen der Münztechnik.
Zur vollständigen Gleichberechtigung der beiden Metalle im Münz-
wesen gehört aber auch die unbeschränkte Busprägung jedes derselben,
und zwar nach der Entwicklung, die das moderne Münzwesen genommen
hat, auch die unbeschränkte Busprägung auf Privatrechnung. Im Fall
aber, daß in dieser weise die Gleichstellung der beiden Metalle verwirk-
licht wird, pflegt früher oder später das eine derselben aus der Zirku-
lation zu verschwinden, das andere ausschließlich oder doch ganz über-
wiegend als Zahlungsmittel verwendet zu werden. Denn das Wert-
verhältnis der beiden Metalle im Welthandel ist häufigen Änderungen
unterworfen gewesen, und so wie dies Verhältnis von dem im Münz-
wesen des betreffenden Staates bestehenden, ein für allemal gesetzlich
bestimmten, abweicht, wird es vorteilhaft, die in dem vom Münzgesetz
zu niedrig angesetzten Metall ausgeprägten Münzen einzuschmelzen und
im Handel anderweitig zu verwerten, dafür das vom Münzgesetz zu hoch
angesetzte Metall herbeizuschaffen und zu Münzen des betreffenden
Staates auszuprägen. Das Münzgesetz gestattet bei der doppelten Wäh-
rung jedem zu Geldzahlungen verpflichteten die Wahl zwischen einem
gewissen Gewicht Goldes und einem gewissen Gewicht Silber als gleich-
berechtigten Zahlungsmitteln für die Erfüllung seiner Zahlungsverbind-
lichkeiten. Nichts ist natürlicher, als daß er dasjenige der beiden Metalle
wählt, in welchem er mit den geringsten Opfern seine Zahlungsverbind-
lichkeiten erfüllen kann.
Die Folgen dieses Vorganges sind nun einigermaßen verschieden,
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Extrahierte Personennamen: Christus Friedrich Friedrich Fichtes
119
„tüchtig" ; ob diese Meisterlehre auch tatsächlich überall eine
tüchtige sei, darüber bestehen ganz berechtigte Zweifel und hier
nun einzugreifen, so wird von der andern Seite gesagt, sei die
Aufgabe der Lehrwerkstätte. Auch die Lehrwerkstätte wird das
nicht erreichen, was eine tüchtige Meisterlehre erreichen kann und
erreichen muß. Wir haben dnrch Herrn Kollegen Sch. von fach-
männischer Seite Beispiele dafür bekommen. Also ich habe die
Anschauung: die beiden haben sich gegenseitig zu
ergänzen und es wurde auch ausgesprochen, daß die tüchtige
Meisterlehre das erste ist und das vorzüglichere.
Unser Bestreben ist das Handwerk und den Gewerbestand
zu heben und zu fördern und leistungsfähig zu erhalten; auf
diese Weise werden wohl die Summen, die hier notwendig sind,
auf das beste angewendet sein. (Bravo!)
Vizepräsident: Meine Herren! Die Etatsansätze in
Kap. 7 § 1 haben von keiner Seite Beanstandung erfahren; die-
selben sind genehmigt.
§ 2. Zuschüsse a n Fachschulen für M a s ch i n e n -
banundelektrotechnik....................... 35.000 Jl
§3. Zuschüsse an Web schulen . . . 25.860 Jí
§ 4. Zuschuß an eine Fachschule für G las-
tn du strie 15.000 M
§ 5. Zur Unter st ü tzun g g e w e r b l i ch e r Fort-
bildungsschulen ................................61.313
Vizepräsident: Zum Wort ist niemand gemeldet; ich
konstatiere ohne besondere Abstimmung die Genehmigung der
Etatsziffern.
Nach dem stenographischen Bericht. (Gekürzt.)
Oon cien Steuern und Abgaben.
Es sind zwei sonderbare Menschen, der Harlacher und der Durlacher,
kreuzbrav, fleißig, klug, nüchtern. Beide haben eigentlich nur eine Schwäche:
einer will nämlich gescheiter sein als der andere. Durlacher meint, er wisse
alles^ Harlacher aber glaubt, er wisse alles besser. Letzterer hat daher tu
der Stadt den nicht unverdienten Spitznamen „der Kritikus", ivährend
ersterer allgemein „der Pstffikus" genannt wird. Beide streiten zuweilen,
als ob sie einander spinnefeind wären, indes sie sich eigentlich ganz lieb
haben; sie ereifern sich wegen ihrer verschiedenen Meinung über irgend
eine Sache lind am Schluffe zeigt es sich, daß sie doch ganz einig sind.
Es handelt sich bei allem Hader eben nur darum, daß der andere sich nicht
einbilde, es besser zu wissen.
Harlacher kommt wie gar oft eines Abends zu Durlacher und zwar
in ganz übler Laune. Kaum ist er in das Zimmer getreten, so kann sich
Durlacher von dessen Stimmung überzeugen.
H.: Die 20 Pfennig Mahngebühr ärgern mich eigentlich mehr als
die 28,50 Mark selbst. '
D.: Wofür denn 20 Pfennig Mahngebühr?
H.: War denn der Steuerbote nicht auch bei dir?
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TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
112
Schleim und Blut und Appetitlosigkeit stellen sich ein, also Ver-
dauungsstörungen schwerster Art, welche die Ernährung des
Organismus völlig oder größtenteils lahm legen.
Gleichzeitig erfahren Leber, Milz und Nieren krankhafte Ver-
änderungen, Verhärtungen, Einschrumpfungen rc., welche die Er-
füllung ihrer Aufgaben verhindern. Die Last der Arbeit, die dem
Herzmuskel durch die fortwährende Zufuhr von Getränken zugemutet
wird, führt infolge der Ueberanstrengung eine Vergrößerung des
Herzens, meist verbunden mit Verfettung, herbei. Störungen der
Blutzirkulation erzeugen Hautausschläge, Atemnot, Gicht und Blut-
stockungen im Gehirn, welche bisweilen zu Schlaganfällen führen
können.
Auch anderweitige krankhafte Wirkungen übt der Alkohol aus,
vor allem aus das Gehirn. Er berauscht, lähmt also die Denk-
fähigkeit, was man treffend mit „Umnebelung der Sinne" bezeichnet,
womit zugleich auch die bereits erwähnte Schwächung der Willens-
kraft verbunden ist.
So erklärt sich auch die Unzahl der Vergehen und Verbrechen,
im Rausche begangen. Die Statistik weist solcher Alkoholsünden für
unser deutsches Vaterland allein die erschreckende Ziffer von 200,000
Fällen jährlich auf. Ueberhaupt stellt die Sprache der Statistik
dem Alkoholmißbrauch in Deutschland ein fürchterliches Zeugnis
aus: 3000 Menschen gehen alljährlich an durch Trunkenheit ver-
schuldeten Unfällen zugrunde, 1600 treibt dieselbe Ursache zum
Selbstmorde, 30,000 bringt der Säuferwahnsinn in die Irren-
häuser und 32,000 fallen dem Elend und der Verarmung anheim.
Das sittliche Unheil aber, das der Alkoholteufel sonst noch
verursacht, Müßigang, Liederlichkeit 2c., die sich jeder zahlenmäßigen
Darstellung entziehen, würde wohl noch eine weit erschreckendere
Sprache reden, wenn wir es in Ziffern ausgedrückt vor uns sähen.
Es läßt sich aber ahnen, wenn wir lesen, daß das deutsche Volk
alljährlich 3 Milliarden Mark für alkoholische Getränke verausgabt.
Die zahlreichen und gefährlichen Einwirkungen des Alkohol-
übermaßes auf den menschlichen Organismus lassen es erklärlich
erscheinen, daß die Lebensdauer der Gewohnheitstrinker eine be-
deutende Verkürzung erfahren muß. Auch hier liefern die Zahlen
der Statistik überraschende Beweise. „Die Lebensdauer der Trinker
ist in dem Maße beschnitten, daß ein normal Lebender im Alter
von 20 Jahren eine Lebensdauer von noch 44,2 Jahren zu er-
warten hat, ein Alkoholiker im gleichen Alter aber nur noch auf
15,6 Jahre rechnen darf."
Es ist ferner wissenschaftlich und erfahrungsgemäß festgestellt,
daß Säufer gegen jede sie befallende Krankheit weniger widerstands-
fähig sind, als normal lebende Menschen. Sonst harmlos auf-
tretende Leiden nehmen im alkoholdurchseuchten Körper immer einen
bösartigeren Verlauf und steigern die Sterblichkeit um zirka 40 o/o.
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