58
Ii. Deutschlands militärische Rüstung
Dem feindlichen Heereskommando wird mitgeteilt, daß verschiedene
seiner mobilen Sanitätsformationen mit ihren Effekten, dem noch vor-
handenen Material, der Bespannung und der eigentlichen Bewachungs-
mannschaft direkt auf der Route A—b ihm wieder zugeschickt werden, da
man nach Räumung des Schlachtfeldes ihres Dienstes nicht mehr benötigt.
Die Verwaltung wird angewiesen, den heim zu befördernden Sanitäts-
mannfchaften und Feldpredigern in summarischem Verfahren den Sold
auszuzahlen. Die von der feindlichen Heeresleitung erhaltenen Rus-
künfte über unsere Toten, besonders diejenigen des zurückgeworfenen
linken Flügels, und über unsere verwundeten werden dem heerespreß-
dienst zur Übermittelung an die Presse überschickt. Die auf den Toten ge-
sammelten Erkennungsmarken usw. werden dem feindlichen Rommando
zugestellt, ebenso eine provisorische Liste der verwundeten, mit Rngabe
ihrer Aufenthaltsorte.
Die im Zentrum unserer Stellung zwischen den beiden Rrmeen mit
dem Rücktransport der verwundeten beschäftigten Sanitätskolonnen des
Feindes sind schleunigst aus der Gefechtslinie zu entfernen und nach vor-
gängiger Durchsuchung und Verteilung der verwundeten und Rranken
auf unsere Sanitätsformationen aufzulösen. Der Räumungstransport,
der ohne Vereinbarung eines Waffenstillstandes aus der feindlichen
Festung Z hergekommen ist, ist dahin zurückzuweisen. Die gestern und
heute zur Linderung der Rot in beiden Lagern gebildeten freiwilligen
Rutomobilkorps zum Transport der verwundeten sind nach Maßgabe
der Genfer Ronvention und im Sinne der in derselben ausgesprochenen,
in unvorhergesehenen Fällen anzuwendenden allgemeinen Grundsätze
als zum Heeressanitätsdienst gehörige Hilfsgesellschaften zu betrachten
und zu behandeln. Dagegen ist ein zu diesem Dienst sich meldender Ballon
wegen der Gefahr des Ruskundfchaftens nicht zuzulassen.
Bei Friedensschluß sind die verwundeten und Rranken, sobald ihr
Zustand dies gestattet, an die Grenze zu bringen. Alles requirierte Ma-
terial ist mit Entschädigung zurückzugeben. Die auf den Schlachtfeldern
gefundenen oder von verstorbenen hinterlassenen Gegenstände des per-
sönlichen Gebrauches, Wertsachen und Briefe, werden den Behörden des
Gegners übersendet. Das zum verwundeten- und Rrankentransport ver-
wendete Eisenbahn- und Schiffsmaterial ist zurückzuschicken, vor allem
auch solches Wagenmaterial, das von einem neutralen Lande herrührt.
Über die uns vorgeworfene Verletzung der Genfer Ronvention durch Be-
schießung eines Garnisonlazaretts wird sofort dem Dberauditor Mit-
teilung gemacht und Untersuchung angeordnet, ebenso über den Anstand
betreffend die Rückgabe von Fuhrwerken (Militärsuhrwerke oder Sani-
tätsfuhrwerke?). Den Hilfsgesellschaften des eigenen und den Hilfs-
kolonnen des neutralen Landes sowie der Bevölkerung ist die aufopfernde
pflege der verwundeten und Rranken angemessen zu verdanken.
prof.röthlisberger in seinem Buche ,,vie Neue Genfer Ronvention". Bern 1908.
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TM Hauptwörter (200): [T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871.
145
Xi. Reichskriegswesen.
Artikel 57.
Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in Ausübung dieser Pflicht nicht ver-
treten lassen.
Artikel 58.
Die Kosten und Lasten des gesamten Kriegswesens des Reiches sind von allen Bundes-
staaten und ihren Angehörigen gleichmäßig zu tragen.
Artikel 59.
Jeder wehrfähige Deutsche gehört sieben Jahre lang, in der Regel vom vollendeten
20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre, dem stehenden Heere, die folgenden fiinf Lebens-
jahre der Landwehr ersten Aufgebots und sodann bis zum 31. März desjenigen
Kalenderjahres, in welchem das neununddreißigste Lebensjahr vollendet
wird, der Landwehr zweiten Aufgebots an.
Während der Dauer der Dienstpflicht im stehenden Heere sind die
Mannschaften der Kavallerie und reitenden Feldartillerie die ersten drei,
alle übrigen Mannschaften die ersten zwei Jahre zum ununterbrochenen
Dienst bei den Fahnen verpflichtet.
Artikel 60.
Die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres wird bis zum 31. Dezember 1871
auf ein Prozent der Bevölkerung von 1867 normiert und wird pro rutu derselben von
den einzelnen Bundesstaaten gestellt. Für die spätere Zeit wird die Friedenspräsenzstärke
des Heeres im Wege der Reichsgesetzgebung festgestellt
Artikel 61.
Nach gleichmäßiger Durchführung der Kriegsorganisation des deutschen Heeres wird
ein umfassendes Reichs-Militärgesetz dem Reichstag und dem Bundesrat zur verfassungs-
mäßigen Beschlußfassung vorgelegt werden. (2. Mai 1874: Reichsmilitärgesetz.)
Artikel 62.
Zur Bestreitung des Aufwandes für das gesamte deutsche Heer und die zu dem-
selben gehörigen Einrichtungen sind dem Kaiser jährlich so vielmal 675 Mark, als die Kopfzahl
der Friedensstärke des Heeres nach Artikel 60 beträgt, zur Verfügung zu stellen. Vgl.
Abschnitt Xii.
Die Verausgabung dieser Summe für das gesamte Reichsheer und dessen Ein-
richtungen wird durch das Etatsgesetz festgestellt.
Bei der Feststellung des Militär-Ausgabeetats wird die auf Grundlage dieser Ver-
fassung gesetzlich feststehende Organisation des Reichsheers zugrunde gelegt.
Artikel 63.
Die gesamte Landmacht des Reiches wird ein einheitliches Heer bilden, welches in
Krieg und Frieden unter dem Befehle des Kaisers steht.
Die Regimenter u. s. w. führen fortlaufende Nummern durch das ganze deutsche
Heer. Für die Bekleidung sind die Grundfarben und der Schnitt der Königlich Preußischen
Armee maßgebend. Dem betreffenden Kontingentsherrn bleibt es überlassen, die äußeren
Abzeichen (Kokarden u. s. w.) zu bestimmen.
f) Seit dein Jahre 1874 wird sie jeweils auf eine Reihe von Jahren (jetzt von 5 Jahren
— Quinquennat —) im voraus festgesetzt. Gegenwärtig beträgt sie über eine halbe Million
Mkann. Einjährig-Freiwillige, Unteroffiziere, Offiziere, Ärzte und Militärbeamte nicht gerechnet.
Bauerschmidt» Lesebuch.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
49
Die Feldartillerie ist für den Krieg in offenem Felde be-
stimmt und hat deshalb leichte Geschütze mit reichlicher Bespan-
nung. Die Fußartillerie hat die Ausgabe, Festungen zu verteidigen
oder anzugreifen, und hat daher schwere und große Geschütze.
Die technischen Truppen sind weniger zahlreich; sie haben
die Ausgabe, notwendige Bauten, wie Brücken, Eisenbahnen,
Belagerungswerke, auszusühren.
Der Train umsaßt den gesamten Wagenpark, der das Ge-
päck, die Verpflegung und die Munition des Heeres nachsührt.
Die Sanitätstruppen endlich bestehen aus Ärzten, Lazarett-
gehilfen und Krankenpflegern.
Jeder dieser Teile hat seine besondere, notwendige
und für das Ganze nützliche Ausgabe, und erst durch ihr
Zusammenwirken kommt ein Ersolg zu stände.
Zu einem Kriege wird außer dem stehenden Heer auch die
Reserve und die Landwehr verwendet (das Heer wird „mobil"
gemacht), ja, wenn der Feind in unser Vaterland eindringen
sollte, wird auch der Landsturm ausgeboten.
Die Zahl der zu dem Kriege bereit stehenden Truppen ist
daher eine sehr große, die einzelnen Heeresteile sind weit stärker
und zahlreicher als im Frieden.
Das gesamte Heer wird im Kriege in Arme een eingeteilt,
von denen jede mehrere Armeekorps umfaßt. Jedes Armeekorps
hat von allen Truppengattungen eine bestimmte Zahl von Re-
gimentern bezw. Abteilungen.
Eine besondere Abteilung des Osfizierkorps ist der Ge-
neralfftab; er untersteht unmittelbar dem Kaiser. Ihm liegt
besonders die Ausarbeitung und Anordnung aller im Kriegsfälle
für die höhere Truppensührung notwendigen Maßregeln ob.
Den Oberbefehl über das gesamte Heer im Kriege und im
Frieden führt der Kaiser; das Heer ist also einheitlich. (Im
Frieden haben die Könige von Bayern, Württemberg und
Sachsen, die auch eigene Kriegsminister haben, besondere Rechte
über ihre Armeekorps, sie ernennen die Offiziere u. s. w. Bayern
hat sogar ein eigenes militärisches Strafrecht. Diese Reservat-
rechte sind ihnen bei Gründung des Reiches zugestanden worden
und schaden dem festen Gefüge des Heeres nicht, da ja der Kaiser
im Frieden die Oberaufsicht über ihre Truppen und im Kriege
das unumschränkte Versügungsrecht hat.)
3. Die Kriegsflotte oder Marine besteht aus einer An-
zahl verschiedener Schiffe und ihrer Bemannung und hat die
Äusaabe, unser Ansehen bei fremden Völkern zu wahren,
unsere Angehörigen in anderen Ländern, unsere Kolonieen und
Schutzgebiete, unsere Schiffe auf dem Weltmeere und überhaupt
Kiese, Bürgerkunde. 4
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
50
unseren überseeischen Handel zu schützen, unsere Küsten zu ver-
teidigen und die feindliche Flotte abzuwehren oder zu schlagen.
Die Schiffe sind je nach ihrem Zweck verschieden: Panzer-
schiffe, Kreuzer, Avisos, Torpedoboote. Ebenso zerfallt die Be-
mannung jedes Schiffes nach ihrer Ausgabe in Matrosen,
Maschinisten und Marinesoldaten.
Die Flotte steht unter dem all e i n i g e n Oberbefehl des
Kaisers. Die aktive Dienstpflicht dauert 3 Jahre, die Reserve-
zeit 4, die Seewehr 1. Aufgebotes 5 Jahre, die Seewehr 2. Auf-
gebotes bis zum 39. Lebensjahr. Den Befehl über die Flotte
führt der vom Kaiser ernannte kommandierende Admiral.
Kriegshäsen sind Kiel und Wilhelmshaven. Die Flagge der
Kriegsflotte ist weiß mit einem schwarzen Kreuz und hat in der
Mitte den preußischen Adler, die Flagge der Handelsflotte ist
schwarz-weiß-rot.
Wir Deutschen sind durch unsere Lage im Herzen Europas,
ringsum von verschiedenen und zum Teil feindlichen Völkern
eingeschlossen, zu unserem Schutze wesentlich aus das Land-
heer angewiesen. Die Marine besteht noch nicht lange und
kommt an Größe und Bedeutung dem Landheer nicht gleich.
Unsere Lage ist es auch, die uns nötigt, unser ge-
samtes Militär wesen aus das beste auszubilden, um zu
jeder Zeit und nach allen Seiten hin, sei es am Rhein oder an
der Weichsel, einem Angriffe standhalten zu können.
Da zur Kriegführung gewaltige Geldmittel erforderlich
sind, hat das Reich aus der französischen Kricgskosten-Entschä-
digung einen Reichskriegsschatz von 120 Millionen Mark
gebildet, der in barem, gemünztem Golde im Juliustnrm zu
Spandau aufbewahrt wird.
Auch die übrigen Großmächte haben ihr Kriegsheer auf eine gewal-
tige Höhe gebracht, wie denn gegenwärtig die einzelnen Staaten besonders
auf militärischem Gebiete einander zu übertreffen sich bemühen. Es möge
genügen, zum Vergleiche die Friedens- und die Kriegsstärke der wichtigsten
europäischen Heere anzuführen:
Friedensstärke der europüi ichen Gro zmächte 1893:
Infanterie Kavallerie Artillerie Pioniere und Eisenbahn- truppen (mit Train und beson- deren For- mationen) Summa
Deutschland: 381 000 65 000 81000 19 000 557 000
Frankreich: 329 000 73 000 74 000 13 000 544000
Europ. Rußl.: 492 000 109 000 99 000 19 000 751 000
Österr.-Ungarn: 179 000 47 000 33 000 10 000 318 000
Italien: 139 000 24 000 31000 8 000 233 000
Großbritannien: 142 000 18 000 36 000 7 000 217 000
Türkei: 98 000 30 000 33 000 4 000 183 000
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Extrahierte Ortsnamen: Wilhelmshaven Europas Rhein Spandau Frankreich Italien
26
es, daß man hoffen darf, sie überraschend an den unvorbereiteten, viel-
leicht noch in der Entwickelung begriffenen Feind zu bringen, sei es, daß
sie in die wirren Scharen des weichenden Gegners einhanen sollen, um
den Preis des Sieges auf der Verfolgung zu ernten, sei es endlich, daß
man sie in Ermangelung anderer Truppen verwenden muß, um dem
Feinde ein Halt zu gebieten. Der letztere Fall trat z. B. an dem
Schlachttage von Mars-la-Tour ein, der ein glänzender Ehrentag der
preußischen Reiterei, aber auch ein Tag schwerster Verluste für sie war.
— Aber die Kavallerie ist dadurch heute nicht unnötig geworden, ihr
wichtigster Dienst spielt sich nur nicht mehr in der Schlacht, sondern
vor und nach derselben ab, sie soll das Auge des Feldherrn sein, und
wenn sie dieser schwierigen Aufgabe genügt, dann hat der kühne Reiters-
Parade vor dem allerhöchsten Kriegsherrn.
mann heute noch das gleiche Recht, stolz auf seine schöne Waffe zu sein,
so stolz, wie es die Seydlitzschen Kürassiere Friedrichs des Großen nach
der Schlacht von Roßbach waren, als sie in einem Anstürme die ganze
feindliche Armee vom Schlachtfelde wegjagten.
Das Aufklärungs- und Nachrichtenwesen ist eine der schwierigsten
Seiten moderner Heeresführung. Die eigene Armee ist versammelt, man
weiß auch oder kann wenigstens annähernd wissen, wo die Haupt-
konzentrationspunkte der feindlichen Kräfte sind — über alles andere ist
man noch im Unklaren. Nachrichten muß man um jeden Preis haben,
aber woher nehmen, möchte man mit einem bekannten Sprichworte sagen,
und nicht stehlen?
„Ja aber," ruft man mir zu, „wozu sind denn die Kundschafter
da?" um das häßliche Wort Spion nicht zu gebrauchen. Lieber Freund,
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
148
Iv. 1840—1900.
die ganze Macht seiner überlegenen Einsicht und Persönlichkeit für
die Maßregel König Wilhelms einsetzte, ohne welche Preußens und
Deutschlands Zukunft verloren wäre. Vier Jahre wirtschaftete er
mit einem Budget, das nicht vom Abgeordnetenhause bewilligt war.
Nach den großartigen Erfolgen des Jahres 1866 erbat und erhielt
er dafür Indemnität.
Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes wurde das
preußische Heer mit den Truppen der übrigen Bundesstaaten, die
zu diesem Zweck, soweit es nicht schon früher geschehen, Militär-
konventionen mit Preußen schlossen, zu einer einheitlichen Bundes-
armee verschmolzen. Das Bundesgesetz vom 9/11. 1867 ermäßigte
die Dienstzeit der Landwehr von 9 Jahren auf 5, die gesamte
Dienstzeit also auf 12 Jahre, verpflichtete aber alle ins Heer nicht
eingestellten Dienstfähigen vom 17—42. Jahre zum Landsturm.
Die Armee zählte nun in der Linie 305 Bat. Inf., 256 Eskadr.
Kavallerie, 180 Batterien, 84 Festungs- und 3 Feuerwerkskomp.,
48 Komp. Ingenieure und 24 Komp. Train, dazu in der Land-
wehr 138 Bat. Inf. und 144 Eskadr. Kav. Die Friedenspräsenz
betrug 304 400 Mann. Bei Beginn des Krieges 1870 konnte
eine Feldarme von 550 000 Mann und eine Landwehr von 189000
Mann aufgestellt werden. Die gesamte süddeutsche Feldarmee betrug
damals 100 000 Mann.
Nach der Gründung des deutschen Reiches wurde die Friedens-
präsenzstärke des deutschen Heeres auf l°/o der Bevölkerungszahl
von 1867 festgestellt (— 401059 M.) und für das Heeresbudget
ein Pauschquantum von 225 Tlrn. für jeden Mann der Friedens-
präsenz bestimmt. Die dauernden Ausgaben für Heer und Marine
betrugen 1872:276,7 Millionen M., die einmaligen 15,1 Millionen
M., dagegen 1895/96 634,4 und 64,2 Millionen M. Der
Kaiser, dem der Oberbefehl über die gesamte Kriegsmacht übertragen
wurde, erhielt durch die Reichsverfassung alle Rechte, deren er
bedarf, um über die Einheit und Tüchtigkeit des Heeres zu wachen.
Für Administration, Verpflegung, Bewaffnung und Ausrüstung aller
Kontingente wurden die preußischen Einrichtungen für maßgebend
erklärt (Art. 63). Bayern erhielt jedoch das Reservatrccht, daß
seine Truppen erst vom Tage der Mobilisierung an dem Befehle
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
132
Heer und Murine
Art. 63
Koiliivgcnts
Herren
Art. 66
Der Kaiser
als Bundcs-
fcldhcrr
Art. 63
tingente. Der in das Heer eintretende Deutsche leistet
seinem Landesherrn, d. h. dem Staatsoberhaupt des
Bundesstaates, in dem er staatsangehörig ist is. 62),
auch dann den Fahneneid, wenn er außerhalb des
einheimischen Staats in einem fremden Kontingente
der Dienstpflicht genügt. Die vom König von Preu-
ßen als dem obersten Kriegsherrn der preußischen
Armee für diese ergehenden Anordnungen in der Ad-
ministration, Verpflegung, Bewaffnung und Ausrüstung
sind für die nichtpreußischen Kontingente nicht ohne
weiteres verbindlich, sondern werden ihren Komman-
deuren durch den Bundesratsausschuß für das Land-
heer und die Festungen (S. 29) nur „zur Nachachtung
in geeigneter Weise mitgeteilt."
Thatsächlich haben zwar alle deutschen Staaten,
mit Ausnahme von Bayern, Sachsen und Württem-
berg, in besondern mit Preußen abgeschlossenen Kon-
ventionen das Recht der Offiziersernennung auf
den König von Preußen übertragen. Den Kontin-
gentsherrenist aber jedenfalls das Recht verblieben,
die ihren Gebieten angehörigen Truppenteile jederzeit
zu inspizieren; sie genießen die mit der Stellung als
Chefs dieser Truppenteile verbundnen Ehren und
sind befugt, zu polizeilichen Zwecken nicht bloß ihre
eignen Truppen zu verwenden, sondern auch alle
andern Truppenteile des Reichsheeres zu requirieren,
die in ihrem Gebiet dauernd untergebracht, dislo-
ziert sind. Auch stehen sie zu allen darin garni-
sonierenden oder vorübergehend dahin kommandierten
Truppen im Verhältnis eines kommandierenden Gene-
rals mit entsprechender Disziplinarstrafgewalt.
Allen deutschen Kontingenten gegenüber (wegen
Bayern siehe unten) steht dem Kaiser nicht nur der
Oberbefehl im Kriege, sondern auch im Frieden das
Recht und die Pflicht zu, dafür Sorge zu tragen, daß
alle Truppenteile vollzählig und kriegstüchtig vor-
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
154
Heer und Marine
Unterhalt
Ersatz
tauglich, z. 93- für die schwere Kavallerie (kleinstes
Maß 1 ra 67 cm), so hat er sich innerhalb vier
Wochen bei dem Zivilvorsitzenden der Ersatzkommis-
sion seines Aufenthaltsortes zu melden.
Will der zurückgewiesene Freiwillige sogleich ein-
gestelltwerden, sobeordert ihn die Oberersatzkommission.
Diese entläßt ihn entweder als dauernd untauglich, oder
stellt ihn als zeitig untauglich bis zum 23. Lebensjahre
zurück, oder sie erklärt ihn als tauglich für die Ersatz-
reserve oder für eine bestimmte Waffengattung, z. B.
für die leichte Kavallerie (kleinstes Maß 1 m 57 om)
oder für die Infanterie (kleinstes Maß 1 m 54 c-w).
Einjährig-Freiwillige müssen sich die etatsmäßigen
großen und kleinen Bekleidungsstücke aus ei g n e n M i t -
teln beschaffen. Für die Benutzung des Dienstpferdes
zahlen sie bei der Kavallerie und reitenden Artillerie
400 Mark, bei der fahrenden Artillerie und beim
Train 150 Mark. Außerdem haben sie in Friedens-
zeit für ihre Verpflegung und ihr Quartier selbst zu
sorgen. Nur ausnahmsweise darf dies alles dein
Einjährig-Freiwilligen durch Bestimmung des General-
kommandos, oder in Sachsen mit Genehmigung des
Kriegsministeriums von dem Truppenteil gewährt
werden.
Die Mediziner, die in das Sanitätskorps ein-
treten wollen, dienen ein halbes Jahr mit der Waffe
und, nach erlangter ärztlicher Approbation, ein halbes
Jahr als Unterarzt. Die Tierärzte werden nach
halbjähriger vorwurfsfreier Dienstzeit mit der Waffe
zu einjährig-freiwilligen Unterärzten befördert. Die
Apotheker genügen ihrer einjährig-freiwilligen Mi-
litärpflicht in einer Militärapotheke. Die Volks-
schullehrer und Kandidaten des Volksschulamts
werden bereits nach zehnwöchiger aktiver Dienstzeit
bei einem Infanterieregiment zur Reserve beurlaubt.
Der Ersatz der Mannschaften im aktiven Heere
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
66
und seine drei Knaben, den hohen Herrn erkennend, militärische
Ehrenbezeugungen machten. Freundlich dankend trat der Kron-
prinz an den stramm stehenden Invaliden mit den Worten heran:
„Sie waren Soldat, ich sehe es, haben Sie noch mehr solche
Jungen?" „Nein, Kaiserliche Hoheit, bin Invalide und infolge
der Strapazen beim Feldpostdienst 1870 und 71 Jahre lang
bettlägerig gewesen. Meine Knochen sind morsch, und das häus-
liche Elend raubt mir den Mut!" Fest dem so Klagenden in die
Augen sehend, fragte der Kronprinz weiter: „Wo verwundet?"
„Gefecht bei Soor, am 28. Juni 1866, Schuß durch die Schulter,
linker Arm gelähmt!" „Reichen Sie mir Ihre Hand, bedaure
Ihr Schicksal, schreiben Sie sofort an mich, legen Sie Ihre
Papiere bei und schreiben Sie auf den Briefumschlag: Soor."
Sprachlos stand der Invalide vor dem hohen Herrn, der ihm
herzlich die Hand schüttelte und sich dann entfernte. Nach einigen
Tagen ging das geforderte Gesuch ab, und nach Verlauf von
weiteren fünf Tagen befand sich der Absender im Besitze einer
bedeutenden Geldsumme mit dem erfreuenden Bescheide, daß
dem M. in kürzester Zeit eine seinem körperlichen Zustande ent-
sprechende Stellung nachgewiesen werden solle. Große Freude
herrschte natürlicherweise in der sonst so armen, jetzt beglückten
Familie.
Eine Reiseunlerstützung.
Im Schulgarten zu Langensulzbach in Elsaß liegt ein
Schlesier, der Lehrer Püschel, welcher an seinen bei Wörth em-
pfangenen Wunden starb, begraben. Er war der einzige Sohn
seiner Eltern, die gern den Ort besucht hätten, wo ihr Kind
gebettet lag, aber es fehlten ihnen dazu die Reisemittel. Als
dies der Kronprinz erfuhr, schickte er dem Vater vierzig Thaler
Reisegeld, und bald standen die alten Eltern im Schulgarten
zu Langensulzbach und weinten sich am Grabe ihres geliebten
Sohnes aus.
Die Inspizierung.
Welchen Ernst der Kronprinz Friedrich Wilhelm als militärischer
Befehlshaber zeigte, wie sehr ihm das Wohl der Mannschaft am
Herzen lag, beweist folgende Geschichte aus dem Jahre 1878,
welche damals in der ganzen deutschen Armee Aufsehen erregte.
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TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
Extrahierte Personennamen: Wörth Ernst Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: M. Langensulzbach Elsaß Langensulzbach
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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Nur um seinem Arzte näher sein zu können, zugleich auch
weil dieser das Klima Englands für besonders zuträglich für die
eigenartige Krankheit des Kronprinzen bezeichnete, siedelte derselbe
mit seiner gesamten Familie am 13. Juni nach London über,
um hier und in den schottischen Hochlanden oder an den Küsten
von Wales den Sommer zu verbringen.
In den von dort nach Deutschland gelangenden Nachrichten
über den weiteren Verlauf des Leidens wechselten hoffnungsvolle
Versicherungen einer stetigen Besserung mit dunklen Gerüchten
unaufhaltsamer Verschlimmerung. Das allein stand fest, daß
bereits am 27. Juni Dr. Mackenzie zum drittenmale eine
Operation vorgenommen hatte, um, wie es hieß, den Rest der
Wucherung zu entfernen.
So gingen Wochen und Monate dahin. Leise kam der
Herbst gezogen; da hieß es, der Kronprinz werde von England
aufbrechen, um sich nach dem Süden, nach der Schweiz oder nach
Italien zu begeben. Eine Rückkehr nach Deutschland, die namentlich
der hochbetagte kaiserliche Vater so sehnlichst wünschte, um den ge-
liebten Sohn in der Nähe zu haben, oder ihn doch noch einmal begrüßen
zu können, erklärte Dr. Mackenzie für unthunlich. Am 1. September
erfolgte die Abreise des hohen Kranken von England und seine
Übersiedlung nach Toblach in Tirol. Erst am 7. September
dort eingetroffen, brach man jedoch bereits am 25. desselben Monats
wieder auf, um einen vor der Ungunst der Witterung mehr ge-
schützten Ort aufzusuchen, als welcher zunächst Baveno am Lago
Maggiore, dann aber Ende Oktober San Remo am Meerbusen
von Genua gewählt wurde.
Hier in San Remo, in der für die kronprinzliche Familie
gemieteten Villa Zirio, schlug der edle, gottvertrauende Dulder
nun ein Schmerzenslager auf, wie es trauriger, trostloser nicht
gedacht werden kann. Etwa 14 Tage nach seiner Ankunft in
San Remo wurde in einer gemeinschaftlichen Beratung der Ärzte
bereits die völlig hoffnungslose Natur des Leidens festgestellt,
und mehr und mehr stiegen im Volke Besorgnis und tief
empfundenes Mitleid. Deutschland ist mächtig, gewaltig in seiner
Kraft, wenn es wie ein gereizter Löwe auffährt, um Rache zu
nehmen für eine schwere Beleidigung; Deutschland ist aber auch
groß, reich in seiner Liebe für sein Kaiserhaus. Tausende von
Menschen umlagerten gleichsam das Palais des greisen kaiserlichen
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa]]
Extrahierte Ortsnamen: Englands London Wales Deutschland England Schweiz Italien Deutschland England Genua Deutschland Deutschland