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1. Geschichte des Mittelalters - S. 323

1854 - Weimar : Böhlau
323 frühen Jahrhunderte ein sehr unerfreuliches Bild der Verwirrung und Willkür. Neben den Neichszöllen begegnen wir unzähligen an- dern Zollstätten, welche der kleinste wie der größte Vasall aufrecht erhielt, so lange er es mit seiner Gewalt vermochte. Feste Grund- sätze der Finanzpolitik sind in jener Zeit noch nicht zu finden, son- dern überall nur Monopole und Privilegien; den Kaufleuten der einen Stadt wurde bewilligt, was den Kaufleuten der anderen versagt blieb. Da jedoch der Kaiser und die Landesherrn häufig Geld nöthig hatten, so waren sie gegen Anleihen und Geschenke gern bereit, den Meistbietenden Handelsvortheile zuzuwenden. Die Reichsstädte schlossen häufig Handelsverträge unter einander ab, in welchen sie sich Zollfreiheit zusicherten. Man kennt deren viele, besonders von Nürnberg. Im Allgemeinen war es üblich, den Zoll nicht von den eingeführten, sondern von den ausgeführten Waaren zu erheben. Nach dem Gesetz konnte ein Zollrecht nur vom Kaiser und Reich verliehen werden, und der Kaiser selbst konnte ein sol- ches nur mit Zustimmung der Stände ausüben. Dagegen hatte er die Befugniß, Marktfreiheiten und Marktrechte zu verleihen, mit welchen in der Regel Münz- und Zollrecht vereinigt war. Der Marktplatz und die ihn besuchenden Kaufleute standen unter dem unmittelbaren Schutz des Kaisers, der Ort hieß „befriedet", weil jede Gewaltthat und Fehde mit dem Königsbann bestraft wurde. Der Vogt übte die Gerichtsbarkeit in Marktsachen aus. Er war mit dem Blutbann belehnt. Ein Kreuz mit dem kaiserlichen Hand- schuh war das sinnbildliche Zeichen, welches auf dem Marktplatz zum Beweis der erhaltenen Befriedung errichtet wurde. So lange die Marktzeit dauerte und so lange die Kaufleute auf der Her- und Hinreise begriffen waren, so lange genossen sie die vollkommenste Sicherheit. In den Städten wurde ein großer Platz zum öffentli- chen Verkauf bestimmt und dabei ein sogenanntes Kaufhaus errich- tet. Die Kaufleute brachten ihre Waaren schon deshalb gern dahin, weil diese dort am sichersten waren, und so bildete sich, was an- fangs freier Wille war, allmälig zum Zwang aus. Die Städte erhoben von der Niederlage im Kaufhaus eine Abgabe. Im Allgemeinen gilt, was wir über die Einrichtung städtischer Gemeinden in Deutschland gesagt haben, auch für die Nieder- lande. In Folge des Vertrags von Verdun (843) dem deutschen Reiche zugetheilt, theilten sie geraume Zeit dessen Schicksale. Wäh- rend indeß die nördlichen Provinzen fest an Deutschland hiel- ten, lockerte sich in den Provinzen jenseits der Maas und Schelde, wo neben der deutschen die wallonische Sprache und französische Sitte herrschten, der Neichsverband mehr und mehr, und die deutsche Lehnshoheit wurde zum Theil gar nicht anerkannt. Die von den Kaisern eingesetzten Statthalter machten sich souverain und erscheinen seit dem Anfange des zehnten Jahrhunderts als Grafen von Flandern, Artois, Namur, Herzöge von Brabant und Luxem- burg mit Erbfolgerecht in ihrer Familie. Zwar zeigte sich Aehnli- ches im Norden, allein die Grafen von Holland, Seeland, Gel- dern u. s. w. widerstrebten weniger der kaiserlichen Gewalt und trugen von ihr williger ihre Grafen- oder Fürstenkrone zu Lehn, 21 * Die Nieder lande.

2. Europa - S. 120

1911 - Goslar a. Harz : Danehl
— 120 — (50 000 Einwohner). Hier wurden die Waren des Südens Europas und des Morgen- landes gegen die Erzeugnisse des Nordens ausgetauscht. Unter allen Städten hat Brügge am meisten das mittelalterliche Aussehen bewahrt). Nachdem es durch einen Kanal mit dem Meere in Verbindung steht, erwacht die Stadt zu neuem Leben. — Wiedergabe. Sachliche Besprechung und Anwendung: Wie kommt es. daß gerade Antwerpen, Brüssel und Gent so große Städte geworden sind? Günstige Lage in der Nähe des Meeres, an schiffbaren Flüssen oder tiefen Kanälen, am Knotenpunkt der Eisenbahnen usw. 2. Wie kommt es, daß wir in der Nähe der Stadt Brüssel so viele Schlachtorte finden? Brüssel liegt in der Mitte des Landes — Haupt- und Residenzstadt — fruchtbare Gegend — Schlüssel zu den Ardennen — nach Deutschland und Frankreich usw. — 3. Nenne bekannte Schlachtorte, d i e in Belgien liegen! Ligny, Waterloo oder Belle Alliance usw. Welche Erinnerungen wecken in euch diese Schlachtorte? Freiheitskrieg 1815 — Kämpfe mit Napoleon I. usw. 4. Wie ist es zu erklären, daß große Seeschiffe bis nach Ant- werpen gelangen? Die Mündung der Schelde ist trichterförmig erweitert — die Flut kann weit ins Land eindringen — mit der Flut gelangen die großen Seeschiffe stromaufwärts bis nach Antwerpen, kleinere sogar bis nach Brüssel und Löwen. Das Volkstum Belgiens. Abstammung und Charakter. Das kleine Belgien beherbergt zwei Völkerstämme. Im südlichen Teile des Landes wohnen die Wallonen^), welche die französische Sprache reden und französischen Charakter aufweisen. Im nördlichen Teile wohnen die Vlaemen (spr. Flamen) oder Fläminger, ein niederdeutscher Stamm. Die Flamländer sind groß und kräftig gebaut, haben blonde Haare und blaue Augen; sie sind schweigsam, gegen Fremde verschlossen und zurückhaltend. Fest hängen sie an ihrem Glauben und an hergebrachter Sitte. Die Wallonen sind kleiner, als die Vlaemen, besitzen einen gedrungenen Körperbau, dunkles Haar und dunkle Augen. Sie sind rührig und heiter, von aufgewecktem Wesen, kriegerisch und harter Arbeit fähig. Obgleich die F l a m l ä n d e r in der Mehrheit sind (55e/o), bilden die Wallonen infolge ihrer Regsamkeit den tonangebenden Volksteil, und das Französische wurde sogar als Amtssprache festgesetzt. In neuerer Zeit haben die Flamländer kraftvoll für ihr Volks- tum gekämpft und die Gleichberechtigung ihrer Sprache erreicht (seit 1898) — Wiedergabe. Religion und Volksbildung. Der Religion nach ist die Be- völkerung Belgiens fast ausschließlich katholisch (nur etwa 20 000 Pro- testanten). Die Volksbildung ist trotz der hohen wirtschaftlichen Blüte des Landes noch rückständig. Im Lande besteht kein Schulzwang; daher findet man noch heutzutage Leute, die nicht lesen und schreiben können. Wohl gibt es überall Volksschulen und auch 4 Universitäten im Lande; erstere werden wenig besucht; letztere sind hinsichtlich ihrer ganzen Einrichtung den meisten deutschen Hochschulen nicht gleich zu stellen, dagegen hat die Kunst (Malerei und Bildhauerei) einen großen Auf- fchwung genommmen und liefert wie früher hervorragende Werke. — Wiedergabe. *) Herrliche alte Tore, schmale Gassen mit einem malerischen Gewirr spitzer Giebel, prächtige Bauten der Gotik und Renaissance — zum Teil unbewohnt — er- innern an die vergangenen Zeiten der Blüte der Stadt. *) Die Wallonen sind romanisierte Kelten. ') Noch 1904 waren 8vt0/0 der Rekruten des Lesens und Schreibens unkundig (Deutschland 0,03°/,,).

3. Staatsbürgerkunde - S. 51

1912 - Leipzig : Quelle & Meyer
Der Monarch. 51 Zu Titulatur und Insignien des Königs inter- essieren uns nur hinsichtlich des Beisatzes „von Gottes Gnaden", von dern oben 5. 47 schon die Rede war. Zu ^e. Das unklare, für die Staatsfinanzen und das König- tum vielfach geradezu unheilvolle Durcheinander von Staatsgut und Königsgut wurde nach früherem Vorgang Englands durch die französische Revolution maßgebend beseitigt (Rev. art. 75), Staatsvermögen und reines privatvermögen des Königs recht- lich geschieden, und dem Könige zur Bestreitung der Bedürfnisse seiner Hofhaltung und sonstiger Amtsvertretung zugebilligt eine sog. „Z i v i l l i st e" — so ursprünglich in England genannt ent- sprechend der Liste der Bedürfnisse, die der Bewilligung zu- grunde lag — oder „Krondotation", teils aus Erträgnissen be- stimmter Staatsdomänen, teils aus allgemeinen Staatsfonds, gewissermaßen ein Amtseinkommen des Königs, das durch die Gesetzgebung in sehr verschiedenem Betrage, dauernd oder mit verschiedener Befristung, meist für die Dauer jeder Regierung, festgesetzt wird (Rev. art. 76, Ob. art. 23, B. art. 77, Ç>. art. 59 nebst späteren Gesetzen). Zu 2a. Die Vertretung des Staates nach außen ist ein wesentliches Stück der Exekutive, vor allem die Kriegs- erklärung. Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit eines Krieges sowie der rechte Moment der Kriegserklärung werden ohne Zweifel am besten erkannt und es wird demgemäß schnell ge- handelt, wenn dies einem zusteht; doch hat die Kriegserklärung die wichtigsten folgen für den Staat auch im Innern und bringt meist unabsehbare Verpflichtungen für die Bürger mit sich. Je nachdem nun eine Verfassung mehr vom Prinzip der Fürsten- oder Volkssouveränität beherrscht ist, demgemäß wird dieser oder jener Gesichtspunkt sich leicht mehr geltend machen. So weist die Ch. art. dem Könige schlechthin das Recht der Kriegserklärung zu: Le roi ... déclare la guerre. Ebenso ist es in der P. art. 48: Der König hat das Recht, Krieg zu erklären. So auch in der B. art. 68: Le roi.... déclare la guerre, immerhin mit der Klausel, daß er den Kammern davon Kenntnis gebe, sobald es das Interesse und die Sicherheit des Staates erlauben. Dagegen charakteristisch in der Rev. art. al. Der Krieg kann nur durch ein Dekret des gesetzgebenden Körpers be-

4. Staatsbürgerkunde - S. 21

1912 - Leipzig : Quelle & Meyer
Die Kammern. 21 Wahlrecht geknüpft ist, hier also zunächst, wer zu den „Aktiv- bürgern" gehört, die die Wähler (Urwähler) bilden —die meisten Leser werden von neuem überrascht werden, wenn sie die Be- dingungen erfahren: art. io: Um Aktivbürger zu sein, muß man Franzose und 25 volle Jahre alt sein, muß seit gesetzlich zu bestimmender Zeit in Stadt oder Kanton wohnhaft sein, eine direkte Steuer im Mindestwerte von drei Arbeitstagen entrichten und die (Quittung darüber vorweisen, nicht in einem entlohnten Dienstverhältnis stehen, in der Liste der Nationalgarde eingeschrieben sein, den Bürgereid geleistet haben. Gerichtlich Angeklagte und in Kon- kurs Befindliche sind, wie ^793 und überall, zeitweilig aus- geschlossen (art. 13). Dies gilt für die Wähler. Für die Wahlmänner kommen außerdem noch folgende Bedingungen hinzu: art. 15: Zn Städten von über 6000 Seelen müssen sie Eigen- tümer oder Nutznießer eines Gutes sein, das in den Steuerlisten zu einem Einkommen im örtlichen werte von 200 (in Städten von weniger als 6000 Seelen \50) Arbeitstagen geschätzt ist, oder müssen Mieter einer Wohnung sein, die in den Steuerlisten zu einem Einkommen im werte von t50 (in Städten von weniger als 6000 Seelen \oo) Arbeitstagen geschätzt ist. Aus dem Lande müssen sie Eigentümer oder Nutznießer eines Gutes sein, das usw. zu ^50 Arbeitstagen geschätzt ist, oder Pächter von Gütern, die usw. zu 100 Arbeitstagen geschätzt sind. Also „Z e n s u s" ! Ausschluß ganzer Bevölkerungsklassen vom Wahlrecht! Und zwar ein erhöhter Zensus für die Wahl- männer ! Die passive wahlsähigkcit der Abgeordneten ist nur an die Bedingung geknüpft, daß sie Aktivbürger sein müssen, wie die Urwähler (art. 18), doch wird die Ausübung richterlicher Funk- tionen für unverträglich (incompatible) mit der Abgeordneten- stellung erklärt (art. 50), und die höheren Beanrten, namentlich alle königlichen paus- und Posbeamten, sowie die Lhargen der Nationalgarde müssen zwischen Beibehaltung des Amtes oder Annahme des Abgeordnetenpostens wählen (art. 19); sogar binnen zweier Zahre nach Austritt aus der Nationalversammlung dürfen die gewesenen Delegierten kein Amt und keine Ver- günstigung seitens der Exekutivgewalt erhalten (art. \06). Diese letzteren Bestimmungen entsprechen, wie man sieht, wohl

5. Neuzeit - S. 216

1894 - Halle a.S. : H. Peter
— 216 — Aufruhr der Fronde, einer gegen den Hof gerichteten Adels-Verbindung, an deren Spitze der Kardinal Retz, der Prinz Cond6 und das Pariser Parlament standen. Als Mazarin starb, übernahm Ludwig Xiv persönlich die Regierung, um dieser durch seine meist glücklichen, obwohl selten heilsamen Bestrebungen einen Glanz zu verleihen, der ihn in den Augen der geblendeten Welt zum bewundertsten Vorbild eines Herrschers machte. In seiner maßlosen Ruhm- und Eroberungssucht ließ er keine Gelegenheit unbenutzt, um sich aus Kosten der Nackbarstaaten zu vergrößern, und die innere und äußere Schwäche derselben erleichterte ihm nur allzu sehr sein Beginnen. Durch den Devolutionslrieg erwarb er Lille, Tournay und zehn andere flandrische Städte, durch den mit Holland eröffneten Krieg die Franche-Comte, vierzehn niederländische Plätze mit Cambray und Valenciennes sowie die Stadt Freiburg im Breisgau, durch die Reunion den Rest des Elsaß mit Straß-burg; durch den pfälzischen Krieg verlor er zwar die im ersten Angriff besetzten Gebiete und außer denselben auch Freiburg wieder, dafür aber verschaffte er durch den spanischen Crbsolgekrieg seinem Enkel Philipp von Anjou die Krone von Spanien. Sein Scharfblick wußte sich mit den tüchtigsten Männern zu umgeben, welche seine ehrgeizigen und hochsliegenden Pläne zu fördern verstanden, ohne daß er ihnen deshalb einen mehr als gewöhnlichen Einfluß eingeräumt hätte. Unter diesen waren es besonders zwei, welche lange Zeit die Hauptstützen seiner Macht bildeten: der Kriegsminister Louvois, der die Ausrüstung und Bewaffnung der Armee wesentlich verbesserte und binnen kürzester Frist große Heere aufzubringen vermochte, und der Finanz-minister Colbert, der den ungeheuren Bedürstiiffen des Hofes und Reiches immer neue Hilfsquellen erschloß und der Industrie und dem Handel zu dem bedeutendsten Aufschwünge tierhalf. In der Vorstellung von der unbeschränkten Gewalt der Krone lebend, befragte Ludwig keine Landstände und beachtete keinen Einspruch der Parlamente, sondern folgte lediglich dem eigenen willkürlichen Ermessen, feinem bekannten Grundsätze gemäß: „Der Staat bin Ich." Sein ganzes Trachten war auf Verherrlichung feiner Person und feines Thrones gerichtet, und wenn er die Künste und Wissenschaften pflegte, welche zu feiner Zeit in Frankreich ihre berühmtesten Vertreter befaßen, so geschah dies ebenfalls-hauptsächlich deshalb, weil es zur Befriedigung feiner Eitelkeit und zur Vermehrung feines Ruhmes beitrug. An feinem Hofe zu Versailles, das er feit 1680 zur Residenz erkor und mit den prächtigsten Bauwerken schmückte, drängte ein Fest das andere, und Luxus und Üppigkeit, Verfeinerung und Unsittlichkeit schlugen dort ihre Stätte aus. Nach-

6. Unerwartlich grosse Verbesserung der Kunst Lesen zu lehren - S. 58

1785 - Leipzig Hamburg : Crusius und Bohn
58 - terlassen. ob er gleich niemals Mangel an nöthiger speise und nöthigem getränke hatte, und ob man ihm gleich zuweilen gute bissen nicht versagte: so unter- liess er doch fast niemals, von dem, was er für niedlich hielt, sich auf eine heimliche art etwas zuzueignen, würde er nicht ein betrüger und dieb geworden seyn, wenn diese neigung fort- gedaurt hätte? man gewöhnte sie ihm aber auf folgende art ab. alles, was er genommen hatte, wurde zu gelde geschätzt, als- dann ward er verurtheilt, nach und nach von seinen gewöhnli- chen guten bissen so viel zu ent- behren, als der werth des ge- naschten war. einst fand er geld, welches

7. Geschichte des teutschen Volkes - S. 418

1837 - Oldenburg : Schulze
Achter Zeitraum. 418 war, evangelische und katholische Genossen je nach den politi- schen Stellungen zusammenhiclten und jeder anderen Rücksicht vergaßen. Teutschland hatte nunmehr, da das Blutvergießen und Verwüsten ein Ende genommen, freier athmen und des Lebens wieder froh werden mögen; allein die Fürsten dachten an des Volkes Wohl nur wenig, desto mehr an die Befriedigung ihrer eignen Lebensgenüsse, wozu neben den kostspieligen persönlichen Bedürfnissen am Hofe auch die Behauptung und Vergrößerung des Ranges und der Macht im Inneren wie nach Außen ge- hörte. Darauf verwendeten sie meistens ihr Sinnen und Trach- ten, und mit dem öffentlichen Wohlstände, wie mit Allem, wo- durch er gefördert wurde, mußte es von selbst gehen. Er war aber nur für mühsame Anstrengung mehr möglich, und selbst die wurde vielfach verkümmert; auch lohnte sie sich, da die Seemächte den Handel geraubt hatten, kaum noch zur Hälfte. So verschwand der Gemeinsinn aus dem teutschen Vater- lande, und jeglicher Herrscher mochte nur berücksichtigen, was ihn zunächst berührte. Daher gab man sich dann fernerhin kaum noch die Mühe, auf das linke Rheinufer zu blicken, wo Ludwig 14. sein Unwesen fortzutreiben kein Bedenken trug. Ihm genügte, wo etwas zu erbeuten war, nur einen Schein von Recht und Ehre zu haben, und dabei durchschaute die Schwäche des Kaisers wie des Reiches Niemand besser, als er. So durfte er cs wagen, nicht bloß feine Truppen nicht zurück- zuziehen, wie ihn der Nimweger Friede verpflichtete, sondern auch fortwährend im fremden Gebiete Zwangsgelder zu erheben. Das Schlimmste aber war noch, wie er Alles hervorsuchte, die Reichsritterschaft, die Reichsstädte und andere unmittelbare Stände im Elsaß unter seine Gewalt zu bringen und damit ungescheut gegen die Bestimmung des westfalischen Friedens zu handeln. Auf den Vorschlag eines Parlamentsraths von Metz — Roland Revaulx — ließ er zu Metz, Dornick, Breisach und Besaron besondere Gerichtshöfe oder so genannte Neunions- kammern errichten (I. 1680), welche untersuchen sollten, was zu irgend einer Zeit mit dem im westfälischen Frieden an Frank- reich abgetretenen Länderstückcn verbunden gewesen oder zu dem» selben, wie und wann auch immer, gehört hätte. Nicht bloß Städte, sondern ganze Herrschaften, als Zweybrücken, Saar- brücken, Veldenz, Sponheim, Mömpelgard, Lauterburg, Ger- mersheim, Falkenburg, Homburg, Bitsch u. s. w. wurden auf diese unverschämte Weise eingezogen. Kaiser und Reich übersa- hen den Unfug nicht; aber so sehr die beraubten Stände auch klagten und öffentlich Beschwerde führten, so begnügte man sich doch vor làuter Respekt gegen den König mit gütlichen Vorstel- lungen und mühele sich ab, die Rechtsgründe der Reunionskam-

8. Die Geschichte der neuesten Zeit - S. 162

1877 - Köln : DuMont-Schauberg
162 Zweiter Zeitraum: 1830—1848. Finanzplan zu ihrer Regelung (Eintheilung in active und passive, d. H. aufgeschobene Schuld), gegen die (durch die außerordentlichen Ausgaben bei Rücknahme der Colonieen, für den Feldzug von 1815, für die Herstellung des neuen Vertheidigungs-Systems) gesteigerten Auflagen nirgends Widerspruch erhoben worden. Als aber die Regierung die bisher in Belgien unbekannte und die untersten Klassen am meisten drückende Mahl- und Schlachtsteuer einführte (1821), begann sogleich die systematische Opposition der Belgier in den Generalstaaten, nachdem ihnen das bestrittene Gesetz mit allen holländischen Stimmen gegen fast alle belgische Stimmen auferlegt war. Jetzt und fortan erscholl in jeder Sitzung der Ruf nach Schutzzöllen, nach einer gänzlichen Umwandlung des- Zollsystems zu Gunsten der belgischen Interessen — also Opposition gerade auf einem Gebiete, wo man am meisten gethan hatte, um zu versöhnen. Auch blickten bereits die Redner in ihren Beschwerden weit über die vorliegenden Gegenstände auf ganz principielle Dinge und feststehende Bestimmungen der Verfassung; auf die Theilnahme an der holländischen Schuld, auf die „absurde Gleichheit der Vertretung", der man solche Maß- regeln, wie die neue Steuer, zu danken habe, welche die Spaltung der Staatstheile zu verewigen drohten. Bei der Berathung über eine Personensteuer fiel schon von holländischer Seite die schnöde Herausforderung: „wenn die Abgeordneten der südlichen Provinzen äußern: wir wollen euch nicht, so werden wir antworten: wir brauchen euch nicht!" — Was die Sprachverhältnisse angeht, so war in der ersten Zeit der Restauration die Gegenkehr gegen die französische Sprache populär, da immerhin 8/s des Volkes einen dem holländischen verwandten Dialekt reden. Als aber durch ein königliches Edict auch in Südbrabant das Französische aufhören sollte, Amtssprache zu sein, da fand sich nicht nur die höhere, französisch gebildete Gesellschaft vor den Kopf gestoßen, sondern auch das Volk, das die Veränderung sonst kaum beachtet haben würde, ward in die Empfindung der Sache hineingezogen durch Einführung des holländischen Militärcommandos und strengere Behandlung der wallonischen Militärpflichtigen. Ein verwandter Beschwerdepunkt war die höchst ungleiche Vertheiluug aller höheren Stellen in Civil und Militär zwischen Belgiern und Holländern zu Gunsten der letzteren. — Wenn auch des Königs Maßnahmen für den öffentlichen Unterricht auf der besten Absicht beruhten, für eine höhere Bildung des belgischen Volkes und insbesondere der Geistlichkeit Sorge zu tragen, so erinnerten doch seine Verordnungen (vom I. 1825), welche das Unterrichtswesen und selbst die Bildung der jungen katholischen Geistlichen in einem zu Löwen errichteten philosophischen Seminar (college philosophique) den Bischöfen entzog und dem Staate unterordnete, an die ähnlichen Eingriffe Jofeph's Ii. in die geistliche Bildung, als dieser (1786) ebenfalls in Löwen ein General-Seminar errichtete, um die bischöflichen Seminare zu

9. Lesebuch für obere Classen in katholischen Elementarschulen - S. 186

1857 - Köln : DuMont-Schauberg
Friedensgericht kein Urtheil erlassen kann, begonnen wird, eine gütliche Ausgleichung versucht werden soll. Es gibt deren 124 in der Provinz. d) Die L and g er ich te. Diese erkennen in den meisten übrigen Fäl- len, worüber die Friedensrichter nicht entscheiden können. Auch hier müssen sich die Parteien in kleineren Sachen, das heißt solchen, deren Gegen- stand keine tausend Franken (d. i. etwa dreihundert Thaler) beträgt,, dem Ausspruche der Landgerichte unbedingt unterwerfen; in anderen Sa- chen aber ist es ihnen gestattet, wenn sie sich verletzt glauben, zu appel- liren, d. h. sich an das nächst höhere Gericht zu wenden und von die- sem Abhülse ihrer Beschwerde, in so fern dieselbe gerecht sein sollte, zu verlangen. Solcher Landgerichte gibt es in der Rheinprovinz zu K ö ln, Bonn (seit dem I. Oktober 1850), Aachen, Cleve, Coblenz, Düsseldorf, Elberfeld, Trier und Saarbrücken. v. Der Appellations-Gerichtshof. Die Bestimmung der Appellations-Gerichte ist so eben angegeben worden. Für Rheinpreußeu gibt es nur ein einziges Gericht dieser Art, welches seinen Sitz zu Köln hat. ä) Die Handelsgerichte. Es gibt mancherlei Streitigkeiten welche Handel und Wandel betreffen, zu deren Entscheidung theils ein besonderes und vorzugsweise schleuniges Verfahren erforderlich ist, damit die kaufmännischen Geschäfte, die für das Gedeihen und Aufblühen der Staaten von Wichtigkeit sind, immer rasch und ohne Stockung vorwärts gehen können, theils aber auch besondere, vorzüglich kauf- männische Kenntnisse verlangt werden, die den gewöhnlichen Richtern nicht immer zu Gebote stehen. Für diese Processe find daher auch in der Rheinprovinz besondere Gerichte angeordnet, die sogenannten Han- delsgerichte, welche nur aus Kaufleuten bestehen. Es gibt ihrer u. A. zu Köln, Aachen, Coblenz, Crefeld, Elberfeld, und Trier. e) Der Cassationshof zu Berlin. Da es aber doch möglich ist, daß das eine oder das andere dieser Gerichte bei Anwendung der Gesetze aus die zur Entscheidung desselben gebrachten Fälle etwas versieht, so ist hiefür ein höchstes und letztes Gericht angeordnet: der Cassationshof zu Berlin, an welchen die Parteien sich in einem solchen Falle zu wenden haben. Die Entscheidungen dieses Gerichtes find unumstößlich, und es gibt kein weiteres Mittel dagegen. Ihr be- greift auch, Kinder, daß es ein Gericht dieser Art geben muß, dessen Aussprüche nicht mehr angefochten werden können, da die Processe sonst in Ewigkeit nicht zu Ende kämen. Was den zweiten oben angegebenen Zweck der Gerichte betrifft, nämlich die Anwendung der Strafgesetze, wenn Vergehen oder Ver- brechen begangen find, so muß man nach rheinpreußischen Gesetzen dreier- lei Classen strafbarer Handlungen unterscheiden: Police i-Ueber- tretungen, d. h. solche Handlungen, welche mit Geldbuße von 10 Sgr. bis 50 Thlr. oder mit Gefängniß von einem Tage bis sechs Wochen bestraft werden; correctionelle.handlungen oder Ber-

10. Die Geschichte des Mittelalters - S. 498

1862 - Köln : DuMont-Schauberg
498 Vierter Zeitraum des Mittelalters: 1273—1492. Unruhen durch Weisheit und Kraft. In Thüringen schaffte er Frieden, 29 Raubritter wurden hingerichtet, 66 Burgen zerstört. Als der Mainzer Erzbischof, Werner von Eppenstein, gestorben, wollte Rudolf den Streit schlichten, der sich im Domcapitel wegen des Nachfolgers im Erzbisthum erhoben hatte. Ein Theil nämlich hatte Rudolfs Leibarzt, den Propst Peter, die Andern den Archidiaconus von Trier, Gerhardt von Eppenstein, gewählt; Rudolf sandte deßhalb den Bischof von Basel, Heinrich, nach Rom. Der Papst ernannte diesen zum Erzbischof von Mainz, an dessen Stelle Rudolf den Propst Peter zum Bischof von Basel. Als jedoch Heinrich nach zwei Jahren starb, kam Gerhard auf den erzbischöflichen Stuhl von Mainz, mit Groll im Herzen gegen Rudolf, weil er ihm das erste Mal nicht günstig gewesen. Dies ist darum wichtig, weil es vorzugsweise durch Gerhard geschah, daß nach Rudolfs Tode sein Sohn Albrecht ihm nicht unmittelbar in der Kaiserwürde folgte. Diesem wollte Rudolf die Nachfolge im deutschen Reiche zuwenden; als er aber hiervon zu Frankfurt mit den Fürsten sprach, gingen diese nicht darauf ein, vorgcbend, die Sache zu anderer Zeit in Berathung zu nehmen. Dies war vorzugsweise das Werk Gerhardts von Eppen- stein, des Mainzer Erzbischofs. Diese Weigerung betrübte Rudolf; er ging an den Rhein und verweilte in Straßburg, in der Erinnerung vergangener Zeiten lebend. Da begannen seine Kräfte zu sinken; von den Aerzten aufmerksam gemacht, sagte er: „wohlan nach Spcier!" Doch bevor er noch zur Gruft der alten Kaiser gelangen konnte, starb er zu Germersheim im 73. Jahre seines Alters. Er ist bestattet zu Speier neben Kaiser Philipp von Hohenstaufen. Rudolf war sehr groß und schlank, hatte eine Habichtsnase, war frühzeitig kahl, blaß, sein Gesicht ernst, wenn er aber sprach, überaus einnehmend, so daß cs schien, er gewinne die Herzen durch Zauber. Er liebte fröhliche Rede und Scherz. Er lebte einfach, aß nie köstliche Speise und trank überaus mäßig; gewöhnlich trug er einen grauen Rock und im letzten burgundischen Kriege nähte er sein zerrissenes Kleid selbst. Wo es aber zweckdienlich war, wußte er sich mit dem Glanze seiner Würde zu umgeben. Bei der Zusammenkunft mit dem Papste zu Lau- sanne verwandte er 900 Mark Silber für sich und die Ausstattung seines Gefolges. Den Wissenschaften war er hold und bedauerte oft, daß er nicht mehr gelernt und ihm die Zeit fehle, das zu lesen, was weise Männer geschrieben. Den Städten und dem kleinen Adel war er überaus geneigt; nicht die Unterstützung mächtiger Fürsten, sondern der Zuzug freiwilliger und geworbener Ritter vom Rhein und Elsaß, Kämpfer aus den Städten, Schweizerschaarcn halfen ihm siegen über Ottokar, standen in allen Fehden freudig ihm zur Seite. So bekannt war seine Gerechtigkeitsliebe, daß ein gleichzeitiger Fürst ihn das leben- dige Gesetz nannte und lange im deutschen Volke das Sprichwort blieb, wenn irgend Jemand sein Wort nicht hielt: „dieser hat Rudolfs Red- lichkeit nicht."
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