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Hat angelegt die Rüstung blank,
Auf des Herren Ross sich geschwungen frank.
Und als er sprengen will über die Brück\
Da stutzet das Ross und bäumt sich zurück.
Und als er die goldenen Sporen ihm gab,
Da schleudert's ihn wild in den Strom hinab.
- Mit Arm, mit Fuss er i udert und ringt, —
Der schwere Panzer ihn niederzwingt.
41. Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten!
Es sind schon viele Jahre her, da war in einer märkischen
Stadt eine böse Seuche unter dem Vieh, und ivem das Gift
des gefallenen Viehes in eine Wunde kam, der starb in kur-
zer Zeit und ohne Rettung. — Eines Sonnabends, nicht lange
vor Sonnenuntergang, fährt ein Bürger dieser Stadt, eine
trotzige Seele, zum Thore hinaus, um sein Heu auf der
Wiese zu wenden. Weil von fern der Bonner sich hören
lässt, hebt er die Heugabel drohend empor zum Himmel
und spricht dabei gotteslästerliche Worte, die ich nicht wie-
derholen mag. — ,, Was war das fragte er auf einmal
seinen Dienstknecht, der mit ihm fuhr, und wischte aus
dem Gesicht eine böse Fliege, die ihn in eben dem Augen-
blicke gestochen hatte. „Es war wold nichtssagte er be-
klommenen Herzens; denn er merkte es wohl: es war eine
Fliege gewesen, die auf dem gefallenen Vieh gesessen hatte
und deren Stich ein tödtliches Gift gebracht. Und das Ge-
sicht lief ihm auf von dem Stich der Fliege; bewusstlos
kehrte er nach einer Stunde zurück in seine Wohnung, und
am andern Morgen lag er todt, wie Einer, den die Hand
des Herrn geschlagen hat.
Wohl dem, der nicht wandelt im Rathe ^er Gottlosen,
noch tritt ans den Weg der Sünder, noch sitzet, da die Spötter
sitzen, sondern hat Lust zum Gesetz des Herrn und redet von
seinem Gesetze Lag und stacht; der isi wie ein Saum, gepstan-
zct an den Wasserbuchen, der seine Frucht bringet zu seiner
Zeit, und seine Glätter welken nicht, und was er macht, das
gcrälh wohl.
Äber so sind die Gottlosen nicht, sondern wie Spreu, die
der Wind verstreuet. Darum bleiben die Gottlosen nicht im
Gerichte, noch die Sünder in der Gemeine der Gerechten; denn
der Herr kennet den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen
Weg vergehet. Psalm 1.
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Oswald mußte den Ring herausgeben und wurde auf ein
Jahr zum Gefängniß verurtheilt. „Da," sagte der Richter, „wirft
du Zeit finden, die große Wahrheit zu bedenken:
Es kommt dereinst der Tag der Schrecken,
Der jede Lüge wird entdecken."
Sirach 20, 26. 28. Die Luge ist ein häßlicher Schandsteck
an einem Menschen, und ist gemein bei ungezogenen Leuten.
Lügen ist dem Menschen ein schändliches Ding, und er Kann
nimmermehr zu Ehren Kommen.
Ephescr 4, 25. Leget die Lügen ab und redet die Wahr-
heit, ein Jeglicher mit seinem Wehsten^ sintemal wir unter ein-
ander Glieder sind.
45. Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes.
1. Auch gegen Thiere soll der Mensch nicht undankbar sein, wie
jener Kaufmann in der alten Stadt Wineta, den sein Schimmel
wegen Undanks verklagte. — Der Schimmel hatte dem Herrn
schon viele Jahre treu gedient und ihm einmal sogar durch seine
Schnelligkeit das Leben gerettet, als er in einem Walde von Räu-
bern überfallen wurde. Der Kaufmann" that deßhalb ein Gelübde,
er wolle den Schimmel niemals verstoßen und ihn aufs beste ver-
pfiegen, so lange er leben werde. Weil aber der Schimmel auf
der Flucht vor den Räubern sich sehr erhitzt hatte, so ward er balo
darauf erst steif und lahm und endlich auch blind, und der Kauf-
mann vergaß seiner Dienste, so wie seines eigenen Gelübdes. Erst
ließ er das Pferd bei kärglichem Futter darben, und weil ihm eine
Metze Hafer tägstch zu viel schien für ein Pferd, das ihm zu nichts
mehr nützte, so befahl er seinem Knechte, den Schimmel wegzu-
jagen. Der nahm einen Stock, weil das Pferd nicht weichen
wollte, und trieb es aus dem Stalle. Da blieb es sieben Stunden
vm Thore stehen mit niedergebeugtem Kopfe und spitzte seine
Ohren, wenn etwas'im Hause sich regte. Die Nacht schlief es da-
selbst auf den harten Steinen, während es kalt war und schneiete.
Endlich trieb der Hunger das Thier, weg zu gehen; aber weil es
blind war, Pieß es überall an. Mit seiner Nase roch es links und
rechts, ob nicht ein Hälmchen Stroh da läge; doch es fand nur
wenig.
2 Es war aber in selbiger Stadt ein Glockenbaus, das stand
Tag und Nacht offen. Man hatte es gebaut, um Unrecht zu ver-
hindern. Denn wenn Jemand meinte, es geschähe ihm Unrecht
von einem Andern, so ging er hin ins Glockenhaus, faßte an den
Glockenstrick und läutete; sogleich kamen die Richter der Stadt
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zusammen und richteten. Zufällig tappte auch der Schimmel in
dies Glockenhaus hinein; und da er Alles mit seinen Lippen be-
rührte und aus Hunger mit den Zähnen Alles benagte, so fand er
auch den Strick, faßte ihn mit den Zähnen und fing an zu läuten.
Sogleich kamen die Richter und sahen den Schimmel als Kläger.
Da sie wohl wußten, wie große Dienste der Schimmel seinem
Herrn geleistet hatte, so ging ihnen die Sache zu Herzen. Sie
ließen den Kaufmann sogleich herbeirufen, der sich nicht wenig
wunderte, als er an der Klageglocke seinen Schimmel sah. Er
wollte sich über seine Hartherzigkeit rechtfertigen; allein die Rich-
ter sprachen mit strengem Ernste: „Der Gerechte erbarmt sich auch
seines Viehes, aber der Gottlosen Herz ist unbarmherzig." Und
sie verurtheilten den Kaufmann, den Schimmel zu pflegen bis an
fein Ende; es ward auch ein Mann gesetzt, der bisweilen nachsah,
ob der Schimmel keine Noth litte. An dem Glockenhause bildete
man aber zum Andenken die ganze Geschichte in Stein ab.
46. Wissing-Hof.
Nicht weit von Bentheim im Hannöver'schen liegt ein fürst-
licher Schasstall auf einer Stelle, welche Wissing-Hof genannt
wird und auch noch ganz wie. ein Bauernhof aussieht. Wirklich
soll es auch in früheren Jahrhunderten ein Bauernhof gewesen sein,
und zwar der größte in der ganzen Umgegend, reich an Saatfel-
dern, Wiesen und Holzungen. Wie er zerstört worden ist, darüber
wird Folgendes erzählt:
Als einst der Wissing dem Grafen von Bentheim seine Pacht
brachte und der Gras oben vom Schlosse herniedersah, wunderte
er sich über das treffliche Aussehen der vier Rappen vor dem Wa-
gen des Bauern, da doch eben bei der Theurung fast überall Hun-
gersnoth herrschte und selbst die Pferde des Grafen darben mußten.
„Deine Pferde," ries der Gras in den Schloßhof hinunter, „scheinen
von der großen Noth nichts zu verspüren!" — „Darum sind es
auch W i ss in g s Pferde!" versetzte der Bauer mit kurzen Worten.
Die 'Runzeln, welche des Grafen Stirn umzogen, zeigten,
wie wenig ihm diese Antwort gefiel. Um den Stolzen zu demü-
thigen, rief er ihn aufs Schloß, führte ihn in sein Prunkgemach
und lud ihn zu Tische, da es eben Essenszeit war. Wissing setzte
sich; die Pracht, welche ihn umgab, würdigte er keines Blickes.
Der Gras meinte, er wäre vor Blödigkeit so stille. Er munterte
ihn auf, umher zu schauen, und fragte ihn dann, waö er zu der
Herrlichkeit des Schlosses sage. Der Bauer antwortete: „Flitter-
staat! Freilich für Jemand, der von Andern leben muß, gut ge-
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am Rande eines Hohlweges in eine kleine Höhle hinein, welche
der Schnee über ein Tannengebüsch gewölbt hat; vorher aber
stecken sie ihre beiden Kunkeln oder Spinnrocken ineinander,
so daß eine Stange daraus wird; dann binden sie oben ein
rothes Schnupftüchlein daran und stellen dieses Nothzeichen
auf das Dach ihres Schneehäusleins. Nun kommt die Nacht,
und das Schneegestöber wird immer arger. Der Eingang zur
Höhle, in welcher die Kinder sind, ist zugeschneit, und sie hören
durch den Schnee hindurch den Uhu schreien und den Sturm
heulen. O, wie ist es den armen Kindern da angst und bange!
Aber der liebe Gott wacht ja über ihnen, und sie schlafen end-
lich betend ein. — Aber als am andern Morgen die Kinder nicht
heimkommen, werden die Eltern besorgt. Sie schicken einen Bo-
ten zur Pathe, und wie dieser wiederkommt, geht alles, was laufen
kann, mit Schaufeln in den Wald, um die Kinder zu suchen. Da
sieht man dann das rothe Fähnlein noch ein wenig aus dem
Schnee hervor schauen, und die Leute kennen das Tüchlein und
denken gleich: da müssen auch die Mädchen sein. In der dunkeln
Schneekammer drinnen hören die Kinder das Rusen, antworten
auch darauf; aber heraus können sie nicht. Die Männer schaufeln
jetzt den Schnee weg; denn es ist Alles zugeweht und zugeschneit,
und gut war's nur, daß die Tannenbäumchen das schwere Dach
von Schnee tragen konnten; die Kinder wären sonst erstickt.
O wie freute sich Alles, da die Kinder gerettet waren! Und wie
dankte ein Jeder dem lieben Gott, der so väterlich die Kinder be-
schützt hatte!
50. Der gerettete Handwerksbursche.
Ein Handwerköbursche wanderte mitten im Winter aufpreß-
burg zu und war nur noch eine Stunde von der Stadt. Aber die
Kälte war so grimmig, seine Kleider so dünn, seine Strümpfe zer-
rissen; er konnte vor Frost und Müdigkeit kaum mehr fortkommen.
„Lieber Gott," seufzte er, „weit und breit kein Dorf und keine
Stadt und keine Hütte! Ich werde erfrieren auf dem Wege; ach,
was wird meine arme, alte Mutter anfangen, wenn ihr einziger
Sohn nicht mehr heimkommt!" Er weinte, und die hellen Thränen
froren ihm an den Augenwimpern. Er wollte lausen, aber seine
Glieder wurden steif; er konnte sich des Schlafes nicht erwehren,
legte sich in den Schnee auf sein Bündel und schlief ein.
Gleich darauf ritt ein Poslknecht des Weges, sah den Men-
schen wie todt im Schnee liegen, gab seinem Gaule die Sporen,
und in Preßburg am Thore klopfte er ans Wachthaus und rief
hinein: „Hört, da draußen vor dem Walde links am Wege liegt ein
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gerufen war und ihn untersucht hatte, erklärte, daß der Umtausch
der Schade des Sklavenhändlers nicht sei. Nun führte man den
verlangten Neger herbei. Welch ein Austritt, als der Sohn seinen
Vater in den Ketten erblickte, ihm um den Hals fiel und Thränen
der Freure weinte, daß er so glücklich sei, seinen Vater noch er-
lösen zu können! Die Kette ward geöffnet, der Vater befreit und
der Sohn eingeschmiedet. Dieser war vollkommen ruhig und bat
den Vater dringend, sich seinetwegen nicht im mindesten zu betrü-
den. Aber tief bewegt zeigte der dänische Arzt den merkwürdigen Vor-
fall deni dänischen Statthalter an, und dieser, von gleicher Menschen-
liebe durchdrungen, ließ sogleich den befreiten Vater und die Ver-
wandten vor sich kommen, redete es mit ihnen ab, daß der Kaufpreis
nach und nach abbezahlt werden könne, ließ nun auch den wackern
Sohn frei, und Alte reisten vergnügt nach ihrer Heimath zurück.
55. Der Großvater und sein Enkel.
Es war einmal ein alter Mann, der konnte kaum gehen. Seine
Kniee zitterten; er hörte und sah nicht viel und hatte keine Zähne
mehr. Wenn er nun bei Tische saß und den Löffel kaum halten
konnte, schüttete er die Suppe auf das Tischtuch, und eö floß ihm
auch wieder Etwas aus dem Munde. Sein Sohn und dessen Frau
ekelten sich davor, und deßwegen mußte sich der alte Großvater
hinter den Ofen in die Ecke setzen, und sie gaben ihm sein Essen
in ein irdenes Schüsselchen, und noch dazu nicht einmal satt. Da
sah er betrübt nach dem Tische, und die Augen wurden ihm naß.
Einmal auch konnten seine zitternden Hände das Schüsselchen nicht
festhalten; es fiel zur Erde und zerbrach. Die junge Frau schalt;
er aber sagte Nichts und seufzte nur. Da kauften sie ihm für ein
paar Pfennige ein hölzernes Schüsselchen, aus welchem er essen
mußte. Wie sie nun sitzen, so trägt der kleine Enkel von vier Jahren
auf der Erde kleine Brettlein zusammen. „Was machst du da?"
fragte der Vater. „Ei," antwortete das Kind, „ich mache ein
Tröglein; daraus sollen Vater und Mutter essen, wenn ich groß
bin!" — Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen end-
lich an zu weinen, holten sogleich den Großvater an den Tisch und
ließen ihn von nun an immer mitessen, sagten auch Nichts, wenn er
ein wenig verschüttete.
56. Descheid des Thorschreibers.
Vor mehr als dreißig Jahren kam ein alter Bauer mit wan-
kendem Schritt, aus einen Stab gestützt, am Thore einer Residenz
an. Der Thorschreiber sah aus seiner niedrigen Wachtstube her-
aus und rief ihn an: „Woher, Alter?" — „Da drüben vom Walde
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61. Gott läßt uns wohl finken, aber nicht ertrinken.
In Frankfurt lebte einst ein braver Knopfmacher, der
durch unverschuldete Unglücksfälle in die tiefste Armuth versun-
ken war, in der er nirgends einen Freund fand, der ihm helfen
konnte. Es kam so weit, daß all' sein Hab' und Gut öffentlich
verkauft und, wie man in Frankfurt sagt, die Gantglocke über
ihn geläutet werden sollte. Da klagte er seinem frommen Pastor
Fresenius seine Noth. Der ermahnte ihn, Glauben und Ver-
trauen auf Gott nicht zu verliereu; Gott werde gewiß seine Ehre
retten und eins seiner Kinder nicht zu Schanden werden lassen.
Der zum Verkauf bestimmte Tag kam immer näher heran,
und noch immer zeigte sich nirgends eine Hülse. Am Vorabende
des mit Angst erwarteten Tages kam der ^Unglückliche zu Frese-
nius und sagte: „Nun, Herr Pastor, morgen wird die Schand-
glocke über mich geläutet; ich habe noch immer nichts, um meine
Schulden zu bezahlen, die vielleicht 800 Gulden mehr betragen,
als mein Vermögen."
Fresenius, ob er gleich selbst nicht wußte, wie und woher
Hülfe kommen sollte, blieb doch bei seiner Versicherung, daß es
Gott nicht aufs Aeußerste kommen lassen werde. „Es ist sa erst
Abend," sagte er, „noch nicht Morgen!"
Der Knopfmacher ging nach Hause und befahl sein Anliegen
dem Herrn. — Nachts um 11 Uhr klingebte Jemand an der Woh-
nung des Pastors. Es war ein Reisender, der eben erst angekom-
men war und den andern Morgen vor Tagesanbruch wieder ab-
reisen wollte.
Er entschuldigt sich wegen seines späten Besuchs und über-
giebt dem Mstor Fresenius ein Kapital von 800 Gulden, das er
für Hülfsbedürftige bestimmt habe und in die Hände eines treuen
Dieners des Herrn niederlegen wolle. Fresenius erzählt dem
Fremden die Geschichte des Knopfmachers; der Reisende, gerührt
von der traurigen Lage des Mannes, legt noch eine namhafte
Summe hinzu, damit nicht allein der Verkauf verhindert, sondern
auch der Knopfmacher in den Stand gesetzt werde, sein Gewerbe
wieder fortzuführen. Noch in der Nacht wird dieser .herbeigerufen
und empfängt mit dem innigsten Danke gegen Gott das unerwar-
tete Geschenk.
Am andern Morgen legte er vor Gericht die zur Bezahlung
der dringendsten Forderungen nöthige Summe nieder; und die
Gerichtsherren weinten vor Rührung über die wunderbare Hülfe,
die dem wackern Bürger zu Theil geworden war.
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62. Der Räuber.
Es kommt ein Wanderer am späten Abend in ein Wirthshans,
will da Herbergen und setzt sich still zu einem Schoppen Wein hin-
ter den Tisch in die Ecke; und der Wirth sitzt auf der Ofenbank und
nickt, und der Knecht mitten in der Stube und macht eine Schnur
an seine Peitsche. Da schreit auf einmal der Wirth: „Hansjörg,
siehst du denn nicht? Ein Räuber!" Und der Knecht fährt auf,
will das Licht auf dem Tische putzen, das stark geschmolzen war
wegen eines Knotens im Docht. Aber auch der Gast fährt auf
und hinter dem Tische hervor mit zwei Sprüngen zur Thür hin-
aus. Darüber fällt ihm eine Pistole aus der Tasche, und der
Wirth sah nun, daß er zwei Räuber in der Stube gehabt hatte,
einen ans dem Tisch und einen hinter demselben. — Also läuft
das böse Gewissen vor einem Knoten im Dochte davon.
63. Die sieben Stäbe.
Ein Vater hatte sieben Söhne, die öfters mit einander uneins
wurden. Ueber dem Zanken und Streiten versäumten sie die Ar-
beit. Ja, einige böse Menschen hatten im Sinne, sich diese Un-
einigkeit zu Nutze zu machen, um die Söhne nach dem Tode des
Vaters um ihr Erbtheil zu bringen.
Da ließ der ehrwürdige Greis eines Tages alle sieben Söhne
zu-sammen kommen, legte ihnen sieben Stäbe vor, die fest zusam-
mengebunden waren, und sagte: „Demjenigen von euch, welcher
diesen Bündel Stäbe zerbricht, zahle ich hundert große Thaler
baar."
Einer nach dem andern strengte alle seine Kräfte an, und
jeder sagte nach langem, vergeblichem Bemühen: „E-'ist gar nicht
möglich!"
„Und doch," sagte der Vater, „ist Nichts leichter." Er löste
den Bündel auf und zerbrach einen Stab nach dem andern mit
geringer Mühe. „Ei," riefen die Söhne, „so ist es freilich leicht;
so könnte es ein kleiner Knabe!"
Der Vater aber sprach: „Wie es mit diesen Stäben izt, so
ist es mit euch, meine Söhne. So lange ihr fest zusammenhaltet,
werdet ihr bestehen, und Niemand wird euch überwältigen können.
Wird aber das Band der Eintracht, das euch verbinden soll, auf-
gelöst, so geht es euch, wie den Stäben, die hier zerbrochen auf
dem Boden umherliegen."
Das Haus, die Stadt, das ganze Land
Bestehet durch der Eintracht Band.
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thaler zu büßen, da doch, wie er sich als Jagdliebhaber ausdrückte, der
kleine Schäker nicht einen Groschen werth war. Der Bäcker mußte für
den zertrümmerten Fensterflügel und das Loch in der Zeitung nicht viel
weniger bezahlen und sich mit seinem Gegner in die Kosten theilen.
Von nun an war zwischen den beiden Familien eine große Kluft
befestigt. Hinüber und herüber über die Gasse flog kein freundliches
Wort mehr. Ging die Gerberin links zur Kirche, so nahm die Nach-
barin ihren Weg rechts; saß der Bäcker im Posthause außerhalb der
Stube beim Biere, so nahm der Gerber seinen Platz im Zimmer. Für
den ganz schuldlosen Theil, für die Kinder des Gerbers, gaben weder
der Osterhase, noch der gute Märtel, noch das heilige Kind durch die
Frau Pathin mehr etwas ab.
So ging es fast drei Jahre. Einmal, am Ende des dritten, setzten
sich der Gerber und seine Hausfrau Nachmittags an den Tisch, um
ihren Kaffee zu trinken. Aber als die Gerberin die Tischlade heraus-
zog, war kein Weck zum Einbrocken darin. Ihr kleiner Heinrich, der
neben ihr auf den Zehen stand und auch hineinschaute, rief sogleich:
„Mutter, einen Groschen! Ich hole das Brod!" Dann wandte er sich
in seiner kindlichen Eilfertigkeit an den Vater und sagte: „Heut' aber
laufe ich nicht lange umher, und wenn es beim Thorbäcker kein Brod
giebt, geh' ich wieder einmal zu dem Herrn Pathen hinüber!" Der
Gerber, der vielleicht die anklopfende Gnadenhand des Herrn spürte,
sagte nicht fa und nicht nein darauf, und ließ den kleinen Burschen zie-
hen. Im ersten Brodladcn aber halten die Wecke schon alle ihre Käu-
fer gefunden, und Heinrich kam wieder zum Thore herein, laut singend,
daß es die ganze Gaffe hören konnte: „Heut' geh' ich zum Herrn Pa-
then! heut' geh' ick zum Herrn Pathen!" Ungehalten über den argen
Schreihals, wollte sein Vater ihm wehren. Aber ehe er noch das ver-
quollene Fenster aufbringen konnte, war der kleine Sänger schon zum
Hause hinein, und — kehrte schon nach einigen Augenblicken als Frie-
densbote wieder zurück. Statt des Oelzweigs hatte er einen geschenkten
Zwieback in der Hand und rief, über die Schwelle in die Stube her-
einstolpernd: „Der Herr Pathe läßt Vater und Mutter recht schön
grüßen, und ich soll bald wiederkommen!"
Noch an dem nämlichen Abende wechselten die Nachbarsleute einige
freundliche Worte über die Gasse; am folgenden saßen die weiße und gelbe
Schürze wieder auf der grünen Bank beisammen; am dritten,zeigten die
Frauen einander die Leinwand, zu der sie in den bösen drei Jahren oft
mit ihren Thränen über den unseligen Zwist den Faden genetzt hatten.
Und es war hohe Zeit dazu, denn nach wenigen Wochen verfiel
der Bäcker in ein böses Nervenfieber und aus diesem — in den Todes-
schlummer.
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Extrahierte Personennamen: Pathin Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
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nen Vater gesorgt, weil er dem Buben eingegeben hat, er solle dir's
sagen; vielleichtkannstduihm helfen." — „Wie denn?" sagte Karl,
und setzte sich in seinem Bett in die Höhe; „wie kann ich ihm hel-
fen? Ich habe ja kein Geld. — Und doch!" rief er fröhlich ans;
„ich habe ja die zwei alten Gulden noch von der Tante Elisabeth,
die will ich ihm geben; aber — es wird nicht genug sein."
„Nun," sagte der Vater, „darum hat dich der liebe Gott
aufgeweckt jetzt in der Nacht, daß du mir's sagen sollst; ich kann
ja auch etwas dazu geben."
Karl. Ach, Vater, das ist gut; willst du denn das Uebrige
dazu geben?
Vater. Ob ich so viel dazu geben kann, daß er seine Schuld
ganz abtragen kann, weiß ich noch nicht; denn ich weiß nicht, wie
viel er ihm schuldig ist. Aber wenn's auch nicht Alles ist, so will
ich den Nachbar bitten, daß er sich einstweilen damit begnügt, bis
Barthels Vater das Uebrige bezahlen kann.
Karl. Aber, Vater, das mußt du bald thun; denn morgen
um neun Uhr will der Nachbar klagen, und dann muß es da sein.
— „Gewiß," sagte der Vater; „jetzt wollen wir Gott loben, daß
er uns die guten Gedanken gegeben hat und uns die Freude schen-
ken will, dem armen Barthel zu helfen; dann wollen wir schlafen,
und morgen um sechs Uhr will ich Alles besorgen." Und da er
das gesagt hatte, schliefen sie alsbald wieder ein.
Und am andern Morgen rief Arner den Nachbar und fragte
ihn, wie viel ihm Barthels Vater schuldig sei; und da es nur fünf
Gulden betrug, legte er zu Karls zwei Gulden noch drei und gab
sie ihm. Karl aber zog sich schnell an und lies zu Barthel und
sagte es ihm. Da war Freude! Dem lieben Gott ward herzlich
gedankt, und Barthel spielte nun wieder heiter und fröhlich mit
den andern Knaben.
26. Das Wunderkästchen.
Eine Hausfrau hatte in ihrer Haushaltung allerlei
Unglücksfälle, und ihr Vermögen nahm jährlich ab. Da
ging sie in den Wald zu einem alten Einsiedler, erzählte
ihm ihre betrübten Umstände und sagte: „Es geht in mei-
nem Hause einmal nicht mit rechten Dingen zu. Wisst
Ihr kein Mittel, dem Uebel abzuhelfen?“
Der Einsiedler, ein fröhlicher Greis, hiess sie ein
wenig warten, brachte über ein Weilchen ein kleines ver-
siegeltes Kästchen und sprach: „Dieses Kästchen müsst
Ihr ein Jahr lang, dreimal des Tages und dreimal bei
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Elisabeth Barthels Barthel Barthels Karls Karl Barthel Barthel
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70. Von der Friedfertigkeit.
„Ist cs möglich, so viel an euch ist, so habt mit allen
Menschen Frieden!" Das ist eine Ermahnung, die uns schon vor
1800 Jahren gegeben ist. Wer darnach handelt, der wird es inne
werden, daß Niemand größer« Bortheil dabei hat, als der Fried-
fertige selber. — Oft entsteht Streit um das Mein und Dein. Da
geht nun ein friedfertiger Mann nicht sogleich vor das Gericht. Er
vergleicht sich lieber mit seinem Gegner; denn er weiß, daß Friede
ernährt und Unfriede verzehrt, und daß ein magerer Vergleich
besser ist, als ein fetter Prozeß. Das Prozessiren kostet Geld und
verbittert die Streitenden gegen einander, wenn sie die Sache nicht
so ruhig behandeln, wie die beiden Bauern Kunz und Kaspar.
Diese stritten mit einander um einen Wiesensieck. Sie hatten
ihren Streit bei dem Feldgerichte angemeldet.
„Gevatter Kunz," sagte Kaspar, „morgen ist das Feldgericht
bei unsern Nachbarn versammelt. Da laß uns hingehen, damit
die Feldrichter unsern Streit um die Wiese entscheiden."
„Ich kann nicht," sagte der Kunz; „ich muß mein Heu mor-
'gen einbringen, wenn es nicht verderben soll."
„Aber, Nachbar," sagte der Andere wieder, „wir haben die
Sache doch einmal angemeldet. Wenn wir nicht kommen, so bleibt
sie noch ein Jahr hängen, und wir wissen immer nicht, wer Recht
oder Unrecht hat."
„Weißt du was," sagte Kunz, „geh' doch mit den beiden Zeu-
gen allein hin! Trage die Sache vor, wie sie ist, und bringe mir
auf deu Abend Bescheid, was die Richter geurtheilt haben."
„Wenn's denn nicht anders sein kann," meinte Kaspar, „so
muß ich schon allein gehen." — Am Abend kam er zurück und
sprack zu seinem Nachbar: „Die Feldrichter meinen, du hättest
Recht, und ich hätte Unrecht; die Wiese gehöre zu deinem Hose.
Es ist nur gut, daß die Sache endlich aus ist!" —
Sehr häufig entsteht Zank und Streit, wenn die Leute nicht
überlegen, wie sie kleine Schwierigkeiten beseitigen können. Dann
bürdet Einer dem Andern die ganze Schuld auf, und der Streit
ist da. Es soll dies häufig vorkommen bei Schiffern und Fuhr-
leuten, die sich begegnen. Davon sollt ihr noch eine Geschichte
hören.
Zwei Fuhrleute begegneten einander in einem Hohlwege.
„Fahre mir aus dem Wege!" rief der eine. „Ei, so fahre du
mir aus dem Wege!" schrie der andere. „Ich will nicht!" sagte
der eine. „Ich brauche es nicht!" sagte der andere.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]