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Die Kanonen blieben ans der Straße liegen. Jeder dachte und sorgte
nur noch für sich. Hunger, Kälte und Müdigkeit rafften allmählich von
Tag zu Tage mehr Menschen als eine Schlacht dahin, und die Straße
von Kaluga bis Smolensk war mit Leichen übersäet. Ney, der in der
Schlacht an der Moskwa Wunder der Tapferkeit gethan hatte, war auch
ans dem Rückzug der Held der französischen Armee. Retten aber konnte
hier Niemand! Ehe noch die Unglücklichen die ersehnte Stadt Smolensk
erreichten, hatten die Meisten die Waffen weggeworfen, die sie nicht mehr
zu tragen vermochten. Aber auch dort waren die Vorräthe ausgeräumt.
Ansteckende Krankheiten brachen ans. Auf jedem Schritte Tod und Ver-
derben, ging der große, fürchterliche Leichenzug, stets von den Russen ge-
trieben und begleitet, weiter. Am 27. November kam der Rest der Armee,
nicht mehr als 40,000 Mann, im schrecklichsten Zustande, in Lumpen ge-
hüllten, wandelnden Leichen ähnlich, an dem Flusse Berezina an. Zwei
Brücken waren geschlagen, auf die von beiden Seiten die Feinde mit ihren
Kanonen Tod und Verderben schleuderten. Unter dem Zudrange der Menge
stürzte die erste ein, so daß Tausende in dem eistreibenden Strome ihr
Grab fanden. Wir wollen die Schilderung dieser Schaudersceuen nicht
weiter verfolgen. Genug, daß von nun an die Leiden an der Bere-
zina der Ausdruck des höchsten Jammers geworden sind, welcher die
Menschen im Kriege überhaupt treffen kann. Die große französische
Armee war aufgelöst. Napoleon, der Alles verloren sah, verließ zu
Smurgonh am 5. December das Heer und eilte mit wenigen Vertrauten
über Dresden nach Frankreich zurück, nachdem er den Oberbefehl seinem
Schwager Murat, König von Neapel, übergeben hatte. Von dem herr-
lichen, glänzenden Heere, welches vor sechs Monaten stolzen Muthes über
den Niemen geschritten, trafen am 14. December an demselben Fluß auf
dem Rückweg noch ein: 400 Mann Infanterie der alten Garde mit Waf-
fen, 600 Mann Kavallerie ohne Pferde und 9 Kanonen, ferner 20 bis
30,000 kranker, elender Bettler, in Lumpen und halbverhungert, dem Tode
im Spital entgegengehend, nachdem sie das nackte Leben dem Eis des
russischen Winters und den Spießen der Kosaken entrungen hatten, das
war Alles, was aus diesem fürchterlichsten aller Feldzüge als Rest der
großen Armee vorhanden blieb. Napoleon aber sagte: „Eine verlorene
Kampagne! Was ist das? Das läßt sich ersetzen."
Es gehörte kein wunderbarer und übermäßiger Mnth dazu, daß
Deutschlaud sich jetzt ermannte, und doch war es eine große That, daß
der preußische General Jork, welcher sich bei der Armee befand, die nörd-
lich gegen Petersburg ziehen sollte und also nicht von dem Schicksale
der großen Armee berührt wurde, im December auf seine eigene Gefahr
sich von den Franzosen trennte. Doppelt wichtig und bedeutungsvoll war
dieses Ereigniß, da es von einem Manne kam, welcher, als ächter Soldat
nach Friedrichs des Großen Schule, Gehorsam und Subordination als erste
Soldatenpflicht ansah. „Ich lege meinen Kopf zu den Füßen Eurer Ma-
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TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Jork Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Kaluga Smolensk Moskwa Smolensk Berezina Dresden Frankreich Neapel Rückweg Petersburg
464
wig ist, von Deutschland verlassen, nach heldenmüthiger Gegenwehr seinen
Feinden anheimgefallen. Die junge deutsche Flotte wurde an die
Meistbietenden verkauft. Tausende haben ihre edle Schwärmerei oder ihren
strafbaren Uebermnth mit ihrem Leben gebüßt; Tausende schmachteten in
hartem Gesängniß. In Frankreich, von wo der ganze Sturm ansging,
bestieg nach gestürzter Republik Napoleon Iii. mit unumschränkter
Gewalt den neuaufgerichteten kaiserlichen Thron.
Seitdem beginnt die Welt eine andere Gestalt anzmiehmen. Im
Orient hat das junge Kaiserthum, mit England vereint, der russischen
Macht seine ersten Lorbeeren abgenommen. Italiens Boden ist mit Blut
getränkt und ein großes einiges Reich soll sich unter dem piemontesischen
Viktor Emanuel erheben. Der päpstliche Thron ist in seinen Grundfesten
erschüttert und das alte Oestreich wankt in schwerer Bedrängniß.
Bangend und mißtrauisch schauen die deutschen Völker nach Westen,
wo der verschlossene Machthaber die Fäden der Politik mit starker und
sicherer Hand sesthält.
Wie die Geschicke sich wenden werden, wer mag es wissen? Eines
bleibt: Die geistige Errungenschaft jedes mit redlichem Willen, in Schmerzen
und Anfechtung erworbenen Gutes, das freie Selbstbewußtsein, durch
Erfahrung geläutert, durch Hoffnung gestärkt, durch Vertrauen befestigt.
In diesem Sinne mögen wir wohl sprechen: „Es ist Alles unser, das
Vergangene und das Künftige."
8- 17. Handel und Verkehr.
Wie im öffentlichen, so auch im Privatleben, in Sitten, Handel und
Gewerbe, offenbarte sich in dieser Periode ein allgemeines Bestreben, das
Alte zu verwerfen, Neues anzunehmen, ein steles Umgestalten und Verändern.
Was Jahrhunderte bestanden hatte, mußte stürzen, das Nene wurde er-
griffen, zuweilen vielleicht nur, weil es neu war.
Vom Jahre 1792 bis 1815 waren die Länder Europa's eiu Lager.
Der Krieg erzeugt in allen Verhältnissen des bürgerlichen Lebens und
Eigenthums einen wunderbaren Wechsel. Was Tausende an den Bettel-
stab bringt, schafft Einzelnen glänzenden Reichthnm. Das dem Landmann
entrissene Gut fließt in den Beutel der Lieferanten, und der Sieger beutet
das Vermögen der wohlhabenden Städter durch Brandschatzungen und
Kriegssteuern aus. Die größte Verwirrung entstand in den französischen
Kriegen durch das Papiergeld, welches nach jeder gewonnenen oder verlorenen
Schlacht einen anderen Werth erhielt.
Klug und eigennützig, wie England sich immer zeigte, gewann es
wohl bei diesem raschen Wechsel der Dinge am meisten, trotz des großen
Aufwandes, welchen seine ungeheueren Rüstungen zur See und seine
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Viktor_Emanuel Viktor
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Orient England Italiens Bettel- England
26
Hutten ging, in der Hoffnung, auswärts seinem Freunde besser dienen
und Hülfsvölker werben zu können; Sickingen aber verschanzte sich auf
seiner Burg Landstu hl, bereit sich bis zum letzten Hauche zu verthei-
digen, obwohl er, selbst gichtbrüchig, kaum auf den Füßen stehen konnte.
Die Angriffe seiner Gegner waren heftig, so daß die Mauern durch die
Gewalt des schweren Geschützes bald zerschmettert wurden. Sickin gen
selbst ward dabei schwer verwundet und von seinen Leuten in ein unter-
irdisches Gewölbe getragen. Das ganze Haus war zerschossen; Hülfe
wollte nicht erscheinen. „Wo sind nun die Herren und Freunde, die mir
so viel zugesagt? Wo ist Fürstenberg? wo bleiben die Schweizer, die
Straßburger?" sprach Sickingen.
Er mußte unterhandeln. Gebrochen am Leibe, aber noch immer auf-
rechten Muthes, obgleich keine Rettung mehr sehend, übergab er seine
f Burg und sich selbst den Belagerern.
Als die Fürsten in die zerstörte Burg einzogen, lag Sickingen
im Sterben.
*as hast Du mich geziehen, Franz, daß Du mich und meine armen
l Stift überfallen hast?" fragte der Erzbischof von Trier.
Sickingen antwortete: „Ich habe jetzt einem größern Richter Rede zu
stehen." Auf die Frage, ob er beichten wolle? erwiederte er: „Ich habe
Gott in meinem Herzen gebeichtet." Der Kaplan hob die Hostie empor,
die Fürsten knieten nieder. In diesem Augenblick verschied Sicking en.
Als Luther die Nachricht von Sicking en's Tode vernahm, wollte
er es lange nicht glauben; dann aber sann er tief nach und brach in die
Worte aus: „Der Herr ist gerecht, aber wunderbar. Er will seinem Evan-
gelium nicht mit dem Schwerte helfen!"
Hutten irrte als Flüchtling umher, verfolgt wie das Wild des
Waldes. Eine Einladung von dem Könige Franz wollte er nicht anneh-
men; krank und elend wanderte er nach Basel zu seinem alten Freunde
Erasmus. Dieser aber, furchtsam und selbstsüchtig, wie er war,
wohl auch verletzt durch Hutten's unordentliches Leben und zuweilen unver-
ständigen Eifer, verteugnete den Freund und verweigerte ihm die begehrte
Freistatt. Der unglückliche Flüchtling, den auch der Baseler Rath nicht
dulden wollte, fand endlich bei Ulrich Zwingli in Zürich ein Unter-
kommen. Hier wurde er mit Sorgfalt und christlicher Liebe eine Weile
gepflegt, bis der Züricher Rath ihn aus Rücksicht gegen den Kaiser gleich-
falls ans der Stadt wies. Zwingli sandte ihn nun zu einem befreun-
deten Pfarrer ans der Insel des Zürichersee's Ufnau, wo er nach schmerz-
lichen Leiden im sechsunddreißigsten Jahre seines stürmischen Lebens starb.
Es ging in Erfüllung, was Hutten einst selbst an Luther schrieb: „Dein
Werk, heiliger Mann, ist aus Gott und wird bleiben; meines ist menschlich
und wird untergehen."
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Personennamen: Franz Franz Sickingen Franz Franz Ulrich_Zwingli Zwingli
13
selbst, vollkommenen Ablaß von der heiligen Kirche erwerben könne für
baares Geld; damit hatte er sich große Summen verschafft. Leo X.,
der nicht nur den Bau der prächtigen Peterskirche fortsetzte, sondern auch,
seiner unbegrenzten Liebe für Kunst und Wissenschaft gemäß, Künstler
und Gelehrte mit freigebiger Hand belohnte und auf ein prachtvolles
Hofleben großen Werth legte, gebrauchte den Ablaß, um sich aus einer
großen Finanznoth zu retten, in die ihn seine Verschwendung gestürzt
hatte. Er ließ daher einen neuen allgemeinen Ablaß ankündigen, und
um möglichst große Geldsummen zu erlangen, versprach er den Abtaß-
käufern nicht nur die vollste Vergebung der Sünden, sondern auch die
Gewißheit der Seligkeit nach dem Tode Für diesen Ablaßhandel theilte
er Deutschland in drei Hauptkommissionen, in die nord-, mittel- und
süddeutsche. Die mitteldeutsche Hauptkommission erhielten Albrecht von
Brandenburg, Kurfürst Erzbischof von Mainz, und die Bischöfe von
Magdeburg und Halberstadt in Pacht, um eine bedeutende Summe wieder
zu erstatten, die er von dem Banquierhause Fugger in Augsburg zur
Bezahlung des erzbischöflichen Palliums, das er von Rom erhalten, geliehen
hatte. Albrecht nahm als Unterkommissär und Verkäufer des gepachteten
Ablasses den Johann Tetzel an, der sich als Ablaßverkäufer bereits einen
9iamen gemacht hatte, einen durch unsittliches Leben berüchtigten Menschen,
welcher der Verurtheilung zum Tode durch Ersäufen nur durch fürstliche
Fürsprache entgangen war. Luther, der eine solche Art von Sünden-
vergebung nicht in seiner Bibel fand, eiferte auf der Kanzel, aus dem
Katheder und in öffentlichen Druckschriften gegen diesen Mißbrauch; er
mochte nicht glauben, daß der heilige Vater solchen Unfug erlauben würde,
wenn er hinlänglich davon unterrichtet wäre.
Luther wurde nun von Johann Tetzel und den übrigen Domini-
kanern auf's Leidenschaftlichste angegriffen. Daraus ließ er am Allerheiligen
Abend den 31. Oktober 1517 an der Schloßkirche zu Wittenberg fünf-
undneunzig Sätze in lateinischer Sprache anschlagen, die er zugleich
an den Erzbischof von Mainz und andere Bischöfe übersandte und zu einer
öffentlichen Disputation einlud über „ die wahrhaft christliche Art, Sünden
zu vergeben." Begreiflicher Weise erregte dies Vorgehen die höchste Er-
bitterung. Es antworteten Hochstrat, Konrad Wimpina, Professor zu
Frankfurt an der Oder, und Sylvester Mazolini, Magister des
heiligen Palastes in Rom, der sich nicht scheute öffentlich zu erklären:
„Es ist die reine katholische Wahrheit, wenn ein Prediger versichert, daß
die Seele in dem Augenblick aus dem Fegfeuer stiegt, sobald der Groschen
in den Kasten geworfen wird," daß sich der Ablaß „nicht aus ver heiligen
Schrift", aber aus den Satzungen der Päpste Nachweisen lasse, und
„daß die Autorität der Päpste größer sei, als die Autorität der heiligen
Schrift."
_ Solche Gegenreden konnten Luther's Meinung nur befestigen; sie
mußten ihm die unwiderlegliche Ueberzeuguug ausdringen, daß seine Gegner
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
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Extrahierte Personennamen: Leo_X. Leo_X. Albrecht_von
Brandenburg Albrecht Kurfürst_Erzbischof_von_Mainz Fugger Albrecht Johann_Tetzel Johann Johann_Tetzel Johann Konrad_Wimpina Konrad Sylvester_Mazolini
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Magdeburg Halberstadt Rom Wittenberg Mainz Frankfurt Rom
50
Eiligeres zu thun, als ein neues Bündniß mit dem Papste Clemens Vii.*),
mit Heinrich Viii. von England und den Venetianern zu schließen. Er
schickte eine Armee über die Alpen und ließ, unbekümmert um seinen Wort-
bruch, Neapel belagern. Eine in seinem Heere ausgebrochene Pest
zwang ihn aber, den Feldzug zu enden und den Rest seiner Truppen nach
Frankreich zurückzuführen. Noch an der Grenze von Italien erlitten die
Franzosen eine abermalige schmähliche Niederlage, bei welcher der berühmte
Bayard, der Ritter ohne Furcht und Tadel, den Heldentod
starb. Mailand und alle französischen Besitzungen in Italien fielen in
kaiserliche Hände.
Einer der gefährlichsten Gegner Franzens war Herzog Karl von
Bourbon, der, von ihm und von Franzens Mutter Louise von Sa-
voyen in seinen Rechten auf's Empfindlichste gekränkt, zu Kaiser Karl V.
überging. Als tapferer Feldherr führte er die kaiserlichen Truppen an und
hätte wohl in Frankreich selbst den König Franz, wenn nicht ganz zu ver-
nichten, doch zu harten Friedensbedingungen zu zwingen gesucht, wenn es
nicht an Geld gefehlt hätte, die Truppen zu bezahlen, denn Kaiser Karl V.,
Herr der neueröffneten Gold- und Silberminen von Amerika, König des
fruchtbaren Spaniens, der durch Handel und Gewerbfleiß wohlbegüterten
Niederlande, war gar oft in Bedrängniß, die nöthigen Mittel herbeizuschassen,
welche die Erhaltung seiner Heere erforderte.
Um den Papst für sein Bündniß mit Franz zu strafen, und das
murrende Kriegsvolk durch die Aussicht auf eine reiche Beute zu beschwich-
tigen, zog Bourbon, mit unsäglichen Beschwerden die Apenninen über-
steigend, bis vor die Stadt Rom, die er zu erstürmen beschloß. Bourbon
selbst siel, von einer feindlichen Kugel getroffen, bei dem ersten Angriff
auf die Mauern; die Kaiserlichen aber drangen über seine Leiche vorwärts.
Kaum hatte der Papst Zeit, sich in die Engelsburg zu flüchten; die Stadt
wurde der Plünderung preisgegeben, Paläste und Kirchen beraubt, das
Grab des heiligen Petrus durchwühlt, der Leiche Julius' Ii. der goldene
Ring vom Finger gezogen. Man rechnete, daß dem Heere bei 10 Millionen
Goldes an Werth in die Hände sielen, außer dem großen Lösegeld, welches
der Papst für seine Befreiung bezahlen mußte.
Im Jahre 1529, da weder Karl V. noch Franz I. Mittel hatten,
den Krieg fortzuführen, wurde durch zwei Damen, Margarethe von
Oestreich**), Statthalterin der Niederlande, und Louise von Savoyen,
*) Clemens Vii. war im Jahre 1523 dem Papste Hadrian Vi., einem
Niederländer und Karl's V. Erzieher, nachgefolgt. Hadrian Vi. hatte nur von
1521 bis 1523 den päpstlichen Stuhl inne gehabt und war Leo's X. Nachfolger
gewesen.
**) Margaretha war die geistreiche Tochter Kaiser Maximilians, welche
zuerst mit Johann, Jnfanten von Spanien, vermählt war, aber nach dessen
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Clemens_Vii Heinrich_Viii Heinrich Bayard Franzens Karl_von
Bourbon Karl Franzens Karl_V. Karl_V. Franz Franz Karl_V. Karl_V. Franz Franz Karl_V. Karl_V. Franz_I. Margarethe_von
Oestreich** Louise_von_Savoyen Clemens_Vii Hadrian Margaretha Maximilians Johann Johann
Extrahierte Ortsnamen: England Neapel Frankreich Italien Mailand Italien Frankreich Amerika Spaniens Niederlande Rom Niederlande Maximilians Spanien
60
vertrauteren Freunde zu Gaste; als das Mahl geeudigt war, bat er sie,
im Vorgefühle der großen Gefahr, welche der Sache des Evangeliums
drohte: „ja standhaft zu harren!" „So lang' ich lebe", sprach er, „wird's,
ob Gott will, keine Gefahr haben und guter Friede in Deutschland bleiben;
wenn ich aber sterbe, so betet! es wird wahrlich Betens brauchen und
unsere Kinder werden müssen nach den Spießen greifen und wird in
Deutschland übel stehen. Das Koncilium zu Trient ist uns sehr gram
und will uns überaus übel, darum sage ich, betet fleißig nach mei-
nem Tode!"
Im Anfänge des Jahres 1546 fuhr er mitten im Winter, obwohl
sehr leidend, nach Eisleben, wohin ihn die Grafen von Mansfeld, seine
ehemaligen Landesherren, zu kommen gebeten hatten, um einen Familien-
zwist zu schlichten. Da hatte Frau Katharina großen Kummer. Luther
aber schrieb ihr folgenden Brief:
„Meiner lieben Hausfrauen Katherin Lutherin, Doctorin, Selbs-
martyrin zu Wittenberg, meiner gnädigen Frauen zu Händen und Füßen.
Gnad' und Fried' im Herrn. Liese, du liebe Käthe, den Johannem und
den kleinen Catechismum, davon du einmal sagtest: es ist doch alles in
dem Buche von mir gesagt. Denn du willst sorgen für deinen Gott,
gerade als wäre er nicht allmächtig, der da könnte zehn Doctoren Mar-
tinus schaffen, wo der einige alte ersöffe in der Saal oder im Ofenloch
oder auf Wolfes*) Vogelherd. Laß mich in Frieden mit deiner Sorge,
ich habe einen bessern Sorger, denn du und alle Engel sind. Der liegt
in der Krippen zu Bethlehem, aber sitzet gleichwohl zur rechten Hand
Gottes des allmächtigen Vaters. Darum sei in Frieden. Amen."
In einem andern Briefe schreibt er beinahe unwillig über ihren
Kleinmuth:
„Ich sorge", schreibt er, „wo du nicht aufhörst zu sorgen, es möchte
uns zuletzt die Erde verschlingen und alle Elemente verfolgen. Lehrest du
also den Catechismum und den Glauben? Bete du und laß Gott sorgen,
es heißt: wirs deine Anliegen aus den Herrn, der sorget für dich, Pf. 55,
und viel mehr Orten."
Katharina hatte aber nicht umsonst gesorgt, denn was sie befürch-
tete, traf ein. Schon unterwegs setzten ihm Beklemmungen und Ohn-
mächten heftig zu, und in Eisleben nahm das Nebel mit jedem Tage mehr
überhand, bis ihn endlich heftige Brustschmerzen auf's Lager warfen.
Am 18. Februar gegen Abend sprach er zu Dr. Jonas, der mit ihm
gekommen war: „Es wäre doch sonderbar, wenn ich hier in Eisleben, wo
ich getauft wurde, auch sterben sollte; doch wie Gott will." Er legte sich
dann zur Ruhe, wachte aber gegen 1 Uhr wieder auf, und klagte über
zunehmende Beklemmung. Darauf kam vr. Jonas und seine drei Söhne,
*) Wolf Sieberger war Luther's Diener, der einst sich einen Vogelherd einrich-
tete, wogegen Luther eine launige Klagschrift der Vögel aufsetzte.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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Extrahierte Personennamen: Katharina Liese Katharina Jonas Jonas Wolf_Sieberger
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Eisleben Mansfeld Wittenberg Bethlehem Gottes Eisleben Eisleben
154
jesuitischen Einfluß, die Pulververschwörung (16055 hervor, deren
Plan war, den König sammt dem protestantischen Parlamente während
der Sitzung in die Luft zu sprengen. Zu diesem Zwecke waren heimlich
viele Pulverfässer in die Keller des Parlamentshauses geschafft worden,
die an dem Tage, an welchen: der König das Parlament eröffnen würde,
angezündet werden sollten. Der Anschlag wurde entdeckt und über die
Theilnehmer strenge Strafen verhängt.
So begann sich der politische Boden Englands zu unterhöhlen. Unter
der Regierung der Tudors war das Parlament nach und nach zu einem
Werkzeug der Despotie herabgesunken. Jakob war nicht im Entferntesten
gewillt, ihm freieren Spielraum zu gönnen; aber ihm fehlte die Kraft der
Tudors, die Zügel fest zu halten. Gewaltsame Maßregeln, wo es sich
darum handelte, Geld zu erpressen, und schwächliches Nachgeben, wo ihm
ein entschiedener Widerstand entgegentrat, untergruben die königliche Auto-
rität. Willkürliche Besteuerung und Taxen für die Ein- und Ausfuhr
aller Maaren, erzwungene Darlehen und Geschenke der reicheren Bürger
wurden endlich vom Parlamente für ungesetzlich erklärt, welches seine Be-
fugniß für Gesetzgebung, Steuerbewilligung und sein Recht, Rath und
Beschwerde in dringenden Fällen einzureichen, ernstlich in Anspruch nahm.
Jakob riß im Zorn das Blatt aus dem Protokoll, löste das Parlament
auf und ließ mehrere Glieder desselben gefangen setzen; der Geist des
Widerstandes aber blieb im Volke. Die Erbitterung wuchs durch die Hin-
richtung des großen Seehelden Walter Raleigh, welcher wegen der
freien Sprache, mit der er des Königs Eingriffe in die Freiheiten der
Nation tadelte, zuerst zwölf Jahre lang im Tower in Haft gehalten und
dann zum Tode verurtheilt wurde, Nach einer sturmvollen Regierung,
die nur durch strenge Maßregeln den Ausbrüchen der Unruhe und des
Aufruhrs zuvorkommen konnte, starb Jakob; ihm folgte sein Sohn Karl I.
als König (1625—1649).
Der junge Fürst brachte die Idee des vollen, absoluten Königthums
mit auf den Thron, wie sein Vater; statt dessen kränklicher Schwachheit
besaß er einen energischen Charakter und einen ungebändigten Herrscher-
stolz, leider aber denselben Mangel an Urtheil, Klugheit, Ein- und Über-
sicht der Zeiten und Verhältnisse. Von den Vorurtheilen seiner Stellung
und seiner Erziehung geblendet, unter dem Einflüsse des Herzogs von
Buckingham, des leichtsinnigen, gewissen- und gesinnungslosen Hof-
mannes, den er als eine böse Krankheit von seinem Vater geerbt hatte,
ging er in blinder Hartnäckigkeit den jahrelangen Weg zum Verderben.
Karl begann seine Regierung unter schwierigen Umständen. Im
Kriege mit Spanien, während die Heerführer in Deutschland Unterstützung
forderten, später auch durch Buckingham im Kampfe mit Frankreich, stie-
gen die Bedürfnisse der Regierung weit über die etwas kärglichen Be-
willigungen des Parlaments, welches seine Unterstützung auf die Bedingung
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Jakob Jakob Walter_Raleigh Jakob Karl_I. Karl_I. Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Englands Spanien Deutschland Frankreich
der Abhülfe einer Reihe von Beschwerden stellte, wodurch der König sich
verletzt und beleidigt fühlte. Er löste ein, zwei, drei Parlamente auf,
ließ allzu kühne Redner in's Gesängniß führen, verkaufte der römischen
Partei Religionsfreiheit für Geld und erhob eigenmächtig Abgaben, wie
das vom Parlament nicht bewilligte Pfund- und Tonnengeld, und er-
zwungene Anleihen. Im dritten Parlamente trat das Unterhaus kühn
und fest auf: „Wir sind vom Bolle gesandt, um seine Lasten zu erleich-
tern," hieß es; „wir werden dies ohne Furcht thun! Was wir verthei-
digen, ist alt; es ist die Freiheit des alten Englands, die Gesetze
Eduard's Iii. und die Magna Charta." Zugleich reichte das Par-
lament eine Schrift ein, in welcher es die Abschaffung aller Anleihen, der
eigenmächtig geforderten Abgaben und alles dessen verlangte, was nicht
vom Parlamente bewilligt worden sei. Der König widersetzte sich lange;
er hoffte, das Oberhaus werde diese Forderungen unterdrücken; allein die
Redner des Unterhauses siegten, der König mußte sich fügen. Die Unter-
zeichnung der „Bitte um Recht" (Petition of right), durch welche der
König sich verpflichtete, nie eigenmächtig Steuern und Taxen zu erheben,
nie eine Verhaftung vorzunehmen als auf dem Wege Rechtens, endlich
niemals sein Volk einem Kriegsgerichte zu unterwerfen, wurde mit uner-
meßlichem Jubel vom Volke empfangen; doch die Freude war von kurzer
Dauer. Karl war „treulos aus Grundsatz", d. h. er glaubte die göttliche
Majestät des Thrones nicht in bürgerlicher Weise an ihre Zusage gebun-
den. Von all den gegebenen Versprechen wurde keines erfüllt, und die
Krone verfuhr in gewohnter Weise. Buckingham, auf welchen der ganze
Haß des Volkes siel, wurde durch einen ehemaligen Offizier Namens
Felton ermordet. Die Puritaner, welche mit grimmigem Hasse die
Weltlichkeit der anglikanischen Kirche und das Wohlleben ihrer Bischöfe be-
lauerten, erhoben drohend ihr Haupt. Je mehr die Geistlichkeit Gehorsam
gegen den König predigte, desto entschiedener traten sie auf, die Freiheit
des Volkes zu vertheidigen.
Karl I. versuchte nun auf den Rath seines neuen Ministers, des
Grafen Strasford, und des.bischofs von London, Land, das Parla-
ment völlig zu umgehen; er regierte wie ein unumschränkter König, und
erzwang durch königliche Machtvollkommenheit Steuern und Anlehen,
deren er mehr als je bedurfte. Zugleich führte der Bischof Land eine
neue Liturgie ein, welche sich dem päpstlichen Kircheuwesen bedeutend an-
näherte und deshalb großen Anstoß erregte. Wie von allen guten Gei-
stern verlassen, wollte der König diese neue Liturgie auch in dein strenggläu-
bigen, presbhterianischen Schottland einführen. Als aber zu Edinburg ein
Dechant mit weißem Chorhemde vor dem Altare erschien, entstand ein
fürchterlicher Tumult in der Kirche. „Ein Papst! Der Antichrist! Stei-
nigt ihn!" rief man von allen Seiten. Dasselbe widerfuhr dem Bischöfe,
welcher die Kanzel betrat, um zu predigen; beide wurden von dem wü-
thenden Haufen bis nach Hause verfolgt und auf rohe Weise mißhan-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl_I.
Extrahierte Ortsnamen: Englands London Schottland Edinburg
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die begangenen Frevel zu erkennen. Sein milder Sinn schauderte zurück
vor einem solchen Abgrunde fanatischer Bosheit.
Die linthat trug unselige Früchte! Unter den Protestanten aller
Länder erhielt der Haß gegen die römische Partei neue Nahrung. Furcht-
bar rächte sich die schreckliche That an dem Könige selbst. Angst und Ge-
wissenspein zerrütteten ihm Leib und Seele! „Wenn er, ein langer, ha-
gerer Mann mit gebogener Habichtsnase und bleichen Wangen, vornüber-
gebückt einherging und mit stieren Augen hin und wieder schaute, es
war ein entsetzliches Schreckbild der Sünde und Strafe. Nachts sah er
in seinen Träumen Blutströme und Leichenhaufen, er hörte Gewimmer und
Todesgeschrei, er glaubte sich umringt von den Schatten der Ermordeten.
In den letzten Wochen zitterte er ununterbrochen und war außer Stande,
in irgend einer Stellung ruhig zu verweilen. Blut drang aus allen Poren
der Haut." Er starb vierundzwanzig Jahre alt am 30. Mai 1574, nicht
volle zwei Jahre nach der Bartholomäusnacht.
Bei dem Tode Karl's Ix. war Herzog Heinrich von Anjou,
der rechtmäßige Nachfolger d^s Königs, nicht in Frankreich. Katharina
von Medici hatte ihm, ihrem Liebling, mit vielem Gelde (1573) die
polnische Krone verschafft, und Heinrich war schon seit vier Monaten in
Krakau, als am Hofe zu Paris sich noch während der Krankheit Karl's Ix.
die Partei der sogenannten Politiker gebildet hatte, welche den vierten
Sohn Heinrich's Ii., den Herzog Franz Herkules von Alenyon,
zum Könige von Frankreich erheben wollten. Katharinen gelang es
zwar, diese Verschwörung zu unterdrücken, indem sie einige Herren vom
Hofe hinrichten ließ, aber nach dem Tode Karl's begab sich der Herzog
von Alenyon zu den Hugenotten, denen sich auch der König von Navarra,
nachdem er aus Paris entwichen und den nach der Bartholomäusnacht
abgeschworenen Glauben wieder angenommen hatte, anschloß. Jetzt erhob
sich der Religionskrieg von Neuem. Da verließ Heinrich Polen in
größter Eile, ohne Abschied zu nehmen, und kam nach Frankreich. Um ihm
den Thron zu verschaffen, schloß Katharina mit den Hugenotten unter
den billigsten Bedingungen einen neuen Frieden, durch welchen ihnen die
früher zugestandenen Rechte abermals zuerkannt wurden.
König Heinrich, seines Namens der Dritte (1574 —1589), lebte
in einem steten Taumel sinnlicher Vergnügungen, ohne sich viel um die
Regierung zu bekümmern. Verdorbene und leichtfertige Menschen, er
nannte sie seine Mignons (Schooßkinder), die gleich ihm selbst oft Tage
lang in Frauenkleidern und mit Schmuck überladen im Schlosse umher-
gingen, waren seine Gesellschafter. In solchem Auszuge empfing Hein-
rich Iii. nicht selten Audienzen, ging er in die Kirche, in's Schauspiel,
zum Balle und zur Tafel. Bälle, Gastmähler, Maskeraden wechselten mit
Andachts- und Bußübungen, welche kaum besserer Art waren, als die
Sünden, die man durch sie abzubüßen gedachte. Es wurde um ungeheuere
Summen gespielt, und wenn nichts mehr den erschöpften König vergnügen
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Anjou Heinrich Katharina
von_Medici Heinrich Heinrich Franz_Herkules_von_Alenyon Franz Heinrich_Polen Heinrich Katharina Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Krakau Paris Frankreich Navarra Paris Frankreich
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Hierarchie. Das Edikt sprach den protestantischen Fürsten und Ständen
das Recht ab, geistliche Stiftungen ihres Gebietes dem Passauer Vertrage
gemäß einzuziehen, verordnet^ die Wiederherstellung (Restitution) aller
seit jenem Vertrage eingezogenen oder evangelisch gewordenen Bisthümer,
Erzbisthümer, Stifter, Kirchen, Klöster re., gleichviel, ob sie dem Reiche
mittelbar oder unmittelbar unterworfen waren, und wenn man sich nicht
gutwillig fügen wollte, „nächst gelegene Armada, sowohl kaiserlich, als auch
katholischer Lige Volk, zu reqniriren."
Durch die Vollziehung des Edicts bekamen die staatlichen und kirchlichen
Zustände fast dasselbe Ansehen, wie zur Zeit Karl's V. Nur für das
Volk waren die Leiden des Krieges verzehnfacht. Ferdinand kämpfte
für die Ausbreitung seiner Macht, für die Wohlfahrt des Reiches hatte er
kein Herz. Es schien, als sollten die Zeiten der wilden Barbarei zurück-
kehren und Alles in Trümmer gehen. Ein glaubwürdiger Zeuge des all-
gemeinen Elendes ist der Bruder des Kaisers, der Erzherzog Leopold,
welcher also an Ferdinand schrieb: „Ew. kaiserliche Majestät glauben
nicht, wie das Kriegsvolk auf den Durchzügen hauset. Ich bin auch etliche
Jahre dem Kriegswesen nachgezogen, aber solche Gräuel, wie itzt, habe ich
nicht gesehen, auch nie verstattet. Es kann im Kriege ohne allen Schaden
nicht abgehen, allein das Brennen, das Todtschlagen, das Abschneiden der
Ohren und Nasen und andere Martern, welche den armen Leuten ange-
than werden, können die Offiziere gar wohl verhindern. Ich weiß wohl,
man will Ew. Majestät solche Sachen ausreden, aber ich versichere Sie,
daß das, was ich schreibe, Wahrheit ist. Mir, Ew. Majestät getreuestem
Bruder, können Sie soviel glauben. Die Offiziere spicken ihre Beutel mit
der armen Leute Schweiß und Blut; und ich könnte mehrere nennen, die
vor kurzer Zeit schlecht eingezogen sind, jetzt aber drei- oder viermal hun-
derttausend Gulden baares Geld besitzen. Die Summen erhielten sie nicht
vom Feinde, sondern sie preßten sie der katholischen Fürsten armen Unter-
thanen ab. Die Ungeduld fängt an so groß zu werden, daß ich mich in
meinem Gewissen verbunden fühle, alles dies Ew. Majestät zu berichten.
Eine gute Anmahnung an den Herzog von Friedland wird nicht
schaden können. Ich bitte Ew. kaiserliche Majestät um Gottes Barmher-
zigkeit willen, mein Schreiben nicht in Ungnade anfzunehmen."
Unterdessen waren in der Mitte der römischen Partei selbst Elemente
hervorgetreten, welche die Einheit störten, durch die der Kaiser so stark
geworden war, und die durch Ströme Blutes erkauften Vortheile auf's
Neue in Frage stellten. Frankreich, von Richelieu geleitet, war neidisch
auf Ferdinand's Macht und suchte der Erweiterung derselben Einhalt
zu thun; auch die Häupter der Liga fürchteten, daß der Kaiser übermächtig
werden möchte; der Papst hegte dieselbe Besorgniß, so sehr ihn auch das
Streben Ferdinand's in Deutschland befriedigen mußte. Daher schloß sich
der Papst an Frankreich und dadurch mittelbar sogar an die deutschen
Protestanten an, weil diese von Frankreich begünstigt wurden; ja es kam
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Leopold Leopold Ferdinand Richelieu
Extrahierte Ortsnamen: Friedland Gottes Frankreich Deutschland Frankreich Frankreich