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1. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 35

1911 - Magdeburg : Creutz
Sagen, 35 einem Male der wüste Lärm in schallendes Gelächter, denn ein Ratsherr hatte auf eine Tafel in großen Lettern geschrieben: „Der Roland foll stehen bleiben, wir wollen ihn nur nicht länger haben, weil er uns schon lang genug ist!" Damit war das Mißverständnis aufgeklärt. Die guten Bürger sahen, daß sie von dem ver- meintlichen Künstler arg genasführt waren. Kein Wunder also, daß sich ihr Unmut gegen ihn wandte. Als sie den Schalk griffen, steckten sie ihn zur Strafe in den Wendenturm, Im Nu aber entwich er mit einem Hohngelächter: und jeder wußte nun, daß der vermeintliche Künstler der leibhaftige Teufel gewesen war. Der Rolaud war in der früheren Zeit für die Stadt Stendal das Zeichen der eigenen Gerichtsbarkeit. Die im Jahre 1525 am Rat- hause errichtete Stein- figur gehört zu den größten, die wir besitzen. Der gewaltige Körper ruht auf starken Beinen, dessen Waden stärker sind als der Brustumfang eines kräftigen Mannes, Durch den schweren Pan- zer wird der Körper ge- schützt. Die erhobene rechte Hand hält das 4 m lange Schwert, das Werkzeug des strafenden Rechts; die linke Hand umfaßt den Schild mit dem brandenburgischen Adler, das Sinnbild des Schutzes. So er- innert der Roland an die frühere Größe und Selbst- ständigkeit der Stadt Stendal. Der Roland am Rathaus in Stendal. 2. Der wunderbare Ring im Schlosse zu Calbe a. M. In einer Nacht erschien der Schloßherrin eine Frauengestalt mit einem Lichte und flehte sie an um Hilfe und Beistand bei einer Kranken, Als die Edelfrau ein- willigte, bat die Erscheinung, von der Kranken weder Essen noch Trinken noch irgend ein Geschenk anzunehmen, da sonst Unglück über das Schloß und die Familie kommen würde. Die Herrin tat nach dem Gebote, und die Kranke wurde wieder gesund. Da kam eines Tages der Mann der Kranken und überreichte der Schloßherrin eine Schüssel mit gemünztem Golde. Doch die Herrin dachte an das Gebot der Er- 3*

2. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 42

1911 - Magdeburg : Creutz
42 3. Das Land zwischen Ohre, Elbe, Saale und Harz. Höhen auch benannt wurden. Die Spiegelsberge sind ein viel besuchter Aufenthaltsort der Halberstädter; aber auch von Fremden werden sie gern bestiegen. Unter den Gebäuden sind sehenswert: das Jagdschloß, in dessen Felsenkeller ein riesiges Weinfaß (161 000 1) liegt, das Mausoleum und der sechseckige Aussichtsturm. Aus seinen Fugen und Nischen gucken Tiersiguren, z. B. Füchse, Schlangen, Hasen, Hunde, Eulen, hervor. An die Spiegelsberge reihen sich im So. die Klusberge mit dem frei- stehenden Sandsteinfelsen „Teufelsstuhl" und weiter im S. die Theken- berge mit dein „Gläsernen Mönch". Fast genau im S. von Halberstadt liegt der Hoppel- oder Sargberg; denn von der Westseite gesehen gleicht er einem großen Sarge. Der Hoppelberg hat eine bedeutende Höhe (300 m) und gewährt einen wundervollen Überblick über die gesegnete Landschaft und den Harz. 4. Der Hui und der Hakelwald. Der Huiwald, d. h. Hochwald, ist ein schön bewaldeter (Bucheu) Höhenzug. Er reicht im O. fast bis an die Bode. Aus der höchsten Stelle liegt das alte Kloster Huyseburg. Am nördlichen Rande des Kloster- berges liegt die Daneilshöhle, worin viele Jahre ein gefährlicher Räuber hauste. Die Olenburg bei Badersleben war eine bedeutende Wallburg. Ihre Wälle sind zum Teil noch recht gut erhalten. — Unter den „Kölligs- buchen" steht ein Stein mit der Inschrift: Mit Ehrfurcht, Wanderer, zieh' den Hut; Denn unter'm Dome dieser Buchen Hat, Schatten so wie du zu suchen, Held Gustav Adolf einst geruht. Aus dem rechten Bodeufer dehnt sich in gleicher Richtung der waldige Hakel aus. Die Dumburg liegt an seiner höchsten Stelle. Der Hakelwald war nach der Sage des Oberjägermeisters Hans Hakelbergs liebstes Jagdgebiet. Er starb zwar an der Wunde eines Eberzahns, jagt aber nach seinem Tode im Hakel noch weiter. Mit Hallo-Geschrei, begleitet von seinen Genossen und den Hunden, rast er nachts den Hakel auf und uieder. In seinem Gefolge befindet sich auch eine Ohreule, die Tut-Ursel. Diese war früher eine Nonne und wurde in eine Eule verzaubert. Die Dumburg ist ihr Aufenthalt. 5. Der Alvenslebener Höhenzug. Der Alvenslebener Höhenzug bildet eine breite Hochfläche, die sich quer vor die Bode lagert. Dadurch wird diese gezwungen, ihre nördliche Richtung zu ändern. Der Alvenslebener Höhenzug erreicht in dem Felsen berge bei Magdeburg seine höchste Höhe. Er besteht aus Erd- und Sandhügeln, die der Pflug des Landmannes bis zum Gipfel beackert. Nur hier und da sind die Höhen bewaldet. (Das Hohe, das Saure, das Eggeuftedter Holz, der Marienborner Wald.) In seinem nördlichen Teile birgt der Höhenzug treffliche Bausteine (Porphyr, Sandstein und Grau- wacke), die in Steinbrüchen gebrochen werden. Vom Alvenslebener Höhen- zuge zweigt sich nach O. ein Höhenzug ab, der von Gr.-Wanzleben bis

3. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 49

1911 - Magdeburg : Creutz
Sagen. 49 einem Male der wüste Lärm in schallendes Gelächter, denn ein Ratsherr hatte auf eine Tafel in großen Lettern geschrieben: „Der Roland soll stehen bleiben, wir wollen ihn nur nicht länger haben, weil er uns schon lang genug ist!" Damit war das Mißverständnis aufgeklärt. Die guten Bürger sahen, daß sie von dem ver- meintlichen Künstler arg genasführt waren. Kein Wunder also, daß sich ihr Unmut gegen ihn wandte. Als sie den Schalk griffen, steckten sie ihn zur Strafe in den Wendenturm. Im Nu aber entwich er mit einem Hohngelächter; und jeder wußte nun, daß der vermeintliche Künstler der leibhaftige Teufel gewesen war. Der Roland war in der früheren Zeit für die Stadt Stendal das Zeichen der eigenen Gerichtsbarkeit. Die im Jahre 1525 am Rat- hause errichtete Stein- sigur gehört zu den größten, die wir besitzen. Der gewaltige Körper ruht auf starken Beinen, dessen Waden stärker sind als der Brustumfang eines kräftigen Mannes. Durch den schweren Pan- zer wird der Körper ge- schützt. Die erhobene, rechte Hand hält das 4 m lange Schwert, das Werkzeug des strafenden Rechts; die linke Hand umfaßt den Schild mit dem brandenburgischen Adler, das Sinnbild des Schutzes. So erinnert der Roland an die frühere Größe und Selbstständig- keit der Stadt Stendal. Der Roland am Rathaus in Stendal. 2. Der wunderbare Mug im Schlosse zu Calbe a. M. In einer Nacht erschien der Schloßherrin eine Frauengestalt mit einem Lichte und flehte sie an um Hilfe und Beistand bei einer Kranken. Als die Edelfrau ein- willigte, bat die Erscheinung, von der Kranken weder Essen noch Trinken noch irgend ein Geschenk anzunehmen, da sonst Unglück über das Schloß und die Familie kommen würde. Die Herrin tat nach dem Gebote, und die Kranke wurde wieder gesund. Da kam eines Tages der Mann der Kranken und überreichte der Schloßherrin eine Schüssel mit gemünztem Golde. Doch die Herrin dachte an das Gebot der Er- Henze-Kohlhase, Die Provinz Sachsen. Ausgabe A. 4

4. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 56

1911 - Magdeburg : Creutz
56 3. Das Land zwischen Ohre, Elbe, Saale und Harz. Höhen auch benannt wurden. Die Spiegelsberge sind ein viel besuchter Aufenthaltsort der Halberstädter: aber auch von Fremden werden sie gern bestiegen. Unter den Gebäuden sind sehenswert: das Jagdschloß, in dessen Felsenkeller ein riesiges Weinsaß (161 000 1) liegt, das Mausoleum und der sechseckige Aussichtsturm. Aus seinen Fugen und Nischen gucken Tierfiguren, z. B. Füchse, Schlangen, Hasen, Hunde, Eulen, hervor. Au die Spiegelsberge reihen sich im So. die Klusberge mit dem frei- stehenden Sandsteinfelsen „Teufelsstuhl" und weiter im S. die Theken- berge mit dem „Gläsernen Mönch". Fast genau im S. von Halberstadt liegt der Hoppel- oder Sargberg; denn von der Westseite gesehen gleicht er einem großen Sarge. Der Hoppelberg hat eine bedeutende Höhe (300 m) und gewährt einen wundervollen Überblick über die gesegnete Landschaft und den Harz. 4. Der Hui und der Hakelwald. Der Hniwald, d. h. Hochwald, ist ein schön bewaldeter (Buchen) Höhenzug. Er reicht im O. sast bis an die Bode. Auf der höchsten Stelle liegt das alte Kloster Huyseburg. Am nördlichen Rande des Kloster- berges liegt die Daneilshöhle, worin viele Jahre ein gefährlicher Räuber hauste. Die Olenburg bei Baderslebeu war eine bedeutende Wallburg. Ihre Wälle sind zum Teil uoch recht gut erhalten. — Unter den „Königs- buchen" steht ein Stein mit der Inschrift: Mit Ehrfurcht, Wanderer, zieh' den Hut; Denn unter'm Dome dieser Buchen Hat, Schatten so wie du zu suchen, Held Gustav Adolf einst geruht. Auf dem rechten Bodenfer dehnt sich in gleicher Richtung der waldige Hakel aus. Die Dumburg liegt au seiner höchsten Stelle. Der Hakelwald war nach der Sage des Oberjägermeisters Hans Hakelbergs liebstes Jagdgebiet, Er starb zwar an der Wunde eines Eberzahns, jagt aber nach seinem Tode im Hakel noch weiter. Mit Hallo-Geschrei, begleitet von seinen Genossen und den Hundert, rast er nachts den Hakel auf und nieder. In seinem Gefolge befindet sich auch eine Ohreule, die Tut-Ursel. Diese war früher eine Nonne und wurde in eine Eule verzaubert. Die Dumburg ist ihr Aufenthalt. 5. Der Alvenslebener Höhenzug. Der Alvenslebener Höhenzug bildet eine breite Hochfläche, die sich quer vor die Bode lagert. Dadurch wird diese gezwungen, ihre nördliche Richtung zu ändern. Der Alvenslebener Höhenzug erreicht in dem Felsenberge bei Magdeburg seine höchste Höhe. Er besteht aus Erd- und Sandhügeln, die der Pflug des Landmannes bis zum Gipfel beackert. Nur hier und da sind die Höhen bewaldet. (Das Hohe, das Saure, das Eggenftedter Holz, der Marienborner Wald.) In seinem nördlichen Teile birgt der Höhenzug treffliche Bausteine (Porphyr, Sandstein und Grau- wacke), die in Steinbrüchen gebrochen werden. Vom Alvenslebener Höhen- znge zweigt sich nach O. ein Höhenzug ab, der von Gr.-Wanzleben bis

5. Die Heimat - S. 57

1899 - Leipzig : Degener
— 57 — Einst fuhr ein Bauer Getreide nach Quedlinburg. Auf dem Wege schlief er auf dem Wagen, und die Pferde kamen vom rechten Wege ab. Schließlich standen sie still. Der Bauer.erwachte und sah vor sich eiue große Höhle. Er giug hinein und bemerkte dort einen Kessel. Derselbe war mit blinkenden Goldstücken gefiillt. Ein großer Hund bewachte den Schatz. Da der Hund aber ruhig blieb, füllte der Bauer seine Taschen mit diesem Golde. Er ging hinaus und trug das Gold auf seinen Wagen. Er kehrte zurück, um uoch mehr zu holen. Da aber begann der Hund ein fürchterliches Geheul. Der Bauer erschrak und stürzte aus der Höhle. Vor Schreck brach er ohnmächtig zusammen. Er sah nicht, wie sich neben ihm die Erde aufthat, Feuer heraus- sprühte und zwei Felsen, „die Gegensteine" aus dem Boden emporwuchsen. Als der Bauer er- wachte, erkannte er in dem großen Hunde den Teufel, der eben in einen der beiden Felsen kroch. Auf seinem Wagen aber fand der Bauer statt des Goldes nur Kieselsteine. In weiterem Abstände vom Harze liegt nördlich von Blankenburg der Regen- stein, die Sandsteinfeste der Raubgrafen vom Regenstein. *) Westlich davon liegt ein stumpfer Bergkegel mit der Ruine Heimburg. Es folgen weiter nach Norden der Hoppel- oder Sargberg mit dachfirstähnlichem Rücken und die Zwieberge. Die nächsten Höhen sind die Thekenberge mit der Felsgruppe des gläsernen Mönchs. Nördlich davon befinden sich die Spiegelschen Berge (204 m) und die Klusberge. Nördlich von Halberstadt schließt ein langer Höhenzug die breite Mulde vor dem Nordrande des Harzes ab. Dieser Höhenzug besteht aus Fallstein (im Westen), Hnywald (— Hochwald) in der Mitte (bis an die Bode) und Hakel- Wald (östlich von der Bode). Bewässert wird diese wellige Mulde von der Ilse im Westen, von Holtemme, Goldbach und Bode in der Mitte, von der Selke im Osten. Die Bode durchbricht deu nördlichen Rand der Mulde bei Gröningen. Der Huy (308 m) ist ein schöner Buchenwald. Auf der Höhe steht das Benediktinerkloster Huysburg, das 1804 ausgehoben wurde. Ju der Nähe besindet sich die Daneilshöhle (ehemalige Räuberhöhle). Sage'!**) An der Huy-Chaussee steht unter den Königsbuchen ein Denkmal mit der Inschrift: „Mit Ehrfurcht, Wandrer, zieh den Hut; denn unterm Dome dieser Buchen hat, Schatten so wie du zu suchen, Held Gustav Adolf einst geruht." Der Hakelwald, auf dessen höchster Stelle die Dumburg liegt, war nach der Sage das Jagd- gebiet des Oberjägermeisters Hans Hakelbergs. ***) Nördlich vom Huywalde und Fallstein senkt sich das Land zu einer sumpfigen Gegend ab, die vom Bruch- oder Schiffgrabeu, der von der Bode bei Oschersleben in westlicher Richtung nach der Ilse führt, entwässert wird. An dieses Gebiet schließen sich im Norden noch drei Erhebungen: der lang- gestreckte Alvenslebener Höhenzug, der nördlich von Oschersleben beginnt und zu beiden Seiten der Aller in nordwestlicher Richtung über Helmstedt *) cf. Julius Wols, Der Raubgras. **) Hier hauste in alten Zeiten der Räuber Daneil. Er hatte unter dem Grase Drähte durch den ganzen Wald gelegt, die alle in der Höhle zusammenliefen, wo sie mit Glöckchen ver- bunden waren, die ihm die Wanderer anzeigten. Was durch den Wald ging und in seine Hände kam, wurde beraubt und ermordet. Sogar seine Kinder tötete er, sobald sie geboren waren, damit sie seinen Schlupfwinkel durch ihr Schreien nicht verraten konnten. Seine unglückliche Frau entfloh und verriet seinen Aufenthaltsort. Da kamen die Leute, um den Räuber zu fangen. Aber Daneil hatte seine Höhle von innen fest verrammelt. Da bohrte man von oben ein Loch in die Höhle und füllte sie mit heißem Brei und heißem Wasser. So mußte Daneil sterben. ***) cf. Julius Wolf, Der wilde Jäger.

6. Heimatkunde der Provinz Sachsen - S. 26

1914 - Frankfurt am Main : Diesterweg
26 Heimatkunde der Provinz Sachsen. winnt man besonders Blei, Eisen und Silber. Die Kahrstühle, Pumpen und Pochwerke werden durch Wasserkraft bewegt. In zahlreichen Teichen hat man daher die Gebirgswässer gesammelt und von hier aus nach den Betriebsstätten geleitet. Oft dringt das Wasser in die Erzgänge ein. Es wird dann durch Maschinen gehoben und in die Stollen abgeleitet, vas sind tiefliegende Kanäle. Einer dieser Stollen ist über vier Stunden lang. Kbb. 20. Förderung mittelst Förderwagen. (Nach einer Photographie von Spieß, Emleben,) Im Rummelsberg bei Goslar wird besonders Rupfer gewonnen, auch Blei und etwas Gold. 5lus dem Leben des Bergmannes berichtet die Sage: Der Bergmönch im harz. Zwei Bergleute arbeiteten immer zusammen. Einmal bemerkten sie an der Arbeits- statte, daß sie nicht genug (Di auf ihren Lampen hatten. Oa wurden sie sehr ängstlich.

7. Heimatkunde der Provinz Sachsen - S. 27

1914 - Frankfurt am Main : Diesterweg
A. Die Thüringer Mulde. 27 Abb. 21. Hundejunge. (Nach einer Photographie von Spieß, Eisleben.) Venn sie konnten im Dunkeln nicht zurück, weil der Schacht so gefährlich war. Auf einmal sahen sie ganz fern in der Strecke ein Licht. Oa§ kam ihnen entgegen. Da freuten sie flbb. 22. Gruppe von Bergleuten. (Nach einer Photographie von Lpieß, Etzleben.)

8. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 348

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
— 348 — • , • ■ • * an die Dörfer, ja selbst an die Städte heran. Die schilfbewachsenen Ufer der Flüsse, die ungeheuren schilsartigen Bambusgebüsche und andere Dickungen sind seine Lieblingsplatze. Er hat alle Sitten und Gewohnheiten der Katzen, aber sie stehen bei ihm im gleichen Verhältniß zu seiner Größe. Seine Bewegungen sind jedoch ebenso anmuthig wie die kleinerer Katzen, und dabei ungemein rasch, gewandt und zugleich ausdauernd. Er schleicht unhörbar dahin, versteht gewaltige Sätze zu machen, klettert trotz seiner Größe rasch und geschickt an Bäumen empor, schwimmt meisterhaft schnur- gerade über breite Ströme und zeigt dabei immer die bewunderungswürdigste Sicherheit in der Ausführung jeder einzelnen Bewegung. Er ist kein eigentliches Nachtthier wie der Löwe, sondern streift, wie die meisten Katzen, zu jeder Tageszeit umher, wenn er auch den Stunden vor und nach Sonnenuntergang den Vorzug giebt. An Tränkplätzcn, Landstraßen, Dorfwegen, Waldpfaden und dergleichen legt er sich auf die Lauer; am allerliebsten in dem Gebüsch an den Flußusern, weil hier ent- weder die Thiere zur Tränke kommen oder die Indier herabsteigen, um ihre frommen Uebungen und Waschungen zu verrichten. Eigentlich ist kein Thier vor dem entsetzlichen Räuber sicher; er greift selbst den jungen Ele- phanten und das junge Nashorn an, wenn er sich auch an die alten Thiere nicht wagt und einem ausgewachsenen Elephanten unterliegen muß. Sämmtliche Säugethiere, vielleicht mit Ausnahme der anderen Raubthiere und der übrigen Katzenarten, fallen ihm zur Beute, und er stürzt sich eben- sowohl auf die stärksten, als auf die schwächsten. Außerdem holt er sich auch aus der Klasse der Vögel, ja selbst aus der Klasse der Lurche hier und da eine Beute. In denselben Dickungen, in welchen er sich aufhält, woh- nen auch viele Hühnerarten, namentlich die Pfauen. Gerade sie haben es sehr häufig mit den Tigern zu thun und kennen ihn deshalb genau. Sie werden auch gewöhnlich zum Verräther des still dahinschleichcnden Raub- thieres, indem sie entweder geräuschvoll auffliegen und Schutz vor ihm suchen oder, wenn sie bereits gebäumt haben, ihre weittönende Stimme aus- stoßen, den übrigen Geschöpfen gleichsam zur Warnung. Auch die Affen verleiden ihm oft seine Jagd. Der Tiger belauert und beschleicht schlangenartig seine Beute, stürzt dann pfeilschnell mit wenigen Sätzen auf dieselbe los und schlägt die Kral- len mit solcher Kraft in den Nacken ein, daß auch das stärkste Thier sofort zu Boden stürzt. Die Wunden, welche er schlägt, sind immer außerordent- lich gefährlich; denn nicht bloß die Nägel, sondern auch die Zehen dringen bei dem fürchterlichen Schlage ein. Ein Tiger, welcher bei dem Marsche eines Regiments ein Kameel angriff, brach diesem mit einem Schlage den Schenkel. Ein anderer soll sogar einen Elephanten umgeworfen haben. Pferde, Rinder und Hirsche wagen gar keinen Widerstand, sondern ergeben sich, wie der Mensch, schreckerfüllt in das Unvermeidliche. Bloß die muthigen männlichen Büf- fel gehen zuweilen auf den Tiger los und wissen ihm mit ihren tüchtigen Hörnern auch erfolgreich zu begegnen. Deshalb betrachten sich die in-

9. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 397

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
397 Baume suchen, hört mau zugleiäs ein eigenthümlich langsames Dahinstreifen zwischen dem halbgedörrten Laube, und wenn man den wellenförmigen Be- wegungen die Blicke zuwendet, sieht mau die Boa, wie sie sich an einem starken Baumstamm hinaufschlängelt, wie sie sich zuerst langsam, dann rascher dehnt und schließlich schnell wie ein Wurfspieß mit dem Kopf in die Ferne schießt. So wie die Schlange erwacht und ihre Bewegungen beginnt, suchen alle kleinen Reptilien und Jnsecten zu entfliehen, aber durch eine unbezwingliche Furcht festgebannt, vermögen sie nur einige krampfhafte Be- wegungen zu machen und stürzen fast sich selbst in den göffneten Rachen des Thieres. Aber nur dann füllt sich das träge Thier den Bauch mit Tausenden von Jnsecten, wenn es ihm nicht gelang, einen Büffel oder ein anderes großes Thier zu erhaschen. Der Büffel ist die gewohnte Nahrung dieser Schlange. So wie sie ihn von der Seite her gepackt hat, schleift sie das starke Thier nach einer dichten Stelle des Waldes und erstickt es durch ihre Umwindungen trotz seines starken Knochenbaues, unter stöhnendem Gebrüll des Opfers. Wenn sie die Knochen -des Thieres zerbrochen, überzieht sie es mit ihrem Geifer, knetet und dehnt es in die Länge. Nun läßt sie los, legt sich aus- gestreckt dem Kopfe des todten Büffels gegenüber, öffnet ihren Rachen, dessen Dehnbarkeit jede Vorstellung übersteigt, preßt alle Ringe fest an einander und zieht so gewissermaßen das Thier in sich hinein. Ist der Büffel etwa zur Hälfte verschlungen, so beruhigt sich die gefräßige Boa, wird träge, schläft ein wie ermattet vom Kampfe und mit dem halbver- schlungenen Thiere im Rachen. In diesem Zustande ist sie leicht zu tödten. Die Jäger knien nieder zu beiden Seiten des Thieres vom Kopf an in langer Reihe, legen ihre vergifteten Pfeile auf den Bogen und schießen auf ein gegebenes Zeichen alle zugleich. So tödten die Malaien auf Timor die Boa, so oft ihnen das ängstliche Gebrüll der Büffelherde verkündet, daß einer von ihnen durch die Boa geraubt sei. Jede andere Jagd ist zu gefähr- lich , denn die Kugel vermag das stets sich windende Thier gewöhnlich nicht zu treffen und besonders nicht tödtlich zu treffen, und die nach allen Seiten sich hinschleudernde Schlange ergreift ihren Gegner aus weiter Ferne. Nur indem man sie mit Feuer umzingelt und in der Mitte zusammenbrennt, ist der kampffähigen Schlange der Tod zu bringen. Zuweilen wagt sich die Schlanze aus den Wäldern über die Ebene nach den Wohnungen der Menschen hin, dann schleicht sie, unter Gebüsch und Erdvorsprüngen sich verbergend, ebenso vorsichtig näher, als der Tiger oder der Schakal, dem Orte zu, wo sie angreifen will. Im Augenblicke des Angriffs aber packt sie in raschem Wurf ihr Opfer, indem sie vorwärts, rückwärts, hin und her gleichsam taumelnd den Vorderkörper schleudert, einer lebhaft züngelnden Flamme vergleichbar. Um sich selbst gegen diese Gefahr zu sichern, binden die Menschen in der Nähe ihrer Wohnung einen Büffel mit Stricken, die durch die Nase gezogen sind, fest an einen Baum und werden so zugleich Herren der Schlange. Ist die Boa aber vom hef- tigen Hunger geplagt, dann geht sie schneller zu Werke. Dann läßt sie alle Vorsicht bei Seite, rasch und entschieden ist dann ihr Lauf, stolz schwingt

10. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 357

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
357 Kindern die Körbe mit Erdbeeren ausgeleert, ohne ihnen Schaden zuzu- fügen. Honig ist ihm der größte Leckerbissen, und auf diese kleine Lieb- haberei gestützt, hat man mehrere sehr sinnreiche Fangarten erdacht. Man macht nämlich in Rußland eine Honigspur bis zu dem Baume, der einen Bienenstock enthält, und befestigt an ein Seil einen tüchtigen Klotz, welcher dann vor dem Eingang wie ein Pendel hängt. Der Bär, sehr vergnügt, den Baum mit seinen Leckerbissen gefunden zu haben, besteigt solchen, findet aber jene zu seinem Leidwesen versperrt. Da er nun bemerkt, daß der Klotz beweglich ist, giebt er demselben einen tüchtigen Stoß, daß er davon fliegt. Der aber kommt wieder und versetzt ihm einen derben Schlag auf das Gesicht; darüber brummig, schleudert er ihn noch weiter, allein die Schläge werden immer heftiger, bis sie ihn besinnungslos in die unter dem Baum eingebohrten spitzigen Pfähle stürzen. Fehlt ihm Pflanzennahrung, so wird er in Folge seiner Stärke zu einem schädlichen Raubthier; denn er greift dann die größten Thiere an und verursacht z. B. aus den Alpen großen Schaden. Er geht oft auf ganze Herden von Kühen los, die er so lange herumhetzt, bis ihm eine zur Beute wird, indem er sie erhascht oder in einen Abgrund stürzt. Auch schleicht er bei nebeliger Witterung unter die Herde und springt, weil er die Hörner fürchtet, einer Kuh auf den Rücken, die er am Halse so lange würgt, bis sie ermattet zusammenstürzt. Seine Lieblingsstücke sind dann die Euter und die Nieren, die er zuerst frißt. Den Rest vergräbt er, um ihn, wenn er keinen frischen Raub auftrciben kann, die nächste Nacht wieder aufzusuchen. Die Pferde treiben ihn öfters durch Ausschlagen und Beißen zurück, weshalb er sie nur, wenn ihn der heftigste Hunger plagt, anfallen soll. 78. Der Winterschlaf. Bei der allmählichen Ausbreitung der Thiere und Gewächse näherten sie sich nach und nach den Polen und kamen in Gegenden, wo die Kälte sie einen Theil des Jahres, vielleicht mehrere Monate hindurch, ver-
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