26 Eine Försterfamilie aus dem Kreise Oletzko vier Wochen in einem Waldversteck.
und fuhr auf meinem Dienstlande auf. Offiziere mit Karten in den Händen beratschlagten. Wieder jagte die Artillerie auf Wachlacken zu, sie hatten sick-verfahren. In wilder Flucht zogen sich die Russen zurück und waren am 10. September, mittags, verschwunden.
Mit welcher Freude ich unsere Truppen begrüßte, kann ich nicht beschreiben. Meine Gefangenschaft war somit beendet.
„Nach der „Königsb. Allg. Zeitung".
17. Eine Försterfamilie aus dem Kreise Oletzko vier Wochen in einem Waldversteck.
Viele Ostpreußen suchten beim Russeneinfall im August 1914 in den Wäldern Schutz. Sie fuhren mit Kind und Rind ins Dickicht und wohnten dort. So hatte sich auch ein naher Verwandter von mir, ein Königlich Preußischer Hegemeister *), im Walde ein Versteck eingerichtet.
Mit seinem Sohn, der einige Tage später zu den Jägern einrücken mußte, hatte er schon rechtzeitig eine geeignete Stelle in seinem Revier (spr. rewier) ausgesucht. Inmitten eines mit dichten, jungen Kiefern bestandenen Bruches lag eine Anhöhe, nicht weit vom Ufer eines kleinen Sees. Dort gruben die Männer einen Teil der Bergwand senkrecht ab und bauten aus Stämmen und Moos eine geräumige Hütte, die mit Rohr bedeckt wurde. Der Platz war nicht nur schwer zu finden, sondern auch sehr schwer zu erreichen, am leichtesten im Kahn. Letzterer konnte in einem Graben des Bruches versteckt werden.
Während die Männer noch an der Hütte bauten, schafften Frau und Tochter Vorräte, Küchengeräte und Betten an den Zufluchtsort. Eines Tages erschienen die Russen. Eine Abteilung Kosaken sprengte an der Försterei vorbei auf den nahegelegenen Hof der Domäne**) Polommen im Kreise Oletzko. Nun war es Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Alle Türen und . Schränke wurden geöffnet, damit die Russen keinen Anlaß finden sollten, sie aufzubrechen. Das Vieh im Stalle wurde losgebunden und reichlich mit Futter versehen, der Tränketrog mit Wasser gefüllt. Nur von seinen Hunden konnte der Förster sich nicht trennen. Sie wurden mitgenommen und verhielten sich musterhaft ruhig, als wenn sie wüßten, daß sie durch Bellen ihren Herrn verraten könnten. Auch ein Netz hatte der Hegemeister mitgenommen, das sich als sehr nützlich erwies; denn es wurde jeden Abend in den See eingestellt und lieferte täglich ein schönes Gericht Fische.
Kaum waren die Bewohner des Forsthauses in ihrer Hütte, als sie schießen hörten. Der Förster schlich sich hinaus und durch die dichten Schonungen***) bis an den Waldrand, von wo er beobachten konnte, daß sich
*) Hegemeister — Titel für ältere Förster.
**) Domänen — Güter der Krone, deren Ertrag teils für öffentliche Zwecke, teils für das regierende Haus verwendet wird.
***) Schonung — junger Baumbestand im Walde, etwa bis zum 20. Jahre; darf nicht abgeweidet werden.
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Napoleon I.
111
ist ein vlliger Binnenstaat geworden. Die aufstndischen Tiroler kmpfen unter Andreas Hofer weiter. Derselbe gert aber in franzsische Ge-fangenschaft und wird zu Mantua erschossen (1810). In Rom wird Papst Pius Vii. abgesetzt", der Rest des Kirchenstaats Frankreich einverleibt, die bersiedelung des heiligen Stuhls mitsamt dem Kardinalskollegium nach Paris angeordnet und beschlossen, jeder knftige Papst msse vor seiner Stuhlbesteigung die Unabhngigkeit der weltlichen Macht vom rmischen Stuhl, die Abhngigkeit des Papstes von den Konzilien und die Fehlbar-feit der Kirche in Glaubenssachen beschwren. Rom aber wird dafr zur zweiten Hauptstadt des Reiches erklrt. Sodann lt sich Napoleon von seiner Gemahlin scheiden und heiratet die Erzherzogin Maria Luise, Tochter Kaiser Franz'i. (1810), die ihn mit einem Sohn, Napoleon Ii., König von Rom, beschenkt. Napoleon ist.auf dem Gipfel seiner Macht. Von den Pyrenen bis an den Bug vom Golf von Tarent bis an die Nord- und Ostsee reicht seine Gewalt/ Nur England ^ trotzt ihm noch. Aber ehe zehn Jahre vergehen", meinte er, werde ich auch.eng-land unterworfen haben. Kein Staat Europas wird mit ihm verkehrend Seine Waren werden wir bald entbehren knnen. Ferner beziehe ich aus Frankreich 900 Millionen; 300 Millionen liegen in den Tuilerien, und die Bank von Frankreich ist mit Silber gefllt. Ich allein habe Geld. sterreich ist bankerott. England und Rußland werden es noch werden." Und im Juni 1811 uerte er: Noch drei Jahre, und ich bin Herr des Universums. " ^
8. Wie der Friede von Tilsit war auch der von Wie/Napoleon sehr willkommen gewesen. Er sprte, da Rulands Freundschaft erkalte,
1 Am Tag der Schlacht von Wagram. Da Pius Vii. mit dem Bannstrahl gegen Napoleon antwortet, wird er gefangen genommen, zuerst in G renoble, dann in Savona, zuletzt (1812) in Fontaineblean eingekerkert und auf das tgliche Gefangenengeld gesetzt. Aber er bleibt standhaft und verweigert alle Forderungen des korsischen Eroberers.
2 Der König von Schweden, Gustav Iv., ein erbitterter Feind der Revolution und Napoleons, und zugleich ein Gegner Rulands, wird durch eine Militr-Revolution zur Abdankung gezwungen, da er es nicht verhindert hat, da dte Russen Finnland eroberten und Stockholm bedrohten (1809). Nachfolger wird sein Dhetnt Karl Xiii. (18091818). Dieser tritt an Rußland Finnland bis an den Torneo nebst den Aland Zinse ln ab und tritt der Kontinentalsperre bei (1810). Als Kronprinzen adoptierte er den franzsischen Marschall Bernadette, Prinzen von Pontecorvo.
3 Auch sterreich mute der Kontinentalsperre beitreten (1810).
377 f
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Extrahierte Ortsnamen: Mantua Rom Frankreich Paris Glaubenssachen Rom Tarent Ostsee England Europas Frankreich Frankreich England Tilsit Savona Fontaineblean Schweden Napoleons Stockholm Finnland
140
Neue Geschichte.
Gastein (14. bis 20. August) bernimmt Preußen Schleswig, sterreich Holstein. Der Kieler Hafen ist gemeinsam, kommt aber unter preuische Verwaltung. Ferner erhlt Preußen zwei Militrstraen durch Holstein; das Recht, den Nordostseekanal durch Holstein zu bauen; und Lauen-brg gegen 11,4 Millionen Mark. Endlich werden die Herzogtmer dem Zollverein angegliedert. Damit war der Regierung des Augustenbnrgers ein Ende gemacht. Bismarck hatte gesiegt. Es erfolgt seine Erhebung in den Grafenstand.
Kapitel 96.
Der Kriegt vom Iahr 1(866.
1. Ende September 1864 suchte Bismarck Napoleon persnlich im Badeort Biarritz auf und erhielt aus seinen Unterredungen mit ihm den Eindruck, da die Stimmung wenigstens am Hofe zu Paris vorerst preuenfreundlich sei. Diese Reise Bismarcks nach Biarritz hatte in Wien verstimmt. Deshalb wies man daselbst den preuischen Antrag, auch Holstein gleich Lauenburg an Preußen zu verkaufen, rundweg ab. Andrer-seits war man in Berlin der die Art und Weise verstimmt, wie sterreich immer noch die Stimmung in Holstein fr den Augustenburger frderte. Bismarck verlangte deshalb die Ausweisung des Exherzogs aus Holstein. Doch kommt von Wien die Antwort, man lehne jede Einmischung Preuens in die sterreichische Verwaltung Holsteins ab. Der Krieg scheint nnvermeid-lich. Bismarck lt in Wien sein Bedauern der die Unfreundlichkeit sterreichs aussprechen und rt gemeinsam mit Moltke und Roon dem König zum sofortigen Losschlagen. Doch Wilhelm I. zgert, und sein Sohn, der Kronprinz, ist sogar fr den Augustenburger. Immerhin ist man auf den Krieg gefat. Blo will man noch das weitere Verhalten sterreichs abwarten.
2. In Wien machte man teilweise mobil und verstrkte die Be-satzungen an der Grenze, sowie die bhmischen und mhrischen Festungen. Dies alles auf das bloe Gercht von preuischen Rstungen hin. Darum beschlo auch Preußen Vorkehrungen zur Verteidigung, sowie Unterhandlungen mit Italien. Moltke machte nmlich darauf aufmerksam, da mau nur dann mit vollem Erfolg gegen sterreich fechten knne, wenn dieses auch in Italien beschftigt werde. Es kam zu einem geheimen Bndnis, wonach Italien den Krieg an sterreich erklrt, sobald Preußen wegen der deutschen Frage die Waffen ergreifen mu (Mrz bis anfangs April 1866). Ende
406
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Extrahierte Personennamen: August Bismarck Bismarck_Napoleon Napoleon Bismarck Wilhelm_I. Moltke
Extrahierte Ortsnamen: Gastein Schleswig Holstein Holstein Holstein Biarritz Paris Bismarcks Biarritz Wien Holstein Lauenburg Berlin Holstein Holstein Wien Wien Wien Italien Italien Italien
444
fräste, sein Geschütz wirkte verheerend, seine Truppen rückten ent-
brannt zu neuen Angriffen vor; die Kräfte Wellingtons erschöpften
sich. Es war hohe Zeit, daß Blücher auf dem Kampfplatz erscheine,
doch zeigte sich von ihm noch keine Spur, und die Lage der Dinge
wurde jeden Augenblick bedenklicher.
Blücher war, seinem Versprechen gemäß, am 18. Juni früh
Morgens von Wavre in zwei Heerzügen ausgebrochen; er hatte den
17. an den Folgen seines Sturzes im Bette zubringen müssen, und
am 18. in der Frühe, als er unmittelbar aus dem Bette wieder
aufs Pferd sollte, um mit seinen Truppen zur neuen Schlacht aus-
zurücken, war man für den übelzugerichteten Greis nicht ohne Sor-
gen; der Wundarzt wollte ihn noch zu guter Letzt einreiben; Blücher
aber, als er die Anstalten sah, versetzte: „Ach was, noch erst schmie-
ren! Laßts nur sein! Ob ich heute balsamirt oder unbalsamirt in
die andere Welt gehe, das wird wohl auf eins herauskommen!" er-
hub sich, ließ sich ankleiden und setzte sich wohlgemuth zu Pferde,
obgleich ihn bei jeder Bewegung die gequetschten Glieder schmerzten.
Als er sah, wie stark es geregnet hatte, und daß es noch immer fort
regnen würde, sagteer: „Das sind unsere Verbündeten von der Katz-
bach*), da sparen wir dem König wieder viel Pulver." Blücher be-
gab sich an die Spitze des Heertheils von Bülow, der voranzog, und
zuerst an den Feind kommen mußte. Er that Alles, um den Marsch
zu beschleunigen; allein schon gleich anfangs wurde derselbe durch ein
zufälliges Hinderniß unerwartet aufgehalten: in Wavre entstand eine
Feuersbrunst, welche die Hauptstraße sperrte und die Truppen zu Um-
wegen nöthigte, wodurch ein beträchtlicher Zeitverlust entstand. Wei-
terhin wurde es noch schlimmer; der unaufhörliche Regen hatte den
Boden ganz durchweicht, die Bäche geschwellt, jede kleinste Vertiefung
mit Wasser gefüllt. Die schmalen Wege durch Wald und Gebüsch
nöthigten zu häufigem Abbrechen der Glieder. Das Fußvolk und die
Reiterei kamen mit Mühe fort; das Geschütz machte unsägliche Be-
schwer; der Zug rückte zwar immer vor, aber mit solcher Langsamkeit,
daß zu befürchten war, er werde zur Schlacht viel zu spät eintreffen
und weit über den Zeitpunkt hinaus, in welchem er für Wellington
noch die versprochene Hülfe sein könne. Offiziere kamen und brachten
Nachricht von dem Gang der Schlacht, von Napoleons übermächtigem
*) An der Katzbach in Schlesien hatte Blücher die Franzoien am 26. August
18l3 unter schrecklichem Negenwetter geschlagen.
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Extrahierte Personennamen: Blücher Bülow Napoleons August
425
übergesetzt; allein die Lage desselben war die furchtbarste: alle Kriegszucht
hatte sich aufgelöst, an Ordnung im Marsch dachte Niemand mehr; fast alle
Soldaten warfen die Waffen weg, und jeder suchte sich vor der stets wachsen-
den, schrecklichen Kälte nach Möglichkeit zu schützen. Bleich, abgehärmt, Ge-
rippe mit bleifarbigen Gesichtern und stieren Blicken, sinnlos, zum Theil
ohne Sprache und Gefühl, wankten die Unglücklichen dahin in den abenteuer-
lichsten Verkleidungen, in Weiberröcken, Priestergewändern, Rabbinertalarcn,
mit Strohmatten, frisch abgezogenen Häuten und Pelzen umhüllt. Hunderte
stürzten auf dem Marsch hin, und ihre Genossen stritten si ch um die Lumpen
der Gefallenen. Napoleon selbst, der Urheber all dieses Jammers, machte sich
in einem Schlitten dem fliehenden Haufen voraus und ging über Wilna,
Warschau, Dresden, Leipzig und Mainz in größter Eile nach Paris. So en-
dete die sogenannte große Armee. — Das war Gottes Finger!
Die Lage der Dinge änderte sich jetzt bedeutend. Preußen sagte sich von
dem unersättlichen Eroberer los, Schweden, und sogar Oesterreich traten dem
Bund gegen Napoleon bei. Es kam nach verschiedenen heißen Kämpfen zu
der dreitägigen Völkerschlacht bei Leipzig (16. — 18, Oktober 1813).
Napoleon wurde gänzlich geschlagen und floh über den Rhein. Jetzt erhob
sich das ganze deutsche Volk. Napoleon rüstete ein drittes Heer und warf
sich mit verzweiflungsvoller Kraft den Verbündeten entgegen. Aber der
Engländer Wellington hatte in Verbindung mit den Spaniern schon die
Pyrenäen überschritten; Holland wurde von den Preußen erobert, und rasch
rückten die Verbündeten vor Paris. Ein kleiner Heerhaufen warf sich ihnen
mit verzweifeltem Muth entgegen. Die Verbündeten siegten uno zogen am
31. März 1814 in Parts ein, unter lautem Jubelruf der Bevölkerung.
Auch das französische Volk war der nutzlos vergoffenen Strönre Blutes
müde; man verlangte die alte Königsfamilie, die vor zwanzig Jahren ver-
jagten Bourbonen, auf den Thron zurück. Als Napoleon diese Nachricht er-
hielt, erfaßt ihn die Verzweiflung: er nimmt — so berichtet ein Augenzeuge
— Gift. Doch seine kräftige Natur rettet ihn durch heftiges Erbrechen vom
Tod. „Gott will es nicht!" rief er, als er wieder zu sich kam, erstaunt aus,
unterzeichnete jetzt die ihm vorgelegte Thronentsetzungsurkunde und schiffte sich
nach der Insel Elba ein, die ihm mit dem Recht unbeschränkter Herrschaft
übergeben wurde.
In Frankreich regierten aber die Bourbonen mit wenig Geschick, so daß
die Blicke der Nation sich sehnsüchtig wieder nach Napoleon wandten. Da-
rauf hatte er nur geharrt. Mit 1100 Mann landete er am 1. März 1615
unvermuthet in Frankreich und kam schon am zwanzigsten Tag in Paris an.
Sein Zug war ein langer Triumzchzuz. Für die Bourbonen erhob sich kein
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Weiberröcken Wilna Warschau Dresden Leipzig Mainz Paris Schweden Oesterreich Leipzig Rhein Wellington Holland Paris Elba Frankreich Frankreich Paris
426
Arm; bestürzt flohen sie aus Frankreich. Aber die Verbündeten rückten rasch
heran. Bei Waterloo in Belgien kam es zur Hauptschlacht, am 18. Juni
1815. Wellington und der tapfere B lüch er erfochten hier den voll-
ständigsten Sieg; das französische Heer ward vernichtet. Napoleon floh nach
Paris und dankte hier zu Gunsten seines Sohnes zum zweitenmal ab; er
selbst begab sich an Bord eines englischen Kriegsschiffs, um sich nach Amerika
überschiffen zu lassen. Aber nicht sein Sohn, sondern die Bourbonen wur-
den wieder auf den Thron gesetzt; und er selbst wurde in das ferne at-
lantische Weltmeer, auf das Felseneiland Sanct Helena, verbannt.
Man hat von Napoleon noch Schularbeiten aus seiner Knabenzeit auf-
gefunden. Ein Auszug, den er aus einem Geographiebuch gemacht hatte,
schließt mit den Worten: „Sanct Helena, kleine Insel." Und siehe, auf
dieser „kleinen Insel" sollte der „große Napoleon" das Buch seines thaten-
reichen Lebens beschließen. Sechs Jahre verlebte er hier, getrennt von seiner
Familie, nur von wenigen Treuen begleitet, in dem traurigen Bestreben, die
Größe und Reinheit seiner Gesinnungen und Thaten zu beweisen, eine ausge-
brauchte Ruthe, damit der Herr aller Herren die Völker gezüchtigt hat.
197. Wie ein österreichischer Dauer -en Franzosen den Weg
nicht zeigt.
Ein Bauer sollte beim ersten Andringen der Franzosen auf Wien (1809) der
Führer einer Truppenabtheilnng werden, mit der man einen wichtigen Plan durch
einen Nachtmarsch auszuführen gedachte; der Bauer aber weigerte sich. Heftig
drang der den Vortrab dieses Zuges befehligende französische Offizier in ihn; der
Bauer blieb ruhig bei seiner Weigerung. Der Offizier fing nun an, ihn mit Ver-
sprechungen zu bestürmen, und bot ihm endlich seine reich gefüllte Börse mit Gold
an; aber Alles vergebens. Inzwischen langte der Zug selbst an, und der diesen
sührende General war sehr erstaunt und erzürnt, den Vortrab noch anzutreffen.
Der Offizier erzählte, daß der einzige des Weges kundige Mann sich weigere, ihr
Wegweiser zu sein, obgleich er Alles aufgeboten habe, ihn dazu zu bewegen. Der
Bauer ward hierauf vorgeführt. „Entweder", rief der General ihm zu, „du zeigst
uns den rechten Weg, oder ich lasse dich todtschießen". — „Ganz gut", erwiederte
der Bauer, „so sterbe ich als rechtschaffener Unterthan, und brauche nicht Landes-
verräther zu werden". — Der General bot ihm erstaunt die Hand und sprach:
„Geh heim, wackerer Mann; wir wollen uns schon ohne Führer behelfen."
198. Unglück der Stadt Leiden.
Diese Stadt heisst schon seit undenklichen Zeiten Leiden
und hat noch nie gewusst, warum, bis am 12. Jänner des
Jahrs 1807. Sie liegt am Rhein in dem Königreich Holland,
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Helena
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Belgien Wellington Paris Amerika Wien Rhein Holland
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— *50 —
wirkliche Gesandte Frhr. v. Reigersberg bezog anfangs 25 000 fl., später 72000 Fr., die Einrichtung des gesandtschaftlichen Pakts kostete den Staat *$0 000 Fr., eine seidene Uniform karrt auf *0 900 Fr. Außerdem hatte der Staat die großen Kosten der zahlreichen Reisen und Auriersendungen zu tragen.
Auch drei Reisen des Großherzogs nach Paris (*807, *8*0, *8**) stellten hohe Anforderungen an die Staatskassen.
16. Napoleon in Würzburg.
,,3n den letzten Tagen des Septembers *806 zogen französische Truppen durch unsere Stadt. Am 27. September kam Zerr Reichsmarschall Lefevre in würzburg an und reifte nach Schweinfurt weiter. 21 tn 28. nachmittags traf Fürst Alexander von Neuffchatel, französischer Kriegsminister, hier ein und stieg im Gasthaus zum bayerischen Hof ab, verschiedene Generale und Offiziere des Generalstabes folgten. Don diesem Tage an befand sich das Hauptquartier der großen Armee hier, wodurch es in der Stadt von Stund zu Stund lebhafter wurde.
Am 2. Oktober kündigten verschiedene Umstände die nahe Ankunft Napoleons an: Gegen Mittag trafen die kaiserlichen Garden ein, deren Schönheit und pracht nicht genug bewundert werden konnte. Sie waren erst am 2<\. September in paris abmarschiert.
Gegen 2 Uhr kam der Fürst von Taxis, welcher dem Kaiser entgegengeschickt war, und sogleich versammelte sich der Adel und das Militär zum (Empfange. Gegen 6 Uhr erfolgte die Ankunft. Napoleon fuhr in einem mit acht Postpferden bespannten Magen und wurde in der Residenz von unserem Großherzog empfangen.
Am 5. Oktober trafen der König von Württemberg und der Erbprinz von Baden hier ein. Am gleichen Tage musterte der Kaiser ein hier durchziehendes Regiment. Lauter )ubel der Truppen scholl ihm entgegen.
2tm 6. Oktober reiste Napoleon früh um 3 Uhr nach Bamberg ab, wo er nachmittags ankam. Bier erließ er den Aufruf an feine Armeen zum Kriege gegen preußen. Nun drangen die Truppen rasch nach Norden. Am 8. war das kaiserliche Hauptquartier in Kronach, am 9. erfolgte der erste Zusammenstoß, am *4. wurde die preußische Hauptarmee bei Jena und Auerftädt geschlagen."
Als Napoleon sechs Jahre später gegen Rußland den Krieg erklärte, führte ihn fein N)eg wieder über Mürzburg. )n der zweiten Maiwoche *8*2 verließ er mit feiner Gemahlin Paris und langte am **. Mai in Mainz, am *3. Mai früh 9 Uhr in Aschaffenburg an. Hier wurde er von dem Großherzog von Frankfurt empfangen. Nachdem im Schlosse )o-hannisburg ein kurzes Frühstück eingenommen war, wurde um * * Uhr die Reise auf der alten Poststraße durch den Spessart wieder fortgesetzt.
An der Schiffbrücke in Lengfurt war eine (Ehrenpforte mit dem Mappen des Großherzogs von Zdiirzburg errichtet worden. Don hier, wo das
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Extrahierte Personennamen: Reigersberg Napoleon Lefevre Alexander_von_Neuffchatel Alexander Napoleons Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Paris Würzburg Schweinfurt bayerischen_Hof Napoleons Württemberg Baden Bamberg Kronach Jena Mürzburg Paris Mainz Aschaffenburg Frankfurt Lengfurt Zdiirzburg
223
X* Der Lviener Aongreft und die hundert Tage.
1. Seine Aufgaben. Nach dem Sturze Napoleons erschienen die Fürsten mit ihren Staatsmnnern in Wien, um die europische Landkarte nen zu ordnen und der die knftige Gestaltung Deutschlands zu beraten. Diese glnzende Versammlung heit der Wiener Kongre. Den Borsch fhrte Metternich. Nur langsam ging die Arbeit von statten Bei den Verhandlungen entstand ein heftiger Streit, und manchmal sab es aus, als sollte ein neuer Krieg entstehen.
2. Napoleons Rckkehr. Das alles erfuhr Napoleon. Ebenso wute er, da man in Frankreich mit dem König sehr unzufrieden sei; denn von den heimgekehrten Emigranten gedrngt, sollte dieser das absolnte Regiment und die Vorrechte des Adels wieder herstellen. Auch erhielten auf einmal Tausende von verdienten napoleonischen Offizieren den Abschied oder wurden durch bonrbonische ersetzt. Da verlie der Kaiser mit seinen vierhundert Soldaten heimlich die Insel Elba. Das englische Wachtschiff bemerkte ihn nicht. Bei Cannes betrat er die Kste Frankreichs. Wohl schickte ihm Ludwig Truppen entgegen; aber als diese ihren frheren Kriegsherrn er-blickten, warfen sie die Mtzen in die Luft und gingen unter dem Rufe Vive lernpereiirp zu ihm der Sein Weg nach Paris glich einem Triumph, zug, und bald sah ihn die Hauptstadt als Kaiser wieder. Ludwig Xviii fluchtete nach Belgien. 9
Den Diplomaten in Wien fuhr ein groer Schrecken in die Glieder. Doch waren sie schnell einig. Zwar schrieb Napoleon dem Kongre, er ae-
fh h Sqll "Frieden glcklich zu machen; aber niemand lie
sich durch diese schonen Worte tuschen. Er wurde als Feind und Rer> storer der Ruhe der Welt" tn die Acht erklrt, und der Krieg begann aufs neue.
3. Ligny und Waterloo. In Belgien erschien der alte Held Blcher
hpr1? Jprl 206111119ton fhrte ein englisch.deutsches heran. Napoleon wollte beide einzeln vernichten. Bei Ligny griff er Blcker
-^bermacht an und schlug ihn. Der greifefrlbmzz selbst strzte mit seinem Pferde und entging mit knapper Not der Gefangenschaft
fipi9wr?9rer0r * n 910 n au^ trqf ihn am 18. Juni
tlipnlnri 1,n a-fru c^ron Waterloo. Der Englnder wagte den Kampf
S Ier 1i)m versprochen hatte. Frh am Morgen rckten denn auch die Preußen aus; aber nur langsam kamen sie vorwrts, denn der stromende Regen hatte die Wege aufgeweicht. Unterdessen wogte die Schlacht
Km" a a ]et, se,^en der ninber waren bereits furchtbar gelichtet Vom Femde hart bedrangt rief Wellington aus: Ich wollte, es wre Nacht oder die Preußen kmen!" Da rollte endlich der Donner ihrer Kanonen der das Schlachtfeld. Bald faten sie die Franzosen in der nttnjft?' fmffte,n diese mit Heldenmut, um nicht zu unterliegen- ?. der Ubermacht wareu sie nicht gewachsen. So ergriffen sie endlich die $'ucht unter dem Schreckensruf: Rette sich, wer kann!" Jetzt nahmen ftnl r Jur ^ena- Den letzten Hauch von Mann und Ro
Ir9 Quf- Kaum entging Napoleon den preuischen J52ts Jm "^letzten ; ohne Hut und Degen mute er in die Somme" nacht hinaussprengen und seinen Wagen mit vielen Schtzen zurcklassen.
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Napoleons_Rckkehr Napoleons Napoleon Ludwig Ludwig Ludwig_Xviii Ludwig Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Wien Deutschlands Frankreich Elba Cannes Frankreichs Paris Belgien Wien Belgien Wellington
Immerhin war bis zur Beresina noch eine gewisse Ordnung vor-Hnden. Schnell wurden zwei Brcken der den Flu gefchlagen. Da erschienen die Russen. In wilder Hast drngte nun alles nach dem jenseitigen User. Die eine Brcke brach ein, die andre wurde in Brand gesteckt, ehe alle drben waren. Unzhlige fanden ihren Tod in den eisigen Fluten. Alle, die noch auf dem linken Ufer standen, gerieten in Gefangenschaft.
Als Napoleon sah, da alles verloren war, verlie er die berreste seines Heeres. In einem Schlitten raste er durch die russisch-poluische Ebene, durch Deutschland und Frankreich nach Paris, um neue Truppenmassen aus dem Boden zu stampfen. Seinem Volke verkndete er in der Staatszeitung: Die Armee ist vernichtet; aber die Gesundheit Seiner Majestt ist nie besser gewesen."
Als der Kaiser das Heer verlassen hatte, lsten sich alle Bande der Ordnung; denn immer grimmiger wurde die Klte, immer mehr Leichen deckte der russische Schnee. Von der stolzen Armee sahen nur 30000 Mann das deutsche Land wieder. Da kamen sie angehumpelt, ohne Gewehre, in Weiberrcken, die Fe mit Lappen oder Stroh umwickelt, Ohren und Nasen erfroren, zu Gerippen abgezehrt.
Mit Mann und Ro und Wagen,
so hat sie Gott geschlagen."
Es war ein Elend, wie es die Welt noch nicht gesehen hatte. Halb Europa hatte Trauer.
Ix. Der Freiheitskrieg und der 5tut? Napoleons.
Usus bis
1. Die Erhebung Preuens. Die furchtbare Niederlage hatte Napoleons Mut nicht gebrochen. Ohne Sumen ging er daran, eine neue Armee zu schaffen; auch die Rheinbundfrsten rsteten wieder Truppen fr ihn aus. Noch einmal wollte er sich im folgenden Sommer mit Rußland messen. Da aber stellte sich ihm das verachtete Preußen in den Weg.
Das ganze Volk fhlte, da jetzt die Stunde der Befreiung geschlagen habe. Den ersten khnen Schritt tat der General von Jork. Die Fran-zofen verlangten von ihm, er solle ihren Rckzug gegen die Russen decken.
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45. Das Knigreich Westfalen.
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folgten, so da der Ausspruch Jeromes: Gute Nackt, morgen wieder luschtik!" noch heute an seinem Andenken haftet. Die Kassen im Lande waren immer leer, und der Fehlbetrag im Staatshaushalte wurde immer grer. Um ihn zu decken, legte die Regierung dem Volke unerschwingliche Steuern auf. Um Geld zu bekommen, ver-kaufte Jerome Klster und Domnen; so erstand z. B. der Magde-burger Tabaksfabrikant Nathusius das Kloster Althaldensleben und das Schlo Hundisburg.
6. Das Heerwesen. Westfalen war Mitglied des Rheinbundes und hatte als solches 20000 Mann Infanterie, 3500 Mann Kavallerie und 1500 Mann Artillerie aufzubringen. Davon sollten aber 12500 Mann von Frankreich gestellt und als Garnison in Magdeburg verwendet werden, doch hatte sie Jerome zu besolden und zu kleiden. So ward Magdeburg westflische Stadt und zugleich franzsische Garnison. Als Grundsatz wurde die Aushebung (Konskription) auf-gestellt, Werbungen fr Geld sollten durchaus ausgeschlossen sein, doch war Stellvertretung gestattet. Stockprgel als Strafmittel waren verboten.
7. Frftenkongretz in Erfurt. Erfurt gehrte nicht mit zum Knigreich Westfalen; unter dem Namen Provinz Erfurt" hatte es Napoleon unmittelbar unter franzsische Verwaltung gestellt. Die Stadt hatte unter dem groen Regierungsapparat, der hier hergesetzt ward, und unter den beraus schweren Kriegslasten furchtbar zu leiden. Vom 27. September bis 14. Oktober 1808 berief Napoleon einen glnzenden Frstenkongre hierher, um sein Bndnis mit Kaiser Alexander zu erneuern, an dem Napoleon sehr viel lag. Um die Begegnung recht achtunggebietend zu gestalten, entbot Napoleon die deutschen Fürsten nach Erfurt; sie muten fr die beiden Kaiser den ntigen Aufputz bilden und wurden von Napoleon wie Bediente behandelt, trotzdem huldigten sie ihm jedoch unbeirrt. Ungeheurer Glanz, der sehr im Widerspruch zu der Not der Bevlkerung stand, wurde entfaltet. Eine kaiserliche Schauspieltruppe aus Paris spielte ihre franzsischen Komdien vor einem Parterre von Knigen". Auch der Geheime Rat" von Goethe war erschienen und wurde von Napoleon zur Audienz bestellt. Nachdem der Kaiser ihn eine Zeit-lang aufmerksam angeblickt hatte, sagte er: Vous etes un homme!" und als Goethe wieder gegangen war, wiederholte er zu seiner Um-gebung: Voil un homme!" Einige Tage darauf kam Napoleon auch nach Weimar und unterhielt sich auf dem ihm zu Ehren gegebenen Balle wieder mit Goethe; er forderte ihn auf, nach Paris zu kommen: Kommen Sie nach Paris, ich verlange das von Ihnen; Sie werden da eine grere Weltanschauung gewinnen und ungeheure Stoffe fr Ihre dichterische Schpfungen finden." Bald darauf erhielten er und Wieland, der auch in Erfurt gewesen war, das Kreuz der Ehrenlegion. Napoleon gewann in Erfurt den Kaiser Alexander, und Preußen mute sich vor seiner Macht beugen.
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