42 3. Das Land zwischen Ohre, Elbe, Saale und Harz.
Höhen auch benannt wurden. Die Spiegelsberge sind ein viel besuchter
Aufenthaltsort der Halberstädter; aber auch von Fremden werden sie gern
bestiegen. Unter den Gebäuden sind sehenswert: das Jagdschloß, in dessen
Felsenkeller ein riesiges Weinfaß (161 000 1) liegt, das Mausoleum und
der sechseckige Aussichtsturm. Aus seinen Fugen und Nischen gucken
Tiersiguren, z. B. Füchse, Schlangen, Hasen, Hunde, Eulen, hervor.
An die Spiegelsberge reihen sich im So. die Klusberge mit dem frei-
stehenden Sandsteinfelsen „Teufelsstuhl" und weiter im S. die Theken-
berge mit dein „Gläsernen Mönch". Fast genau im S. von Halberstadt
liegt der Hoppel- oder Sargberg; denn von der Westseite gesehen
gleicht er einem großen Sarge. Der Hoppelberg hat eine bedeutende Höhe
(300 m) und gewährt einen wundervollen Überblick über die gesegnete
Landschaft und den Harz.
4. Der Hui und der Hakelwald.
Der Huiwald, d. h. Hochwald, ist ein schön bewaldeter (Bucheu)
Höhenzug. Er reicht im O. fast bis an die Bode. Aus der höchsten
Stelle liegt das alte Kloster Huyseburg. Am nördlichen Rande des Kloster-
berges liegt die Daneilshöhle, worin viele Jahre ein gefährlicher Räuber
hauste. Die Olenburg bei Badersleben war eine bedeutende Wallburg.
Ihre Wälle sind zum Teil noch recht gut erhalten. — Unter den „Kölligs-
buchen" steht ein Stein mit der Inschrift:
Mit Ehrfurcht, Wanderer, zieh' den Hut;
Denn unter'm Dome dieser Buchen
Hat, Schatten so wie du zu suchen,
Held Gustav Adolf einst geruht.
Aus dem rechten Bodeufer dehnt sich in gleicher Richtung der waldige
Hakel aus. Die Dumburg liegt an seiner höchsten Stelle.
Der Hakelwald war nach der Sage des Oberjägermeisters Hans Hakelbergs
liebstes Jagdgebiet. Er starb zwar an der Wunde eines Eberzahns, jagt aber
nach seinem Tode im Hakel noch weiter. Mit Hallo-Geschrei, begleitet von seinen
Genossen und den Hunden, rast er nachts den Hakel auf und uieder. In seinem
Gefolge befindet sich auch eine Ohreule, die Tut-Ursel. Diese war früher eine
Nonne und wurde in eine Eule verzaubert. Die Dumburg ist ihr Aufenthalt.
5. Der Alvenslebener Höhenzug.
Der Alvenslebener Höhenzug bildet eine breite Hochfläche, die sich
quer vor die Bode lagert. Dadurch wird diese gezwungen, ihre nördliche
Richtung zu ändern. Der Alvenslebener Höhenzug erreicht in dem
Felsen berge bei Magdeburg seine höchste Höhe. Er besteht aus Erd-
und Sandhügeln, die der Pflug des Landmannes bis zum Gipfel beackert.
Nur hier und da sind die Höhen bewaldet. (Das Hohe, das Saure, das
Eggeuftedter Holz, der Marienborner Wald.) In seinem nördlichen Teile
birgt der Höhenzug treffliche Bausteine (Porphyr, Sandstein und Grau-
wacke), die in Steinbrüchen gebrochen werden. Vom Alvenslebener Höhen-
zuge zweigt sich nach O. ein Höhenzug ab, der von Gr.-Wanzleben bis
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Hans_Hakelbergs Alvenslebener_Höhenzug
56 3. Das Land zwischen Ohre, Elbe, Saale und Harz.
Höhen auch benannt wurden. Die Spiegelsberge sind ein viel besuchter
Aufenthaltsort der Halberstädter: aber auch von Fremden werden sie gern
bestiegen. Unter den Gebäuden sind sehenswert: das Jagdschloß, in dessen
Felsenkeller ein riesiges Weinsaß (161 000 1) liegt, das Mausoleum und
der sechseckige Aussichtsturm. Aus seinen Fugen und Nischen gucken
Tierfiguren, z. B. Füchse, Schlangen, Hasen, Hunde, Eulen, hervor.
Au die Spiegelsberge reihen sich im So. die Klusberge mit dem frei-
stehenden Sandsteinfelsen „Teufelsstuhl" und weiter im S. die Theken-
berge mit dem „Gläsernen Mönch". Fast genau im S. von Halberstadt
liegt der Hoppel- oder Sargberg; denn von der Westseite gesehen
gleicht er einem großen Sarge. Der Hoppelberg hat eine bedeutende Höhe
(300 m) und gewährt einen wundervollen Überblick über die gesegnete
Landschaft und den Harz.
4. Der Hui und der Hakelwald.
Der Hniwald, d. h. Hochwald, ist ein schön bewaldeter (Buchen)
Höhenzug. Er reicht im O. sast bis an die Bode. Auf der höchsten
Stelle liegt das alte Kloster Huyseburg. Am nördlichen Rande des Kloster-
berges liegt die Daneilshöhle, worin viele Jahre ein gefährlicher Räuber
hauste. Die Olenburg bei Baderslebeu war eine bedeutende Wallburg.
Ihre Wälle sind zum Teil uoch recht gut erhalten. — Unter den „Königs-
buchen" steht ein Stein mit der Inschrift:
Mit Ehrfurcht, Wanderer, zieh' den Hut;
Denn unter'm Dome dieser Buchen
Hat, Schatten so wie du zu suchen,
Held Gustav Adolf einst geruht.
Auf dem rechten Bodenfer dehnt sich in gleicher Richtung der waldige
Hakel aus. Die Dumburg liegt au seiner höchsten Stelle.
Der Hakelwald war nach der Sage des Oberjägermeisters Hans Hakelbergs
liebstes Jagdgebiet, Er starb zwar an der Wunde eines Eberzahns, jagt aber
nach seinem Tode im Hakel noch weiter. Mit Hallo-Geschrei, begleitet von seinen
Genossen und den Hundert, rast er nachts den Hakel auf und nieder. In seinem
Gefolge befindet sich auch eine Ohreule, die Tut-Ursel. Diese war früher eine
Nonne und wurde in eine Eule verzaubert. Die Dumburg ist ihr Aufenthalt.
5. Der Alvenslebener Höhenzug.
Der Alvenslebener Höhenzug bildet eine breite Hochfläche, die sich
quer vor die Bode lagert. Dadurch wird diese gezwungen, ihre nördliche
Richtung zu ändern. Der Alvenslebener Höhenzug erreicht in dem
Felsenberge bei Magdeburg seine höchste Höhe. Er besteht aus Erd-
und Sandhügeln, die der Pflug des Landmannes bis zum Gipfel beackert.
Nur hier und da sind die Höhen bewaldet. (Das Hohe, das Saure, das
Eggenftedter Holz, der Marienborner Wald.) In seinem nördlichen Teile
birgt der Höhenzug treffliche Bausteine (Porphyr, Sandstein und Grau-
wacke), die in Steinbrüchen gebrochen werden. Vom Alvenslebener Höhen-
znge zweigt sich nach O. ein Höhenzug ab, der von Gr.-Wanzleben bis
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Hans_Hakelbergs Alvenslebener_Höhenzug
24
1. Das Land östlich oder rechts von der Elbe.
können wir auch die Kleinbahn besteiqen, die mit dem „Liener Damm"
parallel läuft.
d) Wie sieht es zur Zeit der Heuernte in dieser Wiesen-
slasche aus? Soweit das Auge reicht, überblicken wir nach allen vier
Richtungen vor der Heuernte eine weitausgebreitete Wiesenfläsche, mit
langem, üppigem Gras bedeckt. Auf- und abfliegen kreischende Kiebitze,
die ihre Eier in den Schlupfwinkeln verborgen halten. Langsam und
gemessen schreiten die Störche durch das Grasmeer; reichliche Nahrung
finden sie hier für ihre Jungen. In den Bächen und Gräben, welche
das Grasmeer durchziehen, halten sich wilde Gänse und Enten auf. —
In der zweiten Hälfte des Juni beginnt die Heuernte. Die scharfen
Senfen rauschen; die Mähmaschinen surren. Bald liegt das Gras in
langen, dicken Schwaden da. Die heißen Sonnenstrahlen verwandeln
das saftige Gras in knrzer Zeit in Heu. Überall fahren Wagen, mit
duftendem Heu beladen, den Dörfern zu. In knrzer Zeit sind die Wiesen
leer. Im Herbste weiden hier große Pferde- und Rinderherden. In den
Bächen und Gräben schnattern Gänse und Enten.
c) Wirtschaftliche Verwertung. In den Dörfern des Fieuer
blüht die Viehzucht. In den Ställen finden wir infolge des guten
Futters, das den Tieren verabreicht wird, viele wohlgenährte Rinder.
In Geuthin werden Rinder in großer Zahl an die Händler verkauft. —
Wagenladungen des schönsten Viehes gehen von hier in die Magdeburger
Börde. Die Milchkühe wandern in die Ställe der großen Güter, die
fetten Rinder nach den Schlachtviehhöfen der Städte. So werden die
Bewohner des Bruchs, die früher iu dürftigen Verhältniffen lebten, heute
wohlhabend; denn das Vieh wird teuer bezahlt. Früher brachte der Fieuer
den Bewohnern wenig Nutzeu, heute ist er zur Quelle des Segeus ge-
worden. — Auch noch in anderer Weise nützt der Fiener. In den am
tiefsten gelegenen Flächen haben die Sumpf- und Wieseupflauzen im Laufe
der Zeit eine Torfschicht gebildet. Der Torf wird in großen Stücken
herausgehoben und getrocknet (Torfstecherei). Er bildet für die Leute
einen billigen Heizstoff. Die höhergelegenen, trockenen Stellen werden
mit Feldfrüchten bestellt.
Seitdem durch deu Fieuer eine Eisenbahn (die Eisenbahn von Genthin
nach Tucheim soll erst gebaut werden) und zwei Chansseen gehen, seitdem die
an seinen Rändern liegenden Orie durch gepflegte Landstraßen miteinander ver-
buuden sind, ist er mit anderen Gegenden in Verkehr getreten. (Ziesar im S.;
Genthin, der Planesche Kanal, die Magdeburger—berliner Eisenbahn im N.)
d) Wie mag der Fiener entstanden sein und vor der Ent-
Wässerung ausgesehen haben? Iu alter Zeit breiteten sich in dem
nördlichen Teile unseres Vaterlandes vier tiefe und breite Flußtäler aus.
Eiu Stromtal befand sich da, wo heute die Havel fließt, wo die Havel-
feen und der Fiener sich ausbreiten. Es vereinigte sich dann mit dem
Elbtale. Kleine Flüsse und Bäche brachten Sand und Schlamm mit und
füllten allmählich das Tal aus. Es entstand aus diese Weise ein großes
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Die Kosaken des Zaren. Ostpreußisch.
31
Der Kosak ist nicht nur ein guter Reiter und Jäger, sondern auch ein vorzüglicher Naturbeobachter. Im japanischen Kriege z. B. tamjö wiederholt vor, daß die russischen Offiziere die sehr versteckt angelegten Schützengräben der Feinde trotz ihrer Fernrohre nicht zu finden vermochten, während die Kosaken aus allerlei kleinen Anzeichen in der Natur, so aus dem Fluge der Vögel, die Sache rasch heraus hatten.
Bei meinem Sammeln kam mir diese Eigenschaft der Kosaken auch sehr zu statten. Was haben mir diese munteren Gesellen nicht alles zugeschleppt, und wie geschickt stellten sie sich dabei an! Die giftigen Brillenschlangen fingen sie vom Sattel aus im Galopp mit einer Art Wurfschlinge und schleppten sie so meilenweit durch den Wüstensand bis zum Lager. Kleine, flinke, sonst kaum zu erhaschende Eidechsen kehrten sie einfach mit rasch angefertigten, langstieligen Reisigbesen zusammen. Seltene Fische fingen sie mit ihren schnell ausgezogenen und unten zugebundenen ledernen Reithosen, wenn sie weder Netz noch Angel bei der Hand hatten.
Also als Naturforscher läßt sich's schon leben unter diesem eigenartigen Völkchen, aber als Gäste in unserem teuren Vaterland möchte ich die wilden Steppensöhne nicht sehen.
Nach K. F. in „Kriegsbuch für die Jugend und das Volk."
Franck'sche Verlagshandlung. Stuttgart.
20. Ostpreußisch.
(Hindenburg.)
t. Ein Meldereiter, am Helm die Hand:
„Herr General — der Feind im Land!
Tausende von Kosaken!
Die Dörfer brennen, die Städte loh'n —"
Der General winkt ab: „Schon gut, mein Sohn," und steht mit steifem Nacken.
Kein Muskel spielt in dem Erzgesicht.
„Nur ein paar Tausend? . . . Das lohnt sich nicht!"
2. Ein Meldereiter in blutigem Hemd, sein Ackergaul keuchend die Beine stemmt:
„Ostpreußens Bürger und Bauern
auf der Flucht, und der Feind hunderttausend rund!"
Starr steht der General. Nur um Aug' und Mund ein leises, lachendes Lauern.
„Gewehr bei Fuß. Es bleibt beim Verzicht.
Hunderttausend — die genügen mir nicht."
3. Ein Meldereiter. — So reitet der Tod!
Ostpreußens Himmel wie Blut so rot!
„Heraus! Was bringst du dem Heere?"
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Württemberg
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 51 —
Unter der Wasserarmut der Albhochfläche hatten in früheren Zeiten die Bewohner
sehr zu leiden. Es fehlte ihnen an Quellwasser, und sie mußten daher das Regen-
Wasser von den Dächern herab in Zisternen leiten. Diese waren 5—6 m tief und mit
Ton oder Zement wasserdicht gemacht. Für das Vieh hatte man sogenannte Hülen oder
Hülben, in welche das Regenwasser aus den Dorfgassen zusammenlief. Im trockenen
Sommer war natürlich das Wasser der Zisternen oft ekelerregend und ungesund. Dann
mußten die Leute mit ihren Wassertonnen die tiefen Täler aufsuchen und das Wasser
stundenweit auf steilen Wegen auf die Höhe schaffen. In neuerer Zeit ist jedoch dem
Wassermangel durch die staatliche Albwasserversorguug abgeholfen. Das Wasser wird
aus den Flußtälern auf die Höhe der Alb gepumpt und in großen Behältern gesammelt.
Von diesen gehen Leitungen nach den einzelnen Wohnorten, in Wohnhäuser und Ställe,
und der Albbewohner weiß es sehr zu schätzen, daß er jetzt, wenn er Wasser will, nur
den Hahneu öffnen darf. Etwa 75 000 Menschen haben an der Wohltat der Albwasser-
Versorgung teil.
Häufig kommen noch sogenannte Hungerbrunnen vor. Man der-
steht darunter Quellen, die nur in sehr nassen Jahrgäugeu, wenn Mißwachs
droht, ans unterirdischen Wasserbehältern gespeist werden. Ist dies der
Fall, so stürzt aus ihnen oft ein reißender Strom hervor. Eine eigen-
tümliche Erscheinung der Albhochfläche sind auch die Erdfälle. Dies
siud kreisrunde Einsenknngeu, die durch Einbruch unterirdischer Höhlungen
entstanden sind.
An Döhlen ist die Alb überaus reich. Man zählt deren 70 größere,
von denen die N e b e l h ö h l e bei dem Schlößchen Lichtensteiu die be-
kannteste, die C h a r l o t t e n h ö hl e bei Hürben die längste und schönste
ist. Dazu kommen noch viele kleinere Höhlen und Grotten. In vielen
dieser Höhlen finden sich wundervolle Tropfsteinbildungen, die entweder
nach Art der Eiszapfen von der Decke herabhängen oder vom Boden auf-
wärts wachsen. Sie entstehen dadurch, daß das durch die Decke herab-
träufelnde Wasser aufgelösten Kalk mit sich führt, der sich absetzt und beim
Verdunsten des Wassers erhärtet. In diesen Albhöhlen hausten in der
Vorzeit Tiere, die jetzt ausgestorben sind (Höhlenbär) oder nur noch int
hohen Norden leben (Renntier). Daß auch der Mensch in vorgeschichtlichen
Zeiten sie als Wohnung wählte, beweisen ansgesuudene Feuersteinwerkzeuge
und Geschirrscherben (Weinlands „Rnlaman").
Die Albbewohner siud ein kräftiges, zähes Geschlecht. Zäh hängt
der Älbler am Althergebrachten, er klebt an der Scholle und bebaut am
liebsten seinen Acker. Zäh hängt er an den alten Sitten und Gebräuchen.
Freilich die alten Trachten sind auch auf der weltentlegenen Hochfläche des
Gebirges fast ganz verschwunden. Das junge Geschlecht hat längst an-
gefangen, sich städtisch zu kleiden. Nur im Ulmer Land sieht man noch
häufig beim männlichen Geschlecht schwarze, lederne Kniehosen, eine blaue
Bluse über den Schultern und eine Zipfelmütze auf dem Kopf. Frauen und
Mädchen tragen dort oft noch Häubchen mit langen, schwarzen Seiden-
bändern, ein buntes Mieder und ein Nüster aus Granaten oder Glasperlen
mit einem Anhänger um den Hals. Aus dem Härtsfeld fällt bei den
Männern das kurze Wams aus dunklem Tuch mit einer langen Reihe von
Rollknöpfen und der dreieckige Hut besonders auf. Im allgemeinen hat
sich bei den Bauern auf der ganzen Alb das praktische blaue Überhemd am
meisten erhalten.
Das Kitma der Albhochfläche ist regen- und schneereich, windig
und rauh. Die Alb ist eines der regenreichsten Gebiete Württembergs und
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T70: [Stadt Donau München Stuttgart Neckar Nürnberg Ulm Schloß Augsburg Regensburg], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
14 —
machen, daß das Land westlich von der Elbe durch die zweite Vergletscherung nicht
berührt wurde.
Die Ursachen dieser merkwürdigen Temperaturveränderungen aufzufinden, ist
bisher noch nicht in genügender Weise gelungen. Unter vielen aufgestellten Hypo-
thesen kommt diejenige der Wahrheit vielleicht am nächsten, daß diese Temperatur-
schwaukungeu herbeigeführt wurden durch eine andere Verteilung von Land und
Meer und durch Abänderungen in der Richtung der Meeresströmungen, vor allen
Dingen des Golfstromes.
Als technisch und landwirtschaftlich wichtiges Material aus der Diluvialzeit
ist der Löß zu nennen, ein etwas kalkhaltiger Schlamm oder Lehm, der allent-
halben vorzugsweise deu fruchtbaren Ackerboden bildet. Die Gerolle-, Sand- und
Lehmlager liefern Bau- und Straßenmaterial.
Das Diluvium wird überlagert von den jüngsten Erdbildungen und dem
Schwemmlande, welches durch Flüsse und Meere fort und fort gebildet wird.
Hierher gehören die Zersetzungsprodukte abgestorbener Tier- und Pflanzenkörper
oder die Humussubstanzen, der kohlige Humus oder die Torssubstauzeu, ferner
Süßwasserkalk, Wiesenkalk, Raseneisenstein, Kalk- und Kieselabsätze heißer Quellen.
Alle diese Bildungen bezeichnet man mit dem Namen Alluvium.
Daß in der Diluvial- und Alluvialzeit auch das flüssige Feuer des Erd-
iuuern feine Gewaltherrschaft ausübte und noch ausübt, beweisen uns die gigan-
tischen Vulkane der Kordilleren, der ostasiatischen Jnselreihen und die europäischen
Vulkane in Italien (Vesuv und Ätna) und in Island, wo mit den vulkanischen
Mächten auch die heißeu Quellen, wie z. B. der Große Geysir, im Zusammen-
hange stehen. .Die Massen, welche jetzt noch die Vulkane auswerfen, find Lava,
vulkanische Asche, Schlacken und Steiue.
Während das Auftreten des Menschen in der Tertiärzeit noch zweifel-
Haft ist, so ist es unbestreitbar, daß er schon die großen klimatischen Schwankungen
der Diluvialzeit erlebte. Seinen ältesten Resten begegnet man in den Ablage-
rnngen einer Jnterglacialzeit (=Znt zwischen zwei Vergletscherungen) bei Wei-
mar, wo er inmitten der Flora eines gemäßigten Klimas lebte. Er jagte auf den
Tundren Mitteleuropas und wohnte in Höhlen. In solchen Höhlenwohnungen
der ersten Menschen, von denen in den Kalkgebirgen Europas Tausende anfge-
schlössen sind, finden sich menschliche Gebeine neben den ersten Erzeugnissen mensch-
licher Kunstfertigkeit und den Skeletten des Mammut, des Höhlenbären und andrer
ausgestorbener Tiere der Diluvialzeit. Der eiszeitliche Mensch hatte nur gelernt,
durch Behauen von splittrigen Gesteinen, sowie durch Bearbeitung von Knochen
sich Waffen herzustellen. Dunkel wie seine Herkunft ist sein weiteres Schicksal.
Als die Gletscher der letzten Eiszeit geschwunden, finden sich auch keine Spuren
von dem Vorhandensein des eiszeitlichen Menschen mehr.
Unvermittelt erscheint nach der Eiszeit eine neue Kultur, welche sich zeigt in
der Anfertigung von Waffen ans Steinen, die geschliffen und durchbohrt wurden.
Dazu verwendete man ein Material, den kostbaren Jadeit, der ausschließlich in
Asien gefunden worden ist. Ferner hatte man Tiere, wie Ziegen und Schafe,
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Ortsnamen: Wiesenkalk Raseneisenstein Italien Island Wei- Mitteleuropas Europas Asien
49
Sie sind sehr gefräßig, wie alle andere Raupen, rühren aber Nichts
an, als die Blätter des weißen Maulbeerbaums, wenigstens will ihnen
nichts Anderes recht schmecken und zusagend Sie häuten sich vier- bis
fünfmal, und zwar beinahe jede Woche einmal. So lebt und frißt
nun diese Raupe sechs bis sieben Wochen lang. Fünf bis acht Tage
nach der letzten Häutung fängt sie endlich an, sich einzuspinnen, was
sie vorher dadurch zu erkennen gibt, daß sie nicht mehr frißt, sondern
mit Fäden im Munde und mit aufgerichtetem Halse unruhig umher-
läuft, um einen Ort zu suchen, an dem sie die Fäden befestigen kann.
Hat die Raupe endlich diesen Ort, nemlich dürre Ruthen von Birken-
oder anderen Reisern, gefunden, so klebt sie zwei sehr feine Tröpfchen
eines klebrigen Saftes an die Ruthen an, bewegt den Kopf hin und
her und bringt so zwei sehr dünne Fäden aus den Oeffnungen heraus,
die sie geschickt mit den beiden Vorderfüßen zu einem Faden zu ver-
binden weiß. Zuerst spinnt sie ein weitläufiges, verworrenes und
durchsichtiges Gewebe, aus welchem Floretseide kartätscht wird. Den
zweiten Tag zieht sie die Fäden um sich herum und bildet den eigent-
lichen Kokon (d. h. Seidenhäuschen), in deffen Mitte sie sich befindet.
Ein solcher Kokon, der ziemlich die Größe und die Gestalt eines klei-
nen Taubeneies hat, besteht aus einem einzigen Doppelsaden, der
900—1200 Fuß lang ist. Dies ist nun unsere Seide, die man nicht
erst zu spinnen braucht, wie den Flachs oder die Baumwolle, denn
das hat ja die Raupe schon gethan. Man darf nur zehn bis zwölf
Kokons miteinander abhaspeln und sie zwirnen. Läßt man aber der
Puppe, die sich im Innern befindet, Zeit, sich in einen Schmetterling
zu verwandeln, wozu sie vierzehn bis zwanzig Tage braucht, so durch-
bricht der Schmetterling seine Hülle, und der durchlöcherte Kokon kann
dann nicht mehr abgewunden und benützt werden. Um diesen Scha-
den zu verhüten, schiebt man die Kokons in einen mäßig heißen Back-
ofen, wo die Puppen ersticken, oder man wirft sie in siedendes Wasser.
Das Vaterland der Seidenraupen ist China und Ostindien.
Dort leben sie auch wild auf Maulbeerbäumen, die ganz mit Kokons
behängen sind. Im Jahr 551 n. Chr. brachten zwei Mönche den
Seidenspinner mit nach Europa, indem sie die Eier desselben in ihren
hohlen Stöcken aufbewahrten. Kleider von Seide waren in den
alten Zeiten sehr kostbar. Von einem deutschen Kaiser wird erzählt,
daß er seiner Gemahlin ihre Bitte um ein seidenes Kleid abgeschlagen
habe, weil es ihm zu theuer war. Gegenwärtig breitet sich selbst in
Deutschland der Seidenbau immer weiter ans. Zwar kann er bei
Lesebuch. 4
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober]]
TM Hauptwörter (200): [T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Ortsnamen: Taubeneies China Ostindien Europa Deutschland
61
geziert? In Amerika wird eine Schlange mit rothen, schwarz eingefaßten
Flecken und citronengelben Querstreifen wegen ihrer ausnehmenden Schönheit
zum Staat als Halsschmuck getragen oder in die Haare geflochten. Auch
von unsern Schlangen find manche, zumal wenn ste stch noch nicht lange
gehäutet haben, an Farbe und Zeichnungen schön, wenn man sie nur ohne
Furcht und Abscheu betrachten kann.
Unter diesen sind übrigens die meisten unschädlich, namentlich die
Nattern, welche insgesamt keinen Giftzahn haben. Am gewöhnlichsten
kommen in Deutschland die Ringelnatter, die glatte und die gelbliche Natter
vor.
Die Ringelnatter erkennt man leicht an den gelben (oder weißen), hin-
ten schwarz gesäumten, halbmondförmigen Flecken, deren ste hinter dem Kopfe
an jeder Seite einen hat. Die Farbe der ganzen Oberseite des Thiers ist
bläulich oder grünlich oder graubraun oder schwärzlich, die Unterseite schwarz
mit großen weißen Flecken. Diesem sanften, unschuldigen Thiere begegnet
man auf allen Wegen und Stegen, besonders in der Nähe des Wassers, in
welchem ste gerne schwimmt; sonst hält ste sich in Mauern, Zäunen, in Mist
und selbst in Ställen auf, in welche sie auch im August ihre schmutzig weißen
Eier legt, gewöhnlich einige Dutzend an einander klebend, etwas größer als
Taubeneier. Sie liebt die Milch und schleicht stch deßhalb in Keller und
Küchen. Sie geht auch der Wärme nach und findet stch bisweilen auf den
Dörfern in den Betten. Sie droht zwar zischend, wenn man stch ihr nähert,
beißt aber sehr selten und durchdringt dann kaum die Haut. Ihre Haupt-
nahrung sind Frösche und nächstdem Kröten, Wassermolche, Eidechsen, Fische.
Ste verschluckt Frösche, die viermal dicker sind als ihr Kopf und arbeitet
mehrere Stunden daran.
Die glatte Natter ist oben braun, auf dem Hinterkopse hat sie einen
großen, dunkelbraunen Fleck, über den Rücken hin zwei Reihen solcher Flecken.
Der Unterleib zieht entweder ins Stahlblaue oder ist röthlich-, gelblich-,
weißlich- und schwarz- oder grau-marmorirt. Sie ist schnell, gewandt und
jähzornig; sie beißt gleich und häkelt sich mit ihren winzigen Zähnchen so
fest, daß sie öfter über acht Minuten hängen bleibt. Ihre Hauptnahrung sind
Eidechsen und Blindschleichen, um welche sie sich wickelt, wie die Riesen-
schlangen , was andere Nattern nicht thun.
Die gelbliche Natter, eine der größten in Deutschland, manchmal drei
bis fünf Schuh lang, ist oben ganz einfarbig, bräunlich-graugelb, unten
weißgelb, ohne Flecken. Sie findet sich in den meisten Theilen Deutschlands,
besonders häufig aber bei Schlangenbad im Herzogthum Nassau, welches
seinen Namen davon hat. Hier wird sie häufig von Knaben gefangen und
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an die Badgäste verkauft. In der Gefangenschaft thut sie anfangs ziemlich
wild, wird aber bald zahm, ohne jedoch Etwas zu fressen.
Diese Nattern alle sind völlig unschädlich. Ebenso unschädlich sind die
Blindschleichen, welche übrigens richtiger zu den Eidechsen gezählt werden,
mit denen sie, den Mangel der Füße abgerechnet, viele Aehnlichkeit haben.
Sie sind bei uns fast allerwärts zu Hause und leben hauptsächlich von nackten
Schneckchen und Regenwürmern. Den Menschen thun sie niemals was zu
Leide.
Dagegen gibt es aber allerdings auch giftige Schlangen in unserm
Vaterlande. Dies sind die Ottern, welche man besonders daran erkennt,
daß ihr Kopf mit zahllosen kleinen Schuppen, wie mit Körnern, bedeckt ist,
während die ungiftigen Schlangen neun größere Tafeln auf dem Kopfe haben,
bei uns besonders die Kreuzotter, viel seltner die Viper. Die Kreuzotter,
auch Kupferschlange oder Feuerotter genannt, ist grau (bald röthlich- bald
bläulich-grau), am Bauche schwarz und hat vom Kopfe an über den ganzen
Rücken ein schwarzes Zickzackband. Sie wird selten über zwei Schuh lang
und einen Zoll dick. Die Viper, welche ihr fast ganz gleicht, aber etwas
größer wird, unterscheidet sich von ihr dadurch, daß sie keinen Zickzackstrei-
sen, sondern nur große schwarze Flecken auf dem Rücken hat. Man findet
die Ottern, diese gefährlichen Thiere, an sehr vielen Orten, wo niedriges
Gesträuch steht, alte Baumstämme oder Steinmassen sich vorfinden und kein
Mangel an Sonnenschein und Mäusen ist, am häufigsten in den hohen Wald-
gebirgen, auf den Alpen, dem Schwarzwald, dem Thüringer Wald u. s. w.
Im Ganzen zwar sind sie bei uns nicht häufig; doch vergeht selten ein Jahr,
wo nicht da und dort ein Holzmacher oder ein Kind, welches Heidelbeeren,
Preiselbeeren, isländisches Moos, Reisig u. dgl. sucht, gebissen würde.
Mäuse und Maulwürfe müssen hauptsächlich ihre Wohnung graben und werden
dann zum Dank dafür vergiftet und gefressen. Wenn die Otter nach einer
Beute oder einem Feinde beißen will, so zieht sie erst den Hals ein und schnellt
dann den Kopf mit großer Geschwindigkeit vor; sie springt aber nicht nach
dem Feinde, verfolgt ihn auch nicht, wenn er Reißaus nimmt. Menschen
widerfährt es am häufigsten, daß sie von Ottern gebissen werden, wenn sie
baarfuß gehen oder beim Beerenpflücken, Moossammeln u. s. w. mit den
Händen dem Boden nahe kommen. Der Biß pflegt sehr verschieden zu sein,
denn er macht mitunter bloß feine Ritzen, oder es trifft nur ein Gistzahn statt
beider, oder es dringen auch beide stechend ein, was am gefährlichsten ist. Bin-
nen fünfzig Minuten kann ein so vergifteter Mensch todt sein. Nach dem
Bisse schwillt die Wlmde augenblicklich und wird roth ober blau. Man kann
mit der Hülfe nicht genug eilen; wo möglich muß das Gift sogleich durch einen
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starken Druck mit den Fingern aus der Wunde gedrückt werden; hat man eine
scharfe Schere zur Hand, so schneide man die Wunde, die kaum über eine halbe
Linie tief wird, augenblicklich aus und lasse ste recht lange bluten, wasche sie
auch dabei tüchtig aus. Kann man sie nicht so behandeln, so suche man mög-
lichst schnell einen starken Druck auf ste anzubringen, indem man ein Steinchen
und dergl. fest auf den Biß selbst, nicht daneben, bindet und so lange darauf
läßt, bis die Stelle zu Hause ausgeschnitten oder durch Schröpfköpfe ausgesogen
werden kann. So lange der Druck fest auf der Wunde ruht, saugt diese das
Gift nicht ein; man drücke also, wenn sich gar kein anderes Mittel zeigt, we-
nigstens den Daumen so lange darauf, bis zu Hülfe gerufene Leute das Uebrige
besorgen können. So bald als möglich aber muß ein erfahrener Arzt oder
Wundarzt zu Rathe gezogen werden. Dieser wird ohne Zweifel Chlor an-
wenden, das schon in sehr vielen Fällen das einzige Mittel war, welches Ret-
tung und völlige Genesung bringen konnte.
Die feurigen Schlangen, von denen das murrende Volk Israel in
der Wüste (4 Mos. 21, 6. vergl. Joh. 3, 14. 15.) heimgesucht wurde, werden
für eine Art von Hydern oder giftigen Wasserschlangen gehalten, welche in
Bächen der Wüste leben, und wenn die Bäche vertrocknen, höchst gefährlich
werden. Den Namen Feuerschlange hat dieses Thier entweder von dem bren-
nenden Schmerz, welchen ihr Biß verursacht, was bei anderen giftigen Schlangen
nicht der Fall ist, oder von ihrer Farbe. In den Zeitungen las man z. B. aus
Bassora vom 24. September 1831: „Die Stadt Bagdad wurde von einer un-
erhörten Plage getroffen. Es hat sich eine ungeheure Menge Schlangen von
feuerrother Farbe gezeigt, deren Biß Raserei und unvermeidlichen Tod bewirkt.
Die ganze Stadt war mit Leichen angefüllt."
30. Die Königsschlange.
Diese Schlange heißt auch die Abgottsschlange und ist die größte
unter den Schlangen. Sie wird zwanzig bis vierzig Fuß lang, und
dicker als der Leib eines Mannes. Sie bewohnt Ostindien und
Afrika und hält sich meistens auf Bäumen und an Flüssen auf. Die
folgende Nachricht theilt ein holländischer Offizier mit, der sich in
Ceylon aufhielt. „Ich wohnte am Ende der vornehmsten Stadt dieser
Insel und hatte die Aussicht auf eiuen nahe liegenden Wald. Nicht
weit von meiner Wohnung war ein kleiner Hügel, auf welchem drei
bis vier Palmbäume standen, deren Anblick mir alle Morgen sehr
viel Vergnügen machte. Als ich einstmals des Morgens meine Augen
aus sie gerichtet hatte, schien mir ein dicker Zweig auf denselben aller-
hand wunderliche Bewegungen zu machen; er drehte sich von einer
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