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1. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 21

1912 - München : Kellerer
— 21 — warten auf den warmen Regen und reiben und waschen mit Schwamm und Seife. Nachdem das Wasser, um abzuhärten und vor Erkältung zu schützen, nach und nach kühler geworden, eilen die Badenden, mit gewärmten Handtüchern versehen, zu ihren Kleidern, um nach besonders eingehender Beschäftigung mit Kamm und Spiegel in die Klasse znrückzukehreu. Jedes der Kleinen ist stolz auf seine Frische und Reinlichkeit: „Christ- kind wird mit uns zufrieden sein." Aber Christkindlein, ver- giß unsere Knaben nicht! Die wackeren Handwerksleute ver- dienen deinen Beifall! In der schulfreien Zeit rühren sie Hobel und Schnitzmesser und kleben und kleistern. Am heiligen Abend bewundern Vater und Mutter die sauber gearbeiteten Kästchen, die zierlichen Rahmen, die hübschen Wandtaschen und wie all die Beweise regen Fleißes in der Schüler werk st ätte heißen mögen. Christkindchen ist gar gut; es kennt die Wünsche seiner lieben Jugend. Da der Winter sich frühzeitig hübsch strenge anließ, mahnte es in Geschäften und Häusern: „Habt ihr nicht übrige Schlittschuhe? In der Schule werden sie dank- bar angenommen!" Die lebhafte Schar stürmt auf den Eis- platz neben dem Schulhause. Ei, wie hast du dich verändert du lieber Spielhof! Wo wir im Sommer unter schattigen Bäumeu beim „Schwarzen Mann" und beim „Dreischlag" ge- jubelt, den Reif und den Ball geworfen haben, breitet sich jetzt die harte Eisfläche aus, auf der sich's prächtig tummeln, schleifen und niederfallen läßt. Niemand vermißt des Sommers Wärme und Grün. Die roten Backen und blitzenden Augen zeugen von der gesunden Wirkung frischer Bewegung in klarer Winterluft. Nur ein paar Schulküchenmädchen stehen plaudernd bei dem Zaune still. Das Fleckchen Land ist ihr Schulgarten, sie werden ihn im Frühjahr mit Küchenpflanzen aller Art anbauen, werden jäten und gießen. Mahnt die einbrechende Dunkelheit die Kinder wohlhabender Eltern zur Heimkehr in die traute Behausung, so wartet der Armen ein warmer behaglicher Raum im Schulhause. Der „H o r t" ist die Zuflucht aller, deren Eltern durch Arbeit ums tägliche Brot den ganzen Tag von der Wohnung ferngehalten find. Er bewahrt die Knaben, Mädchen und Lehrlinge vor der Gefahr, auf der Straße und im Wirtshause Rohes und Schlimmes zu sehen, zu hören und zu tun. Er bietet genügenden Platz, die Schulaufgaben zu fertigen. Es gibt dort schöne Bücher zu lesen. Es werden unter- haltende Gesellschaftsspiele getrieben. Es werden alle Freuden und Leiden des jungen Lebens besprochen. Jetzt herrscht nur

2. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 23

1912 - München : Kellerer
— 23 — Geländer aufrichten, die Fußböden legen und die Fenster- rahmen herstellen. Der Schlosser besorgte die Schlösser, Riegel, Kegel und Angel an Fenstern und Türen. Der Töpfer setzte in jedes Zimmer einen Ofen und in die Küche den Herd. Der Glaser fügte in die Fensterrahmen die hellen, durchsichtigen Scheiben. Zuletzt kam noch der Tapezierer und beklebte die Wände mit buntfarbigen Tapeten und der Maler, der schon die Außenmauer mit Ölfarbe angestrichen hatte, malte farbige Ränder und bunte Blumen an die Decke. Nun muß das neue Haus noch austrocknen und dann können die Wohnungen be- zogen werden. Der Mensch teilt mit manchen Tieren seine Wohnung oder er baut ihnen eine eigene und wir nennen diese Tiere Haustiere. Dazu gehören das Pferd, das Rind, das Schwein, die Ziege, das Schaf, der Hund, die Katze, die Hühner, die Enten, die Gänse und die Tauben. Im Hause halten sich aber auch andere Tiere auf, die der Mensch nicht dulden will, weil sie schädlich oder lästig sind, die er aber oft nicht vertreiben kann, weil er ihnen nicht beikommen kann. Das sind zunächst die Mäuse und Ratten und das kleinere Getier von Fliegen, Asseln, Motten u. a. m. In den folgenden zwei Abschnitten soll zunächst von der Katze und der Maus die Rede sein. 14. Von der Katze. Heute ist großes Fest in der Katzenfamilie auf dem Speicher des Wohnhanses, der erste Sehtag der vor neun Tagen ge- bornen Kinder. Bis jetzt waren die vier Sprößlinge taub und blind und krochen nur unbeholfen in dem Korb, der ihr Geburts- Haus ist, herum und suchten miauend bei der Mutter die erste Nahrung- Diese, eine schöne, graugefleckte Katze, leckt und putzt voll Zärtlichkeit mit der rauhen Zunge an ihren Kleinen herum. Sie sollen, an die gleiche Reinlichkeit gewöhnt werden, die alles, was zum Katzengeschlecht gehört, auszeichnet und sie bei den Menschen zu beliebten Gliedern des häuslichen Kreises macht. Voll Stolz beobachtet die alte Katze die Gehversuche ihrer Jungen, ihre Verschönerungsversuche uuermüdet fortsetzend,.bis die feinen Härchen des weichen Pelzes tadellos glatt liegen. Miezchen ist eigentlich mit allen Hausgenossen gut Freund. Warum sollte es auch nicht? Es erhält regelmäßig sein volles Schüsselchen Milch, wird gestreichelt und gehätschelt und niemand ist, der es neckt und quält. Somit hat es auch keine Ursache von seinen

3. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 27

1912 - München : Kellerer
- 27 — Knabe ein und „gar an solch sonnigen Herbsttagen!" „Du frei- lich nicht," fuhr Vater fort, „du bist ein Kind dieses Landstriches. Aber euer Kätzlein stammt aus dem heißen Süden. Seine Vor- eltern wurden wohl von Reisenden in unsere Gegenden gebracht. Von dieser eigentlichen Heimat her ist ihm das große Wärme- bedürfnis geblieben. Denke nur, wie oft ihr euch gewundert habt, daß es stundenlang im glühendsten Sonnenschein lag." „Bleib nur, Miezekätzchen, bleib," sprach schmeichelnd das Mäd- chen und streichelte sanft über das seidige Haar. Das behagte Sctmmetfell, wohlig streckten sich Beine und Pfoten. „Es schnurrt," berichteten erfreut die Kinder, als sie das leise surrende Geräusch hörten, das durch zwei zarte, gespannte Häutchen im Kehlkopf hervorgebracht wird. „Ei, wie sie gleich zusammen- zuckt!" rief der Knabe. „Ich bin nur mit dem Finger ganz wenig an ihre Schnurrbartspitzen gekommen!" „Das hat seinen Grund," erklärte wieder der Vater. „Die Katzen haben in den Haaren ein sehr feines Tastgefühl, noch viel feiner als am übrigen Körper. Es wird es auch sofort spüren, wenn nur die Spitze deines Fingers die langen Haare über den Augen be- rührt." „Was ist denn das?" rief auf einmal das Mädchen. „Das Fell ist ja feurig. Miez, was hast du nur?" Das Kätzchen war aufgesprungen und wehrte sich kläglich miauend gegen die haltenden Hände des Knaben. „Ich habe ihm nichts zu leide getan, ich wollte es nur mal verkehrt streicheln!" „Du brauchst nicht zu erschrecken," beruhigte der Vater. „Das ist eine Eigen- tümlichkeit des Katzenfelles, daß Funken herausspringen, wenn man es iul Dunkeln nach rückwärts streicht. Die Katzen mögen aber diese Art Liebkosung nicht leiden, da sie es eben durch deu feinen Tastsinn in den Haaren unangenehm empfinden." „Zu dumm, daß die Kätzchen gerade da so empfindlich find, da muß man sich ja ordentlich scheuen, zärtlich mit ihnen zu sein!" „Für dich und deinesgleichen ist's vielleicht nicht erwünscht," nahm Vater wieder das Wort. „Aber denke, wie schlecht es den Katzeu auf ihren nächtlichen Jagdzügen ginge. Sie haben zwar sehr scharfe Augen, die für die Dämmerung und die hellen Nächte ausreichen, aber in der Stockfinsternis können sie so wenig sehen wie ich und du. Da muß dann das seine Gefühl den Dienst der Augen tuu." „Komm Miezchen, ich will dich trösten, weil wir dir so viel Unbehagen gemacht haben," sagte nuu die Kleine und kam mit einem Näpfchen Milch zu der Katze, die sich iu- zwischeu wieder beruhigt zum Schlafen hingeschmiegt hatte. Aber das Tierchen rührte sich nicht, bis der beliebte Trank dicht vor

4. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 69

1912 - München : Kellerer
— 69 — ist die Gruftstraße, früher Judengasse genannt, weil sie die einzige war, die die Israeliten in alter Zeit bewohnen durften. Dort hatten , sie auch ihre unterirdische Synagoge. Später wurde daraus ein unterirdisches Marienkirchlein gemacht, in dem alljährlich eine Messe gehalten wurde, damit der hochge- legeue Walchensee nicht durchbreche und das ganze Isartal samt der Stadt München in seinen Fluten begrabe. Wo vom Polizeigebäude herüber das Schrammergäßchen zieht, bezeichnet eine Tafel die Stelle des früheren Spiegelbrunnens. Die Sage erzählt, daß in diesem Brunnen ein garstiges Ungetier, ein Basilisk, gehaust habe, dessen Anblick jeden getötet habe. Da kamen kluge Leute auf den Gedanken einen Spiegel gegen den Brunnen zu stellen, so daß der Basilisk sein eigenes Bild sehen mußte und aus diese Weise zugrunde ging. Der Volksmund bezeichnete das Untier in diesem Brunnen — nach andern den Lindwurm, der ,am Lindwurmeck des Marienplatzes hauste — als die Ursache des schwarzen Todes oder der gräßlichen Pest, die im 17. Jahrhundert in München wütete. An das Ende dieser Schreckenszeit erinnert eine Festlichkeit, die sich bis auf unsere Tage erhalten hat. Dieser alte Brauch ist der Schäsfler- tanz, das erste Lebenszeichen der mutlosen, schwergeprüften Stadt, denn eine schwere, bange Zeit war es, als im Jahre 1628 der schwarze Tod in nnsern Mauern herrschte. Viermal war die verheerende Pestseuche in der Stadt München: 1348, wo sie nach einem Erdbeben auftrat, 1463, wo sie V3 der Einwohner dahinraffte, von 1515—1517 und im Jahre 1628. Wohl hatte man schon beim ersten Auftreten dieser Seuche alle denkbaren Vorsichtsmaßregeln ergriffen. Kein Fremder durfte durch die Tore der Stadt gehen, ohne ausführlichen Bericht über „woher" und „wohin" gegeben und einen Eid geleistet zu haben, daß er von keinem der Pest verdächtigen Ort komme. Eigene Gasthäuser wareu vor den Toren der Stadt für die Fremden errichtet. Alle Briefe wurden geöffnet und ausgeräuchert, alles Geld in Essig gewaschen. Trotzdem alles geschah, um Einhalt zu tun, erreichte die Krankheit doch eine entsetzliche Höhe. Die vor der Stadt gebauten Lazarette wareu überfüllt. Beständig waren eigene Männer mit der Fort- schaffung Kranker beschäftigt. Diese Wärter mußten an eigenen Standorten die Kleidung wechseln, um den Krankheitsstoff nicht weiter zu tragen. Die Häuser der Stadt waren, wenn sie ein Krankes beherbergten, für den öffentlichen Verkehr gesperrt und besondere Angestellte versorgten die Einwohner mit den Lebensbedürfnissen. Täglich starben 100 und mehr Menschen.

5. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 58

1912 - München : Kellerer
— 58 — der Lehrherr Fraunhofers wohnte, einstürzte und einige der Einwohner unter die Trümmer gerieten. Die Ehefrau des Glasers und der Lehrling Fraunhofer waren im Nu durch mehr als 1000 Zentner Schutt und Geblöcke verschüttet. Die gräßliche Kunde kam auch zu den Ohren des damaligen Knr- fürsten Max, der sogleich zur Stelle eilte, um Hilfe und Auf- munterung zu bringen. Durch seine Gegenwart angeeifert, verdoppelten die anwesenden Bürger ihre Bemühungen, aber lange Zeit war alles vergeblich eine Spur der letztgenannten Verschütteten zu finden. Endlich tönte eine schwache Stimme unter einem Stubenboden vor, der sich oben an das Gerüste des Hauses lehnte, unten tief in den Schutt bohrte und dessen so gebildeter Winkel mit Schutt ausgefüllt war. Ein Weg- räumen des Schuttes oben oder unten hätte unfehlbar den Erstickungstod des Darunterliegenden zur Folge gehabt. Da wagteu sich ein paar beherzte Männer in das halbzerstörte Hans, um unter Lebensgefahr den Raum zwischen Haus und Stubenboden frei zu machen. Endlich konnte Fraunhofer einen Finger, dann die Hand, dann den Arm durch die Öffnung herausstrecken. Man reichte ihm in Wasser und Essig getauchte Tücher, um sich Stirn und Schläfen anzufeuchten, und hatte nach vierstündiger, unsagbarer Mühe die Freude, den Knaben aus der tödlichen Lage befreit zu haben. Der Kurfürst, der an deu gefährlichsten Stellen ausgehalten hatte, betrachtete voll Rührung den Geretteten und erkundigte sich nach seinen Ver- Hältnissen. Als er erfuhr, daß der Knabe elternlos sei, sprach er: „Er ist nicht mehr Waise, ich sorge für ihn." Der edle Kurfürst ließ den Knaben verpflegen, bis er wieder gesund war und schenkte ihm eine Summe Geld. Fraunhofer, dessen sehn- lichster Wunsch es schon lange war, kein gewöhnlicher Glaser- lehrling zu bleiben, sondern mehr zu lernen, verwendete das Geschenk zum Ankauf verschiedener wissenschaftlicher Bücher, die er eifrigst studierte und nach deren Anleitung er sich im Schleifen optischer Gläser (Augenglas) übte und vervollkommnete. Zu- gleich beobachtete er sorgfältig und aufs beste, wie das Licht, z. B. ein Sonnenstrahl, durch Glas, Wasser oder sonst einen durchsichtigen Körper durchgeht, wie der Strahl nicht gerade bleibt sondern abzubrechen scheint, und wie er sich bricht, — die Gesetze der Lichtbrechung. So wurde Fraunhofer mit der Zeit ein sehr geschickter Optiker (Sehkünstler). Er verfertigte Augengläser, die besser waren als alle bisherigen, ausgezeichnete Vergrößerungsgläser, durch die der Gelehrte die kleinsten Tiere,

6. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 140

1912 - München : Kellerer
— 140 — Stück weit mit Ihnen, so weit als die Zeit erlaubt unfern Schulweg zu ändern". Sie begleiteten nun den Herrn bis zum Sendlingertorplatz, nachdem sie ihm auf Befragen die Matthäus- Kirche genannt, die Paulskirche gezeigt, ihn auf Krankenhaus, Denkmäler und Brunnen aufmerksam gemacht hatten und wiesen ihn dann durchs Tor in die Sendlingerstraße, sprachen mit ihm noch genau vom Weg und dessen bemerkenswerten Ge- bäuden und sagten ein paar artige Abschiedsworte. Der Herr freute sich über seine eifrigen Führer und bot jedem ein fil- bernes Geldstück. Ihrer Weigerung, etwas anzunehmen, machte er scherzend ein Ende: „Jede Arbeit ist des Lohnes wert! Sollte es nicht manches in München geben, was ihr Buben gerne anseht? Geht nicht manchmal das Taschengeld dazu aus?" Was die Buben mit ihrem Erwerb getrieben, kann ich euch nicht sagen. Ich glaube, sie besinnen sich noch, ob es für Panorama und Deutsches Museum oder für Besichtigung der Menagerie und fremder Völkerstämme an dem Oktoberfest oder für eine Frühlingsfahrt ins Isartal verwendet wird. 56. Vom Gemüsegarten. In den Vorstädten sieht man große Gärten, in denen fast nur Gemüse angepflanzt wird. Man heißt solche Gärten Ge- müsegärten. Diese Gärten gehören den Gärtnern, welche jähr- aus, jahrein die Bewohner Münchens mit frischen Gemüsen versorgen. Ein solcher Garten ist in Beete abgeteilt, enthält in der Mitte in der Regel einen Brunnen, der das Wasser zum Begießen der Pflanzen liefern muß, an einem Ende das Gartenhaus zum Aufbewahren der nötigen Geräte, am andern Ende die Frühbeete. Letztere sind etwas tiefer gelegen und werden mit Brettern und Fenstern zugedeckt, um die im Herbste, Winter und Frühjahre darin wachsenden Gemüse vor kalter Luft zu bewahren. Aus diesen Frühbeeten erhalten wir im Borfrühling Salat, Rettiche, Kohlraben, Rüben n. a. Gemüse, die in den freien Beeten wegen zu rauher Luft noch gar nicht angepflanzt werden können. Die Gemüsegärten, sollen sie guten Ertrag liefern, erfordern große Mühe und unablässige Sorgfalt. Der Gärtner muß vom frühesten Morgen, ja schon vor die Sonne aufgeht, bis zum späten Abend ununterbrochen tätig sein. Dabei hat er bei seinen Arbeiten eine gebückte Haltung nn'd ist dem Regen, und, wenn die Sonne scheint, den unmittelbaren Strahlen derselben

7. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 167

1912 - München : Kellerer
— 167 - ihre Jüngste als sein Weib ins nächste Dors geholt hat, von Streitigkeiten mit dem Nachbarn und ihrem milden, besänf- tigenden Wort gelingt es, ihm zum ruhigen Nachdenken und Nachgeben zu bringen und langjährige Gerichtshändel zu der- meiden. Sogar der Sohn, der Bürgermeister, verschmäht es nicht, manches Vorkommnis in der Gemeinde mit ihr zu be- sprechen. Als bei uns zu Hause einmal bittere Krankheitstage Vaters Geldbeutel erschöpft hatten, half ein Teil ihres Spar- groschens über die schwere Zeit. Ob ihr Enkel Lorenz ihr in den Ohren liegt, für ihn ein gutes Wort einzulegen, damit er zur „Studi" dürfe, ob der jüngste Bube unter dem Anschein, ihr „Grüaß God" zu sagen, sich einen besonders großen Apfel holt, ob die blutarme Stalldirn sich „ein Fleck" zum „Flicka" erbittet und für ein neues „Pfoad" (Hemd) geschenkt bekommt — keines geht unbefriedigt fort. An besonders heißen Arbeits- tagen steht sie wohl helfend drüben bei der Schwiegertochter. In einem großen Bauernhaushalt sind zwei fleißige Hände und zwei klare Augen nie zu viel, gilt's doch nicht nur für Mann, Kinder und Gesinde zu sorgen, auch die Vierfüßler wollen ihr gutes Recht. Nicht minder tadellos und fauber wie Küche, Keller und Stube sind die Ställe gehalten. Sind auch die - vergitterten Fenster kleiner als am Wohnhause, so ist der Stall doch hell und freundlich. Ich müßte kein richtiger Bube sein, wenn mich nichr das Vieh und alles was damit zusammenhängt, anss lebhafteste interessierte. Vetter Bürgermeisters Vieh zu seheu ist aber auch eine wahre Freude. Der Knecht putzt die prächtigen Kühe und Ochsen, daß kein Tadel an ihnen ist. In vier Reihen stehen sie an den Barren, wohlig Wiederkauen sie auf dem reinen Stroh liegend. Geduldig halten sie still, wenn die Magd mit Melkschemel und Eimer kommt. Auf der hölzernen Bank vor dem Stall glänzen die blanken Blechkannen, in denen die Milch nach der Stadt geschickt wird. Eine eigene, durch niedrige Holzwände eingeschlossene Abteilung gehört den Kälbern, die in täppischem Übermut herumspringen und blöken. Noch lieber gehe ich an die Pferdestände, helfe Haber und Häcksel in die Krippe schütten und Kübel mit Wasser tragen. Besonders den Bräuudl habe ich gerne, ihn reite ich jedesmal, wenn's zur Schwemme geht und mit meinen Zuckerbrocken, die ich mitbringe, gehe ich zuerst zu ihm. Die kleine Türe führt in die Kammer des Pferdeknechts, der Verschlag nebenan birgt Pferdegeschirr, Peitschen u. dergl. Reinlich wie seine Tiere

8. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 213

1912 - München : Kellerer
Aufnahme von Abfällen im Rucksack unterbringen kann. In der Klasse gibt es ja einen Korb, der sich für solche Zwecke eignet und auf der Straße zu essen ist wohl nicht nötig. Ich glaube nicht Hungers sterben zu müssen, wenn ich warte bis ich daheim bin. Ans Wiedersehen morgen! Großmütterchens Krankenbild wird Dir noch tieferen Eindruck macheu als der Brief Deines Vetters Bruno. Anmerkung. Der in dem Briefe erzählte Unglücksfall beruht auf Wahrheit. t3eorg-Eckert-lnstitut für iritcr: Z onale Schulbuchforschung Brau~c:I>y/3ig Schulbuchoibliothek

9. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 7

1912 - München : Kellerer
— 7 — war krank und traurig vor Heimweh. So hängt mein kleines Herz an dir, drum schaffe mir ein behagliches Vogeldasein in deiner und meiner Heimat. Bitte, bitte, mein Kind!" „Tschilp, tschilp, langweiliger Stubenhocker," schelten die Spatzen und ziehen eine Straße weiter. Wieder lockt ihr Zirp, Zirp, und der, dem diesmal ihr Ruf gilt, wie gerne folgte er ihm! Doch wehe, sein Häuslein ist ihm ein grausamer Kerker. Wohl hat ihn seine kleine Herrin ans Fenster getragen, damit auch er teilhabe an Luft und Licht. Aber das Türchen ist geschlossen und Decke und Wände sind ein festes Gitter. Ruhelos flattert der arme Zeisig hin und her, wieder und immer wieder hängt er sich an die Stäbe. Umsonst! Keine Lücke öffnet sich, damit er in die ersehnte Freiheit entfliehen kann. Die selige Freiheit! Er hat sie einst gekannt. Seine Wiege war das Nestlein im hohen Baum, ein weiter Garten seine Heimat. Dort trugen ihm treue Eltern die erste Nahrung zu; dort lernte er die kleinen Flügel regen. Wie war sein Leben schön, bis er sich von der Leimrute des schlauen Vogelstellers betören ließ. Horch! Leise, ängstlich tönt des Vögleins Stimmchen. Annie tritt zu ihm ans Fenster. Versteht sie sein Flehen? „Bitte, bitte, mein Kind, öffne mein Gefängnis. Sieh, der Frühling befreit das Wasser vom Eise, er bringt die Schwalben wieder, er weckt Laub und Blüten und Blumen. Er ruft auch dich zu heiterm Spiel aus dem dumpfen Hans. Hilf mir, damit auch ich mich freuen kann! Ich will dir's danken mit fröhlichem Lied, mit emsiger Jagd. Erlöse mich von dem bitteren Heimweh, laß mich frei, laß mich in meine grüne Heimat! Bitte, bitte, mein Kind!" „Tschilp, tschilp, du wilder Grobian du!" Schimpfend und erschreckt stiebt das graue Spatzenvolk auseinander. Freund Spitz ist der Störenfried. Sein junger Gebieter' eilt zu den Genossen auf den Spielplatz und Bello ist sein unzertrennlicher Begleiter, bis der Abend den Knaben nach Hause treibt. Dann trottet auch der Hund wieder mit, denn Brunos Vaterhaus ist auch seine Heimat. In des Vetters Stall kam der Spitz zur Welt und erst wenige Wochen war er alt, als Bruno ihn mitnahm, ein lebendiges Ferienandenken. Nun ist er ein Familienglied geworden, das mit freudigem Gebell jeden Heim- kehrenden begrüßt, das zu betteln und zu danken weiß mit Blick, mit beweglicher Pfote und wedelndem Schweif, das jedes Wort versteht und auf seine Weise beantwortet, mit den Menschen vertraut und bei den Menschen daheim ist. Bruno und Bello

10. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 9

1912 - München : Kellerer
— 9 — stauben pflückst. Laß mich frei! Du glücklicher Knabe weißt nicht, wie das Heimweh quält! Schenke mir wieder mein wonniges Leben in der Heimat! Bitte, bitte, mein Kind!" 6. Das Vaterhaus, die engste Heimat. „So, so, daheim bei uns," sprach langsam und bedächtig der Vetter Jürgen seinem Brudersohne nach, „daheim bei euch? Was wißt denn ihr Stadtleute von einem Daheim? Gehört euch auch nur ein Fleckchen Boden so groß wie eure Schuhsohle zu eigen? Alles nur für kurze Zeit gemietet, schnell verändert und schnell vergessen. Das könnte mir nicht passen. Freilich, dein Vater hat schon als Bube so was Besonderbares gehabt, saß lieber hinter einem Buch vom Herrn Lehrer und vom Herrn Pfarrer, als daß er mit dem Pflug ging, wollte durchaus zur Studi. Vornehmer mag ja so ein Gstudierter sein, aber lieber ist mir's, wie ich es mir eingerichtet habe. So herumwandern von einer Stadt in die andere, wo man eben angestellt wird, in einem Haus mit einer Menge wildfremder Leute — nein, das wäre nichts für mich. Schau um dich, Bub! Da auf dem Fleck Erde bin ich der Herr. Was ich schaffe, was ich pflanze, was ich baue, für mich ist's, und so Gott will, soll's mein Ältester einmal übernehmen, wie ich's vom Vater und der vom Großvater bekam, wie sich's fortgeerbt hat von Ahnen und Urahnen her." Beinahe ängstlich schaute Rudolf den Vetter an, der seine Rede wohl etwas barsch herausgepoltert hatte." Na, laß gut sein," begütigte ihn der, „ist er auch anders wie wir, so sind wir doch von einem Stamm, in einem Hans geboren und aufgewachsen und unser altes Haus ist ihm immer uoch lieb, wie jedem braven Mann Vaterhans und Heimaterde feilt muß." „Das weiß ich," atmete Rudolf erleichtert auf, „Vater hat mir viel erzählt und gelt, Vetter, du zeigst mir alles, wo ihr als heilige drei Könige gegangen seid und wo ihr am Hirtenfeuer die Kartoffeln gebraten habt und wo du einmal von Holderbauers Apfelbaum....." „Ja freilich alles," unterbrach ihn der Vetter, „aber unsere dummen Streiche hätte dir dein Vater verschweigen können. Tut nichts, sollst alles sehen und bin ich nicht mit, da der Große, der Sepp, der weiß es ebensogut." Voll Stolz stand des Vetters Erst- geborener da, stolz auf den stattlichen Hof, stolz auf die Aus- ficht, einst da schalten zu dürfen, wo eine Reihe ehrenwerter Männer vor ihm gewaltet. Mit leuchtenden Augen nahm er
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