Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): München
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
Aufnahme von Abfällen im Rucksack unterbringen kann. In
der Klasse gibt es ja einen Korb, der sich für solche Zwecke
eignet und auf der Straße zu essen ist wohl nicht nötig. Ich
glaube nicht Hungers sterben zu müssen, wenn ich warte bis
ich daheim bin.
Ans Wiedersehen morgen! Großmütterchens Krankenbild
wird Dir noch tieferen Eindruck macheu als der Brief
Deines Vetters
Bruno.
Anmerkung. Der in dem Briefe erzählte Unglücksfall beruht auf
Wahrheit.
t3eorg-Eckert-lnstitut
für iritcr: Z onale
Schulbuchforschung
Brau~c:I>y/3ig
Schulbuchoibliothek
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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Extrahierte Personennamen: Großmütterchens_Krankenbild Bruno
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Regionen (OPAC): München
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 7 —
war krank und traurig vor Heimweh. So hängt mein kleines
Herz an dir, drum schaffe mir ein behagliches Vogeldasein in
deiner und meiner Heimat. Bitte, bitte, mein Kind!"
„Tschilp, tschilp, langweiliger Stubenhocker," schelten die
Spatzen und ziehen eine Straße weiter. Wieder lockt ihr Zirp,
Zirp, und der, dem diesmal ihr Ruf gilt, wie gerne folgte er
ihm! Doch wehe, sein Häuslein ist ihm ein grausamer Kerker.
Wohl hat ihn seine kleine Herrin ans Fenster getragen, damit
auch er teilhabe an Luft und Licht. Aber das Türchen ist
geschlossen und Decke und Wände sind ein festes Gitter. Ruhelos
flattert der arme Zeisig hin und her, wieder und immer wieder
hängt er sich an die Stäbe. Umsonst! Keine Lücke öffnet sich,
damit er in die ersehnte Freiheit entfliehen kann. Die selige
Freiheit! Er hat sie einst gekannt. Seine Wiege war das
Nestlein im hohen Baum, ein weiter Garten seine Heimat.
Dort trugen ihm treue Eltern die erste Nahrung zu; dort
lernte er die kleinen Flügel regen. Wie war sein Leben schön,
bis er sich von der Leimrute des schlauen Vogelstellers betören
ließ. Horch! Leise, ängstlich tönt des Vögleins Stimmchen.
Annie tritt zu ihm ans Fenster. Versteht sie sein Flehen?
„Bitte, bitte, mein Kind, öffne mein Gefängnis. Sieh, der
Frühling befreit das Wasser vom Eise, er bringt die Schwalben
wieder, er weckt Laub und Blüten und Blumen. Er ruft auch
dich zu heiterm Spiel aus dem dumpfen Hans. Hilf mir, damit
auch ich mich freuen kann! Ich will dir's danken mit fröhlichem
Lied, mit emsiger Jagd. Erlöse mich von dem bitteren Heimweh,
laß mich frei, laß mich in meine grüne Heimat! Bitte, bitte,
mein Kind!"
„Tschilp, tschilp, du wilder Grobian du!" Schimpfend und
erschreckt stiebt das graue Spatzenvolk auseinander. Freund
Spitz ist der Störenfried. Sein junger Gebieter' eilt zu den
Genossen auf den Spielplatz und Bello ist sein unzertrennlicher
Begleiter, bis der Abend den Knaben nach Hause treibt. Dann
trottet auch der Hund wieder mit, denn Brunos Vaterhaus
ist auch seine Heimat. In des Vetters Stall kam der Spitz
zur Welt und erst wenige Wochen war er alt, als Bruno ihn
mitnahm, ein lebendiges Ferienandenken. Nun ist er ein
Familienglied geworden, das mit freudigem Gebell jeden Heim-
kehrenden begrüßt, das zu betteln und zu danken weiß mit
Blick, mit beweglicher Pfote und wedelndem Schweif, das jedes
Wort versteht und auf seine Weise beantwortet, mit den Menschen
vertraut und bei den Menschen daheim ist. Bruno und Bello
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 9 —
stauben pflückst. Laß mich frei! Du glücklicher Knabe weißt
nicht, wie das Heimweh quält! Schenke mir wieder mein
wonniges Leben in der Heimat! Bitte, bitte, mein Kind!"
6. Das Vaterhaus, die engste Heimat.
„So, so, daheim bei uns," sprach langsam und bedächtig
der Vetter Jürgen seinem Brudersohne nach, „daheim bei euch?
Was wißt denn ihr Stadtleute von einem Daheim? Gehört
euch auch nur ein Fleckchen Boden so groß wie eure Schuhsohle
zu eigen? Alles nur für kurze Zeit gemietet, schnell verändert
und schnell vergessen. Das könnte mir nicht passen. Freilich,
dein Vater hat schon als Bube so was Besonderbares gehabt,
saß lieber hinter einem Buch vom Herrn Lehrer und vom Herrn
Pfarrer, als daß er mit dem Pflug ging, wollte durchaus zur
Studi. Vornehmer mag ja so ein Gstudierter sein, aber lieber
ist mir's, wie ich es mir eingerichtet habe. So herumwandern
von einer Stadt in die andere, wo man eben angestellt wird,
in einem Haus mit einer Menge wildfremder Leute — nein,
das wäre nichts für mich. Schau um dich, Bub! Da auf dem
Fleck Erde bin ich der Herr. Was ich schaffe, was ich pflanze,
was ich baue, für mich ist's, und so Gott will, soll's mein
Ältester einmal übernehmen, wie ich's vom Vater und der vom
Großvater bekam, wie sich's fortgeerbt hat von Ahnen und
Urahnen her." Beinahe ängstlich schaute Rudolf den Vetter an,
der seine Rede wohl etwas barsch herausgepoltert hatte." Na,
laß gut sein," begütigte ihn der, „ist er auch anders wie wir,
so sind wir doch von einem Stamm, in einem Hans geboren
und aufgewachsen und unser altes Haus ist ihm immer uoch
lieb, wie jedem braven Mann Vaterhans und Heimaterde feilt
muß." „Das weiß ich," atmete Rudolf erleichtert auf, „Vater
hat mir viel erzählt und gelt, Vetter, du zeigst mir alles, wo
ihr als heilige drei Könige gegangen seid und wo ihr am
Hirtenfeuer die Kartoffeln gebraten habt und wo du einmal
von Holderbauers Apfelbaum....." „Ja freilich alles,"
unterbrach ihn der Vetter, „aber unsere dummen Streiche
hätte dir dein Vater verschweigen können. Tut nichts, sollst
alles sehen und bin ich nicht mit, da der Große, der Sepp,
der weiß es ebensogut." Voll Stolz stand des Vetters Erst-
geborener da, stolz auf den stattlichen Hof, stolz auf die Aus-
ficht, einst da schalten zu dürfen, wo eine Reihe ehrenwerter
Männer vor ihm gewaltet. Mit leuchtenden Augen nahm er
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Extrahierte Personennamen: Gott Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Holderbauers_Apfelbaum
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 24 —
Waffen Gebrauch zu machen. Zur Zeit allerdings ist es weniger
geneigt, Freundschaft zu halten. Die Liebe zu seinen Jungen hat
es mißtrauisch gemacht und wehe, wenn sich ihnen ein Fremdes
in unfreundlicher Absicht oder nur in unvorsichtig rascher Weise
näherte. Der Frevler dürfte heilfroh sein, entkäme er der zorn-
entbrannten Mutter nur mit zerkratzter Haut ohne wesentlichere
Verletzungen. Der Vater, ein prächtiger Kater von tiefschwarzer
Farbe, größer und kräftiger als seine Frau, ist bereits auf
Raub ausgegangen, Sorge und Wacht in der Kinderstube der
Mutter überlassend.
„Wäre es nicht Zeit, Taufe zu halten?" meinte das kleinste
Haustöchterlein. Mit einem leckeren Schmaus, einem Schüssel-
chen Milch, darin etliche Kuchenbrocken eingeweicht, näherte es
sich behutsam, von der Alten zurückhaltend aber nicht unfreund-
lich empfangen. Entzückt sah das Mädchen die kleinen, drolligen
Dingerchen und der lächelnde, rote Kindermund sprach sein
Schulverschen: ,
Kätzchen, nun müßt ihr auch Namen haben,
jedes nach seiner Kunst und Gaben,
Sammetfell heiß ich dich,
jenes dort Leiseschlich,
dieses da Fangemaus,
aber dich Töpfchenaus.
Sammetfell war wohl das schönste von allen jungen Kätz-
chen. Tiefschwarz das Fell wie beim Vater, aber die Stirn
zierte ein weißer Fleck und die Pfoten schienen in weißen
Schuhen zu stecken. Jedes Härchen vom Kopf bis zum Fuß war
tadellos zurecht geleckt. Und „wie die Alten fungen, so zwit-
schern die Jungen" muß hier heißen: Wie Miezchen jedem
Schmutz, jeder Nässe aus dem Wege geht, wird auch Sammet-
fells Röckchen immer wie geleckt aussehen und hinter üblen
Gerüchen vermutet es wohl auch allerlei Unsauberes und weicht
ihnen aus. „Stubenrein" müssen es freilich feine Besitzer ziehen.
Aber im Freien hält es nach Mntters Beispiel selbst Ordnung
und verscharrt seinen Kot sorgfältig in selbstgegrabenen Ver-
tiefungen.
Auch die Geschwisterchen sind hübsch genug, um sich neben
ihren bräunlichen, weißen und scheckigen Brüdern und Schwestern
sehen lassen zu können. Eben kommt Leiseschlich dem Mädchen
näher.
Den an der Spitze dünneren Schwanz, der später lang und
kräftig beim Springen und Fallen als Steuer dient, zieht es noch
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 135 —
von der eigentümlichen Hufbildung gesehen um genau zu der-
stehen, als der Herr Lehrer erklärte, daß das Pferd nur mit der
Spitze einer Zehe, der dritten, auftritt. Das letzte Glied ist so
ausgebildet, daß es von einem Hornschnh umschlossen, eine große
Unterstützungsfläche gibt. Doch berührt den Boden nur der
Rand, dessen Härte ihn vor Abnützung schützt und eine weiche
Hornfalte, die sich von hinten nach vorn durch die ausgehöhlte
Sohle zieht. Diese Falte dient als weiches Polster, das die Er-
schütteruug beim Auftreten und Aufprallen auf harte Boden-
flächen mildert. Die 2. und 4. Zehe find verkümmert, die
1. und 5. ganz verschwunden. Grete ist ein sanftes, gehör-
sames Tier, das willig jedem Wink und Druck gehorcht und
sich nicht leicht ans der Fassung bringen läßt. Aber das erste
Automobil war doch von unheilvoller Wirkung. Das sausende,
tutende Ding, dem eine Staubwolke folgte, erschreckte unser
Bräuul so, daß es sich plötzlich aus die Hinterbeine erhob und
dann vorwärts flog, mit langgestrecktem Körper, nach vorn
gestrecktem Kopf und Hals und rückwärts gelegten Ohren. Wie
ein Keil durchschnitt das rasende Tier die Luft: Die langen,
leichten aber doch kräftigen Beine nach vorne und rückwärts
ausgestreckt, schnellte das Tier in die Höhe und vorwärts.
„Schade," meinte Michel, als er den Gaul wieder beruhigt
hatte, „das hätte ein Wettrennen beim Oktoberfest sein sollen.
Wir hätten den 1. Preis bekommen?"
Grete ist eine Ausländerin. Sie soll von englischen Vor-
fahren abstammen, während die schweren Gäule, die Vater den
Möbelwagen vorspannt, meist dänische oder belgische Rasse sind.
Manchmal bekommt Grete einen Zugkameraden, wenn ein Zwei-
spänner verlangt wird. Hansens höchster Wunsch war lange
Zeit, einmal einen Viererzug oder gar ein königliches Sechser-
gespann leiten zu dürfen. Nun hat er ein anderes Ziel vor
Augen. „Wer will unter die Soldaten" ist zur Zeit sein Lieb-
lingslied. Wenn er an die Stelle kommt vom Gaul, der
galoppieren soll, unterbricht er sich oft und versichert, daß der
es so gut haben solle als nur möglich. Grete will er nicht mit-
nehmen, dazu hat er sie zu lieb. Es könnte ihr im Manöver
oder gar im Krieg ein Unglück geschehen. „Das wäre zu traurig,
wenn ich meine Grete erschießen lassen müßte, und müßte ihr
Fleisch dem Pferdemetzger geben. Und ihr Fell, das ich so gern
streichle, müßte enthaart und zu Leder gegerbt werden. Dann säßen
fremde Leute auf den Möbeln, die 'mit seinem Roßhaar gepo'l-
stert wären. Frauen und Männer, die meine Grete nicht kannten,
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 184 —
vögeln. Der kurze Schnabel, nicht so stark wie bei den aus-
schließlichen Körnerfressern, doch kräftiger wie bei Insekten-
fressern, ist geeigenschaftet, ihre Nahrung rasch aufzunehmen.
Die Lerchen leben in der Freiheit von Grasspitzen, Getreide-
körnern, Käfern, Heuschrecken, Spinnen, Schmetterlingen. Im
Käfige werden sie zunächst mit Mehlwürmern, Ameiseneiern und
gelben Rüben gefüttert."
„Warum ist sie so unruhig?" rief ein Kind.
„Das kommt daher, weil sie sich vor so vielen Kindern
fürchtet," war die Antwort. Übrigens, wußte Auguste beizu-
fügen, können die Lerchen die Gefangenschaft sehr wenig ertragen.
Sie trippeln beständig hin und her und fahren gegen die Decke,
die deshalb im Käfig auch aus Leinwand besteht, damit sie sich
den Kopf nicht verletzen. Sie meinte, eine Lerche in einen
Käfig zu sperren, sei recht grausam. Sie kann ja im Käsig
nicht mehr gegen das Firmament emporfliegen, was ihr eine
große Qual sein müsse, auch habe sie gewiß Verlangen nach
der Reise, die ihre Schwestern im Herbst antreten.
Der Herr Lehrer bestätigte die Aussage und eine kleine
Weile wurde nichts mehr gesprochen. Die Kinder schauten auf
deu kleinen Hans, dem die Lerche gehörte. Ihn selbst überkam
so etwas wie Beschämung.
Endlich zeigte Wilhelm wieder den Finger. „Ich weiß, daß
die Lerche ein sauberes Nest, das schwer zu finden ist, aus
Wurzeln und Hälmchen in kleine Bodenhöhlen oder zwischen
Stauden baut und mit welken Blättern und dürrem Grase aus-
füttert. In dasselbe legt das Weibchen sechs gelbliche oder röt-
liche, so wie die Farbe der Erde, mit Pünktchen und Flecken ver-
sehene Eier, die vierzehn Tage bald von dem Männchen, bald
von dem Weibchen bebrütet werden. Ich habe auf dem Felde
schon oft ein Lerchennest mit Eiern oder Jungen gesehen. Können
letztere das Nest verlassen, dann müssen sie schon für sich selbst
sorgen, denn das Weibchen legt bald zum zweiten Male und
dann beginnt das Brutgeschäft von neuem."
Nachdem der Herr Lehrer dem kleinen Hans zu erkennen
gab, daß er es möglich machte, daß die Kinder heute eine Lerche
besichtigen konnten, wofür ihm ein Dank gehörte, teilte Hans
sofort den festen Entschluß mit, die Lerche wieder frei zu lassen.
Der Herr Lehrer belobte ihn deshalb und die übrigen Kinder
hatten ihn nur desto lieber.
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
- 154 —
und golden leuchteten die Augeu, die durchdringend auf ihm
ruhten: „Hat dir die Mutter nie von der Kornfrau erzählt?
Meine armen Kornkinder hast du mit deinen schweren Stiefeln
zertreten, als du dem Schmetterling nachjagtest! Dem hättest
du mit ungeschickten Händen den Farbenschmelz zerstört und
ihn dann häßlich und flügellahm seinem traurigen Los über-
lassen. Er entkam dir glücklich, aber meine hilflose Saat knickte
dein Tritt und sie kann sich nicht mehr erheben. Und doch war
sie bestimmt zu wachsen, sich golden zu färben und reichliche
Frucht in ihren Ähren zu trageu. Wer weiß,'ob dem schlimmes
Tun nicht einen Armen seines Stückleins Brot beraubt hat.
Merke, was dir die Kornfrau sagt: Wer das Getreide zertritt,
ist nicht wert, sich satt zu essen?" „Du hör mich, wilder Junge
du," wisperte ein zartes Stimmchen vom Waldsaum hinter ihm.
Ein putziges Bauernmädchen, Heidelbeerlein im grünen Rock
und zartlila Mieder stand vor ihm: „Hast du mein armes
Schwesterchen wenigstens zu Hause eingepflanzt, damit es nicht
verdurstet und verhungert? Es wollte durchaus uicht mit dir
gehen und klammerte sich an seinem Plätzchen fest, da zerrtest
du es mit Gewalt heraus. Nun ist das Fleckchen leer, wo es
so munter und keck um sich geschaut und kein neues Keimleiu
kann sprießen, du hast ja die Wurzelfüßcheu ausgerissen. So
lange wir mit denen in der lieben Erde stehen und ihren Saft
trinken, körnten wir atmen, gedeihen, neue Triebe ansetzen.
Ohne Würzelchen sind wir verloren wie der Mensch, dessen
Herz nicht mehr schlägt, dessen Lunge nicht mehr atmet. Wären
alle Kinder von deiner Art, dann wäre bald der Boden öd
und kahl!" Zu Hause! Wie eiu Schlag hat ihn das Wort
getroffen. Er hat ja auch Blumen heimgebracht, die schmachten
nach Lust und frischem Wasser und ersticken in der Enge der
dumpfen Büchse. „Haltet mich nicht auf! Laßt mich heim!"
ächzte er.
„Was ist dir, mein Kind? Wach auf!" Besorgt beugte
sich die Mutter über ihn, die frühesten Sonnenstrahlen drangen
ins Zimmer. „Mutter, meine armen Blumen!" „Ich tat sie
gestern uoch ins Wasser, weils mein schläfriger Junge ver-
geffen hat." „Aber die auderu, die Ärmsten draußen, Blumen,
Zweig und Korn! Ich wills nimmer, nimmer tun", schluchzte
er und schlang die Arme um den Hals der Mutter. „Nein,
du wirst mein braver Bub werden!" tröstete Mütterlein und
küßte ihn? die Tränen aus den Augeu.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Geschlecht (WdK): koedukativ
— 202 —
fett Augen der Knaben haben den Kameraden rasch erspäht.
Er steht mit ängstlichem, verlegenem Gesichte, die Tasche kramps-
Haft in der Hand haltend, regnngs- und ratlos unter der hasten-
den Menge. Tief aufatmend begrüßte er die Bekannten: „Gott-
lob, daß ich nicht mehr allein bin. Mir war so bange. Ist
das ein Gedränge! Wohnen so viele Menschen in München?
Das sind ja mehr als drei unserer Dörfer! Warum jutd
heute alle Leute der Stadt auf dem Bahnhofe? Ist etwa ein
fremder Prinz angekommen?" Die Knaben lachten: „Warte
nur, in den Straßen der Stadt wirst du viel mehr Leute sehen,
das ist nur ein kleiner Teil der Münchner." „Warum sind
so viele Geleise und so viele Wagen da?" fragte Matthies.
„Bei uns anf dem Dorfe ist der Bahnhof viel, viel kleiner und
eine so große Halle gibt es nicht."
Vater erzählte ihm, daß von der Stadt aus Eisenbahn-
linien nach allen Richtungen führen. „Siehst du, hier reist man
nach Berlin, hier nach Paris, hier nach Wien. Der Zug, der
jetzt hereindampft, ist ein Vorortzug und kommt von Schleiß-
heim!" Auch die ausgedehnten Wartesäle erregten Matthies
Erstaunen: „In ein solches Zimmer kann man die ganze Hütte
des Kräutersepp hineinstellen! Ist's da alle Tage so voll von
Reisenden?" Nun traten sie auf die Straße. „Da ist ja
Tageshelle! Diese großen, großen Lampen! Bei uns auf dem
Dorfe muß man nachts eine Laterne mittragen, damit man den
Weg findet. Diese Häuser! Wohnen da oben unter dem Dach,
ganz nahe beim Himmel, auch Leute? Die müssen noch höher
steigen als unser Kirchturm ist. Wie viele Bauernhäuser könnte
man wohl aus einem Stadthaus machen?" Das Fahren in
der elektrischen Straßenbahn gefiel Matthies gar wohl: „Das
fährt wie eine Eisenbahn. Ich habe gemeint, wie schnell man
mit der Postkutsche vom nächsten Markt nach der Station
kommt, aber das ist schou etwas ganz anderes!"
Zaghaft betrat er mit den Freunden das große Haus, in
dem sie wohnten. Dort fiel es ihm auf, daß auf den Gängen
der Stockwerke verschiedene Türen mit Namensschildern waren.
„In einem Stadthause", hieß es, „sind mehrere Familien ein-
gemietet, die ihre abgeschlossenen Wohnungen haben. Auf einem
Dorfe freilich hat jeder Bauer sei eigenes Haus, dessen Zimmer
auf den Flur münden und dessen Ein- und Ausgang das Haus-
tor ist." Nach dem Abendessen fragte Kurt: „Soll ich dir den
Brunnen zeigen?" „Hier oben in der Wohnung? Bei uns
ist er im Hof und hat einen steinernen Trog sür's Vieh! Ich
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
Extrahierte Personennamen: Matthies Matthies Matthies Kurt
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Geschlecht (WdK): koedukativ
— 205 —
der Kirche verlesen und für die Ordnung, sowie für Eintrag
der Geburten, Heiraten und Todesfälle in die Kirchen- und
Gemeindebücher sorgen der Wirt, der nebenbei Bürgermeister
ist, der Herr Lehrer und der Herr Pfarrer. Sagt, was für
ein schwarzer Wagen ist das?" „Das ist der Leichenwagen; er
holt einen Toten ins Leichenhaus. In der Stadt dürfen die
Gestorbenen nicht im Hause bleiben. Sie müssen in eines der
Leichenhäuser am südlichen oder nördlichen Friedhof, in Sendling,
Haidhausen, in der Au oder in den Waldfriedhof." Auch von
anderen Fahrzeugen wollte der Fremdling wissen. Die elektrische
Bahn hatte er selbst benützt. Nun beredete er vor allem die
Sanitätswagen. Mitleidig hörte er den Bericht von den vielen
Unfällen, bewundernd von der segensreichen Tätigkeit der wackern
Männer, die plötzlich Erkrankten und Verwundeten die erste
Hilfe leisten und sie in ihre Wohnung oder ins Krankenhaus
schaffen. „Krankenhaus? Das kenne ich nicht," sagte Matthies,
und als die Kinder vor dem Gebäude standen, streifte sein Auge
beinahe fcheu über die langen Reihen der Fenster, hinter denen
die Leidenden der Genesung oder dem Tode entgegengehen.
Stolz belehrten ihn die Führer über die vorzüglichen Einrich-
tungen, besonders über die Vorsorge bei ansteckenden Krank-
heiten. So gab es jeden Tag Neues zu sehen. Er, der nur den
einen kleinen Platz mit der Dorflinde vor der Kirche kannte,
bewunderte die weiten Plätze der Stadt mit ihren Anlagen,
Brunnen und Denkmälern. Der Knabe aus dem Dorfe, für
desseu gesamten schriftlichen Verkehr mit der Außenwelt ein
einziger hölzerner Briefkasten am Schulhaus und der Landbrief-
böte genügten, staunte über die große Hauptpost, die Postwagen,
Briefschalter in allen Straßen und das mächtige Telegraphen-
amt. Auch das Telephon und sein Gebrauch war eine Quelle
des Staunens und Matthies war sehr geneigt, an Zauberei zu
denken. Welcher Jubel, als die Wachparade kam! Den Soldaten
mußte Matthies natürlich durch alle Straßen nachlaufen. Er
hatte bis jetzt nur einen einzigen gesehen, des Hosbanern Knecht,
der aus Urlaub kam. So verlebte der Knabe eine fröhliche
Woche bei seinen freundlichen Wirten, dann hieß es, wieder
zurückreise:, in die Heimat. Beim Abschied riefen die Städter
und der kleine Landbube einander zu: „Auf frohes Wiedersehen
im Sommer auf dem Dorfe!"
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): München
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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mühle und der Maria Einsiedler Froschteich," lachte der Hilmer
Hermann, „da bin ich auch schon herumgewatet! Da hinüber
geht es ins Jsarbad!" Weiter vorne liegen Fabriken und die
Elektrizitäts-Jsarwerke. Villen und Wiesen wechseln ab. Wir
sind am Wald. Am sonnigen Rande ist der Boden trocken,
wir lagern uns und verzehren, was uns die Mutter zum Vespern
mitgegeben hat. „Das ist der Wald vor Solln," erklärte während
der Rast der Settler Heinz. „Da geht es nach Ludwigshöhe,
die Straße weiter nach Großhesselohe. Dann wandern wir
über die Eisenbahnbrücke und durch den Wald nach Menter-
schwaige und können auf dem Heimweg von drüben nnsern
Hinweg herüber betrachten." „Und können die gezähmte Isar
sehen, die durch allerlei Bauwerk nicht mehr so wild und
regellos dahinstürmen oder sich in so und so viel Rinnen teilen
darf!" „Ich erkenne den Weg," fuhr Hermauu fort, „erst
gehts durch den Wald. Schade, daß er durch Stachelzäune
abgesperrt ist! Wann an Wiesen und Getreidefeldern vorbei auf
die Giesinger Höhe." „Dann durch Haidhausen an die Lehm-
gruben. Lieber ist mir aber der Weg durch die schönen Bogen-
hauser Anlagen, die Brücke und den Englischen Garten in die
Stadt." „Da dies aber sogar für meine wandertüchtigen Jungen
zu viel fein dürfte, so steigen wir jetzt bei Maria Einsiedeln
abwärts und gehen den unteren Weg heim. Ihr sollt die
Wiesen und Gärten in der Nähe sehen. Die Reisenden unter
euch, die die Füße doch nicht mehr recht heben können, mögen
sich vorsehen, der Weg ist nicht gut und Stolpern und Fallen
tut weh!" scherzte der Herr Lehrer. Ein frohes Lachen; so was
gabs bei uns nicht. Glücklich erreichten wir unser Daheim.
Da erzählte mir die Mutter, daß es Dir besser geht und daß
ich Dich bald besuchen darf. Wie freue ich mich darauf.
Alle Mitschüler habeu mir Grüße an Dich aufgetragen
und unser lieber Herr Lehrer sagte, er habe noch manchen
Ausflug mit uns vor und hoffe Dich recht bald frisch und
lustig mit uns zu sehen.
Dein Freund
Oskar.
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Extrahierte Personennamen: Maria Hilmer
Hermann Heinz Maria