4. Wirtschaftliche Verhältnisse.
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In den ersten Jahren ihrer Tätigkeit pflegte die Ansiedlungskommission
die erworbenen Güter sogleich in Bauerngrundstücke auseinanderzulegen und
zu besiedeln. Da aber die Güter meistens sehr heruntergekommen und wirt-
schaftlich sehr ausgesogen waren, so daß die Ansiedler nicht gut vorwärts
kommen konnten, kam man darauf, für die Güter erst eine Übergangszeit
mit großwirtschaftlichem Betriebe zu schaffen, um sie zu heben und für
die Ansiedlungswirtschaft geeigneter zu machen. Daher beträgt die bisherige
Besiedlungsfläche nur 140 624 1m oder 85% des gesamten Grundareals der
Ansiedlungskommission, wovon 90590 auf die Provinz Posen entfallen.
Die Zahl der „planmäßig ausgelegten Ansiedlerstellen unter Berücksichtigung
der beim Begebungsgeschäft erfolgten Stellenznsammenlegungen und Teilungen"
betrug Ende 1901 6309 mit einer Bodenflüche von 104 847 ha. Dazu
kamen 1519 unbegebene Stellen mit 26 561 da Bodenfläche.
Vollständig fertig besiedelt waren am Schluß des Jahres 1901 4695
Ansiedlungsstellen mit 76 600 1m. Von den 4695 Ansiedlerfamilien waren
37 °/0 aus Posen und Westpreußen und 63 % aus anderen Landesteilen,
darunter auch russische und österreichische deutsche Einwandrer. Von den
deutschen Ländern sind vertreten Westfalen, Sachsen, Hannover, Branden-
burg, Pommern, Schlesien, Rheinland, Ostpreußen, Hessen-Nassau, Württem-
berg, Baden, Schleswig-Holstein u. a. m. Der Konfession nach sind 4439
Ansiedler evangelisch, 256 katholisch. — Die Gesamtausgaben der Ansiedlnngs-
kommission seit ihrem Bestehen betrugen am 31. März 1902 158 048 604 Mk.,
die Einnahmen 33442 465 Mk.
Zur Verbesserung der Bodenkultur unternimmt die Ansiedlnngskommission
Meliorationen in großem Umfange. Dazu gehören Drainagen, Moorknlturen,
Wiesenmeliorationen, Wegebauten. Ferner sind Brennereigenossenschaften,
Molkereien, Abzahlungsgeschäfte für Rindviehzucht, Darlehnskassenvereine, ge-
nossenschaftliche Kaufhäuser (Janowitz, Witkowo, Wreschen) n. a. m. eingerichtet.
Den Kaufpreis für junge Obstbäume zur Wegebepflanzung und für die Gärten
der Pachtstellen zahlt die Regierung ganz, von den Kosten, die zur Beschaffung
sonstiger Bäume für Gärten nuf den Ansiedlungsstellen nötig sind, trägt sie %.
Zur Hebung der Obstkultur und des Gemüsebaues in den Ansiedlungen ist
eine Mustergartenanlage in Janowitz, Kreis Znin, dem Mittelpunkt eines
großen geschlossenen Ansiedlungsgebietes von 14000 Im unter Anstellung
eines Lehrgärtners eingerichtet, der rationellen Obstbaumschnitt lehren und
praktische Kurse für Gartenkultur abhalten soll. Eine landwirtschaftliche
Winterschule (1899) in Janowitz dient zur Förderung des Ackerbaues. Auch
Ziegeleien sind auf fiskalische Rechnung angelegt, die Mauersteine, Dachsteine
und Drainröhren liefern.
An Hochbauten hatte die Ansiedlungskommission bis Ende 1901 errichtet
21 Kirchen, 14 Bethäuser, 18 Pfarreigehöfte, 1 Organistengehöft, 135 Schulen,
1 Gartenbauschille und 118 Gebäude für Gemeindehäuser (Armenhäuser,
Spritzenschuppen und Gemeindehäuser). Endlich ist das im September 1899
vollendete Waisenhaus auf dem Ansiedlungsgute Neuzedlitz bei Mieltschin,
Kreis Witkowo, zu erwähnen. Die Waisenanstalt nimmt anhangslose deutsche,
evangelische Waisen aus deutschen Großstädten des Westens auf, um sie zu
erziehen und zur Stärkung des Deutschtums und der evangelischen Kirche in
den national und kirchlich gefährdeten Bezirken der Provinz Posen später als
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Sit Eotsttr Fthdc. — Die Witderiäuftr in Münster.
2s
und wollten das Alles durch das falschverstandene Evangelium verthei-
digen. Solche Schwärmer durchwanderten als Apostel die Länder,
weiffagten die Umwandlung aller Dinge, das Erschlagen aller Erstgeburt
Aegyptens und den Beginn eines seligen Lebens der Auserwählten in
dem Königreiche Christi ohne Gesetze, ohne Obrigkeit, ohne Ehe, in Genuß
und Ueberfluß. Nun war in Münster die Reformation seit 1524 unter
mancherlei Wirren und Kämpfen durchgeführt worden, wobei sich
besonders der beredte Bernhard Rotrmann als Prediger an der Lam-
bertuskirche hcrvorgetban hatte. Münster ward von Wiedertäufern
namentlich aus Holland fleißig heimgesucht, und Rottmann suchte
sein Ansehen zu heben und zu stützen, indem er sich den schwärme-
rischen falschen Propbeten anschloß. Bald kam nun auch, in den
ersten Tagen des Jahres 1534, der wiedertäuferische Prophet Jo-
hann Matthiesen, ein Bäcker aus Hartem, und Johann Bockhold
oder Bockelsohn, ein Schneider aus Leyden, einer seiner 12 Apostel.
Bei einem wohlhabenden aber unruhigen Bürger, Knipperdolling,
fanden sie Herberge. Ihre Anhänger vermehrten sich mit jedem
Tage. Des Abends erschienen sie auf den Straßen, zuweilen nackt,
und riefen: .„Thut Buße, das Himmelreich ist nahe; lasset euch um-
taufen, sonst kommt der Zorn Gottes über euch!" Sie gaben vor,
sie sähen am Himmel Reiter mit blankem Schwert auf weißem Roß,
Männer mit goldnen Kronen auf den Häuptern; Schneider- und
Schloffergesellen standen auf und predigten, Jungfrauen riefen Wehe
über die Gottlosen. Bald wäre es zu einem Kampfe zwischen den
Wiedertäufern auf der einen Seite und dem Rathe sammt den treu-
gebliebenen Bürgern auf der andern Seite gekommen, aber leider
ging der damals noch mächtige Rath auf einen Vergleich ein.
Die menschlichen und göttlichen Gesetzen zuwiderlaufende Schonung
der Aufrührer trug bittere Früchte. Von Stund' an mehrte sich ihre
Zahl; von allen Gegenden lief, wer gleichen Sinnes war, herzu,
Männer ohne ihre Weiber, Weiber ohne ihre Männer, auch ganze
Familien. Bei der neuen Rathswahl gewannen sie die Oberhand,
besetzten alle Aemter in der Stadt mit ihren Leuten und wählten
Knipperdolling zum Bürgermeister. Bewaffnet kamen sie auf dem
Rathhause zusammen. Eine Weile lagen sie betend in tiefster Stille
auf den Knieen; auf einen ihrer Propheten schien ein tiefer Schlaf
gefallen zu sein, plötzlich fuhr er auf und rief: ,,Hinweg mit den
Kindern Esau's! Die Erbschaft gehört den Kindern Jakob's!" Die
Andern verstanden ihn, rannten durch die Straßen und schrieen:
„Heraus, ihr Gottlosen!" Es war ein stürmischer Wintertag, tief
lag der Schnee, naß fielen die Flocken vom Himmel. Hochbetagte
Leute, die schon lange nicht mehr weiter als aus dem Bette auf den
Lehnstuhl gekommen waren, Mütter, ein Kind auf dem Arme, wie
sie es aus dem Schlafe gerissen, ein Knäblein ohne Schuhe an der
Hand, stießen sie hinaus in das Unwetter. So ging es Allen, die
bei ihrer ersten Taute verharrten. Nun theilten sie die eingenommene
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Extrahierte Personennamen: Eotsttr_Fthdc Apostel Bernhard_Rotrmann Rottmann Johann_Bockhold Johann Apostel
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
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Blickt in dir Vergangenheit Westfalens.
Fortan duldeten sie die christlichen Bisthümer und Klöster, welche von
dem Frankenkönig in ihrem Lande gegründet wurden, und wurden
so allmählich aus wilden Feinden treue Söhne der christlichen Kirche.
3. Wiekingssagen.
1. Einstmals hatte Wieking Bettlerlumpen angezogen, so daß
er gar unkenntlich und unscheinbar geworden. Und also ist er hin-
gegangen, um zu erfahren, wie es im Lager Karl's aussehe. Als er
nun dorthin kam, war es gerade der Tag des Herrn, und der Kaiser
hatte sich mit den Seinigen in der Kirche versammelt. Da hat sich
Wieking gesellet zu den andern Krüppeln, welche am Eingänge des
Heiligthums harreten, daß man ihnen ein Almosen darreichte. Als
er nun, hart an die Pforte gelehnt, sich hinüberbiegt und hineinblickt
in die geweihte Wohnung, da soll ihn vom Altäre her das Jesus-
kind angelächelt haben. Als dann Karl heraustrat, ist ihm die hohe
Gestalt und der gewaltige Gliederbau des fremden Bettlers ausge-
fallen, und er hat wohl geahnet, wer es sei. Wieking ist aber in
Frieden und in tiefen Gedanken heimgekehrt zu den Seinen.
2. Als Wieking schon zu einem guten Alter gekommen war, da
beschloß er einstmals, auf gar besondere Weise zu erproben, wer
wohl in der Umgegend noch Anhänglichkeit an ihn habe. Zweien
Freunden offenbarte er sein Vorhaben, und nun wurde von diesen
bekannt gemacht, daß der König gestorben sei. Auch das Leichenbe-
gängniß ward angeordnet. Als aber zur angesagten Stunde die
Menge der Leidtragenden sich auf der Burg versammelt hatte und
um den aufgestellten verschlossenen Sarg Herstand, da trat plötzlich
Wieking selbst wohlbehalten und fröhlich unter sie. Und alle die,
welche da umherstanden und zu seinem Leichenbegängnisse gekommen
waren, machte er auf ewige Zeiten zehntfrei. Unterdessen kam noch
Einer aus der Nähe von Bünde nachgelaufen; auch der erhielt die-
selbe Begünstigung; allein von dem Tage an nannte man ihn
„Nalop," und so heißt sein Hof noch heutzutage. Auch diejenigen,
welche, wie z. B. Steinköhler zu Pödinghausen, unterwegs gewesen
und auf die Nachricht vom Leben des Königs umgekehrt waren, er-
hielten einige Vorrechte. Selbst Schürmann zu Westerenger, welcher
nur die Schuhe angezogen hatte, um sich auf den Weg zu begeben,,
blieb nicht ganz unbedacht.
4. Altkirchtiche Stiftungen in Westphalen.
Nachdem Karl der Große die Sachsen durch das Schwert der
christlichen Kirche gewonnen hatte, sorgte er durch Gründung von
Bisthümern dafür, daß die Neubekchrten nun auch in sorgfältige
kirchliche Pflege kamen. Das geschah namentlich durch die Gründung
der Bisthümer Paderborn und Minden für die Engern, Münster
und Osnabrück für das nördliche Westphalen; der südliche Theil von
Westphalen wurde zu dem Cölner Bisthumssprengel geschlagen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl B._Steinköhler Altkirchtiche Karl Cölner_Bisthumssprengel