8 Ii. Heimatkunde der Provinz Ostpreußen.
auf der Nurischen Nehrung und in der Nähe des Haffes wohnten. Es hat die
Zorm eines Dreiecks. Seine Länge beträgt 100 km, seine Breite, die nach Norden
hin allmählich abnimmt, im Süden 45 Km. Das Nurische Haff hat viele flache
Stellen, die man Untiefen nennt. Daher ist es für die Schiffahrt gefährlicher
als das Zrische Haff,- besonders an der Windenburger Ecke, gegenüber der Memel-
mündung, kommen oft Schiffsunfälle vor. Dort ist deshalb ein Leuchtturm erbaut,
von der Ostsee ist das Nurische Haff durch die Nurische Nehrung getrennt.
Diese bildet einen etwa 100 Km langen und zumeist nicht mehr als l.>—1 km
breiten sandigen Landstrich mit gewaltigen Dünen, welche zu den höchsten
der Erde zählen. Das Nehrungsgebiet macht den Eindruck einer Wüste-
daher nennt man die Nurische Nehrung auch wohl die „ostpreußische Sahara".
Einst war diese reich bewaldet und besaß fruchtbares Wiesen- und Ackerland.
Kbb. 9. vünenlandschaft.
Nach dem Abholzen des Waldes aber nahm der Sand überhand. Die See warf
ungeheuere Sandmassen aus, welche der zumeist wehende Nordwestwind land-
einwärts trieb. Es entstanden die heutigen Dünen, welche namentlich bei
Nossitten und Nidden ihre bedeutendste höhe erreichen. Vom §uße der Düne
treibt der Wind die Sandkörnchen bis zum Gipfel hinauf, wo sie dann auf der
Haffseite in die Tiefe stürzen. So bewegen sich die Dünen im Jahre 5—10 m
vorwärts von der See dem Haffe zu. Nlan sagt, sie wandern. Die Wander-
dünen begraben alles, was sich ihnen in den Weg stellt. Nicht allein einzelne
Häuser, ganze Dorfschaften mußten abgebrochen werden, sollte sie der Sand
nicht begraben. Nuf diese Weise sind die Dörfer Nunzen und Narweiten von
Wanderdünen verschüttet worden. In neuerer )eit versucht man die Dünen,
welche fruchtbarem 5lckerlande oder Ortschaften gefährlich werden, wiederum fest-
zulegen. Solches geschieht in der Weise, daß man Zlächen von der Größe eines
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D. Das preußische Oberland. 35
der Zrau davon und machte sie zu einem schwarzen Gaul, Oann ritt er auf ihr nach
Schwarzstein vor die Schmiede. Es ist aber zu derselben Zeit sehr glatt gewesen, daß
man mit unbeschlagenen Pferden nicht hat können fortkommen. Da ritt er vor das
Zenster der Schmiede und fing an den Schmied zu rufen: „Hufschmied, schläfst du?
Stehe auf und beschlage mir mein Pferd!" Oer Schmied aber hat sich nicht sogleich
ermuntern können, Oa rief der Teufel ihm zum andern Male zu, er solle aufstehen
und sein Pferd beschlagen. Oer Schmied aber antwortete: „Ich habe schon das Zeuer
ausgelöscht und muß mit meinem Gesinde ruhen!" Oer Teufel aber hat nicht ab-
gelassen, sondern zum dritten Male gesprochen: „Stehe auf, Schmied, ich werde es
dir doppelt bezahlen!" Als der Schmied solches hörte, stand er auf und fing an mit
seinem Gesellen zu arbeiten. Oer Teufel aber sprach zu ihm: „Beeile dich nur, ich will
dir dreifachen Lohn geben." Und so redete er weiter auf den Schmied ein. Als nun
zwei Eisen fertig waren, sprach der Teufel zum Schmied, er solle hingehen und die Eisen
dem Pferde aufmessen. Darauf ging der Schmied mit seinem Gesellen hin. 5lls sie
aber dem Pferde die Eisen anlegen wollten, da fing dasselbe an zu reden und sprach:
„Sachte, sachte, mein Gevatter! Ich bin die Krügerfrau aus Eichmedien."
Als der Schmied solches hörte, erschrak er, daß ihm die Zange mitsamt dem Eisen
aus der Hand fiel, und er lief mit seinem Gesellen in das Haus. Oer Teufel aber hat
immerfort geredet, er möge sich beeilen. Als aber die Hähne anfingen zum ersten Male
zu krähen, da ist das Pferd wiederum zum Menschen geworden. Oer Teufel aber war
sehr zornig, ging hinaus und hat der Zrau zu dreien Malen auf den Mund geschlagen,
daß man alle Teufelsfinger und Clauen in den Backen abgedrückt fand. Oer Teufel
aber ist sodann verschwunden. Oie Zrau hat danach noch ein halbes Jahr gelebt, ist
aber wie ein unsinniger Mensch herumgelaufen, und wenn man sie in ihr Haus gebracht,
hat sie nicht können darin bleiben, und wenn man sie noch so fest angebunden, so hat
sie sich doch losgerissen.
Solches ist geschehen im Iahre 1473. Oer Schmied hat die beiden Eisen dem Pfarrer
gegeben, welcher sie in der Kirch? zu Schwarz stein aufgehangen. Oas eine davon haben
im Jahre 1657 die Polen geraubt, das andere ist 1701 dem Könige Zriedrich I. geschenkt.
I). Oas preußische Oberland.
a) Grenzen. Das Oberland bildet den westlichen Teil unserer Provinz
und stößt im Westen an Westpreußen. Im Osten wird es durch die passarge
vom Ermland abgeschlossen.
b) Das Landschaftsbild. Das Oberland ist ein anmutiges Hügelgelände,
das eine Zülle von landschaftlichen Schönheiten besitzt, von den Rernsdorfer
höhen dacht es sich nach Norden allmählich ab, um sich dann noch einmal in
den an der Haffküste gelegenen westpreußischen Trunzer höhen bedeutender
zu erheben. Wie in Masuren, so verleihen auch im Oberlande zahlreiche Seen,
„die Augen der Landschaft", dem Gebiete ein eigenartiges Gepräge von be-
sonderer Lieblichkeit. Bewaldete Höhenzüge, verschwiegene Täler, blauleuchtende
Wasserflächen und wogende Getreidefelder wechseln miteinander ab, und es gibt
nichts Schöneres, als zur lieben Sommerszeit die ausgedehnten Vuchenwaldungen
zu durchwandern und in einer der zahlreichen schmucken Ortschaften einzukehren.
Unter den Seen, welche in ihrer Natur denen von Niasuren gleichen, sind der
Drewenz-, Geserich-, Rötloff-, Schilling- und Nariensee die bedeutendsten.
Schön auch sind Bärting- und Eilingsee mit ihren herrlichen Ufergehängen.
Auch ein Teil des mehr nördlich gelegenen vrausensees gehört noch dem
preußischen Gberlande an.
3*
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E. Das Ermland. 45
ihre Wohnung. Sie erschienen den tranken, sonderlich zur Nachtzeit bei Hellem
Mondenschein und hegten und pflegten sie. Auch trugen sie dem, welchem sie gut
waren, Korn zu aus den Scheunen und Speichern anderer Leute, die sich undankbar
gegen sie bewiesen hatten. Ihren freunden waren diese Barstucken getreue Haus-
männlein und oerrichteten allerlei Arbeit für sie. Es wurde ihnen, um sie zu ver-
ehren, des Abends ein Tisch gesetzt,- den bedeckte man mit einem säubern Tischtuche,
setzte darauf Brot, Lutter, Käse und Bier und bat sie zur Mahlzeit, wurde nun am
andern Morgen auf dem Tische nichts mehr gefunden, dann war dieses ein gutes Zeichen,
war aber über Nacht die Speise unberührt geblieben, so war das ein Zeichen, datz die
guten Hausgeister aus dem Hause des Opfernden gewichen waren.
Späterhin ist heiligelinde ein christlicher Wallfahrtsort geworden, und es wird
dort die Mutter Gottes verehrt. Dieses ist also gekommen: vor vielen hundert Jahren
war zu Kastenburg ein Übeltäter ins Gefängnis gesetzt, der mit dem Tode bestraft
werden sollte. Am Tage vor der Hinrichtung erschien ihm die Jungfrau Maria in seiner
Abb. 35. Heiligelmde,
Zelle, redete ihn mit tröstlichen Worten an und gab ihm ein Stück holz und ein Messer
mit dem Befehl, auf dem holze zu schnitzen, was er wolle. Dieses tat er auch. Als nun
der Morgen herankam und der arme Sünder vor das Gericht gestellt ward, zeigte er das
holz vor, an dem er während der Nacht geschnitzt hatte. Und siehe, auf ihm zeigte sich
ein wunderbar schönes Marienbild, in dem Arme das Jesuskindlein haltend.
Als man dieses sah und der Missetäter dabei erzählte, wie ihm die heilige Jungfrau
erschienen wäre, da erkannte man das geschehene Wunderwerk, und das Gericht liefe
den armen Sünder los. Darauf ging er, wie ihm die Jungfrau Maria befohlen,
von Nastenburg gen Nöjzel, um das Bild auf die erste Linde zu setzen, die er auf seinem
Wege antreffen würde. So ging er vier Tage in die Irre, bis er endlich unweit Nößel
eine solche fand. Auf sie setzte er sein Bild, das fortan große Wunder tat. Es blieb
nämlich die Linde von Stund an Sommer und Winter über grün. Bald darauf reiste
ein blinder Mann an ihr vorüber. Als er an die Linde kam, sah er plötzlich ein hell-
glänzendes Licht. Er faßte danach. Es kam aber von dem Bilde, und sobald er das
letztere berührt hatte, wurde er sehend.
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Extrahierte Personennamen: Maria Maria Maria Maria Nastenburg
50 Ii. Heimatkunde der Provinz Ostpreußen.
besitzt eine Unteroffiziervorschule. Schippenbeil liegt am gllefluß- es ist ein
kleines Ackerstädtchen, vomnau ist noch kleiner als das vorige.
Gerdauen liegt im Lartenerlande. In der Umgegend befinden sich große
Güter. Nordenburg ist ein kleines Landstädtchen.
Rastenburg ist, wie die vorigen, in Lorten gelegen. Es hat eine Zucker-
fabrik. In der Nähe liegt die flrbeiterfolonie Narlshof. Drengfurt und Barten
sind zwei kleine Städtchen von ungefähr gleicher Größe.
h) Sagen.
1. Die zwölf Ritter und zwölf Nonnen zu Creuzburg. Als auf dem Markte
des Städtchens Creuzburg noch das uralte Rathaus stand, hat sich dort an jedem Neu-
mond eine gar seltsame Erscheinung wiederholt. Sobald die zwölfte Stunde ertönt
war, kam aus der nach den Trümmern der alten Ordensburg auf dem Schloßberge
führenden Kirchenstraße ein Zug von vier Wagen, die besonderer Art und unverdeckt
waren, so daß man die darin Sitzenden deutlich erkennen konnte. Jeder Wagen war
mit vier Pferden, zwei Schimmeln und zwei Rappen, bespannt. Jene schritten ruhig
einher, diese aber schnoben Zunken aus Maul und Nüstern. In den beiden ersten
Wagen saßen, je zu sechs, zwölf Nonnen, im weißen Ordenskleide mit Kreuz und Rosen-
kränz, aber ohne Haupt. In jedem der beiden letzten Wagen befanden sich sechs Ritter,
die ihren Kopf mit dem Helme unter dem 5km hielten. Dreimal hat der Zug die Runde
um den Markt gemacht, doch ohne'daß von dem Rollen der Räder etwas zu vernehmen
gewesen wäre. 5mt-.de? Kutschers Hat auf dem Wagen der Nonnen ein weißes
Lamm, auf dem der Ritter ein schwarzer Ziegenbock gesessen, der gleich den von ihm
gelenkten Rossen Kunken sprühte.
In dem alten Rathause ist der Zug verschwunden, und man hat dann aus
diesem eine gar wilde, lustige Musik mit abwechselnden, rauhen Männerstimmen und
feinem weiblichen Gesänge gehört, zwischen denen es oft wie Orgeltöne und Choral
geklungen. Mit dem Ende der Mitternachtsstunde ist der Zug der Wagen wieder aus
dem Rathause herausgekommen, hat von neuem dreimal die Runde um den Markt
gemacht, ist aber nicht zur Kirchenstraße, sondern zur Hof- oder Schloßstraße wiederum
hinausgefahren. Nun haben aber auf den geharnischten Leibern der Ritter die ver-
schleierten Nonnenköpfe gesessen, während die Nonnen mit Helmbusch und geschlossenen
visieren angetan gewesen sind.
Also ist die Erscheinung von den Wächtern und den Marktbewohnern an jedem
Neumonde gesehen worden, bis zum pfingstfeste 1818, wo Markt und Rathaus durch
eine Zeuersbrunst zerstört wurden. Nur ein einziges altes Gebäude war stehen geblieben.
5lm nächsten Neumonde nach dem Brande erschienen auch die Nonnen und Ritter wieder,
nun aber nicht mit vertauschten, sondern mit ihren eigenen Köpfen. Neunmal haben
sie die Runde um den rauchenden Markt gemacht und sind dann in das stehengebliebene
Haus eingezogen, in welchem sich der frühere Zubel wiederholte. Doch sanfter hat
die Musik geklungen, und Orgelton und Ehoralgesang haben den wilden, rauschenden
Reigen niedergehalten, so daß er je länger je mehr verhallte.
Als nun auch jenes Haus in Trümmer zerfallen und abgetragen ist, sind die Ritter
und Nonnen nicht mehr erschienen. Aber am ersten Neumonde, nachdem der Markt
frei gewesen, hat sich an der Stelle des alten Gebäudes eine gar liebliche, sanfte Musik
hören lassen, aus der man hat entnehmen wollen, daß die Ritter und Nonnen nun
endlich zur ewigen Ruhe eingegangen wären.
2. Oer Bruder Glöckner auf Burg Bartenstein. Während des großen Preußen-
aufstandes Hatten die heidnischen Preußen versucht, die siegreichen Ritter wieder aus ihrem
Lande zu vertreiben. Manche Ritterburg war von ihnen schon erobert und mancher Sieg
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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54 Ii. Heimatkunde der Provinz Ostpreußen.
gegen den Kurfürsten zu empören. Er reiste nach Polen und bat den dortigen
König gegen Friedrich Wilhelm um Hilfe. Man wollte denselben wiederum
aus dem Lande treiben und Preußen erneut unter polnische Herrschaft bringen.
Als das der Kurfürst hörte, ließ er Kalckstein in Warschau, der Hauptstadt Polens,
aufgreifen und nach Preußen führen, hier wurde er zum Tode verurteilt und
später in Memel hingerichtet, von jetzt ab beugten sich auch die preußischen
Adligen unter den starken Arm des Großen Kurfürsten, und seitdem hat das
Land treu zu seinen Herrschern gestanden.
2. Simon Vach. Simon Vach ist einer der bekanntesten ostpreußischen
Dichter. Sein Geburtsort ist die Stadt Memel. Er war ein Zeitgenosse des
Großen Kurfürsten, vieser fand an seinen Liedern solche Zreude, daß er ihn
vom Lehrer an der vomschule zum Professor an der Königsberger Universität
machte. Auch schenkte er ihm auf seine Litte später das unfern von Königsberg
gelegene Gütchen Kuikeim, auf dem Vach den letzten Teil seines Lebens sorgen-
frei zubringen konnte.
Vach war zu seiner Zeit als Dichter weit und breit berühmt. Mit mehreren
gleichgesinnten Freunden schloß er sich zu einem kleinen Kreise zusammen, den
man die „musikalischei Kürbislaube" nannte, da einzelne Mitglieder zu den
Gedichten sogleich die Melodien machten und häufig in einer Laube zusammen-
kamen, die mit Kürbislaub umrankt war.
Dach war trotz seiner Berühmtheit ein bescheidener und freundlicher Mann.
Daher hatte ihn jeder Hern, und kein Königsberger ging an ihm vorüber, ohne
ihn besonders ehrfürchtig und warm zu begrüßen. Die Zrauen und Mädchen
blieben stehen und knicksten ehrerbietigst, während ihm die Kinder unbefangen
nachliefen und sich auch wohl an seine Arme hängten. Neben zahlreichen Kirchen-
liedern klingen vor allem sein „Annchen von Tharau" und das „Lied der Freund-
schaft" noch heute wieder.
3. Schreckensbilder aus der Pestzeit während der Regierung Friedrichs I.
Schon zur Ordenszeit hören wir oft vom Auftreten der Pest in Preußen, die
ungezählte Opfer forderte. Damals und auch später noch bezeichnete man jede
ansteckende Krankheit, die ein großes Sterben im Gefolge hatte, als Pest,
vielfach mögen auch Hunger, Typhus und ähnliche Seuchen das Ihrige zu
den großen Volksverheerungen beigetragen haben, ven wahrhaft grauen-
vollen Abschluß dieser furchtbaren Volkskrankheiten bildet die große Pest der
Jahre 1709/10. Noch heute lebt die Erinnerung an sie im Gedächtnis der
Bevölkerung fort.
Bereits im herbste des Jahres 1708 hatte sich die Pest spüren lassen. Wie
fast immer, so hatte sie sich auch diesmal wieder von Polen her den preußischen
Grenzen genähert, vergeblich hatte man diese bewacht, die Brücke der Grenz-
gewässer abgebrochen und die Wege gesperrt- die furchtbare Krankheit hatte
sich nicht aufhalten lassen. Aber erst im folgenden Jahre begann ihr eigent-
licher Siegeszug durch die Gaue Ostpreußens. Masuren und vor allem Litauen
wurden fast gänzlich entvölkert und auch in Natangen und Samland die Be-
wohner zu Tausenden dahingerafft. Königsberg verlor ein viertel seiner
Bevölkerung.
Zurchtbar sind die Tage, welche die Bevölkerung einer von der Pest
bedrohten Stadt durchlebten, vie Stadttore sind geschlossen und von be-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Simon_Vach Simon_Vach Friedrichs_I. Königsberg
Bilder aus Ostpreußens Vergangenheit. 55
waffneten Wachen besetzt. Niemand darf ohne Erlaubnis der Polizei aus
noch ein gehen. Oer Besuch verpesteter Ortschaften ist bei Todesstrafe ver-
boten, vie vielfach noch ungepflasterten Straßen und Kinnsteine werden vom
Schmutz gereinigt, die herrenlosen Hunde vom Scharfrichter und seinen Unechten
erschlagen, da man meint, daß ihre langen haare das Pestgift leicht übertragen
könnten. Pestärzte und Totengräber werden in Bereitschaft gehalten und das
abgelegene Pesthaus, das die tranken aufnehmen soll, instand gesetzt.
Doch alle diese Vorkehrungen sind vergeblich, vielleicht war es ein kranker
Wanderbursche, der die Pest eingeschleppt hat, ein Kesselflicker oder ein Spiel-
mann. Schwarzblau angelaufen und mit Beulen bedeckt, hatte man ihn am
Morgen irgendwo in der Stadt aufgefunden. Mit Windeseile verbreitet sich
unter den Bürgern der Schreckensruf: „Die Pest ist da!" Bürgermeister und Nat
halten Sitzungen ab und besprechen, was zu tun sei. Man läßt das Unglücks-
Haus, in welchem die Pestleiche gefunden wurde, vernageln, versieht es mit
einem großen, weißen kreuze und verbietet den andern Bewohnern, dasselbe
bei Todesstrafe zu verlassen, verängstigt stehen die Bürger auf den Straßen
zusammen und frischen die Erinnerungen an die letzterlebte Pestepidemie aus
oder besprechen die zu ihren Ohren gekommenen bösen Nachrichten aus dem
verpesteten Nachbarorte. Auf Märkten und freien Plätzen brennen mächtige
Kaddikhaufen, deren (Hualm die Luft reinigen soll. In den Krämerläden,
beim Bäcker und Fleischer, sind Schalen mit Pestessig aufgestellt, welche die Geld-
münzen aufnehmen, ehe sie von einer-Hand in die andere gelangen. Zn den
überfüllten Kirchen werden besondere Bittgottesdienste abgehalten. Sonst sind
alle Zusammenkünfte verboten. Eine unheimliche Stille ist über die ganze Stadt
ausgebreitet, in der noch vor kurzem Freude und Lebenslust herrschten.
Doch das Unglück läßt sich nicht mehr aufhalten. Die pestfälle mehren sich
mit unheimlicher Geschwindigkeit. Bald sind ganze Häuser, ja ganze Straßenzüge
ausgestorben, vor dem Tore muß ein besonderer Pestkirchhof angelegt werden,
da der alte Gottesacker schon überfüllt ist. Längst hat das Sterbegeläute der
Glocken aufgehört, und wenn sich die Schatten der Nacht auf die unglückliche
Stadt herniedersenken, dann gehen die Totengräber und Pestkerle ihrem furcht-
baren Gewerbe nach. In wachsleinene Mäntel gehüllt, die mit Pestessig
getränkt sind, durchsuchen sie die verseuchten Häuser, laden die im Laufe des
Tages verstorbenen auf ihre pestkarren und bestatten sie gemeinsam in schnell
ausgehobenen Gruben. Einsam und hilflos bleiben die Kranken auf ihrem
Schmerzenslager zurück. Niemand darf sich ihnen nähern. Nur der Geistliche
reicht ihnen das letzte, heilige Mahl. Erst nachdem die stark gelichteten Reihen
der Bevölkerung dem Tode kaum noch eine lohnende Ernte versprechen, läßt
dieser die furchtbare Sichel sinken, um an einem andern Orte das Würgen von
neuem zu beginnen.
4. tvie Friedrich Wilhelm I. einen adligen Dieb bestrafte. Als
Friedrich Wilhelm I. zur Negierung kam, war Ostpreußen durch die Pest
furchtbar entvölkert. Namentlich in Litauen lagen weite Landstrecken wüste und
unbebaut, da es an Menschen mangelte, den Acker zu bestellen. Oer fürsorg-
liche König hat weder den weiten Weg von Berlin nach Ostpreußen noch Arbeit
und Kosten gescheut, um das furchtbar verarmte Land wieder in Ordnung zu
bringen, viele Millionen Taler hat der sonst so sparsame Negent hingegeben,
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I.
A. Samlanö. 15
Die Lernsteingewinnung war von jeher ein Vorrecht des Staates. Von
den Strandbewohnern gefundener Lernstein mußte an die Bernsteinämter
abgeliefert werden. Jeder Strandbewohner nutzte einen Eid schwören und
sich verpflichten, nichts davon für sich zu behalten, wer auf Diebstahl ertappt
wurde, den hing man an einem am Strand errichteten Galgen auf. Später wurde
die Gewinnung an einzelne Personen verpachtet. Seit dem Jahre 1898 hat
der Staat wiederum selbst die Verwaltung der Bernsteinwerke übernommen.
Oer Lernstein ist schon vor mehr als 3000 Jahren bekannt gewesen und ge-
schätzt worden. Bereits die Ureinwohner Preußens verwerteten ihn zu Schmuck-
gegenständen, vie Römer holten ihn auf dem Landwege und traten mit unsern
Kbb. 15. Paradeplatz mit Universität.
vorfahren seinetwegen in Handelsbeziehungen. Dem Lernstein haben wir die
ältesten geschichtlichen Nachrichten über unsere Heimat zu verdanken.
k) Natürliche Verkehrswege besitzt Samland nur an seinen Grenzen.
Im Süden ist der pregel die belebteste Wasserstraße, die von zahlreichen Last-
schiffen und vampfern befahren wird, holz, Getreide, Zlachs, Hanf, Heu,
Nartoffeln, Ziegelsteine u. dgl. gelangen auf ihm in großen Massen nach Königs-
berg. Über das Nurische Haff nehmen aus Nußland durch die veime mächtige
holzflöße und leicht gezimmerte Getreidekähne, sogenannte Wittinnen, ihren
Weg den pregel stromabwärts nach der Hauptstadt der Provinz. Lebhaft
auch ist der Verkehr auf den beiden Haffen. Über See kommen von pillau her
gewaltige vampfer durch den Seekanal die pregelmündung stromaufwärts und
bringen Nohlen und andere Naufmannsgüter aus fremden Ländern zu uns,
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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B. Litauen. 25
Während der Mann in der Regel sein eigner Tischler, Stellmacher, Zimmer-
mann und Maurer ist, verstehen die Krauen farbige Bänder und Stoffe zu weben
sowie bunte Handschuhe zu stricken, die in neuerer Zeit auch in andern Gegenden
gern getragen werden, vie Litauer sind auch ein sangeskundiges Volk. Groß
ist die Zahl ihrer selbstgedichteten Lieder, die man vainos nennt. Nicht selten
kommt es vor, daß jemand ein Lied ohne Vorbereitung dichten und auch sogleich
mit einer Melodie versehen kann.
Allen diesen guten Eigenschaften der Litauer stehen jedoch auch unvorteil-
hafte gegenüber. Ihr Aberglaube ist noch immer groß, vielfach noch ist
die Annahme verbreitet, daß nach Sonnenuntergang die Krankheit einher-
schleiche. Türen und Zensier werden deshalb in dieser Zeit geschlossen. Ab-
geschnittene Haupthaare mutz man verbrennen? denn wenn sie die Vögel in ihre
Nester tragen, dann bekommt man Kopfweh. Leim Trauermahle findet sich
auch die Seele des verstorbenen mit ungezählten Geistern ein, um daran teil-
zunehmen. Korst- und Jagdfrevel erscheinen dem Litauer nicht als vergehen.
Venn Wild und Wald hat Gott nach seiner Ansicht für alle geschaffen. Be-
kannt auch ist seine Neigung zu gerichtlichen klagen, wobei er dem Nichter
gegenüber auch vor der Unwahrheit, ja selbst vor dem Meineide oft nicht
zurückschreckt.
(1) Wirtschaftliche Verhältnisse. Da die Memelniederung sehr fruchtbar
ist, so wird dort namentlich Vieh- und Pferdezucht getrieben. Bekannt ist das
Königliche Hauptgestüt Trakehnen- hier werden hunderte der edelsten Pferde
gezogen, die in aller Welt berühmt sind. Überhaupt ist der litauische Bauer
ein besonderer Pferdeliebhaber, und seine Sorgfalt in der Aufzucht und Haltung
der edeln Tiere ist rühmlichst bekannt. Daneben beschäftigt man sich in den
wiesenreichen Gebieten mit der Milchwirtschaft, ver Tilsiter Käse erfreut sich
eines weiten Nufes. Im südlichen Teile Litauens ladet der Boden mehr zum
Getreidebau ein und lohnt durch sehr ertragreiche Ernten. Nur nördlich der
Memel, nach der russischen Grenze zu, gibt es mehr öde Moor- und heidestrecken,
die palven genannt werden. In den Haffdörfern baut man gute Kartoffeln
und wohlschmeckendes Gemüse. Beides wird auf Kähnen nach Königsberg
gebracht und dort auf Handwagen in den Straßen zum Kauf angeboten, vor
allem aber gehen die Bewohner jener Gegend dem Zischfange nach. Aus den
Zischabfällen und kleinen Zischen wird ein vorzüglicher Tran bereitet. Leider
füttert man mit Zischen auch Hühner, Gänse und Schweine, deren Zleisch davon
einen tranigen Geschmack erhält.
e) Natürliche Verkehrswege. Welche Zlußläufe sind bereits als solche
genannt worden? Zähle dieselben auf! Die meisten von ihnen sind durch Kanäle
miteinander verbunden, so daß man aus der Memel durch sie in den pregel
gelangen kann.
k) Siegelungen. Memel, am Memeler Tief und an der Dange gelegen,
ist eine bedeutende Seehandelsstadt. Wenn auch ihre Bedeutung gegen früher
zurückgegangen sein mag, so ist ihr Handel mit holz und Getreide doch noch
immer beträchtlich. In zahlreichen Sägemühlen wird das aus Rußland kommende
holz bearbeitet. Auch besitzt Memel mehrere Schiffswerften. Im Jahre 1807
haben Zriedrich Wilhelm Iii. und die Königin Luise hier eine Zeitlang gewohnt.
An diese Zeit erinnert noch heute das Nationaldenkmal, vie Stadt hat ein
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T135: [Haff Stadt Stettin Weichsel Ostsee Insel Memel Königsberg Danzig See], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Extrahierte Personennamen: Zriedrich_Wilhelm Wilhelm
28 Ii. Heimatkunde der Provinz Ostpreußen.
ein Stück davon ins Auge, daß er noch desselbigen Tages völlig erblindete, vorauf
fing der zweite Arbeiter an zu hauen. Aber schon nach dem zweiten Schlage zerbrach
ihm der Arm, daß er nicht weiterarbeiten konnte. Dem dritten Gesellen gelang es
endlich, den Stein zu sprengen und in die Mühle zu schaffen. Aber als er am dritten
Tage darauf in seine Heimat zurückkehren wollte, wurde er plötzlich krank und starb
unterwegs, ehe er noch sein Haus erreicht hatte. Doch auch dem Müller Schwarz hatte
der Stein nur Unglück gebracht. Seit der Verarbeitung des (Dpfersteins schwanden
Glück und Wohlstand aus seinem Hause. Oen einen der aus dem heiligen Steine her-
gestellten Mühlenläufer hatte er an den Müller in Kummetzen verkauft, da er ihm zum
Mahlen zu hart schien. Schwarz ergab sich dem Trünke, seine Zrau ließ sich von ihm
scheiden, und er nutzte von dem Seinigen gehen. Nach langer Zeit fand er endlich in
der Kummetzischen Mühle ein notdürftiges Unterkommen, ohne zu ahnen, daß der
Rachegeist des Rombinus hier seiner noch nach 24 Jahren harrte. Eines Morgens
stand bei vollem Winde die Mühle plötzlich still, va fand man Schwarz ins Kammrad
geflochten und gräßlich zermalmt.
So rächte der Gott Perkunos die Wegnahme seines Opfersteines, an dem er mehr
als tausend Jahre verehrt worden war. Oie goldene Schüssel und die silberne Egge
hat man nicht gefunden, obschon man danach eifrig suchte. Seitdem der Stein fort ist,
frißt der Memelstrom von unten in den heiligen Berg hinein, und oben auf ihm
weht der Wind den Sarid auseinander, so daß die Stelle längst nicht mehr ist, wo einst
der berühmte Opferstein lag. Und wenn der ganze Berg fortgeschwemmt sein wird,
dann, so sagen die Litauer, wird großes Weh über das Land hereinbrechen.
2. Die Riesenwerte an der windenburger Ecke. Im Kurischen Haffes an'der
Windenburger Ecke, ist.eine Sandbank, welche die Schiffahrt erschwert, und auf dem
Lande zieht sich in derselben Gegend eine lange Reihe von Granitblöcken hin. Über
den Ursprung der Sandbank und des Steindammes berichtet die Sage folgendes:
Eine Riesin, welche zu Ridden auf der Kurischen Nehrung wohnte, hatte jenseits
des Haffes in Windenburg einen jungen Litauer zu ihrem Bräutigam und pflegte täglich
zu ihm hinüberzusteigen, da er nicht kommen konnte. Das Ufer bei Windenburg aber ist
sehr sumpfig, so daß sie tief einsank. Um die Gegend trockenzulegen, verband sie sich mit
dem Teufel. Sie wollte eine Schürze voll Sand von der Nehrung hinbringen, er sollte
einen Sack voll Steine dorthin schaffen. Aber der Plan mißglückte. Die Riesin ließ,
während sie über das Haff stieg, einen Zipfel ihrer Schürze los, so daß der Sand ins
Haff fiel und so die Sandbank entstand. Oer Teufel aber, welcher den Sack mit Steinen
herbeischleppte, merkte nicht, daß dieser ein Loch hatte, und so verlor er den größten
Teil der Steine schon unterwegs.
Z. Der alte vessauer in Litauen. Oer König Friedrich Wilhelm I. hatte einmal
seinen General, den alten Fürsten von Oessau, nach Litauen geschickt, um dort große
Leute für die Garde zu suchen. Bei dieser Gelegenheit hatte der alte Oessauer das Land
kennen gelernt. Als einige Zeit darauf der König einmal sagte, er habe doch viele Ge-
biete in seinem Lande, z. L. auch Litauen, mit denen nichts anzufangen wäre, da meinte
der alte Oessauer, das hieße wohl diesem Lande Unrecht tun. Er beschrieb nun dem
Könige, was es Schönes in Litauen gebe. Dadurch ward dieser auf das Land auf-
merksam und tat ihm viel Gutes. Aus Oankbarkeit dafür schenkte er dem Fürsten
die Herrschaft Rorkitten in Litauen. Oer alte Oessauer aber war bekanntlich ein guter
Wirt, und er machte auf seiner Begüterung allerlei nützliche Einrichtungen. Unter
anderm ließ er in dem Oorfe Bubainen eine neue Mühle bauen. Als diese bald fertig
war, kam eines Tages ein litauischer Müllergeselle herbei, welcher bat, an der Mühle
arbeiten zu dürfen. Oas wurde ihm aber abgeschlagen, weil der Fürst nur Leute aus
Oessau daran arbeiten ließ und glaubte, daß die Litauer hierzu untauglich wären.
Oarüber wurde der Geselle sehr erzürnt, und er schwur, daß man ihn noch zurückholen
werde.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T135: [Haff Stadt Stettin Weichsel Ostsee Insel Memel Königsberg Danzig See], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T57: [Orden Polen Preußen Land Hochmeister Ritter Marienburg Stadt deutsch Jahr], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Schwarz Schwarz Friedrich Wilhelm_I.
C. Masuren. 29
Der Müllergeselle war aber ein großer Zauberer, und er brachte es nun zuwege,
daß die Arbeit an der Mühle nicht mehr vorwärts ging, mochte der Mühlenbauer
schimpfen soviel er wollte, und die Arbeiter schwitzen von des Morgens frühe bis zum
späten Abende, Oa sah der Meister endlich ein, wem er dieses zu verdanken habe, und
er rief den litauischen Gesellen zurück, va wurde denn die Mühle bald fertig, so
daß sie die schönste im ganzen Lande war.
wie nun aber der Geselle seine Bezahlung forderte, da wies ihn der Fürst schnöde
ab, und der Geselle bekam nun nichts,- denn der Fürst war selber ein Zauberer, dem
daher der Geselle in seinem Schlosse nichts anhaben konnte. Venn daß der alte vessauer
ein Zauberer war, ist ganz gewiß. Keine Kugel konnte ihm etwas anhaben. Auch
ist es bekannt, daß er einmal, als er tief im Sommer von Memel nach Königsberg reiste,
mit seinem Vagen und sechs Pferden davor mitten über das Haff reiste und das Wasser
so fest hielt, als wenn es im strengsten Winter wäre, ver Geselle aber war doch noch
ein größerer Zauberer als der Fürst. Als dieser nun einige Zeit darauf nach Königs-
berg reisen nutzte, da ging ihm der Gesell dahin nach, der wohl wußte, daß er des
alten Herrn überall, nur nicht in dessen Schlosse, Meister war.
Als er nun in Königsberg ankam und vor dem dortigen Schlosse vorbeiging, lag
der Fürst gerade im Zensier und rauchte aus einer großen pfeife Tabak, ver
Gesell stellte sich vor ihn und forderte seinen Lohn für den Bau der Mühle. Oer alte
Oessauer aber lachte ihn aus. Oa zauberte der Gesell ihm auf einmal ein Elengeweih
an den Kopf, das mit jedem Augenblick größer wurde. Anfangs merkte der Fürst nichts
davon. Als aber die Leute verwundert auf der Straße stehen blieben und ihn ansahen,
da faßte er sich an den Kopf und fühlte nun das große Geweib. Er wurde darüber
sehr erschrocken und wollte in die Stube zurückgehen) aber das Geweih war zu groß,
und er konnte den Kopf nicht aus dem Fenster ziehen. Oa lachte der litauische Gesell,
bis der Fürst ihm durch einen Offizier das Geld auszahlen ließ, worauf denn das Geweih
vön seinem Kopfe verschwand. Seitdem hat der alte Oessauer sich mit keinem Litauer
mehr in Zauberkünste eingelassen.
C. Masuren.
a) Grenzen. Masuren umfaßt den südöstlichen und südlichen Teil der
Provinz Ostpreußen und zieht sich südlich vom tboldapfluß in einem 40 km
breiten Streifen längst der polnischen Grenze bis zum benachbarten Westpreußen
hin. Seinen Namen hat es, wie man annimmt, von dem benachbarten Masovien
erhalten, das in der Nitterzeit ein polnisches Herzogtum bildete.
b) Das Landschaftsbild. Aus dem nördlichen Tieflande des pregeltales
steigt das Land allmählich zur masurischen Hochebene empor. Sie erstreckt sich
von den Seesker Bergen in südwestlicher Richtung, möglichst gleichlaufend mit
der Küste und erreicht in den schon im Gberlande gelegenen liernsdorfer Höhen
die höchste Erhebung der ganzen Provinz, Wirr und regellos dringen einzelne
höhen und hügelreihen durcheinander und verleihen dem Landschaftsbilde ein
wechselvolles und anmutiges Aussehen. Die masurische Hochebene bildet die
Wasserscheide zwischen pregel und Weichsel. Nach Süden dacht sich das Land all-
mählich in wellenförmigen Linien zur polnischen Grenze hin ab. Ab und zu, so bei
Gletzko und Lrjck, gibt es auch hier noch schöne Bergpartien. Im allgemeinen
ist der Loden aber sandig und steinreich- oft auch bedecken weite Torfmoore
das Land. Ungeheure Lodenstrecken sind mit Waldungen überzogen, von
denen die )ohannisburger Heide im Süden am größten und bekanntesten ist.
Niesige Tannen und Fichten entwachsen dort dem trocknen Sandboden. 5ln
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T135: [Haff Stadt Stettin Weichsel Ostsee Insel Memel Königsberg Danzig See], T57: [Orden Polen Preußen Land Hochmeister Ritter Marienburg Stadt deutsch Jahr], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt]]