Einrichtungen der Germanen.
19
Alle Freien waren wehrpflichtig. Im Kriege traten sie nach Sippen Kriegswesen, und Hundertschaften geordnet zum Heer zusammen. Sie kmpften zu Fu - nur die Huptlinge und ihr Gefolge stritten bisweilen zu Pferde und stellten sich vor dem Kampfe zu einem groen keilfrmigen Schlachthaufen (Eberkopf) auf, der trotz der oft mangelhaften Bewaffnung des einzelnen Mannes durch den gewaltigen Druck der Masse den Sieg erzwang. Wenn sie auf der Wanderung Weib und Kind und fahrende Habe mit sich fhrten, so schoben sie vor der Schlacht die Wagen zu einer Wagenburg zusammen, in der sie die Ihrigen und ihren Besitz bargen und auf die sie sich im Falle einer Niederlage zurckzogen. Als sie spater sehaft geworden waren, legten sie zwischen Wald und Sumpf oder auf schwer zugnglichen Bergrcken Ringwlle (Bauernburgen) als Zufluchtsorte in Notzeiten an.
Das Haus des Germanen hat man sich noch sehr unvollkommen Wirtschaft-vorzustellen; es war aus Holzwerk aufgefhrt, am Giebel hufig mit einem Iic6enfeflt= Pferdekopfe geschmckt. Gehft und Garten umschlo ein Pfahlzaun.
Auch das ganze Dorf war bisweilen eingehegt, mehr um das Vieh am Verlaufen zu hindern und dem Raubwild den Zutritt zu wehren, als um einem feindlichen Angriffe zu begegnen. Von dem Gehfte des Freien unterschied sich die gerumige Halle des Huptlings oder Gesolgsherrn.
rmere bauten bienenkorbhnliche Behausungen aus Flechtwerk und Schilf;
Steinbau fhrten erst die Rmer ein. Frauen und Sklaven verfertigten,
was man brauchte; zuweilen bot der Hndler aus dem Rmischen Reiche Schmuck oder Waffen, wohl auch Wein zum Tausche an. Viehherden und Beutestcke bildeten den Reichtum des Freien, Jagd und Krieg seine Beschftigung; Frauen und Sklaven bewachten das Vieh und bestellten den ihm zugewiesenen Anteil am Ackerland, oder er bergab ihn einem Unfreien, von dem er einen Teil des Ernteertrages als Zins empfing. Alljhrlich nahm matt neues Ackerland unter den Pflug und baute Hafer, Gerste und Weizen, dazu einige Gemsearten und Flachs an;
feineres Obst fhrten die Rmer ein. An Haustieren hielt man unatt-sehnliche, aber ausdauernde Pferde, Rinder, Schafe und Schweine, von Geflgel besonders Gnse.
Bei dieser Art der Bewirtschaftung brauchte auch ein Volk von nur miger Kopszahl ein weites Gebiet. Sobald man sich daher in feste Grenzen eingeschlossen sah, drohte bestndig die Gefahr der bervlkerung, und es muten immer von neuem berschssige Mengen des Volkes wandern, zumal wenn Miwachs oder Viehseuchen die Not verschrften.
Das Geistesleben der Germanen fand seine Bettigung in Poesie Geistesleben, und Religion. Taten der Götter, Helden- und Stammessage bildeten den Inhalt ihrer Lieder, deren Form der Stabreim war.
Jeder Stamm verehrte seine besondere Gruppe von Gttern, zu Religion, denen er gelegentlich Götter anderer Stmme gesellte. So wurde der Windgott der niederrheinischen Germanen, Sachsen und Dnen, Wodan,
2*
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37. 38.
Die Erneuerung des abendlndischen Kaisertums.
67
Romanischen) auf*). Aus feiner Zeit stammen auch die ersten zusammen-hngenden Aufzeichnungen (zunchst religisen Inhaltes) in deutscher Sprache. Die alten deutschen Heldenlieder lie Karl sammeln, während schon sein Sohn Ludwig nichts mehr davon wissen wollte. Auch gab er den Winden und Monaten deutsche Namen und begann selbst die Ab-fassnng einer deutschen Grammatik.
37. Die Erneuerung des abendlndischen Kaisertums. Das Kari- Kaiser-Reich Karls des Groen umfate die meisten Lnder, die einst das West- ^D^sov). rmische Reich gebildet hatten. Dazu kamen des Knigs Stellung als Schirm-Herr der abendlndischen Kirche und die Idee des Universalreiches. Be-sonders in Italien regte sich der Wunsch nach einer Erneuerung des West-rmischen Kaisertums und der bertragung der Kaiserwrde auf den frnkischen König, den Patrizius von Rom und Hort der abendlndischen Christenheit. Als daher 799 Papst Leo Iii., den die Rmer vertrieben hatten, von Karl nach Rom zurckgefhrt worden war, setzte er am Weihnachtstage 800 ihm, während er am Altare Petri kniete, eine goldene Krone aufs Haupt; zugleich huldigte ihm das anwesende Volk als Im-perator und Angustus.
Karl hat spter geuert, er htte an jenem Morgen die Kirche nicht Bedeutung besucht, wenn er um die Absicht des Papstes gewut htte. Aber der ^un danke, das westrmische Kaisertum zu erneuern, kann ihm nicht fremd ge- r0 u"9' triefen fein, vielmehr mute er in der Kaiferkrone das hchste Ziel feines Ehrgeizes erblicken; es fcheint ihm ctlfo nur die Art der Ausfhrung mifallen zu haben. Er betrachtete sich fortan wie die rmischen Kaiser seit Konstantin als das absolute Oberhaupt des ihm unterstellten Reiches und lie sich daher von feinen Untertanen einen neuen Treueid schwren, in dem der Ungehorsam gegen den Kaiser als Versto gegen gttliches Gebot aner-kannt wurde. Seine Auffassung vom Kaisertum ist also die theokratifche,
die er vielleicht aus Augustins Schrift de civitate Dei gewonnen hatte.
Die Weltmonarchie war fomit von den Rmern auf die Deutschen ber-gegangen. Die Kulturwelt, welche die politische Arbeit der Karolinger und die kirchliche der Ppste neu geschaffen hatte, erhielt durch die Erneuerung des Westrmischen Kaiserreiches eine ihrer Gre und Selbstndigkeit wr-dige politische Gestalt; sie bettigte die ihr innewohnende Kraft dadurch,
da sie weiter lebte, wirkte und fortfchritt, auch als diese Form zerbrochen war.
38. Karls Persnlichkeit und Tod. Rckblick. Karl war ein ftarl5 Pergewaltiger Mann von heldenmigem Wchse mit groen, lebhaften Augen, fniwett. Sein Aussehen war achtunggebietend, der Gang fest, die Stimme hell.
Seine Tracht war die heimifch-frnkifche; nur bei Festlichkeiten erschien er in golddurchwirktem Kleide mit Diadem. Seine Lebensweise war einfach und mig, die Jagd seine Erholung. Sein Lieblingsaufenthalt war Aachen.
*) Erst spter wurde der Ausdruck Deutsch" zur Benennung des Volkes selbst verwandt.
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Extrahierte Ortsnamen: Karls Italien Rom Rom Petri Westrmischen_Kaiserreiches Karls Aachen
121.
Deutschland nach dem Kriege.
229
der landsssigen (einem Territorialherrn unterworfenen) Bevlkerung, so-fern eine weise, landesvterlich frsorgende Regierung sich die Hebung von Handel und Verkehr angelegen sein lie.
Schlimmer als die Einbue an wirtschaftlichem Wohlstande war die National-an idealen Gtern. Das deutsche Nationalgefhl erlosch, auch das 9ct Gefhl der Stammeszugehrigkeit schwand. Die fhrenden Kreise wandten sich von den deutschen arg verrohten Sitten ab und eigneten sich nach franzsischem Vorbilde eine feinere Lebensart an, wobei vieles von guter deutscher Art verloren ging und schlimme undeutsche Manieren ins Land kamen. Wer es irgend vermochte, folgte dem Vorbilde der hheren Stnde, die Franzsisch sprachen und schrieben. An die Stelle des Nationalgefhls trat das konfessionelle Gemeinschaftsgefhl; noch lange trennte in Deutschland Evangelisch und Katholisch mehr als Deutsch und Nichtdeutsch.
Da sich in vielen Landschaften bei den Untertanen das Gefhl der Anhng-lichkeit an das Herrscherhaus entwickelte, wurde die Strke des National-gefhls des einzelnen damit von der Stellung abhngig, die sein Fürst zu nationalen Fragen einnahm.
Auch die deutsche Sprache war verwildert und durch Fremdwrter Sprache und> entstellt. Die deutsche Literatur erreichte ihren Tiefstand etwa um die- lteratur' selbe Zeit, wo die franzsische in ihr goldenes Zeitalter eintrat. Erst allmhlich fand die Schlesische Dichterschule (Martin Opitz, Friedrich von Logau, Andreas Gryphius) mit ihren Erzeugnissen allgemeinere Beachtung und Anerkennung. Die geistliche Dichtung war unter den Katholiken besonders durch den Breslauer Prlaten Johann Schessler (Angelus Silesius) und durch Jakob Balde, unter den Evangelischen durch Paul Gerhardt und Joachim Neander vertreten.
Politisch zerstrt, kirchlich zerrissen, wirtschaftlich zugrunde gerichtet,
in seinem nationalen Selbstgefhl vernichtet, schien das deutsche Volk auf eine groe Zukunft keine Aussicht mehr zu haben.
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Extrahierte Personennamen: Martin_Opitz Friedrich_von_Logau Friedrich Andreas_Gryphius Johann_Schessler Johann Jakob_Balde Paul_Gerhardt Joachim_Neander
Rmer und Germanen im 4. Jahrhundert.
39
stellte Julian als Csar die Rheingrenze wieder her und sicherte sie durch mehrere bergnge der den Strom. Als Angnstus unternahm er einen Feldzug gegen die Neuperser, besiegte sie bei Ktesiphon, starb
aber auf dem Rckzge (363).
Gegen die Goten hatte Konstantin der Groe siegreich gekmpft. Die <sten. Er richtete eine strenge Grenzwacht ein und unterwarf auch die Mrkte an der Grenze der Beaufsichtigung durch seine Beamten. Die Goten waren auf den Verkehr mit den Bewohnern des Reiches so sehr ange-wiesen, da sie Not litten, wenn er ihnen beschrnkt wurde. Bis zum Jahre 378 herrschte hier Friede.
In die Zeiten Konstantins des Groen reichen auch die Anfnge des Christentums bei den Goten zurck. Der Arianer Wulfila (etwa 311 bis Wulfiw. 381) war ihr Bischof. Um die Mitte des Jahrhunderts von einem Herd-nischen Gotenfrsten vertrieben, wanderte er mit seinen christlichen Anhngern aus und nahm mit ihnen Wohnsitze in der Provinz Msien. Hier bersetzte er die Bibel ins Gotische. Dazu mute er ein besonderes gotisches Alphabet ausstellen und eine Schrift schaffen fr ein Volk, das bis dahin nur verein-zelte Runen auf Holz oder Stein geritzt hatte und kaum wute, was Lesen sei. Seine Bibel ist die erste Bibel in germanischer Zunge, die erste germa-nische Prosa, sein Name der erste der deutschen Literatur*). Auch unter den Goten jenseits der Donau erhielt sich das Christentum, ja es breitete sich langsam aus und fand schlielich an dem Fürsten gritigem einen Rckhalt.
Die groe Wandlung, die sich im 5. Jahrhundert vollzog, war auf allen Rckblick. Gebieten des Lebens vorbereitet. Die Germanen und Rmer waren einander unentbehrlich geworden, ja das Rmische Reich erhielt sich nur noch dadurch,
da es Germanen in Massen aufnahm. Die rmischen Heere bestanden fast ganz aus Germanen; Germanen stiegen zu den obersten Kommandostellen auf, und bald wurden ihnen auch die Hofmter zugnglich. Der Ubergang der Herrschaft an die germanischen Heerknige war nur noch eine Frage der Zeit. Eine schwierige Aufgabe entstand aber darin, in ihren Reichen zwischen den beiden nach Abstammung, Sprache und Sitte voneinander verschiedenen Teilen der Bevlkerung ein friedliches Verhltnis herzustellen. Dieser Ver-such milang; doch trat spter- eine Mischung ein, aus der die romanischen Völker hervorgingen.
*) Der silberne Kodex in Upsala umfat den grten erhaltenen Teil seiner ber-setzung.
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82
Die Könige aus dem Schsischen Hause.
des Groen. Sie betrachteten es als ihre Aufgabe, das Christentum in Deutschland zu befestigen und seine Ausbreitung in Europa zu frdern. Auch gaben sie dem Ppstlichen Stuhl an ihrer Macht einen festen Rckhalt, dessen er in den kriegerischen Wirren der rmischen Groen dringend bedurfte. Ihre italienische Politik verflocht sie freilich auch in Kmpfe mit den Ostrmern und Arabern; die Schwankungen ihres Kriegsglckes wirkten auf die nor-dischen Verhltnisse zurck.
Das ottonische Kaisertum beruhte auf dem Zusammenwirken von sacer-dotium und Imperium, geistlicher und weltlicher Gewalt, wobei dem Imperium das bergewicht zugedacht war; wurde dieser Zusammenhang gelockert, so sah es sich in seinen Grundlagen bedroht. Diese Lockerung erfolgte aber
Ciuny. bereits am Ausgange des 10. Jahrhunderts, als das Kloster Cluny in Burgund der Ausgangspunkt einer Bewegung wurde, die durch Erneuerung der strengen Regel des heiligen Benedikt und durch die Loslsung der Geistlichkeit von weltlichen Interessen die Kirche zu reformieren suchte. (Vgl. 46.) Der in altchristlichen berzeugungen wurzelnde Gedanke, da das Weltliche dem Geistlichen unterzuordnen sei, gewann allgemeine Anerkennung; die Unter-ordnnng des sacerdotium unter das Imperium erschien daher unwrdig und unertrglich.
Di- Da Otto I. sich durch die Umwandlung des Episkopats in ein geistlich-
Geistlichkeit, weltliches, vom Könige abhngiges Beamtentum einen bedeutenden Zuwachs seiner Macht schuf und den Bischfen eine fo bevorzugte Stellung im Staate einrumte, mute er wie Karl der Groe fr Gesittung und Bildung der Geistlichkeit Sorge tragen. Die theologischen und lateinischen Studien, die in den ungnstigen Zeiten unter Karls Nachfolgern im Ostfrankenreiche fast erstorben waren, lebten wieder auf. Herrschte noch in den Zeiten Heinrichs I. im Klerus und in den Klstern Mangel an Bildung, so begegnen uns hier spter gelehrte, um die Hebung der geistigen Kultur Deutschlands verdiente Männer in steigender Zahl; unter ihnen ragte Ottos jngster Bruder Bruno, Erzbischof von Cln, hervor. In St. Gallen verfate im 10. Jahrhundert der Mnch Ekkehard in lateinischen Hexametern das Waltharilied. Mnche schrieben Handschriften ab und fchmckten sie mit Miniaturen. Namentlich aber galt in vielen Klstern die Anlage einer Weltchronik als Erfordernis der Bildung, und die Aufzeichnung der Zeitgeschichte wurde gepflegt. So schrieb in Corvey der Mnch Widukind seine drei Bcher schsischer Ge-schichte, und in Gandersheim pries die Nonne Hroswitha, die auch latei-nische Komdien verfate, in einem Heldengedichte die Taten Ottos I. Am Anfang des 11. Jahrhunderts versuchte sich Bischof Thietmar von Merfe-brg an einer Chronik; ihm verdanken wir unter anderem die ersten genaueren Nachrichten der Schlesien. Ottos Iii. Lehrer Bernward, Bischof von Hildes heim, begann in seiner Stadt den Bau der Michaeliskirche und frderte den Erzgu.
Wirtschaft. Dem Mangel an Ackerland, der bei wachsender Bevlkerungszahl in Deutschland eintrat, wurde durch innere Kolonisation, besonders durch Ro-dngen in den weiten Urwldern abgeholfen.
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Extrahierte Personennamen: Cluny Otto_I. Karl_der_Groe Karl Karls Heinrichs_I. Heinrichs_I. Ottos Bruno Hroswitha Ottos_I. Bischof_Thietmar_von_Merfe-brg Ottos Bernward Hildes
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Europa Burgund Karls Ostfrankenreiche Deutschlands Mnch_Ekkehard Corvey Gandersheim Ottos Schlesien Ottos Michaeliskirche Deutschland
160 Der Humanismus und die Entdeckungen. 90.
zu Konstanz und Basel die Macht des Papsttums wiederhergestellt hatten, ohne die von der Christenheit erhoffte und erstrebte Reform an Haupt und Gliedern" zustande zu bringen, verlor die Kirche an Einflu auf das geistige Leben des Abendlandes. Whrend der Widerspruch gegen ihre Verweltlichung nicht mehr verstummen wollte, wandten sich die Gebildeten fast aller Nationen dem Humanismus zu, fr den religise Fragen keine wesentliche Bedeutung mehr hatten.
Die neue Der Humanismus stellte sich betonet in Gegensatz zur mittelalterlichen anschauung. Weltanschauung; was bisher dem Menschen als wertvoll bezeichnet wurde, ' verwarf er und pries das Gegenteil als das allein Wertvolle. Wurde bisher gelehrt, da Demut, schweigender Gehorsam, Entsagung, Verachtung der Welt und ihrer Freuden das Hchste und Beste sei, so hie es jetzt in einem dem Altertum verwandten Geiste: seiner Natur leben, seinen Willen durchsetzen, sich auf die Kraft seines Verstandes verlassen, sie an der uns umgebenden Welt erproben, Bildung erwerben und sich dem feinen Lebensgenu hingeben; das allein sei des Menschen wahrhaft wrdig, sei das Humane, die wahre Bildung des Menschen.
Ausbreitung Der Humanismus ergriff alle Stnde, geistliche und weltliche, Fürsten, ^nismus" Ritter und Brger, und alle Gebiete des Lebens. Er befreite die geistige 1 ' Arbeit von der Beschrnkung auf die im Mittelalter allein gepflegten Gebiete der Theologie und Scholastik und erffnete ihr neue Bahnen; er schuf die modernen Wissenschaften und ergriff die bildenden Knste, deren magebende Vorbilder er in der Antike fand. Er fhrte so zur Renaissance, d. h. zur Wiedergeburt des Altertums in Kunst, Wissenschaft und Leben. Er stellte neue sittliche Ideale auf, zeitigte aber, besonders in Italien, eine Bedenken erregende Verwilderung der Sitten. Er gestaltete die gesell-schaftlichen Verhltnisse um, indem der Mensch von Talent, gleichviel welchen gesellschaftlichen Kreisen er entsprossen ist, der Knstler, der Humanist, in der nchsten Umgebung der Groen der Welt einen viel beneideten Platz erhielt. Die Lehre vom Staate wandelte er um und arbeitete der Staats-form des Absolutismus vor. Die Vorbilder der Humanisten waren die groen Schriftsteller der Antike. Keiner aber gewann strkeren Einflu als Plato, dessen Werke in der Mitte des 15. Jahrhunderts bekannt wurden. Sprache dcr Die Volkssprache wurde gering geschtzt; nur im Latein, und zwar Humanisten. bent mittelalterlichen, sondern dem klassischen, glaubte man sich aus-drcken zu drfen. Man redete, schrieb, dichtete lateinisch, versuchte sich wohl aber auch im Griechischen. Die neue Kunst des Buchdruckes (vgl. 94) gab dem geschriebenen Worte ungeahnte Verbreitung. Sie ermglichte, da alle gleichgesinnten Kreise in ganz Europa in Verbindung traten und sich als eine zusammengehrige Gemeinde fhlten, die sich der alle Auenstehenden erhaben dnkte. So entstand der neue soziale Gegensatz der Gebildeten und der Ungebildeten.
Anfnge des Die humanistische Richtung ging darum naturgem von Italien aus, weil dort in den noch stehenden Bauwerken des Altertums wie in der verwandten Sprache die Nachwirkungen des alten Rmertnms am lebendigsten waren, Stadt und Land an die Taten der heimatlichen Vorfahren gemahnten und die Nachbarschaft der byzantinisch-griechischen
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Extrahierte Ortsnamen: Basel Italien Europa Italien
50 Xx. Die Tafelmalerei der italienischen Frh- und Hochrenaissance.
97. Masaccio, Adam und Eva. 98. Von Sandra Botticelli. 99. Von Pcrugino
Vrancacci-Kapelle, Florenz. (Phot. Hanfstaengl, Mnchen.) (Ausschnitt).
jf)atte Masaccio fr die Erfassung des anatomischen Krperbaus die Bahn freigemacht, so schreiten die spteren Florentiner auf diesem Wege fort und suchen dabei zugleich einen dem Geschmack ihrer Zeit zusagenden Idealtypus zu gewinnen. So Botticelli, der den magern, schlanken Leib seines Sebastian wie ein Bildhauer er hatte auch die Lehre eines solchen genossen sauber herausmodelliert. Was der llmbrcr Pietro Vanucci, genannt il Perugino, weil er von Perugia nach Florenz kam, der Florentiner Kunst zubrachte, lt sein h. Sebastian erkennen: statt der harten Formen und eckigen Bewegungen Votticellis gibt er weiche, das Detail nur leise andeutende Umrisse und eine sanfte, umgekehrt S = frmig geschwungene (Besamtlinie; seelisch bringt er den schwrmerisch nach oben gerichteten Augenaufschlag und damit ein lyrisches (Element in die verstandesklare Florentiner Kunst.
Aus Peruginos Schule kommt, noch vor dem Meister selbst, Raffael nach Florenz. Seine Madonna del (Branbuca steht noch ganz unter dessen (Einflu. Sie wagt nicht die Augen aufzuschlagen, die demutsvolle (Bottestrgerin, ja sie wendet das liebliche Oval des Hauptes von dem Kinde weg, als fhle sie sich unwrdig, an der Anbetung teilzuhaben. Doch der Florentiner liebt statt lyrischer Stimmung Bewegung, und so bricht auch bei Raffael bald das mtterliche Empfinden der Madonna durch: die Mutter herzt das Kind, so die Madonna vom Hause Tempi. Zu seinem hohen, groen Stil erhebt sich Raffael erst in Rom unter dem allgewaltigen geistigen (Einflu Michelangelos, der jedoch jede persnliche Berhrung vermied: die Verklammerung von Mutter und Kind, denen sich der anbetende Iohannes-knabe naht, erreicht hier, durch die von Florenz her festgehaltene Form des Tondo noch enger zusammengeschlossen, den hchsten Grad, und in gttlicher Harmonie, ein Abglanz der harmonischen Seele des Meisters selbst, wenden beide, Mutter und Kind, ihr Antlitz den Glubigen zu.
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Extrahierte Personennamen: Masaccio Eva Sandra_Botticelli Pcrugino
Vrancacci-Kapelle Hanfstaengl Masaccio Botticelli Sebastian Pietro_Vanucci Sebastian Raffael Raffael Raffael
Extrahierte Ortsnamen: Florenz Perugia Florenz Florenz Rom Michelangelos Florenz
144 Die Zeit vom 2. Pariser Frieden bis zum Regierungsantritt Wilhelms I. 87.
ueren Kriegen als von revolutionren Bewegungen zu befrchten. Bei der bunten Znsammensetzung der Bevlkerung des Kaiserstaates aus Deut-scheu, Slawen, Magyaren, Italienern it. a. war er vor dem Umsichgreifen des nationalen Gedankens besorgt, der die Monarchie aufzulsen drohte. Jede Regung des nationalen Geistes suchte er daher durch scharfe poli-zeiliche Beaufsichtigung der Untertanen und strengste Zensur des Schrift-tums zu unterdrcken. Die erste Pflicht aller europischen Mchte sah er darin, jede revolutionre Bewegung niederzuhalten. Da in Deutschland nach den Strmen der napoleonischen Zeit ein Zustand der Erschpfung eingetreten war und die Bevlkerung vollauf damit zu tun hatte, die Folgen der schweren Wunden zu berwinden, die dem Wohlstande ge-schlagen worden waren, kam eine Politik, welche die Erhaltung von Ruhe und Frieden zu ihrer vornehmsten Aufgabe machte, einem weitverbreiteten Bedrfnis entgegen. So kam es, da Metternich, der Vertreter dieser Politik, der fhrende Staatsmann in Mitteleuropa wurde. Unter seiner Leitung bertraf sterreich Preußen an Einflu und Ansehen beim Bunde. Deutsche Besonders schwer hatte unter der jedem Fortschritt und jeder natio-nalen Regung abholden Politik Metternichs die deutsche akademische Jugend zu leiden. In ihr lebte das Ideal eines freien, groen deutschen Vaterlandes und wurde namentlich in der an allen Universitten Wartburg- aufblhenden Burschenschaft gepflegt; am 18. Oktober 1817 wurde zur fest i8i7. britten Jahrhundertfeier der Reformation und zugleich zur Erinnerung an die Schlacht bei Leipzig auf der Wartburg ein groes Studentenfest Karlsbader gefeiert. Als aber 1819 ein Burschenschafter mit Namen Sand den rnsfi-^sis? scheu Staatsrat von Kotzebne ermordete, da er ihn fr einen Feind der Freiheit und gefhrlichen politischen Agenten hielt, kamen die Minister der deutschen Mchte in Karlsbad zusammen und setzten eine auer-ordentliche Zentralnntersuchungskommission" ein, zu dem Zweck, eine grndliche Untersuchung der revolutionren Umtriebe und demagogischen Verbindungen anzustellen, die sich gegen die bestehenden Verfassungen richteten. Die Burschenschaft wurde aufgehoben und viele ihrer Mitglieder gefnglich eingezogen, ja zu lebenslnglicher Festungsstrafe verurteilt. Selbst Männer wie Arndt, Jahn und Schleiermacher hatten unter den Verfolgungen zu leiden; die Hoffnung auf die Einigung des deutschen Vaterlandes schien erloschen.
Romantik. Je weniger die damaligen politischen Zustnde Deutschlands zu be-friedigen vermochten, desto eifriger versenkte man sich in die Betrachtung des deutschen Mittelalters oder in die Welt des Ubersinnlichen und der Sage. Hiermit hngt es zusammen, da in jene Zeit die Blte der Romantik fllt, die bereits in Novalis einen Vorlufer gehabt und jetzt in den Gebrdern Schlegel, in Tieck, Brentano, Arnim, Fouque, etwas spter in Eichendorff, Uhland und Chamisso ihre Hauptvertreter, in Platen aber einen bedeutenden Gegner hatte. Eine hnliche Richtung gelangte damals auch in der Tonkunst (namentlich durch Weber und Schubert) zur Herrschaft.
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Iii. Baukunst des Rokoko.
11. Treppenhaus des Brhler Schlosses. Erbaut 1725-28 unter Kurfürst Clemens August.
So ist der Zwinger ein Auslufer des Barock, kndigt aber anderseits eine Geschmacks-Wendung an, welche unterdes in dem Frankreich Ludwigs Xv. im Gegensatz zu dem anspruchs-vollen Barock zu einem angeblich der Natur nherkommenden neuen Stil gefhrt hatte, dem Rokoko. So nannten ihn spottweise die Klassizisten wegen des fr ihn bezeichnenden Muschel-werks (rocaille). Der leichten Gartenarchitektur entlehnt, berzieht dies phantastische Rahmen-werk, von feinsinnigen franzsischen Meistern erfunden und fortgebildet, mit seinem zierlichen, an das Schferspiel der Zeit erinnernden Getndel die Gipswnde und -decken der Innenrume und
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Extrahierte Personennamen: Clemens_August August Ludwigs_Xv.
Schlohbau. - Brhl, Monrepos, Sanssouci.
12. Lustschlo Monrepos bei Ludwigsburg. Um 1765. (Nach Dohme, Barock u. Rokoko.)
13. Zimmer aus Schlo Sanssouci. Um 1745.
brinqt auf allen Gebieten der Kunst und des Kunsthandwerks eine groe Umwlzung hervor, die alle Lnder, das Ursprungsland der Renaissance, Italien, ausgenommen, uberflutete. 3m Treppenhaus des Brhler Schlosses (11) ringt die neue Kunstform noch mit den vom Barock bernommenen konstruktiven Gliedern, im Konzertzimmer zu Sanssouci (13) treten diese bereits ganz zurck. 3m Auhenbau hlt das Rokoko Mah und wird zuweilen sogar nchtern. Reizvoll dagegen wirken im Rahmen der landschaftlichen Umgebung Lustschlsser wie das nach einer Skizze Friedrichs Ii. erbaute Sanssouci bei Potsdam sowie Monrepos bei Ludwlgsburg (12).
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