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1. Geschichte - S. 59

1913 - Berlin : Oehmigke
— 59 — seit zwei Menschenaltern die Küche in ein Seitenhaus gebracht. Nur ein warmes Morgenbier oder eine Jngwersuppe kochte bisweilen die Burgfrau ihrem Eheherrn hier, wenn er über Land ritt und es Zu garstig blies, Getafelt ward noch, aber es waren nicht mehr die alten lustigen Seiten. Here Gottfried war häufig grämlich, und wenn er lustig ward, dann schickte die Hausfrau die Knechte hinaus. Die Knechte waren eigentlich froh, wenn sie ihre Schüssel Brei im Stall oder auf dem Hofe verzehren konnten, und die Hausfrau war auch froh, wenn sie früher den Tisch aufbrechen konnte. Sie meinte, was das lange Plaudern täte. Gescheites käme nicht 'raus. Herr Gottfried Bredow aber meinte, sie hätte unrecht, denn der Wein sei da, daß er des Menschen Herz erfreue; mit andern zusammen trinken, sei eine gute Gewohnheit aus alter Zeit, aber da die gute alte vorüber sei, müsse er sich in die Zeit schicken, wie sie ist und allenfalls auch allein trinken. Wilibald Alexis (Die Hosen des Herrn von Bredow). 20. Die Herbstwäsche einer Rittersfrau. Wenn du aus einem langen, bangen Kiefernwald kommst, der von oben aussieht wie ein schwarzer Fleck Nacht, den die Sonne auf der Erde zu beleuchten vergessen, und nun fangen die Bäume an sich zu lichten, die schlanken braunen Stämme werden vom Abendrot angesprenkelt, und die krausen Wipfel regen sanft ihre Nadeln in den freier spielenden Lüften, da wird dir wohl zumute ums Herz. Das Freie, was du vor dir siehst, sind nicht Reben-gelünde und plätschernde Bäche, aus fernen, blauen Bergen über ein Steinbett schäumend; 's ist nur ein Elsenbruch, vielleicht nur ein braunes Heidefeld, und darüber ziehen sich Sandhügel hinauf, in denen der Wind herrscht, das magere Grün, das von unten schüchtern heraufschleicht, auheuleud wie ein neidischer Hund, der über seinen nackten Knochen noch murrend Wache hält. Eine Birke klammert sich einsam an die Sandabhänge; ein Storch schreitet vorsichtig über das Moor, und der Habicht kreist über den Büschen. Aber es ist hell da; du atmest auf, wenn der lange, gewundene Pfad durch die Kiefernnacht hinter dir liegt, wenn das feuchte Grün dich anhaucht, das Schilf am Fließe rauscht, die Käfer schwirren, die Bachstelzen hüpfen, die Frösche ihren Chor

2. Geschichte - S. 60

1913 - Berlin : Oehmigke
— 60 — anheben und dein Auge dem Luftzuge folgt, der leise über die Heidekräuter streicht. Es ist der stille Zauber der Natur, die auch die Einöden belebt, und ihr Auge ist auch hier; denn dort hinter dem schwarzen, starren Nadelwald liegt ein weiter, stiller, klarer See. Er spiegelt seine dunkelgrünen Ufer wider in seinem dunklen Wasser, mit ihrem Rauschen, mit ihrem Flüstern. Aber das dunkle Wasser wird plötzlich klar, wenn die Wolken vorüberziehen: ein Silberblick leuchtet aus; der blaue Himmel schaut dich an, der Mond badet sich, die Sterne funkeln. Dort ergießt der volle See sein Übermaß in ein Fließ, das vom Waldrande fort in die Ebene sich krümmt. Hier bespült er Elsenbüsche, die es überschatten und gierig seine Wellen ausschlürfen möchten, sickert über die nassen Wiesen und wühlt sich dort im Sande ein festeres Kiesbett, um Hügel sich windend, an Steinblöcken vorübersprudelnd und durstige Weiden tränkend. Die vereinzelten Kiefern, Vorposten des Waldes, wettergepeitscht, trotzig in ihrer verkrüppelten, markigen Gestalt, blicken umsonst verlangend nach den kühlen Wellen; nur ihre Riesenwurzeln wühlen sich unter dem Sande nach dem Ufer, um verstohlen einen Trunk zu schlürfen. Wer heute von den fernen Hügeln auf dieses Waldeck gesehen, hätte es nicht still und einsam gefunden. Zuerst hätte ein weißer, wallender Glanz das Auge getroffen; dann ringelten Rauchwirbel empor, und um die schwelenden Feuer bewegten sich Gestalten. Schnee war das Weiße nicht; denn die Bäume röteten sich zwar schon herbstlich, aber schüttelten noch sparsam ihre welken Blätter ab, und die Wiesen prangten noch in kräftigem Grün. Schnee war es nicht, denn es blieb nicht liegen; es flatterte und rauschte auf, hellen Lichtglanz werfend und wieder verschwindend. Schwäne waren es auch nicht, die aufflattern wollen und die Flügel wieder sinken lassen. Das hätten Riesenvögel sein müssen, deren es im Havellanbe und der Zauche nie gegeben hat. Auch Segel waren es nicht, die der Wind aufbläht und wieder niederschlägt; denn auf dem Fließe trieben nur kleine Nachen; auch Zelte nicht, denn es bewegte sich hin und her, und wer näher kam, sah deutlich zwischen den Feuern Hütten aufgerichtet, zierliche von Stroh und rohere von Kieferngebüsch. Eine Lagerung war es, aber der einsame Reisende brauchte sich vor Raubgesellen nicht zu fürchten; die paar Spieße, die

3. Geschichte - S. 73

1913 - Berlin : Oehmigke
— 73 — Er sprach zu mir: „Dies Land hat viele Herrscher, doch keinen Herrn; — hat Richter, doch kein Recht. Dies Land hat Äcker, aber keine Saat, hat Schwert und Lanzen, aber keinen Pflug. Nur wer die Körner zählt des rnärk'schen Sandes, der zählt die Wundenmale Brandenburgs. Du bring' ihm Frieden, seinen Kindern Brot; vor Rosseshufen schirme seine Felder, der Armut Hütte wider Feuersbrunst!" — So heil'gen Auftrag hab' ich übernommen. Männer, ich nahm den heil'gen Auftrag an. (Tiefes Gemurmel der Versammelten) Mark Brandenburg, warum zerfleischst du dich mit eig'ueu Waffen? Das ist Knabenhandwerk. Wach auf und werde mannbar zum Beruf! Ich zeig' ihn dir: (Er nimmt aus der Hand eines der hinter ihm stehenden Ritter das Banner) Hier pflanze ich mein Banner dir in das Herz; wo dieses Banner weht, ist heil'ger Boden, da ist Vaterland. Und wie ich selber Treue ihm gelobe bis an den letzten Sprossen des Geschlechts, so fordr' ich Huldigung auf dieses Banner, und so gebiet' ich: schwört dem Vaterland! Ernst vvn Wildenbrnch (Aus dem Schauspiel: Die Quitzows). 24. Der Fall Friesacks. 1. Aus der mit Schießscharten gekrönten Zinne des schwarzen Turmriesen der Burg Friesack, auf den Dächern der hochragenden Gebäude und auf der Einfassungsmauer und den Vorsprnngen des Turmes lag Schnee. An der Mittagsseite der Gebäude hingen Eiszapfen, die im Sonnenlichte funkelten und glitzerten. Rauchsäulen stiegen zum klaren Himmel auf. Uber Wald, Hügel und Ebene hatte der Winter sein weißes Gewand ausgebreitet. Schwer lag der Schnee auf den auch zu dieser Jahreszeit grünen Zweigen der Tannen; überall hingen funkelnde Eiskristalle. 2. Dietrich von Quitzow, der sich tu der Morgenfrühe allein in seinem Gemache befand, war mit dem Lesen von Briefen

4. Geschichte - S. 53

1913 - Berlin : Oehmigke
es trieb manchmal auch diesen verdüsterten Fürsten hinaus in den frischen, harzduftenden Wald, hinaus in die klare Herbstluft, die über den Jagdgründen der alten ballenstädtischen Fürsten, der Liebenwalder, Grimnitzer und Werbelliner Forst so wonnig wehte. So auch einst im Jahre 1534, nachdem seine Gemahlin schon lange von ihm gewichen war. Heut schien der Renner unter dem Fürsten nicht müde zu werden, — weit, weit ab von den Weidgesellen jagte er dahin durch die grüne Waldwildnis, auf deren leuchtendem Moose die Strahlen der Herbstsonne mit den leise rauschenden Fichtenzweigen spielten. Der Abend brach allmählich herein. Der Kurfürst ritt auf Liebenwalde zu, wo er die Nacht zubringen wollte. Da springt auf einmal ein gewaltiges Wildschwein vor ihm auf. Er schwingt den Speer, erjagt ihm nach, er treibt's in einen Morast. Jetzt sitzt er ab. Er faßt den Spieß fest in die Hände und will das Ungetüme Tier, das sich geängstigt gegen ihn gewandt hat, abfangen. Da springt es wider ihn an, Feuer sprüht aus dem Rachen und den weit geöffneten Nüstern; Joachims Speer lodert auf aber der Eber ist verschwunden. Schon dnnkelt's am Himmel. Soeben glaubte Joachim noch die Glocken von Liebenwalde zu vernehmen — jetzt ist alles, alles still; nur fern am Rande des Morastes fliegen krächzend die Krähen auf. Er sucht und sucht den Weg und findet ihn erst, als von fernher Lichter durch das Holz schimmern. Aber er sieht's: nicht nach Liebenwalde, nach Grimnitz ist er gekommen. Da scheut aus einmal sein Pferd vor einer Anzahl weißer, mondscheinbeleuchteter Steine; aber ein kräftiger Rück der nervigen Faust bringt es wieder zurecht. Der Fürst kennt den Ort wohl; es ist der Bärenskirchhof, und die Sage erzählt, daß hier ein Förster begraben sei, der die Todeswunde noch von einem schon getöteten Eber erhalten habe. Die Nächte vorher hatte es aus dem nahen Forste gerufen, daß der „Stumpfschwanz" ihn morden werde. Als er das erlegte Wild auf den Wagen werfen wollte, da fiel der Kops des Ebers herunter; der fcharfe Hauer schlitzte ihm den Schenkel. Er starb an der Wunde. Joachim gedachte der alten Sage — in Schweiß gebadet kam er zu Grimnitz an. Auch ihm war das Erscheinen des Ebers ein verhängnisvolles Zeichen gewesen ■— er starb anderthalb Jahr daraus. Nachdem Joachim I. in Lehnin bestattet worden war, änderte sich das düstere Aussehen des Berliner Schlosses gar bald. Ein

5. Geschichte - S. 65

1913 - Berlin : Oehmigke
— 65 — Lärmens war ihnen doch zu viel geworden. Wie viele Hunderte auch am ersten Tage über den Wipfeln gekreist, mit ängstlichem Geschrei fortflatternd und wiederkommend, ob der Wirrwarr unten kein Ende nähme: das Klopfen und Hämmern, das Spritzen und Wringen, das Klatschen und Schwenken, das Singen und Lachen hielten sie nicht aus, und am dritten Tage hatten die Tiere den Menschen Platz gemacht, und die Luft war still. Auch die Frösche auf der Wiese schwiegeu am Tage; nur wenn abends die Feuer ausgingen und der Gesang verstummte, wenn die hölzernen Klöpfel ruhten und das Wasser im Fließ still fortrann, sich erholend von der Arbeit des Tages, dann mischte sich ihr dumpfes Geächze mit dem Schnarchen der Mägde, mit dem Geheul der Rüden, die den aufgehenden Mond anbellten, und dem Winde, der gegen die Wäsche an den Seilen schlug und die Kiefernstämme, daran sie gebunden waren, knarren machte. Nun am sechsten Tage, es war der Samstag, war die Arbeit zumeist getan, und ehe denn die Abendmette von den fernen Klostertürmen von Lehnin über die Wälder klänge, sollte ausgepackt werden. Die Morgensonne am Tage des Herrn sollte keinen Strumpf mehr an den Leinen anröten und die erste Mondsichel schon einen wüsten Lagerplatz bescheinen. Wie eifrig waren die Mägde, die Klammern abzustecken, die Körbe zu häufen und die Bleichstücke zu weudeu! Was hasteten sich die Knechte, die Stricke von den Bäumen zu lösen und zusammenzurollen! Und schon rüttelten sie an den Pfosten der Hütten, um zu prüfen, wie fest sie noch säßen. Auch das Zeichen zum Ausbruch erscheint als ein Fest dem, der zu lange beim Feste saß; ist doch jede Veränderung dem Menschen willkommen, wenn er des Genusses überdrüssig wird. Die Edelfrau sah zufrieden auf das Werk hin, wie zu ihren Füßen die Haufen immer größer wurden, reine, saubere Tücher, auf welche die Nachmittagsfonne mit milder Wärme schien. Wilibald Alexis (Die Hosen des Herrn von Bredow). 21. Ein Besuch der Quitzows in Berlin. Im Berlinischen Rathause ging es hoch her: die Stadt bewirtete den Dietrich von Quitzow, den Landeshauptmann der Mark, der öffentlich verkündet hatte, er wolle nach Preußen ziehn, Rohl, Unsere Mark Brandenburg. Ii. Teil.

6. Geschichte - S. 1

1913 - Berlin : Oehmigke
Geschichte. 1. Alt-Brandenburg. Aus eaiib und Kiefern hat bich Gott geschaffen, Alt-Branbenbnrg, mein liebes Heimatlanb. Im Schweiß muß beine Güter sich erraffen, wer bich bewohnt, mit harter, starker Hand. Still ist es rings. Der Winb pfeift durch die Wipfel: oon weitem klingt's wie ferner Glockenton. Und stolz wie beiner schlanken Bäume Gipfel geht durch die Heibe festen Schritts bein Sohn. Ein trotzig Volk und stark sinb beine Mannen; in Sorg' und Müh' zogst bu sie liebenb groß. Erst wenn die Perlen von der Stirne rannen, gibst bu die Schütze, die bu birgst im Schoß. Doch bafür spenbest bu auch reiche Gaben, die man von je an beinen Kinbern schätzt; was sie im Ernst sich vorgenommen haben, mit Fleiß und Treue wirb es burchgefetzt. o h l, Unsere Marl Brandenburg. Ii. Teil. 1

7. Geschichte - S. 104

1913 - Berlin : Oehmigke
— 104 — Dem Hornruf antwortete Stimmengewirr, Hundegebell und Rosse-gewieher. Bald öffnete sich das Tor der Schloßmauer und ließ den Blick auf den Hof frei, in dem der Troß der Jagdknechte sich tummelte. Die derben märkischen Landeskinder waren mit kurzen grünen Wämsern und ledernen Kniehosen bekleidet, an die sich Ledergamaschen bis herab zu den Schnürschuhen schlossen. Als Waffe trugen sie Len Sauspeer über der rechten Schulter. Auf ein Zeichen des Hundemeisters verließen die Jagdknechte mit der Meute, den auf die Saujagd dressierten Hunden, den Schloßhof, gefolgt von dem Oberjägermeister von Oppen, der zwölf andern Reitern voranritt. Die Herren trugen alle, bis auf einen, reiche Kleidung. Dieser eine trug ein schlichtes, graues Tuchwams und einen schwarzen Filzhut mit weicher, breiter Krempe. Hohe, plumpe, rindslederne Stiefel vervollständigten die schmucklose Tracht; doch trotz ihrer zeigte die ganze Erscheinung ein unnennbares Etwas, das den schlichten Eindruck verwischte und den Reiter vor den glänzenden Kavalieren, die ihn umgaben, auszeichnete. Seine gebietende Haltung, die bedeutenden Züge seines Antlitzes mit der kühn hervortretenden, stark gebogenen Nase, über der große, durchdringend blickende Augen flammten, der ernergische Ausdruck des wohlgeformten Mundes, den der Bart der Oberlippe nicht verdeckte, gaben ihm ein Gepräge, wie es nur außergewöhnlichen Menschen eigen ist. Es war Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der Große Kurfürst, der an diesem klaren Herbstmorgen des Jahres 1686 von Schloß Grünewald in den Forst hinausritt, um sich an der frischen Waldluft zu erquicken und die Spannkraft jüngerer Tage wieder in seinen Gliedern zu fühlen. — Die Kavalkade hatte eine Waldlichtung erreicht, von der aus die Wege in das Holz sternförmig auseinanderliefen. Hier sollte die Meute auf die Spur eines vermerkten Keilers geschickt werden. Losgelassen jagte sie alsbald in der Richtung auf die sogenannte Hundekehle zu, einen düsterromantischen Platz im schönen Grunewald. Niedrige, wellenartige Hügel mit dichtem Kiefernbestand umgeben einen klaren, schier unheimlich bewegungslosen See, an dessen Rändern hohes Röhricht wächst. Das Feld der Reiter hatte sich auf dem Ritt zerstreut. Der Kurfürst mit dem Oberjägermeister folgte allein den Hunden, die jetzt laut und heftig Hals gaben.

8. Geschichte - S. 146

1913 - Berlin : Oehmigke
- 146 — und fragte wieder, diesmal auf französisch: „Madame, wo ist das Rathaus?" Das war freilich von der Friedrich- und Krausenstraßenecke sehr weit entfernt, und der Mutter ward bange, er werde sie auffordern, ihm einen Wegweiser zu schaffen. Die Magd war Gott weiß wo. Jeder, den man gerufen hätte, würde sich höflichst für diesen Dienst bedankt haben. Indes der Mann war so freundlich, daß ihm in weitläufigen Worten Bescheid erteilt werden konnte. Während der Unterhaltung hörten wir Trompeten in der Leipziger Straße schmettern. Ach, es war der erste Siegesruf des Feindes, den ich hörte, den ich haßte. Bittere Tränen stürzten mir über die Wangen. Der Chasseur aber fluchte: „Donnerwetter, sie sind schon da!" gab dem Pferde die Sporen und jagte pfeilschnell fort. Tiefatmend blickten wir ihm nach, wie er sich in den Straßen verlor. Zugleich aber zog in der Leipziger Straße ein prächtiges Regiment roter Husaren vorbei, den schmetternden Trompeten nach; später folgte ihm ein Trupp Offiziere in glänzendem Schmuck. Der Einzug der ersten Franzosen war erfolgt. Eines Tages frühmorgens wirbelten die Trommeln den Generalmarsch. Das Korps des Marschalls Davoust zog vor das Hallesche Tor, um von dem Kaiser gemustert zu werden.. Die langen Reihen standen aufmarschiert und harrten ihres Kaisers, der gegen Mittag erschien. Er kam im Schritt durch das Hallesche Tor geritten auf einem etwas mageren Schimmel, der aber, wie wir später sahen, vortrefflich laufen konnte. Er war in seinem bekannten grünen Anzuge, der eben nicht wie angegossen paßte. Dies war auch nicht das Merkwürdigste, wohl aber das ausdrucksvolle und doch so kalte Gesicht. Sein Teint war gelblich, beinahe ledern. Aber wenn er die blitzenden Augen, wiewohl sie etwas tief lagen, auf einen Gegenstand heftete, belebten sich seine Züge, und der durchbohrende Blick war kaum zu ertragen. Sein Kinn war stark, mit dem blauen Schimmer des Bartes. Der Mund war von sehr dünnen Lippen bedeckt und zeigte Verschlossenheit. Das schwarze Haar war glatt und dünn und glänzte wenig unter dem Hute hervor. Seine Haltung zu Pferde war eine gezwungene, nicht die eines Reiters, der mit dem Rosse verschmolzen ist. Aber dieser unscheinbare Mann war der Ausgezeichnetste unter seinem glänzenden Gefolge, und niemand konnte verkennen, daß er den ersten Rang einnahm..

9. Geschichte des brandenburgisch-preußischen Staates und der Neuzeit seit dem Westfälischen Frieden - S. 189

1906 - Münster in Westf. : Schöningh
- 189 Weil Napoleon in den Polen die Hoffnung erweckt hatte, ihr Reich wiederherzustellen, ferner das Groherzogtum War-schau vergrerte und den mit dem russischen Herrscherhause ver-wandten Herzog von Oldenburg vertrieben hatte, Rußland dagegen die Kontinentalsperre, die den russischen Handel beeintrchtigte, nicht strenge durchfhrte und franzsische Produkte mit hohen Zllen belegte, kam es zwischen Napoleon und Alexander I. zum Bruch. Frankreich traf umfasfende Rstungen; fast ganz Europa mute Truppen zu diesem gewagten Kriegszuge stellen. Preußen hatte sich mit 20 000 Mann zu beteiligen und freien Durchzug durch das Land zu gestatten, sterreich mute ein Hilfshxer Micken. Mitten im Sommer, im Juli 1812, berschritt der Korse mit -600000 Mann die russische Grenze und rckte geradeswegs ans Mos-kau vor. Die Russen zogen sich zurck und verbrannten alle Vorrte an Lebensmitteln, die sie in der Eile nicht verbergen konnten. Bei Smolonsk kam es am 17. August zu einer Schlacht, die jedoch nichts entschied. Bei Borodino a. d. Moskwa erfocht Napoleon am 7. September einen blutigen Sieg. Nach neunstndigem schweren Ringen lagen 100 000 Menschen tot oder verwundet am Boden, und schon am 14. September hielt Napoleon seinen Einzug in die alte Hauptstadt Moskau. Hier wollte er mit seinem mchtigen Heere den Winteransenthalt nehmen. Aber bereits in der folgenden Nacht brachen au verschiedenen Stellen der Stadt grliche Feuersbrnste ans; in wenigen Tagen war die groe, reiche Stadt von den Flammen vernichtet. der einen Mo-itnt blieb Napoleon in der eingescherten Stadt. Er hoffte mit Rußland Friedensunterhandlungen anknpfen zu knnen; doch auf Steins Rat wies der Zar die franzsischen Vorschlge ab. Die Franzosen muten den Rckzug antreten, verfolgt von den Scharen der wilden Kosaken. Ein frher, strenger Winter') trat ein, und von Eis und Schnee hatten die fliehenden Soldaten arg zu leiden. Ihre Kleider waren zerrissen; kein Stckchen Brot war zu finden, um den nagenden Hunger zu stillen. Viele Taufende erfroren oder verhungerten, Taufende wurden von dem Schwerte der Ruffen erschlagen oder saudeu ihren Tod in den Fluten ') Am 12. November fein! das Thermometer auf 19 Ii., am 8. Dezember aus 29 R.

10. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815 - S. 195

1918 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
195 Schon den ersten Tag nach dem bergang sah ich Generale und Stabsoffiziere aller Nationen und Waffengattungen, tief in ihre Pelze gehllt, zu Fu mitmarschieren. So erkannte ich unter ihnen den wrttembergischen General von Kerner, in Kommischuhen und in einen Pelz gehllt, und den Obersten von Schmidt sogar ohne ordentliche Fubekleidung, die Fe mit Stcken von Pelz umwickelt, zu Fue gehend. Bis auf die Garden waren nun alle Armeekorps gnzlich aufgelst, bis auf die kleinen Reste der Korps von Oudinot und Victor, die jenseits der Beresina bei ihren dreitgigen heldenmtigen Kmpfen gegen drei feindliche Armeen der Vertilgung noch entgangen waren und das diesseitige Ufer erreicht hatten. Offi-ziere und Soldaten, letztere meist ohne Waffen, zogen in dsterem Schweigen, oft in den abenteuerlichsten Anzgen, untereinander vermischt einher; denn die Klte nahm tglich einige Grad zu, und jeder behngte sich der seine zumeist zerlumpte Uniform mit dem, was gegen die Klte schtzen konnte. Ein jeder hielt sich nun zu dem Truppenteile, bei dem er die meiste Sicherheit zu finden hoffte, oder zu dem ihn eigentlich der Zufall fhrte. Die Brcken waren niedergeschossen, und was jenseits noch lebte, in den Hnden unbarmherziger Feinde. Aes war eigentlich unser Glck, denn die Russen hatten augenblicklich kein Material, die Brcken wieder herzustellen, und wahr--scheinlich auch keine Pontons bei der Hand. Dadurch hrte die Verfolgung einige Tage auf, und wir gewannen einen bedeutenden Vorsprung. Doch noch schlimmer und unbarmherziger als der Feind war die nun sich immer steigernde Klte, die den 4. Dezember einen so hohen Grad erreichte, da sie mit dem frchterlichen Gefolge des Hungers die letzten Trmmer des Heeres zu vernichten drohte. Selten war man so glcklich, sich mit Fleisch von gefallenen Pferden zu sttigen; denn es gehrte jetzt unter die Leckerbissen und Seltenheiten, da nur wenige Pferde der Armee sich der die Beresina retteten .... Der echt moskowitische Winter hatte sich nun eingestellt und wehte mit er-starrendem Hauch der alles Leben dahin. Mdigkeit, Hunger und Frost behaupteten eine solche Lhmungskraft, da man sich, wenn man eine Stunde aus--geruht zu haben whnte, kaum mehr aufzurichten vermochte. Oft war die Kraft des Willens bei den Strksten gelhmt, und sie zogen es vor, in dumpfer Er-starrung lieber den Tod zu erwarten, als sich zu neuen Martern emporzuraffen. Die Opfer dieses ungewhnlichen Frostes machten sich schon stndlich bemerkbar; man sah hufig schon Erstarrte am Boden liegen oder solche, die sich nicht mehr auszurichten vermochten. Ein Grenadier sah einen in Pelz gehllten Obersten vor Ermattung und Hunger hinsinken. Er glaubte ihn tot und eilte hinzu, sich seines Pelzes zu versichern. Noch richtete der Oberst mhsam das Haupt in die Hhe und stammelte: Peste, je ne suis pas mort." Der Grenadier trat einen Schritt zurck und erwiderte kalt: Eh bien, mon colonel, j'attendrai." Das berma des Unglcks Hatte alle Rangordnung aufgehoben. Man sah in jenen Tagen viele hhere Offiziere, ja selbst Generale (einzeln unter den Massen der Krieger verloren) bescheiden an dem Stabe zu Fu auf dem Boden wandernd, aus dem sie vor wenigen Monaten triumphierend eingezogen waren, sich noch glcklich schtzend, wenn des Nachts im Biwak die Soldaten ihr Feuer 13*
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