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1. Der Erbe von Stübeckshorn - S. 86

1889 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 86 — sie wie ihren Führern, so sich untereinander Beistand und Hülfe im Streit. Eine rabenschwarze Nacht sank hernieder, der Regen goß in Strömen vom Himmel herunter. Aber trotz dieses Unwetters blieben die Sachsen die ganze Nacht unter den Waffen und erwarteten den Angriff. Den Wenden aber war bei dem Toben der Elemente der Mut entsallen, so daß sie es nicht wagten, ihr Lager zu verlassen. Erst gegen Morgen ließ der Regen nach, und die ausgehende Sonne verscheuchte die letzten Wolken. Da beschloß Bernhard, gegen die wendische Uebermacht selbst einen Angriff zu wagen; er führte seine Krieger aus dem Lager und mit lautem Kampfgeschrei stürmten sie gegen den Feind. Aber was vermochte deutsche Tapferkeit gegen eine solche unermeßliche Anzahl der Feinde? Wohl wurden viele der Wenden niedergeschlagen und von den Hufen der sächsischen Rosse in den schlammigen Boden gestampft, aber fort und fort ergänzten sich die feindlichen Reihen und mancher tapfere sächsische Held büßte seine Tapferkeit mit dem Tode. Bernhard sah gar bald, daß es ihm allein schwerlich gelingen würde, den Feind zu bewältigen, und deshalb ließ er Thietmar durch einen Boten bitten, ihm ein Fähnlein Reiter zu schicken. Thietmar war nicht zweifelhaft, wen er senden sollte; er beauftragte Hermann, mit seinen fünfzig Kriegern den Feind von der Seite anzugreifen. Mit hoher Freude vernahm Hermann diesen Befehl; er setzte sich an die Spitze seiner Landsleute, und prasselnd wie ein Hagelwetter stürzte er sich in die Flanke der Wenden. Diese versahen sich eines solchen Angriffes nicht; ihre Reihen begannen zu wanken, und bald ergoß sich das ganze Heer in die wildeste Flucht. Schrecklich wütete jetzt das Schwert der Sachsen unter den Feinden. Viele, die das Schwert verschonte, stürzten sich in den nahen See und fanden dort ihren Tod. Von dem Fußvolk entkam niemand, von den Reitern nur wenige. Ungefähr 100000 Wenden, fast das ganze Heer, sollen an diesem Tage umgekommen sein. Das geschah am vierten September 929; mit dieser Schlacht war

2. Der Erbe von Stübeckshorn - S. 76

1889 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 76 — ättrn wse6f mir' ba* ich nicht sein Sohn Jet, sondern daß ich ihm einst von einem Ritter übergeben worden sei zur Erziehung. Den Namen meines ^nnte oder wollte er mir nicht nennen; er sagte 010 Eine Amme, die mit mir in seiner Hütte Zuflucht gefunden, als die Burg meines Vaters zerstört Jet, mir mehr von meinen Eltern erzählen könne: dieselbe habe stch m dte Stille des Klosters Drübeck am Harr rückgezogen als er die Heimat verlassen, da ich ihrer Wartung nicht mehr bedurft habe. Von meinem Vater Jagte er mir nur, daß er, nachdem er alles verloren im Stampfe gegen die Wenden, der Welt entsagt habe und ent Einsiedler geworden sei. Das einzige Erbteil, welches er mir hinterlassen habe, sei ein kleines goldenes Kren; • ich solle es wohl in Ehren halten und von Stund an me wieder ablegen, denn es könne dazu dienen, daß ich etnst von meinem Vater oder einem meiner Verwandten wieder erkannt werde. Mit diesen Worten gab er mir das Kreuz, welches ich seit dieser Stunde auf der Brust getragen habe. Von der Zeit an war mir der Aufenthalt i meinen treuen Pflegern verleidet; ich sehnte mich fort von ihnen um meinen Vater auszusuchen. Aber wo Imu 5? f*nben? Konnte ich, noch ein Knabe, die Welt durchstreifen und in allen Wäldern und Einöden suchen nach meinem Vater, den ich nicht kannte, ja dessen Namen ich nicht einmal wußte? Ich sah bald das thörichte meines Wunsches ein; ich erkannte, daß ich zuerst nach Drübeck gehen müsse, um von meiner Amme den Namen meines Vaters zu erfahren. Meine Pfleqe-ettern legten meinem Begehren keine Hindernisse in den Weg und so machte ich mich denn eines Tages auf, in der Hand einen Stab und im Quersack ein Stücklein Brot, einer ungewissen Zukunft entgegen. Sch hatte nicht bedacht, wie beschwerlich die Wanderung auf teilweise unwegsamen Pfaden für einen Knaben meines Alters sein würde. Die Sonne war noch nicht zum ersten Male untergegangen, als das Brot, welches ich aus dem Hause meiner Pflegeeltern mitgenommen

3. Der Erbe von Stübeckshorn - S. 150

1889 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 150 — Als Hermann Billmtg, so erzählt die Sage, Herzog von Sachsen geworden, übergab er seinen Freihof Stübeckshorn, auf dem er geboren und erzogen war, seinem „Maior domus“ oder Gutsverwalter zum erblichen Lehen.' Der jetzige Besitzer soll in gerader Linie von diesem ersten Billungschen Lehnsmann abstammen; wenigstens ist- es nachweisbar, daß seit etwa 500 Jahren der Hof stets im Besitz derselben Familie geblieben ist, welche das Andenken an den fürstlichen Lehnsherrn dadurch ehrt, daß jeder Hoferbe bett Namen Hermann Billung führt. Auch der jetzige Besitzer heißt, wie sein Vater mib Großvater, Hermann Billuug Meyer. Aus bett erhöhten Walbesranb, wo unter bnukelu Fichten jetzt Fischteiche zur küustlicheu Lachs- und Forellenzucht sich befinden, verlegt bte Sage die Stelle, von der das alte Stammhaus einst auf bte schilfreichen Teiche schaute. Noch heute wirb der Hof ein freier „Sattelhof" genannt. Sattelhöfe siitb Lanbgüter, welche nicht bte Vorrechte der Rittergüter, aber boch viele Vorzüge und Freiheiten vor den gewöhnlichen Bauerngütern hatten; sie kommen öfter in.ober- uitb Nieber-sachseu vor und waren früher steuerfrei und zinsfrei. Der Name kommt her von dem lateinischen Worte „Sedes“, b. h. „Wohnsitz" (eines Abeligen ober eines freien Bauern); ans dem Worte ist tut Volksrnunbe anfangs „Sebelhof", „Sabelhof" itnb zuletzt „Sattelhof" .gemacht worbeu. Jubem ich bieses schreibe, fällt mir ein Blatt in die Hänbe mit der Überschrift: „Gebenkblatt zur fünf-hundertjährigen Jubelfeier der Stadt Soltau, 1388 bis 1888". Ich glaube zum Schluß meiner Erzählung beit „Festgruß", gedichtet von August Freudenthal, hier anführen zu sollen und will mit demselben von meinen Lesern Abschied nehmen: „Ich weiß auf brauner Heide Ein Flüßchen, klar und hell, Mir einst im Jugendkleide Der liebste Spielgesell.

4. Die Supplingenburger - S. 83

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 83 — nicht lange konnte sich Lothar mit den Seinen in Wal-beck aufhalten. Der Kaiser lag mit seinem Heere in Wallhausen, und schon am dritten Tage nach dem Siege bei Köthen standen sich die Heere der Sachsen und des Kaisers bei einem Wäldchen, welches man das Welfesholz nennt, zwischen Hettstedt, Sandersleben und Gerbstedt, gegenüber. Noch einmal suchte Lothar den Kaiser zum Frieden zu bestimmen. Er ließ ihm sagen, daß er nicht erschienen sei, ihn, seinen kaiserlichen Herrn, zu reizen, sondern daß er nur zur Verteidigung seiner gerechten Sache das Schwert ergriffen. Sei der Kaiser, wie er selbst, zum Frieden geneigt, so werde er sich freuen, das Schwert wieder in die Scheide stecken zu können. Aber höhnisch wies der verblendete Kaiser die gutgemeinte Botschaft zurück. Er legte die Geneigtheit zum Frieden den Sachsen als Feigheit aus, und ließ ihnen melden, nur dann werde er vom Kriege abstehen, wenn sie sich ihm völlig unterwerfen und im Büßergewande ihn um Verzeihung bitten würden. So war eine Verständigung nicht möglich und das Schwert mußte entscheiden. Als am folgenden Morgen in aller Frühe die Sachsen ihr Lager verließen, trat Bischof Reginhard von Halberstadt in ihre Mitte und hielt einen feierlichen Gottesdienst, in welchem er den Beistand Gottes für die gerechte Sache anflehte und die Krieger ermunterte zum ritterlichen Kampfe für ihren Herzog, ihr Vaterland und ihre Freiheit. Es war ein kalter, unfreundlicher Wintertag; in der Nacht war Schnee gefallen, und auch jetzt noch rieselte es von Zeit zu Zeit naß und kalt aus den niedrig hängenden Wolken hernieder. Kaum war die Sonne verschleiert über dem Horizont emporgestiegen, als auch schon das kaiserliche Heer zum Angriff schritt. Allen voran eilte Hoher von 0jzanssetb; er war vom Pferde gesprungen, und, die blinkende Waffe in der Faust, stürmte er wütend auf die Sachsen ein. Doch seine Kühnheit wurde ihm verderblich. Zwei junge sächsische Ritter stürzten sich auf ihn und seinen Begleiter, und ein furchtbares Ringen entstand. Aber sächsische Tapferkeit gewann den Sieg. 6*

5. Die Supplingenburger - S. 91

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 91 — war nahe und er war gewohnt, dasselbe im Kreise seiner Familie zu feiern. Der Winter lag mit dem Frühling im heftigen Kampfe; heiteren, warmen Tagen, an denen die Sonne die Herrschst behauptete und an den Zäunen und Hecken bereits Schneeglöckchen und Anemonen hervorlockte, folgten rauhe Schnee- und Regentage, an denen wieder der Sturm über die Fluren raste, die kalten Regentropfen an die Fenster klatschten und die Ziegel auf dem Dache unheimlich klirrten und rasselten. An einem solchen rauhen Märztage war es, als abenbs, währenb die Bewohner der Burg am Kamin saßen und Lothar seiner Gemahlin und Bertha von seinen Kriegsfahrten erzählte, der Thorwart ins Zimmer trat und melbete, daß Leute aus dem nahen Dorfe eine vor Kälte erstarrte Bettlerin auf dem Felbe gefunben und in die Burg gebracht hätten. Kaum hatte Bertha bieses gehört, als sie die Spinbel, womit sie sich beschäftigt, beiseite legte und dem Thorwart auf den Burghof folgte. Der Regen, untermischt mit mißfarbigem Schnee, ergoß sich in Strömen vom Himmel; unter dem Thore sah sie beim Scheine einer Laterne einen Trupp Bauern und Dienst-leute vom Schlosse stehen, und auf einem Strohbünbel lag das unglückliche Weib, welches vor Kälte leblos schien. Von innigem Mitleib bewegt, gebot Bertha den Leuten, die Arme in das Erbgeschoß des Schlosses in ein warmes Gemach zu tragen; hier würde ein Lager bereitet, und nachdem man ihr trockene Kleider angelegt, wurde sie auf demselben sanft gebettet. Es gelang auch, der Fremden einige Tropfen eines warmen, belebenden Trankes einzuflößen, und endlich schlug sie die Augen auf. Aber im eigentümlichen Feuer glänzten diese schwarzen, stechenden Augen; unruhig sah das Weib sich um in dem ihr unbekannten Raum. Ihr Blick hatte etwas so unheimliches, daß die Mägde, die neben dem Lager standen, sich bekreuzten und leise flüsterten: „Eine Hexe, eine Hexe"! und eine nach der andern schlich sich heimlich aus dem Zimmer, so daß Bertha zuletzt mit der Alten allein blieb. Sie teilte nicht die abergläubische Furcht der Mägbe; sie

6. Die Supplingenburger - S. 117

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 117 — nur der mächtige Sachse war der einzige, der noch im Ungehorsam verharrte. Mit zahlreichem Gefolge langte er in Goslar an und bezog die herrliche Pfalz, die sein Großvater auf einem die Stadt beherrschenden Hügel erbaut hatte. Auch mit andern herrlichen Gebäuden hatte der dritte Heinrich diese seine Lieblingsstadt geschmückt. In der Nähe seiner Pfalz, welche in den letzten Jahrzehnten unserer Zeit wieder in alter Pracht und Herrlichkeit hergestellt ist, ließ er von seinem Baumeister Beuuo, einem jungen, hochbegabten Kleriker ans dem Kloster Hirschau in Schwaben, die Domkirche erbauen, von welcher leider nur ein Portal, das heute den Namen „Tomkapelle" führt, bis auf unsere Zeit erhalten ist. Schaute man ans den Fenstern des großen Kaisersaales auf die Stadt, so fiel das Auge zuerst auf den mächtigen Bau der Tomkirche, und hinter derselben breitete sich die türmereiche Stadt ans. Goslar war seit Heinrich des Dritten Zeit der .Lieblingsaufenthalt der salischen Kaiser; hier hielten sie gern ihre großen Reichsversammlungen, und reges Leben herrschte zu der Zeit in dem jetzt so stillen Bergstädtchen. Es war an einem schwülen Maitage im Jahre 1125, als Kaiser Heinrich, der Letzte der Salier, in Goslar ankam. Die Sonne hatte den ganzen Tag mit sengender Glut, wie sie es bisweilen schon im Mai zu thun pflegt, über den Harzbergen gestanden; Mann und Roß waren ermattet von der unerträglichen Hitze, und ein jeber war froh, als enblich der kaiserliche Zug durch das Stadtthor ritt und sich dem Kaiserhause näherte. Stumm und mürrisch trat der Kaiser in die Burg seiner Väter ein. Auf dem Wege nach Goslar hatte er es erfahren müssen, wie sehr sein Ansehen im Lande der Sachsen geschwunden war; in keinem Orte waren die Bewohner ihm entgegen geeilt, um ihn festlich zu empfangen, ja die Straßen, welche er ritt, schienen wie ausgestorben zu sein. Das hatte ihn mit neuem Ingrimm gegen dieses freiheitliebende Volk erfüllt, und statt sich zu sagen, daß er durch eigene Schuld besten Liebe verscherzt, hielt er für eigensinnigen Trotz, was nur w

7. Die Supplingenburger - S. 120

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
- 120 — nicht", sprach der Priester; „Ihr fragt, wer Euch das pchtoert_ zu entreißen vermöge? Vielleicht ist kein Mensch so mächtig, daß er es könnte; aber der, dessen Stimme jetzt draußen im Wetter so schrecklich tobt, dessen Blitze die Finsternis durchzucken, der, von dem die Schrift sagt, daß er dem Hochmütigen widerstrebt, der vermag es, Euch das Schwert mit dem ihr dieses Land bedroht, aus den Händen ru winden. Ist Euch dieses schreckliche Unwetter nicht ein Zeichen seiner Macht, vor der auch Ihr im Staube Euch beugen müsset? Darum lasset ab von Eurem Zorn, bietet die Hand zum Frieden, ersparet dem Vaterlande neues Blutvergießen. Spannet den Bogen nicht zu straff, er möchte brechen!" Mit furchtbarer Gewalt war das Gewitter hereingebrochen über die Stadt. Blitz folgte auf Blitz, unaufhörlich krachte der Donner, so daß der gewaltige Bau des Kaiserhauses in seinen Grundfesten erzitterte. Aber der Kaiser achtete nicht darauf Die freimütigen Worte des Priesters hatten seinen Zorn aufs höchste gereizt. „Danke Gott", sprach er zu ihm, „daß Du ein geistliches Kleid trägst; ich würde mich sonst vergessen und Dir für Deine Kühnheit die verdiente Züchtigung geben. Deine Worte gelten mir nichts; ich werde thun, was ich beschlossen, Dir zum Trotz, der ganzen Welt zum Trotz, ja Gott und den Heiligen zum Trotz. Im Staube will ich dieses Volk liegen sehen, ich will " Ein greller Blitzstrahl erfüllte in diesem Augenblick die weite Halle, und gleichzeitig erfolgte ein Krachen, äls wenn die Welt untergehen wollte. Franziskus fiel zu Boden; eine tiefe Ohnmacht umfing seine Sinne. Als er die Augen wieder aufschlug, sah'er mehrere von den Dienern des Kaisers, die ängstlich hin und her liefen. Das Gewitter war vorbei; nur von ferne tönte noch dumpfes Grollen herüber. Der Kaiser lag auf einem Teppich; seine Augen waren geschlossen, sein Gesicht war blaß wie der Tod. Die Kleider hingen zerfetzt an seinem Leibe; der Blitz hatte dieselben zerrissen, versengt, das Schwert von seiner Seite gerissen und es weit in den Saal geschleudert. Dort lag das Schwert, der Stolz

8. Die Supplingenburger - S. 154

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 154 — fortgesetzt werden konnte; dazu kam, daß die Bergpfade verschneit waren, Schneestürme und Lawinenstürze nicht selten die größte Gefahr brachten. Unter unsäglichen Mühen und Beschwerden kam am dritten Dezember 1137 der traurige Zug in Breitenwang an, einem kleinen Orte am Lech unweit Reutte in Tyrol. Es war ein kalter, schauriger Wintertag; ein dichter Nebel deckte die Thäler und die Hohen. Der Kaiser fühlte sich matter als bisher; der Nebel lag schwer wie Blei auf seiner Brust und erschwerte ihm das Atmen. Deshalb mußte das Heer halt machen, und in einer elenden Bauernhütte bestellte man das Quartier für den teuren Kranken. Hier bereiteten ihm die Hände der Liebe das Lager, welches sein Todeslager sein sollte. Trauernd umstanden dasselbe sein allzeit getreues Weib, seine Tochter Gertrud und sein Eidam, der Wels Heinrich, seine geliebte Base Bertha und ihr Gemahl Boguslav; von dem Gefolge des Kaisers hatte allein der Erzbischof Norbert von Magdeburg in dem kleinen, düstern Gemache Platz. Mit geschlossenen Augen lag Lothar auf seinem Schmerzenslager; schwer rang seine Brust nach Atem. Nur bisweilen schlug er die Augen auf und dann ruhten dieselben mit dem Ausdruck innigster Liebe auf den ihn umgebenden trauernden Verwandten. Aber langsamer und langsamer wurden die Atemzüge, und endlich standen sie ganz still. Es war um vier Uhr nachmittags, als der Erzbischof den trauernden Umstehenden sagte, daß das edle Her; des Kaisers aufgehört habe zu schlagen. Während dieser Zeit harrten die in Deutschland zurückgebliebenen Fürsten, an ihrer Spitze Friedrich von Schwaben, in Würzburg der Heimkehr des Kaisers, um ihm dort einen festlichen Empfang zu bereiten. Wie niederschmetternd war für sie die Nachricht, daß der Gefeierte nimmer als Lebender in ihrer Mitte erscheinen werde! Die Ehren, die man ihm zu beweisen gekommen war, sie konnten nur noch der teuren Leiche bewiesen werden, die bald darauf durch Würzburg nordwärts, dem Sachsenlande zu, getragen wurde. Das war ein Leichen-

9. Die Supplingenburger - S. 158

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
Jetzt trat der Reiterung aus dem Walde, und vor den Blicken der Wanderer breitete sich die weite Ebene aus. Unmittelbar zu ihren Füßen lag das reiche Stift Königslutter; hoch ragten die Türme in die blaue Luft, die Gebäude des Klosters dehnten sich weit um dasselbe aus, grünende Kornfelder und üppige Weiden, auf denen glatte Rinder graseten, gaben Zeugnis vou dem Reichtum der Gegend. Ein Ansrns der Ueberrafchnng lief durch die Menge. Herzog Heinrich von Bayern hielt sein Pferd an und deutete mit der Hand auf die vor ihm liegende herrliche Landschaft. „Ja so mir Gott helfe", sprach er, „das ist ein schönes, reiches Land; wahrlich, wäre ich nicht Herzog in Bayern, ich möchte' Herzog in Sachsen sein! Nimmer hätte ich gedacht, daß der Norden so schön sein könnte. Sieh, mein Sohn, die reichen Fluren, die üppigen Kornfelder, und zwischen denselben die freundlichen Dörfer mit ihren Kirchen und Höfen! Und hier zu unsern Füßen das Kloster, die fromme Stiftung Deines würdigen Großvaters. Ja so mir Gott, ein schönes Erbe ist es, das Du jetzt antreten sollst". Auch Gertrud schaute mit entzückten Blicken hinab in das Land ihrer Väter, und ihre Angen suchten die Richtung, wo die Burg Suppliugeuburg, wo einst ihre Wiege gestanden, sich erhob. Der junge Heinrich aber war vom Pferde gesprungen; weit breitete er seine Arme aus, als wollte er das Land und das ganze Volk desselben an sein stürmisch klopfendes Herz ziehen. Dann aber, von seinen Gefühlen überwältigt, fiel er auf seine Kniee nieder und küßte den Boden. Als die sächsischen Ritter, welche das Gefolge bildeten, dieses sahen, brach ein lauter Jubel unter ihnen aus; laut riefen sie dem jungen Fürsten Beifall, der es gezeigt, daß der Boden der Heimat ihm ein heiliger sei. Die Herzogin zog ihren Sohn stürmisch in die Arme und bedeckte sein Gesicht mit Küssen und Freudenthränen. Selbst die Augen des Bayernherzogs wurden naß. „Ja so mir Gott", sprach er, das Land ist es wert, daß man es küsse. Ich weiß, mein lieber Sohn, Du wirst Deinem Volke ein gerechter Herr sein, wie

10. Die Supplingenburger - S. 2

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 2 — Ja, im Sommer, wenn über dem lieblichen Elmgebirge der Himmel blaute und der Duft der würzigen Tannen und tausend Blümlein in die Lüfte stieg, wenn im Dickicht die Amsel und am klaren Bächlein die Nachtigall schlug, dann war es in der Klause Wilbrauds wohl auszuhalten, und mancher, den sein Berus zurückhielt hinter den hohen Stadtmauern und in den engen staubigen Gassen, beneidete ihn dann wohl um den kühlen Sitz im Walde am Lutterbach. Wenn aber im Herbst der Wind über die L>toppeln fegte und das Laub im Walde anfing sich rot zu färben, wenn ein Vogellied nach dem anderen verstummte und schließlich nur noch Raben und Häher in den kahlen Zweigen krächzten, dann begann für Wilbrand eine böse Zeit. So lange es freilich eben möglich war, hielt er in seiner Waldeinsamkeit ans; wenn aber der Winter es zu arg machte und feine weißen Flocken gar über die ärmliche Lagerstatt in der Klause streute, wenn der Lutterbach sich mit einer dicken Eisrinde überzog und Wege und Stege mit dürrem Laub bedeckt waren, dann verließ er zeitweilig feine Klause und nahm die Gastfreundschaft des nicht sehr weit enfemten Schlosses Supplingenbnrg in Anspruch. Sobald aber der Frühling wieder ins Land zog, zog auch Wilbrand wieder in feinen Wald, wo es ihm wohler war als hinter den dicken Schloßmauern. So faß er auch an dem Tage, an welchem unsere Erzählung beginnt, an einem schönen Spätsommernach-mittage, vor feiner Klause und sah mit zufriedenen Blicken hinunter in die vor feinen Augen sich ausbreitende gesegnete Landschaft. Seine Haare waren von der Fülle der Jahre gebleicht, und tiefe Runzeln hatte das Alter in feine hohe Stirn gegraben. Ein langer, weißer Bart wallte ihm über die Brust und reichte fast bis zu dem Strick, welcher fein langes Gewand zusammenhielt; unter den weißen, buschigen Augenbrauen aber leuchteten ein Paar treue, blaue Äugest und blickten so heiter in die vor ihm ausgebreitete herrliche Gotteswelt hinein, als wenn ihr Besitzer nicht ein Greis, sondern ein im Vollbesitz
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