Allgemeine Übersicht.
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wand oder Teufelsmauer, eine säulenartig zerklüftete Felsmasse, die wie eine Wand
aufsteigt.
Die auf der Rhön entspringenden Gewässer fließen zur Fulda (Haune), zur Werra
(Ulster) und zum Main (Kinzig).
Auf der Hohen Rhön gedeihen nur Sommergetreide (Gerste, Hafer) und Kar-
toffeln. Die Bewohner sind deshalb auf Viehzucht angewiesen. Viele beschäftigen sich
mit Holzschnitzerei (Holzschuhe, Löffel und feinere Holzarbeiten!, andere gehen in der
Sommerszeit in die Fremde, namentlich nach Frankfurt und dessen Umgebung, um sich
dort als Arbeiter zu verdingen.
Der Vogelsberg.
Er erhebt sich dem Rhöngebirge gegenüber auf der linken Seite der Fulda.
Seine Hauptmasse liegt im Großherzogtum Hessen-Darmstadt, aber seine Aus-
länfer ragen in unsere Provinz hinein. Er breitet sich nach allen Seiten
hin strahlenförmig ans. Sein höchster Pnnkt ist der Taufstein (772 m).
Auf demselben liegt ein großer, ausgehöhlter Stein, den Bonifacius als Taufbecken
benutzt haben soll. Das Gebirge ist sehr quellenreich. Das Wasser von etwa 140
Quellen wird gesammelt und in einer mächtigen Röhrenleitung der Stadt Frankfurt zu-
geführt. Die Gewässer fließen nach allen Richtungen der Windrose zur Fulda, zum Main
und zur Lahn. Auf der Höhe ist es sehr rauh, der Volkswitz sagt, man mache „das
letzte Osenfeuer einen Tag vor Johannis und das erste einen Tag nach Johannis". Der
Westabfall nach der Wetterau und der Südabfall nach dem Kinzig- und Mainthal sind
milder. Da die Ernte in diesen Thälern einige Wochen früher eintritt als im Vogels-
berg, so gehen viele Leute vom Gebirge ins Thal zur Arbeit. Bedeutend ist die Vieh-
zu cht (Vogelsberger Rindvieh, Schafe). Mineralquellen finden sich in Soden,
Salzschlirf und Großenlüder. Durch den „Landrücken" ist der Vogelsberg mit
der Rhön verbunden.
Das Hessische Berg- und Hügelland.
a. Zwischen Fulda und Werra. An die Vorderrhön schließt sich
nördlich der Seulingswald, auch Süllingswald genannt.
Er ist eine große Waldstrecke voll mächtiger Buchbäume, mit lustigem Grün und im
Herbst mit reichlicher Eichelmast, voll tiefer, einsamer Schluchten und stiller Waldwiesen, in
denen man nichts hört als das Hacken des Spechtes und das Schreien des Hähers, ehedem
besonders reich an Wildpret, zumal voller Hirsche und Wildschweine, welche da von niemand
gestört wurden als einmal im Jahre von den hessischen Landgrafen, welche im Spätsommer
im alten Schlosse Friedewald ihr Hoflager zu nehmen und von dort aus große Schweine-
hatzen anzustellen pflegten.
Nördlich vom Seuliugswald liegt das Richelsdorfer Gebirge.
Hier wurde früher in Bergwerken Kupferschiefer und Kobalt gegraben, jetzt wiro nur
noch Schwerspat gewonnen.
Im No. schließt sich an das Richelsdörfer Gebirge das Ringgaugebirge
an. Dieses ist ein Kalksteingebirge mit kahlen Höhen.
Der Heldrastein 500 m) an der Werra, ein prächtiger Aussichtspunkt, ist berühmt
durch die Sage von dem Ritter Hermann von Treffurt. Dieser verirrte sich bei einem nächt-
lichen Ritte aus dem Gipfel des Heldrasteins und stürzte in die jähe Tiefe hinab, wunder-
barerweise ohne Schaden zu nehmen. Fortab entsagte er aller Weltlust und führte ein frommes
Leben.
Nordwestlich schließt sich an das Richelsdörfer Gebirge das Stolzinger-
gebirge mit dem pyramidenförmigen Alzheimer (550 m) bei Rotenburg an.
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Landeskunde der Provinz Hessen-Nassau.
und seine Helden, steht der Text der Wacht am Rhein. Oberhalb desselben sind der
Reichsadler, die Wappenschilder der größeren deutschen Länder und darüber zwischen einem
Fichten- und Eichenkranz das eiserne Kreuz angebracht. Das Fußgestell der Germania
trägt die Inschrift: „Zum Andenken an die einmütige, siegreiche Erhebung
des deutschen Volkes und an die Wiederausrichtuug des deutschen Rei-
ches 1870 — 1871/' Die Seitenbilder stellen den Auszug und die Heimkehr der Krieger
dar. Auf der Rückseite des Denkmals liest man oben: „Frankfurter Friede am 10. Mai
1871" und darunter: „Vollendet 1883." Der Schöpfer des Denkmals ist Professor Jo-
Hannes Schilling in Dresden. Das ganze Denkmal ist 25 m hoch, die Germania 11,80 m,
ihr Schwert 8 m lang.
Der Westerwald.
Er wird eingeschlossen von Rhein, Lahn, Dill und Sieg und erstreckt
sich in der Richtung von No. nach Sw. Der Westerwald ist ein terrassen-
förmiges Hochland. Seine höchsten Erhebungen sind der Salzburger Kopf
(654 m) und die Fuchskauten (660 m).
In seinen oberen, hochgelegenen Teilen ist er rauh und unwirtlich. Allerdings,
wenn man ihn in der warmen Sommerszeit durchwandert, dann wundert mau sich, daß
er in einem so schlimmen Rufe steht. Fettes, vielversprechendes Ackerland, saftige Wiesen,
hier und da ein freundliches Gehölz, ein Teich, vom Reiher, Kiebitz, der wilden Ente und
anderem Geflügel lustig umtummelt, auf den Höhen blumige Heiden mit den schönen
Herden des weißköpsigen Westerwälder Rindviehs, Aussicht in das niedere Land, eine
frische, kräftige Luft: das alles ergötzt und hebt die Brust. Aber im Winter! Wenn da,
vom Winde gejagt, der Schnee zu stöbern beginnt (wenn es „jeikt"), dann ist der Wan-
derer seines Lebens nicht sicher. Dann kann er froh sein, wenn er nicht vom Wege
abirrt und ihm die Kräfte aushalten bis zum nächsten Wohnort. Der Schnee fällt oft
mehrere Fuß hoch. Der Bauer muß sich oft unter dem wider sein Haus getriebenen
Schnee hindurch einen Gang graben, um ins Freie oder zu seinem Viehstalle zu gelangen;
die Knaben aber rutschen jubelnd auf ihren Schlitten das Dach des Hauses herunter,
welches auf der Wetterseite sast bis zum Boden reicht. Und diese schlimme Winterzeit dauert
gewöhnlich nur zu lange, und während der übrigen Zeit des Jahres herrscht vielfach ein
nebliges, naßkaltes Wetter. Der Name Westerwald soll weißer Wald bedeuten; in
der Eishöhle der Dornburg bei Hadamar herrscht eine eisige Kälte bis in den
heißen Sommer hinein. Die Unwirtlichkeit des hohen Westerwaldes kommt weniger von
seiner Höhe, als von seiner schutzlosen Lage, von dem Mangel an schützenden Wäldern
und der eigenartigen Beschaffenheit des Bodens. Durch die unbewaldeten Hochflächen
streichen srei der kalte Ost- und Nordwind, und der vom atlantischen Weltmeere kommende
Westwind führt ihnen aus erster Hand in reichem Maße den Regen zu. Der Boden
aber hält die Nässe fest. Die oberste Erdschicht ist ein guter, aus verwittertem Basalt
entstandener Boden; darunter aber besiudet sich eine lettenartige Bodenschicht, welche die
Feuchtigkeit nicht durchläßt. Zudem gestatten die vielen muldenförmigen Vertiefungen
der Hochebene dem Wasser nicht den gehörigen Abfluß. So ist die Nässe die schlimmste
Feindin des Westerwaldes; sie ist die Hauptursache seines rauhen Klimas und verdirbt
in regnerischen Sommern die Früchte des Feldes. Dann verfaulen die Kartoffeln in dem
fetten, feuchten Boden, und das Getreide, soviel dessen in der Nässe auskommt, wird nicht
reif. Man hat daher Entwässerungsgräben angelegt, hat, um die Gewalt der
Winde zu brechen, hier und da Schutzheckeu angelegt, aber diese Versuche haben noch
nicht hinreichenden Ersolg gehabt. Was am meisten auf dem Westerwald gebaut wird,
ist Hafer, Gerste, Flachs und die verschiedenen Rübenarten zur Fütterung des Viehs;
das Hauptnahrungsmittel der Menschen aber ist die Kartoffel, die in trockenen Jahren
vorzüglich gedeiht. Die Kirschen brauchen, wie der Volkswitz sagt, auf dem hohen
Westerwalds zwei Jahre zu ihrer Reife, im ersten Jahre werden sie auf der einen Seite
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Allgemeine Übersicht.
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rot, und im zweiten auf der andern. Das Obst überhaupt vermag sich hier nicht so
recht einzubürgern. Auf offenem Felde kommt kein Obstbaum auf, unter dem Schutz
der Häuser wächst spärlich der Apfel- und Birnbaum und die Zwetsche; aber die Bäume
haben ein verkrüppeltes und krankhaftes Aussehen, und die Früchte wollen einem ver-
wohnten Gaumen nicht munden. Nur eine Baumfrucht scheint sich auf dem Westerwalds
heimisch zu fühlen, es ist eine schwarze Pflaume, ähnlich der Schlehe und nicht viel
größer. Was aber die Oberfläche dem Menschen versagt, giebt ihm das Innere der Berge,
dazu ist der Westerwälder genügsam und zufrieden. Er wird nicht leicht zum Bettler.
Sein rauhes Klima kräftigt und stählt seinen Leib, und der Kampf mit dem Leben schärft
seine geistigen Kräfte. Der berühmte Feldherr Moritz von Oranien pflegte zu sagen:
„Ein Westerwälder ist mir lieber als zwei andere."
Die unteren Lagen des Westerwalds, besonders an der mittleren Lahn
und an der Dill, sind fruchtbare Gegenden. Der südwestliche Teil des Wester-
Wäldes heißt die Montabaurer Höhen, auch das „Kannenbäckerländchen".
Hier verfertigt man irdene Kannen, die Mineralwasserkrüge, Wasserrohren, ja selbst
irdene Fässer sür Fleisch, Butter und Sauerkraut, aber auch feinere Trinkkrüge und
kleine Figuren. Man baut hier auch viel Hopfen. Der Westerwald ist reich an
Braunkohlen und Eisen, auch Blei- und Silbererze werden gesunden.
Die Ausläufer des Westerwedes erstrecken sich bis zur oberen Lahn; bei
Marburg erhebt sich der Dammelsberg mit dem Marburger Schloßberg.
b. Ebenen.
Der Rheingau.
Südlich vom Taunus breitet sich der Rheingan aus, die schönste und
fruchtbarste Gegend von ganz Deutschland. Er erstreckt sich zwischen Bieb-
rich und Rüdesheim in der Länge von sechs Stunden. Der Rhein fließt
auf dieser Strecke sanft und ruhig dahin und bildet eine große Zahl von
Inseln und Auen. Diese sind mit Buschwerk und hohen Bäumen bewachsen
und bilden eine Zierde des Stromes. Arn rechten Rheinufer reiht sich Ort
an Ort. Dazwischeu liegen Gärten und in denselben Sommerhäuser, Wall-
fahrtskapellen, Winzerhäuschen. Die gegen das Gebirge sich sanft erhebenden
Hügel sind mit Reben bepflanzt. Hier gedeihen die edelsten aller Weine! der
Rüdesheimer, Aßmannsh äuser, Johannisberger, Geisenheimer,
Markobrunn er, Gräsenberger, Rauenthaler u. a. Ein Verslein
sagt! „Rheingau — Weingau, Rheinleut — Weinleut, Rheinwein — sein
Wein."
Die Mainebene.
Sie gehört wie Rheingau und Wetterau zu der fruchtbaren und milden
oberrheinischen Tiefebene. Die Mainebene (wie auch das zu ihr gehörige
untere Kinzigthal) bringt besonders Getreide, Obst Und Wein hervor.
Bei Hochheim wächst auf sonnigen Hängen der vorzügliche Wein der Dom-
dechanei, woraus Champagner bereitet wird. Nördlich von Hochheim liegt
„das blaue Ländchen", dessen Boden ein fetter blauer Thon ist, woraus
Steingut gemacht wird.
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Landeskunde der Provinz Hessen-Nassau.
aber fruchtbar und gesund. Die Ebenen am Rhein und Main haben ein mildes
Klima, dagegen ist dasselbe rauh auf der Hohen Rhön, auf dem Westerwald,
Burgwald und Knüll (8).
9- Bodenerzeugnisse.
Unsere Provinz ist eine der an Bodenerzeugnissen reichsten des Vater-
landes. In den Thälern und an den unteren Abhängen der Berge finden
wir Ackerland, die Berge sind meistens mit Laubwald bewachsen. Besonders
fruchtbar sind der wein- und obstreiche Rheingau, die Mainebene, das mittlere
und uutere Lahnthal, das Ohmthal bei Kirchhain, das Schwalmthal, das
Fuldathal bei Kassel, das Werrathal bei Wannfried, Eschwege und Witzen-
Hausen, das Weserthal bei Rinteln. Sämtliche Getreide- und Fruchtarten
Mitteldeutschlands, wie Roggeu, Weizen. Gerste, Hafer, Hülsen-
srüchte, Flachs, Haus, Raps, Kartoffeln, Zuckerrüben u. a.,
wachsen hier in vorzüglicher Güte. Bei Eschwege und Witzenhausen wird
Tabak gebaut, Hopseu bei Höhr und Grenzhausen, Obst wächst in den
Thälern und an den Berghäugen, Wein in vorzüglicher Güte am Rhein,
Main, im untern Kinzigthal bei Gelnhausen; auch bei Witzenhauseu au der
Werra wird Wein gebaut. Hessen-Nassau ist die waldreichste Provinz Preußens,
der Wald nimmt in Hessen fast die Häfte, in Nassau § des Bodens ein. Die
Wälder Herbergen einen reichen Wild st and. Viehzucht wird überall, auch
aus dem hohen Westerwald, auf dem Vogelsberg und der Rhön getrieben;
am Main, an der Schwalm und Weser werden besonders kräftige Pferde ge-
zogen. Die Gewässer siud fischreich. Die Bienenzucht wird immer mehr
gepflegt. Im Innern der Berge finden sich Silber, Blei, Kupfer, Eisen,
Nickel, Kobalt, Braunkoh len, St ein kohle nu. a. Mineralien, die durch
Bergwerke zu Tage gefördert werden. Die Eder führt Goldsand mit sich. Thon
findet sich in vorzüglicher Beschaffenheit an vielen Orten, besonders berühmt
ist der Großalmeröder. Sandstein, Basalt, Dachschiefer, Gips und
Kalksteine find in Menge vorhanden, sogar Marmor und edle Gesteins-
arten finden sich vor. Soolquellen, aus deueu Kochsalz gewonnen wird,
giebt es in Soden bei Allendorf an der Werra, in Orb und Rodenberg.
Die zahlreichen Mineralqnellen und Gefundheitsbrunnen der Provinz
sind weltbekannt: Nenndorf (Schwefel), Selters, Homburg, Soden, Schwalbach,
Weilbach, Fachingen, Geilnau, Wiesbaden, Ems und Schlangenbad.
l.0. Bevölkerung.
a. Zahl. Die Provinz Hessen-Nassau zählt 1664 W6 Einwohner, also auf
1 qkm durchschnittlich 106 Menschen.
b. Sprache. Nach den Mundarten gehören die Bewohner von Hessen-
Nassau zu zwei größereu Gruppen! Im Norden von Kassel, in den Kreisen
Wolfhagen, Hofgeismar und Rinteln sprechen die Bewohner des platten Landes
die niederdeutsche (sächsische) Mundart, die aller übrigen Kreise die ober-
deutsche (fränkische, thüringische) (9).
c. Abstammung. Die Bewohner der drei nördlichen Kreise sind säch-
sischer, die der Kreise Witzenhansen, Eschwege und Schmalkalden thüringi-
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