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ging die Vollendung der gothischen Baukunst hervor. Jede größerestadt
wollte ihren Dom haben. Da schien die schwere Masse leicht und frei
emporzusteigen; da wuchsen die Pfeiler wie Bäume hervor und schlossen sich
oben in spitzen Bögen ab, über dem Dache aber wurden sie durch spitze, in
die Wolken ragende Thürme fortgesetzt; die Fenster waren von ungeheurer
Größe, aber das hereinfallende Licht ward gemildert durch kunstreiche Glas-
gemälde ; die Erhabenheit des Ganzen endlich barg sich in die reichsten und
lieblichsten Verzierungen der Steinhauerarbeit, sodaß die Masse sich aus
unermeßlich vielen, gleichsam lebendigen Steingewächsen aufzubauen schien.
Es waren riesige Werke, berechnet aufdie frommen Beiträge vieler nach einan-
der folgenden Geschlechter ; der Baumeister, welcher den Plan entworfen hatte,
sah wohl nie die Vollendung, ja, mit solcher Uneigennützigkeit übergab er
die Fortsetzung des Werkes seinen Nachfolgern, daß wir nur in wenigen
Fällen den Namen des ersten Urhebers kennen. Das größte dieser Wunder-
werke der Kunst ist der Dom von Köln, an welchem noch heute fortgebaut
wird. Ihm zunächst kommt der Straßburger Münster, an welchem
vier Jahrhunderte lang gearbeitet worden ist.
Dabei ärgerte es den deutschen Bürger nicht, wenn zwischen Dom und
Rathhaus sich vielleicht eine Wasserpfütze mit schwimmenden Enten befand
und daneben die alte Linde, die noch an eine Zeit erinnerte, wo die Stadt
nicht war und wo die Walbvöglein in ihren Zweigen sangen.
14. Die Hansa.
Die norddeutschen Städte, soweit die nieder-oder plattdeutsche Sprache
reichte, hatten schon früh ihre Kraft aus den Seehandel gerichtet und da-
durch sich unermeßliche Reichthümer erworben. Wie sich aber alles im
Mittelalter zu Genossenschaften zusammenschloß, so gingen auch sie, nicht
wie die rheinischen Städte zur augenblicklichen Vertheidigung gegen über-
müthige Raubritter, sondern zur dauernden Verfolgung ihrer Handelsvor-
theile einen Bund ein, der nach damaligem Sprachgebrauch Hansa,
d. h. Innung, genannt ward. Die ersten Mitglieder waren Hamburg,
Lübeck und Bremen, aber dieser Hansabund erweiterte sich im dreizehnten
und vierzehnten Jahrhundert so, daß er zuweilen über 70 Städte umfaßte,
mit seinen Flotten die nordischen Meere beherrschte, ganze Länder eroberte,
mächtige Könige beugte. Doch war die Verbindung der Städte nur locker,
oft getheilt, oft eingeschlafen, und nur selten trat ihre ganze furchtbare Kraft
zum Verderben ihrer Feinde hervor, wenn sie sich einmal entschlossen, einig
zu handeln. Dieser Bund konnte des ganzen deutschen Nordens Herr wer-
den, wenn er wollte; allein es wurde nicht einmal der Versuch dazu gemacht.
Die Bürger fühlten sich nur als Kaufleute, die zufrieden waren, wenn man
ihnen in der Fremde nur ihren umhegten Platz ließ, auf dem sie nach hei-
matlicher Sitte und heimischem Recht ihren Handel betrieben.
Die Größe und Macht der Hansa beruhte, obwohl ihre Schiffe auch
bis in die innersten Buchten des Mittelmeeres gingen, zumeist aufdem Handel
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der Ostseefahrer. Denn damals war die Ostsee der große Fischbehälter
Europa's; die Dorsche walzten sich haufenweise in die ausgeworfenen Netze,
der Häring kam jährlich in ungeheuren Wanderzügen durch den Sund, an
den Flußmündungen wimmelten der Lachs und der Aal. Besonders aber
war der Häringsfang für die nordischen Handelsstädte von der größten
Wichtigkeit. Bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts zog der Fisch längs
der Küste von Pommern in so dichten Massen, daß man im Sommer nur
den Korb in's Meer zu senken brauchte, um ihn gefüllt herauszuziehen. Da-
mals wuchsen Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald mit
wunderbarer Schnelligkeit zu hohem Wohlstand. Im dreizehnten Jahr-
hundert aber verlegte der Häring seine Seewege und strich längs der flachen
Küste von Schonen und am norwegischen Ufer. Da eilten alle seetüchtigen
Völker in sein Fahrwasser, und die deutschen Hansastädte kämpften um seinet-
willen blutige und siegreiche Kriege mit den Dänen, Engländern, Schotten
und Holländern, sie brachen den dänischen Königen ihre festen Schlösser,
besetzten ihre Inseln und behaupteten Jahrhunderte hindurch die Herrschaft in
Gothland, Schonen und Bergen. Das war die große Zeit der deutschen Hansa.
Nach 1400 aber änderte der Häring wieder seine Züge und ging an die hollän-
dische Küste; seitdem wurden die holländischen Städte reich und mächtig.
War der hanseatische Kaufmann daheim, so zeigte er gern seinen Wohl-
stand durch stattliche Kleidung, kostbare Pelze und bunte Farben; er trug
das Schwert an der Seite und am reich verzierten Gurt die Geldtasche und
den Siegelring, worin das wichtige Zeichen seines Geschäftes, die Haus-
marke, eingegraben war. Denn er war des Schreibens nicht immer
mächtig, und durch dieselbe Marke, die von seinen Fässern und Ballen her
an allen Enden der Welt bekannt war, bestätigte er Geldanweisungen und
Urkunden, die er durch seinen Schreiber ausstellen ließ.
Aber derselbe Mann trug zur See auch die Friesjacke des Schiffers
und das Panzerhemd des Kriegers. Denn wenn er auf seinem rundbauchigen,
hochbordigen Fahrzeuge das Meer durchstrich, hatte er nicht selten mit ver-
wegenen Seeräubern zu kämpfen. Auch in fremden Ländern mußte er man-
chen blutigen Strauß bestehen, doch trug er mit seiner zähen Ausdauer stets
den Sieg davon, und im Gefolge seiner kaufmännischen Arbeit brachte dann
auch das Christenthum in Länder, die bis dahin völlig unbekannt gewesen
waren, seine Segnungen. So trugen bremische Kauffahrer in das heidnische
Livland Christenthum und deutsches Wesen.
Die Blüte der Hansa Lauerte dreihundert Jahre. Erst nach Auf-
findung neuer Seewege, als dem Handel neue Bahnen eröffnet waren, ge-
rieth sie in Verfall und hielt 1630 ihre letzte Tagsatzung. Noch heute
führen Hamburg, Lübeck und Bremen den alten Namen Hansestädte fort.
15. Erfindungen im Mittelalter.
In den letzten Jahrhunderten des Mittelalters kamen Erfindungen
auf, welche für die weitere Entwickelung des Menschengeschlechts von hoher
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