Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 474

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
474 Schleswig einzog und von Abel freundlich auf seiner Burg auf der Möveninsel empfangen wurde. Den Sommerabend brachten sie in einem kleinen Hause zu, welches an einer Brücke lag, die die Insel mit dem Festlande verband, und ver- trieben sich die Zeit bis spät in die Nacht beim Würfel- und Bretispiel. Eben war Erich in ein Spiel mit einem Ritter verliest, als Abel plötzlich hereintrat und das Gespräch ans ihre früheren Zwistigkeiten brachte. „Gedenkst du noch der Zeiten," schrie er, „wo du Schleswig plündertest und meine Tochter nackt und bloß in's Elend jagtest?" „Sei getrost!" erwiderte der König, „ich habe noch so viel, daß ich deiner Tochter wieder zu neuen Schuhen verhelfen kann." Diese Worte aber reizten noch mehr den Zorn Abel's; er erklärte den König für seinen Gefangenen lind übergab ihn einem Ritter mit der Weisung ihn wegzuführen, wohin er wolle. Dieser ließ ihn ergreifen, fesseln und in ein Boot bringen, welches unter der nahen Brücke bereit lag. Man ruderte mitten auf die Schlei nach Osten zu. Bald aber hörte man starke Ruderschläge und laute Stimmen hinter sich. Der König selbst ward aufmerksam und wandte sich mit Fragen an seine Begleiter. Gleich darauf bemerkten sie die Umrisse eines Bootes, das sich ihnen ra>ch näherte. Der König erkannte in dem Führer desselben seinen Tod- feind Lauge Gudmundson und sah sich einem sicheren Tode preisgegeben. Aus seine dringende Bitte ward ein Priester aus der Nähe von Miffunde herbeigeholt, dem er dann mit angsterfülltem Herzen beichtete. Darauf erschlug ihn Gud- mundson mit eigner Hand und ließ den Leichnam, mit Ketten beschwert, in die Schlei senken. Bald aber fanden Ftzcker die Leiche und begruben sie. Doch als Abel dies erfuhr, ließ er sie wieder ausgraben und feierlich in der Domkirche zu Schleswig beisetzen. Dann ichwnr er mit 24 Rittern starke Eide, daß er den Tod seines Bruders nicht befohlen habe, sondern, daß des Königs Feinde ohne sein Vorwissen den Mord vollzogen hätten. Die däni>chen Großen glaubten seinen Worten und wählten ihn zu ihrem Könige. Kaum fühlte Abel sich sicher auf dem dänischen Thron, als er einen Zug gegen die Friesen vorzubereiien begann, weil sie sich weigerten, ihm Zins und Steuer zu zahlen. Er hegte aber auch einen alten Zorn gegen die trotzigen Be- wohner der Inseln, die ihn als Herzog nicht hatten anerkennen wollen, und dachte sie mit der Macht seines Reiches in einem Feldzuge zu unterwerfen. Aber es war schwer die Friesen zu bezwingen. Das Gebiet derselben, das jetzige Eidersted, war damals noch von Meerengen und Fiüsien durchschnitten und bestand aus drei Inseln, die man die Utlande d. h. die Außenlande nannte. Deshalb begann Abel mitten im Winter, als alle Gewässer und Moore fest zugefroren waren, seinen Zug und lagerte zum Schrecken der Friesen auf der Borgeest an der Milden- burg, um über die mit Eis bedeckte Eider zu rücken. Aber die Frie>en, um das Bild ihres heiligen Christian, das auf einem Wagen dahergesührt ward, geschart, zogen ihm entgegen über den Deich auf das tzis und gelosten, wenn sie den Sieg gewännen, so wollten sie den heiligen Christian mit dem allerbesten Golde be- schlagen lassen. Und es geschah, wie ihre alte Chronik erzählt, daß Gott den Frieien Gnade gab und plötzlich so starker Regen vom Himmel siel, daß sie kaum ihren Heiligen von dem berstenden Eise retten konnten. Während so die Friesen in großen Ehren nach Hause zogen, mußte Asel eiligst unter großen Verlusten seinen Rückzug antreten, um aus der gefährlichen Marsch herauszukommen. Aber schon in dem heißen, alle Marschgräben austrocknenden Sommer stand er wieder mit großer Macht an der '1' ildendurg, woschrffe bereit lagen, das Heer die Eider hinunterzufahren. Südlich von Oldensworth schlug er sein Lager auf und ver- heerte und brandschatzte alles umliegende Land. Die Noth der Außenlande rief hier Slammesgenossen auf ihrer alten Thiugstätte, am Bauermaunswege, zu- sammen, wo sie alle aus einem Munde riefen, daß der große Kaiser Karl ihre Voreltern durch seine kai erliche Macht freigegeben hätte, und ehe sie König Abel huldigen oder Schatz und Zins zahlen wollten, wollten sie alle darum sterben oder König Abel solle sterben. Daraus richtete jede Harde ihr Banner aus, und um 7 Fahnen geschart zogen sie dem königlichen Lager zu. Eben begann es zu

2. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 237

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
237 gemacht haben. Die feierliche Krönung Rudolfs fand zu Aachen im Jahre 1273 statt. Dem Pabste bestätigte er alle früheren Schenkungen und Ansprüche und übernahm sogar das Versprechen eines Kreuzzuges, der jedoch nicht zu Stande kam. In die Angelegenheiten Italiens einzugreifen, hielt Rudolf für zwecklos und gefährlich, weshalb er auch nicht zur Kaiserkrönung nach Rom zog. Er verglich Italien mit der Höhle des Löwen in der Fabel, von der der Fuchs sagt: „Ich sehe wohl die Fußstapfen derer, die glücklich hineinkamen, aber nicht derer, die glücklich wieder herauskamen." Um so mehr wandte der König seine Thätigkeit auf Deutschland, und die schwere Aufgabe, das gesunkene Ansehen der Königskrone wieder zu heben, hat er vollständig gelöst. Während alle Fürsten Rudolf als König anerkannten, hatte sich bis dahin Ottokar, König von Böhmen, geweigert. Dieser Fürst hatte während der kaiserlosen Zeit Oesterreich. Steiermark, Kärnthen und Krain unter seine Herrschaft gebracht und als der mächtigste Reichsfürst selbst nach der deutschen Krone gestrebt. Seiner stolzen Seele war der Gedanke un- erträglich, einem armen Grafen, wie er Rudolf spottend nannte, Unter- würfigkeit schuldig zu sein. Er weigerte sich daher, auf den Reichstagen zu erscheinen. Nachdem er dreimal vergeblich geladen war, erklärten die ver- sammelten Fürsten ihn in die Acht und seiner Lehen verlustig. Da aber der Böhmenkönig auf seine Macht trotzte, so beschloß Rudolf den Reichs- krieg gegen ihn zu eröffnen. Bald fühlte sich Ottokar von allen Seiten bedrängt, und er mußte sich zu einem Vertrage bequemen, in welchem er Oesterreich, Steiermark, Kärnthen und Krain abtrat, Böhmen und Mähren aber als Lehen empfing. Die feierliche Belehnung erfolgte in Rudolfs Lager. An der Spitze eines glänzenden Gefolges zog der stolze Ottokar in königlicher Pracht, schim- mernd von Gold und Edelsteinen, durch die stattlichen Reihen der deutschen Ritter, um knieend den Lehnseid zu leisten. Rudolf blieb in seiner schlichten Feldkleidung, und als ihn jemand fragte, ob er nicht seinen königlichen Schmuck anlegen wollte, antwortete er: „Nein! der König von Böhmen hat oft über mein graues Wams gelacht, heute soll mein graues Wams einmal über ihn lachen, und die fremden Völker sollen scheu, was die Waffen der Deutschen vermögen." Bald aber fühlte Ottokar bittere Reue, sich gedemüthigt zu haben, und die Spöttereien und Vorwürfe seiner Gemahlin reizten ihn noch mehr auf. Er mußte sich von ihr sagen lassen, er habe den deutschen König von fern wie ein Hund angebellt und in der Nähe angewedelt; er habe sich geberdet wie ein Maulthier, das, so lange es den Wolf fern weiß, sich wilv aufbäumt und ausschlägt, sich aber dennoch ohne Widerstand von demselben zerreißen läßt. Ottokar ertrug dies nicht; er griff von neuem zu den Waffen. Rudolf hatte nur wenig Mannschaften um sich, bald aber zog er Verstärkungen heran und rückte gegen Ottokar vor. Es kam zur Schlacht auf dem March selbe bei Wien (1278). Rudolf hatte bc-

3. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 216

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
4. Karl der Große. Pipin der Kleine, der im Einverständniß mit dem Pabste dem letzten Sprößling des verkommenen Herrschergeschlechtes der Franken die Locken geschoren und ihn in ein Kloster gesandt, dann aber selbst den Thron des mächtigen Reiches bestiegen hatte, stammte nicht aus einem edeln Ge- schlechte, sondern von freien Bauern aus der Gegeud des Niederrhcins. Er trug kurzes Haar, wie die anderen Franken, und über dem glatten Kinn den fränkischen Lippenbart. Als König aber waltete er mit großer Kraft: er erweiterte die Grenzen seines Reiches und dämpfte den Uebermuth derlongo- barden, eines deutschen Stammes, der sich im nördlichen Italien nieder- gelassen hatte; das ihnen entrissene Land schenkte er dem Pabste, zu dessen weltlicher Gewalt er dadurch den Grund legte. Bei seinem Tode im Jahr 768 hinterließ er den nördlichen Theil des Reiches seinem Sohne Karl, den südlichen aber dem Bruder desselben, Karlmann. Als dieser jedoch schon nach drei Jahren plötzlich starb, nahm Karl das ganze Frankenland in Be- sitz, indem seine beiden noch unmündigen Neffen als unfähig zur Nachfolge betrachtet wurden. Schon in seinem Aeußeren zeigte sich die Majestät des Herrschers. Er maß sieben Fuß, sein Kops hatte einen mächtigen Umfang. In jeder Waffenkunst vollkommen durchgebildet, war er jedem im Volke an Stärke überlegen; auch im Schwimmen und ähnlichen Fertigkeiten kam ihm nie- mand gleich. Seine Kraft dauerte bis ins hohe Alter, denn er übte sie täglich und lebte durchaus mäßig. Seine Haltung war kriegerisch und ehrsurchterwcckend; wo er einherschritt, klopften die Herzen. Auf seiner breiten klaren Stirn lag Weisheit und Hoheit; vor dem feurigen und durch- dringenden Blick seines großen Anges mußte jeder das seiuige niederschlagen. Seine Tracht war gewöhnlich einfach und kriegerisch, der Hauptbestandtheil derselben ein Wams von Ottcrnfell; nur bei feierlichen Anlässen trug er einen goldnen kurzen Rock mit Gürtel, überden Beinkleidern und Strümpfen bunte Kreuzbänder, die Schuhe mit Edelsteinen geziert, den Mantel gewöhn- lich weiß oder grün. — Aber gewaltiger als durch sein Aeußeres, war er durch die Kraft seines Geistes. Er war keine stürmische Natur, die leiden- schaftlich und maßlos das Höchste begehrte; hart vielmehr und dauerhaft wie ein Eichstamm, wuchs er während des wildesten Kriegstreibeus rubig fort, bedächtig, nachdenklich, bei großemthun von unerschütterlichem Willen. Fehlschlag und Niederlage entmuthigten ihn nicht, aber auch der größte Er- folg berauschte ihn nicht; in der härtesten Arbeit blieb sein Geist klar und gesammelt, mitten im Kampf um ein hohes Ziel sann er auf neue, oft ganz andersartige Schöpfungen. Wie kein anderer deutscher Fürst besaß er ein Gemüth, welches klar und ruhig die Bilder der Außenwelt auffaßte und erwog, einen klugen Erfindungsgeist, der sie zweckmäßig zu verwenden wußte, und einen eisernen Willen, der schnell seinen Entschluß faßte und gerade aus sein Ziel losging. Mit diesen Eigenschaften gelang es ibm, zum ersten Male die spröden.

4. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 294

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
294 befördert durch verschiedene Vorrichtungen die Ablagerung jener Massen, bis das Watt sich so weit erhöht hat, daß es auch zur Zeit der Flut über den Meeres- spiegel hervorragt, sich begrünt und durch Deichbauten in Köge verwandelt wer- den kann. 40. Der Harz. Der Harz bildet ein kleines Massengebirge von 14 Meilen Länge und 4 Mei- len Breite und gegen 38 n Meilen Flächeninhalt, welches von allen Seiten mit tiefen Flußthälern strahlenartig durchfurcht und in viele kleinere und größere Berg- massen getheilt ist, die alle mit einander zusammenhängen, und deren Oberfläche meist eben, seltener sanft zugerundet erscheint. Seine südöstlichste Grenze geht bis Sangerhausen und Mansfeld, seine nordwestliche bis Goslar und Osterode. Die Wasserscheide zwischen Weser- und Elbgebiet windet quer über den Harz und theilt das Gebirge in zwei ungleiche Hälften. Die nordwestliche kleinere ist der Ober- harz, worin Clausthal und Zellerfeld, die nur durch einen Bach geschieden werden, die Hauptstädte sind; er besteht aus mehreren kleineren Hochebenen von 1409— 2000 Fuß Höhe und ist mit Nadelholz bewachsen. Hier ist der Quellbezirk der Bode, in dem sich mehrere zugerundete Gipfel erheben, von denen der Brocken oder Blocksberg (3500fuß) der höchste ist. Der Unterharz, worin Stolberg liegt, bildet eine große Hochebene von 1000—1500 Fuß Höhe, trägt einige sanft gerundete Gipfel von 1800 Fuß Höhe und ist mit Laub holz bewachsen. Im Brocken und den ihn umgebenden Bergen stellt sich der Granit als Kern dar, der theils in zusammenhängenden Massen, theils in zahllosen, die Ober- fläche der Berge bedeckenden Trümmern hervorbricht. An diesen Kern, der selbst kein. Erz enthält, schließt sich in südlicher, östlicher und westlicher Richtung eine zweite Bergmasse, die aus mancherlei Gebirgsarten besteht, aber größtentheils zu der Grauwackeformation gehört. Diese Bergmasse, älter als der Granit, enthält die erzführenden Gänge des Harzgebirges. Dem Oberbarz ist eine gewisse Starrheit und Wildheit eigenthümlich. Jene gewaltige Naturrevolution, die von dem Scheitel des Blocksberges die Granitkrone herabstürzte und in tausend und abertausend „Brocken" zertrümmerte, die nun meilenweit auf den Abhängen und in den Thälern zerstreut sind, hat dem Ober- harz etwas Abenteuerliches verliehen, und hier konnte sich daher auch die Volks- sage von der Walpurgisnacht und dem Hexentanz entwickeln. Da haben die Berg geifier ihre Teufelskanzeln und Hexenaltäre aufgethürmt, dort liegt Schierke, dessen ärmliche Bewohner mit bleichen Gesichtern und dicken Hälsen einen traurigen Ein- druck machen, umgeben von riesigen Granitblöcken; dazwischen rauscht die Bode durch's schauerlich enge, tannendüstre Thal. Da liegt aber auch das prächtige Thal der Emme, nach Wernigerode zu in die Ebene sich erstreckend. Zwar wild und schwer zugänglich, ist es doch eins der schönsten und nächst der Roßtrappe das großartigste, was der Harz aufzuweisen hat. Es enthält die gewaltigsten Felspartien, die einigermaßen an die Thalschluchten der Alpen erinnern; fast in lauter kleinen Wasserfällen braust jugendlich übermüthig die Holtemme in ihrer „steinernen Renne" dahin, bis sie in die Bode einmündet. — Das Bodethal ist vorzugsweise mit Naturschönheiten gesegnet. Da liegen die Baumanns- und Bielshöhle mit ihren wunderlichen Tropfsteinbildungen. Am schönsten aber wird das Thal da, wo die Bode in die Ebene tritt (in's Quedlinburger Thal). Der Fluß tobt schäumend zwischen Felsstücken hin und wird immer enger ein geschlossen von hohen Felswänden, deren eine fast senkrecht aufsteigt zu einerhöhe von 700 Fuß. Oben zeigt man einen riesig großen Roßhuf, der vor Alters in den Felsgipfel gehauen ist und wahrscheinlich den heidnischen Priestern dazu ge- dient hat, sich hinzustellen und zu weissagen. Das ist die Roßtrappe. Der Sage nach ist der Roßtrapp also entstanden. Der im Böhmer Walde hausende Riese Bohdo verlangte die Königstochter vom Riesengebirge Emma zur Gemahlin. Emma entfloh von der Schneekoppe und kam an die Grenze des Harzes; Bohdo

5. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 303

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
303 seelünder. Holstein allein hat über hundert Seen, Mecklenburg 46 l. Sie ziehen sich besonders auf dem breiten Landrücken durch ganz Pommern hin fort und er- reichen in den großen preußischenseen ihre bedeutendste Ausdehnung. Daher kommt auch die außerordentliche Fülle von Bezeichnungen, welche die slavischen Vorfahren für Wasser, Fluß, Sumpf u. s. w. hatten, und die sich noch in zahl- reichen Ortsnamen geltend macht. Da finden wir Müritz von morra, Meer; Userin von osero, See; Rega, Recknitz, Ryck:c. von reüa, Fluß; Stavenhagen von staw, Teich; die Endung „brode" bedeutet Fähre, Jesar Teich, Loitz und Luckow Sumpf, Peene Fluß, Pinnow See, Wustrow und Ostrow Insel, die Endung „berg", eigentlich breg, in Kolberg, Ufer. In der Bodenbeschaffenheit der Ostseeländer zeigt sich ein auffallender Gegen- satz zu den Ländern der Nordsee. Sie kennen weder Marschen noch Heide,,denn nur wo Ebbe und Flut ihr freies Spiel haben, ist die Marschbildung möglich. Die Ostseeländer kennen nur Sand- und Geestland. Auf dem Rücken des flachen Höhen- zuges beginnt ihr Sandgebiet, das sich oft in bedeutender Breite nach Süden er- streckt und einen großen Theil der Uckermark, der Neumark und Pommerns erfüllt. Das Küstenland aber bildet das leichte, fruchtbare Geestland. — Kein Fels ragt aus dem Boden der Ostseeländer empor. Alles ist das Werk der Meeresfluten und ihrer Anschwemmungen. Nur an den äußersten Grenzen im Norden schauen Trümmer der Vorzeit in das Meer hinaus. Dieses einzige ältere Gebilde des deutschen Nordens ist die Kreide. Nirgends tritt diese Kreide so schön hervor als auf Rügen, dieser vielfach zerschnittenen Insel. 47. Das Königreich Preutzen. Preußen liegt fast in der Mittte Europas und umfaßt den weitaus größten Theil Norddeutschlands. Es ist 6400 Quadratmeilen groß und hat fast 24 Millionen Einwohner. Von dom äußersten östlichen Ende an der russischen Grenze bis zum äußersten westlichen an der holländischen und belgischen Grenze dehnt es sich etwa 180 Meilen weit aus. Obwohl es an Flächeninhalt und Einwohnerzahl die sechste Stelle unter den Staaten Europas einnimmt, ist es doch eine der ersten Großmächte. Preußen ist erst in neuerer Zeit zu dieser Größe gelangt. Vor hundert Jahren war es ein 3500 Quadratmeilen großes Land mit reichlich 5 Millionen Einwohnern, und im Jahre 1440 betrug die Größe desselben nur 535 Quadratmeilen. Der größte Theil der preußischen Monarchie liegt in der norddeutschen Tief- ebene. Der Süden ist gebirgig. Dort sind das Riesengebirge mit der 5000 Fuß hohen Schneekoppe, dem höchsten Berge Preußens, der Harz, ein Theil des Thü- ringertpaldes, die Rhön, der Spessart und das mittelrheinische Bergland. Etwa ein Sechstel des ganzen Landes ist gebirgig. Was das Bergland schmückt, nämlich die in die Wolken ragenden Höhen, die unmuthigen Hügel und die reichen von Bächen und Flüssen durchrauschten Thäler, die welligen Getreidefelder und vor allem die frische Bergluft, das fehlt im Tieflande meistentheils; selbst die Flüffe schleichen in letzterem geräuschlos zwischen ihren Ufern hin. Doch finden sich auch im Tieflande stellenweise große Waldungen, und an den Mündungen der Flüsse wie an den Nordseeküsten ist fetter Marschboden mit reichen Triften und Ge- treidefeldern. Fast überall in Preußen ist die Luft milde; nur in den höheren Gebirgs-* gegenden ist es wohl acht Monate imjahre winterlich und sind selbst im Sommer die Nächte oft empfindlich kalt. Der Frühling verschwindet hier fast aus der Reihe der Jahreszeiten, und der lufthelle Herbst ist sehr kurz. Dagegen haben die nie- drigeren Berggegenden und das Tiefland einen längeren Frühling und eine schöne Herbstzeit. Sämmtliche Hauptflüsse Preußens ergießen sich in die Nord- und die Ostsee. Da der Boden, den sie durchfließen, sich nach Norden senkt, haben sie eine nördliche

6. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 298

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
298 deckt zugleich die Schweinekoben, und um endlich nichts zu verlieren, liegt der Mistpfuhl vor der Ausfahrt, wo angespannt wird. Wo alles unter einem Dache, um ein Feuer beisammen lebt, wo der weite Raum der Einfahrt gleichsam ein bedeckter Marktplatz für das kleine häusliche Gemeinwesen ist, um welchen herum dessen sämmtlichen Gliedern, Menschen und Vieh, ihre besonderen Plätze angewiesen sind; wo eben dieser Raum die Jugend nicht bloß zu angestrengter Arbeit, sondern auch zu heiterem Tanze versammelt: da mußte ein haushälterischer, anhänglicher Sinn für die Familie, eine größere Anhänglichkeit selbst für das Vieh, mußte für den Genuß der Freuden des Lebens im engen und bekannten Kreise eine festere Neigung entstehen, als wo alles inner- halb derselben Wirthschaft zerfahren und getrennt lebt. Gehen wir vom Haus in die Umgebung über, so findet sich der Hof einerseits vom Garten, andrerseits von Wiesen und Ackerland umgeben. Die Felder sind von einem Erdwall umzogen, auf dem dichtes Gesträuch wächst und knollige Baumwurzeln immer neue Sprossen treiben, die alle 5 bis 6 Jahre abgehauen werden. Ueber die Felder und Wiesen hin ragt das Gehölz. Je älter die Eichen im Gebüsche, desto stolzer und selbstbewußter der Laudmann. Hier und da ge- währt das Gebüsch eine Durchsicht nach dem Nachbarhofe, oder es öffnet sich eine Fernsicht nach dem Thurm des Dorfes, der am Sonntag alle Bewohner der vielen zerstreuten Höfe zur Kirche ruft, die den eigentlichen Einigungspunkt der Ge- meine bildet. 43. Die Elbe. Besteigen wir das wasserreiche Riesengebirge etwa von der Josephinenhütte in Schreiberhau aus, so erreichen wir nach einer Ostündigen Fußwanderung eine große Moor- und Mooswiese, die in einer Höhe von 4000 Fuß auf einer gra- nitnen Unterlage ruht und wie ein Schwamm die Feuchtigkeit der Wolken auf- saugt. Diese Stelle führt den Namen „Elbwiese". Aus einigen der größern sumpfigen Stellen fließt das Wasser nach den ein wenig tiefer gelegenen Theilen der sanft geneigten Wiese ab und bildet hierund da sogenannte Brunnen, das sind Vertiefungen mit klarem steinigen Grunde von etwa 2—3 Fuß Durchmesser. Diese Brunnen sind die eigentlichen Quellen der Elbe. Von ihnen aus bilden sich kleine Bächlein, die weiter abwärts nach Süden hin eilen und nach ihrer Ver- einigung den Namen Elbe erhalten. Diese stürzt sich zunächst südlich nach Böhmen hinab, wendetsich dort westlich und geht dann in nordwestlicher Richtung der Nord fee zu, die sie nach einem etwa 171 Meilen laugen Laufe erreicht. Wir theilen diesen Strom in die Ober-, Mittel- und Niederelbe. Die obdre Elbe reicht von der Quelle bis zum Durchbruch durch das säch- sische Erzgebirge. Unweit der Elbquelle stürzt der junge Bergfluß in wilder Hast über eine 800 Fuß hohe Felsenwand hinab und bildet hier den berühmten Elb - fall. Tief unten im schauerlichen Elbgrunde sammelt der Fluß seine zerstiebten Wasser wieder, und durch eine tiefe Wildniß voll Moor und neben und über einander lagernder Felsstücke und umgestürzter Fichtenstämme führt er sie tosend und rauschend den Gebirgsabhang hinab. Raschen Laufs erreicht er bei Hohen- elb e die Hügellandschaft, tritt bei Josephstadt in die böhmische Thalebene und wendet sich bei Parduwitz westlich, geht bei Kollin vorbei und wendet sich dann nordwestlich dem an Getreide und Wein sehr reichen böhmischen Paradiese, d. i. der Gegend von Leitmeritz,'zu, durchbricht das an Schönheiten so reiche Mittelgebirge bei Lowositz und bald darauf auch das sächsische Erzgebirge. Durch Aufnahme der Jser von der rechten und der 54 Meilen langen Moldau und der Eger von der linken Seite hat sich die Wasserfülle des Flusses bedeutend vermehrt, so daß er als ein kräftiger Strom den böhmischen Gebirgskessel verläßt und in das Königreich Sachsen eindringt. Die mittlere Elbe reicht vom Erzgebirge bis Magdeburg. Zunächst tritt sie in die berühmte sächsische Schweiz ein; so nennt man die merkwürdigen

7. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 308

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
308 48. Thüringen. Des deutschen Vaterlandes Gauen sind getrennt durch eine hohe Mauer von Bergen und Wäldern in Nord und Süd. Diese hohe Gebirgsmauer ist der so- genannte Thüringer Wald, der durch das Hainich und das Eichsfeld mit dem Harze zusammenhängt, nach Osten und Südosten aber dem Obererz- gebirge, sowie dem Fichtelgebirge, und im Westen endlich dem Rhönge- birge sich nähert. Man rechnet nicht zu viel, wenn man 70 Quadratmeilen ansetzt, welche dieses schöne Waldgebirge bedeckt. Das Gebirge theilt sich in zwei große Hälften. Die etwas größere ist der südöstliche Theil, aus Grauwackenbildungen bestehend. Quarz - und Kieselschiefer, Grünstein - und .Granitgänge mit Erzadern, sowie grauen Sandstein trifft man hier. Guter Feldbau, saftiger Wieswuchs und prächtiges Holz zeichnen diesen Theil des Gebirges aus. Daraus entspringen die Gewerbszweige für den thätigen Bewohner. Viehzucht, Feld-und vorzüglich Kräuterbau, Pechsieden,. Kohlen- brennen, Beerensammeln sind Hauptbeschäftigungen. Nicht minder blüht die Fabrikation, die für Thüringen oft eine ganz eigenthümliche wird, z. B. die Ge- winnung des Dach-, Tafel - und Griffelschiefers; vorzüglich um Lehesten, von wo aus jährlich unzählige Gebäude ihr Dach und Tausende von Kindern ihre Schiefer erhalten. 70 Gruben geben hier die Schiefer her; oft werden in einem Jahre 5 Millionen Schieferplatten fertig, und an Griffeln rechnet man 80 —100 Millionen Stück. Im östlichen Thüringen sind gewiß 4000 Menschen mit der Gewinnung, Fabrikation und Versendung des Schiefers beschäftigt. Und rechnet man den Franken Wald zu dieser Osthälfte des Gebirges, jo kommen auch die Eisenstein- gruben und die Hüttenwerke in Betracht. Wichtig sind auch die Steinkohlen. Großartiger, gedrängter, im ganzen auch wilder ist der westliche Theil des Gebirges. Der ist oft so schmal, daß man in einem Tage quer über deu Haupt- zug wandern kann. Aber dieser Theil ist auch ein herrlicher Gottesgarten. Hier schlängeln sich üppige Wiesengründe bis zu den rauschenden Buchwäldern auf, in denen sie sich verlieren; hier sind hohe, abgerundete Kuppen; hier thronen Jnselsberg und Hörselberg und die Wartburg. Kein anderes deutsches Ge- birge hat so viel Sage und Geschichte, als dieses Waldgebirge. Zuweilen hat Sonne, Sturm und Regen, welcher letztere jede Handvoll Erde mit hinwegführt, die Bergkuppen kahl gemacht. Keiner fehlt eine Sage und sie drängt sich in das Wort, oder das Wort des Berges schuf erst eine ganze Sage. In den Schluchten zeigt sich das Wilde der Gegend erst deutlich, wie im Ungeheuer-Grunde, im Anna - und Marienthale. Harter Porphyr herrscht vor; Granit und Glimmerschiefer stiehlt sich stellenweise zum Tage durch. Das weiß- gesieckte Rothliegende, der treue Begleiter der Steinkohlen, hat auch neuerdings hier gar große Stein kohlen sch ätze verrathen. Gyps, welcher häufig und bei Friedrichsroda schön erscheint, wird zum Düngen verwendet; in der Ruhl schneidet man Vasen, Büsten, Leuchter, Briefbeschwerer, Bettwärmer rc. daraus. Die Spath- und Brauneisensteine, die man z. B. bei Saalfeld, aber auch zwischen Ruhl und Schmalkalden findet, bewirken die über's ganze Gebirge verbrei- tete Stahlindustrie. „Aus der. Ruhl" und aus Steinbach kommen Messer, Scheren, Bohrer, Ahlen, Pfeifenbeschläge, Kettchen rc., Schneide- und Stech- instrumente aller Art, Drähte, Schnallen und Stifte; aus Suhl, Schmalkalden, Zelle und Mehlis kommen Gewehre, Säbel und Sensen. — Für's ganze Gebirge wichtig ist noch der Rennsteig oder Rainsteg, der von Blankenstein bis zur Hörschel sich 42 Stunden weit auf dem Kamme hin erstreckt. An dieser meist fahrbaren Straße liegen die höchsten Kuppen, ferner Oerter und Herbergen in Menge, die Grenzen vieler Länder und Länderchen. Der Rennsteig stammt aus dem 9. Jahrhunderte und ist wahrscheinlich die Grenz- scheide zwischen Franken und Thüringen, die Karl der Große zog. Merkwürdig ist der Ort Sonneberg, am Südwestrande des Gebirges, als Mittelpunkt einer
   bis 7 von 7
7 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 7 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
8 0
9 0
10 1
11 0
12 0
13 1
14 0
15 0
16 1
17 0
18 3
19 1
20 0
21 0
22 0
23 0
24 1
25 0
26 0
27 0
28 0
29 1
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 2
38 2
39 0
40 0
41 0
42 0
43 1
44 0
45 0
46 2
47 0
48 0
49 1

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 1
2 0
3 0
4 0
5 1
6 1
7 1
8 0
9 0
10 1
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 2
17 1
18 0
19 0
20 0
21 4
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 1
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 1
35 0
36 0
37 0
38 0
39 1
40 1
41 0
42 0
43 0
44 0
45 0
46 0
47 0
48 1
49 2
50 0
51 0
52 0
53 0
54 1
55 0
56 0
57 1
58 0
59 0
60 0
61 1
62 0
63 0
64 0
65 0
66 0
67 0
68 1
69 0
70 1
71 0
72 0
73 0
74 0
75 1
76 1
77 1
78 0
79 0
80 0
81 0
82 1
83 1
84 0
85 0
86 0
87 0
88 0
89 0
90 0
91 0
92 1
93 0
94 0
95 0
96 0
97 0
98 2
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 9
1 3
2 22
3 4
4 0
5 1
6 36
7 0
8 1
9 4
10 14
11 4
12 29
13 36
14 4
15 0
16 1
17 0
18 3
19 0
20 0
21 4
22 0
23 0
24 26
25 9
26 12
27 0
28 13
29 2
30 4
31 4
32 10
33 73
34 50
35 0
36 1
37 0
38 2
39 9
40 2
41 20
42 45
43 26
44 3
45 0
46 19
47 1
48 3
49 0
50 66
51 111
52 1
53 0
54 1
55 0
56 1
57 1
58 11
59 68
60 0
61 6
62 2
63 0
64 1
65 19
66 1
67 0
68 0
69 0
70 0
71 4
72 8
73 0
74 0
75 15
76 0
77 4
78 1
79 2
80 4
81 183
82 2
83 5
84 52
85 0
86 1
87 0
88 0
89 14
90 0
91 0
92 0
93 0
94 1
95 15
96 2
97 15
98 0
99 3
100 126
101 0
102 38
103 0
104 1
105 2
106 10
107 16
108 0
109 3
110 11
111 13
112 17
113 3
114 19
115 0
116 32
117 36
118 0
119 11
120 1
121 30
122 2
123 19
124 14
125 31
126 5
127 7
128 0
129 22
130 3
131 42
132 3
133 17
134 1
135 4
136 21
137 4
138 0
139 2
140 4
141 0
142 15
143 29
144 0
145 7
146 0
147 5
148 0
149 0
150 1
151 5
152 56
153 2
154 10
155 9
156 22
157 5
158 0
159 2
160 1
161 13
162 0
163 0
164 7
165 3
166 12
167 5
168 16
169 7
170 3
171 8
172 3
173 12
174 2
175 101
176 0
177 17
178 0
179 23
180 4
181 1
182 9
183 31
184 3
185 7
186 0
187 15
188 4
189 3
190 0
191 2
192 4
193 6
194 5
195 43
196 60
197 0
198 1
199 5