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gegen die ungeheure Uelermacht der Feinde. Am 19. September ließ Waldstein
zum letzten Angriff blasen; in gedrängten Haufen zogen seine Scharen auf die
Brücke zu und suchten das Thor zu sprengen. Da erkannte Schuht, daß es zum
äußersten gekommen sei; er ließ, so wird erzählt, eine Kanone unter das Thor
führen, die Thüren öffnen und das Geschütz auf die in dichten Haufen vordringen-
den Feinde abfeuern. Ganze Reihen wurden niedergestreckt, aber immer frische
Truppen schritten über die Leichen der Ihrigen vor. Als nun der tapfere Schuht
die stürmenden Feinde nicht zurückdrängen konnte, gedachte er ruhmvoll zu sterben.
Er ließ ein Pulverfaß unter das Thor bringen, setzte sich mit einer brennenden
Lunte darauf, zündete es an und sprengte sich und die umstehenden Feinde in die
Luft. Durch den Pulverdampf drang jetzt der Feind mit wildem Kriegsgeschrei
in die Burg; was sich von derbesatzung auf denhöfen und Wällen befand, ward
sogleich niedergehauen; denn Waldstein hatte befohlen, keinem Manne das Leben
zu lassen.
Im Saal des Schlosses standen die letzten Männer gedrängt zusammen und
erwarteten den Tod. Die Feinde drangen ein und metzelten alle nieder. Wäh-
rend das ganze Schloß vom Jammergeschrei der Sterbenden widerhallte, saß
der furchtbare Waldstein auf der Vordiele und spottete und lachte. — Endlich
ward es still im Schlosse, und da gebot er den geschonten Weibern, das Blut ihrer
erschlagenen Männer von den Dielen zu waschen; aber diese wollten liebersterben,
als sich zu einem solchen Blutdienste verstehen. — Das ganze Schloß wurde aus-
geplündert, alle Schätze, die Heinrich Rantzau gesammelt, wurden vernichtet oder
weggeschleppt und sind der Nachwelt unwiederbringlich verloren.
17. Herzog Friedrich Iii. von Gottorp.
In der ersten Hälfte deö 17. Jahrhunderts sah es traurig aus in unserem
Lande: durch die verheerenden Züge Waldstein's und des Schweden Torstenson
hatten alle Stände, Adel, Bürger und Bauern, furchtbar gelitten; ganze Strecken
Landes waren verödet und unbewohnt, viele Häuser in den Städten leer; Wölfe
hausten wieder in den Heiden. Dabei war das Volk verwildert, und immer mehr
wich die alte Einfachheit und Reinheit der Sitten. Fürsten und Adel waren dem
Laster der Trunkenheit ergeben; die jungen Ritter führten ein wüstes, wildes
Leben und verübten gegen die friedlichen Bürger und wehrlosen Landlente schwere
Gewaltthaten.
Mitten in diesen schlimmen Zeiten herrschte zu Gottorp der Herzog Friedrich Iii.,
ein milder, wohlthätiger Herr, der keinem Bittenden etwas abschlagen konnte,
kein Freund der Gelage und des rohen Trinkens und ein Feind aller Gewaltthätig-
keiten. Während seiner ganzen wechselvollen Regierung war er immer bemüht
das Wohl des Landes zu heben. An seinem Hofe lebten die bedeutendsten Künstler
und Gelehrten und wurden in allen ihren Bestrebungen von ihm gefördert. Der
Maler Jurian Ovens ans Tönning schmückte sein Schloß durch herrliche Gemälde.
Ein weitberühmter Gärtner, Clodius,' verwandelte die bewaldeten Höhen in der
Umgebung des Schlosses in einen prächtigen Park; Adam Olearius sammelte aus
des Herzogs Befehl reiche Kunstschätze an; eine große Bibliothek aus den seltensten
Büchern und Handschriften war in einer Reihe von gewölbten Zimmern auf-
gestellt. Daneben ließ er eine sogenannte Kunstkammer anlegen, worin die
wunderbarsten Seltenheiten und Raritäten aus aller Herren Ländern gezeigt
wurden. Es fanden sich da Figuren von allerlei Volk in ihren heimischen Trachten,
allerlei Arten fremder Thiere, Versteinerungen, Pflanzen und Münzen. In ganz
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Extrahierte Personennamen: Waldstein Waldstein Waldstein Heinrich_Rantzau Heinrich Friedrich_Iii Friedrich Gottorp Friedrich_Iii Friedrich Jurian_Ovens Clodius Adam_Olearius
Aus der Geschichte.
1. Die Deutschen um die Zeit von Christi Geburt.
*eber Sinnesart, Lebensweise und Sitten unserer Vorfahren vor
18—19 Jahrhunderten haben wir von ihnen selbst keine Berichte, denn
sie konnten weder lesen noch schreiben; aber die Römer, welche damals auf
der Höhe ihrer Macht und Bildung standen, drangen von dem eroberten
Gallien (jetzt Frankreich) aus häufig in Deutschland ein, und da sic also
vielfach in friedliche oder in feindliche Berührung mit den Bewohnern
desselben geriethen, so hatten sie Gelegenheit genug, die Germanen, wie sic sie
nannten, kennen zu lernen. Sie betrachteten das rohe Naturvolk mit einem
aus Furcht und Bewunderung gemischten Gefühl, und so kam es, daß ihre
Schriftsteller demselben bald eine ganz besondere Beachtung widmeten.
Das Land war damals größtentheils noch mit Urwald bedeckt, doch
hatte die Axt schon begonnen, wette Flächen urbar zu machen. Im Dickicht
der Wälder häuften Auerochsen, Elennthiere, Bären, Eber, Wölfe und zahl-
loses Hochwild. Städte gab es nirgends, auch nicht gebahnte Wege und
Brücken. Die Bewohner des Landes waren vor allen Völkern ausgezeichnet
durch ihre blauen Augen, ihr röthlich gelbes Haar und ihren riesenhaften
Wuchs: sie sollen durchweg sieben Fuß hoch gewesen sein. Eine unbändige
Kraft lebte in ihnen. Uebermüthig wie Knaben fuhren sic auf ihren Holz-
schilden die beeisten Abhänge der Berge herab, über sechs Rosse hinweg-
springen zu können war ihnen ein hoher Ruhm, und die größte Kricgsehrc
sahen sie darin, mit der Faust die Stärksten erlegt zu haben. Daher be-
seelte sic ein stolzes Unabhängigkeitsgefühl: niemandem zu gehorchen, keines
andern zu bedürfen, ganz auf sich allein angewiesen zu sein, war ihnen die
größte Lebensfreude. Namentlich im Norden mieden sie cs deshalb, gesellig
in Dörfern zu wohnen; am liebsten häufte jede Familie für sich auf dem
einsamen Gehöft, umgeben von ihren Wiesen, Aeckern und Wäldern. Wo
sie aber, wie es weiter im Süden mannigfach vorkam, in Dörfern wohnten,
da besaß jeder Grundbesitzer als freies Eigenthum nur Haus, Hof, den
umzäunten Garten und seine Herde, dagegen waren Wald, Weide und Acker-
flur Eigenthum der ganzen Dorfgemeinde, und der Einzelne hatte nur das
Recht, in Gemeinschaft mit seinen Flurgenoffen sie zu benutzen. Aber dies
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Ortsnamen: Christi Gallien Frankreich Deutschland
230
andere Lasten abkaufen ließ. Viel Leben ist durch die Kreuzzüge geweckt
worden, welches spater eine Reformation der ins Verderben gerathenen
Kirche herbeiführen half.
9. Friedrich I., genannt Barbarossa.
In der Mitte des schwäbischen Landes, fast gleich weit vom Rhein,
vom Lech und vom Bodensee entfernt, erbebt sich der hohe Staufen, ein
kegelförmiger Berg. Hier stand einst die Stammburg eines berühmten
deutschen Kaiserhauses, das den Namen „die Hohenstaufen" führt. Jetzt
sind die Trümmer der alten Heldenburg mit Gras und Disteln überwachsen.
Im Bauernkriege (1525) wurde von der Burg verbrannt, was verbrennlich
war. Nach und nack sind auch die Ringmauern, die festen Thürme und
die Thore niedergerissen und verfallen.
Kaiser Konrad war der erste aus dem Hause der Hohenstaufen, der
die Kaiserkrone trug. — Nach seinem Tode wählten die deutschen Fürsten
einstimmig unter dem lauten Zurufe des Volkes den Herzog Friedrich
von Schwaben aus demselben Geschlecht. Fünf Tage nach der Wahl
krönte ihn der Erzbischof von Cöln zu Aachen.
Friedrich stand im cinunddreißigsten Jahre, als er den.thron bestieg
(1152). Er war von mittlerer Größe und wohlgebaut, sein Haar blond,
kurz abgeschnitten und nur aus der Stirn gekräuselt, seine Haut weiß, seine
Wangen roth und sein Bart röthlich, weshalb die Italiener ihn Barbarossa
nannten. Er hatte schöne Zähne, feine Lippen, blaue Augen, einen hei-
teren, aber durchdringenden und der inneren Kraft sich gleichsam bewußten
Blick. Sein Gang war fest, die Stimme rein, der Anstand männlich und
würdevoll, die Kleidung weder gesucht noch nachlässig. Keinem stand er
auf der Jagd und in Leibesübungen nach, keinem an Heiterkeit bei Festen;
nie aber durfte der Aufwand in übermäßige Pracht, nie die gesellige Lust
in Völlerei ausarten. Seine Kenntnisse konnten in jener Zeit, zumal bei
der mehr weltlichen Richtung seines Lebens, nicht umfassend sein; doch ver-
stand er lateinisch und las gern und fleißig die römischen Schriftsteller. Un-
geachtet großen Feldherrntalentes sah er im Kriege immer nur ein Mittel
für den höheren Zweck, den Frieden. Furchtbar und streng zeigte er sich
gegen Widerstrebende, versöhnlich gegen Reuige, herablassend gegen die
Seinen, doch verlor er weder in der Freude noch im Schmerze jemals Würde
und Haltung. Selten trog ihn sein Urtheil, fast nie sein Gedächtniß. Gern
hörte er Rath; die Entscheidung aber kam, wie es dem Herrscher gebührt,
stets von ihm selbst. Andächtig an heiliger Stätte und ehrfurchtsvoll gegen
Geistliche als Verkünder des göttlichen Wortes, verstand er boch, den über-
triebenen Forderungen der Kirche mit Nachdruck entgegenzutreten. Rück-
sichtslos die Gesetze vollziehen, hielt er für die erste Pflicht des Fürsten;
ihnen unbedingtzu gehorchen, für die erste des Unterthans. Ueberall unter-
nahm er nur das, was nach seiner Ueberzeugung dem Recht und den Gesetzen
gemäß war, und gern blickte er dabei auf große Vorbilder früherer Zeiten
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Friedrich_I. Barbarossa Barbarossa Konrad Konrad Friedrich
von_Schwaben Friedrich Friedrich Friedrich Barbarossa Barbarossa
209
Lange lauerte das Gelage; endlich, wenn das Mahl spat beendet war, be-
gab sich der Wirth mit den Seinigen in den abgesonderten Frauenraum,
die Mannen aber schliefen meistens in der Halle, indem die Bänke zurück-
geschoben und Polster und Thierfelle auf dem Boden ausgebreitet wurden.
— Anders aber kam es, wenn das Gefolge seinen Herrn auf kriegerische
Fahrten begleitete. Da zogen sie theils zu Rosse, theils zu Fuße aus;
wohnte aber der Häuptling in der Nähe des Meeres, dann gingen sie auf
den hellbemalten Barken waghalsig auf die Wogen der Nordsee und trotzten
wochenlang allen Gefahren, um Ruhm und Beute zu gewinnen. Fiel der
Häuptling in der Schlacht, so gebot die Ehre den Mannen, ihn zu rächen
und wo möglich mit ihm zu sterben; die Ueberlebenden aber bestatteten ihn
festlich und prunkvoll. Auf hohem Scheiterhaufen ward der Leichnam ver-
brannt mit Waffen, Leibroß und Hunden; oder auch man setzte den Todten
auf sein Roß und schüttete um und über ihn einen hohen Leichenhügel
und umritt mit Klagegesang die Trauerstätte. Bei seefahrenden Völkern
kam es auch wohl vor, daß der gefallene Häuptling in die Höhlung des
Schiffes an den Mast gelegt ward; dann häufte man um ihn Beute und
Waffen, schlug sein Banner an den Mast, hißte alle Segel auf und sandte
den Todten mit günstigem Fahrwind in die hohe See.
Dieselbe gemüthvolle Pflichttreue, dieselbe Innigkeit der Hingebung
bewährten die Deutschen in der Ehe. Mann und Weib verbanden sich
darin für das ganze Leben, um einander lieb zu sein über alles auf Erden
und alles mit einander zu theilen. So lebte das Ehepaar in unantastbarer
Keuschheit; Ehebruch war fast unerhört, wenn aber dennoch einmal dies
Verbrechen vorkam, so war Tod die Strafe. Auch für verlorene Unschuld
gab es keine Verzeihung: nicht Schönheit, nicht Jugend, nicht Reichthum
vermochte einem gefallenen Mädchen einen Mann zuzuführen. Sich nach
dem Tode des Mannes wieder zu vermählen brachte der Frau Unehre, bei
manchen Stämmen war es verboten. Nicht selten begleitete das Weib den
Gemahl sogar in die Schlacht, um ihn zu wilderer Tapferkeit zu befeuern,
seiner Wunden zu pflegen und den Gefallenen zu bestatten und vielleicht zu
rächen. Ueberhaupt ehrten die Deutschen in dem weiblichen Gemüthe, das
oft das Richtige sieht, ohne sich der Gründe klar bewußt zu werden, etwas
Geheimnißvolles und Göttliches, dem sie sich gern unterwarfen; manche
edle Jungfrau, die sieh ganz dem Dienst der Gottheit widmete, galt für eine
Seherin, durch welche sich der Wille der Himmlischen offenbare.
Edle Sitte bewiesen sie auch in der Ausübung der Gastfreundschaft.
Den Fremden beherbergte man, ohne ihn erst auszufragen, wer er sei und
woher er komme. Solange er im Hause war, durfte niemand ihn beleidigen,
im Nothfalle war es des Wirthes Pflicht, ihn auf Tod und Leben zu
beschützen.
Nicht minder zeigte sich in der Naturreligion unserer heidnischen Vor-
fahren oftmals eine tiefe und gemüthvolle Anschauung. Als höchsten Gott
verehrten sie den Allvater Wodan, den Spender des Lichtes, der ihnen
zugleich als Schlachtenlenker erschien. Ihn glaubten sie umgeben von den
Vaterländisches Lesebuch. j4
I
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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208
Recht ward auch mit der größten Eifersucht gegen die Uebergriffe anderer
vertheidigt; keiner sollte sich über die anderen erheben, und selbst der ge-
wählte Häuptling war nur insofern hinsichtlich des Lebensunterhaltes be-
vorzugt, als ihm freiwillig Geschenke dargebracht wurden. Auf dieselbe
Gleichheit der Rechte hielten die deutschen Bauern in der Volksversammlung,
vor Gericht und im Heer. Nur die Gesammtheit der Gleichberechtigten
gab Gesetze und fällte richterliche Urtheile. Könige duldeten sie nicht über
sich, sondern im Fall eines Krieges wählten die Stammgenossen einen Heer-
führer oder Herzog, und erst in späteren Zeiten, wenn der Hochmuth und
Unabhäugigkeitssinn der Häuptlinge viele innere Fehden erregt und dadurch
einen Stamm geschwächt hatte, setzten sie ein mächtiges Geschlecht zu fester
und dauernder Herrschaft ein, um den Uebermuth der Großen im Zaum
zu halten.
Von Alters her sahen die Deutschen im Ackerbau eine ehrenvolle Be-
schäftigung ; dabei waren sie mit den einfachsten Handwerken nicht unbe-
kannt, aber jeder Bauer verfertigte selbst seine Pflugschar und zimmerte
selbst das Gebälk seines Hauses, und die Hausfrau spann und wob das
einfache wollene Wams ihres Mannes, dem das Fell des von ihm erlegten
Bären ein stattlicherer Schmuck war. Erst später, als man auf den häu-
figen Kriegszügen Gefangene machte und sich so die Zahl der Unfreien oder
Knechte mehrte, denen man die Arbeit zu überlassen anfing, sank dieselbe
mehr und mehr in der Achtung, und die Freien ruhten gern auf der Bären-
haut, wenn sie von Jagd- und Kriegszügen feierten.
Denn ihre liebste Beschäftigung war von jeher diejenige, welche die
meisten Gefahren bot und die stärkste Manneskraft erforderte. Mit Begeiste-
rung stürzten sie sich daher selbst in den Kampf, und mit Begeisterung
sangen sie von den Heldenthaten ihrer Vorfahren. Die Schrecken des Todes
zu verachten und das Ungeheure zu wagen, darin bestand die Ehre des Krie-
gers. Und hierbei trat besonders glänzend ein Zug hervor, der dem stolzen
Unabhängigkeitsgefühl der Deutschen zu widersprechen scheint, die gemüth-
volle Hingebung nämlich an einzelne Personen, denen sie bis zum Tode die
Treue wahrten. Wenn sie sich freiwillig durch Schwur oder Gelöbnis einem
Heerführer zu irgend einem Unternehmen verpflichtet hatten, so war dies ein
Band, das für heiliger galt, als die Pflicht gegen das gemeine Beste des Volkes.
So bildeten sich mächtige Häuptlinge ein Gefolge, auf das sie sich unbedingt
verlassen konnten, wie sie denn ihrerseits verbunden waren, ihre Mannen in
jeder Weise zu schützen. Selbst Fürstensöhne traten oft in das Gefolge
eines bewährten Häuptlings, um bei ihm ihre Lehrzeit durchzumachen.
Im Frieden bildeten diese Mannen die Hausgenossenschaft ihres Herrn.
Da sammelten sie sich in der großen Halle» desselben um den Herd und saßen
beim Mahle in langen Reihen auf erhöhten Sitzen, in der Mitte auf dem
Herrensitze der Wirth und seine Hausfrau. Die Töchter desselben schenkten
Bier und Meth in Krüge aus Eichenholz, die vor dem Mahle an den
Wänden gehangen hatten. Fröhliche Unterhaltung wechselte mit Gesang;
unerschöpflichen Stoff boten dem Harfner die Thaten der Stammeshelden.
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231
mit der Begeisterung hin, welche selbst ein Zeichen der Tüchtigkeit ist. Nament-
lich hatte er sich Karl den Großen zum Muster genommen.
Das Hauptstreben seiner Regierung ging dahin, das unter seinen
Vorgängern gesunkene kaiserliche Ansehen wiederherzustellen, namentlich
auch in Italien, wo der Pabst und die lombardischen Städte seit den Zeiten
Heinrich's Iv. dem Kaiser weigerten, was ihm gehörte. Er unternahm
deshalb sechs Feldzüge nach jenem Lande; auf dem fünften aber verweigerte
sein mächtiger Vetter, Heinrich der Löwe, Herzog von Baiern und
Sachsen, ihm den ferneren Beistand, und obwohl Friedrich die Kniee des
stolzen Herzogs flehend umfaßte, zog dieser dennoch mit seinen Truppen ab.
Die Folge davon war, daß der Kaiser bei Legn an o im Jahre 1176 von
den lombardischen Städten völlig geschlagen wurde und ihnen bedeutende
Rechte einräumen mußte.
Heinrich der Löwe war unzweifelhaft nächst dem Kaiser der größte
Fürst seiner Zeit. Er hatte einen festen, durch ritterliche Uebungen aller
Art gekräftigten Körper, ein offenes Gesicht, große schwarze Augen, dunkeles
Haar und einen starken schwarzen Bart. Er war ein Feind aller Trägheit
und Ueppigkeit, tapfer, streng, ausdauernd, überhaupt in vieler Beziehung
seinem Vetter, dem Kaiser, ähnlich. Doch überleuchtete im ganzen das
blonde Geschlecht der Hohenstaufen das braune der Welfen (so hieß die
Familie Heinrich's nach seinem Urgroßvater Welf), und bei aller Trefflichkeit
ist keiner aus diesem Hause dem rothbärtigen Friedrich an Heldensinn uird
Kriegsmuth gleichzustellen.
Heinrich suchte sich im Norden^von Deutschland in unablässigem
Kampfe mit Friesen und Slaven ein großes und unabhängiges Reich zu
gründen. Er grollte daher dem Kaiser, der ihm in Italien nutzlos deutsches
Blut zu vergeuden schien, und schon während eines früheren Römerzuges
desselben hatte er, nur um ihm nicht Beistand leisten zu müssen, einen
Kreuzzug unternommen. Von diesem zurückgekehrt, ließ er auf dem Markt
zu Braunschweig einen steinernen Löwen als Sinnbild seiner Macht er-
richten. Als er nun aber mit dem Kaiser offen gebrochen und der Bruch
die Niederlage beilegnano verursacht hatte, erfolgte bald sein Sturz. Aus
Italien heimgekehrt, zog Friedrich ihn vor das Reichsgericht und erklärte
ihn, da er auf dreimalige Ladung nicht erschien, in die Acht. Alle alten
Feinde Heinrich's, alle, die durch seinen Fall zu gewinnen hofften, brachen
aktf gegen den letzten Welfen, dem nur Sachsen treu blieb. Seines Namens
würdig, schlug der Löwe grimmig um sich her und tilgte zum Theil den
Schandfleck des Verrathes durch den Ruhm ungemeiner Tapferkeit. Bis
in's dritte Jahr blieb er unbesiegt, obwohl Friedrich selbst gegen ihn
ausgezogen war. Den Landgrafen von Thüringen nahm er sogar gefangen.
Als aber der Kaiser einen neuen großen Zug gegen ihn ausbrachte, ward
der Herzog in Stade eingeschlossen. Niemand blieb ihm treu als die Stadt
Lübeck, die sich dem Kaiser nicht eher ergab, als bis sie sich von dem
Löwen, dem sie ihre schönsten Freiheiten verdankte, die Erlaubniß einge-
holt hatte.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Heinrich_der_Löwe Heinrich Friedrich Friedrich Heinrich Welf) Friedrich_an_Heldensinn Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
234
that der Vorfahren; einer z. B., der zuerst eine feindliche Mauer erstiegen
hatte, erhielt eine goldene Leiter in sein Wappen, ein anderer, der ange-,
sichts der Feinde allen voran durch einen Fluß geschwommen war, ein
weißes Schild mit einer quer hindurchgehenden Linie, die den Fluß andeutete.
Wie die Ritter überhaupt die Vorschriften des Christenthums zu er-
füllen hatten, so wurden ihnen besonders Demuth und Milde eingeschärft,
zwei Tugenden, die bei dem kriegerischen Leben nur zu leicht verloren gehen
konnten. Im Aeußeren zeigte sich die Verbindung des Ritterthums und
der Religion besonders in den großen Ritterorden, welche so feste und
wohlgeordnete Genossenschaften bildeten, daß Ansehen, Macht und Reich-
thum nicht ausbleiben konnten. Sie gingen unmittelbar aus den Kreuz-
zügen hervor: Krankenpflege und Kamps gegen die Ungläubigen waren
ihre vorzüglichsten Aufgaben. Der wichtigste unter ihnen war der deutsche
Orden, gestiftet während der Belagerung von Accon durch den Herzog
Friedrich von Schwaben, Sohn Friedrich Barbarossa's. Die Brüder,
welche alle von deutscher Abstammung sein mußten, wurden in streitende,
dienende und geistliche getheilt; die ersteren trugen einen weißen Mantel mit
schwarzem Kreuze. Als Aceon durch die Christen erobert war, ward es
der erste Hauptsitz des Ordens und seines Meisters. Schon unter dem
vierten Hochmeister, Hermann von Salza, zählte er 2000 Ritter
und besaß zahlreiche Güter im Morgen- und im Abendland, besonders aber
in Deutschland. Da Hermann von Salza einsah, daß der Eifer für die
Kreuzzüge bereits erkaltet und der gänzliche Verlust der noch übrigen christ-
lichen Besitzungen im Morgenlande zu befürchten sei, so nahm er das An-
erbieten des Herzogs von Masovien an, dem Orden das Culmerland ab-
zutreten, wenn dieser einen Theil seiner Ritter zur Bekämpfung der heid-
nischen Preußen an die Ostsee schicke. So begannen die Kämpfe des Ordens
gegen die Preußen, wobei die Ordensritter durch zahlreiche Scharen von
Kreuzfahrern unterstützt wurden. Die Eroberung wurde von ihnen sehr
planmäßig betrieben : mit jedem Schritte, den sie weiter vordrangen, legten
sie Burgen an, besetzten sie mit Kriegsmannschaft und bevölkerten die
daneben neu erbauten Städte (Culm, Tborn, Marienwerder) mit deutschen
Einwohnern. Nach einem 53jährigen blutigen Kampfe unterwarfen sie
durch Ausdauer und kriegerische Ueberlegenheit ganz Preußen, welches an-
fangs durch einen Landmeister verwaltet wurde. Als aber Accon, nach-
dem es gerade 100 Jahre der Hauptsitz des Ordens gewesen, an den Sultan
von Aegypten verloren ging, 1291, zog der Hochmeister nach Venedig,
und als diese Stadt sich den päbstlichen Bann zugezogen hatte, ward der
Hauptsitz nach Marienburg verlegt (1309).
11. Die Hinrichtung Konradin s.
Friedrich Barbarossa's Nachfolger aus dem Hohenstaufengeschlechte
hatten in Deutschland und in Italien unablässige Kämpfe mit der welfischen
Partei zu bestehen. Zu der letzteren zählten sich alle, welche die kaiserliche
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
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Extrahierte Personennamen: Demuth Kamps Friedrich_von_Schwaben Friedrich Friedrich_Barbarossa's Friedrich Hermann_von_Salza Hermann_von_Salza Konradin Konradin Friedrich_Barbarossa's Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Ritterthums Deutschland Ostsee Marienwerder Venedig Marienburg Deutschland Italien
260
daß die Umstehenden noch lange meinten, er schlummere. Es war in der
Nacht zwischen 2 und 3 Uhr, am 18. Februar 1546, als vr. Luther
heimging.
Die Nachricht von seinem Tode verbreitete eine tiefe Trauer über das
ganze Land. Nach dem Willen des Kurfürsten ward der Sarg mit der
theuren Leiche den weiten Weg gen Wittenberg gefahren. Von allen Seiten
strömten Begleiter herbei. Wo der Trauerzug durchkam, wurden die Glocken
geläutet. Als man der Stadt Wittenberg sich näherte, zog die ganze Uni-
versität sammt allem Volk hinaus, ihn einzuholen, vr. Bugenhagen hielt
die Leichenprcdigt. Dann begruben sie die Leiche in der Schloßkirche vor
dem Altar und deckten eine einfache Steinplatte über die Gruft.
23. Gustav Adolf.
In dem furchtbaren dreißigjährigen Kriege, der so entsetzliches Elend
über Deutschland gebracht hat, ist auf protestantischer Seite kein größerer
Held aufgetreten, als Gustav Adolf, der Schwedenkönig. Schon waren
die Evangelischen den Katholiken völlig erlegen, und ganz Norddeutschland
schien der Knechtschaft preisgegeben zu sein: da landete Gustav Adolf im
Sommer des Jahres 1630 mit 15,000 Mann in Pommern, um seinen
bedrängten Glaubensgenossen beizustehen. Aber wie klein war dieses Heer
gegenüber der Kriegsmacht des deutschen Kaisers! „Wir haben halt a
Feindle mehr!" sagte dieser spöttisch, und die Wiener nannten Gustav
Adolf nur den Schneekönig, der bald schmelzen werde, wenn er weiter nach
Süden hinabkomme. Der kriegskundige Tillp aber meinte: „Der König
von Schweden ist ein Feind von großer Klugheit und Tapferkeit, ein Feind,
der den Krieg zu führen weiß. Sein Heer ist ein Ganzes, das er wie sein
Roß mit dem Zügel regiert." Und Gustav war unstreitig der erste
Kriegsheld seiner Zeit, ein Feldherr, wie seit Jahrhunderten keiner auf-
gestanden. In seinem Heere herrschte die trefflichste Mannszucht. Während
bei den Wallenstein'schen Scharen alle Laster im Schwange gingen, wachte
Gustav mit eben der Sorgfalt über die Sitten der Soldaten, wie über die
kriegerische Tapferkeit. Jedes Regiment mußte zum Morgen- und Abend-
gebet einen Kreis um den Feldprediger schließen und unter freiem Himmel
seine Andacht halten Fluchen, Spielen, Rauben war strenge verboten.
In allen Tugenden ging Gustav selbst den Seinigen als Muster
voran. Seine lebendige Gottesfurcht gab ihm in den schwierigsten Lagen
Muth und Besonnenheit, und seine Soldaten waren von dem festen Ver-
trauen erfüllt, daß sie unter einem so frommen und tapferen König siegen
müßten.
Als Gustav den deutschen Boden betrat, fiel er im Angesicht seines
ganzen Heeres auf die Kniee, dankte Gott mit lauter Stimme für die glück-
liche Ueberfahrt und flehte um seinen ferneren Segen. Den umstehenden
Offizieren kamen vor Rührung die Thränen in die Augen. „Weinet nicht,
meine Freunde", sprach der König, „sondern betet! Je mehrbetens, desto
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav
Adolf Gustav Adolf Gustav Gustav Gustav Gustav Gustav Gustav Muth Gustav Gustav Gott
Extrahierte Ortsnamen: Wittenberg Wittenberg Deutschland Norddeutschland Pommern Schweden
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sich durch die Aufnahme von 20,000 französischen. Protestanten, welche die
Verfolgungssucht des Königs Ludwig Xiv. zur Flucht aus ihrem Vater-
lande genöthigt hatte. Ausgezeichnet durch ernste Frömmigkeit, regsamen
Fleiß und mancherlei Kunstfertigkeit, haben diese neuen Einwanderer großen
Segen gestiftet. Auch der geistigen Bildung seiner Unterthanen widmete der
Kurfürst die treueste Fürsorge. Die Macht und das Ansehen seines Staates
endlich vermehrte er vorzüglich durch das tüchtige stehende Heer, welches er
gründete. So hinterließ er bei seinem Tode ein blühendes Land, dessen
Glück und Ruhm sein Werk war. „Mein Ziel war darauf gerichtet",
sprach er kurz vor seinem Ende zu seinem Sohne, „mein kurfürstliches Haus
in Ruf, Flor und Ansehen zu bringen. Ich zweifle nicht, mein Sohn, du
werdest in den Grundsätzen, wodurch ich den Staat glücklich beherrschte,
mein Nachfolger sein, vor allen Dingen Gott vor Augen haben, deine Un-
terthanen herzlich lieben, treue Räthe hören und das Heft der Waffen nicht
aus den Händen lassen, denn dadurch muß nächst göttlicher Hülfe die
Sicherheit deiner Länder und detaso sauer erworbene Ruhm des Kurhauses
Brandenburg hauptsächlich aufrecht erhalten werden. Mit allem Fleiß sei
darauf bedacht, den Ruhm, welchen ich dir als ein Erbtheil überlasse, zu
wahren und zu mehren." Er starb, 68 Jahre alt, nach 48jähriger Re-
gierung. Seine letzten Worte waren: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt."
Friedrich Iii., des großen Kurfürsten Sohn, war kein kraftvoller
Herrscher, verlieh aber der von seinem ruhmreichen Vater begründeten Macht
dadurch einen höheren Glanz, daß er ihr den königlichen Namen erwarb.
Mit Zustimmung des deutschen Kaisers, dem er Beistand in seinen Kriegen
leistete, setzte er sich 1701 (am 18. Januar) zu Königsberg in Preußen
unter großen Feierlichkeiten die Königskrone auf. Als König aber
wollte er selbständig dastehen; daher nannte er sich nicht König von Bran-
denburg, weil dieses Land nur einen Theil des deutschen Reiches bildete,
sondern Friedrich I., König in Preußen; denn über Preußen
herrschte er ganz unabhängig.
23. Friedrich Wilhelm I. und der Kronprinz Friedrich.
Der zweite König in Preußen war Friedrich Wilhelm I., ein
kräftiger, einfach grader Mann, der zwar keinen Sinn für die Wissenschaften
und die schönen Künste hatte, aber dafür seinen starken Willen auf die För-
derung des Nützlichen richtete. Als die wesentlichen Mittel, um die junge
brandenburgisch-preußische Macht zu heben, betrachtete er Soldaten und
Geld; auf die Ausbildung seines Heeres verwandte er daher unter dem
Beistand Leopold's von Dessau (des alten Dessauers) die angestreng-
teste Sorgfalt, wie er denn selber nie anders als im Soldatenrock erschien,
und bei seiner genau geordneten Verwaltung erhöhte er die Staatseinnah-
men um das dreifache und hinterließ einen Staatsschatz von 9 Millionen
Thalern. Er hatte einen hohen Begriff von seiner Macht, denn er be-
trachtete sein Amt als ein von Gott verliehenes; er verlangte daber unbe-
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Friedrich_Iii Friedrich Friedrich_I. Friedrich_I. Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I. Friedrich Friedrich Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I.
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Gestalt, das Pferd gehet tüchtig einher im Fuhrwerk, prächtig vor dem Wagen der
Großen und stolz als Kampfroß unter dem Krieger, hier ausdauernd und dort.
In ihrem Innern verhirgt die Erde große und reiche Schätze. Aus vielen und
unerschöpflichen Quellen sprudelt sie freiwillig dem Menschen Heilung zu und Gesund-
heit und Heiterkeit. Den fleißigen Bergmann belohnt sie bald mit dem edelsten Ge-
würze, dem Salze, bald mit Silber und Gold, hinreichend für den Verkehr und die
Verzierung des Lebens, bald mit Eisen in Menge, dem Manne zur Waffe und Wehr,
zu Schutz und Schirm dem Volke.
Ein solches Land, mit so reichen Gaben, Eigenschaften und Kräften ausgestattet,
ist von der Natur unverkennbar bestimmt, ein großes und starkes Volk zu ernähren
in Einfalt und Tugend, und eine hohe Bildung des Geistes in diesem Volke durch
Uebung und Anstrengung zu erzeugen, zu erhalten, zu fördern.
Auch ist das Land nicht umsonst bestimmter Grenzen beraubt, gegen Morgen
wie gegen Abend, und selbst gegen Mitternacht. Die Bewohner können sich gegen
den Neid, die Habsucht und den Uebermuth fremder Völker auf nichts verlassen, als
auf ihre eigene Kraft. Es giebt für sic keine Sicherheit, als in ihrem festen Zusam-
menhalten, in ihrer Einigkeit, in ihrer sittlichen Macht.
Endlich ist den Bewohnern dieses Landes durch große und schöne Ströme das
Meör geöffnet und der Zugang zur Welt. Aber das Meer drängt sich nicht so ver-
führerisch an sie hinan, oder zwischen sie hinein, daß sie verlockt und dem heimat-
lichen Boden entfremdet werden könnnten. Vielmehr kann der edlere Mensch dem
Gedanken an eine deutsche Erde und an einen deutschen Himmel nicht entgehen, und
dieser Gedanke scheint in ihm die Sehnsucht erhalten zu müssen zu der Welt seiner
Geburt und die Liebe zu dem Boden seines Vaterlandes.
55. Die Deutschen.
Die Deutschen stammen nur von einem Volke, von den Germanen ab. Das
reinste Volk ist dasjenige der sächsischen Ebene und Hessens; bei diesem finden
sich noch die blonden Haare, die blauen Augen, der höchste und schlankeste Wuchs.
Die östlichen Völker haben sich mit den Slaven vermischt. Die Völker des Südens,
unter welche sich ohne Zweifel Ueberbleibsel der früheren Bevölkerungen verloren,
haben kastanienbraune oder dunkelbraune, bisweilen schwarze Haare, graue oder
braune, selten schwarze Augen, und einen kleinen plumpen Körperbau; an den
Baiern bemerkt man einen kleineren Kopf, als an den Westfalen und Hessen.
Der Deutsche wird geboren, um viel in der Welt der Seele zu leben; sein
Leben ist mehr innerlich; Herz und Verstand sind bei ihm thätiger, als die Sinne,
und seine größten Genüsse sind die der Empfindung und des Gedankens. Darum
bedarf er der Stille und Ruhe. Er zieht das Lesen der Unterhaltung, das Nach-
denken der mündlichen Erörterung, einen Kreis von Freunden zahlreichen Gesell-
schaften, Zufriedenheit des Herzens dem Vergnügen, zu glänzen, und das freund-
liche Familienleben der großen Welt vor. Er ist wie sein Vaterland heiter und
ernst. In den Thälern des Neckar und Main, an den Rheinufern, in den Ge-
birgen Thüringens ist die Natur lieblich und mild, grün, frisch, malerisch; aber
die Farben sind blaß, und lange, strenge Winter folgen bald auf die schönen Som-
mertage. Der Deutsche besitzt daher nicht die lärmende und leichtfertige Fröh-
lichkeit des Franzosen, auch nicht das ernste, gesetzte Wesen der Engländer; im
Innern seiner Seele wohnt eine unbefangene, ruhige Freude, welche das ganze
Leben erheitert, ohne es zu zerstreuen. Der Deutsche hat viel Gemüthlichkeit, seine
Neigungen sind zärtlich und tief und machen ihm die größten Aufopferungen leicht.
Es giebt keine Nation, welche ihren Fürsten so von Herzen zugethan ist , wie die
deutsche, und welcher das Gehorchen weniger schwer ankommt; auch ist sie die
einzige, welche nie den Thron ihrer Herrscher durch Meuchelmorde oder gerichtliche
Morde besudelt hat. Der Deutsche hat einen überaus gutmüthigen und sanften
Charakter und geräth seltener in Zorn, als dies unter anderen Nationen vorkommt.
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Extrahierte Personennamen: Bergmann
Extrahierte Ortsnamen: Hessens Westfalen Hessen Main Rheinufern