Friedrichs des Großen Sorge für Pommern. 23
Lande gehaust. Raub, Brand und Plünderung, Mord und Gewalttat waren an der
Tagesordnung und erinnerten an die schlimmsten Zeiten des Dreißigjährigen Krieges.
Das Städtchen Ratzebuhr soll nicht weniger als dreinndzwanzigmal von den Russen
ausgeplündert worden sein. Das kleine, arme Bärwalde, das nur 472 Einwohner zählte,
mußte in drei Jahren über 3500 Taler an die Russen zahlen. In Neustettin konnte der
Steuererheber schon im Juni 1759 in drei Tagen nicht mehr als 1 Sgr. 6 Pf. = 18 Pf.
eintreiben, und die Bürger von Gollnow erklärten im September desselben Jahres,
sie seien nicht imstande, auch nur eiuen Pfennig aufzubringen, auch wenn man ihnen
mit Henken drohe. Trotzdem Pommern zum größten Teil beständig in den Händen
der Russen und Schweden war, haben die Bewohner ihre Vaterlandsliebe in der
schönsten Weise bewiesen. Die pommerschen Regimenter fochten auf den Schlacht-
feldern des Siebenjährigen Krieges mit der größten Tapferkeit, und die Bewohner
haben auch die drückendsten Abgaben bereitwilligst geleistet. Dafür dankte ihnen
Friedrich der Große alsbald durch die Tat.
2. Erste Hilfe. Schon im Jahre 1762 ließ der König 6000 Wispel Roggen und
2000 Wispel Hafer (1 Wispel = 13,19 hl) unter die Bewohner verteilen. Nach dem
Frieden wies er eine halbe Million Taler für die Wiederernenernng Pommerns an.
Für dieses Geld wurden Pferde, Rindvieh, Schafe, Getreide, Ackergerät und Mehl
in großem Umfange angeschafft. Außerdem überließ der König den Bauern und
Gutspächtern 12 300 Militärpferde. Durch Gewährung von Bauprämien erreichte
er, daß innerhalb eines Jahres fast alle zerstörten Häuser und Stallungen wieder auf-
gebaut wurden. Den Domänenpächtern erließ er die Pacht und mehreren Kreisen
die Grundsteuer auf längere Zeit. Nachdem fo die schlimmsten Schäden ausgebessert
waren, ging der König wieder an seine Friedensarbeit, die sich fast auf alle Gebiete
der menschlichen Tätigkeit erstreckte.
3. Kolonisation. Fortgesetzt lud der König Ausländer ein, sich in Pommern
niederzulassen. Aus der Pfalz, Mecklenburg, Polen, Schwedifch-Pommern, Sachsen
und Schwaben strömten Kolonisten herbei. Die Zahl der Ansiedler wird auf 26 000
geschätzt. 159 Dörfer verdanken dem Könige ihre Gründung. Am zahlreichsten waren
diese Kolonien in den Kreisen Ückermünde, Randow, Greisenhagen, Nangard, Kolberg
und Neustettin. Die Kolonien führen zum größten Teil den Namen von Angehörigen
des Königshauses, von Ministern, Generalen und andern verdienten Männern, z. B.
Zedlitzfelde, Finkenwalde, Sydowsane, Brenckenhosswalde, Karolinenhorst, Arnims-
Walde, Friedrichsfelde usw. Durch die Kolonisten wurde dem Lande ein Strom frischen
Lebens zugeführt. Die Ansiedler folgten in so großer Zahl dem Ruse des Königs,
weil sie in Preußen viele Vorrechte genossen und ungestört ihrem Glauben leben
durften. — Durch Trockenlegung von Sümpfen und Brüchen und durch Rodung von
Wäldern suchte der König neues Ackerland zu gewinnen. So wurden die Brüche der
Oder und Plöne sowie das große Bruch bei Schmolsiu entwässert. Ferner ließ er
den Lauf der Jhna und Leba regeln und den Wasserspiegel der Seen bei Neustettin
sowie des Madüsees tiefer legen. Dadurch wurden letzterem 3500 ha Land abge-
wonnen. Zu dieser Kolonisation zog der König neben dem Adel auch die Städte herau.
Stettin mußte eine Reihe von Kolonien gründen: Langenberg, Schwankenheim,
Schwabach, Wolfshorst, Friedensburg und Finkenwalde. Andre Städte, wie Demmin,
Pasewalk, Massow, Pyritz, Kolberg, Köslin u. a., zwang er, Teile ihres Stadtwaldes
zur Ansiedlnng herzugeben. Die Wälder Pommerns waren während des Sieben-
jährigen Krieges zum großen Teil abgeholzt worden. Friedrich ließ sie wieder
sorgfältig aufforsten und schonen. Wiederholt regte er die in Pommern unbekannte
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Gollnow Friedrich_der_Große Friedrich Randow Langenberg Massow Friedrich Friedrich
Die geschichtliche Entwicklung der Städte Pommerns.
27
Wehrregimentern, auch fehlte es zuerst an Belagerungsgeschützen. Die Stadt wurde
von den Franzosen tapfer verteidigt, aber bald mangelte es an Lebensmitteln. Ein
Pfund Butter kostete 9 Mark, ein Liter Milch 1 Mark, ein Huhn 5 Mark. Ein großer
Teil der Bewohner verließ deshalb nach und nach die Stadt. Erst nach der Schlacht
bei Leipzig gaben die Franzosen den Widerstand auf. Am 5. Dezember erfolgte die
Übergabe der Festung an die Preußen.
7. Erwerbung Neu-Vorpommerns. Durch den Wiener Kongreß wurde endlich
auch das letzte Stück Pommerns preußisch. Schweden erhielt dafür 31/2 Millionen
Taler Entschädigung. Am 23. Oktober 1815 erfolgte in Stralsund die feierliche Über-
gäbe des Landes. So war endlich nach langer Trennung, die mehr als anderthalb
Jahrhundert gedauert hatte, gauz Pommern wieder unter einer Herrschaft vereinigt.
Die geschichtliche Entwicklung der Städte Pommerns.
1. Gründung. Schon an den Namen erkennt man, daß die meisten pommerschen
Städte wendischen Ursprungs sind. Nur wenige, wie Swinemünde und Franzburg,
stammen aus einer späteren Zeit. Die meisten haben sich im Anschluß an wendische
Burgen entwickelt. Sie sind aus den Niederlassungen der deutschen Ansiedler hervor-
gegangen, die gewöhnlich in deren Nähe lagen. Beide verschmolzen zu einem Ge-
meinwesen, das nach der Burg benannt wurde. So bedeutet Stargard alte Burg,
Naugard neue Burg, Belgard weiße Burg usw. Ein Ort wurde Stadt, wenn er eine
Ringmauer hatte und das Marktrecht erhielt. Die Städte wurden gewöhnlich an
solchen Orten angelegt, wo sie durch Flußarme, Sümpfe und Seen gegen feindliche
Angriffe geschützt waren. An der Gründung von Städten beteiligten sich die Pommer-
schen Fürsten, die Ritter und Klöster. So entstand in dem Gebiete des Klosters Eldena
Greifswald. Köslin ist eine Gründung des Bischofs Hermann von Eammin. Durch
Adelsfamilien sind gegründet worden: Dramburg (von der Goltz), Freienwalde und
Nörenberg (von Wedel), Plathe (vonwödcke),Regenwalde (vonborcke)u.a.m. Lauen-
bürg, Leba und Bütow verdanken ihre Entstehung dem Deutschen Ritterorden und
Tempelburg den Tempelrittern. Die meisten Städte aber sind eine Gründung der
Pommerscheit Fürsten. So haben von diesen Stadtrecht erhalten: Stralsund 1234,
Stettin und Stargard 1243, Demmiu 1249, Greifswald 1250, Kolberg 1255, Gollnow
1268, Naugard 1290, Belgard 1299 usw. — Nur wenigen von den genannten Städten
war eine große Entwicklung beschieden. Die meisten waren und blieben unbedeutende
Landstädtchen; denn sie lagen abseits von den großen Verkehrsstraßen in einem dünn
bevölkerten und uoch wenig kultivierten Lande. Selbst die größten Städte, wie Stettin
und Stralsund, hatten noch zur Zeit der Resormatiou wenig mehr denn 6000 Einwohner.
2. Das Äußere der Stadt. Die Städte waren von einer Ringmauer, einem
Wallgraben und mehreren Erdwällen umgeben. Über den Toren und auf der Mauer
erhoben sich zur besseren Verteidigung mehrere starke Türme. Die vielen schönen
Stadttore, die noch heute erhalten sind, stammelt säst sämtlich aus dem 14. und
15. Jahrhundert. Die Straßen der Stadt waren eng, krumm und uugepflastert. Sie
bildeten Ablagerungsstätten für jeden Unrat, für dessen Fortschaffung niemand sorgte.
Noch gegen Ende des 16. Jahrhunderts liefen in Stettin die Schweine auf offener
Straße umher, und in Stargard mußte es den Mitgliedern der vornehmsten Gilde,
den Gewandschneidern (Großkaufleuten), verboten werden, innerhalb der Stadt einen
Mistwagen zu beladen oder auf ihm zu fahren. Die Unfanberkeit der Städte erklärt
auch die Häufigkeit der ansteckenden Krankheiten. Eine besondere Geißel jener Zeit
$
m
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30
Bilder aus der Heimatkunde Pommerns.
eines Oberhauptes in gemeinsamer Arbeit. Der Boden wurde mit einem hölzernen
Haken aufgerissen und der Same in die Furchen hineingestreut. Wegen dieser höchst
unvollkommenen Bestellung waren die Erträge nur sehr gering. Neben dem Ackerbau
wurde der Fischfang eifrig betrieben, wozu die zahlreichen Seen und Flüsse sowie
die Nähe des Meeres ja förmlich einluden. Bedeutend war auch die Bienenzucht der
Wenden. — Ihre gemeinsamen Angelegenheiten berieten sie in Versammlungen, die
gewöhnlich in den Krügen abgehalten wurden. Diese befanden sich meist in den
Burgwällen oder in deren Nähe. Je zahlreicher die Familien wurden, desto knapper
wurde das Gemeindeland. Viele Bauern zogen es deshalb vor, von einem adligen
Herrn ein Stück Ackerland zur Bewirtschaftimg zu übernehmen. Sie waren unfrei
oder „hörig" geworden, aber ihre Lage war im allgemeinen nicht ungünstig und die
Behandlung gut und milde. Da der Grund und Boden als Eigentum des Grund-
Herrn galt, wurden die Hörigen mit diesem verkauft. Neben den Hörigen gab es
noch zahlreiche Sklaven, die im Kriege oder durch Seeraub erbeutet waren. Sie
waren völlig rechtlos und mußten viele Bedrückungen erleiden.
2. Der deutsche Bauer, a) Einwanderung. In den fortwährenden Kämpfen
mit den Polen, Dänen und Deutschen schmolz die wendische Bevölkerung furchtbar
zusammen. Die meisten Dörfer lagen in Schutt und Asche, und weite Gebiete waren
völlig unbewohnt. Da riefen die pommerschen Fürsten und die deutschen Mönche
fleißige und fromme Ansiedler ans den: Reiche herbei und beschenkten sie reichlich mit
Ländereien und Wald. Sachsen und Westfalen, Rheinländer und Holländer zogen
als freie Bauern in das Land ein. Überall entstanden deutsche Orte, die wir heute
noch an den Endungen -dors, -Hägen, -Wald, -bnrg usw. als deutsche Ausiedlungen
erkennen. Der Deutsche bewahrte seine Sitten und Gebräuche auch in der Fremde
und behielt sein eigenes Recht und seine Sprache bei.
b) Besiedlung. Die Besiedlung eines Dorfes ging gewöhnlich so vor sich, daß
der Fürst oder die Kirche oder ein begüterter Adliger einem deutschen Unternehmer
einen größeren Grundbesitz übergab. Dieser führte die Kolonisten herbei und teilte
unter diese den Besitz. Der Unternehmer bekam für seine Arbeit einen doppelten
Anteil und bekleidete meist das Schulzenamt. Die Kolonisten zahlten einen mäßigen
Zins an den Grundherrn und den Zehnten an die Kirche. Der Schulze oder Frei-
schulze, der gewöhnlich keine Abgaben zu zahlen hatte, war der Vorsitzende des Dorf-
gerichts. Dieses urteilte nach deutschem Recht über kleinere Vergehen und Streitig-
keiteu. — Die wendischen Bauern wanderten häufig freiwillig aus. Oft siedelten sie
sich auch in der Nähe der deutschen Dörfer an. Der neue Ort erhielt alsdann den
Zusatz Klein- oder Wendisch- im Gegensatz zu der deutschen Ansiedluug, die das Beiwort
Groß- oder Deutsch- annahm. Allmählich verschmolzen Wenden und Germanen zu
einem Volke.
c) Abhängigkeit vom Adel. Doch auch die deutschen Bauern konnten ihre
Unabhängigkeit und Freiheit nur mit Mühe bewahren. Infolge der zahlreichen Ein-
Wanderung sank die Nachfrage nach deutschen Arbeitskräften. Daher waren die Kolo-
nisten oft gezwungen, unter den ungünstigsten Bedingungen das Land von dem Grund-
Herrn zu übernehmen. Dessen Streben aber ging meist darauf hinaus, die Bauern
in Abhängigkeit und Hörigkeit zu bringen. Auch trug die Unsicherheit der Zeit viel
dazu bei, daß sich die Bauern freiwillig in den Schutz eines mächtigen Adligen begaben.
Denn im 14. und 15. Jahrhundert griff das Fehdewesen auch in Pommern immer
mehr um sich. In den zahlreichen Kämpfen der Ritter untereinander und mit den
Städten hatten die Bauern am schwersten zu leiden. Da die Burgen schwer zu erobem
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Das Pommersche Flachland.
5
der Nähe des Pommerschen Urstromtales. Diese Sandebenen sind zun: größten Teil
mit Kiefernwald bestanden. Der größte Teil des Pommerschen Flachlandes ist für
den Ackerbau wohlgeeignet. Sehr oft mangelt es dem pommerschen Boden an Kalk
und verschiedenen Salzen, welche die Pflanzen notwendig zu ihren: Wachstum ge-
brauchen. Darum muß der Landmann fast überall Kalk und Kunstdünger verwenden.
Die wichtigsten dieser Düngemittel sind: Kaimt (Abraumsalz), Thomasschlacke, Super-
phosphat, Chilesalpeter, Guano (Vogeldünger) und Knochenmehl. Um festzustellen,
welche Stoffe einem Acker fehlen, ist es von Wichtigkeit, daß er von einem Chemiker
untersucht wird. Da die Pflanzen dem Boden fortwährend Nahrung entziehen, so
wird er mit jeder Ernte magerer; deshalb muß der Landwirt stets für genügenden
Ersatz sorgen. Dies geschieht, indem er den Acker düngt. Weil jede Pflanzenart
besondere Nahrungsstoffe verlangt, spielt die Fruchtfolge in der Landwirtschaft eine
große Rolle. Baut der Landmann z. B. zwei oder gar drei Jahre nacheinander die-
selbe Frucht auf demselben Felde, so wird der Ertrag mit jedem Jahr geringer. —
Die Erträge der Felder hängen zu einem großen Teil von der Bestellung des Ackers
ab. Je tiefer der Boden gepflügt wird, desto tiefer können auch die Wurzeln der
Pflanzen in ihn eindringen. Der gepflügte Acker muß möglichst lange den Einflüssen
der Wittemng, dem Sonnenschein und Regen, dem Frost und der Hitze ausgesetzt sein;
denn diese bewirken eine schnelle Verwitterung der Humuserde. Vor allem hat der
Landmann durch fleißiges Eggen dafür zu sorgen, daß die Unkräuter zerstört werden,
weil diese dem Getreide Licht, Luft und Nahrung rauben. — Die wichtigste Feldfrucht
Pommerns ist der Roggen. Dieser gedeiht selbst auf dem wenig fruchtbaren Boden
des Höhenzuges und in den sandigen und moorigen Gegenden der Küstenebene. Wo
der Boden fruchtbarer ist, wie im Rügeuwalder Amt, bei Pyritz und in Vorpommern,
da wird auch Weizeu angebaut. Daneben sät der Landmann hauptsächlich Hafer
und Gerste, diese verwendet er zum größten Teil als Viehfutter. Weuu der Bodeu
gar zu unfruchtbar ist, so wird er mit Buchweizen bestellt. Unter den Hackfrüchten
nimmt die Kartoffel die erste Stelle ein. Sie bildet neben dem Brot das Haupt--
Nahrungsmittel der Bevölkerung. Der größte Teil der Kartoffeln aber wird zur Füt-
ternng des Viehs, insbesondere der Schweine, verwendet. Außerdem gewinnt man
aus ihnen Spiritus und Stärkemehl. Pommern besitzt mehrere hundert Spiritns-
breuuereieu und viele Stärkefabriken. In den fruchtbarsten Gegenden nnfrer Provinz
hat der Anbau der Zuckerrüben eine große Ausdehnung angenommen. Außerdem
baut der Landmann eine große Anzahl von Futterpflanzen, z. B. Serradella, Lupinen,
Klee, Luzerne, Wrnken, Runkelrüben, Mohrrüben n. a. Bedeutend ist auch der Flachs-
bau Pommerns.
Viehzucht. In engem Zusammenhange mit dein Ackerbau steht die Viehzucht.
Beide sind miteinander unzertrennlich verknüpft. Das Pferd hilft dem Landmann
den Acker bestellen, während ihm das Rind die süße Milch und das Schaf die weiche
Wolle liefert. Die beiden letztgenannten Tiere sowie das Schwein nützen ihm außerdem
durch ihr wohlschmeckendes Fleisch. Besonders wertvoll ist für den Landmann der
Dünger, den ihm die Viehwirtschast liefert; ohne diesen könnte er ans die Dauer den
Ackerbau nicht betreiben. Den größten Nutzen aber erzielt er dadurch, daß er sein Korn
und seine Futtervorräte zur Aufzucht und zur Mast der Haustiere verwendet. — Die
erste Stelle in der Viehwirtschaft nimmt die Rindviehzncht ein. Diese hat in Pommer,:
in den letzten dreißig Jahren einen gewaltigen Fortschritt zu verzeichnen. Fast überall
trisst man entweder die schwarzbunte holländische oder die rote friesische Rasse an.
Das kleine und magere pommersche Rind verschwindet immer mehr und mehr.
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Die geschichtliche Entwicklung des Bauernstandes in Pommern. 31
waren, so plünderte oder „pochte" man gegenseitig die Dörfer aus. Der Feind trieb
die Viehherden fort und vernichtete die Feldfrüchte. Manchmal verdarb er die Äcker
sogar durch böswilliges Einsäen von wucherndem Unkraut. Ms die Zeiten im 16. und
zu Anfang des 17. Jahrhunderts friedlicher wurden, da gelangte auch der Bauer zu
einem bescheidenen Wohlstande.
d) Der Dreißigjährige Krieg. Doch die furchtbareu Stürme des Dreißig-
jährigen Krieges vernichteten gar bald diese Blüte. Gerade die Bauern hatten unter
den Kriegsgreueln am meisten zu leiden. Ganze Dörfer verschwanden vom Erdboden.
Auf den Äckern wuchs wieder Wald. Die Bauern waren Bettler geworden. Viele
hatten Haus und Hof verlassen, weil die hohen Abgaben und die fortgesetzten Plün-
deruugeu sie zur Verzweiflung trieben. Andre hatten durch Selbstmord ihrem elenden
Leben ein Ende gemacht. Die verlassenen Bauernhöfe wurden von den Gutsherren
mit ihrem Besitz vereinigt. — Hinterpommern war im Westfälischen Frieden an
Brandenburg gefallen, und der Große Kurfürst suchte auch hier die Wunden zu heilen,
die der Krieg geschlagen hatte. Er rief aufs neue Ansiedler herbei und schenkte ihnen
die herrenlosen Bauernhöfe. Auf sechs Jahre erließ er ihnen die Pacht und befreite
sie von allen öffentlichen Lasten; außerdem gab er ihnen Ackergerät, Zugvieh und
Saatkorn. So gelang es ihm bald, seine eigenen Güter wieder zu besiedeln. Laug-
samer kamen die adligen Güter wieder in Anbau; hier siedeltet: sich die einheimischen
Bauern an, die froh sein mußten, wenn ihnen der benachbarte Edelmann überhaupt
ein Stück Land sowie Ackergerät und Saatkorn gab. Sie ließen sich die drückendsten
Bedingungen, ja selbst die Leibeigenschaft gefallen. Die Bauem mußte« der Guts-
herrschaft den Untertänigkeitseid schwöret:. Sie waren an die Scholle gebuudeu und
durften ohne Erlaubnis des Edelmannes ihren Wohnsitz nicht verlassen. Ihre Kinder
durften ohne seine Erlaubnis weder heiraten noch einen andern Beruf erwählen.
Die Bauern mußten mit ihren Kindern wöchentlich vier bis sechs Tage auf dem Gute
des Herrn arbeiten und ihren Acker des Nachts und am Sonntage bestellen. Sie besaßen
kein Erbrecht an dem Boden, den sie bebauten, sondern waren nur auf Kündigung
oder auf Lebenszeit eingesetzt worden. Die Behaudluug der Leibeigenen war oft
hart und unmenschlich.
3. Fürsorge Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs Ii. Friedrich Wilhelm I.
und Friedrich der Große suchten das Los ihrer Bauern zu erleichtern. Sie bestimmten,
daß diese nur noch zwei, höchstens drei Tage in der Woche auf den Gütern arbeiten
sollten. Auch verboteu sie ihren Beamten, die Leute zu schlagen und zu mißhandeln.
Beide Fürsten machten sogar den Versuch, die Erbuntertänigkeit aufzuheben. Doch ihr
Vorhaben scheiterte an dem Widersprach der Adligen und der Torheit der Bauern
selbst. Vor allem verboten sie streng das „Bauernlegen", d. h. das Einziehen der
Bauernhöfe, wenn der Besitzer starb oder verzog, ebenso das Aufkaufen der freien
Bauernhöfe. (Vgl. S. 21 u. 24.)
4. Aufhebung der Erbuntertänigkeit. Die Freiheit erlangten die Bauern
erst durch die Steiu-Hardenbergische Reform. Friedrich Wilhelm Iii. hob die Erbunter-
tänigkeit auf. Der Bauer durfte fortan ohne gutsherrliche Genehmigung sein Grund-
stück verkaufen und verpfänden, sich verheiraten und ein bürgerliches Gewerbe treiben.
Für die königlichen Güter erließ der König folgende Verordnung: „Auf meinen sämt-
lichen Domänen soll vom 1. Juni 1808 an schlechterdings keine Hörigkeit, Leibeigen-
schast, Erbuntertänigkeit oder Gutspflicht stattfinden. Ich erkläre meine Domänen-
insassen ausdrücklich für freie, unabhängige Menschen in der Art, daß sie auch von dem
Gesindezwange und Loskaufgeld entbunden, werden." Am 27. Juli 1808 verlieh der
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7. Barth. Die Stadt mit der mächtigen Kirche, die über die kleinen Häuser weit emporragt, liegt am Barther Bodden, einem überaus unregelmäßig ge-
stalteten Gewässer, das durch die Halbinsel gingst von der Ostsee getrennt wird.
8. Heringsdorf. In herrlicher Umgegend liegt das Seebad an der Außenküste von Usedom und bietet mit seinen schönen Landhäusern und Badeanlagen,
besonders auch von der See aus, einen lieblichen Anblick. Heringsdorf ist das größte Seebad der Insel und wird jährlich von mehreren^tausend Kurgästen besucht.
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Klima. - Größe, Einteilung, Bevölkerung.
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Von 100 Ks entfielen
in auf Acker- und Wiesenland Wiesen Weiden und Hutungen Waldland Haus- und Hof- räum, öd-, Un- land, Wege, Ge- wässer usw.
Pommern . . Kgr. Preußen Deutsch. Reich 55.1 50,7 48,7 10,3 9.4 11,0 6.2 5,9 5.1 20.6 23.7 25.9 7.8 10.3 9.3
Sehr reich ist die Provinz an Mooren, die fast den achten Teil der
Gesamtfläche einnehmen (451 000 ha). Ihre wirtschaftliche Ausnutzung oder
Entwässerung macht große Fortschritte.
Der Waldbestand umfaßt in Pommern 619175 ha, wovon 158 791 ha
Laubholz und 460 384 ha Nadelholz sind. Mit diesem Waldbestande
nimmt Pommern unter den preußischen Provinzen die siebente Stelle ein;
Posen, Westfalen, Westpreußen, Sachsen und Schleswig-Holstein sind ärmer
an Wald. Im Regierungsbezirk Stettin sind 19°/», Köslin 22 °/0r Stral-
sund 14% des Bodens Waldbestand? der letztere gehört zu den waldärmsten
Bezirken Preußens.
In Pommern ist der Großgrundbesitz auffallend stark vertreten (namentlich im
Regierungsbezirk Stralsund). Domänen sind 138 mit 153 Gütern vorhanden.
Rindvieh und Schweine werden verhältnismäßig nicht viel gehalten, dagegen
nimmt in der Schafzucht Pommern die erste Stelle in Preußen ein, in der Provinz
der Regierungsbezirk Stralsund. Auch die Bienenzüchterei hebt sich mehr und mehr.
Industrie in größerem Umfange finden wir nur bei Stettin und allen-
falls bei Stralsund. Sonst sind wohl Dampfschneidemühlen und Holzpappen-
fabriken zur Ausnutzung des Holzes vorhanden, außerdem Papier- oder
Papierstoffabriken (z. B. in Hohenkrug bei Altdamm und in Varzin) und
zahlreiche Glashütten. Zuckerfabriken gibt es in geringer Zahl (11). Zement-
fabriken haben wir in Podejuch, Jüllchow, Lebbin, Ziegeleien bei Stettin
und ückermünde. Infolge des starken Kartoffelbaues sind in vielen Orten
Brennereien entstanden, ebenso sind zahlreiche Brauereien im Betrieb. Für
die Arbeiter bestanden im Jahre 1912 in Pommern 441 Krankenkassen.
Der Wasserweg ist der gesuchteste? aber die wenigsten Ortschaften
besitzen einen solchen. Bon Flüssen sind außer der Oder in größerem Maß-
stabe nur die Peene und etwa die Ucker schiffbar.
Die Provinz und die einzelnen Kreise sorgen für Herstellung guter, fahr-
barer Straßen. Über 4200 km Chausseen durchziehen das Land.
Das Eisenbahnnetz ist immer mehr ausgebaut worden, besonders in Hinter-
pommern ist eine größere Zahl von Bahnen untergeordneter Bedeutung entstanden.
In der Provinz gibt es etwa 2340 km vollspurige Eisenbahnen und etwa 1200 km
Kleinbahnen. Es kommen auf 100 000 Einw. in Pommern 136, im König-
reich Preußen 91 km, auf 1000 qkm in Pommern 78, in Preußen 107 km
Vollbahnen.
Die älteste Bahn ist die Berlin-Stettiner, welche 1843 eröffnet wurde? wichtig
sind weiter die Linien über Stargard nach Danzig und nach Posen, von Stettin nach
Breslau und nach Lübeck, von Berlin nach Stralsund und Saßnitz.
* 2*
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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TM Hauptwörter (200): [T135: [Haff Stadt Stettin Weichsel Ostsee Insel Memel Königsberg Danzig See], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
Übersicht über die Geschichte Pommerns.
23
den Nutzen der Einwanderung und begünstigten sie auf jede Weise. Nament-
lich war es Herzog Barnim I. (1- 1278), der für dieses Werk auch deutsche
Ritter und Edle nach Pommern zog und ihnen Landbesitz nach deutschem
Lehnsrecht überwies. Diese Kolonisten drängten die slawischen Bewohner immer
mehr zurück, so daß sie mit der Zeit verschwanden. Auch der Handel zog Ein-
wanderer in das neuerschlossene, günstig am Meere gelegene Land, und es
entstanden zum Teil bei den alten slawischen Ansiedlungen, zum Teil an
anderen geeigneten Stellen Niederlassungen, die von den Landesherren mit
deutschem Stadtrecht begabt wurden (1234 Stralsund, 1243 Stettin und
Stargard, 1250 Greifswald). Die deutschen Bewohner kamen zumeist aus
Niedersachsen, Westfalen, vom Rhein, aus dem Magdeburgischen Lande, von
Lübeck u. a. O. herbei. So wurde Pommern ein deutsches Land. Die Her-
zöge hatten zahlreiche Kämpfe mit den Dänenkönigen zu bestehen, deren
Lehnshoheit sie lange Jahre anerkennen mußten. Daneben mußten sie sich
gegen die Markgrafen von Brandenburg verteidigen und wurden nach 1227
diesen lehnsuntertänig, während das Fürstentum Rügen ein Lehen Däne-
marks blieb. Ostpommern dagegen stand in enger Beziehung zu Polen.
Während die Städte immer mehr erstarkten, schwächten die Herzöge ihre
Macht durch Teilungen; so entstanden 1295 zwei Herzogtümer, Stettin und
Wolgast. Zu derselben Zeit starb das ostpommerfche Herrschergeschlecht, das
in Danzig seinen Sitz hatte, aus, das Land kam nach längeren Kämpfen
zum großen Teil in den Besitz des Deutschen Ordens, der auch in den Ländern
Lauenburg und Bütow gebot.
4. Pommerns Selbständigkeit.
Nach dem Erlöschen des askanischen Fürstenhauses in Brandenburg (1320)
gewannen die Herzöge nach langen Kriegen 1348 die Unabhängigkeit ihres Landes.
Auch wurde 1325 das Fürstentum Rügen mit Pommern-Wolgast vereinigt
und im Rügenschen Erbfolgekriege (1326- 1328) gegen die Mecklenburger
behauptet. Enger als früher schlössen sich die Stettiner Herzöge Otto I. (I' 1344)
und Barnim lll. (I' 1368) an das Reich an und bemühten sich, ihr kleines
Gebiet zu heben. Doch wurde später die Fürstenmacht durch fortgesetzte
Teilungen sehr geschwächt, die das Wolgaster Herzogtum einige Zeit in vier
Herrschaften (Barth, Wolgast, Stargard, Stolp) zerfallen ließen. Dagegen
gewannen zahlreiche pommersche Städte große Kraft durch den Anschluß an
den Hansabund, der 1370 im Frieden zu Stralsund nach Überwältigung der
dänischen Macht der Gebieter auf der Ostsee wurde. In ihm nahm Stralsund
eine hervorragende Stellung ein. Der Handel nach Schweden, Norwegen,
Dänemark, England und Rußland hob den Reichtum der Städte, in denen
ein stolzes, energisches Geschlecht voll Selbstbewußtsein heranwuchs, das auch
gar oft den Landesherren Trotz bot. Die stattlichen Kirchenbauten, die festen
Mauern und Türme zeugen von dem kräftigen Leben dieser Zeit. In den
Städten hatten sich bereits im 13. Jahrhundert die Franziskaner- und Domini-
kanermönche angesiedelt, die einen großen Einfluß auf die Bevölkerung ge-
wannen.
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20. Der Jordan-See bei Misdroy. Unweit der Ostsee mitten in dichtem Walde liegt der kleine
See, der von einem Kranz von Sagen umwoben wird. Sein Name ist wohl von dem slawischen Worte
gard — Burg abzuleiten.
21. Der Große Stein in Groß-Tychow. Auf dem Friedhofe des nicht weit von Belgard gelegenen
Dorfes liegt ein riesenhafter Findling: ein gewaltiger Glimmergneisblock von 44 m Umfang, 4 m Höhe
und etwa 700 cbm Inhalt.
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2. Wie die Pommern Christen wurden.
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Die Frauen der Pommern hatten es im groen und ganzen etwas besser als die Frauen der brigen wendischen Stmme; aber die Viel-weiberei herrschte auch hier, und hufig wurden neugeborene Mdchen gettet, weil die Pommern nicht so viel Weiber haben wollten.
So lebten die Wenden zur Zeit Karls des Groen. Sie hatten also schon ein geordnetes Gemeinschaftsleben: eine Art von Staatsform und ein Kriegertum. und waren wirtschaftlich selbstndig, als sie mit ihren Nachbarn in Streit gerieten.
Ihrer wirtschaftlichen Selbstndigkeit und der Eigenart ihres Charakters ist es zuzuschreiben, da zur Unterwerfung Pommerns Jahrhunderte ntig gewesen sind. Der Pommer war und ist kraftvoll, tapfer, von zher Aus-dauer, standhaft, anhnglich und treu?
2. Wie die Pommern Christen wurden.
Die Deutschen, die Polen und die Dnen versuchten nacheinander Pommern zu erobern; denn es lag ihnen daran, die Ostseekste zu haben, die fr den Handel sehr wichtig war.
Einst zog im Jahre 1122 König Boleslaw von Polen gegen (Stettin, drang im Winter der die gefrorenen Smpfe vor und nahm es ein. Herzog Wartislaw, der in Stettin regierte, mute Polens Oberhoheit anerkennen, mute versprechen, Tribut zu zahlen und dafr zu sorgen, da sein Volk christlich wrde.
Pommern bestand damals ans zwei Frstentmern; denn Herzog Swantibor I. hatte sein Land unter seine vier Sohne geteilt. Die beiden lteren bekamen das Land zwischen Peene und Perfante mit der Hauptstadt Stettin, und die beiden jngeren erhielten das Land von der Per-sante bis zur Weichsel mit der Hauptstadt Danzig. Der Teil mit Stettin hie Vorpommern oder Slawien, der Teil mit Danzig hie Hinter-Pommern oder Pommerellen. Die Leute, die hier wohnten, trugen dicke Pelzrcke, und weil Pelz slawisch Kozuch heit, so nannte man sie danach Kaschuben und ihr Land das Land der Kaschuben. Das stliche Pommerellen mit Danzig kam spter 1308 an den Deutschen Ritter-orden. Der westliche Teil des Landes fiel an Vorpommern und wurde mit diesem verbunden.
Wartislaw von Stettin, unter dem Pommern christlich werden sollte, war Swantibors ltester Sohn.
Der Polenknig besorgte selber einen Bischof, Bernhard hie er, der die Pommern bekehren sollte. Aber er richtete nichts bei ihnen aus.
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Extrahierte Personennamen: Karls König_Boleslaw_von_Polen Boleslaw Wartislaw Bernhard