§ 134—136
Iv. Deutschlands Handel und Verkehr.
105
aussperrungen von größerem Umfange und längerer Dauer bedeuten schwere Er-
schütterungen des wirtschaftlichen Lebens und viele Millionen Verluste an Volks-
vermögen.
4. Hausindustrie. Obgleich in den letzten Jahrzehnten in vielen Er- § 134.
werbszweigen, wie in der Handweberei, Bürsten- und Kammfabrikation
und in der Schwarzwälder Uhrenindustrie, die Hausindustrie immer stärker
vom Fabrikbetrieb verdrängt morden ist, hat sie doch in einer ganzen Reihe
von Gewerben noch Fortbestehen und Gedeihen gefunden, so in der Kon-
fektion, in der Tabakverarbeitung, Korbmacherei, Spitzenklöppelei, Weiß-
zeugstickerei, Schuhmacherei und Spielmarenindustrie. Der Unternehmer
beschafft dabei das Rohmaterial oder die halbfertige Ware unter Verein-
barung des Lohnes für das Stück oder Dutzend. Er spart aber erheblich
an Produktionskosten, wie Miete, Heizung, Beleuchtung, Instandhaltung
der Arbeitsräume, braucht nur wenig stehendes Kapital, hat nicht für
dauernde Beschäftigung der Arbeiter zu sorgen und zahlt vielfach sehr ge-
ringe Löhne. Verbreitungsgebiete der Hausindustrie sind besonders
unsere Gebirgsgegenden von den Sudeten bis zum Wasgenwald und
die Großstädte. Dort verbindet sich die Heimarbeit häufig als Neben-
beruf mit einem bescheidenen Betrieb der Landwirtschaft; in der Großstadt
beschäftigt sie besonders viel verheiratete Frauen, die um jeden Preis
Arbeit suchen und doch dabei ihr Hauswesen mit versorgen wollen. Manche
Erportiudustrie vermag sich nur durch die oft ungemein niedrigen Arbeits-
löhne der Hausindustrie zu halten. In der Benutzung derselben engen
Räume zum Wohnen, Schlafen und Arbeiten liegen ernste Gefahren für
die Gesundheit der Heimarbeiter und der Konsumenten der Waren. Es
werden deshalb seitens der Regierung Maßnahmen zum Schutze der Heim-
arbeiter erwogen, z. B. ihre Aufnahme in die Versicherungspflicht.
Iv. Deutschlands Handel und Verkehr.
Dem Austausch der Erzeugnisse dienen Handel und Verkehr. § 135.
A. Deutschlands Handel.
Im Binnenhandel vollzieht sich ein regerwarenaustausch zwischen Stadt
und Land, zwischen Nord-und Süddeutschland einerseits, wo Landwirtschaft
und Viehzucht vorwalten, und dem gewerbreichen Mitteldeutschland
anderseits. An wichtigen Verkehrsknotenpunkten entstanden die be-
deutendsten Binnenhandelsstädte: Berlin, Leipzig, Dresden, Breslau,
Magdeburg, Köln, Düsseldorf, Duisburg, Frankfurt a. M., Mannheim,
Straßburg, München, Nürnberg.
Der Außenhandel Deutschlands ist in den letzten Jahrzehnten unter § 136.
den bedeutendsten Handelsstaaten der Erde sowohl in der Einfuhr wie in
der Ausfuhr am schnellsten gewachsen. Er stieg von 1900 bis 1911
von 11,1 auf 19 Milliarden Mark; dabei ist die Einfuhr größer als die Aus-
fuhr (§ 159). Eine solche passive Handelsbilanz hat Deutschland regel-
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Wasgenwald Deutschlands Deutschlands Nord-und_Süddeutschland Berlin Leipzig Dresden Breslau Magdeburg Düsseldorf Duisburg Frankfurt_a._M. Mannheim Nürnberg Deutschlands Deutschland
72
Europa. C. Das Nordwesteuropäische Schollenland.
42. Die holländischen Fischer genießen für
den Heringsfang äußerst günstige Bedingungen,
Niederländer erfanden bereits um 1400 das Ein-
salzen der Heringe, machten damit den Fisch zum
Gegenstand des Welthandels und lösen heute
daraus jährlich etwa 12 bis 15 Mi». Mark.
43. Holländerin. Für Frauen und Mäd-
chen ist die Haube kennzeichnend. Die Häuser
der Niederländer sind vorwiegend aus hartge-
brannten „Klinkern" erbaut. Anstrich der Türen
und Fenster und Blumen an den Fenstern geben
ihnen ein anheimelndes Aussehen.
sie ein reiches Volk. Die Notwendigkeit, in dem feuchten Klima alle Metall-
gegenstände durch stetes Putzen vor dem Rosten zu bewahren, erzog sie zu
der sprichwörtlichen Sauberkeit.
§ 110. Berkehrskundliches und Bedeutung für das Deutsche Reich. Des
Seestaates wichtigste Verkehrsstraßen liegen auf dem Meere. Für
den deutschen Verkehr, der an der Rheinlinie feit der Unabhängigkeit
der bis 1648 deutschen Niederlande von der Nordsee abgesperrt ist, bilden
die Niederlande ein wichtiges Durchgangsland. Besonders kommen die Linien
Berlin—london (20 St.) über Vlissingen und über Hoek [hntfj van
Holland, den Vorhafen von Rotterdam, in Betracht. Ausfuhrhafen für
das rheinisch-westfälische Industriegebiet ist Rotterdam. Als Ver-
käufer an die Deutschen stehen die Niederländer mit rund 250 Millionen Mark
(1910) an vierzehnter Stelle, als Käufer von Deutschen mit 500 Millionen
an sechster. Sie liefern uns hauptsächlich Butter, Käse und Fische und
beziehen von uns Steinkohlen, Roggen, Webwaren und Eisen.
Der Einfluß der Niederländer auf die deutsche Moorkultur, auf die Ein-
deichung der Marschen und die Anlage von Kanälen zur Entwässerung und
zur Schiffahrt (Oderbruch, Netze- und Warthebruch, Friedrich-Wilhelms-
kanal, Bromberger Kanal) hat uns großen Nutzen gebracht. Auf dem Ge-
biete der Malerei haben die Niederländer uns aufs merkbarste beeinflußt.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Fischer
Extrahierte Ortsnamen: Europa Nordwesteuropäische_Schollenland Deutsche_Reich Rheinlinie Niederlande Holland Rotterdam Rotterdam Oderbruch
6
Niedersächsische Dorfstrasze. — Fränkisches Gehöft.
11. Niedersächsische Dorfstraße im Wesergebiet (Loccum). Das niedersächsische Bauernhaus,
ein Langhaus mit einer Einfahrt an der Giebelseite, ist aus dem Schafstall entstanden. An diesen haben
sich allmählich an drei Seiten die Wohn- und Wirtschaftsräume angegliedert. Der Schafsta» selbst aber
wurde zur großen Diele, an deren Ende das immer brennende Herdfeuer das schornsteinlose Haus mit
seinem Rauch erfüllt und beizt, Die zugleich als Dreschtenne dienende Diele verbindet die Räume für
Menschen, Groß- und Kleinvieh, Feldfrüchte und Heu. Das oft auch den Giebel deckende anheimelnde
Strohdach, das sich ins Landschaftsbild harmonisch hineinschmiegt, macht zusehends dem Ziegeldache mit
Schornstein Platz.
12. Fränkisches Gehöft. Landwirtschaftliche Brauchbarkeit ist der vollkommen erreichte Hauptzweck
der fränkischen Hofsiedlung, und so dringt das fränkische Bauernhaus immer weiter in andere Stammes-
gebiete vor. Wohnhaus und Stallungen sind stets getrennt. Sie umschließen einen rechteckigen Hof, der
nach der Straße eine Wageneinfahrt und eine Tür hat. Das meist zweistöckige Wohnhaus wendet die
Giebelseite der Straße zu. Ihm gegenüber befinden sich die Stallungen, an der Hinterseite des Hofes schließt
die Scheune den Hof gegen den Gemüse- und Obstgarten ab. An der Dungstätte steht das Taubenhaus.
Das übrige Geflügel hat in Nebenräumen des Viehhauses eine Unterkunft, Diese Hofanlage gestattet
einerseits eine saubere und bequeme Einrichtung des Wohnhauses, anderseits ermöglicht sie die nötige
Übersicht über die Wirtschaftsräume.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura]]
TM Hauptwörter (200): [T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast]]
Bayrisches und Schwarzwälder Bauernhaus.
5
9. Bayrisches Gebirgshaus. Es stellt eine dem Klima angepaßte Verbindung von Holz-und Steinbau
dar. Im vorderen Teile ist es nur Wohnhaus. Der steinerne Unterbau enthält die Kellerräume, der mit zwei
oder drei und mehr Reihen von Galerien versehene Oberbau die freundlichen Wohnzimmer. Im unteren
Teile des Hinterhauses sind die Stallungen für das Vieh eingerichtet, das in ihnen meist nur den Winter
zubringt. Da die Alpenwirtschaft wenig Nebenräume braucht, da auch das Heu meist erst im Winter
auf Schlitten aus den „Stadeln" auf der Alm heruntergeholt wird, so sind die Nebenbauten gering und
meist auf Futter- und Holzräume beschränkt. Das mit Balkenköpfen verzierte, weit uberstehende Schindel-
dach ist der Windgefahr wegen flach aufgesetzt und mit Steinen beschwert. Ost sind die Balken mit
Schnitzwerk versehen und die Außenwände mit frommen Bildern und Sprüchen bemalt.
10. Schwarzwälder Bauernhaus. Da im oberen Schwarzwalde langer Winter herrscht, hat der
Schwarzwälder die zu seinem Hausstande gehörigen Menschen mit dem Vieh und den Vorräten unter
einem Dache vereinigt, damit er jederzeit vom Wohnräume zum Vieh und auf den Futterboden gelangen
kann. Dem Gneis- und Granit- wie dem Sandsteingebirge fehlt es an Kalk und Lehm zum Mauern,
und so stellt sich der gemauerte Bau teuer. Er wird daher auf das Untergeschoß, in dem das Vieh steht,
beschränkt. Im übrigen liefert der Holzreichtum des Waldes den Baustoff. Von der Seite führt eine
Treppe oder ein schräger Anstieg in das Wohngeschotz zu dem weiten Flur, der Küche, den Schlafräumen
und der sauberen, holzgetäselten Wohnstube. Schmucklose, durch das weit überstehende Dach vor Regen
geschützte Galerien laufen um die Geschosse.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit]]
3. Afrika.
71
Auf der fruchtbaren, aber fast baumlosen Hochebene vor dem Hohen Atlas
liegt Fes (etwa 150 000 E.), die größte Stadt, bekannt durch die Herstellung
roter Mützen, und südwestlich davon Marokko. Tanger (Bild 45), am Ein-
gang in die Straße von Gibraltar, bildet das Haupteingangstor ins Innere
und ist der bedeutendste Handelsplatz Marokkos.
2. Die französische Kolonie Algerien ist die wirtschaftlich wertvollste Be- ß 186.
sitznug Frankreichs. Südfrüchte, Wein, Obst, Gemüse, Getreide,
Datteln und Halfagras werden in bedeutender Menge nach Europa aus-
geführt, und der Eisenbergbau liefert gute Erträge.
Der Hauptort ist Algier^ (150000 E.). Aber auch die andere wichtige
Hafenstadt Oran hat 100 000 E.
45. Blick auf Tanger von der Zitadelle aus.
Das Nutzere der meist weiggetünchten Häuser mit ihren flachen Dächern ist höchst einfach? nur sehr
wenige Fenster sind nach der Strahe gerichtet. Der rege Handel Tangers liegt meist in den Händen der
Juden, die sich in Tanger freier bewegen können als in den übrigen Städten des Landes, und hier auch
nicht in einem besonderen Judenviertel zu wohnen brauchen.
3. Der französische Schutzstaat Tunis, das östliche Atlasland, ist ein bei § 187.
künstlicher Bewässerung fruchtbares Gebiet, wo Getreide, Ölbäume und
Dattelpalmen reiche Ernten liefern. Freilich sind die Bewässerungs-
anlagen meist verfallen.
Die Hauptstadt ist Tunis mit 200000 E. Sie tragt orientalisches
Gepräge. In der Nähe befinden sich die Ruinen des alten Karthago.
1 D. i, die Inseln, da die Stadt auf vier durch einen Damm mit dem Festland ver-
bnndenen Inseln liegt.
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
TM Hauptwörter (100): [T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Marokko Marokkos Algerien Frankreichs Europa Algier Oran Tanger Tunis Tunis Karthago
74
Ii. Das Königreich Sachsen.
§ 93—97
Grenzsteine des Berglandes gegen die Mittellausitz sind der Löbauer Berg
<450 in), eine Basaltkuppe, und der stattliche Rottmar (580 in), der eine
Platte aus Klingstein trägt. Er ist zugleich ein wichtiges Quellgebiet;
außer zahlreichen Bächen entspringen hier die Spree und das Löbauer
Wasser.
§ 96. Industrie. Ortschaften. Die südöstliche Lausitz ist ein Hauptgebiet der
Lein- und Baumwollweberei. Stadtähnliche Weberdörfer ziehen sich
oft stundenlang in den Flußtälern hin. Manche bestehen aus Ober-, Mittel-
und Niederdorf, jedes hat seine eigene Kirche und Schule. Zwischen die
kleinen, freundlichen Wohnhäuser drängen sich hohe, vielfenstrige Fabrik-
gebände mit qualmenden Essen. Tausende von Männern und Frauen sind
hier in den großen Arbeitssälen beschäftigt. Viele Arbeiter kommen täglich
ans den benachbarten böhmischen Orten herüber. Zahlreiche Kaufläden,
stattliche Schulhäuser und schmucke Kirchen zeugen von einem gewissen Wohl-
stand der Orte. Die größten Fabrikdörfer der Lausitz sind Neugersdorf
(12 000 E.), Ebersbach und Oderwitz. — Die feinste Leinwand mit ein-
gewebten Mustern (Damast) wird in Groß schön au verfertigt.
Noch vor 50 Jahren hatten die Lausitzer Weberdörfer ein anderes Aus-
sehen. Aberall schallte aus den ärmlichen, mit Stroh gedeckten Häusern
von früh bis in die späte Nacht das eigenartige Geklapper des Webstuhls.
Auch das Spinnen und Spulen des Garnes wurde mit der Hand besorgt.
Trotz unermüdlicher Arbeit war der Verdienst äußerst gering, dürftig die
Kost. Heute verschwindet die Hausweberei immer mehr*; dafür ernährt die
Großindustrie Tausende. Viele Fabrikarbeiter haben, wie im Erzgebirge
und Vogtland, ihr eigenes Häuschen und Gärtchen, ein Stück Feld, dazu
eine Kuh oder einige Ziegen.
Die Reitze hat sich in das Granitgestein des Hügellandes ein tiefes, waldreiches
Engtal eingeschnitten, das aus dem Zittauer ins Eörlitzer Becken führt. Hirschfelde
und Ostritz haben große Spinnereien. Da die Bevölkerung um Ostritz überwiegend
katholisch ist, liegt hier das schloßähnliche, reiche Kloster Mariental. Prächtig ist die
Klosterkirche. In frommer Andacht und christlicher Liebestätigkeit verbringen die Nonnen
ihre Tage. An den Häusern, an Brücken und Wegen der Ortschaften erblickt man hier
zahlreiche Kruzifixe, Muttergottes- und Heiligenbilder.
Östlich vom Kottmar, am Hutberge, liegt Herrnhut. Vor fast 200 Jahren wurde
es von „böhmisch-mährischen Brüdern", die wegen ihres Glaubens aus ihrer Heimat
vertrieben worden waren, auf dem Besitztum des frommen Grafen Zinzendorf ge-
gründet. Uber dem schmucken Orte ruht tiefe Stille; täglich ruft das Elöcklein die frommen
Bewohner in den schlichten Betsaal, der weder Kanzel noch Altar oder Orgel besitzt.
Einfache Grabplatten decken die Grüfte auf dem schmucklosen Gottesacker. Viele Herrn-
buter sind als „Missionare" zu den Heiden in ferne Länder gezogen, andere sind angesehene
Kaufleute, die mit jenen fremden Gebieten regen Handel treiben.
B. Berg- und Hügelland der Mittel- und Nordwestlausitz.
§ 97. Landschaft. Die Mittel- und die Nordwestlansitz bilden ein Berg- und
Hügelland ^mit flachen Bodenwellen. Sie bestehen fast überall aus schwarz
1 Lesebuch Nr. 116: „Ein Wcberdorf in der Obcrlausitz",
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
§ 100 _4. Das Lausitzer Tiefland._77
linge": in der Mitte lag ein rundlicher Platz mit einem Teiche? darum standen, dicht-
gedrängt, die strohgedeckten Lehmhütten, mit dem Giebel nach der Straße. Ins Dorf
führte ein einziger Weg, der abends durch ein schweres Holztor verschlossen wurde? im
übrigen war der Ort nach außen durch dichte Hecken geschützt. Außerhalb derselben lagen
Felder und Wiesen; denn die Sorben waren Ackerbauer und Viehzüchter. Sie trieben
daneben Jagd, Fischfang und Bienenzucht, webten ihre Kleidung aus Flachs und
Wolle und waren geschickte Töpfer. Auf heiligen Bergen opferten sie ihren Göttern.
Ihre Toten begruben sie in Steingräbern und stellten dazu Tränennäpfchen oder andere
Tongefäße mit Speisen für die Verstorbenen. Noch heute stößt man zuweilen beim Haus-
bau auf solche Urnenx.
Von der Burg Meißen aus wurde die Lausitz allmählich von den Deutschen
zurückerobert. An wichtigen Stellen entstanden Burgen zum Schutze gegen die Sorben.
Von Westen her wanderten deutsche Bauern ein und gründeten deutsche Dörfer.
Deutsche Ritter wurden als Herren über das Land gesetzt; sie erhielten große „Ritter-
güter" und forderten von den unterworfenen Sorben Abgaben. Mönche verkündigten
den Heiden das Christentum und erbauten Kirchen und Klöster; der Bischof von Meißen
hatte darüber die Aussicht.
Ein Rest der alten Sorben sind die Wenden. Sie wohnen zu beiden
Seiten der Spree: im 8 bis zum Höhenzug des Czorneboh, im 0 bis zum
Löbauer Wasser, im W bis in die Kameuzer Gegend. Die kleinen Dörfer
sind auch heute noch meist „Rundlinge". Die alten wendischen Häuser aus
Holzfachwerk und Lehmwäuden mit kleinen Fenstern und tief herabreichen-
dem Strohdach verschwinden freilich immer mehr. Im Verkehr unter-
einander halten die Wenden an ihrer Muttersprache fest. Bei kirchlichen Feiern,
besonders bei Taufen, Hochzeiten und Begräbnissen, wird in manchen Gegen-
den von den Frauen und Mädchen auch noch die alte Volkstracht getragen.
In der sächsischen Wendet leben in etwa 300 Dörfern, mit deutscher
Bevölkerung gemischt, gegen 40 000 Wenden. Im Spreegebiet der preußi-
scheu Niederlausitz ist ihre Zahl noch größer. Der Wende ist fleißig bei der
Arbeit und frommen Sinnes 2.
Die deutsche Bevölkerung der Oberlausitz spricht eiue besondere Mund-
art, die der Fremde nicht leicht versteht. Die Leute „singen" beim Sprechen,
und ihr „Dialekt" erscheint etwas rauh und polterig durch die laute Sprech-
weise, durch die dumpf klingenden Vokale und das rollende R und £, das
ganz hinten in der Kehle gesprochen wird. In ihren Ausdrücken haben sie
manche Worte, die aus dem Sorbischen stammen. (So heißt der Lockruf
für die Gaus „Husche", für die Ente „Bile", nach dem wendischen huzo
und pilo.) Ein Oberlausitzer Dichter rühmt seine Heimat und ihre fleißigen
Bewohner in „Aberlausitzer Muudart";
Sahn muß mrsch, sinstn weeß mrsch ne, Dos is dos Land, und froit ehr no,
Wie's ei d'r Lausitz is, Wie's im de Loite stiht?
Und war'sch ne g'sahn, dar tutt mr leed. Nu, doa mißt Enner blind do sin,
Dos is ack mol gewieß. Wenn ar sei Froid ne sieht.
Cr könnt oich imsahn, wu dr wullt, Eewarbe und de Landwirtschaft
D r Kroiz und Quare gihn, Su sihr as nirgends blihn.
Kommt ack mol hen, d'r werd's schu sahn, Kommt ack mol hen, do werd'r soin:
Dort is es wunderschin. Sett oan! Wie die's verstiehn.
1 Lesebuch Nr. 140: „Ein Gräberfeld". — - Lesebuch Nr. 117: „Wendische Sprichwörter".
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit]]
— 7 —
des Gebirges. Um die schützenden Burgen (Wildeck, Hartenstein) siedelten
sich dann Klöster (Aue) und Bürger in den Städten an. Besonders
aber haben die Silbersunde im 12. und 15. Jahrhundert und das
rege Erwerbsleben in der Gegenwart zur Anlage oder Erweiterung
größerer Ansiedelungen geführt (Aue, Annaberg). 3) Das naturwüchsige
Blockhaus aus Holz wird gegenwärtig durch das Haus aus Fach-
werk oder Bruchstein verdrängt. Freilich müssen in der einfachen
Stube oft zahlreiche Familienglieder zusammen wohnen. 4) Die Bewohner
arbeiten als Bergleute unter der Erde, bestellen als Bauern den Acker,
stechen Torf und roden Wälder. Sie benutzen die Kraft des Wassers in
Mühl- und Schneide werken. Sie treiben Fabrik- und Haus-
gewerbe (Klöppeln, Flechten, Sticken, Gorl-, Handschuhnähen und
Tischlern). Sie ziehen wohl auch als Hausierer in die Fremde. Brot,
Kartoffeln und Kaffee bilden vorzugsweise ihre Kost. Mit Ausnahme der
Waldarbeiter ist infolge der Entbehrung und sitzenden Lebensweise der
Menschenschlag geschwächt. 5) Den Erzgebirger ziert ein offener, gemüt-
voller Sinn im Umgänge mit den Seinen, mit Nachbarn, mit seinen
Haustieren. Die angeborene Munterkeit zeigt sich in der Liebe zum
Lied und in dem Hange zu Vergnügungen. Besonders im eigentlichen
Gebirge zeigen sich die Bewohner auch höflich und zutraulich gegen
die Fremden. Die Frömmigkeit bewahrt der Erzgebirger bei der Mühe
und Arbeit des Lebens, besonders aber in der sinnigen Feier des Weih-
nachtsfestes. An seiner schönen Heimat hängt er mit großer Liebe.
]4. Das Kohlenbecken im Norden des Erzgebirges, l) Zwischen
dem Erzgebirge im Süden und dem sächsischen Mittelgebirge im Norden
fügt sich das erzgebirgische Kohlenbecken ein. 2) Es ist ein Längs-
tal, das in einer Ausdehnung von 10 Meilen (75 km) von W. nach
O. streicht, bei Werdan am breitesten sich entfaltet und nach Hainichen
hin sich verschmälert. 3) Niedere Höhen, einzelne Hasel- und Erlenbüsche,
dürftige Wiesen imüstenbrand), Ackerfurchen mit rötlichen Schollen, lang-
fame Flüsse, hohe Schornsteine, kahle Häuser, oder reiche Dörfer bestimmen
die äußere Natur dieses Beckens. 4) Der innere Boden zeigt unter der
Schicht des Rotliegenden und zwischen dem grauen Sandstein
schwarzglänzende Kohlenflöze. Bei Lugan sind deren 5, bei Zwickau
sogar 10 aufgefunden worden. 5) Die Kohlen sind aus untergegangenen
Farnen, Schachtelhalmen, Siegel- und Schuppenbäumen entstanden, die in
snmpsigen Lachen wucherten, später sanken, mit Niederschlagsschlamin bedeckt
und durch den Druck in Steinkohlen verwandelt wurden. 6) Bergleute
bauen die Kohlenflöze ab. Bei Zwickau sind allein gegen 10 Tausend
Arbeiter über oder unter der Erde tätig. Böse und schlagende Wetter
gefährden ihr Leben (Jdaschacht bei Hohndorf am 23. Januar 1885).
7) Am linken Muldenufer hat sich an alter Verkehrsstraße die Stadt Zwickau
angesiedelt. Sie ist mit ihrem Gewandhaus, ihrer schönen Marien-
kirche und ihren berühmten Schulen eine bedeutsame Stadt (56 T.)
unseres Landes geworden. Groß ist ihr Verkehr (täglich gegen 200
Kohlenzüge), vielseitig ihre Industrie (künstliche Steine, Koks, 3 Porzellan-
fabriken, Ölfarben) und reich ihre Bürgerschaft (Ruhesitz der Kohlen-
bauern). 8) In der Königin-Marienhnttc bei Cainsdorf südlich von
Zwickau wird mit Hilfe der Kohlen Eisen geschmolzen, gewalzt, zu
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
TM Hauptwörter (200): [T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]