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Landeskunde der Provinz Schleswig-Holstein.
1227. 22. Juli. Sieg Adolfs Iv. im Bunde mit norddeutschen Fürsten über
Waldemar Ii. von Dänemark bei Bornhöved.
1326. Die Waldemarische Konstitution. Waldemar Iii. tritt das Herzog-
tum Schleswig an Gerhard den Großen ab, Schleswig soll nie wieder mit Däne-
mark zu einem Staate vereinigt werden.
Nach dem Tode des letzten Schauenburgers, Adolfs Viii., wurde sein Neffe,
der dünische König Christian I. aus dem Hause Oldenburg, 1460 von den Ständen
zum Herzog von Schleswig und Grafen von Holstein gewählt und somit
die Lande durch Personal-Union mit Dänemark verbunden. Beide Länder sollten
„bliveu ewich tosamende, ungedelt". Holstein gehörte nach wie vor zu Deutsch-
land und wurde 1474 zu einem Herzogtum erhoben.
Dithmarschen blieb noch 100 Jahre ein Freistaat, bis 1559.
Frühzeitig sand die Reformation Eingang. Um ihre Einführung haben
sich verdient gemacht: Hermann Taft aus Husum, Nikolaus Boje in Meldorf,
Heinrich von Zütphen (Heinrich Möller aus Zütpheu) und Bugenhagen, von
dem 1542 eine schleswig-holsteinische Kirchenordnuug verfaßt wurde. Bei der
Säkularisation der Kirchengüter siel der größte Teil an die Landesherren, der Adel
erhielt die Klöster zu Preetz, Itzehoe, Üterseu und Schleswig.
Die Verbindung der Herzogtümer mit Dänemark hatte zur Folge, daß
sie in die Kriege Dänemarks verwickelt wurden. So führte die Beteiligung
Christians Iv. an dem Dreißigjährigen Kriege kaiserliche und ligistische Truppen:
unter Wallenstein und Tilly und später Schweden unter Torstenson ins Land.
Die vielfachen Teilungen unter die einzelnen Linien des Hauses Oldenburg,
wobei niemals die Eider, die Grenze zwischen Schleswig und Holstein, die Grenze
der Landesteile bildete, und die Einheit dadurch gewahrt blieb, daß mancherlei
einer gemeinsamen Regieruug vorbehalten wurde, hatten viele Streitigkeiten
zwischen den regierenden Fürsten, besonders zwischen dem König und den Gottorser
Herzögen zur Folge und führten wiederholt die Herzöge auf die Seite der Feinde
Dänemarks, der Schweden. 1713 Zerstörung Altonas durch deu schwedischen General
Steenbock. 1721 wurde der Gottorser (herzogliche) Anteil an Schleswig, 1773 der
an Holstein (Hauptstadt Kiel) mit dem königlichen Anteil vereinigt. Seitdem
hatte das Land wieder einen Landesherrn. (S. die Stammtafel auf S. 34.)
Die napoleonische Zeit sah Dänemark und somit die Herzogtümer aus [eitert des
französischen Kaisers. Holsteinische Truppen halfen 1809 Schill in Stralsund be-
siegen. So hatten die Schleswig-Holsteiner keinen Anteil an den ruhmreichen
Befreiungskriegen. 1815 wurde Holstein in den Deutschen Bund aufgenommen,
Helgoland kam an England.
Am 1. Januar 1895 erfolgte die Aufhebung der Leibeigenschaft.
Das im 19. Jahrhundert immer mehr hervortretende Bestreben der dänischen
Regierung, die Herzogtümer Schleswig und Holstein enger mit dem Hauptlande
zu verknüpfen, zerstörte allmählich das sonst gute Verhältnis, in dem die Schleswig-
Holsteiner zu ihrem Landesherrn gestanden hatten, und erweckte das Nationalgesühl.
Diese Stimmung fand einen entsprechenden Ausdruck in dem von dem Schles-
wiger Advokaten Chemnitz gedichteten, von dem Organisten Bellmann komponierten
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Extrahierte Personennamen: Adolfs Adolfs Waldemar_Ii Waldemar_Iii Adolfs Adolfs Hermann_Taft Nikolaus Heinrich_von_Zütphen Heinrich Heinrich_Möller Heinrich Christians Tilly Bellmann
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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berg, Ahrensböck und Bordesholm ließen um die Leichname der oldenburger
Grafen, der Ahlefelds und Ranzaus bitten, es war umsonst. Die unmün-
digen Söhne der Gefallenen schwuren den Dithmarschern Rache. Johann
Ranzau, damals ein Knabe von acht Jahren, hat später den Schwur erfüllt.
Die Beute war außerordentlich groß. Sie bestand in vielen köstlichen
Kleidern, in schönen Harnischen, in kostbarem Geschmeide von Gold, Silber,
Perlen und Edelsteinen, in Silberbarren, die der König mitgebracht hatte,
um daraus Münzen für Dithmarschen prägen zu lassen, in dem königlichen
und herzoglichen Tafelgeschirr, in des Königs Schwert, Barret und Petschaft,
in 3000 Packwagen, einigen Tausend Pferden, in zahlreichem Geschütz,
sechszig vergoldeten Degen, sieben Fahnen und der berühmten Danebrogs-
fahne. Diese Fahne wurde von den Dithmarschern, der Jungfrau Telse zu
Ehren, als das wichtigste Siegeszeichen in der Kirche zu Oldenwöhrden auf-
bewahrt. Manche goldene Ritterkette wurde von dem dithmarsischen Bauern
seinem Hofhund angelegt, um in ihr den ehemaligen Besitzer zu schänden.
Ein ansehnlicher Theil der Beute wurde zur Gründung des in der
Roth gelobten Nonnenklosters bestimmt. Es wurde zu Hemmingstedt aus
Holz gebaut, aber man hoffte vergeblich auf Nonnen; kein einziges dith-
marsisches Mädchen hatte Lust zum Klosterleben. Endlich fanden sich einige
alte Bäuerinnen. Sie zogen ein ins Kloster, kehrten sich aber an keine
Klosterregel, führten bald ein ärgerliches Leben und machten sich endlich da-
und dorthin davon. Da kam man zu dem Entschluß, ein Mönchskloster sür
Franziskaner einzurichten, und der Papst gab gern seine Einwilligung dazu.
Das hölzerne Kloster ward niedergerissen und ein steinernes Mönchskloster zu
Lunden dafür erbaut. Die Mönche zogen 1517, den 25. April, ein — zur
Zeit, als in Wittenberg der Augustinermönch Martin Luther dem Mönchs-
und alten Kirchenwesen schon entgegen zu treten begann!
Für den König hatte die Schlacht bei Hemmingstedt noch eine un-
angenehme Folge: die Schweden trennten sich aufs Neue von seinem Reiche,
und das war wohl der Hauptgrund, daß man gegen die Dithmarscher vor-
läufig nichts weiter unternahm und sogar einen Vergleich mit ihnen schloß.
Der Held des Befreiungskampfes, der Führer zu Tausend-Teufels-
Werst, der Retter des Vaterlands, Wulf Jsebrand, starb 1506. Er sprach
aus seinem Todtenbette den Wunsch aus, in seiner Schanze begraben zu
werden. Sein Wunsch ward erfüllt. Unter großem Gefolge und den Ge-
sängen der Jugend bewegte sich der Leichenzug dahin, und der Held konnte
ruhen, wo er fürs Vaterland gekämpft hatte. Das ganze Land legte un-
geboten Trauer an, und die Dankbarkeit seines Volkes folgte ihm übers Grab
hinaus und sang sein Lob in Liedern.
35. Christian der Zweite.
Christian der Zweite ward am 2. Juli 1481 in Ny borg aus Fühnen
geboren und war der einzige Prinz, der seinen Vater Johann überlebte.
Man erzählt, daß gleich bei seiner Geburt wunderliche Dinge geschehen
seien. Man habe, heißt es, den Knaben schon im Mutterleibs weinen hören,
und als er das Licht der Welt erblickte, sei die eine Hand flach ausgestreckt,
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Extrahierte Personennamen: Johann
Ranzau Johann Martin_Luther Wulf_Jsebrand Christian Christian Johann
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Lehre sehr ausgebreitet hat," fügte er hinzu, „und nicht mehr ausgerottet
werden kann, ohne innerliche Kriege zu veranlassen und das ganze Reich in
Gefahr zu setzen, so halte ich es für rathsam, beide Religionen im Reich zu
dulden, bis eine allgemeine Kirchenversammlung gehalten wird, und was
auf dieser ausgemacht wird, dem will ich mich mit andern Potentaten unter-
werfen."
Den Bischöfen klang diese Rede eben nicht angenehm, und sie suchten
daher das Vorhaben des Königs zu Hintertreiben. Sie fanden aber dießmal
nicht, wie Christian Ii. gegenüber, eine Stütze an der Ritterschaft, und so
mußten sie es Wohl geschehen lassen, daß der Reichstagsbeschluß zu Stande
kam, daß sich ein Jeder der Gewissensfreiheit und die Lutheraner sich des
königlichen Schutzes zu erfreuen haben sollten. Den Geistlichen, Mönchen
und Nonnen ward sogar durch eine Verordnung das Heirathen erlaubt, und
ihrer viele machten Gebrauch von dieser Erlaubnis, verließen die Klöster
und traten in den Ehestand.
Sein^ Sohn Christian, der die Regierung der Herzogthümer ver-
waltete, war am Hofe des brandenburger Kurfürsten erzogen worden. Dieser
Kurfürst war freilich ein eifriger Anhänger des Papstes, der Prinz hatte
aber gleichwohl Gelegenheit, über Luthers Sache, die Aller Herzen bewegte,
-Vieles zu hören, und was er hörte, machte einen tiefen Eindruck auf sein
Gemüth. Aus dem Reichstage zu Worms, wohin der Kurfüst ihn mitge-
nommen hatte, sah und hörte er den Mann Gottes, und sein Wort: „Hier
stehe ich! Ich kann nicht anders! Gott helfe mir! Amen!" -mag dem
Prinzen, der damals 17 Jahre alt war, tief ins Herz gedrungen sein. Als
während des Reichstags ein Franziskanermönch vor dem Kaiser Karl Y.
und vielen Fürsten predigte und, statt die lutherische Lehre mit Gründen zu
widerlegen, nur mit Schimpfreden gegen Luther und seine Anhänger zu
Felde zog, saß der Prinz unter der Kanzel und ärgerte sich über das Un-
wesen. Nach der Predigt kniete der Mönch auf der Kanzel nieder. Dabei
geschah es, daß der Strick, welchen diese Mönche statt eines Gürtels tragen,
durch eine Spalte der Kanzel just neben dem Prinzen herabhing. Der Prinz
band unbemerkt den Strick unter der Kanzel fest, so daß der Mönch nicht
aufstehen konnte. Darüber ereiferte er sich noch mehr, wandte sich an den
Kaiser und sagte: „Gnädigster Kaiser, auch in Eurer hohen Gegenwart
scheut man sich nicht, uns armen Mönchen Solches anzuthun; was wird in
Eurer Abwesenheit nicht erst geschehen!" Bei der Mittagstafel erfuhr der
Kaiser, wer dem Franziskaner diesen Streich gespielt habe. Da lachte er
und meinte, es sei das wohl ein Zeichen, daß der Prinz zu seiner Zeit den
Mönchen noch größer» Verdruß authun werde.
Das Wort ging in Erfüllung, denn als der Prinz später zuerst Statt-
halter der Herzogthümer geworden war, suchte er mit allem Ernst und Fleiß
die Reformation in seinen Landen zu fördern. Er berief angesehene luthe-
rische Theologen ins Land, den Eberhard Weidensee nach Hadersleben,
Gerhard Slewarth nach Flensburg, Marquard Schuldorp nach Gottorf.
Letzterer reformirte auch besonders Kiel.
Die Folge davon war, daß die dänische Geistlichkeit, als der alte
Friedrich starb, es mit allem Eifer zu verhindern suchte, daß er auch König
von Dänemark werde; denn man fürchtete ihn als einen Anhänger Luthers.
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Extrahierte Personennamen: Christian_Ii Christian Karl_Y Karl Ernst Eberhard_Weidensee Gerhard_Slewarth Marquard_Schuldorp Friedrich Friedrich
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Lehrer dieser Schule nach Gutdünken ein- und absetzten. Damit war aber der
Aufseher über die ältere Domschule nicht zufrieden; er meinte, wie die Dom-
kirche die Aufsicht über alle übrigen Kirchen der Stadt habe, so gebühre ihm
auch die Aufsicht über die übrigen Schulen. Da die Einwohner dennoch,
auf das Dekret des Papstes trotzend, die Schule einrichteten, so entstanden
allerlei Streitigkeiten; sogar die Zöglinge beider Schulen geriethen darüber
an einander und bekämpften einander mit Prügeln und Steinwürfen. Diese
Unordnungen dauerten acht Jahre und wurden endlich 1289 durch Ver-
mittelung des Bremer Erzbischofs beigelegt. Der Scholastikus der Domschule
erhielt das Recht der Aufsicht und der Anstellung der Lehrer, und die Schüler
der neuen Anstalt, die man die Nicolai-Schule nannte, mußten an hohen
Festtagen dem Gottesdienste und den Processionen der Domkirche beiwohnen.
Nach dem Beispiele Hamburgs wurden auch in andern Städten Schulen
angelegt. Die Stadt Kiel erhielt die ihrige unter Johann dem Milden
im Jahre 1320, damit der Gottesdienst in der Pfarrkirche desto feierlicher
könne gehalten werden; denn der damalige Zustand der Religion war so,
daß Alles auf Gebräuche und äußern Glanz berechnet war, und diesem Geist
mußte auch die neue Schule dienen. Andere Städte kamen noch später in den
Besitz von Schulen; in Oldesloe war übrigens doch 1374 auch schon
ein Rector.
Alle diese Schulen aber waren höchst mangelhaft; die Geistlichen allein
waren fast ausschließlich in dem Besitz der armseligen Wissenschaft, die zu
dieser Zeit in den Klosterzellen versteckt anzutreffen war. Priester und
Mönche blieben die einzigen Lehrer der Jugend, und ihr ganzer Unterricht
bezog sich ausschließlich auf das Kircheuwesen und die angenommene Religi-
onsverfassung, und selbst dieser Unterricht war theilweise herzlich schlecht, so
daß z. B. selbst die Klosterjungfrauen zu Schleswig noch der Unterweisung
im Lesen, Singen und in der Religion dringend bedurften und dieselben auf
den Wunsch der Priorin durch einen Kieler Priester empfingen. Dabei
waren die Bücher selten und theuer und schon aus diesem Grunde die
Wissenschaften nur wenigen Auserwählten zugänglich.
Eine bedeutende Aenderung brachten die Erfindung der Buchdrucker-
kunst und die Reformation hervor. Jene vervielfältigte die Bildungs-
mittel, diese machte ihre Benutzung nothwendig, und die Reformatoren
drangen daher mit dem größten Eifer auf die Anlegung von Schulen. Die
Kirche hatte die Unwissenheit des Volkes benutzt, um sich zu bereichern; jetzt
wurden ihre auf recht- und unrechtmäßige Weise zusammengebrachten Güter,
die Einkünfte der Bischöfe und Klöster, vielfältig dazu benutzt, um Schulen
einzurichten und die Finsterniß wieder zu zerstreuen. So wurden z. B. die
Klöster zu Meldorf und Bordesholm, wie bereits früher gemeldet ist,
in lateinische Schulen verwandelt. Es waren aber zunächst wieder die
größern Ortschaften, in welchen Schulen eingerichtet wurden, und zwar waren
es meistens sog. lateinische; erst nach und nach entstanden die Kirch-
spielsschulen in den Kirchdörfern.
Die nun folgenden Zeiten des Kriegs und der Noth drängten das
Schulwesen wieder in den Hintergrund; gleich nach dem 30jährigen Kriege
aber nahm sich der damalige Generalsuperintendent Klotz desselben ernstlich
an. Er verordnete, daß die Kirchspielseingesessenen für den Unterhalt der
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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nur sicher machen. Als nun am 6. Juli kaum der Tag graute, setzten sich die
Wenden leise in Bewegung und sprengten dann mit wildem Geschrei unter
die sichern Holsten. Adolf wurde mit Reinhold von Dithmarschen und einer
Menge der Seinen trotz tapferer Gegenwehr erschlagen. Christian von
Oldenburg rächte sogleich seinen Tod, indem er den Rest der Vorhut sam-
melte und den Slaven den Sieg entriß.
Nachdem der Krieg noch einige Zeit gedauert und Pribislaus immer
Unterlegen, unterwarf er sich endlich dem Herzoge. Der Sieger überließ
ihm großmüthig das ganze Land der Obotriten, Mecklenburg, das nach
seinem Tode zum Theil auf seinen, zum Theil auf Wertislaus Sohn
vererbte.
Adolfs Leiche ward, von seinem Herzog innig beweint, nach Minden
geführt und dort neben seinen Vätern bestattet. Sein einziger dreijähriger
Sohn, Adolf Hi., war sein Erbe.
11. Vicklin, der Apostel Wagriens.
Vicelin, geb. 1086, stammt aus einem Dorfe in der Nähe von
Minden. Seine Eltern, die mehr durch ihre Rechtschaffenheit als durch
ihren vornehmen Stand bekannt waren, verlor er frühzeitig. Für die Aus-
bildung seines Geistes wurde nicht viel gethan, obgleich er sich dem geist-
lichen Stande widmen wollte und daher auch von den Stiftsherren seiner
Gegend unterrichtet wurde. Dennoch scheint er damals von einem gewissen
Dünkel nicht frei gewesen zu sein.
Auf dem nahegelegenen Schlosse E b erst ein, dessen Besitzerin ihn zu
sich genommen hatte und seine Gönnerin war, gingen ihm die Augen über
sich selbst auf. Der Schloßcaplan nämlich, der ihn mit neidischen Augen an-
sah, und daher nur darauf bedacht war, ihn zu entfernen, fragte ihn einst in
Gegenwart vieler Zeugen, welche Bücher er auf der Schule gelesen habe.
„Den Statius," sagte Vicelin, „in seinen Büchern vom,,Achilles." „Wovon
handelt denn der Statius?" fragte der Priester weiter. Vicelin schlug die
Augen nieder. „Das weiß ich nicht mehr," sagte er verlegen. „In der
That," hob hierauf der Priester mit Bitterkeit an, indem er sich an die Um-
stehenden wandte, „ich dachte doch, daß etwas an diesem Jüngling sei, der
so neu aus der Schule kommt. Aber ich habe mich betrogen. Er taugt ganz
und gar nichts." Solche Verachtung kränkte den Vicelin. Beschämt verließ
er unter heißen Thränen das Schloß, ohne Abschied zu nehmen, entschlossen,
durch verdoppelten Eifer nachzuholen, was er in der Jugend versäumt habe.
Zunächst begab er sich nach Paderborn, wo damals die Wissenschaften
unter einem berühmten Magister Hermann ungemein blühten. Vicelin
hatte das Glück, ein Haus- und Tischgenosse dieses geschickten Lehrers zu
werden und studirte unter ihm viele Jahre mit vorzüglichem Eifer. Keine
Art von Ergötzlichkeit konnte ihn von feinen Arbeiten abhalten. Mit dem
Studiren verband er gewissenhaft die Andachtsübungen der Religion. Sein
frommer Fleiß blieb nicht unbelohnt; fein Lehrer nahm ihn wegen seiner
Tüchtigkeit zum Gehülfen an.
Nach eitriger Zeit ward er nach Bremen berufen, um dort einer Schule
vorzustehen. Er erfüllte auch hier seine Pflichten mit großer Sorgfalt. Der
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Extrahierte Personennamen: Adolf Adolf Reinhold_von_Dithmarschen Christian_von
Oldenburg Adolfs Adolfs Adolf_Hi Adolf Apostel Hermann
Extrahierte Ortsnamen: Mecklenburg Minden Minden Paderborn Bremen
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
»
— 70 —
stehung der Todten, die Herrlichkeit der zukünftigen Welt, hervorgehoben
habe. Die rohe, neugierige Menge hörte ihn staunend an und Viele ver-
ließen den Weg der Sünde und des Verderbens.
Als sein Arbeitsfeld sich vergrößerte, rief er Gleichgesinnte vom welt-
lichen und geistlichen Stande herbei, die ihn in feinen Bestrebungen unter-
stützten. Die geistlichen Gehülfen verbanden sich mit Vicelin, beschlossen im
ehelosen Stande zu bleiben, im Gebet, Fasten und andern Andachtsübungen
anzuhalten, die Kranken zu besuchen, die Dürftigen zu ernähren, für ihre
eigne und ihres Nächsten Wohlfahrt zu sorgen, besonders aber sich der
slavifchen Missiom anzunehmen. Durch die Vereinigung dieser Männer ent-
stand nun in Holstein ein neues Kloster, das zum Unterschied von dem alten
Kloster Münster in Münsterdorf das neue Münster (Neumünster)
genannt wurde und bald ansehnliche Vorzüge erhielt. Um in den unruhigen
Zeiten hier eine sichere Stätte zu haben, ward es befestigt. Wenn nun die
räuberischen Wenden zuweilen das Land rings umher verwüsteten und die
übrigen Häuser verbrannten, so konnten sich die Missionare hinter die sichern
Klostermauern zurückziehen. Der Erzbischof von Hamburg versah es mit
großen Vorrechten, wies ihm Zehnten, Dörfer und Ländereien an und der
Kaiser Lothar befreite Alles, was zu der Stiftung gehörte, von allen Ab-
gaben und erlaubte den Einwohnern des Landes, dem Kloster ihre Güter zu
überlassen. Das Kloster ward eine Probstei, und Vicelin und seine Nach-
folger erhielten den Namen und die Würde der Prälaten oder Pröbste. Be-
trächtliche Schenkungen, die nun von Zeit zu Zeit erfolgten, vermehrten die
Einkünfte der neuen Anstalt.
Knud Lavard, der sich viel in Wagrien aufhielt, pflegte auch oft bei
den Geistlichen in Neumünster einzukehren. Er war dem Vicelin sehr geneigt
und versprach ihm die beste Unterstützung, ließ auch die von Heinrich noch
angelegte Kirche in Altlübeck weihen und durch Vicelin mit Priestern ver-
sehen.
Als nach dem Tode Knuds die heidnischen Fürsten Niklot und Pribis-
laus die Regierung des Wendenlandes an sich rissen, kam das Christenthum
in große Gefahr. Besorgt um seine junge Pflanzung, wandte sich Vicelin an
den Kaiser Lothar, der sich damals in Bardewiek aufhielt. In der Unter-
redung erzählte ihm Vicelin, daß er auf der Grenze zwischen Holstein und
Wagrien einen Berg kenne, der sehr leicht stark befestigt werden könne. Von
dieser Burg aus würde man leichter die Wenden im Zaum halten. Knud
Lavard habe auch hier einen festen Ort anlegen wollen. Der Kaiser werde
dem Christenthum im Wendenlande eine große Stütze verleihen und den
Sieg desselben über das Heidenthum erleichtern, wenn er veranlassen wollte,
daß hier eine Feste gebaut werde. Dem Kaiser gefiel der gute Rath. Er
sandte sachkundige Männer in die bezeichnete Gegend, die den Platz in
Augenschein nehmen mußten, und als diese die Angaben des Priesters
bestätigten, setzte er selbst über die Elbe, begab sich nach dem Alberge und
gebot allen Nordelbingern den Bau der Festung (1134).
Auch Niklot und Pribislaus, die neuen Lehnsmänner des Kaisers und
Herzogs Lothar, waren hier erschienen, von ihrem Lehnsherrn entboten.
Lothar nahm ihnen das Versprechen ab, daß sie den Bau der Feste wie die
Ausbreitung des Christeuthums fördern würden. Sie gelobten feierlichst
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Extrahierte Personennamen: Lothar Knud_Lavard Heinrich Heinrich Lothar Knud
Lavard Lothar
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
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— 72 —
kleine Kloster, die Missionsanstalt, die früher am Fuße der Siegeburg ge-
legen und der jetzt Ludolf als Probst Vorstand, verlegt. Das Missionswerk
Vicelins kam aufs Neue in Flor, das Zerstörte ward wieder hergestellt und
Vicelin ward nicht müde, den Feinden des Evangeliums zu bringen, was
ihnen den Frieden der Seele verschaffen konnte.
Niklots Einfall brachte 1147 der jungen Kirche neue Gefahr, den
Christen neues Leid, dem edlen Vieelin neue Sorge. Der Priester Rudolf
und ein Mönch, denen Vicelin an der neuen Kirche in Lübeck zu wirken be-
fohlen hatte, wurden dort von den Barbaren ergriffen und mit tausend
Wunden erstochen.
Als der Friede wieder hergestellt war, gab es eine Menge Thränen zu
trocknen, Gefangene einzulösen, Hungrige zu speisen. Vicelin und Dithmar,
sein ehemaliger Schüler, der feine Bremische Präbende verlassen hatte, um
seinem betagten Lehrer in Neumünster beizustehen, waren bei dieser Gelegen-
heit eifrig bemüht, den Bedrängten zu helfen. Sie munterten Alle, die sich
zu Neumünster und Högersdorf befanden, auf, den Dürftigen Getreide und
andere Wohlthaten mitzutheilen. Die Zahl der Armen, die vor der Thür
des Klosters lagen, häufte sich zuletzt so sehr, daß die Aufseher über das
Hauswesen den Eingang zu den Vorrathskammern bewahren mußten, damit
nicht Dithmars Wohlthätigkeit zuletzt die Klosterleute selbst darben ließ.
Da schlich der mitleidige Mann, wenn es ihm an Gaben mangelte, sich
heimlich in die Scheunen und theilte das Entwandte unter die Dürf-
tigen aus.
Der Sieg des Christenthums über das Heidenthum in Wagrien war
nun vollendet, obwohl es noch an genügenden kirchlichen Einrichtungen fehlte
und unter einem Theil der wendischen Einwohner die Anhänglichkeit an das
Heidenthum noch eine zeitlang fortdauerte. Es schien daher an der Zeit zu
fein, das seit 1066 erledigte Bisthum Oldenburg wieder herzustellen.
Der Erzbischof Hartwig von Hamburg und Bremen weihete daher Vicelin,
den fein Alter und feine Verdienste ehrwürdig machten, zum Bischof von
Oldenburg (1149). Als aber Vicelin diese Würde ohne Vorwisfen des
Herzogs Heinrich des Löwen und des Grafen Adolf Ii. annahm, entzog er
sich dadurch die Gunst dieser beiden Fürsten. Der Graf zog die Zehnten ein,
die der neue Bischof in diesem Jahre hätte einnehmen sollen. In dieser Ver-
legenheit begab sich Vicelin zu dem Herzog, ihn um Verzeihung zu bitten.
Heinrich empfing ihn zwar mit aller der Ehrerbietung, die er seinen: Alter
und Stande schuldig zu sein glaubte, gab ihm aber zu verstehen, daß er eine
so gute Aufnahme nicht verdient habe. ,,Die Annahme des Bifchofstitels,"
sagte er, „hätte mit meiner Bewilligung geschehen müssen, zumal in einem
Lande, das ich mit den Waffen in der Hand erst aufs Neue habe unterwerfen
müssen. Weil ich aber die Heiligkeit deines Wandels kenne, so habe ich den-
noch beschlossen, deine Erhebung zu begünstigen. Doch muß ich verlangen,
daß du die Investitur (die Zeichen seines Amtes: Hirtenstab und Ring)
aus meinen Händen empfängst." Das schien dem Bischof zu hart und gegen
alle Gewohnheit zu fein; denn er hielt die Investitur der Bischöfe für ein
kaiserliches Vorrecht. Er bat un: Aufschub und Ueberlegung. Nachdem er
seine friedliche Entlassung genominen, begab er sich vorerst nach Bardewiek,
wo er heftig erkrankte. Als er allmählig genas, ließ er sich auf einem Wagen
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Extrahierte Personennamen: Ludolf Niklots Rudolf Rudolf Hartwig_von_Hamburg Heinrich Heinrich Adolf Heinrich Heinrich
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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ganz mit Unrecht die Bekehrung des Pribislaus genannt, weil er öffentlich
im Namen Aller erklärte, daß sie bedingungsweise zum Uebertritt zum
Christenthum bereit seien.
Gerold ging jetzt wieder zum Herzog ab, um der Provinzialversamm-
lung zu Artlenb er g beizuwohnen, das dem heutigen Lauenburg gegenüber
an der Elbe lag. Auch die Fürsten der Slaveu waren hierher berufen und
Heinrich ermahnte auf den Wunsch des Bischofs selbst die Slaven, das
Christenthum auzunehmen. Wie übrigens diese darüber dachten, das ver-
rieth Niklot. „Wenn der Gott, der im Himmel wohnt," sagte er zum
Herzog, „dein Gott ist, so sei du unser Gott, das ist uns genug. Diene du
ihm, wir wollen dir dienen," — welche Gotteslästerung ihm der Herzog
ernstlich verwies.
3. Der 13..August 1163.
Das ist der Todestag Gerolds. Acht Jahre reichlich ist es ihm ver-
gönnt gewesen, im Weinberge seines Herrn zu arbeiten; aber reicher Segen
ist ihm gefolgt. Er hat hin und her jm Lande neue Kirchen gegründet und -
Priester berufen, die willig waren, der Mission unter, den Heiden ihr Leben
zu weihen; mit den Predigern kamen auch Ackerbauer und Handwerker,
welche sich um die Gotteshäuser ansiedelten; das Land der Wenden verlor
den Charakter der Wildniß, und geordnete Städte und Dörfer blühten aus,
wo Deutsche und Wenden, die sich sonst blutig bekriegt hatten, friedlich neben
einander wohnten.
Graf Adolf und seine fromme Gemahlin Melchthilde unterstützten
ihn eifrig in seinem Wirken. So schenkte ihm der Graf auf den Wunsch des
Herzogs dreihundert Hufen Landes zu seinem Unterhalt. Der Bischof baute
sich hier ein Haus, und um dasselbe her bauten sich Andere an; der Ort er-
hielt städtische Einrichtungen und den Namen Eutin. Das Kloster zu
Högersdorf ward wieder nach dem Orte der ersten Stiftung, nach Segeberg,
verlegt, so ungern auch der Probst Ludolf mit seinen Mönchen den stillen
Ort verließ. Jm Jahre 1156 konnte Gerold in Gegenwart des Grasen
und der Gräfin die zu Ehren des heiligen Johannes des Täufers neuerbaute
Kirche zu Oldenburg, wo sich Holsteiner angesiedelt hatten, einweihen. Als
Priester ward ein Mönch aus Neumünster, Namens Bruno, angestellt, der
aus allen Kräften für das Christenthum wirkte, der mit eigner Hand die
Götzenhaine niederschlug und fleißig in slavischer Sprache predigte. Man
untersagte den Wenden das Schwören bei den Bäumen, Quellen und Stei-
nen und gebot ihnen, diejenigen, welche eines Verbrechens beschuldigt waren,
zu dem Priester zu führen, um sie mittelst der Eisenprobe ihre Schuld oder
Unschuld beweisen zu lassen. Auch legte der Graf den Wenden die Ver-
pflichtung auf, ihre Todten aus dem Kirchhofe zu beerdigen und an den Fest-
tagen zum Anhören der Predigt in der Kirche zu erscheinen. Als die Slaven
eines Tages einen Dänen gekreuzigt hatten, zeigte Bruno es dem Grafen
an. Die Uebelthäter wurden vorgefordert und bestraft, und diese Art der
Bestrafung ein- für allemal untersagt. Nun empfahl der Bischof dem Grafen
auch die Anlegung einer Kirche in Süsel. Man sandte den Priester
Deilan von Neumünster dahin, der Lust hatte, den Heiden das Evan-
gelium zu predigen. Er kam zwar an der Alten-Kremper Au in eine
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk]]
Extrahierte Personennamen: Gerold Heinrich Heinrich Gerolds Adolf Adolf Ludolf Gerold Johannes Bruno Bruno
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
23
im 15. Jahre als Mönch eingekleidet und im 20. Jahre schon als Rector an
der Klosterschule angestellt werden konnte.
In diesem Kloster zu Corvey, das nahe bei Amiens lag, befanden sich
auch viele Sachsen, welche Karl der Große dahin geschickt hatte, um im
christlichen Glauben unterwiesen zu werden. Sie waren meistens in den
Mönchsstand getreten. Karls Sohn und Nachfolger, Ludwig der Fromme,
gestattete ihnen die Rückkehr in ihre Heimath und baute für sie im Sachsen-
lande an der Weser ein prächtiges Kloster. Da dieses Kloster von Corvey
aus bevölkert wurde, so nannte man es Neu-Corvey. Es wurde mit einer
Klosterschule verbunden und zu einer Missionsstätte bestimmt, aus welcher
christliche Bildung über die Sachsenstämme verbreitet werden sollte. Ansgar
aber wurde zum Vorsteher der neuen Klosterschule ernannt.
Im Jahre 822 ging Ansgar an den Ort seiner Bestimmung ab. Vier
Jahre verweilte er zu Neu-Cyrvey unter mancherlei Mühen und Prüfungen.
Die jetzt so reizende Gegend war damals arm und wüst, und in den Herzen
der kaum bezwungenen Sachsen war der alte Haß gegen die Franken, wie
gegen das Christenthum noch nicht ganz erloschen. Das machte dem pflicht-
treuen Ansgar sein Amt doppelt schwer. Aber er arbeitete mit unermüdlicher
Treue, und Gottes Segen ruhte auf seinem Wirken. Außer dem Rectoral an
der Schule war ihm das Amt eines Volkspredigers anvertraut worden, und
so fehlte es ihm niemals an Gelegenheit, für das Reich Gottes zu wirken.
Mit wachsender Freude gewahrten die Klosterbrüder die reifenden Früchte
seines eifrigen Strebens.
Da geschah es, daß der südjütische Fürst Harald von seinen Feinden,
Gottfrieds Söhnen, aus seinem Lande vertrieben ward und bei Ludwig dem
Frommen Schutz und Hülfe suchte. Um die Zuneigung und den Beistand
des Kaisers um so eher zu gewinnen, trat er zum christlichen Glauben über
und empfing in der Kirche zu Jngolheim (bei Mainz) nebst seiner Ge-
mahlin und dem zahlreichen Gefolge die heilige Taufe. Der Kaiser selbst
führte Harald, und die Kaiserin seine Gemahlin zum Taufstein. Wie Harald
aber aus äußern Gründen zum Christenthum übertrat, so ließen sich auch
seine Begleiter mehr durch die schönen weißen Kleider, die ihnen bei der Taufe
geschenkt wurden, als durch eigne Ueberzeugung zur Annahme des Christen-
thums bestimmen. Einer dieser Täuflinge sagte unter anderm, als ihm
ein seiner Meinung nach weniger gutes Taufkleid gereicht wurde, zum Kaiser:
„Ich bin hier schon zwanzig Mal getauft worden und habe immer sehr hübsche
und weiße Kleider erhalten. Ein solcher Sack aber wie dieser schickt sich besser
für einen Sauhirten, als für einen Soldaten. Schämte ich mich nicht,
nackend dazustehen, so wollte ich dir gleich dein Kleid sammt deinem Christo
wieder zurückgeben." Daher kam es denn, daß Ludwig gar sehr wegen des
Rückfalles seiner Täuflinge besorgt war und den Dänenfürsten aufforderte,
einen Missionar unter sein Gefolge aufzunehmen. Harald willigte ein.
Ludwig wandte sich jetzt an Wala, den Abt des Klosters zu Neu-Corvey, und
bat ihn, ihm einen geeigneten Mann zu empfehlen. Wala wußte keinen
trefflicheren zu nennen, als seinen Rector, der mit glücklichem Erfolg die
Jugend und das Alter zu lehren verstand. So ward Ansgar zum Missionär
für den Norden bestimmt. ^
Ansgar vernahm die Kunde von seiner Erwählung mit inniger Freude;
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Karls Ludwig_der_Fromme Ludwig Neu-Corvey Ansgar Ansgar Ansgar Harald Gottfrieds_Söhnen Ludwig Ludwig Harald Harald Christo Ludwig Ludwig Harald Ludwig Ansgar Ansgar
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
26
der Stadt, der kaiserliche Gaugraf Bernarius, eben abwesend. Der
Erzbischof war anfangs darauf bedacht, durch Hülfe der Einwohner die
Festung bis zur Ankunft einer gehofften Hülfe zu vertheidigen. Indem aber
die Stadt schon belagert war, sähe er wohl, daß aller Widerstand vergeblich
sein würde. Er suchte also nur die heiligen Reliquien zu retten. Seine
Geistlichen flüchteten und zerstreuten sich. Er selbst entfloh nur mühsam
und mit Zurücklassung seines Ornats. Die Einwohner verließen den Ort;
die meisten retteten sich durch die Flucht, einige wurden gefangen und andere
kamen um. Die Feinde, die des Abends in die Stadt drangen, plünderten
diese und die umliegende Gegend, blieben über Nacht und noch 24 Stunden.
Die Kirche, welche Ansgar, so zierlich als es seine Mittel und das Zeitalter
erlaubten, hatte ausbauen lassen, das nicht minder wohleingerichtete Mönchs-
kloster, eine Büchersammlung, die ihm der Kaiser geschenkt hatte, und die
Schule wurden ein Raub der Flammen, und was von Schätzen und Gütern
dem Feuer entging, ward den Feinden zur Beute. Dieser Ueberfall geschähe
im Jahre 845. Obdachlos und dürftig irrte nun Ansgar mit einigen seiner
Geistlichen umher. Der neidisch gesinnte damalige Bischof von Bremen
versagte ihm Aufnahme und Unterstützung; aber eine fromme adlige Frau,
Jkia, nahm sich seiner an und schenkte ihm einen Landsitz im Lünebur-
gischen, Ramelsloh, drei Meilen südlich von Hamburg. Hier sammelte
Ansgar wieder seine Geistlichkeit um sich, gründete ein Kloster und setzte,
durch Unfälle nie. entmuthigt, seine bischöfliche Thätigkeit fort.
Der König Erich hatte noch eine andere Flotte unter einem Wickinger-
König ausgeschickt, welche in die Seine einlief und Paris plünderte. Ein
großer Theil dieser ausgesandten Wickinger kam aber auf der Heimreise um,
der Führer selbst starb eines jämmerlichen Todes, und die Plagen, an welchen
die übrigen in ihrem Vaterlande umkamen, schrieb man der frevelhaften
Entweihung christlicher Heiligthümer zu. Erich, dadurch erschreckt, schickte
eine Gesandtschaft an Ludwig den Deutschen, der seinem Vater, Ludwig
dem Frommen, in der Regierung Deutschlands gefolgt war. Er bat um
Frieden, erbot sich, die Gefangenen frei zu geben und die entwandten Schätze,
soviel er könnte, zu ersetzen. Ansgar vermittelte den Frieden und reiste
daher häufig zu Erich, der jetzt allein im jütischen Reiche herrschte. Er
gewann die Achtung und das Vertrauen dieses Königs in so hohem Grade,
daß der sonst dem Christenthum so feindlich gesinnte Mann sich nicht nur
zur Duldung desselben verstand, sondern auch die Anlegung einer Kirche in
seinem Reiche gestattete. Im Jahre 850 wurde von Ansgar die erste christ-
liche Kirche in der Stadt Schleswig errichtet und ein Priester angestellt.
Ansgar predigte selbst häufig in dieser Kirche, und die Ausbreitung des
Christenthums ging jetzt rasch von Statten. Hamburg war mittlerweile
wieder aufgebaut worden, und der Bischof von Bremen war gestorben.
Ludwig der Deutsche wußte es durchzusetzen, daß das erledigte Bisthum nicht
länger dem Erzbischof von Köln unterworfen sein sollte, so sehr sich dieser
auch dagegen sträubte. Ansgar, der Erzbischof von Hamburg, wurde jetzt
auch Bischof zu Bremen und hielt sich von jetzt an meistens in Bremen auf.
Bei seinen vermehrten Einkünften konnte er nun mit größerer Wirksamkeit
für seine nordische Mission thätig werden. Er unternahm eine zweite Reise
nach Schweden, wo inzwischen die Priester verjagt worden waren und eine
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein]]
TM Hauptwörter (200): [T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe]]
Extrahierte Personennamen: Gaugraf_Bernarius Ansgar Ansgar Ansgar Erich Erich Ludwig Ludwig Ludwig
dem_Frommen Ludwig Ansgar Erich Ansgar Ansgar Ludwig_der_Deutsche Ludwig Ansgar