Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 88 —
das heimliche Gericht in stiller Nacht in Felsenhöhlen und unter-
irdischen Gewölben abgehalten werde.
Wenn jemand bei dem Freigerichte verklagt war, so wurde er
durch den Ladebries mit sieben Siegeln vorgeladen; war er ein
Ritter, der aus seiner Burg wohnte, so hefteten die Fronboren die
Ladung des Nachts au das Burgthor und schlugen dreimal gegen das
Thor, so daß der Klang durch die stille Nacht iu das Ohr des Ver-
brechers drang. Erschien der Angeklagte aus die Ladung, so wurde
er in den Kreis der Richter geführt und die Klage ihm vorgehalten;
wenn er unschuldig war, konnte er sich mit dem Reiniguugseide
frei schwören. Mußte er seine Schuld bekennen, oder wurde er durch
den Eid des Klägers und seiner Zeugen übersührt, so wurde das
Urteil gesprochen und auf der Stelle vollzogen. Lautete es auf
Todesstrafe, so wurde der Verurteilte sofort au den nächsten Banm
gehenkt. Gelindere Strafen waren Landesverweisung und Geld-
strafe.
Kam der Angeklagte auf dreimalige Ladung nicht, so hatte er
seine Schuld auerkauut; es wurde die Feme, die Acht, gegen ihn
ausgesprochen, und er war jetzt ein Rechtloser, den die Strafe früh
oder spät erreichte. Jeder Freischöffe, dem der Spruch des Gerichtes
kund gethau wurde, war verpflichtet, die Strafe an dem Verurteilten
vollstrecken zu helfen.
Lange Zeit hielt die Furcht vor diesen Gerichten manchen von
bösen Thaten zurück. Nachher aber artete das Gericht aus; schlechte
Menschen drängten sich hinein und verübten unter seinem Deck-
mantel grausame Handlungen gegen Unschuldige. Es verbreitete
sich eiu allgemeiner Haß gegen die Femgerichte; Fürsten, Ritter
und Städte schlössen Bündnisse gegen sie, und endlich wurden sie
durch den ewigen Landfrieden Kaiser Maximilians I. im Jahre
1495 aufgehoben.
Das westfälische Brot.
Tie Lebensweise des Landvolkes im nördlichen Westfalen ist
durchaus nicht so ärmlich, wie man anderswo glauben machen will.
Viele Bauern in Mittel- und Süddentschland würden sicherlich die
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 162 —
Leute zu der rechten Lehre zu bringen." — „Hättest ihn totschießen
sollen!" unterbrach ihn der finstere Albion. „Nein," erwiderte
Berthulf, „so Schlimmes kam mir nicht in den Sinn; aber das
muß ich mit Schmerzen bekennen: ich gab unvernünftiger Weise
dem frommen Manne Schuld daran, daß mir den ganzen Tag noch
kein Wild vor den Schuß gekommen war. „Hegenmeister," sagte ich,
spannte die Armbrust und hielt sie auf seinen rechten Arm, „Hab'
ich heute noch nichts geschossen, so will ich doch dich schießen, und
du sollst deine Zauberzeichen ein wenig unbehülslicher machen als
bisher." Damit schwirrte die Sehne, und der Pfeil saß unter dem
Ellbogen fest. Der Priester zuckte schmerzhaft zusammen und hielt
sich die verwundete Stelle, aus der viel Blut floß; zugleich aber sah
er mich freundlich an und sagte: „Mein Sohn, da unten im Felsen-
grnnd steht ein schöner Hirsch. Wenn du heute ungünstige Jagd
gehalten hast, hilft dir der wohl wieder zu deinem Schaden." Ich,
in der Meinung, er wolle mich mit einem Zauberblendwerk zum
besten haben, eile dahin, ihm zu zeigen, daß sich ein Sachse nie--
mals fürchtet. Aber der Hirsch steht wirklich da; ich erlege ihn,
und als ich mit der Beute zurückkomme, finde ich den Priester
blutend in das Gras gesunken. Doch freundlich mich anlächelnd,
spricht er: „Siehst du, mein Sohn? Nun hast du ja doch einen
guten Fang gethan; das freut mich sehr." Diese Worte brachen
mir das Herz, ich fühlte mein Unrecht, trug den frommen Mann in
meine Hütte, heilte ihm den Arm, und er mir die Seele, und als
ich einige Jahre darauf meine Frau heiratete, half ich ihr auf den
rechten Weg. Die Kinder haben wir natürlich in der Furcht und
Liebe unseres treuen Heilandes auferzogen. Nun richtet über mich!
Ich aber bitte Gott, daß er euch auch zu seiner Gnade helfe durch
Jefum Christum." — Widnkind, der nachdenklich zugehört hatte,
stand jetzt aus, reichte der Hausfrau und den beiden Kindern die
Hand und sprach: „Lebet in Frieden!" Zu Berthulf aber wendete
er sich mit den Worten: „An deinem Glauben muß etwas Wahres
sein, aber wir haben keine Zeit, darüber nachzusinnen. Wir eilen
nach meiner Burg Babilouie, des Rastens ist genug, führe uns
durch den Wald auf Wegen, die kein Franke weiß!" Berthulf sprach:
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— 224 —
seine Predigt die toten Herzen erweckte. Wie einst August Hermann
Francke, so nahm auch Weihe mit aufrichtiger Freundlichkeit Menschen,
aus allen Ständen bei sich auf, die Unterweisung, Rat und Trost
bei ihm suchten. Und als man nun merkte, daß er von herzlicher
Liebe zu den Brüdern erfüllt war, daß er nicht seine Ehre suchte,
sondern nur Seelen für den Himmel gewinnen wollte, da der-
stummte endlich die Lästerung der Feinde, die sich nicht geschämt
hatten, unter den abergläubischen Leuten die seltsamsten Gerüchte
über ihn zu verbreiten. Nun war gar bald feine Wirksamkeit weit
über die Grenzen seiner Gemeinde hinaus ersichtlich. An jedem
Sonntage füllte sich sein Haus mit denen, die seiner Hilfe bedürftig
waren, und auch fast an jedem Werktage nahm es solche Gäste in
sich auf. Viele kamen aus weiter Ferne; viele, die nicht selber
kommen konnten, wandten sich in ihrer Trübsal und Anfechtung
schriftlich an ihn, und er rechnete die Beantwortung dieser An-
fragen zu den Pflichten seines Amtes. Nach seinem Tode sind viele
seiner Briefe gesammelt und gedruckt worden. Friede und Freude
und gläubige Zuversicht auf Gottes Gnade und Erbarmen spricht
sich in ihnen aus; sie sind Zeugnisse eines fröhlichen Christensinnes
ohne Arg und Falsch.
Auch als Dichter geistlicher Lieder hat Weihe zu einer Zeit,
in der die herrlichen Gesänge unserer evangelischen Kirche beinahe
in Vergessenheit geraten waren, gar viel Segen gestiftet. Schon
im Jahre 1762 gab er eine Sammlung „neuer Lieder von alt-
evangelischem Inhalte" heraus, die später noch öfters gedruckt
wurden. Einfach und ungekünstelt sprechen sie alle die völligste
Hingabe des Herzens an Gott, die innigste Heilandsliebe aus.
Aber Gott der Herr rief nach seinem unerforfchlichen Ratschlüsse
den treuen Knecht schon bald aus diesem Leben ab, um ihn ein-
zuführen in die Stätten des ewigen Friedens. Kaum hatte Weihe
sein fünfzigstes Lebensjahr zurückgelegt, so nahte ihm der Tod, den
er als einen Boten des Friedens begrüßte. Denn da er bis ans
Ende Glauben bewahrt hatte, so durfte er getrost singen und rühmen:
Amen! Du bist doch mein Leben,
Und ich bin dein Eigentum!
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— 272 —
Bischofs von Lüning, der eben noch eine Stelle finden konnte. Von
den Sagen über die Abtei teilen wir folgende mit:
Wenn einer der Mönche krank und im Chore zu erscheinen der-
hindert war, dann hörte man den Gesang eines Engels von seinem
Platze her. Auch koute man, wenn die Knaben der Abteischule das
Gloria patri sangen, aus der Ferne des oberen Chores her, wo des
heil. Vitus Reliquien verwahrt wurden, die Stimmen der Engel mit
wunderbarer Lieblichkeit das Sicut erat in principio intonieren
hören. In jenen glücklichen Tagen des Klosters sah man oft auch
den Schatten des heil. Adelhard durch die Kirche schweben. Zwei
Engel erschienen jährlich im Chore — und leiteten die Gesänge,
bis die dreiste Frage eines Präpositus, wer sie seien und woher sie
kämen, sie aus immer verscheuchte.
Ter Tag des heil. Vitus wurde von den Mönchen zu Corvey
immer als ein hoher Fest- und Freudeutag begangen, denn der
heil. Vitus war der Schutzpatron der Abtei. Das edelste Wild,
das der Sollinger Wald hegte, der feurigste Wein, der in dem
Klosterkeller lagerte, die schmackhaftesten Fische, die in den Teichen
der Abtei gezüchtet wurden, das alles prangte alsdann auf der
Tafel der Mönche. Das beste Stück aber war immer der weiße
Hirsch, der sich nngernsen und ungesucht jedes Jahr durch das Thor,
welches noch später die Hirschpforte hieß, selbst in die Küche von
Corvey begab, sich schlachten und braten ließ. Und dieses Gericht
ward so kostbar es auch war, dennoch einem alten Brauche gemäß
unter die Armen verteilt, die sich stets in großer Anzahl im Kloster
einsanden. Weder der Abt, noch die Mönche bekamen jemals einen
Bissen von dem weißen Hirsche. Nun war einmal ein Abt in
Corvey, ein eigenwilliger, gebieterischer Herr, der befahl, das nächste
Mal den weißen Hirsch für seine Tafel herzurichten. Die Armen
könnten ja mit geringeren Speisen vorlieb nehmen. Am nächsten
Sankt Vitustage geschah denn auch nach seinem Gebote, und das
köstliche Wildpret ward für ihn und die Mönche aufgetragen. Aber
wie der Abt das Messer erhob, um für sich das saftigste Stück aus
der Keule herauszuschneiden — ha! da zuckte es in der Schüssel
und begann sich zu regen und zu heben; — der gebratene weiße
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— 326 —
Zur Zeit der Reformation nämlich standen tolle Schwärm-
geister ans, eiferten gegen die Kindertaufe, gegen alle Ordnung und
Sittenzncht, wollten keine Festtage, keine Sakramente, kein Predigt-
amt mehr, verbrannten selbst die heilige Schrift, weil sie meinten,
sie hätten selber den heiligen Geist, lebten aber in schändlichen
Lüsten und wollten das alles durch das falsch verstandene Evangelium
verteidigen. Solche Schwärmer durchwanderten als Apostel die
Länder, weissagten die Umwandlung aller Dinge, das Erschlagen
aller Erstgeburt Aegyptens und den Beginn eines seligen Lebens
der Auserwählten in dem Königreiche Christi ohne Gesetze, ohne
Obrigkeit, ohne Ehe, in Genuß und Überfluß. Nun war in Münster
die Reformation seit 1524 unter mancherlei Wirren und Kämpfen
durchgeführt worden, wobei sich besonders der beredte Bernhard
Rottmann als Prediger an der Lambertnskirche hervorgethan, dann
aber seinen guten Ruf verloren hatte und mit dem Rate der Stadt
in bitterem Streite lag. Münster ward von Wiedertäufern nament-
lich aus Holland fleißig heinigesucht, und Rottmann suchte sein
Ansehen zu heben und zu stützen, indem er sich den schwärmerischen
falschen Propheten anschloß. Bald kamen nun auch in den ersten
Tagen des Jahres 1534 der wiedertäuferische Prophet Johann
Matthiefen, ein Bäcker aus Haarlem, und Johann Bockhold oder
Bockelsohn, ein Schneider aus Leyden, einer seiner zwölf Apostel.
Bei einem wohlhabenden, aber unruhigen Bürger, Knipperdolling,
fanden sie Herberge. Ihre Anhänger vermehrten sich mit jedem
Tage. Des Abends erschienen sie auf den Straßen, zuweilen nackt,
und riefen: „Thnt Buße, das Himmelreich ist nahe; lasset euch
umtaufen, sonst kommt der Zorn Gottes über euch!" Sie gaben
vor, sie sähen am Himmel Reiter mit blankem Schwert auf weißem
Roß, Männer mit goldenen Kronen auf den Häuptern; Schneider-
und Schlofsergesellcu standen auf und predigten, Jungfrauen riefen
Wehe über die Gottlosen. Bald wäre es zu einem Kampfe zwischen
den Wiedertäufern auf der einen Seite und dem Rate samt den
trengebliebenen Bürgern auf der anderen Seite gekommen, aber
leider ging der damals noch mächtige Rat aus eiuen Vergleich ein.
Die menschlichen und göttlichen Gesetzen zuwiderlaufende Schonung
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Extrahierte Personennamen: Apostel Bernhard
Rottmann Rottmann Johann
Matthiefen Johann Johann_Bockhold Johann Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Christi Holland Haarlem Gottes
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Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 359 —
zu der Quelle. Ein plötzliches Geschrei erschreckte sie, und sie trug
ihren sterbenden Gatten weiter bis an die Stelle, welche noch jetzt
von dem daselbst erfolgten Tode Luiberts der Seelenacker heißt. Das
trostlose Weib flüchtete, Verzweiflung im Herzen, tiefer in den
Wald und erfüllte ihn mit ihren Klagen, wovon dieser Teil noch
jetzt den Namen Krythecke (von kreien, schreien) führt. Die Franken
aber eroberten die Burg und nahmen sie in Besitz. Nachher empfing
Roibart die Taufe und erhielt die Burg nebst vielen Gütern zurück.
Karl der Große, welcher den Götzentempel hatte zerstören lassen,
baute hier im Jahre 803 mit Hilfe des heiligen Liudger das Kloster
Nottuln und für sich einen Hof — Konickhove — auf welchem
er, wenn er ins Sachsenland zog, oft weilte. Er hatte befohlen,
die Leichen der in der Stadt Erschlagenen zu begraben, und hat
das Dorf Darup, welches anfangs Totharpe oder Dodorp hieß,
von den Toten seinen Namen. Auch der Weg, welcher von Darup
westlich über Nottuln und Schapdetten grade nach Münster führt,
hat von Karls Zügen den Namen Königstraße bekommen.
Der bekehrte Roibart schenkte dem Kloster verschiedene Güter,
und der heilige Liudger, welcher die Pfarr- und Klosterkirche zu
Ehren des heiligen Martinus, dem der heilige Magnus als Neben-
Patron beigegeben wurde, eingeweiht hatte, setzte dem Kloster Not-
tuln seine Schwester Gerburg als erste Äbtissin vor. Auch legte
er in der Kirche zu Nottuln einen Teil der ihm vom Papste
Leo geschenkten Reliquien, welche er so hoch hielt, daß er sie stets
mit sich führte, nieder, nämlich einen Teil vom Kreuze des Herrn,
von den Haaren und Kleidern der Jungfrau Maria, vom heiligen
Martin und den heiligen Aposteln und Märtyrern. Dieses that
er aus dem Grunde, damit durch ihre Zeichen und Wunder die
heidnischen Westfalen vom Götzendienst und Aberglauben zur wahren
Religion bekehrt würden.
Der Name des einst dem heidnischen Gotte geweihten Waldes,
Sytheri (Sitter, Zitter), ist bis auf den heutigen Tag einem un-
mittelbar bei Nottuln gelegenen Striche Landes geblieben. Auch
fließt hier noch die heilige Quelle, und ihr heilkräftiges Wasser
wird selbst in neuester Zeit anerkannt. Der Platz, wo früher die
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Karls Magnus Magnus Gerburg Leo Leo Maria Maria Martin Sytheri_(Sitter
Extrahierte Ortsnamen: Nottuln Sachsenland Nottuln Karls Nottuln Westfalen Nottuln
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Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 370 —
ein Knabe in die Kirche geschlichen hatte und lauschte. Der Knabe
wurde hinausgejagt und schlug draußen ein Höllengelächter auf;
es war Jungfer Eli gewesen und durch die Herren Geistlichen selbst
vom Banne befreit. Doch half es ihr nicht, denn es wurde gleich
ein stärkerer Bann angewendet und Jungfer Eli in die Davert
gebannt. Alle Jahre einmal fährt der Sage nach Jungfer Eli mit
Gebraus und Getümmel, wie die wilde Jägerin, über die Frecken-
horster Abtei, wirft einige Schornsteine ab, zertrümmert Fenster-
scheiben und alle vier hohen Feste (Hochzeiten) kommt sie der
Abtei wieder einen Hahnenschritt näher.
In dem südlichsten Amte des Kreises, Hoetmar, merken wir
uns den Amtssitz und das Pfarrdorf gleichen Namens mit 1384
Eingesessenen auf ziemlich fruchtbarem Boden und im Amte Bee-
len diesen Pfarrort und Amtssitz mit 1934 und die Pfarrgemeinden
Ostenfelde mit 1709 und Westkirchen mit 1101 Eingesessenen.
Westkirchen und Ostenfelde bildeten früher eine Gemeinde; der
ältere Teil ist Ostenfelde, von dem später Westkirchen abgepsarrt
wurde. Der Name Ostenfelde rührt von der Ausrodung des Osten-
Waldes her, aus dem nun ein Ostenfelde wurde. Noch heute heißt
der nördliche Teil von Ostenfelde „Ostenwald", und ihm entsprich!
in der Pfarrei Westkirchen der „Westerwald". Vor 100 Jahren war
der letztere noch so dicht, daß in Westkirchen jeden Abend mit der
großen Glocke geläutet werden mußte, damit die heimkehrenden
Hirten und Arbeiter sich zurecht fänden.
Im östlichsten vorgestreckten Winkel des Kreises dehnt sich
oas Amt Harsewinkel mit Harsewinkel, einem Kirchspiel von 1372
und einem Wiegbold von 920 und mit den Psarrorten Greffen von
918 und Marienfeld von 846 Bewohnern ans. Marienfeld, das
Cisterzienferkloster und der Jungfrau Maria geweiht, ist von Bern-
hard, Edlem von der Lippe, Heinrichs des Löwen treuestem Freund
1185 gestiftet. Als er alterte, wandte er feinen Sinn von Krieg
und blutigem Waffenhandwerke ab, indem er einsah, daß er bei
demselben nur zu viel gesündigt hatte. Seine Reue wurde durch
eine schmerzhafte Krankheit, womit ihn, wie er glaubte, Gott für
seine Unthaten strafte, verstärkt. Ein Nervenleiden hatte seinen
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Extrahierte Personennamen: Marienfeld Marienfeld Maria Maria Heinrichs Heinrichs
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 459 —
varienberge. Selbst der König verzagte. Einer seiner Helden der-
suchte, ihn zu ermutigen; aber unwillig sagte der König: „So
wenig der Huf meines Rosses aus diesem Felsen einen Quell
hervorbringt, so wenig werden wir den Berg erstürmen." Aber
o Wunder! Kaum sind diese Worte gesprochen, da fängt zum
Erstaunen aller das Pferd zu scharren an, und siehe, nach we-
nigen Augenblicken sprudelt hell und klar aus dem festen Gestein
die schönste Quelle hervor. Das war ihnen allen ein Zeichen,
Gott wolle ihnen helfen, und Mut und Kampflust zog wieder ein in
die Brust der Krieger.
Und am späten Abend schlich eine kleine, gekrümmte Frauen-
gestalt zu dem christlichen Lager heran und verlangte, zum Könige
geführt zu werden. Sie mochte dem Könige wohl Dinge von Wich-
tigkeit mitzuteilen haben, denn lange verweilte sie bei ihm und
verschwand dann geheimnisvoll, wie sie gekommen war, in den
Berg. Dunkle Gestalten bewegten sich leise und schweigend ihr
nach und verschwanden ebenfalls in den Berg.
Kampfbereit stand srüh mit dem ersten Strahle der Sonne
das Heer der Christen vor der Feste und schritt im Vertrauen
auf Gottes Beistand zum Sturme. Furchtbar ward auf beiden
Seiten gestritten und der Erfolg war lange zweifelhaft. Da er-
scholl auf einmal Wutgeheul aus der Feste. Christliche Krieger
waren durch geheime, unterirdische Gänge in dieselbe eingedrungen
und griffen die Verteidiger in ihrem Bollwerke an. Nach wenigen
Stunden herrschte Karl in der Eresburg. Die Quelle sprudelt
noch immer. Ihr Name ist der „Königsborn".
In der Kirche wurde Thankmar, der Halbbruder Kaisers Otto I.,
am Altare 938 ermordet. Er hatte sich mit dem Frankenherzog
Eberhard gegen ihn verbündet, überfiel seinen Bruder Heinrich
in Beleke, nahm ihn gefangen und schickte ihn, gleichsam zur Ver-
siegelung des Bundes, an Eberhard, verwüstete die dem Kaiser
unterthänige Gegend und zog nach der Eresburg, um dort sest
und sicher zu sitzen. Die Kaiserlichen aber folgten dem Empörer,
Thankmar floh in die Kirche, legte Schild und goldene Kette auf
den Altar und wähnte sich nun am heiligen Orte geschützt. Doch
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Kaisers_Otto_I. Otto_I. Heinrich Heinrich Eberhard
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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— 511 —
Hofes, auf dem sie Wohnung genommen hatten, wurden sie meuch-
lings überfallen. Der weiße Ewald ward im Hause erschlagen, der
schwarze floh auf den Hof, wo er von den nacheilenden Mördern
ergriffen wurde. Es kamen indes die Weiber, die gerade mit
Flachsbrechen beschäftigt waren, herzugelaufen und baten, des
Gottesmannes zu schonen. Allein die rasenden Männer waren nicht
zu erweichen; sie entrissen vielmehr den Weibern die „Flachsbraken"
und schlugen damit den schwarzen Ewald jämmerlich zu Tode. Da-
nach wurden die Leichen der beiden Märtyrer über „Potthoffs
Gründchen", wo seitdem kein Tau, noch Regen fallen soll, nach
der Emscher geschleppt. — Bevor der schwarze Ewald seinen Geist
aufgab, sprach er noch einen Segen über das weibliche Hofgeschlecht
und den Fluch aus, jener Hof solle niemals auf einen männlichen
Erben kommen. Dieser Fluch hat sich erfüllt; es ist niemals ein
männlicher Sprosse jenes frevelhaften Geschlechtes auf diesem Hofe
„aufgekommen". Der Hof selbst aber hat zum Andenken an jene
grausige That den Namen „Mortmanns Hof" erhalten. Er
besteht heute nicht mehr. Der letzte Besitzer veräußerte ihn in
der Mitte vorigen Jahrhunderts stückweise und kaufte sich ander-
wärts an.
Aus den westlichen Ämtern merken wir in Barop die gleich-
namige Land- und evangelische wie katholische Pfarrgemeinde mit
3200, die Landgemeinde Holzwickede mit 3513, die Land- und evan-
gelische Pfarrgemeinde Eichlinghofen mit 2045, in Annen die evan-
gelische und katholische Land- und Pfarrgemeinde Annen-Wullen
mit 9171, in Kirchhörde die gleichnamige evangelische Land- und
Psarrgemeinde mit 9246 Eingesessenen. Barop hat bedeutende
Eisenwerke und viel Kohlenindustrie. In Holzwickede befindet sich
eine Präparandenanstalt. Annen ist ein gewerbreicher Ort, der
viele Zechen und Fabriken besitzt, darunter auch eine Glashütte.
9) Im Stadt- und Landkreise Bochum.
Die Stadt Bochum, in einem Umfange von 6 qkm mit einer
Einwohnerzahl von 53 842, von denen 29 270 katholisch, 23 769
evangelisch, 803 jüdisch, in der Mitte zwischen Emscher und Ruhr
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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Geschlecht (WdK): koedukativ
— 30 —
Seine Majestät der König dankte dem Redner in folgenden, mit
Bewegung gesprochenen Worten:
„Mit Dank gegen die Vorsehung nehme Ich die erneuerten Ge-
löbnisse der Treue und Ergebenheit der Provinz Westfalen entgegen,
wie sie Mir soeben dargebracht worden sind. Die Gelöbnisse wurzeln
in dem Gefühle der Dankbarkeit für die Segnungen, welche die
väterlichen Regierungen Meines königlichen Vaters und Bruders
über diesen Landesteil ergossen haben. Diesen Dank an deren Statt
entgegennehmen zu sollen, gewährt Mir eine hohe Genngthuuug.
Tie heutige Feier reihet sich an die gleiche dreier anderer Provinzen,
die, wie Westfalen, nach einer verhängnisvollen Trennung mit
Preußen wieder vereinigt wurden oder neu hinzutraten. So schließt
denn mit heute an einem in so vieler Hinsicht bedeutungsvollen
Tage die Jubelfeier fast der Hälfte der Monarchie für die Wohl-
fahrt, das Gedeihen und Aufblühen dieser Landesteile nach einer
fünfzigjährigen Vereinigung unter Preußens Scepter. Der Blick
auf Westfalens Gefilde giebt Zeugnis von den Fortschritten, die ein
fünfzigjähriger Friede ermöglichte. Und da, wo dieser Friede auf
kurze Zeit unterbrochen wurde, gaben Westfalens Söhne Zeugnis,
daß sie in Heldenmut und Hingebung ihren Voreltern gleich waren,
und hefteten durch glorreichen Sieg neuen Ruhm an Preußens
Fahnen. Möge die Gesinnung, die sich Mir heute kuudgiebt, eine
glückliche Vorbedeutung sein, daß nach einem abermaligen halben
Jahrhundert gleiche Wohlfahrt und gleiche Treue iu Westfalen
angetroffen werde! Das walte Gott!"
Der älteste brandenburg-preußische Besitz in Westfalen ist das
frühere Bistum und Fürstentum Minden, das infolge des west-
fälischen Friedens 1648 dem großen Kurfürsten zufiel. Im Jahre
1666 erhielt er endgültig dazu die Grafschaften Ravensberg und
Mark, die als Teile des jülich-clevischen Erbes schon vorläufig
seit 1609 von Johann Sigismund und dessen Nachfolger Georg
Wilhelm verwaltet waren. 1702 vereinigte Friedrich I., der erste
König in Preußen, die Grafschaft Lingen im Norden von Westfalen
mit seinen Landen, und zwar wegen seiner Verwandtschaft mit den
Oraniern, welche dieselbe früher besessen hatten, jetzt aber in der
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Extrahierte Personennamen: Westfalens_Söhne Johann_Sigismund Johann Georg
Wilhelm Wilhelm Friedrich_I. Friedrich_I.
Extrahierte Ortsnamen: Westfalen Westfalen Westfalens Westfalen Westfalen Minden Westfalen