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1. Bodenständiger Unterricht - S. 1

1913 - Leipzig : Dürr
Der Lehrer der Heimat- künde muß der beste Kenner der Heimat sein. Amtliche Bestimmungen über Heimatkunde Die jetzt gültigen „Lehrpläne und Lehraufgaben für die höheren Schulen in Preußen" stammen aus dem Jahre 1901. Preußen"" Sie bestimmen als Lehraufgabe für die 6. Klaffe u. a.: „Grund- begriffe der allgemeinen Erdkunde in Anlehnung an die nächste Um- gebung und erste Anleitung zum Verständnis des Globus und der Karten." Aus den „Methodischen Bemerkungen für die Erdkunde" sind hier noch folgende Sätze von Bedeutung: „Behufs Gewinnung der ersten Vorstellungen aus dem Gebiete der physischen und mathema- tischen Erdkunde ist an die nächste örtliche Umgebung anzuknüpfen; daran sind die allgemeinen Begriffe möglichst verständlich zu machen. Hierbei ist aber jede Künstelei zu vermeiden. . . . Sind so die ersten Grundbegriffe zum Verständnis gebracht, so sind sie an dem Relief und dem Globus zu veranschaulichen; dann aber ist der Schüler zur Benutzung der Karte anzuleiten, welche er allmählich lesen lernen muß... . Sehr wichtig für diesen Unterricht ist das Zeichnen als ein Hilfsmittel zur Förderung klarer Anschauungen und zur Einprägung festen erdkundlichen Wissens. . . . Ausgeschlossen ist das bloße Nachzeichnen von Vorlagen. .. . Wünschenswert ist, daß auf allen Schulen der Unterricht in der Erdkunde in die Hand von Leh- rern gelegt werde, die für ihn durch eingehende Studien besonders befähigt sind." Aus den „Allgemeinen Bestimmungen" vom 15. Oktober 1872, die für die Volksschulen noch gelten, führe ich hier folgende Sätze an: „Der geographische Unterricht beginnt mit der Heimatkunde". . . . „Das Maß des darzubietenden Stoffes wird durch die Art der Schule bedingt; es ist indes bei Aufstellung des Lehrplans vorzuziehen, nötigenfalls den Umfang des Lehrstoffes zu beschränken, statt auf dessen Veranschaulichung zu verzichten und den Unterricht in Mit- teilung bloßer Nomenklatur ausarten zu lassen." Der Ministerialerlaß vom 31. Januar 1908, der mit großem Nachdruck eine gründliche Durcharbeitung des Unterrichtsstoffes fordert, bestimmt u. a.: Nolte, Bodenständiger Unterricht. 1

2. Bodenständiger Unterricht - S. 2

1913 - Leipzig : Dürr
— 2 — „Die Heimatkunde ist überall sorgfältig zu pflegen. Dies gilt nicht nur vom erdkundlichen Unterrichte; auch die heimatlichen Ge- schichten, heimatlichen Sagen, Denkmäler, Bauten u. a. sind zu be- rücksichtigen; die Kinder müssen ferner die in ihrer Heimat Haupt- sächlich vorkommenden Pflanzen, Tiere, Gesteine kennen lernen und zu dieser Kenntnis nach Möglichkeit auch im Freien auf Spazier- gängen u. dgl. geführt werden." ^Mittel-^ Bestimmungen für die Mittelschulen vom 3. Februar 1910 schulen, enthalten u. a. folgende Vorschriften: „Ziel ist das Heimischwerden des Kindes in dem Heimatsort und in der umgebenden, die Eigenschaft des Ortes bedingenden Land- schaft, sowie die Liebe zur Heimat. Der Unterricht in der Heimatkunde bildet gleichzeitig die Vorbereitung für den Unterricht in Erdkunde, Naturkunde und Geschichte. Kl. Vii. Der Heimatsort, nähere Umgebung der Heimat. Her- vorragende Bauten, Kirchen, Schlösser. Dabei Himmelsgegenden. Die scheinbare Sonnenbahn, Tages- und Jahreszeiten, Zeitangabe durch die Uhr. Zeichnungen des Lehrers führen zum Verständnis der Karte. — Tiere, Pflanzen (Bäume, Anlagen) und Steine des Heimatsortes. Kl. Vi. Das Weichbild des Heimatsortes, dabei Gewinnung geographischer Grundbegriffe (Höhen und Tiefen, Berg und Tal, Land und Wasser), das nächste Dorf (bzw. die nächste Stadt) und Um- gebung, heimatliche Landschaft, die scheinbare Bahn des Mondes und seine Gestalten, Monate, Wochen. Richtige Auffassung kartographischer Anschauungsmittel: Plan, Relief, Profile, Karten . .. ." Methodische Bemerkungen: Der Unterricht in der Heimatkunde ist für die erdkundlichen und naturkundlichen Stoffe möglichst an die zu behandelnden Gegenstände in der Natur selbst anzulehnen. Er berücksichtigt die vorhandenen Naturdenkmäler. Die grundlegenden Vorstellungen aus der Erdkunde und der Naturkunde werden auf gemeinsamen Spaziergängen gewonnen. Diese sind eingehend vor- zubereiten, gründlich zu verarbeiten und fleißig auszunutzen. Im weiteren Verlaufe ist das Kind zu eigenen Beobachtungen anzuhalten, alle Vorstellungen werden möglichst durch sie gewonnen ... ." 4'bbhrtne Aus den „Ausführungsbestimmungen zu dem Erlasse vom Mädchen. 18. August 1908 über die Neuordnung des höheren Mädchenschul- schulen. mögen hier folgende Vorschriften Platz finden: „Erdkunde. Allgemeines Lehrziel: Verständnisvolles Anschauen der umgebenden Natur und des Kartenbildes.... Methodische Bemerkungen: Von

3. Bodenständiger Unterricht - S. 4

1913 - Leipzig : Dürr
— 4 — Möglichkeit in kurzen ausgewählten Aufsätzen oder Abschnitten größerer Werke heranzuziehen.... Lehraufgaben. Höhere Mädchenschule. Unterstufe: „. . . . Der Sachunterricht als Anschauungsunterricht soll bei den Kindern die Fähigkeit ausbilden, Gegenstände und Vorgänge zu beobachten und wesentliche Merkmale zu erkennen; er soll bereits vorhandene Vor- stellungen klären und nötigenfalls berichtigen, das Wissen der Kinder erweitern, ihren Wortschatz bereichern und ihre Sprachfertigkeit fördern. Nur da, wo die zu besprechenden Gegenstände nicht in der Wirklichkeit betrachtet werden können,treten gute Nachbildungen an diestelle____Der heimatkundliche Unterricht in Kl. Viii führt von Schulstube, Schulhaus, Heimatort und feiner Umgebung aus zu den notwendigen geographischen Grundbegriffen und zu den Anfängen des Kartenverständnisses. Gemein- same Ausgänge unter Leitung derlehrenden zur Beobachtung besonders wichtiger Erscheinungen werden sich als nützlich erweisen.... Kl. Vii. 2 Std. wöchentlich. Erweiterung der Heimatkunde von der heimatlichen Landschaft bis zum heimatlichen Erdteil. Dabei Ge- winnung sicherer geographischer Grundanschauungen und erstes Ver- ständnis für ihre Darstellung auf Karte und Globus. Übersicht über die fünf Erdteile nach ihrer Lage zueinander und auf der Erdkugel und nach ihren wichtigsten Oberflächenverhältnissen. Übersicht über die Weltmeere. Einfache Skizzen an der Wandtafel." Äbliche Art der Heimatkunde. Wie pflegt nun der heimatkundliche Unterricht zu verlaufen? i. Stoffe. Zunächst bespricht man das Schulzimmer nach Größe und Lage. Wo die Sonne auf- und untergeht, um Mittag und Mitternacht steht, wo Osten und Westen, Süden und Norden ist, wird wiederholt gezeigt, einzeln und klassenweise, und gemerkt. An Teilen des Zimmers: Fenster, Tür, Pult, Heizung. Tafel usw. übt man das Zurechtfinden weiter, ebenso durch Bestimmung der Lage der benachbarten Gebäude, Straßen, Plätze, der Post, des Gerichts, des Bahnhofs, des Elternhauses usw. Haupt- und Nebenhimmelsrichtungen, Windrichtungen und Wind- rose werden behandelt. Wir merken uns in Herford ferner die Kirchen und Schulen nach Namen, Lage, Zweck und Zahl; ferner die wichtigsten Straßen und wohin sie führen: Richtung, Name des nächsten Ortes; die Denkmäler in Herford und ihre Bedeutung;

4. Bodenständiger Unterricht - S. 19

1913 - Leipzig : Dürr
— 19 — Fast auf jedem Spaziergange haben wir Gelegenheit, zu be- Jungen, obachten, wie das fließende Wasser sich Rinnsale und nach und nach ^Krüche. Flußbetten ausgewaschen hat, die es bei starkem Gefälle ziemlich schnell auch in harten Untergrund scharfkantig einschneidet, bei frisch ausgeschütteter Erde an Dämmen aber in großer Zahl ausspült. Die Schüler müssen darauf achtgeben, daß manchmal in einer einzigen Nacht %—1 m tiefe, ziemlich breite Furchen entstehen, die, wenn man sie nicht ausbessert, schnell tiefer und breiter werden, immer weiter rückwärts greifen und so schließlich den ganzen Weg oder Damm durchqueren und durchbrechen können. Wenn die Schüler das mehrfach selbst gesehen und darauf ge- merkt haben, wie das Wasser, besonders auf weichem Untergrunde und bei starkem Gefälle, an unfern Höhenzügen tiefe Täler erzeugt hat, dann ist ihnen die Entstehung des Durchbruchs der Weser in der Porta durch das Wesergebirge, der Elbe durch das Elbsandstein- gebirge und der Donau beim Eisernen Tor, des Rheins durch das Rheinische Schiefergebirge und ähnlicher Fluß-Durchbrüche und -Durch- fägungen bald klar zu machen, zumal dann, wenn sich die Schüler kleine Nachbildungen von Teichen oder Wasseraufstauungen anlegen, an der Umrandung eine kleine Vertiefung machen, fo eine Abfluß- stelle schaffen und dann beobachten, wie sich diese Abflußstelle ver- hältnismäßig fchnell vertieft und vergrößert; dann finden sie die groß- artigen Klammen in den Alpen und die Canons in Amerika, die bis zu 1800 m tiefen, engen und senkrechten Schluchten, als das Ergebnis einer vieltaufendjährigen ungestörten Arbeit des Wassers begreiflich. Die Schüler beachten an den heimatlichen Bächen, Werre und Aa, Schlangen- daß sich die Sand- und Schlammhaufen regelmäßig an der Innen- der Müsse! feite der Flußbiegungen ablagern; daß gegenüber die stärkste Strömung und damit die größte Kraft des fließenden Wassers angreist und die Ufer unterwäscht und fortreißt; daß also der Fluß da, wo der Boden hier weich, da härter ist, ziemlich schnell seinen Lauf ändert, indem er an den weichen die Erde schneller sortspült, die Biegungen nach außen hin vergrößert und so seine Windungen und Schlingen immer länger macht, wenn ihm nicht durch harte, felsige User oder durch künstliche Uferbefestigung Einhalt geboten wird; 2*

5. Bodenständiger Unterricht - S. 9

1913 - Leipzig : Dürr
— 9 — Durch das Aufzählen der Erscheinungen der Heimat, auch wenn es noch so sicher und fehlerlos geht, darf man sich eben nicht täuschen lassen. Wer genau zusieht und hinter dem Schein das Wesen sucht, wird sich von der Inhaltslosigkeit der eingeprägten und glatt aufge- sagten Namen und Wörter überzeugen können. Man untersuche z. B. nur einmal, was sich die Schüler unter Ober-, Mittel- und Unterlauf eines Flusses denken, und man wird die ganze Leere dieser Wörter entdecken, die doch ständig im Ge- brauch sind. So kann man nur zu oft feststellen, wie glatt und sicher die Schüler über Dinge sprechen und vortragen können, bei denen sie sich nichts oder fast nichts Rechtes zu denken vermögen. Ein Rektor, mit dem ich über diese alltägliche Erscheinung im Schulleben sprach, erzählte mir eine Geschichte, die ich, wenn sie auch schon eine Reihe von Jahren zurückliegt, hier wiedergebe, weil sie die Sache scharf beleuchtet. Bei einer Prüfung führte ein Lehrer vor, was er von der Bach- stelze durchgenommen hatte. Alles ging gut, und der Schulrat hörte geduldig zu. Da fragte er ein Kind, das fehr schön vorgetragen hatte: „Sag mal, wie nennt denn ihr zu Hause, vielleicht plattdeutsch, den Vogel?" Plötzlich stockt der Redeschwall, und die Antwort bleibt aus. Die spätere Frage an den Lehrer: „Glauben Sie, daß die Schüler wirklich den Vogel kennen?" belehrte den gewissenhaften Mann, wie wenig er mit feiner fleißigen Arbeit erreicht hatte. Wenn er sich alles gespart hätte, was er sorgfältig durchgenommen und dem Gedächtnis feiner Schüler sicher eingeprägt hatte, statt dessen aber mit allen Schülern draußen gewesen wäre, um den Vogel in der Natur beobachten zu lassen, so hätte der Junge sich keinen Augenblick auf „Wipp-" oder „Quickstert" und „Pflugtreiber" zu be- sinnen brauchen, es hätte ihm Spaß gemacht, die Namen zu erklären. Schon allein dadurch, daß die Beobachtung in der Natur eine richtige und klare Vorstellung von dem Vogel vermittelt hätte, wäre ein größerer Gewinn erzielt worden als durch die fleißige, aber lebensfremde Arbeit in der Klasse. Man glaube ja nicht, daß das Anschauungsbild die Schüler stets befähige, sich richtige Vorstellungen zu machen. Das wird in vielen Fällen vielleicht möglich sein. Aber das Beobachten in Natur und Leben ist zuverlässiger und deshalb stets das Beste.

6. Bodenständiger Unterricht - S. 21

1913 - Leipzig : Dürr
der Schiffahrt, Gewinnung fruchtbaren Kulturlandes, Schaffung ge- sunder Wohnstätten, Bau und Befestigung von Straßen, Förderung von Handel und Verkehr und ähnliche Kulturzwecke nicht weggeworfenes Geld sind, sondern sich reichlich bezahlt machen und daher mit zu den notwendigsten und wichtigsten Ausgaben eines Landes gehören, dann lernen die Schüler doch auch zugleich an einem Beispiel, das ihnen ganz bestimmte bedeutungsvolle Aufgaben und Pflichten eines Kultur- staates zeigt, ein gut Stück Bürger- und Staatskunde. Sie haben dann doch mehr, als wenn man nur auf Karte und Atlas Namen, Lauf, Richtung der Flüsse mit den daranliegenden Orten aufsuchen und einprägen läßt und dann noch das, was nach dem Lehrbuche ungefähr durchgenommen werden soll, mitteilt, erklärt und zum Lernen aufgibt. Wenn dann später einmal, etwa bei der Besprechung des Volks- lebens in Spanien, im Anschluß an das Anschauungsbild „Stier- gefecht" darauf hingewiesen wird,*) daß an jedem Sonn- und Fest- tage etwa von Ostern bis in den Spätherbst hinein —■ wegen der dort herrschenden katholischen Religion sind diese Tage zahlreich — über 2000000 Spanier aller Stände, vom Könige und Minister bis zum Arbeiter und zur Zigarettenmacherin, im Stierzirkus sitzen, wo die Eintrittspreise wegen der teuren Stiere und sonstigen großen Kosten sehr hoch sind, nur um sich an den blutigen Stierkämpfen zu weiden, daß Spanien so in jedem Jahre ganz ungeheure Summen, ungezählte Millionen für bloße Schaustücke, die noch dazu das menschliche Gefühl abstumpfen und verrohen müssen, ver- geudet, also für das Volksvermögen verliert und für das all- gemeine Wohl nicht aufwenden kann, daß es für den Bau von Straßen, Post- und Eisenbahn- Verbindungen, Schulen und andere Kulturaufgaben aber nicht die allernötigsten Mittel aufbringen kann,**) dann hat die Besprechung der Stiergefechte doch eine ganz andere Unterlage und infolgedessen doch auch für die Schüler einen viel tieferen Sinn als nur den, daß sie wissen, daß in Spanien Stierkämpfe stattfinden, *) Vgl. die Erläuterung zu dem Anfchauungsbild von Wünsche, Land und Leute, Verlag von Leutert und Schneidewind, Dresden. **) Für die Schiffbarmachung des Ebros, d. h. des Flusses, der für eine bedeutende Schiffahrt hauptsächlich in Betracht kommt, da die meisten übrigen Flüsse ein zu niedriges Wasser, zu tief eingeschnittene Flußbetten, für die An- läge von Häfen zu hohe Ufer und an den Mündungen Wasserfälle und Strom- schnellen aufweisen, hat es allerdings viel getan und Mustergültiges geschaffen.

7. Bodenständiger Unterricht - S. 22

1913 - Leipzig : Dürr
— 22 — dann sind ihnen außer den erdkundlichen doch auch Volkswirt- schaftliche, kulturelle und ähnliche wichtige Dinge zum Ver- ständnis gebracht, und zwar um so besser, als vorher durch die Gewinnung heimatlicher Anschauungen und durch ihre Aus- Nutzung im weiteren Unterricht für eine gute Aufnahme- und Verknüpfungsmöglichkeit der neuen Stoffe gesorgt worden war. Ein solcher Unterricht hat doch wohl den verhältnismäßig größten Bildungswert. Das Wissen der Schüler ergibt sich dann nicht so sehr aus Stoffen, die ihnen als Wissenschaft vorgetragen, klar gemacht und eingeprägt wurden, fondern da ist vergleichsweise lebendigstes Erfassen und bestes Verständnis. Außerdem aber gewährt das doch auch die beste Vor- und Aus- bildung der Schüler für das Leben. Nur aus dem Leben selbst lernen wir am gründlichsten und besten für das Leben! Das ist eine Wahrheit, der zwar nie widersprochen, in unsern Schulen aber auch nicht ausreichend entsprochen und gefolgt wird. Erfahrungen im Anterricht und bei heimatkundlichen Spaziergängen. Unterricht Es ist ein bedeutsamer Unterschied zwischen einem Unterricht, ohne lebens- . ^ ^ , „ . . . volle An- der das frische, gegenwartige Leben draußen und die eigene schauungen, sgeßftßchtung des Schülers in Natur und Leben, diese tragfähigsten Grundlagen und ergiebigsten Quellen alles Unterrichts, grundsätzlich und planmäßig zum Ausgangs- punkt nimmt und verwertet, und einem solchen, der, auf dieses Mittel verzichtend, sich mit Fleiß und Gewissenhaftigkeit abmüht, die Schüler unter höchster Anspannung der Vorstellungskraft und des Denkens zu bilden. Wie mühsam und unfruchtbar ein solcher Unterricht ohne die Unter- lagen wirklicher Anschauungen ist, weiß jeder aus eigener Erfahrung. In vielen Unterrichtsfächern sind Stoffe, für die uns die Heimat Anknüpfungspunkte nicht bietet, in ziemlich bedeutendem Umfange zu verarbeiten. Um nur ein besonders auffälliges Beispiel anzuführen, sei an die griechische und römische Geschichte erinnert, wo mit Kindern und unreifen Knaben und Jünglingen Stoffe und Begriffe wie Colons und Lykurgs Verfassung, Aristokratie, Demokratie, Volksrechte, Ge-

8. Bodenständiger Unterricht - S. 12

1913 - Leipzig : Dürr
— 12 — Heimatliche Anschauungen als Grundlagen des weiteren erdkundlichen Unterrichts. rattserunb Ober-, Mittel- und Unterlauf eines Flusses werden wohl durch- Unterlauf, weg aus der Karte und dem Atlas gezeigt und besprochen. Man betrachtet etwa den Rhein oder einen andern sich gut dazu eignenden Fluß und läßt ablesen, daß am Oberlauf Gebirge sind, die im Mittellaus meist weiter zurückgehen und im Unterlauf ganz aufhören, wo sich an ihrer Stelle flache Gegenden ausbreiten. Diese auf klare Erkenntnis abzielende unterrichtliche Behandlung eines Flußlaufes gilt als gut und ist immerhin etwas, was einen begabten, mit Einbildungskraft ausgestatteten Schüler zu einigem Nachdenken anregen kann. Aber was bedeuten dem Durchschnittsschüler die Zeichen auf der Karte, wenn er nie draußen in der Wirklichkeit mit Bewußtsein, d. h. unter sachkundiger Anleitung die Dinge gesehen hat, die ihm die Zeichen ins Gedächtnis rufen und veranschaulichen sollen? Lebensvoller und erfolgreicher ist es doch jedenfalls, wenn man den Lauf eines heimatlichen Baches von der Quelle bis zur Mündung nach und nach abschreitet. Bei den dabei stattfindenden Belehrungen über die Bedeutung der Flußläuse im großen kommt man zwar auch nicht ohne Jnanspruch- nähme der Einbildungskraft aus. Aber ihre Tätigkeit hat dabei eine Unterlage. Sie gründet sich auf Dinge, die die Schüler vor sich haben und genauer betrachten können, und ist deshalb richtiger und ergebnisreicher. Wenn die Schüler im Oberlauf eines Baches die engen, steilen, bewaldeten Ufer, das von Steinen und Erdrutschen vielfach abge- sperrte, von zahlreichen kleinen Wasserfällen durchsetzte, seichte Wasser sehen, das sich seinen Weg zwischen dem Geröll hin und her sucht, wenn sie das starke Gefälle, die Stoßkraft des Wassers und die Be- sörderung des Gerölls nach unten selbst beobachten, dann verstehen alle, auch die schwächeren, daß und warum man dort keine Schiffahrt treiben oder Häfen anlegen kann, weshalb man da keine Dörfer oder Städte findet. Und wenn dann weiter die Schüler selbst das Wasser aufstauen und so kleine Talsperren bilden müssen, so ist allen der Begriff „Talsperre" leicht klar gemacht.

9. Bodenständiger Unterricht - S. 24

1913 - Leipzig : Dürr
— 24 — gang oder Ausflug macht, um ihnen ein geschichtliches, kunstgeschicht- liches Gebäude, Denkmal usw. zu zeigen, ist doch nicht ausreichend, wenngleich es der Ansang des rechten Weges ist. Nein, immer und in allen Fächern soll und muß man das, was man nirgends so gut verstehen und lernen kann als draußen in der Wirklichkeit, auch nicht allein in der Schule unterrichtlich behandeln, sondern in erster Linie aus dem ergiebigsten Quell, der Wirklichkeit selbst, schöpfen! Wirklichkeits-, Freilicht- oder Freiluftunterricht muß planmäßig und in ausreichendem Umfange überall ein- geführt werden! In manchen Fächern, z. B. in der Naturkunde, oder in Teilen von Fächern, z. B. in der Wetterkunde, gönnt man ihm wohl hin und wieder schon ein bescheidenes Plätzchen. Uns kommt es hier darauf an, daß auch die gesamte Heimat- künde, soweit man sie am erfolgreichsten in der Umgebung des Schulortes behandeln kann, tatsächlich draußen an Ort und Stelle erarbeitet werde. "rotfi^n5 Der Unterschied zwischen einem solchen Anschauungsunterricht Mrttichkeits-im eigentlichsten Sinne und der bisher wohl allgemein üblichen Unterricht. Unterrichtsart ist ganz wesentlich. Was bisher nur hier und da gelegentlich und nebenher geschah, muß überall zur Hauptsache gemacht, die eigene, vom Lehrer planmäßig geleitete Beobachtung des Schülers muß zur Hauptgrundlage des Unterrichts werden! Dieser Unterschied ist etwa der, als wenn im Schulzimmer ent- weder ein gutes Anschauungsbild von der Frucht der Kokosnuß vor die Schüler hingehängt und auf das beste erklärt, oder eine wirkliche Nuß mitgebracht, von den Schülern in die Hand ge- nommen, vor ihren Augen in Teile zerlegt und genau betrachtet und besprochen wird, wobei sich die Schüler auch zugleich von der Härte der Schale, der Art der Faser und dem Geschmack der Milch und des Fruchtfleisches überzeugen können. In welchem Falle die Schüler die richtigsten und klarsten Vor- stellungen, das beste Wissen und Verstehen erlangen, ist außer Zweifel. Auch das lebendigste, anschaulichste Wort kann die Wirk- lichkeit, die tatsächliche Anschauung niemals voll ersetzen! Es ist und bleibt denn doch ein nicht geringer Unterschied, ob jemandem ein Festsaal mit der üppigsten Tafel und den verlockendsten

10. Bodenständiger Unterricht - S. 25

1913 - Leipzig : Dürr
— 25 — Gerichten nur geschildert wird — und wenn das auch mit den an- schaulichsten und beredtesten Worten geschähe —, oder ob er selbst hineingeführt und vielleicht sogar auch eingeladen wird, sich an die Tafel zu fetzen und mitzuessen. Das eine Mal speist man ihn mit schönen Worten ab. Davon wird er nicht satt. Das zweite Mal wird ihm wirkliche Nahrung geboten. Wir speisen unsere Schüler zu oft mit Worten, und noch lange nicht einmal immer mit den anschaulichsten, ab und wundern uns dann, daß sie trotz des so reichlichen Trockenfutters nicht zu Kräften kommen. Alles ganz gut, so wird man entgegnen, aber die Ausführung dieser heimatkundlichen Beobachtungsgänge hat doch ihre großen Bedenken, ^ildungs- Sie fordern unverhältnismäßig viel Zeit, nehmen in den meisten Fällen ganze Nachmittage oder doch mehrere Stunden in Anspruch und machen viel zu viel Mühe und Umstände. Entspricht denn der Gewinn diesem Aufwände? Darauf habe ich zunächst nur zu antworten: Eigene Spazier- _ gänge belehren darüber am besten, ebenso wie man z. B. den Wert einer turnerischen Übung nicht vom Zusehen, sondern dadurch am besten kennen lernt, daß man sie ebenso oft und genau so gut macht, wie man sie von den Schülern verlangt. Man wird dann sehen, daß der Ertrag in jedem Falle viel größer ist, als ohne eigene Er- fahrung erscheinen mag. In den letzten Jahren habe ich immer häufiger und planmäßiger solche Beobachtungs-Spaziergänge gemacht und stets mehr gesehen und für den Unterricht gelernt. In steigendem Maße habe ich erfahren, welch eine ungeahnte Fülle des wiffenswertesten und in bester Weise die Schüler an- regenden und bildenden Stoffes uns die nächste Umgebung auf Schritt und Tritt bietet. Für gewöhnlich sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht, weil wir viel zu sehr in der hergebrachten Unterrichtsweise besangen sind. Wer erst einmal anfängt, solche Ausgänge zu machen, der wird sicher darüber verwundert fein, warum wir an dieser naheliegenden Fülle von Anregung zu Beobachtungen, zum Denken und zu eigenen Arbeiten bisher so gut wie ganz vorübergegangen sind, und warum man andere Bildungs- und Unterrichtsstoffe, die viel fremder und schwerer sind, bevorzugt hat und bevorzugt.
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