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1. Bd. 2 - S. 278

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
278 Zweites Kap. Religion. Erzählungen des Livius und Plutarch lesen (welche wenigstens den Ton der betreffenden Zeiten, bei Plutarch auch wohl seine eigene Sinnesweise, schildern), wenn wir selbst einen Cicero von einem Traume, als einer von Gott eingegebenen Ahnung, sprechen hören (de divin. I. 28.); so können wir nicht verkennen, daß nicht nur Fröm- migkeit, sondern abergläubische Gcmüthsart und meist sklavische Götterfurcht ein Hanptzug des Römercharakters bei Großen und Kleinen gewesen. Trefflich hatten die ersten Gründer des Staates sowohl, als seine folgenden Häupter, diesen religiösen Sinn genüzt und gcpffcgt. Sie hatten ihn zu einer Hauptstüze der Verfassung, znm Triebwerke des Gehorsams und des patriotischen Eifers, znm Erhalter der politischen Tugend gemacht. Die Religion war das kostbarste Staatseigen- t h u m; sie antasten hieß gegen die Majestät des Volkes sündigen (*). Hinwieder wurde für Gottlosigkeit gehalten, die Fahnen zu verlassen, den Magistraten nicht zu gehorchen, gegen den Vorzug edler Ge- schlechter zu kämpfen. Ohne diese heilige Waffe wären die Patrizier viel früher und vollständiger der Plebs erlegen. Alle schwereren Pflich- ten, alle härteren Opfer wurden den Bürgern im Namen der Götter aufgelegt; alle Tugenden, an deren Erhaltung dem Staate lag, wurden zu Religionspflichten gestempelt; jedes Widerstreben wurde durch Autorität des Himmels gedämpft. Daher konnten die griechischen Götterfabeln, in so fern sie blos Dichterphantasie und theils von belustigender, theils von sitten- verderblicher Wirkung waren, in Rom keinen Eingang finden. Hier wurde nur ausgenommen, was p o li t isch - nü z ti ch schien. Der Charak- ter der römischen Religion blieb ernst und feierlich; sie reichte den Aus- schweifungen weder Deckmantel, noch Entschuldigung dar, sondern schärfte die Gebote der Sittlichkeit und des Rechts durch eine höhere Sanktion ein. Jedoch nicht des öffentlichen Rechts; denn da sie Staatsmaschine und Dienstmagd der Politik war, so gebrauchte man sie (bei Kriegserklärungen, Friedensschlüssen und Bündnissen waren Priester, die Fccialen, nöthig) zur Beschwichtigung des Ge- wissens, zur Aufrichtung des Selbstvertrauens in den abscheulichsten Kriegen und zur Beschönigung der gröbsten Attentate gegen das Völ- kerrecht. Aus demselben Grllnde, daß die Religion in Rom mehr znm Besten des Staates, als jenem der Bürger vorhanden war, floß auch die Unbestimmtheit ihrer Unsterblichkeitslehre. Es scheint die- (') Auch die Sacra prirat« (Hausgottesdienst) mußten vom Volte gebilligt seyn.

2. Bd. 2 - S. 285

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
Allgemeiner U eb erb lick. 286 rcdsamkeit waren noch zahlreicher besucht, als jene der Philoso- phie. Die Genügsamkeit der Lehrer verlangte nur eine geringe Bezah- lung, ihre Frugalität diente den Schülern zum Vorbild; man lebte nur für die Weisheit. Die Eroberungen Alexanders und selbst die Herrschaft der Römer vermehrten noch den Glanz dieser Schulen. Aus allen Landern der weitverbreiteten griechischen Zunge, so wie ans dem fernsten Abendlande, strömten wißbegierige Zöglinge dahin, und wie- wohl in der politischen Sphäre die Freiheit zu Grunde gegangen; so dauerte sie doch in den Schulen der Philosophen fort. Auch in anderen Städten, vornemlich in Rho dus und Alexan- drien, waren berühmte griechische Schulen; doch erreichten sie den Glanz der athenischen nicht. Insbesondere waren die von Alexan- drien fast ausschlicßcud den mathematischen und physikali- schen Wissenschaften gewidmet. Den freieren Forschungen der allge- meinen Philosophie, so wie der, erhebend auf die Genrüther wir- kenden, Beredsamkeit, konnten die ägyptischen Despoten nicht hold seyn. Die Naturwissenschaften dagegen und die Mathematik mochten sie ohne Gefahr begünstigen, ja wohl zu politischen und staatswirth- schaftlichen Zwecken uüzen. Dieallmälig aufkommenden Schulen der R ömer erscheinen ge- gen die griechischen in einer ärmlichen Gestalt. Jene der Jurisprudenz ausgenommen (Tib. Coruncanns, Pontifex Marimus, cröffnete dieselben im Jahr 500 der Erbauung Roms), waren sie alle ganz un- bedeutende Privatanstalten, deren Unzulänglichkeit für die höhere Bil- dung die Römer selbst erkannten (*). §.4. Bibliotheken. Von desto größerer Wichtigkeit mußte in jenen Zeiten die Beschaf- fenheit der Schuten seyn, je mehr der Selbstunterricht aus Büchern durch die Theueruug und Seltenheit der Exemplare erschwert ward. Zwar schrieben viele Freunde des Wissens die Werke ihrer Lieblings- schriftsteller ab (Demosthenes verfertigte mit eigener Hand acht Kopieen von Thucydides), und Andere trieben solches Kopiren als ein Ge- werbe (**) ; aber dies konnte dem Bedürfnisse nicht genügen. Auch hatten viele der vortrefflichen Lehrer ihre Grundsäze gar nicht, oder nur unvollständig, der Schrift vertraut. Daher blieb der Wißbegierige aus ihren mündlichen Unterricht beschränkt, aber gerade hiedurch ge- (*) Der jüdischen Schulen zu Jerusalem, Alerandrien, Babv- ton u. a., dann der chaldäilchen zu Babylon und jener der Magier zu Susa wollen wir wenigstens in einer Rote erwähnen. (**) Das gewöhnlichste Schreibmaterial waren Rollen von ägyptischem Papyrus; doch gebrauchte man auch Leder, Leinwand, Tafeln u. st w.

3. Bd. 2 - S. 225

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
223 Kultur überhaupt. Feine Formen , Ucbcrsiuß an Bildungsanstalten, Politur der Sitten; aber wenig Leben, lauter Maschinenartiges und Armuth an Geist und Herz. Nicht also die Griechen. Keine Kraft, weder der Seele noch des Körpers, blieb unentwickelt (*), keiner war die Form der Ent- wicklung vorgeschriebe«; jeder Bürger, jede Gemeinde war selbststän- dig, und aus dem bauten Gemische der persönlichen und der Votkscha- raktere ging als allgemeiner Charakter die Regsamkeit, Vielseitigkeit, das stolze Selbstgefühl und das rivalisirende Streben nach Vervoll- kommnung hervor. 2) Dieses Alles ist schon vielmal gesagt worden; aber es ist der Wiederholung werth. Nicht zu oft kann die Freiheit gerühmt werden. Einige der neuesten Schriftsteller, um ja nicht zu sagen, was andere, haben das Verdienst der griechischen Kultur lediglich oder doch vorzüglich der — Poesie zugcschricbcn. Allerdings hat dieselbe Vieles gewirkt (s. das folgende Kapitel Iii. und schon I. B. S. 306.), aber darum Alles? — Sie hat der griechischen Kultur einen eigenen Ton und einen höheren Schwung gegeben, sie aber nicht erschaffen. Ja sie selb st war ein Kind der Freiheit, oder doch des Freiheitsinn es. Die älte- sten Dichter sangen in Zeiten noch ungebündigter Natursreiheit, und ein Homer, wiewohl er theoretisch die Fürstenmacht verthcidigte [f. Jl. Ii. 204.] (doch lebte er gerade in der Periode ihres Sturzes in Grie- chenland), würde wohl so wenig, als seine großen Nachfolger unter einem Sklaveuvolke erstanden, oder doch ohne mächtige Wirkung für ein solches geblieben seyn. Anstatt allso die Poesie zur Hauptquclle der griechischen Kultur zu machen, mögen wir lieber behaupten, daß der allzupoetische Sinn der Griechen, während dem er den Künsten förderlich war, die ernsten Disciplinen in ihrem Fortgange zurückgc- halten habe, und daß durch ihn die Kultur zwar ästhetischer, schimmern- der, aber minder solid, ja zum Theil frivol geworden. 3) Auch mittelst der Religion, welche großcntheils aus Poesie hcrvorgegangen, hat leztere die Eigenthümlichkeit der griechischen Kultur bestimmt. Wir kennen diese griechische Religion (s. B. I. S. 272 ff.), wir wissen, wie sehr sie in's Privat- und iu's öffentliche Leben Angriff, aus die Poesie selbst, von welcher sie ihre Gestaltung empfangen, ver- edelnd zurückwirkte, den Künstlern Stoff und Begeisterung gab, und die Menschen durch einen fortwährenden Zauber in einer Welt von Göttern und Halbgöttern erhielt. Allerdings erhebend für's Gefühl und . (*) Hievon machen etlicl'e Staaten, die, wie Sparta, eine auf ein- seitige Zwecke berechnete Gelezgebung hatten, eine Ausnahme. Auch gab es Stämme, wie die Aetolier, deren hartnäckige Wildheit die Kultur nicht aufkommen ließ. Ii. 15

4. Bd. 2 - S. 296

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
260 Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft. §. 10. Beredsainkeit. Nicht minder, als durch die Dichtkunst glanzten die Griechen durch Beredsainkeit hervor. Wenn jene in einer glücklichen Na- turanlage und in der Harmonie der schönsten, klangvollsten aller Sprachen eine mächtige Begünstigung fand: so war diese vorzugs- weise die Frucht der freien Verfassung. Gleichwohl hob sich, bei der Leidenschaft der Griechen für Poesie, die Prose nur langsam; selbst Gescze wurden in Versen abgefaßt. Empedoklcs und Parmeni- dcs trugen die Lehrsäze ihrer Philosophie in dichterischer Sprache vor. Endlich bewirkten Pherccydes aus Scyros und Kadmns von Milet die Aufnahme der ungebundenen Rede. Schriftsteller aller Art, be- sonders Geschichtschreiber, vervollkommneten sie, und die lebendige Beredsamkeit blühte auf in Volksversammlungen, Senaten und Ge- richten. Auch die Redekunst gedieh, und verstärkte die Kraft der natürlichen Suade. In Sicilien stiftete Korar von Syrakus die erste Schule der Rhetorik; bald kamen ähnliche in Griechenland auf. In diesen, wie in den philosophischen. Schulen herrschten aber nur allzulang die Sophisten, welche mit ihrer spizfindigen und feilen Kunst dem Verstand und Herzen schadeten. Gorgias vor den meisten Anderen war berühmt in derselben, und erwarb sich großen Reichthum. Die edlere Beredsamkeit siegte jedoch im Ganzen, und auch hier, wie sonst allenthalben, hat der Ruhm Athens den der übrigen Griechen überstrahlt. Kaum mögen neben den athenischen Rednern noch andere genannt werden. Wir haben der merkwürdigsten unter denselben — von Solon und Pisistratus an durch alle Zeiten der Freiheit —, als eines Thcmistokles, Perikles (des Donnernden), Alcibiades, Äschi- nes, vor Allen aber des großen Demosthenes (*), theils in der politischen Geschichte, theils in jener der Staatsverfassnng (S. 232) gedacht. Auch Antiphon, Andocides, Lysias, Lykurgus, Dc- m ades und viele Andere haben Ruhm erlangt; aber Mehrere schän- deten denselben durch feile Gesinnung. Nicht also der ehrwürdige Iso- krates, welchem jene zum Theil ihre Bildung verdankten. Isokra- ste den Römern gefallen sollte, erheischte, konnte die Sitte anfkommen, die Deklamation der Rolle davon zu trennen, und einem anderen Schauspieler zu überlasten. Endlich machte die Vervollkommnung der Geberdensprache die Deklamation ganz entbehrlich. Von dem Künstler Memphis wird behauptet, daß er nicht nur leidenschaftliche Rollen, sondern sogar Lehrsäze einer abstrak- ten Philosophie durch Mimik dargestellt habe! — (*) Diesem herrlichen Manne hat Heeren (Ideen Iii. Thl. S. 411 f.) ein würdiges Denkmal gesezt. Und auch Sich selbst. In der Auswahl der Lieblingecharaktere spiegelt stch die eigene Seele des Schriftstellers.

5. Bd. 2 - S. 308

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
508 Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft. und Ph er ec yd cs Schüler, verließ, wie man sagt, sein Vaterland, um Potykratcs Herrschaft zu entfliehen, und trat, nach vieljäh- u'gen Reisen, in Großgriechenland als politischer und morali- scher Reformator ans. Zll Croton, welches damals von Pöbetmacht bedroht und durch Sittenverderbniß tief hcrabgcbracht war, stiftete er durch Lehre, Beispiel und durch den Einfluß einer zahlreichen Ver- brüderung, die er an viele mystische und symbolische Gebrauche — die Haupttendenz war Selbstbeherrschung — band, eine bewunde- rungswürdige Revolution, deren Wirkung sich nicht auf Croton be- schränkte, sondern — durch den Eifer einzelner Schüler und durch Stiftung von Töchteranstalten über viele Städte Großgricchcn- lands, ja selbst nach Afrika, verbreitete. Aber Er Selbst erfuhr noch die gewaltsame Zerstörung seines Bundes durch die wnthende Gegenpartei. Die Verfolgung war allgemein. Ein Tyrann ließ die Pythagoräer in ihrem Versammlungshause verbrennen. Pythagoras Selbst starb nach vielfältiger Bcdrängniß. Die pythagoräische Schule bestand aus äußeren und inneren Kreisen. Mühsame Prüfungen bahnten den Weg zu den leztercn, und erst in diesen wurde man des höheren Unterrichtes gewürdigt. Das Lehrsystem des großen Meisters, wie Alles, was ihn betrifft, ist in schwer zu durchdringendes Dunkel gehüllt. Doch scheint er eine rei- nere Ansicht von Gott und der Welt gehabt, einen die Materie durchdringenden und beherrschenden Weltgeist, die Unsterblichkeit der Seele (*) und das Walten gleichförmiger, allgemeiner Gesezc in allen Reichen der Natur und des Himmels erkannt zu haben. Bei der Unzulänglichkeit der gewöhnlichen Sprache, solche hohe und ab- strakte Begriffe würdig auszudrücken, nahm Pythagoras von den Eigenschaften und Verhältnissen der Zahlen, so wie von jenen der Töne, Anlaß, beide in die Metaphysik einznführen, und Arith- metik und Musik als den Typus der Weltordnung zu betrachten. Das eine und unveränderte Wesen der die Natur beherrschenden Intelligenz ist die Mo veis, die wandelbare Materie mag Au« und die Summe beider oder die Welt Trices heißen. Weiter: die h armón i- sch cn Töne gespannter Saiten entstehen aus der Theilung derselben nach den Zahlverhältnissen. Also sind Zahlen der Grund der Har- monie und, da diese in dem ganzen Weltall herrscht, auch aller Natnrgeseze, ja selbst der Moral, deren Summe in der Har- monie des Empfindens und Handelns besteht. (*) Charakteristisch war dabei die Lehre von der Seeteuwanderung, welche auch dem Verbote des Fleischessens zum Grunde diente.

6. Bd. 2 - S. 237

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
237 Staatsverfassung und Regierung. möglich in Harmonie gebracht und überhaupt die ganze Fortbildung der römischen Verfassung gewürdiget. Aber es blieben dabei so viele Dunkelheiten, Unbegreiflichkeiten und unauflösbare Widersprüche zu- rück, daß an einem wesentlichen Irrthum in der Grundansicht kaum mochte gezweifclt werden, und eine allgemeine kritische Revision, eine ganz neue, aus den allerältesten Quellen , so viele derselben in Frag- menten, mittelbaren Ueberlieferuugen und Denkmalen der Wiegenzeit Roms noch zugänglich sind, zu geschehende Bearbeitung dieses so hoch- wichtigen historischen Gegenstandes ein dringendes Bedürfniß schien. Eine solche hat Nieb.uhr in seinerächt klassischen Geschichte Roms zum großen Gewinne der Wissenschaft geliefert und darin den Freun- den der Rechtswissenschaft wie der Geschichte viele, überraschend neue, gleich anziehende, als lehrreiche Ansichten eröffnet. Die wichtigste derselben zeigt uns die Curie« als eine blos patri- zische Gemeinde, als "den großen Rath der patrizischen Ge- schlechter", die Eenturien als Nationalgemeinde oder die Vereinigung der beiden Hauptstände, des Adels und der Gemeinen, zu ein er Gesammtheit, die Tri bus endlich als die rein plebejische Gemeinde. Es müssen jedoch hier die alten oder ursprünglichen, der Sage nach schon von Romutus errichteten drei Tribus, von den neueren, d. h. von Servius Tullius geschaffenen, dreißig Tribus (vier städ- tische und sechs und zwanzig ländliche, welche zwar später durch den Landverlust au Porscnna eine große Verminderung erfuhren, allmä- lig aber wieder stiegen , und in der Gesammtzahl auf fünf und dreißig gebracht wurden) wohl unterschieden werden. Die ersten waren eine nach Stämmen, die zweiten eine nach Bezirken oder Regionen gemachte Eintheilung des Volkes, und zwar jene des um die patri- zischen Geschlechter gesammelten, diese des plebejischen Volkes. Jeder der drei romulischen Stämme oder Tribus (der Titi enses, Ramncs und Luceres) war in zehn Eurien getheilt, jede Curie enthielt eine bestimmte Anzahl (wahrscheinlich zehn) Geschlechter. Ein Geschlecht bestand nicht eben aus einer Familie, sondern aus einem Inbegriff freier, durch einen ererbten gemeinschaftlichen Na- men — welcher jener des edelsten oder ursprünglich vorherrschenden Hauses ist — verbundener Familien. Aus diesen Geschlechtern der Stämme — und zwar anfangs blos aus jenem der Luceres (oder Priester?), daun aber auch aus jenem der Ramnes (Krieger?), endlich, was durch Tarquinius Priscus geschah, auch aus dem drit- ten, der Tities (daher patres minorum gentium) — wurden, aus jedem hundert (also zusammen drei hundert) Männer, ausgeho-

7. Bd. 2 - S. 242

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
242 Erstes Kap. Bürgerlicher Zustand. Stand, welcher jedoch später noch mehr durch verschiedene Vorrechte — als Edrenstze im Theater gleich hinter den Senatoren — ausgezeich- net, durch Pachtung ser öffentlichen Einkünfte reich, und als Mit- telmacht zwischen dem Senat und Volk wichtig war. Wir haben in der dctaillirten Geschichte erzählt, in welchem Wechsel, seit E. Grac- chus Zeit, die Ritter und der Senat bald ausschtießungsweise, bald gemeinschaftlich die Gerichte (judicia) erhalten haben, und welche große Bewegungen darüber cnstanden sind. Eicero war die Zierde und ein vorzüglicher Beförderer des Rittcrstandes. Der dritte Stand, wenn gleich dem Range nach der lezte, war doch durch seine Zahl und seine verfassungsmäßigen Rechte der stärkste, ja eigentlich der Souvera in. Die Zahl der Senatoren und Rit- ter verschwand gegen die große Volksmenge, und konnte, zumal in comitiis iributis, gegen den entschiedenen Willen derselben nicht aufkommen. Gleichwohl wurde, theils durch die List der Vornehmen, theils durch den natürlichen Lauf der Dinge, die Macht des großen Hau- fens in Schranken gehalten, und es kam niemals eine reine De- mokratie zu Stande. Um wie Vieles die comitia tributa dem Volke vortheilhafter, als die comitia centuriata waren, ist aus dem früher Gesagten klar. (Die coinitia curiata, nach errungener politischer Gleichstellung der Plebejer mit den Patriziern, verloren ihre Bedeutung, und hörten allmälig auf.) Aber viele Geschäfte wurden fortwährend auf den comitiis centuriatis verhandelt — eine Zeitlang jedoch noch abhän- gig von der Beistimmnng der Cnrien —, und es wußten die Vor- nehmen auch die comitia tributa, worin die vorzüglichste Stärke der Tribunen bestand, für sich minder schädlich zu machen durch die (s. §. 14. der röm. Gesch.) von Fab ins Marimus angeorduete Verweisung des Pöbelhaufens in die tribus urbanas und der ange- seheneren Leute in die tribus rusticas* Auf eine ähnliche Weise wurden nachmals (ibid. §. 47) die als Bürger aufgenommenen Bun- desgenossen in acht eigene Tribus verthcilt, um die übrigen von ihrem Einflüsse frei zu erhalten (*). (*) Wir wollen hier eine — nicht neue, aber wichtige — Bemerkung, welche nicht nur für Rom, sondern auch für Athen und für alle größeren Re- publiken des Alterthums gilt, in eine Note sezen. Sobald die Zahl der Aus- breitung einer Bürgergemeinde also zunahm, daß sie entweder schwer oder gar nicht in eine ordentlich beratbschlagende Versammlung konnte vereinigt wer- den; so blieb kein anderes Mittel zur Erhaltung einer gesezlichen und Nicht von Stürmen bewegten Freiheit übrig, als das Reprasentationssystem. Aber zu dieser Idee haben die alten Politiker sich nicht ausgeschwungen. Sie

8. Bd. 2 - S. 246

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
246 Erstes Kap. Vürgcrlicher Znstand. in der detaillirten Geschichte gedacht. Als die Plebejer zu gleichen politischen Rechten, wie die Patrizier, gelangt waren; so hörte im Grunde der Zweck des Tribunals ans, oder wurde wenigstens dahin abgeändert, daß dessen Inhaber nicht mehr die Vertreter der Plebs gegen die Patrizier, sondern überhaupt der geringeren Burger gegen die vornehmeren oder gewissermaßen, nach einer unseren neueren Verhältnissen mehr verwandten Ansicht, der Regierten ge- gen die Regierenden waren. Sie begnügten sich aber nicht damit, Vertreter zu scyn. Denn seitdem die comitia tribuía gewöhnlich, und plebiscita dasselbe, wie populiscita, waren; so konnte man die Tribunen gewissermaßen als Depositärs der ganzen Volksgewalt be- trachten, indem es ihnen nicht schwer war, den Willen dieses Volkes auf den von ihnen beherrschten Comitien nach Gefallen zu lenken. So- nach waren sie Gesezgeber, wahre Oligarchen und der That nach weit mehr, als die Cousuln an der Spize des Staates. Auch gc- sezlich und dem Aeußeren nach hatte ihre Macht und Ehre all- mälig zugenommen. Daher geschah cs, daß wohl auch Patrizier von Plebejern sich adoptiren ließen, um zu einem so wichtigen Amte ge- langen zu können. Auf die Tribunen waren alle Hoffnungen und Besorgnisse der Patrioten, so wie der Ehrsüchtigen, gerichtet; alle andere Magistrate erzitterten vor ihnen (*), und wir haben gesehen,, wie oft — neben manchen unbedeutenden Tribunatcn — durch ein es Tribuns Verwegenheit und Einfluß der Staat erschüttert, ja gar um- gestaltet worden. §. 12. Beurtheilung. Wenn wir dies Alles zusammcnnehmen; so sehen wir in Rom eine künstliche Mischung monarchischer, aristokratischer und demokrati- scher Formen. Die Macht des Eonsulats — wenn auch mit vieler Vorschrift beschränkt — verlieh, wie cs der Theorie nach scyn soll, der Regierung, zumal im Kriege, die Einheit und Energie des Königthums. Die Weisheit des aristokratischen Senates und seine perennirende Gewalt gaben — bei allem Wechsel der Magistrate und der Unstätigkeit des Volkswillens — den Staatsmarimcn Festig- keit, den Maßregeln Zusammenhang, dem ganzen Reiche einen beharr- («) Nachdem Sulla die Tribunen in ihre ursprünglichen Verhältnisse zmmckgebracht hatte, wurden sie soäler von Pom pejus wieder erhoben. Er büßte für diesen Schritt, da Casar nur durch dieilntersiüzung der Tribunen sein Sieger wurde So ungemejsen war die Macht der Tribunen, daß chl 6u3 Einer derselben »Flavins) den Conüil Metellus, der nicht^unbedingt seinem Willen folgte, ins Gefängniß warf, und, als der ganze Senat dem Conüil dabin folgen wollte, seinen Stubl vcr die Thüre des Gefängnisses sezte, um die Senatoren zurückzuhalten. (Bio I. 37, L2.)

9. Bd. 2 - S. 11

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
11 Viertes Kap. Allgemeinste Gestalt der Welt. Ein Sieg hatte Cyrns das medische, ein anderer das ly dische, ein dritter das b ab y lo nisch e Reich unterworfen. Das Schicksal schien diese großen Massen nur darum gebildet zu haben, damit sie um so leichter in eine noch größere zusammenfielen. Iezt war keine Macht mehr, die sich mit Persien hätte vergleichen dürfen. Jedes überwundene Volk gab neue Mittel und Streitkräfte her, um noch andere zu überwinden. Es fiel das stolze Aegypten; Thrazien, Makedonien huldigten; Indien zitterte. Aber die armen Scythen, durch ihre Wildnisse ge- deckt, trozten dem furchtbaren Reiche; und das kleine Griechenland demüthigte, erschütterte, untergrub es. Der orientalische Despotismus mit seinem traurigen Gefolge, Serail-und Satrapenregierung, hatte aus ihm einen Koloß ans thönernen Füßen gemacht. Der ungeheuere, schlechtverbundene Staat, durch Empörung in den Provinzen und Zwist im Königshause unabläßig zerrüttet, ohne anderes Erhaltungs-Prin- zip, als den Schrecken, seinen eigenen Völkern meist ebenso verhaßt, als den Fremden — mußte zu Grunde gehen durch langsame innere Auf- lösung, oder schnell Zusammenstürzen durch einen energischen Angriff von außen. Das Vcrhängniß hatte das Leztere beschlossen. Dcrmace- donische Held Alerander zerstörte plözlich das wankende Reich. Die Kriege gegen Persien waren das vorzüglichste Mittel zur Er- hebung Griechenlands gewesen. Die gemeinschaftliche Gefahr hatte seine vielen Stämme zur engeren Vereinigung gebracht, der glückliche Erfolg hatte ihr Selbstgefühl erhöht und Nacheiferung einen allgemeinen Heldenmnth erzeugt. Frei im Inneren, ruhmgekrönt und gesichert von Außen, hätten sie ein glückliches und edles Volk werden, und auf fried- lichen Wegen durch Handel und Kolonien immerdar weiter sich aus- breiten mögen, wären sie einig unter sich, einfach in Bedlirfniß und Sitte und treu der Tugend, dem Patadium der Freiheit, geblieben. Oder hätten sie, weit solche Reinheit der Sitten und unaufhörliche patrio- tische Selbstverläugnung sich schwer erhalten lassen, einen mäßigen Pri- mat unter sich gegründet, die Wahrung des allgemeinen Jnteressc's, die Leitung der allgemeinen Kraft einer gesezlich organisirten Ccntralgewalt übertragen; sie wären zwar etwas weniger frei im Innern, aber nach außen um so furchtbarer geworden. Keines von beiden geschah. Der Primat, welchen Sparta zuerst und darauf Athen besaßen, war weder gesezlich bestimmt, noch durchgängig anerkannt, kraftlos für's Allgemeine, tyrannisch ans Einzelne wirkend, verhaßt, ein Zunder der Eifersucht und die Quelle verwüstenderkricge. Zum zweitenmale schwang sich Sparta über den Trümmern der athenischen Größe zur Herr- schaftauf, und mißbrauchte sic mehr, als zuvor. Der allgemeine, wohl- verdiente Haß und Thebens, durch zwei Helden plözlich gebaute, Macht

10. Bd. 2 - S. 16

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
16 Erstes Kap. Geschichte der Perser. endlich, der aus den Schriften von Aleran d ers M. Begleitern seine Nachrichten zog, weichen vielfältig von einander ab, und sezen hiedurch, da sie insgesammt ihren persönlichen Eigenschaften und ihrem Stand- punkte nach unser Zutrauen rechtfertigen, die Kritik in nicht geringe Verlegenheit. Wenn wir jedoch über kleinere Verschiedenheiten in Na- men und Zeitbestimmung hinausgehen, das, was eigentlich historisch ist, von jenem, was seinem Tone und Zwecke nach als Dichtung er- scheint, sorgfältig absondern, hiebei die Analogie der Geschichte oder sonst bewährte Fakten zu Hilfe nehmen, und mehr nach einer allgemei- nen Darstellung des Charakters, des Zustandes und der Verhältnisse des Perserreiches, als nach einer ängstlichen Genauigkeit des Details begierig sind; so mögen wir, aller gerügten Mängel der Quellen un- geachtet, nicht ohne Befriedigung bleiben. Hauptführer muß uns — so weit er reicht — Herodot scyn. Ktesias würde ihm mit vollem Recht zur Seite stehen, wenn nicht seine ans den Reichsannaten ge- schöpften 23 Bücher persischer Geschichte bis auf wenige von Phot ius erhaltene Fragmente verloren wären, Xe nophon und Arrian, au-* Di odor und Justin mögen zur Ergänzung, bisweilen zur Berich- tigung Herodot's, die jüdischen Schriftsteller aber zur Darstellung des Verhältnisses der Perser gegen die Juden dienen. §.2. Das Land. Oestlich ait den schönen Gefilden von Susiana (mit Etimais) erhebt sich, in Süden vom persischen Meerbusen, in Osten von Earma- nien, in Norden von dem weiten Medien umgrenzt, das Land Persis (Farsistan). Sein Flächeninhalt mag dem von Italien gleich kommen. Es ist von hohen, theils dürren, theils weidenreichen Gebirgen erfüllt; nur gegen das Meer läuft es ans in eine stäche versengte Sandwüste. Ueber diesem Lande ist ein fast beständiger heiterer Himmel (auch heißt Pars soviel, als Lichtland, nach Tychsen) und eine, der hohen Lage ent- sprechende, frische, in der Nordgegend sogar kalte Luft. Der Boden, minder wasserarm, als die meisten benachbarten Länder, bringt köstliche Früchte, Gras und Getreide hervor, und hat von jeher gesunde, kräf- tige Menschen beherbergt. Aber sie sind weniger zahlreich heute, als ehedem, und minder emsig, seitdem Zoroaster's dem Ackerbau freund- liche Lehre dem Schwerte der Moslems wich. Daher ist Persis jezt großcnthcils wüste, und bildet in seinem verödeten Zustande eine trau- rig harmonische Umgebung der hehren Trümmer von Persepolis (*). Mehr als zweitausend Jahre sind hingcgangen, seitdem Alerander (*) Tschil Minar (vierzig Säulen) heißen jezt die Ruinen im neu- persischen Dialekt; Jsthakar war ihr Name in der Sassanidischen Zeit.
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