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1. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 327

1845 - Berlin : Klemann
Neichsverfaffung unter Karl V. 327 deputation", deren Zweck es war, die Mittel zur Erhaltung des Land- friedens in jenen Fällen zu berathen, in welchen dies den Kreisen nicht völ- lig gelang. Uebrigenö erschuf Karl V. 1548 einen neuen Reichsstand, nämlich die sogenannte „Reichsritterschaft"; das war eine Bereinigung aller jener Ritter, welche unmittelbar unter dem Reiche standen, im Gegen- satz zum Landadel; diese Reichsritterschaft leistete der kaiserlichen Kammer einen eigenen Beitrag, genoß einige Hoheitsrechte (wie z. B. die Gerichts- barkeit und das Recht der Steuerumlage), bildete eigene Ritterordnungen und hielt regelmäßige Zusammenkünfte. Die Reichsstädte standen damals noch im höchsten Wendepunkt ihrer Blüthe, Macht und Bedeutung; ihre Gemeindewesen waren wohl geordnet und verwaltet; aber die ungeheuren Reichthümer der Bürger steigerten den verderblichen Uebermuth in Sitten und Bräuchen allzusehr; und, während sie dem Luruö nachhingen, fing die Macht schon zu verdorren an. Laut der Reichspolizeiordnung vom Jahre 1530 gab es vier Klassen von Bürgern, nämlich: gemeine Bürger und Handwer- ker, dann Kauf- und Gewerbsleute, Rathsmänner von wegen ihrer Abkunft und Vermögens, endlich Doktoren (oder graduirte Gelehrte). Besonders be- haupteten die Kaufleute ein gar großes Ansehen durch ihre ungemeine Geld macht. Das auffallendste Beispiel davon gab die Familie der Fug- ger in Augsburg. Diese Fugger hatten ihre Flotten auf den weiten Mee- ren und bauten in ihrer Vaterstadt hundert und sechs Versorgungshäuser für die Armen; gleich Fürsten beschützten und beschäftigten sie berühmte Künstler und Gelehrte, und, so recht als Bürger, ließ einmal ein Fugger aus seinem eigenen Schatz 80,000 Goldgulden prägen, weil es der Stadt an Geld fehlte, um dem Kaiser das geforderte Strafgeld zu bezahlen. Kaiser Karl V. liebte die Fugger sehr und wohnte gern bei ihnen, wenn er nach Augsburg kam. So kehrte er auch einstmals im Juni 1530 auf dem Rückweg von Italien bei einem Fugger in Augsburg ein und entschuldigte sich bei diesem, daß er ihm eine große Summe Geldes, die ihm der Fugger geliehen, noch nicht habe zurückzahlen können. Es war kalt Wetter, und der Kaiser sprach, wie verschieden doch das welsche Klima vom deutschen sei. Da läßt ihm der Fugger im Kamin ein Feuer von duftendem Zimmtholz machen (eine Unze Zimmt galt damals zwei Dukaten) und warf stolz einen noch viel kostbare- ren Brennstoff hinein, nämlich die Verschreibung auf jene Gelder, welche er dem Kaiser vorgeschoffen hatte. Bei solchem Feuer mag einem Kaiser der Frost wohl vergehen. — Die fürstliche Gewalt endlich erstarkte in jener Zeit außerordentlich, und zwar bei einem Theil der Fürsten (nämlich bei den evangelischen) in Folge der Reformation (wie schon erzählt); sodann auch gerade in Folge der Bestrebungen des Kaisers Karl V., sie in ihre alten Grenzen zurückzudrängen, weil sie nun alles Mögliche versuchten, um dagegen ihre Selbstständigkeit zu behaupten. Noch immer übten dabei die Landstände ihr heilsames Recht; doch schon trug auch diese Anstalt den Keim des Verderbnisses in sich, weil die Landstände, den Geist und die geschicht- liche Begründung ihres Instituts verkennend, sich häufig allzustreng nur je auf ihre einzelnen Standesinteressen beschränkten und die allgemeinen Lan- des- und Volk sinteressen darüber aus den Augen ließen, da sie doch ur- sprünglich Landes- und Volksvertreter sein sollten. Dadurch aber wurde der fürstlichen Willkür und dem Beamtenwesen in den einzelnen deutschen Ländern ein immer größerer Spielraum gegeben. Nach Karls V. Abdankung wurde dessen Bruder Ferdinand, welcher bisher römischer König gewesen, nun Kaiser, nachdem er den Fürsten eine

2. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 376

1845 - Berlin : Klemann
376 Fünftes Buch. Vierzehnter Abschnitt. waren, war es ihnen unerträglich, sich noch auf irgend eine Weise in den inneren Angelegenheiten ihrer Länder beschränkt zu wissen, und deshalb ruhten sie nicht, bis sie (wenigstens größtentheils) den Landstäwden als Volksvertretern die wichtigsten Rechte und vor Allen das uralt-deutsche Volksrecht der Gesetzgebung genommen und sich ausschließlich angeeignet hatten. Zwar blieb in manchen Ländern den Ständen noch das Recht der Steuerbewilligung; aber das ganze Institut der Landftände überhaupt, dieser letzte Schutz und Schirm des Volkes, verlor fast überall seine edle und erhabene ursprüngliche Bedeutung und wurde nun ju einer bloßen tobten Form ohne Geist. Die Landesherrn regierten nun meistens, nach eigener Willkür, mit wenigen vertrauten Rächen oder Lieblingen, das Land von ihren Kabinetten aus, dehnten ihre Regalien aus und erschufen sich auch neue; und, weil sie zur Besoldung ihrer Heere und zur Bestreitung ihrer Vergnügungen und Ausschweifungen viel Geld brauchten, legten sie immer mehr Steuern und Lasten auf das Volk. Dies wurde größtentheils als eine bloße Masse von Sklaven betrachtet, über deren Gut und Blut die Landesherrn nach sogenanntem göttlichen Recht, das heißt: nach Belieben, schalten und walten durften. Von der Freiheit der Gerichte war ohnehin längst nicht die Rede mehr. Indem nun die Reichsstände unabhängig waren und alle zusammen einen Bundesstaat bildeten, welcher noch immer von alten Zeiten her das „heilige römische Reich" hieß, erkannten sie gleichwohl einen erwählten Kai- ser, dessen Person den Inbegriff der höchsten Gewalt darstelle, welcher die- selbe aber rechtskräftig verbindend nur unter Mitwirkung der Reichsstände ausüben könne. Der Kaiser hatte zwar noch das Recht: bei der Reich s- gesetzgebung mitzuwirken, aber nur insofern, als kein derartiger Beschluß der Reichsstände ohne seine Zustimmung rechtskräftige Gültigkeit erlangte; sodann hatte er das Recht der Gerichtsbarkeit über Reichsunmittelbare und das der Oberlehnsherrlichkcit, so daß er die Reichssürsten belehnte; — endlich besaß er verschiedene „vorbehaltene" (oder „Reservat"-) Rechte, nämlich solche, welche er auch in den Gebieten der Reichsstände ausüben durfte, und zwar theils „ausschließliche" und „unbeschränkte" (d. i. ohne die Mitwirkung der betreffenden Reichsständc zu benöthigen), theils mit diesen „gemeinschaftliche" und „beschränkte" (nämlich solche, wozu er die Mitwir- kung derselben bedurfte); dahin gehörten z. B. Standeserhöhungen, Verlei- hung der Münzgerechtigkeit, Ueberlassung gewisser Privilegien, Bestellung von Notarien, Berufung zu Reichstagen. Die Verhandlungen zwischen dem Kaiser und den Reichsständen über Reichsangelegenheiten geschahen auf dem Reichstage, und die Erledigung jener Verhandlungen wurde bis zum Jahre 1654 in einem „Reichsab- schied" zusammengefaßt. Der nächste Reichstag (1663) blieb beständig bei- sammen und zwar in Rcgensburg. Der deutsche Reichstag bestand aus drei Kollegien. Das erste war der Kurfürftenrath, welchen die Kur- fürsten bildeten, und wobei der Kurfürst von Mainz, als Erzkanzler des Reiches, den Vortrag hatte und den ganzen Reichstag leitete. Das zweite war der Fürstenrath; dieser bestand wieder aus der „geistlichen Bank", auf welcher alle geistlichen Würdenträger und die Erzherzoge von Oesterreich saßen, sodann aus der „weltlichen Bank", auf welcher die Fürsten, Grafen und Herrn saßen, und aus der „Querbank", aus welcher der Administrator des Erzbisthums Magdeburg saß. Das dritte Kollegium war der Städte- rath, welcher wieder aus zwei Bänken bestand, aus der rheinischen, auf

3. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 415

1845 - Berlin : Klemann
Kaiser Joseph Ii. (1765-1790). 415 er gestattete unbeschränkte Preßfreiheit, und selbst seine eigene Person entzog er der freien öffentlichen Beurtheilung nicht; ja sogar Spott und Schmähungen konnten ihn nicht verleiten, jenem Grundsatz untreu zu werden. Aber auch im österreichischen Staatsverbande gab sich ein reges Streben nach Reformen kund, welche bald, durch den Einfluß des Mini- sters Kaunitz und des Kaisers Joseph (wovon im nächsten Abschnitt) durchgriffen, — sowohl in Bezug auf Gesetzgebung, als auf geistiges Leben, beides mit besonderer Berücksichtigung des eigentlichen Volkes gegen die privilegirten Stände. Unter den trefflichen Männern, welche dafür wirkten, find, außer Kaunitz, besonders der gelehrte Arzt Gerhard van S wie ten und Joseph von Sonnenfels mit hoher Achtung zu nennen. 6. Ein Despot bist Du gewesen, — doch ein solcher wie der Tag, Dessen Sonne Nacht und Nebel neben sich nicht dulden mag. A n a st a s i u s G r ü n. Im Jahre 1764 wurde Joseph, der Sohn der Kaiserin Maria The- resia, in Frankfurt am Main zum römischen König erwählt und gekrönt. Nach dem Tode feines Vaters Franz I. (am 18. August 1765) empfing er, damals vierundzwanzig Jahre alt, als Joseph H. die deutsche Kaiserkrone und wurde neben seiner Mutter Mitregent in den Erblanden. Er war ein schöner Mann, auf dessen Antlitz, in dessen seelenvollen blauen Augen sich sein Wohlwollen spiegelte. Voll natürlicher Anlagen und feuriger Thatkraft, voll Wißbegierde und voll schöner Begeisterung für Menschenwohl, ein Be- wunderer Friedrichs des Großen, suchte er diesem rühmlich nachzueifern, aber auf seine eigene Weise. Er besuchte den großen Gegner Oesterreichs 1769 in Neisse, — welchen Besuch Friedrich Ii. später erwiederte. Da Maria Theresia ihrem kaiserlichen Sohne wenig Einfluß in die Regierung der Erb- lande gestattete, so durchreiste er dieselben, um mit eignen Augen alle Be- dürfnisse derselben kennen zu lernen, und ebenso machte er Reisen ins Aus- land, um seine Kenntnisse zu bereichern und gemeinnützige Anstalten des Auslandes auch in seine Staaten zu verpflanzen. In seiner Stellung als Kaiser zum deutschen Reiche überzeugte er sich bald, daß sein Thätigkeits- trieb überall auf unüberwindliche Schwierigkeiten stieß. Von dem alten kaiserlichen Ansehen war kaum noch ein Schatten übrig, kaum ein Fleck Landes noch seiner unmittelbaren Regierung untergeben; sogar die Reichs- einkünfte des Kaisers waren bis auf eine unbedeutende Summe zusammen- geschmolzen, — der Reichstag war eine alte Maschine, deren Räderwerk stockte; die Reichsstände waren untereinander in steter Reibung und die Stärkeren von ihnen unterdrückten die Schwächeren. Die Rechtspflege des Reiches, in den Händen des Reichshofraths zu Wien und des Reichskam- mergerichts zu Wetzlar, war auf das Erbärmlichste bestellt und durch Be- stechung geschändet; endlose Trägheit hielt den Geschäftsgang auf. Joseph Ii. versuchte es. die Reichs-Rechtspflege durchgreifend zu verbessern; doch schei- terte sein Streben. An dem ganzen morschen Gebäude der Reichsverfassung überhaupt war nichts mehr zu retten; die Schäden hatten schon zu tief ge- fressen, als daß eine Heilung möglich gewesen wäre; sie mußte völlig ver-

4. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 421

1845 - Berlin : Klemann
421 Josephs Ii. Reformen. durch Bildung und Recht den übrigen Staatsangehörigen in Oesterreich gleichzustellen suchte, und indem er 1781 die Leibeigenschaft aufhob. Da- bei sprach er folgende echt kaiserliche und treffende Worte: „Es ist ein Unsinn, zu glauben, daß die Obrigkeit das Land besessen habe, bevor es noch Unterthanen gab." Durchdrungen von diesem wahrhaft humanen Geiste nahm er sich mit warmer Liebe des Bauernstandes an, welcher in deutschen Landen seit alten Zeiten leider nur alle Lasten der übri- gen Stände getragen, fast alle Ansprüche auf Rechte verloren hatte. Zum Beweise, wie hoch er den Bauernstand achte, trat er einst auf einer Reise durch Mähren (1769) zu einem Bauer auf freiem Feld, ergriff den Pflug und ackerte selbst ein Strecke Landes; die mährischen Stände bewahrten diesen Pflug, den des Kaisers Hand geführt hatte, zum Andenken. Joseph suchte Gleichheit der Abgaben durchzuführen, bemessen auf Grund und Bo- den, nach den einfachsten und natürlichsten Grundsätzen. Er hob alle Her- renrechte, Frohnden und Zehnten auf. Er wollte: alle Stände sollten gleich sein vor dem Gesetz (sowie sie ja gleich sind vor Gott); der ge- borene Adelige, der sich nicht geschämt hatte, ein gemeines Verbrechen zu begehen, sollte auch dieselbe entehrende Strafe verbüßen, wie ein Mensch aus der Hefe des Volkes. Joseph hob die Todesstrafe auf, und verschärfte dafür die Strafen durch öffentliche Schmach, um dadurch vor Verbrechen abzu- schrecken. Er ging dabei von dem Grundsatz aus, daß durch die Scham das Ehrgefühl erweckt werde; aber er bedachte nicht, daß die unteren Klassen dafür noch nicht reis genug und daß die oberen Stände sehr oft dafür längst abgestumpft waren. Statt Gutes dadurch zu erwirken, erregte er nur eine grenzenlose Erbitterung des Adels, welcher durch die Gleichstellung mit allen übrigen Menschen seine Vorrechte vernichtet sah. Das neue Strafgesetzbuch für Oesterreich erschien 1787. Joseph suchte auch den Handel und Gewerb- fleiß auf jede mögliche Weise zu beleben; aber auch hier stieß er überall aus Widerspruch. Wie König Friedrich Ii., so hob er die Censur auf und ge- stattete Preßfreiheit; da sprach nun Jedermann frei und offen über Staats- und Kirchenangelegenheiten, und die alte Macht des Aberglaubens wurde gar sehr erschüttert: Von seinem Feuereifer und von Ungeduld hingerissen, beging jedoch Joseph Ii. bei seinen Neuerungen auch manche Mißgriffe im Großen so wie im Kleinen. Er übersah, wenn er an die Erreichung seiner großen Zwecke dachte, manche geschichtlich begründete Rechte, welche ihm störend im Wege standen, und stieß sie, indem er ungeduldig für die Zukunft wirkte, lieber rasch um, statt sie zu würdigen und sich mit den Besitzern derselben auf eine schonende Weise zu vergleichen. So war es bei der Geistlichkeit, so war es beim Adel der Fall. So handelte er auch gegen diejenigen von seinen Staaten, welche nicht deutsch waren; er wollte sie zu einem großen deut- schen Ganzen verschmelzen und beleidigte dadurch die fremde Nationalität, indem er seine eigene zum glorreichen und herrlichen Mittelpunkt machen wollte; so sündigte er unwissentlich gegen die erhabenen Grundsätze rein menschlicher Duldung, welchen er als Monarch huldigte. Dies war beson- ders in Ungarn der Fall, wo er mit Gewalt deutsche Sprache, Gesittung und Verfassung einführen wollte. Und vornämlich war es hier der Adel, welcher sich drohend gegen ihn erhob, weil er das von demselben gedrückte Volk zu erheben trachtete. Mittlerweile hatte Kaiser Joseph Ii. den Plan, seine österreichischen Staaten durch die Erwerbung Baierns abzurunden, noch immer nicht aufge-

5. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 472

1845 - Berlin : Klemann
472 Siebentes Buch. Achter Abschnitt. Unterthanen aufrecht zu erhalten. Folgende verbindende Grundbestimmun- gen wurden ferner festgesetzt: Durch den dreizehnten Artikel der deutschen Bundesakte wurde jedem Lande eine landständische Verfassung, durch den sechzehnten wurde die bürgerliche Gleichstellung der Genossen aller christlichen Glaubensbekenntnisse, durch den achtzehnten die Freizü- gigkeit, d. i. das Recht, von einem deutschen Staate in den andern über- zuziehen, zugesichert. Zugleich versprach die Bundesversammlung, sich gleich bei ihrer ersten Zusammenkunft mit Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Preßfreiheit und Sicherstellung der Rechte der Schriftsteller und Buchhändler gegen den Nachdruck zu beschäftigen; ebenso versprach sie, die Befreiung des Handelsverkehrs innerhalb der Bundesstaaten zu Stande zu bringen. So war die neue Bundesverfassung der deut- schen Staaten bestellt. Bald nach dem Abschluß derselben, nämlich am 26. September 1815, errichteten die Monarchen von Oesterreich, Preußen und Rußland unter sich den sogenannten „heiligen Bund", worin sie sich wechselseits feierlich verpflichteten, zur Ehre Gottes und zum Heil der Völ- ker, zur Erhaltung des Friedens und der Gerechtigkeit zu regieren. Am 20. November schlossen sie endlich zu Paris auch mit Frankreich Frieden, worin dies siebenhundert Millionen Francs als Kriegskoften bezahlen und mehre Festungen auf deutschem Boden abtreten mußte, dagegen das Elsaß und Lothringen behielt. Die Unabhängigkeit zweier andrer uraltdeutscher Länder, nämlich der Niederlande (des vereinigten Hollands und Belgiens als Königreich unter dem Hause Nassau-Oranten) und der Schweiz (als eines Bundes von Freistaaten), blieb gleichfalls bestätigt. Preußen und Oesterreich vergrößerten ihren Staatsumfang; das erstere erhielt das Groß- herzogthum Posen, Schwedisch-Pommern, die Hälfte von Sachsen, einen großen Theil Westphalens und am linken Ufer des Rheins alles Land von Bingen bis Kleve hinab, bis Aachen gen Westen; Oesterreich erhielt die Lombardei und Venedig, Dalmatien, Tyrol, Vorarlberg, Salzburg und einen Theil von Gallizien. Einen großen wichtigen Northeil hatte alles deutsche Land jenseits des Rheins (welches nun größtentheils zu Preußen, sodann zu Baiern und zum Großherzogthum Hessen gehörte) durch die französische Besitzergreifung ge- wonnen und behalten, nämlich — außer mancher anderen trefflichen Anstalt — das französische Gerichtswesen mit Oeffentlichkeit und Ge- schwornen. Das ist bekanntlich ein urdeutsches Institut und so wurde durch eine wunderbare Fügung wenigstens für einen Theil des deutschen Volkes das eigenste Gut des ganzen, gerade in der Zeit der Fremdherr- schaft und durch diese, gerettet. Möge das edle Rheinland dies theure Gut fort und fort treu bewahren! 8. Das Gedeihen bleibet fern, Wo Liebe fehlet und Vertrauen. Uhiand. Kaum war die neue Ordnung der deutschen Staaten festgestellt, so reg- ten sich in Deutschland und außerhalb desselben mehre Parteien, um sie zu erschüttern. Sehr viele von jenen begeisterten Männern, welche die Freiheit Deutschlands mit erkämpft hatten, glaubten, daß dieses Ziel durch die neue Ordnung im Innern Deutschlands noch nicht erreicht sei. Die große Auf-

6. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 475

1845 - Berlin : Klemann
Einführung landständischer Verfassungen. 475 gegen die Macht des Alten; und eben so verschiedenartig war auch die Be- deutung und die Form der einzelnen Verfassungen. Es ist in dieser Ge- schichte schon erzählt worden, worauf die Idee der Landstände beruht (nämlich auf der Vertretung Aller, d. t. des Volkes, durch Einzelne), wie diese Idee tief im deutschen Wesen begründet ist, wie sie sich ge- schichtlich ausgebildet hat und welche wichtigen Rechte die deutschen Land- stände in alten Zeiten besessen haben zum gemeinsamen Besten der Fürsten und des Volkes. Diese ursprüngliche Idee der Volksvertretung mußte bei Einrichtung der neuen landständischen Verfassungen (oder „Konstitutionen") natürlich im Volk wieder lebendig werden. Man nahm nun aber die Form der französischen und der englischen Verfassung zum Muster. Die Landstände sollten sich nämlich in zwei Kammern versammeln, in der ersten die Stan- desherrn (die mediatisirten Fürsten, Mitglieder des regierenden fürstlichen Hauses und hohe Staatsbeamte), in der zweiten die gewählten Abgeord- neten (oder Deputaten), eine Form, welche in ihren Einzelnheiten nicht ohne Mängel ist, und dem Geist echter Volksvertretung nicht ganz entspricht. Oesterreich begnügte sich, die alten Provinzialstände beizubehalten, welche keinen Antheil an der Gesetzgebung und kein Recht der Steuerver- weigerung, theilweise aber das Recht, Bitten und Vorstellungen (Petitio- nen) des Landes an den Monarchen abzusenden, besaßen. — Preußen führte 1815 vorläufig berathende und verbessernde Provinzialstände ein (in der Wirklichkeit erst 1823 und 1824), durch welche die versprochene volksvertretende Verfassung in den einzelnen Provinzen des preußischen Staates erst gründlich vorbereitet werden sollte. Am kräftigsten brach sich das konstitutionelle Leben zuerst in Würtem- berg freie Bahn. Da übergab König Friedrich im Jahre 1815 den ver- sammelten Ständen eine Verfassung; diese aber verwarfen sie kühnen Muths, als durchaus ungenügend, und verlangten entweder die Wiedereinführung ihrer gewaltsam aufgehobenen alten, oder eine bessere neue, welche auf den Grund eines Vertrages zwischen Ständen und Regierung von bei- den entworfen, angenommen und beschworen werden sollte. Das verwei- gerte der König hartnäckig; aber auch die Stände harrten ehrenhaft aus. Darüber starb König Friedrich; aber unter seinem Nachfolger Wilhelm dauerte der Kampf und die dadurch erzeugte Aufregung im ganzen Würtem- berger Lande fort. Die Stände wurden, weil sie beharrlich auf ihren For- derungen blieben, ausgelöst; das Land aber rief ihnen durch den Mund des edlen Uhland zu: „Daß ihr vom Rechte nichts vergeben, sei euch ein loh- nend stolzes Glück!" Das war 1817. Zwei Jahre später aber wurde die neue Verfassung, für welche sie gekämpft, wenn auch mit einzelnen Aende- rungen, dennoch angenommen; das Wichtigste und Richtigste dabei war der Grundsatz, daß sie nur vertragsmäßig einzuführen sei. Anders geschah's in Hannover, wo nur der Adel und der Stand der freien Gutsbesitzer vertreten waren und der Bauer erbunterthänig blieb. Fast noch schlimmer ging's im Kurfürstenthum Hessen zu. Die Hessen jammerten, denn sie hörten, daß, während ihre Liebe, ihre Hoffnungen ge- täuscht, während ihre Rechte verspottet wurden, andere deutsche Fürsten frei- sinnige Verfassungsurkunden gaben. So handelte der edle Großherzog Karl August von Weimar; der übertrug vertrauensvoll den Ständen und den Ab- geordneten aus seinen neuen Besitzungen, ein neues Verfassungs-Grundgesetz zu berathen und zu entwerfen. Da zeigte es sich wieder, daß der Fürst sich nie täuscht, welcher seinem Volk mit vollem Vertrau eil entgegen

7. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 477

1845 - Berlin : Klemann
Stellung der neuen Staatsgewalten zur Hierarchie. — Das Jahr 1830. 477 die Staatsgewalt sind erst in der neuesten Zeit im grellen Licht hervorge- treten. Da hat sich aber auch, Gott Lob, die gute alte Wahrheit kund ge- geben, daß geistige Bildung fürs Volk heilsamer ist und dessen Wechsel- verhältniß zu den Regierungen besser befestigt, als geistliche Erziehung, oder, was dasselbe heißt: geistliche Vormundschaft. Die Freiheit ist im- mer das Beste, weil sie die Wahrheit ist. Das neue konstitutionelle Leben war nun die Seele der meisten deutschen Staaten, jedoch insbesondere mit Ausnahme von Preußen und Oesterreich. Da suchten die Regierungen durch Besonnenheit und durch- greifende Kraft das große Räderwerk der Verwaltung im frischen Umschwung zu erhalten und den rastlosen Trieb des Volkes nach vorwärts auf eine den Machthabern unschädliche und dem Staate mannigfach wirklich nützliche Weise zu lenken, Oesterreich vornehmlich durch eine Aufmerksamkeit auf alles Praktische, Preußen durch ein in mancher Beziehung gewiß löbliches, aber geistige Individualität und Freiheit sowie tüchtige Körperentwickelung nicht genug schonendes Hinwirken auf die Erziehung; beide befestigten zugleich ihr Heerwesen, welches sie als eine wichtige Stütze betrachteten, Oesterreich beharrlich nach strenger alter Weise, Preußen im Sinne des Fortschritts, der Humanität und deutschen Volksthümlichkeit. Da trat im Jahre '1830 in Frankreich plötzlich ein Ereigniß ein, wel- ches seiner Natur nach auch auf das konstitutionelle Leben in Deutschland einen mächtigen Einfluß ausüben mußte. Es war die sogenannte Julire- volution. Die französische Regierung hatte den Einflüsterungen der rö- misch-jesuitischen Partei allzuviel Gehör gegeben, welche da (wie überall und auch bei uns) keck behauptete, daß alles Heil für die Regierungen nur in einer Hingebung derselben an die römische Kirche liege, daß die Völker am sichersten beherrscht würden, wenn man sie dumm mache und somit das na- türliche Streben nach immer größerer vernünftiger Vervollkommnung zurück- halte, welches Gott in jedes Menschen Brust gelegt hat. Der damalige König Karl X. von Frankreich und seine Minister waren schwach genug, dieser eitlen Vorspiegelung Glauben zu schenken; sie verkannten eben auch den Geist der Geschichte und gefielen sich bloß in der Erinnerung an die tobten Begebenheiten (und dieser Jrrthum bringt stets Unglück), kurz, sie suchten die Preßfreiheit und die Wahlfreist eit zu beschränken, welche beide im innigsten Zusammenhang stehen. Aber in gerechtem Zorn erhob sich das französische Volk und vertrieb den König, weil er die heiligsten Rechte verletzt hatte. Das Beispiel des französischen Volkes wirkte mächtig auf das deutsche, weil dieselben Ursachen, welche dort die Revolution im Juli 1830 hervorgebracht hatten, auch in mehreren deutschen Staaten, im größeren oder geringeren Grade, noch Vorlagen. Denn noch immer blieben viele Versprechen unerfüllt; noch immer gab es, statt der ersehnten Han- delsfreiheit im Innern der deutschen Bundesstaaten, die verhaßte Mauth welche das Schmuggelwesen und dadurch eine große Entsittlichung erzeugte; noch immer gab es statt der verheißenen Preßfreiheit die verhaßte Censur, verhaßt mit Recht, weil eine Beleidigung des Geists und Cha- rakters der Nation, weil eine Versündigung an chr. Bald riß sich auch Belgien von Holland los, und nun brach auch den Deutschen ihre gute alte Geduld. Zuerst erhoben sich (im September 1830) die Braunschweiger, welche unter der unerträglichen, ja fast unsinnigen Gewaltherrschaft des Herr zogs Karl gar schwer gelitten hatten; denn dieser Mann verhöhnte Tas Volk geradezu. Sie erstürmten sein Schloß und steckten es in Brand. Karl

8. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 479

1845 - Berlin : Klemann
Neueste Kämpfe des konstitutionellen Princips. 479 sächlich gegen die Wirksamkeit der Stände im südwestlichen Deutschland und deren Einfluß aufs Steuerbewilligungsrecht gerichtet waren und den Regie- rungen einschärften, nichts zu dulden, was mit den Bundesbeschlüssen im Widerspruch stehe; er unterdrückte alle Vereine und Volksversammlungen, sowie alle freisinnigen Blätter und hob die Preßfreiheit im Großherzogthum Baden auf. Da entflohen sehr viele Jünglinge und Männer, welche eine gewaltsame Umänderung der bestehenden Verhältnisse im Sinne hatten, aus Deutschland, theils nach Frankreich, theils in die Schweiz, und unterhielten dort fortwährend insgeheim ihre Verbindungen mit Gleichgesinnten in Deutsch- land. So entspann sich ein weitumfassender Plan, welcher im Jahre 1833 in mehren süddeutschen Staaten zum Ausbruch kam. In der Nacht des 3. Aprils 1833 machten viele Jünglinge (größtetttheils Studirende) zu Frankfurt am Main ein gewaltsames Unternehmen gegen den Bundestag, welches jedoch mißlang. Eine Verschwörung in Würtemberg, welche da- mit im Zusammenhang stand, wurde gleichfalls entdeckt. Ein großer Theil der Theilnehmer wurde gefangen genommen, erhielt, nach langer Untersu- chungshaft, strenge Strafen, später aber, wenn geglückte Flucht nicht durch- griff, in vielen einzelnen Mitgliedern wenigstens, die Freiheit, entweder un- bedingt, oder mit der Verpflichtung: nach Amerika auszuwandern. Ganz verschieden von diesen Versuchen gewaltsamer Umwälzungen schritten mitt- lerweile die Landslande auf verfassungsmäßigem Wege mit deutschem Muth und deutscher Beharrlichkeit voran. So wurde in demselben verhängniß- vollen Jahr 1833 in Hannover ein neues, ziemlich freisinniges Staats- Grundgesetz vollendet und am 26. September vom König Wilhelm be- stätigt. Nach dem Tode dieses Monarchen (am 20. Juni 1837) wurde Hannover von England getrennt und der Herzog von Kumberland kam als König Ernst Arrgust zur Regierung in Hannover. Dieser erklärte sogleich durch ein Patent vom 5. Juli 1837, daß er sich durch das Staats- Grundgesetz nicht gebunden halte, und hob es am 1. November desselben Jahres einseitig auf. Ueber diesen Schritt gerietst das ganze Land in Be- wegung, ja größtentheils in Widerstand, und sieben treffliche Lehrer an der Göttinger Hochschule, welche im August 1837 ihr hundertjähriges Jubiläum gefeiert, Dahlmann, die beiden Brüder Grimm (Jakob und Wilhelm), Alb recht, Gervinus, Ewald und Weber unterschrieben am 18. November eine Erklärung, daß sie sich durch ihren aus das Staats- grundgesetz geleisteten Eid fortwährend für verpflichtet halten müßten; sie wurden hierauf durch königlichen Kabinetsbefehl abgesetzt und mußten das Königreich Hannover verlassen, erhielten jedoch durch freiwillige Beiträge, die in den verschiedenen deutschen Ländern gesammelt wurden, eine Natio- nalpension und in der Folge Anstellungen an andern deutschen Hochschulen. Die meisten deutschen Ständeversammlungen nahmen sich der Aufrechthaltung des Grundgesetzes an, obgleich allerdings regelmäßig mit Widerspruch ihrer Regierungen, welche den Landständen die Berechtigung abstritten, sich mit diesem Gegenstände zu befassen und Bitteir um Verwendung bei dem Bundestage wegen Aufrechthaltung des Grundgesetzes an die Regierungen zu richten. Die Landstände hatten aber hier das ihnen verfassungsmäßig gestattete Recht der Bitte und den deutlichen Umstand für sich, daß durch solche einseitige Aufhebungen der Rechtszustand in Deutschland überhaupt gefährdet sei. Jedenfalls ist die große Theilnahme, welche das ganze deut- sche Volk dafür empfand und durch seine Vertreter, die Landstände in Ba- den, im Königreich Sachsen, im Großherzogthum Hessen, im Königreich

9. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 481

1845 - Berlin : Klemann
Die Stellung der Gegenwart. 481 dem Gesetz wenigstens ausgenommen, wenn auch allerdings leider in sehr vielen Beziehungen (z. B. Besteuerung, Gerichtsstand u. s. w.) noch nicht durchgeführt. Wo keine konstitutionellen Verfassungen bestehen, drängen der Volksgeist und ein gewisser Takt der Regierungen, nicht dahinten bleiben zu wollen, wenigstens zu theilweiser Berücksichtigung dieses Grundsatzes, welcher freilich insbesondere bei Patrimonialgerichten, Bevorzugung des Adels u. dergl. nicht ausgezeichnet gedeihen kann. Verzagen wir aber auch da nicht! Die richtige Grundansicht ist doch da und ist nicht mehr zu er- schüttern, die Grundansicht: daß nur auf wechselseitiger Anerkennung und Haltung der wechselseitigen Rechte und Pflichten (der Fürsten und des Vol- kes) das Heil des Ganzen beruht. Aus dieser Grundansicht entsprang die allgemeine Bewegung, welche die Gemüther im Preußischen Staate er- griff, als nach dem Tode Friedrich Wilhelms Iii. im Jahre 1840 dessen Sohn Friedrich Wilhelm Iv. den preußischen Thron bestieg und durch eine Reihe von Kundgebungen und Verordnungen die Aussicht auf Lüftung mancher alter beengender Verhältnisse, auf den Anbruch einer Zeit cröffnete, in welcher das deutsche Volk auch in Preußen endlich den gerechten Lohn alles Duldens und Ausharrens mit seinem Fürsten, alles Vertrauens auf ein Königswort ernten würde. Dieser Volksgeist zeigte sich männlichfest, achtunggebietend auf den preußischen Provinziallandtagen, insbeson- dere auf dem in Ostpreußen und im Rheinland, sowie durch die Zei- tungspresse, soweit diese von den neuverfügten Censurerleichterungen Gebrauch machen durfte, aber auch durch manchen ungeschriebenen Aus- druck der öffentlichen Meinung. Wie ein Garten Gottes blühet das deutsche Land. Der Bauer pflegt es jetzt als ein freier Mann mit größerer Lust, als er es früher als Sklave gethan; Gottes Segen treibt die deutsche Erde lachend ans Licht der Son- nen, goldene Reben und lachende Frucht und wogende Saaten, und im Schooß der deutschen Erde erzeugen sich noch fort und fort unversiegbare Schätze. — Als ein freier Mann sitzt der Bürger am eigenen Heerd und die Freiheit schwellt die Kraft seiner Sehnen zum rüstigen Gewerbfleiß, sie hebt seinen Geist rastlos zu Erfindungen und zur Vervollkommnung; Ma- schinen verrichten jetzt die knechtische Arbeit, die er früher selbst verrichten mußte, als er selbst nichts Besseres denn eine Art von Maschine war, nun kann er Zeit und Kraft zu Edlerem verwenden. Durch landwirthschaftliche Volksfeste, durch Gewerbvereine und Gewerbeschulen, durch Aussetzung von Preisen wird überall ein reges Streben geweckt und befördert. Nicht min- der zu beachten ist der Kampf um Emancipation der Juden, um Gleich- stellung derselben in allen Rechten der Staatsangehörigen, ein Kampf, der, obwohl er schon lange gekämpft, doch erst als angefangen zu betrachten ist. Die Verfassung der nothwendigen stehenden Heere ist humaner und zugleich wieder national geworden, und hierin hat Preußen ein großes schönes Vorbild gegeben. Da ist jeder Jüngling ohne Ausnahme von Rang und Stand zum Waffendienst verpflichtet, doch nur auf kurze Zeit, so daß er seine Ausbildung, seine Geschäfte nicht versäumt; so ist das ganze Volk in Waffen geübt, und wer nach Erlernung des Waffendienstes aus dem Linienmilitär scheidet, tritt in die Landwehr,' die sich ein Mal im Jahre wieder in den Waffen übt. Wie herrlich wird dadurch der alte krie- gerische Geist der deutschen Nation forterhalten! So möge sie selbst, wenn wir Festungen bauen zur Abwehr gegen Feinde im Osten und Westen, das allerfesteste Bollwerk sein, das die heilige deutsche Erde schützt. — Gefallen Dnller's Gesch, d. deutschen Volkes. — Schul-Ausg. cm

10. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 239

1845 - Berlin : Klemann
Die deutschen Landstände. 239 sung, und nicht weniger in der deutschen Territorialverfassung der damaligen Zeit, ungeachtet in derselben das angenommene römische Recht das absolute Regierungssystem begünstigte. Bis zur völligen Ausbildung des landständischcn Instituts bemerkte man im Mittelalter, daß geistliche und weltliche Landesherren zu den wichtigsten Regierungshandlnngen nicht nur den Rath, sondern auch die Einwilligung ihrer Vasallen und Ministe- rialen, oder der Landherren, die geistlichen ohnedies auch die Einwilli- gung ihrer Kapitel, einholten. Landständisches Rechtssprichwort war: „Wo wir nicht mitrathen, da wollen wir auch nicht mitthaten." Unter diesen Um- ständen ist begreiflich, wie über den Ursprung der Landstände schon viel- fach Streit gewesen ist. Einige setzten ihn bestimmt in das zwölfte, Andre ins dreizehnte, noch Andre in das fünfzehnte, und wieder Andre zwischen das vierzehnte und siebzehnte Jahrhundert. Es ging eben da, wie mit an- dern Dingen, die durch dieselbe innere Nothwendigkeit bedingt, doch äußer- lich nur nach und nach und in einigermaßen verschiedener Gestaltung her- vortraten, wie gerade Zeit und Umstände es wollten oder erlaubten. So rauscht den Völkern, die um einen großen heiligen Strom wohnen, derselbe Strom; aber theils von ihrer Klugheit, theils von ihrem Muth, theils von Gunst oder Ungunst des Bodens, der zwischen ihnen und dem Strome liegt, wird es abhängen, ob sie früher oder später, und in welcher Art sie seine Welle zur Befruchtung ihrer Fluren in Schleusen und Kanälen sich zu- führen. Die Freiheiten der Holsteiner sind so alt, als das Volk. Seit sie durch Karl den Großen zum deutschen Reich kamen, befragten ihre Herren und Grafen bei jeder wichtigen Vorkommenheit die Stimme ihrer Landher- ren, der „Seniorum terrae“. Eben so alt ist die landständische Verfassung in den meißnisch-thüringischen Ländern. Im Lüttichifchen bestanden schon seit dem dreizehnten Jahrhundert Stände für Gesetzgebung und Be- steuerung, landesgrundvertragmäßig seit dem Frieden von Ferhe (1316). Landtage kamen dann auf in Baiern, in der Oberpfalz, in Pfalz- Neuburg, in Schwaben (Würtemberg und Baden), in Mecklen- burg, in Lippe, in der Mark Brandenburg, in Schlesien, in Hes- sen u. s. w. Die Idee der Landstände beruht auf der Vertretung Aller, d. h. des Volkes, durch Einzelne. Denn die Gesammtheit der freien Ackerbesitzer, oder, was gleichbedeutend war, die Gesammtheit aller aktiven Staatsbürger, bildete die Landsgemeinde, und die Mitglieder derselben repräsentieren (vertraten) zugleich in ihrer Eigenschaft als Privatschutzherren, ihre Hinter- sassen, d. h. die bloß mittelbaren Staatsangehörigen. Ja, jenes in neuerer Zeit so vielfach bestrittene Wort: repräsentiren, findet sich schon in einem Titel des ripuarischen Volksgesetzes (cle llomine ingenuo repraesentando). In den Feudalzeiten beschränkte sich allmälig das allgemeine Repräsenta- tionsrecht, und es verminderte sich die Zahl der unmittelbaren Staatsbür- ger, während doch jener Grundsatz fort und fort in Kraft blieb. Man hatte nun Stände als Landstände: den Stand der Ritterschaft, der Bi- schöfe (später: Prälaten) und der Städte. Neue Entwickelungen im Geist und in der Geschichte der Nation griffen aber auch da wieder ändernd ein: die vergrößerte Zahl der unmittelbaren freien Ackerbesitzer, in Folge des Falls des Adels; bei mächtigerer Geltung der Gelehrsamkeit, der In- dustrie, der Bildung überhaupt, — die Entmündigung der Gemeinden. Und so machte sich in neuerer Zeit die ursprüngliche Idee, die Idee echter
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