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als der deutsche König in seine Werkstatt trat und ihm kräftig die Hand
schüttelte.
Rudolf liebte die Einfachheit in der Kleidung und trug statt des könig-
lichen Gewandes gewöhnlich ein schlichtes, graues Wamms, das er sich auf
seinen Heereszügen wohl selbst flickte. In solcher Kleidung sah man ihm frei-
lich seine hohe Würde nicht an, und das führte öfters zu seltsamen Vorgängen.
Als der Kaiser einst Lei Mainz H Hoflager hielt, ging er schlicht gekleidet
eines Morgens allein in die Stadt. Da ihn fror, trat er in das Haus eines
Bäckers und wärmte sich am Ofen. Die übelgelaunte Frau des Bäckers hielt
den Kaiser für einen gewöhnlichen Reiter und sagte unwillig: „So lange der
Bettelkaiser hier in der Nähe ist, hat man nirgends Ruhe vor dem lästigen
Kriegsvolke." Rudolf lachte herzlich, die erzürnte Bäckerin aber ergriff ein
Gefäß mit Wasser und schüttete dem Kaiser den Inhalt desselben über den
Kopf. Rudolf ging ganz durchnäßt in's Lager zurück. Als er am Mittage
bei der Tafel saß, sendete er der Frau einige Schüsseln mit köstlichen Speisen
und ließ ihr sagen, daß der Reitersmann, den sie am Morgen so freundlich
behandelt habe, ihr diese Speisen von seinem Tische sende. Da ward der
Bäckerin klar, wer jener ffchlichtgekleidete Kriegsmann gewesen sei. Sie lief
eiligst in's Lager und bat den Kaiser fußfällig um Verzeihung. Rudolf hieß
sie aufstehen und legte ihr als Strafe für ihr Vergehen auf, den ganzen Vor-
fall vor den versammelten Fürsten ;u erzählen.
Auf einer Reise, den Rhein entlang, fühlte Rudolf das Heranuaheu
seines Todes. In Speier3), wo so mancher deutsche Held begraben lag, wollte
er aud) sterben und begraben sein. Er kam aber nur bis Germersheim3) und
verschied hier (1291). („Kaiser Rudols's Ritt zum Grabe", von Justi-
nas Kerner.) Im Dome zu Speier wurde er beigesetzt.
Sein Nachfolger war Adolf von Nassau (1291 —1298). Dieser
wurde von den deutschen Fürsten abgesetzt und an seine Stelle Rudols's Sohn,
Albrccht von Oesterreich, zum Kaiser erwählt. Adolf wollte sich diesem
Ausspruche nicht fügen; es kam zwischen ihm und Albrecht zum Kampf. Bei
Göllheim (unweit Worms) trafen sich die Heere. Adolf empfing im Ge-
wühl des Kampfes den Todesstreich, und erst am andern Tage fand man die
nackte, von den Hufen der Rosse zertretene Leiche.
§ 28. Albrecht I. (1298 — 1308).
1. Die schweizerische Eidgenossenschaft. 1308. Das wichtigste Er-
eigniß während der Regierung Albrccht's ist die Gründung der schweize-
rischen Eidgenossenschaft. In jener Zeit bestand die Schweiz aus einer
Menge kleiner Gebiete, die theils Herzogen, Grafen und Bischöfen ange-
hörten, theils Freistädte und freie Landgemeinden waren. Die sogenannten
Waldstädte Uri, Schwyz und Unterwalden hatte Kaiser Friedrich Ii. zu
Reichsvogteien erhoben. Die Grafen von Habsburg hatten nach und nach
einen großen Theil des Grundes und Bodens in der Schweiz erworben, und
0 Maiuz liegt au der Mündung des Maines in den Rbcin.
2) Speier, Hauptstadt der bayrischen Rheinpfalz, liegt nicht weit vom linken.
Ufer des Rheines.
0 Germersheim: Stadt in der bayrischen Rheinpfalz am Rhein.
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
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Extrahierte Personennamen: Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Adolf_von_Nassau Adolf Adolf Adolf Albrecht Adolf Adolf Albrecht_I. Friedrich_Ii Friedrich Maiuz
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In den warmen Nachmittagsstunden ließ er sich oft in's Freie hinaus
auf die Terrasse tragen. Aus seinem Lehnstuhle sitzend, blickte er gern in die
Sonne. „Sie ist meine liebste Freundin," sagte er einst, „bald werde ich ihr
näher kommen." Die Krankheit verschlimmerte sich von Tag zu Tag, so daß
selbst die Aerzte die Stunde des Todes für nicht fern hielten. Am 15. August
war der König äußerst matt. Seine Räthe wurden nicht zum Vortrage ge-
rufen. Es war ihm nicht mehr möglich, sein Haupt aus der Ecke des Stuhles
aufzuheben, das Auge zu öffnen und den Mund zum Sprechen zu bewegen.
Alle Anstrengung war vergebens. Der Tag verging; es schlug 11 Uhr Abends.
Friedrich fragte, wie spät es sei, und auf die empfangene Antwort sagte er:
„Um vier Uhr will ich aufstehen." Er stand nicht mehr auf.
Am 17. August 1786, bald nach Mitternacht, verschied der König sanft.
Ein Arzt und zwei Kammerdiener standen an seinem Lager. Es läßt sich
nicht sagen, wie erschütternd die Nachricht von dem Tode des großen Königs
auf das ganze preußische Volk wirkte. Auch über die Grenzen Preußens hin-
aus reichte der Schmerz über das eingetretene traurige Ereigniß. Ein schwä-
bisches Bäuerlein rief bei der Kunde von Friedrich's Tode aus: „Ach, wer
soll nun die Welt regieren! "
Am 18. August ward die theure Leiche in der Garnisonkirche zu Pots-
dam beigesetzt, ltnb am 9. September fand im ganzen Lande eine Todtenfeier
statt, zu deren Predigt man das treffende Wort gewählt hatte: „Ich habe
Dir einen Namen gemacht, wie die Großen auf Erden haben!"
Die Erinnerung an Friedrich „den Großen", den „Einzigen" lebt fort
im Volke. In Berlin ist dem Könige ein herrliches Denkmal errichtet worden,
das die Inschrift trägt:
Friedrich dem Grossen
Friedrich Wilhelm Iii.
1840.
Vollendet unter Friedrich Wilhelm Iv.
1851.
8. Friedrich's Nachfolger. Dem großen Könige folgte in der Regie-
rung sein Neffe Friedrich Wilhelm Ii. (1786—1797). Unter dem Re-
giment dieses Fürsten geschah nichts Großes im preußischen Vaterlande; aber
Preußens Grenzen erfuhren eine Erweiterung im Osten durch die zweite
und dritte Theilung Polens, deren wir hier noch kurz gedenken wollen.
Das in endlose Verwirrungen gerathene Volk der Polen führte immer
sicherer den Untergang feines Reiches herbei. Ein Theil des Adels hatte 1791
eine bessere Verfassung des Staates versucht; aber sie wurde von der Kaiserin
Katharina Ii. von Rußland, welche einen großen Theil der polnischen
Magnaten dagegen zu stimmen gewußt hatte, verworfen. Als nun ein russi-
sches Heer in Polen einrückte, erhob sich die „patriotische" Partei unter dem
tapfern Koscinszko. Ein furchtbarer Aufstand brach los; doch bald war
Posen ganz in den Händen der Russen. Die Kaiserin Katharina bot dem
Könige von Preußen eine zweite Theilung Polens an, welche auch
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
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Extrahierte Personennamen: August Friedrich Friedrich August August Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Katharina_Ii Katharina
Extrahierte Ortsnamen: Garnisonkirche Berlin Polens Polen Polen