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1. Staats- und Bürgerkunde - S. 119

1910 - Wittenberg : Herrosé
119 alles, was von der alten Größe des deutschen Königtums übrig- geblieben war. Fast alle Hoheitsrechte und Machtbefugnisse waren auf die einzelnen Landesherren übergegangen. Sie regierten in ihren Ländern, ohne sich um Kaiser und Reich zu kümmern, sperrten ihre Gebiete durch Grenzzölle oder Ein- und Ausfuhr- verbote gegeneinander ab und mißbrauchten ihr Münzrecht dazu, das Reich mit wertlosen Münzen zu überschwemmen. Der Kaiser aber war außerstande, gegen jedes Unwesen dieser Art wirksam einzu- schreiten. Aus eigner Machtvollkommenheit konnte er überhaupt nichts gegen die Reichsstände unternehmen, sondern bedurfte der Zustimmung des Reichstages. Diese war jedoch nur schwer zu erreichen. Auf dem Reichstage erschienen der Kaiser und die Reichs- stände nicht mehr persönlich, wie das früher geschehen war, sondern ließen sich dort durch Gesandte vertreten. So wurde der Reichs- tag zu einer Versammlung der Abgesandten der Fürsten und Reichsstädte, die seit 1663 jahraus, jahrein in Regensburg tagte. Da die Gesandten in ihren Entschlüssen von der Anweisung ihrer Herren abhängig waren, die sie jedesmal erst einholen mußten, so läßt sich denken, wie sehr die Entscheidungen des Reichstages sich verzögerten. Die größte Verschleppung aber ward dadurch herbeigeführt, daß die Verhandlungen in drei Kollegien geschahen, dem kurfürstlichen, dem fürstlichen und dem reichsstädtischen. Waren die einzelnen Kollegien nach langen Erwägungen jedes für sich zu einem Schlüsse gekommen, so war damit noch wenig gewonnen. Denn nun kam es darauf an, aus den einzelnen Beschlüssen einen gemeinsamen Reichsbeschluß zu bilden. Führten die Verhandlungen zwischen den beiden höheren Ständen zu keinem Ergebnis, so war damit die Sache meist zu Grabe getragen; gelangten sie zu einem Einverständnis, so begannen dieselben Unterhandlungen mit den Reichsstädten. Es kam nicht selten vor, daß jedes der drei Kollegien seine besondere Meinung hatte, und dann war selbstverständlich an eine Erledigung nicht zu denken. Aber auch wenn zwei von ihnen sich einigten, kam in der Regel kein Beschluß zustande. Weder die Reichsstädte wollten sich voll den beiden höheren Ständen überstimmen lassen, noch die letzteren zugeben, daß jene mit einem von ihnen eine Mehrheit bildeten, der sich der andere zu fügen hätte. Wie langsam der Reichstag zu Regensburg seine Entschei- dungen traf, und wie erfolglos sie waren, zeigte sich deutlich zu Beginn des Siebenjährigen Krieges. Erst 1757 kam mit Hilfe französischen Goldes ein Mehrheitsbeschluß gegen Friedrich den Großen zustande, durch den die Reichserekution und dann die Reichsacht über ihn ausgesprochen wurde. Erst im Oktober 1757, nachdem der Krieg bereits länger als ein Jahr gedauert hatte, begab sich der kaiserliche Notar in die Wohnung des preußischen Gesandten zu Regensburg, um ihm jenen Beschluß auszuhändigen. Dieser aber wußte, wie wenig solche Beschlüsse zu bedeuten hatten.

2. Staats- und Bürgerkunde - S. 120

1910 - Wittenberg : Herrosé
Er machte daher mit dem kaiserlichen Notar kurzen Prozeß, in- dem er ihn einfach zur Tür hinauswarf. Während auf dem Reichstage die wichtigsten Angelegenheiten oft jahrelang verschleppt wurden oder überhaupt keine Erledigung fanden, füllte man dort die Zeit mit nichtigen Rang- und Form- streitigkeiten aus. Die kurfürstlichen Gesandten verlangten, durch Edelknaben mit goldenen Messern und Gabeln bedient zu werden, und wollten den fürstlichen nur silberne, sowie nur Bediente zu- gestehen; sie forderten am Maitage für sich sechs Maibäume und gönnten den fürstlichen bloß vier, auch nahmen sie bei ihrer An- kunft von der Stadt Regensburg ein größeres Geschenk an Wein, Früchten und Fischen in Anspruch. Bei feierlichen Gelegenheiten wollten sie auf roten Sesseln sitzen, während die fürstlichen nur grüne haben sollten. Als man sich endlich dahin geeinigt hatte, daß überall nur grüne hingestellt würden, erschien ein kurfürst- licher Gesandter in einem roten Mantel und ließ ihn während der Tafel so über den Sessel zurückfallen, daß er anscheinend auf einem rotbeschlagenen Stuhle saß; er glaubte damit, wie er an seinen Hof schrieb, den hergebrachten Vorzug der kurfürstlichen Gesandten gerettet zu haben. Auch über die Stellung der Stühle gab es einen heftigen Streit. Hatten die kurfürstlichen das Recht, sie auf den Teppich zu stellen, auf dem der kaiserliche Gesandte unter einem Baldachin saß, so beanspruchten die fürstlichen Gesandten, ihre Sessel wenigstens auf die Fransen setzen zu dürfen. Wegen eines Rangstreites, den der Gesandte eines kleinen Staates angezettelt hatte, kam es wohl vor, daß feierliche Umzüge unter- brochen werden mußten; ja, als einmal bei einem Gastmahl der württembergische Gesandte einem geistlichen Vertreter die Frau des österreichischen Gesandten weggenommen hatte, um sie zu Tisch zu führen, wurden über diesen unerhörten Fall nicht weniger als zehn Staatsschriften veröffentlicht. Einmal wäre es wegen eines derartigen Streites fast zu einem Uriege zwischen zwei Uleinstaaten gekommen. Die Reichsstände beschuldigten den Uaiser, der Uaiser die Reichsstände wegen der trübseligen Zustände im Reichstage. Von allen Seiten wuchsen die Beschwerden über die Langsamkeit und Erfolglosigkeit, über das Heranziehen unnützer Dinge, aber geändert wurde nichts. Nach sach. 57. Fürst Bismarck. Die Wiedergeburt des Deutschen Reiches bezeichnen zwei Namen: Wilhelm I. und Otto von Bismarck. Dem Werk, das jener geschaffen, hat dieser die Wege bereitet. Man kann den einen nicht nennen, ohne an den anderen zu denken. Der erste Uaiser und der erste Uanzler gehören untrennbar zusammen für alle Zukunft. Darum denkt man sie gern vom Schicksal auch

3. Staats- und Bürgerkunde - S. 157

1910 - Wittenberg : Herrosé
157 sie vor Altersschwäche nicht mehr so viel erwerben zum Lebens- unterhalte, so fielen sie der öffentlichen Armenpflege zur Last. Es schnellten die Anforderungen an die Armenpflege der Gemeinden ganz bedeutend in die Höhe. Diese traurigeil Zustände bewegten das Herz unseres verehrten Kaisers Wilhelms l. Hatte doch unser Volk in- herrlicher Ein- mütigkeit das einige Deutsche Reich sich geschaffen, zusammen- geschmiedet in Blut und Eisen. Hatte doch unser kraftvolles Vaterland nach dem Kriege gleich eine wirtschaftliche Entwicklung ohnegleichen erlebt! Für die Beamten und Militärpersonen sorgte in Fällen der Krankheit und Invalidität der Staat, für die Gemeindebeamten die Gemeinde, für die Arbeiter niemand. Da kam am 17. November 1881 die kaiserliche Botschaft, die es als Aufgabe des Reichs bezeichnete, für das Wohl der kranken, invaliden, verunglückten und alten Arbeiter zu sorgen. Die kaiser- liche Botschaft vom 17. November 1881 lautete: „Schon im Februar dieses Jahres haben Wir Unsere Über- zeugung aussprechen lassen, daß die Heilung der sozialen Schäden nicht ausschließlich im Wege der Abwehr sozialdemokratischer Aus- schreitungen, sondern gleichmäßig auf dem der positiven Förde- rung des Wohles der Arbeiter zu suchen sein werde. Wir halten es für Unsere Kaiserliche Pflicht, dem Reichstage diese Aufgabe von neuem ans Herz zu legen, und Wir würden mit um so größerer Befriedigung auf alle Erfolge, mit denen Gott Unsere Regierung sichtlich gesegnet hat, zurückblicken, wenn es Uns gelänge, dereinst das Bewußtsein mitzunehmen, dem Vaterlande neue und dauernde Bürgschaften seines inneren Friedens und den Hilfs- bedürftigen größere Sicherheit und Ergiebigkeit des Beistandes, auf den sie Anspruch haben, zu hinterlassen. In Unseren darauf gerichteten Bestrebungen sind Wir der Zustimmung aller ver- bündeten Regierungen gewiß und vertrauen auf die Unterstützung des Reichstages ohne Unterschied der Parteistellungen. In diesem Sinne wird zunächst der von den verbündeten Regierungen in der vorigen Tagung vorgelegte Entwurf eines Gesetzes über die Versicherung der Arbeiter gegen Betriebsunfälle, mit Rücksicht auf die im Reichstage stattgehabten Verhandlungen über denselben, einer Umarbeitung unterzogen, um die erneute Beratung desselben vorzubereiten. Ergänzend wird ihm die Vor- lage zur Seite treten, welche sich eine gleichmäßige Regelung des gewerblichen Krankenkassenwesens zur Aufgabe stellt. Aber auch diejenigen, welche durch Alter und Invalidität erwerbsunfähig werden, haben der Gesamtheit gegenüber einen begründeten An- spruch auf ein höheres Maß staatlicher Fürsorge, als ihnen bis- her hat zuteil werden können. Für diese Fürsorge die rechten Mittel und Wege zu finden, ist eine schwierige, aber auch eine der höchsten Aufgaben jedes Gemeinwesens, welches auf den sittlichen Grundlagen des christ- lichen Volkslebens steht. Der engere Anschluß an die realen

4. Staats- und Bürgerkunde - S. 327

1910 - Wittenberg : Herrosé
122. Die Binnenschiffahrt. Nicht blotz die Seeschiffahrt hat in unserem Vaterlande einen ungeheuren Aufschwung genommen. Dementsprechend ist auch die Hebung der Binnenschiffahrt gewesen. Der Staat hat nicht nur für Regulierung der Flutzläufe gesorgt, wir haben auch ein ver- zweigtes Kanalnetz, wenngleich dasselbe dem Bedürfnisse bis heute noch nicht entspricht. Die Befürchtung, datz nach der Einfüh- rung der Eisenbahnen die Stromfrachten sich bedeutend verringern würden, hat sich nicht erfüllt, im Gegenteil, hat sich die Zahl der Tonnenkilometer von Jahr zu Jahr gehoben. Die wichtigsten Verkehrsadern sind die Ströme, welche den Vorzug haben, datz sie fast alle bis in ihren Oberlauf hinauf schiff- bar sind, und noch eine Anzahl ebenfalls schiffbarer Nebenflüsse. So können alle die Sachen, welche keinen Anspruch auf eine bestimmte Lieferzeit haben und welche keine hohen Frachtkosten vertragen, auf dem Wasserwege befördert werden Auf fast 12 000 km Länge dienen unsere Ströme dem Verkehre. Der Rhein, die beste Verkehrslinie, besitzt mit seinen Zu- flüssen ein Verkehrsgebiet von 200 000 qkm. Und dieses Gebiet umfatzt die produktivsten Landstriche des Deutschen Reiches. Die Ems gewinnt grötzere Bedeutung durch die Verbindung mit dem Rheingebiet vermittelst des Dortmund-Emskanals. Die Weser reicht mit ihrem verzweigten Flutznetz bis in den Thüringer Wald, Hessen, Hannover hinein. Die Elbe ist nächst dem Rheine der befahrenste Strom Deutschlands. Ozeandampfer können bis Hamburg, Flutzkähne mit niedrigem Tiefgang bis tief nach Böhmen hinein. Die Havel ist für mittlere Fahrzeuge vom Finowkanal ab zugänglich, und Berlin verdankt seine Lage als Industrie und Handelsstadt zu einem wesentlichen Teile dem Umstande, datz es an der gut schiff- baren Spree liegt und sowohl mit Hamburg und Stettin wie mit Breslau und Magdeburg in Verbindung steht. Es liegt in der Mitte dieses Wassernetzes. Die Oder und Weichsel, Pregel und Memel sind gute Schiff- fahrtswege. Und wie sorgt der Staat für Regelung und Ordnung des Verkehrs auf diesen Strömen! Eine besondere Fürsorge erfordert der Ausbau des Kanal- netzes. Die niedrigen Frachtkosten auf dem Wasserwege bedeuten Ersparnisse von Millionen für unser Volksvermögen. Wir leiden in Deutschland unter dem Umstande, datz Erzeugnngs-, Verarbei- tungs- und Verbrauchsstätten oft weit voneinander entfernt sind. Erze oder Kohle müssen oft einen langen Transportweg laufen, um zur Verarbeitungsstütte zu gelangen. Das erhöht die Preise bedeutend. Die Landwirtschaft kann auf dem Wasserwege billige Düngemittel beziehen. Wir müssen in der Industrie billig produzieren, um mit den Preisen des Auslandes Schritt halten zu

5. Staats- und Bürgerkunde - S. 458

1910 - Wittenberg : Herrosé
458 Ist festgestellt, wer Steuern zu zahlen hat, so kommt die zweite Frage nach dem Wieviel. Die Steuerbehörden veranlagen den Steuerpflichtigen oder beanstanden seine eigene Steuer- erklärung. Da muß ihm doch gestattet sein, eine höhere Instanz zur Entscheidung anzurufen oder Reklamation zu erheben. Wir haben in Preußen vier Behörden zur Steuerveran- lagung : 1. Die Voreinschätzungskommission; 2. die Veranlagungskommission; 3. die Berufungskommission (Sitz bei der Regierung); 4. das Oberoerwaltungsgericht (Sitz in Berlin). Sie sind einander übergeordnet und Reklamationen gegen die Veranlagung bei der einen sind immer an die nächst höhere Behörde zu richten. Das Oberverwaltungsgericht ent- scheidet endgültig. Nachdem die Höhe der zu zahlenden Steuersumme feststeht, kommt die Steuererhebung. Diese wird meistens von Gemeinden mit besorgt. Also wir zahlen an unsere Stadtkasse die Staats- und Uommunalsteuern. Es stellen sich dadurch die Erhebungskosten erheblich niedriger. Von der Stadtkasse werden die staatlichen Steuerbeträge dann an die Staatskasse abgeführt. Als dritte Aufgabe liegt der Steueroerwaltung die Sorge für Vollständigkeit und Richtigkeit der zu zahlenden Steuersumme ob. Aus diesem Grunde hat sie das Recht, Steuererklärungen zu beanstanden, säumige Steuerzahler zu mahnen, Mahngebühren zu erheben, im Nichtzahlungsfalle zwangsweise Beitreibung der Steuern zu verfügen. Sich der Steuerpflicht entziehen oder entziehen zu wollen, zieht schwere Strafen nach sich. In der Hauptsache sind es hohe Geldstrafen, wozu oft noch die amtliche Wegnahme des Steuer- objekts tritt. Es kann aber auch Gefängnisstrafe eintreten. Der Reichskanzler Fürst von Bülow hat daher ganz recht, wenn er sagt: „Jede Steuer hat etwas Ungemütliches an sich. Man wird verurteilt zu zahlen, und wenn man nicht zahlt, tritt Be- strafung ein." 174. Die Einkommen- und Ergänzungssteuer. Die wichtigsten direkten Staatssteuern sind: Die Einkommen- steuer und die Vermögen- oder die Ergänzungssteuer. Steuerpflichtig sind: 1. alle preußischen Staatsbürger; 2. Angehörige anderer Bundesstaaten, die in Preußen wohnen; 3. Ausländer, die sich länger als 1 Jahr in Preußen des Erwerbs wegen aufhalten; 4. Aktiengesellschaften;

6. Staats- und Bürgerkunde - S. 480

1910 - Wittenberg : Herrosé
480 „Sie setzen mich in freudiges Erstaunen, Exzellenz," sprach der Reichskanzler. „Rußland bestand bisher mit Festigkeit auf seinem Rechte, die Zölle der über seine Grenze eingeführten Waren durch eigenes Gesetz zu bestimmen." „Rußland ist bereit, von dem System des s e l b st h e r r - lichen Zolltarifs abzugehen." erwiderte der Botschafter, „wenn Deutschland das russische Getreide und Holz zu gleichem Zolle wie das österreichische zulaßt." „Die Forderung ist hoch, Exzellenz," sprach der Reichskanzler, „und welche G e g e n l e i st u n g würde Rußland bieten?" „Man denkt an eine Herabsetzung des Zolls für Maschinen, vielleicht auch für Klaviere und Modesachen. Vor allem aber hoffen wir, daß durch die freundschaftlichen Beziehungen, die das Vertragsverhältnis zwischen beiden Reichen anbahnen wird, das deutsche Kapital wieder Gelegenheit zu nutzbringender Anlage in Rußland finden wird." „An dieser Gelegenheit fehlt es ihm im Jnlande allerdings auch nicht, Exzellenz." erwiderte der Reichskanzler. „Eine ver- tragsmäßige Bindung der russischen Zölle auf deutsches Eisen und deutsche Kohlen würde wohl das einzige sein, was Deutsch- land zu Zugeständnissen geneigt machen könnte." „Wir sind bereit," war das letzte Wort des Botschafters, „alle auftauchenden Fragen gründlich zu studieren." Aus H. Mahraun. 186. Handelsvertrag mit Amerika. Dem Reichstag ist der Gesetzentwurf über die Handels- beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika (Handels- vertrag mit Amerika) zur verfassungsmäßigen Veschlußnahme zu- gegangen. Der Wortlaut des Gesetzentwurfs: Der Bundes- rat wird ermächtigt, bei der Einfuhr von Erzeugnissen der Ver- einigten Staaten von Amerika in das deutsche Zollgebiet die An- wendung der in den geltenden Handelsverträgen zugestandenen Zollsätze in angemessenem Umfang zuzulassen. Die Ermächtigung bleibt so lange in Kraft, als in den Vereinigten Staaten die Er- zeugnisse des Deutschen Reichs und der mit ihm zollgeeinten Länder oder Gebietsteile höheren Zollsätzen als den in Abschnitt 1 des amerikanischen Zolltarifgesetzes vom 5. August 1909 (das ist der Mindesttarif der Vereinigten Staaten) vorgesehenen nicht unterworfen werden. Wird von den Vereinigten Staaten bei der Zollbehandlung nicht nach den in der Rote zu Artikel 2 des Han- delsabkommens vom 22. April bis 2. Mai 1907 unter Ii bis F ent- haltenen Grundsätzen verfahren, oder lassen die Vereinigten Staaten durch Gesetze, Verträge mit dritten Ländern oder auf irgendeine andere Weise bezüglich des Warenaustausches zwischen

7. Staats- und Bürgerkunde - S. 105

1910 - Wittenberg : Herrosé
105 letzteres zweimal passiert, so entzieht er dem Redner das Wort oder er kann ihn aus der Sitzung ausschließen. Entfernt er sich nicht freiwillig, so hebt der Präsident die Sitzung auf. Außer den Schriftführern sind im Reichstage noch besonders angestellte Stenographen, die die Reden wortgetreu niederschreiben. Hat der Reichstag alle Aufgaben erledigt, die er sich für die Sitzungsperiode gestellt hatte, so wird er durch den Kaiser oder in dessen Aufträge durch den Reichskanzler geschlossen. 52. Die Vertretung des Deutschen Reiches im Auslande. Als in den 'chinesischen Wirren der deutsche Gesandte Ketteler von den Chinesen getötet wurde, da ging ein Schrei der Entrüstung und Empörung durch unser deutsches Volk; denn durch diese entsetzliche Behandlung war uns die größte Schmach angetan worden und die schwerste Beleidigung widerfahren. In dem Gesandten, als dem Vertreter Deutschlands war unsere Nation selbst getroffen. Ein Heer ging hin, um diese Schmach zu rächen. Ein chinesischer Prinz kam nach Berlin und bat um Ent- schuldigung oder Verzeihung. („Sühneprinz".) Also die Vertretung unseres Vaterlandes im Auslande geschieht durch Gesandte. Sie führen je nach der Größe des Landes und der Wichtigkeit des Postens, auf dem sie sich befinden, den Titel, Botschafter, Gesandter, Ministerresident und Geschäfts- träger. Letzteres ist nur bei den ganz kleinen Staaten der Fall. Die Gesandten haben unter sich eine Reihe von Hilfs- arbeitern, je nachdem sie nötig sind: Botschafts- oder Legations- räte, Dolmetscher (Dragoman), Attache, d. h. Beigeordnete. Häufig werden auch Militärattaches oder Militärbevollmäch- tigte der Gesandtschaft beigegeben. Diese haben ihre Regierung über das Heer- und Marinewesen laufend zu unterrichten. Die Besorgungen der Nachrichten haben vielfach Feldjäger oder Kuriere, da man wichtige diplomatische Schriftstücke nicht der ausländischen Post anvertraut. Der Gesandte empfängt von seiner Regierung ein Be- glaubigungsschreiben, das er dem Regenten des fremden Landes feierlichst überreicht. Ebenso ist es bei seinem Weggange, da übergibt er ein Abberufungsschreiben. Im Falle eines Krieges werden beide abberufen. Sie verlangen dann ihre Pässe. Für den Gesandtschaftsposten werden besonders kluge und erfahrene Personen ausgewählt, die mit den Verhältnissen des Landes vertraut sind. Für den Gesandtschaftsverkehr wurde im Wiener Kongreß 1815 ein besonderes Gesandtschaftsrecht aufgestellt. Sobald der Gesandte sein Beglaubigungsschreiben überreicht hat, ist ihm von der fremden Regierung die Sicherheit und

8. Staats- und Bürgerkunde - S. 137

1910 - Wittenberg : Herrosé
Besonders wirkt der Gesellenausschutz mit bei der Regelung des Lehrlingswesens und bei der Gesellenprüfung. Damit die Ausschüsse immer vollzählig sind, müssen für die Mitglieder Ersatzmänner gewählt werden. Die Aufsicht über die Innungen führt die Polizeibehörde. Gegen säumige Mitglieder kann sie Geldstrafen verfügen. Sie kann 'ferner Streitigkeiten entscheiden und zu den Innungs- prüfungen einen Vertreter entsenden. Eine Innung kann von der Aufsichtsbehörde geschlossen werden: 1. wenn eine amtlich geforderte Statutenänderung nicht vor- genommen wird; 2. wenn die Innung ihre gesetzlichen Aufgaben nicht erfüllt trotz mehrfacher Aufforderung der Behörde; 3. wenn sie sich gesetzwidriger Handlungen schuldig macht, oder andere als die gesetzlich zulässigen Zwecke verfolgt, wenn sie z. B. in ihren Versammlungen Politik treibt, 4. wenn ihre Mitgliederzahl soweit zurückgeht, datz sie ihre gesetzlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen kann; 5. wenn über ihr Vermögen das Konkursverfahren er- öffnet wird. Beschwerde gegen die Schließung wird bei der nächst höheren Behörde, eventuell bei dem Oberverwaltungsgericht angebracht. Der Vorstand führt die Geschäfte unter Aufsicht der Behörde zu Ende. Das Vermögen wird zunächst zur Berichtigung der Verbind- lichkeiten verwandt, der Rest wird an die Mitglieder zurückgegeben, soweit er aus ihren Beiträgen stammt. Mehr als seine gezahlten Beiträge kann ein Mitglied nicht fordern. Der vielleicht noch ver- bleibende Rest ist an die Gemeinde zur Erfüllung allgemeiner gewerblicher Zwecke zu geben. Ebenso ist es auch, wenn sich eine Innung freiwillig auflöst. Wird eine freie Innung in eine Zwangsinnung umgewandelt, so geht das Vermögen an die Zwangsinnung über. Erscheint den Mitgliedern der Fortbestand ihrer Zwangs- innung nicht mehr wünschenswert, so mutz die Aufsichtsbehörde dieselbe auflösen: 1. wenn von einem Viertel der Mitglieder ein dahingehender Antrag beim Vorstande gestellt wird; 2. dieser Antrag mutz mindestens vier Wochen vor der Ab- stimmungsversammlung den Mitgliedern bekannt gegeben werden; 3. er mutz in der Versammlung von mindestens dreiviertel der sämtlichen Mitglieder angenommen sein; 4. darauf stellt der Vorstand bei der Behörde (Regierung) den Antrag auf Zurücknahme der Anordnung, welche die Errichtung einer Zwangsinnung verfügte.

9. Staats- und Bürgerkunde - S. 179

1910 - Wittenberg : Herrosé
179 Sonst sind alle Rechtshandlungen von der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters abhängig. Der Vertragschließende muß alsg geschäftsfähig sein, damit er über die ihm zustehenden Pflichten und Rechte volle Einsicht hat. Der Vertrag kann mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden. Während man früher die Verträge fast alle schriftlich abschließen mußte, hat unser jetziges Recht den Grundsatz der Formfreiheit aufgestellt. Jedes Geschäft wird anerkannt, auch wenn es ganz formlos geschlossen ist. Rur in ganz bestimmten Fällen verlangt es schriftliche Form, und diese ist im allgemeinen vorzuziehen, wegen des Wankelmuts und der Vergeßlichkeit der Menschen. Kaufverträge — Grundstücksverträge — müssen vor Gericht abgeschlossen werden. Rach obiger Ausführung haben wir Kauf-, Miet-,^Bau-, Werklieferungsverträge u. a. m. Jeder ist an seine Abmachung gebunden. Will er davon zurück- treten, so muß er diesen Widerruf entweder vorher anmelden, indem er sich von jeder Verpflichtung freihält, dann ist es nur ein ein- seitiger Vertrag, oder der Widerruf^muß früher in die Hände des dritten kommen, als der Vertrag. Z. B. ein junger unerfahrener Mensch läßt sich von einem Bücherreisenden bereden, ein großes vielbändiges Lerikon zu bestellen. Nachdem der Reisende fort ist, ist dem jungen Manne der ganze Handel leid. Er geht zu einem Buchhändler und klagt ihm sein Leid. Der setzt ihm sofort an die Verlagshandlung eine Depesche auf, in welcher die Bestellung zurückgenommen wird. Schleunigst eilt der junge Mann zum Telegraphenamt und gibt die Depesche auf. So traf der Widerruf noch vor der eigentlichen Bestellung ein. Wäre das nicht der Fall gewesen, so galt der Widerruf nicht, und der junge Mann konnte gerichtlich gezwungen werden, das Buch anzunehmen. Das Bürgerliche Gesetzbuch hat diese Frage sehr genau geregelt: § 145. Wer einem anderen die Schließung eines Vertrages anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, daß er die Gebundenheit ausgeschlossen hat. § 146. Der Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden gegen- über abgelehnt oder wenn er nicht diesem gegenüber rechtzeitig angenommen wird. § 147. Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort angenommen werden. Dies gilt auch von einem mittels Fernsprechers von Person zu Person gemachten Antrage. Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen er- warten darf. § 148. Hat der Antragende für die Annahme des Antrags eine Frist bestimmt, so kann die Annahme nur innerhalb der Frist erfolgen. § 149. Ist eine dem Antragenden verspätet zugegangene Annahmeerklärung dergestalt abgesendet worden, daß sie bei regel- 12*

10. Staats- und Bürgerkunde - S. 180

1910 - Wittenberg : Herrosé
180 mäßiger Beförderung ihm rechtzeitig zugegangen sein würde, und mußte der Antragende dies erkennen, so hat er die Verspätung dem Annehmenden unverzüglich nach dem Empfange der Erklärung anzuzeigen, sofern es nicht schon vorher geschehen ist. Verzögert er die Absendung der Anzeige, so gilt die Annahme als nicht verspätet. § 150. Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag. Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrage. § 151. Der Vertrag kommt durch die Annahme des An- trags zustande, ohne daß die Annahme dem Antragenden gegen- über erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden. § 153. Das Zustandekommen des Vertrags wird nicht dadurch gehindert, daß der Antragende vor der Annahme stirbt oder geschäftsunfähig wird, es fei denn, daß ein anderer Wille des 'Antragenden anzunehmen ist. § 154. Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend, wenn eine Auf- zeichnung stattgefunden hat. Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist. § 156. Bei einer Versteigerung kommt der Vertrag erst durch den Zuschlag zu Stande. Ein Gebot erlischt, wenn ein Übergebot abgegeben oder die Versteigerung ohne Erteilung des Zuschlags geschlossen wird. $ 157. Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Verträge, von Geschäftsunfähigen geschlossen, sind ungültig, wenn sie nichsdurch den gesetzlichen Vertreter als zu Recht anerkannt werden. Verträge mit unsittlichen oder verbotenem Inhalt sind nichtig. Wenn jemand in einer außerpreußischen Lotterie spielt und gewinnt, so hat er keine Handhabe, den unredlichen Lotterie- einnehmer zur Zahlung des Gewinns zu zwingen, da das Spielen vom Gesetze verboten ist. Verstößt ein Geschäft gegen die guten Sitten, so ist es nichtig. Das gilt in der Hauptsache für Wuchergeschäfte. Es wird hier Leichtsinn oder ünersahrenheit zum großen Schaden des Nächsten ausgebeutet. Verträge, bei denen in bezug auf den Inhalt ein Irrtum oder eine Täuschung vorlag, können angefochten werden.
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