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1. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 426

1882 - Kiel : Homann
426 Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. Es scheint, daß damals der Bernstein auf vier bis fünf verschiedenen Wegen von der Nordküste Deutschlands an die Küste des Mittelmeeres gelangte, nämlich teils von der Westküste Schleswig-Holsteins und den friesischen Inseln, an denen auch heute noch Bernstein vorkommt, auf dem Seewege durch die Meerenge von Gibraltar (wohl der älteste, von den Phöniziern eingeschlagene Weg), teils von demselben Fundorte über Land nach Massilia (Marseille) und auf einem Nebenwege über die Alpen nach dem Po, ferner vom Samlande teils über Preßburg nach dem adriatischen Meere, teils den Pregel aufwärts und den Dniepr abwärts nach dem schwarzen Meere. Zahlreiche Münzenfunde im Vaterlande des Bernsteines beweisen noch heute den damaligen regen Handelsverkehr zwischen den südeuropüischen Völkern und den Bewohnern an den Küsten der Ostsee. Auch über das Wesen des Bernsteines hatten die alten Griechen und Römer schon richtige Ansichten, indem sie ihn für ein Baumharz erklärten, und schon Plinius nimmt ganz richtig an, daß er in das Fichtengeschlecht gehöre. Nur in dem Punkte irrten sie, daß der fragliche Baum noch zu ihrer Zeit in fernem Lande wachse. Aber dann folgten anderthalb Jahr- tausende, die einen kolossalen Rückschritt gegen die richtige Erkenntnis der Alten zeigen. Erst im vorigen Jahrhundert bricht sich die richtige Ansicht von der fossilen Harznatur des Bernsteines allmählich wieder Bahn. Seitdem hat unsere Kenntnis der Statur desselben rasche Fortschritte gemacht. Schon in dem Epigramm von Martial wurde erwähnt, daß der Bernstein häufig sogenannte Einschlüsse enthalte, und diese Einschlüsse haben es den Naturforschern möglich gemacht, ein sehr deutliches Bild des Bern- steinwaldes zu zeichnen. Der Bernstein floß als ein mehr oder weniger dünnflüssiges Harz aus den Wurzeln, Zweigen und der Rinde seines Baumes und schloß häufig Insekten und Teile des Waldes, die der Wind hinführte, Blüten und Blättchen, auch Stücke von der Rinde oder Samen ein. Das dünn- flüssige Harz umgab diese vollkommen, erhärtete und erhielt so diese zarten thierischen und pflanzlichen Teile in einer Vollkommenheit, die es heute noch möglich macht, an Dünnschliffen die feinste Struktur unter dem Mikroskop zu erkennen. Natürlich konservierte es auch Zweige und Rindenstücke des Baumes, aus dem es geflossen, und so war es denn möglich, den Bern- steinbaum selbst festzustellen, sowie auch über die Bäume und Pflanzen, die sonst noch im Bernsteinwalde wuchsen, und die Insekten, die ihn be- lebten , eine solche Menge von Einzelheiten zu ermitteln, daß sich aus denselben ein ziemlich vollständiges Bild jener um Millionen Jahre ent- legenen Zeit herstellen ließ. So wurde denn ermittelt, daß die Bernsteinbäume zur Tertiärzeit wachsende, mit unseren Fichten nah verwandte Koniferen waren, deren einer Göppert den Namen Bernsteinfichte gegeben hat. Außer dieser Bernsteinfichte gab es im Bernsteinwalde noch gegen 30 Arten anderer Fichten und Tannen, 20 Cypressen- und Thujaarten, von denen die eine mit unserm Lebensbaum völlig übereinstimmt, ferner eine Birke, Erle,

2. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 438

1882 - Kiel : Homann
438 Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. Kochsalz aus, sammelt sich am Boden der Psanne an und wird mit hölzernen Schaufeln in Körbe gefüllt und getrocknet. Bei dem Verdunsten des Wassers in den Gradierwerken scheidet sicheine steinartige Masse aus, welche die Dornen überzieht, und unter dem Namen Dornstein bekannt ist, und vorzugsweise aus Gips besteht. Auch auf dem Boden der Siedepfannen setzt sich ein fester Stein ab, Pfannenstein, der zermahlen als Düngemittel dient. Die Mutterlauge, welche nach der Aus- scheidung des Kochsalzes in den Pfannen zurückbleibt, ist eine konzentrierte Lösung verschiedener Salze und wird bisweilen zur Gewinnung einiger der- selben an chemische Fabriken abgegeben. Auch aus dem Meerwasser, dessen Kochsalzgehalt gegen 3 pro Cent- ner beträgt, wird besonders an den Küsten des Mittelmeeres das Kochsalz gewonnen. In den Sommermonaten wird durch Schleusen Meerwasser in ausgegrabene, flache Bassins gelassen und dort durch Sonnenwärme und Luftzug verdunstet, wobei sich das Kochsalz in großen Krystallen aus- scheidet. Die restierende Mutterlauge kann zur Darstellung von Brom be- nutzt werden. Das Kochsalz krystallisiert in Würfeln, hat einen salzigen Geschmack, ist in feuchter Luft etwas hygroskopisch und löst sich in warmem und kaltem Wasser in fast gleicher Menge. Beim Erhitzen knistert es und zerstäubt in ein feines Pulver; dieses rührt daher, daß es beim Krystalli- sieren kleine Mengen Wasser mechanisch eingeschlossen hat, welches beim Erhitzen dampfförmig wird und das feste Salz zersprengt. Das spez. Gw. des Kochsalzes ist 216. Das Kochsalz wird außer zum Würzen der Speisen (ein Mensch ge- nießt jährlich gegen 8 Lz Kochsalz) und des Viehfutters, zum Einsalzen der Fische und des Fleisches, als Düngmittel, bei vielen hüttenmännischen Prozessen und zur Darstellung anderer Natron- und Chlorverbindungen angewandt. Es werden jährlich in Europa über 100 Mill., in Deutsch- land gegen Io Mill. Ctr. Kochsalz gewonnen. Rüdorff. 179. Gedanken bei einem Baumstamme. „Erlauben Sie mir einmal", sagte der Oberförster zu seinem Be- gleiter, „Ihnen meine Gedanken bei einem Baumstamme mitzuteilen, den ich auf einem Zimmerplatze fern von einem Walde liegen sehe und von dem ich diese Scheibe herrührend annehme. Bekannt mit dem Baum- leben kann ich überhaupt nicht wohl an einem Platz vorübergehen, wo Vorräte von Baumstämmen, sogenanntes Langholz, angefahren ist. Jetzt liegen sie als Leichen vor mir, Wurzel, Äste und Krone sind abgehauen und doch mahnt es mich unwiderstehlich, aus ihnen den Wald in Gedanken wieder aufzubauen. Da liegt ein Stamm, es ist ein Fichtenstamm von ungewöhnlicher Länge; sein Durchmesser nimmt vom unteren Ende nach oben hin auffallend schnell ab, so daß er ungewöhnlich spitz zuläuft. Der Baum hat also nicht in dichtem Schluß mit anderen Bäumen gestanden, sonst würde er einen walzenförmigen Stamm haben. Schon einige Meter

3. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 441

1882 - Kiel : Homann
Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. 441 giebt, welche wir als Möbeln zu bezeichnen pflegen und deren auch der Ärmste nicht ganz entbehren kann. Obgleich das Gebiet der Tischlerei sich mit demjenigen anderer Ge- werbe, insbesondere des Zimmerhandwerks oft nahe berührt, so ist doch andererseits durch das Herkommen die Grenze der Tischlerarbeiten ziem- lich scharf festgelegt. Der Zimmermann fertigt bei einem Baue die eigentlichen Konstruktionsteile aus Holz: Schwellen, Pfosten, Balken, Dach- binder u. s. w., der Tischler die Bekleidungen und Ausfüllungen. In manchen Gegenden betrachtet man die Anwendung des Leimes als das charakteristische Merkmal der Tischlerei gegenüber der Zimmermannsarbeit. Das vom Tischler am häufigsten benutzte Holz ist Tannen- und Fichtenholz, welches vor anderen Holzarten den Vorteil eines geringen Gewichtes, der leichten Bearbeitbarkeit und verhältnismäßigen Billigkeit besitzt; nicht ganz so häufig findet Kiefernholz für Tischlerarbeiten Ver- wendung, welches, obwohl durch Zähigkeit und Dauerhaftigkeit ausge- zeichnet, doch einesteils einen, wenigstens bei feineren Gegenständen unan- genehmen Holzgeruch besitzt, andernteils unter dem Hobel leicht reißt und deshalb weniger glatte Flächen giebt. Für besondere Zwecke verwendet aber der Tischler zahlreiche andere Holzarten, teils in massiven Stücken, teils in dünn geschnittenen Tafeln (Fournieren) zur Bekleidung von Gegenständen aus den genannten, weniger wertvollen und im Äußeren weniger ansprechenden Holzarten. Hierher gehören Ulmen, Ahorn, Eschen, Erlen, Birken, Nußbaum, Birn-, Kirschen- und Pftaumenbaum (letztere drei Holzarten besonders für feinere, geschnitzte oder gedrechselte Gegen- stände). Seltener wird Buchenholz benutzt, welches starkem Werfen unter- worfen ist und leicht stockig wird; nur für Anfertigung gröberer Ma- schinenteile ist das Rothbuchen- und mehr noch das Hainbuchenholz seiner Zähigkeit und verhältnismäßigen Wohlfeilheit halber geschätzt. Bei den großen Einflüssen, welche der Feuchtigkeitsgrad, die Textur (Fasernlaus, Dichtigkeit u. s. w.), sowie etwaige Fehler des Holzes aus die Beschaffenheit und Dauerhaftigkeit der aus der Tischlerwerkstatt her- vorgehenden Erzeugnisse ausüben, ist die Auswahl des Holzes beim Ankäufe, wie die Art und Weise der Aufbewahrung eine Aufgabe von höchster ^Wichtigkeit für den Tischler. Man kauft das Holz entweder in ganzen Stämmen oder bereits zu Brettern zerschnitten. Man beachte den Abstand der Jahresringe, wie den Lauf der Fasern. Je kleiner die Ab- stände zwischen den Jahresringen sind, desto dichter, fester, dauerhafter ist das Holz. Sehr weit von einander stehende Jahresringe kennzeichnen ein poröses, dem rascken Verderben wie dem Schwinden und Quellen in erhöhtem Maße ausgesetztes Holz. Drehwüchsiges Holz läßt sich schon vor dem Zerteilen an dem spiralförmigen Laufe der Fasern am Umfang erkennen; am deutlichsten, wenn die Rinde entfernt wird; aber auch schon an der Rinde selbst pflegt diese Eigenschaft bemerkbar zu sein. Solches Holz läßt sich nur firc die gewöhnlichsten Gegenstände benützen, da es einem steten Werfen ausgesetzt ist. Die Hirnseite des Holzes muß glatt, ohne Risse und Sprünge sein; die Farbe muß ganz allmählich vom Splint

4. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 516

1882 - Kiel : Homann
516 Iii. Bilder aus der deutschen Geschichte. Grundgesetz eines ziemlich lose zusammenhängenden Staatenbundes, unter- zeichnet. Diese Bundesverfassung ließ die meisten Hoffnungen der deutschen Patrioten unerfüllt und konnte sich nie der Gunst des Volkes erfreuen; deshalb warf sie der Revolutionssturm von 1848 schnell über den Haufen. Doch trotz aller Verhandlungen im Frankfurter Parlament, welches aus Abgeordneten des ganzen deutschen Volkes zusammengetreten war, trotz aller Kämpfe, durch welche man eine neue Reichsverfassung in den einzelnen Gegenden durchzuführen suchte, gelangte man nicht zu einer einheitlichen Ordnung und der Bundestag begann seine Thätigkeir von neuem. Aber die in jener Zeit immer bestimmter hervorgetretenen Ideen einer größeren Einigung der Deutschen waren lebendig in den Herzen eines großen Teiles des Volkes geblieben und namentlich wandte dasselbe sein Auge auf Preußen, das schon in den Freiheitskriegen ein so glorreiches Beispiel der Erhebung und Erstarkung gegeben hatte. Hatte dieses schon seit 1834 versucht, im deutschen Zollverein die meisten kleineren Staaten enger mit sich dadurch zu verbinden, daß es sich gemeinschaftlich mit diesem zu einem einzigen Handelsgebiere vereinigte und die hem- menden Zollschranken unter sich aufhob, so nahm es infolge seiner Rüh- rigkeit auf allen Gebieten des Handels, der Wissenschaft und der Industrie, vorzüglich aber infolge seiner ausgezeichneten militärischen Tüchtigkeit den Nachbarstaaten gegenüber eine tonangebende Slelle ein. Als es ferner aus dem Kampfe mit Österreich 1866 siegreich hervorging, trat es mit sämilichen deutschen Bundesstaaten nördlich vom Main nach Auflösung des alten deutschen Bundes in einen fester gefügten, den norddeutschen Bund zusammen und übernahm von nun an die Führung in Deutschland. Daniel's Deutschland für die Jugend. 202. Wann doch, wann erscheint der Meister. Wann doch, wann erscheint der Meister, Der, o Deutschland, dich erbaut, Wie die Sehnsucht edler Geister Ahnungsvoll dich längst geschaut. Eins nach außen, schwertgewaltig Um ein hoch Panier geschart, Innen reich und vielgestaltig, Jeder Stamm nach seiner Art. Seht ihr, wie der Regenbogen Dort in sieben Farben quillt? Dennoch hoch und fest gezogen Wölbt er sich der Eintracht Bild. Auf der Harfe laut und leise Sind gespannt der Saiten viel; Jede tönt nach ihrer Weise Dennoch gibt's ein klares Spiel. O wann rauschen so verschlungen Eure Farben Süd und Nord! Harfenspiel der deutschen Zungen, Wann erklingst du im Accord! Laßt mich's einmal noch vernehmen, Laß mich's einmal, Herr, noch sehn! Und dann will ich's ohne Grämen Unsen: Vätern melden gehn. Geibel. 203. Der Schmied von Sedan. 1. Wer ist's, der geschmiedet den Eisenring. Die Feinde in Ketten zu bannen, Im eisernen Netze den Kaiser stng Mit hunderttausend Mannen?

5. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 520

1882 - Kiel : Homann
520 Iii. Bilder aus der deutschen Geschichte. reichs gewähren. Uns aber und unseren Nachfolgern an der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, allezeit Mehrer des Deutschen Reichs zu sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens aus dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung. Gegeben Hauptquartier Versailles, den 17. Januar 1871. Wilhelm. Am 21. März 1871 wurde sin Berlin der erste Reichstag des Deutschen Reichs eröffnet und nach kurzen Verhandlungen die Verfassung des Nord- deutschen Bundes zur Verfassung des Deutschen Reichs umgestaltet. Zum Deutschen Reiche gehören nunmehr außer den bereits im Nord- deutschen Bunde vereinigt gewesenen Staaten noch die Königreiche Bayern und Würtemberg, das Großherzogtum Baden, das Großherzogtum Hessen auch mit seinem südlichen Teile, denn der nördliche Teil war schon dem Norddeutschen Bunde einverleibt, und endlich die durch den Frankfurter Frieden neugewonnenen „ unmittelbaren Reichslande" Elsaß und Deutsch-Lothringen. Der das Deutsche Reich bildende Slaatenbund besitzt eine selbständige Reichsgewalt, deren Ausübung dem König von Preußen übertragen ist. Ihm steht der Bundesrat, welcher jetzt aus 58 Vertretern der Bundes- mitglieder zusammengesetzt ist, zur Seite. Die vom Bundesrathe vor- geschlagenen Gesetze und Einrichtungen werden von den aus gewählten Ab- geordneten des deutschen Volkes bestehenden Reichstage beraten. Das Deutsche Reich nimmt mit seinen Einzelstaaten einen Flächen- raum von ungefähr 9900 Hstm. ein. Bringt man aber davon die Küsten- gewässer, vorzüglich die Hasse der Ostsee, in Abzug, so beträgt derselbe nur 9812^2 Ihm. oder 540 000 qkm. Es nimmt daher das Reich nach seinem Flächengehalt unter den europäischen Staaten die dritte Stelle — (nur Rußland und Österreich sind größer), nach seiner Einwohnerzal die zweite ein, denn dieselbe, die am 1. Dezember 1880 42 726 920 Seelen betrug, wird nur von der Rußlands übertroffen. Nur wenige Prozente der Bevölkerung gehören dem nichtdeutschen Sprachstamme an. In Deutschlands Osten sind noch die Nachkommen slavischer Völkerschaften, besonders der Polen seßhaft; im Norden Schleswig blieben wohl auch noch eine Anzahl Dänen und in den Reichsländern Franzosen wohnen; die rein deutsche Bevölkerung erreicht die Höhe von 38 Millionen. In Bezug auf das religiöse Bekenntnis teilen sich, wenige tausend Andersgläubige ausgenommen, Evangelische und Katholiken, so in die Bewohner des Deutschen Reichs, daß die Zahl der ersteren etwa 25, die der letzteren 15 Millionen beträgt. Die Tapferkeit und Tüchtigkeit der deutschen Heere hat das Deutsche Kaiserreich gründen helfen, sie werden es auch in der Zukunft zu behüten haben; daher wird mit allen Kräften des Volkes Wehrhaftigkeit gehegt und gepflegt. Jeder wasfentüchtige Deutsche gehört dem deutschen Reichs- heere an und zwar in der Regel vom 20. bis zum 32. Jahre, zunächst drei Jahre den Fahnen, vier Jahre der Reserve und fünf Jahre der Landwehr.

6. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 11

1882 - Kiel : Homann
I. Lebensbilder. 11 „Nun, weil du es bist, so will ich mich mit fünf begnügen," sagte der Wolf. „Du scherzest; fünf Schafe! Mehr als fünf Schafe opfere ich kaum im ganzen Jahre dem Pan!" „Auch nicht viere?" fragte der Wolf weiter, und der Schäfer schüttelte spöttisch den Kopf. „Drei? — Zwei?"---------------- „Nicht ein einziges," fiel endlich der Bescheid. Denn es wäre ja wohl thöricht, wenn ich mich einem Feinde zinsbar machte, vor welchem ich mich durch meine Wachsamkeit sichern kann. 3. Aller guten Dinge sind drei, dachte der Wolf und kam zu einem dritten Schäfer. „Es geht mir recht nahe," sprach er, „daß ich unter euch Schäfern als das grausamste, gewissenloseste Tier verschrieen bin. Dir, Montan, will ich jetzt beweisen, wie unrecht inan mir thut. Gieb mir jährlich ein Schaf, so soll deine Herde in jenem Walde, den niemand unsicher macht als ich, frei und unbeschädigt weiden dürfen. Ein Schaf! Welche Kleinigkeit! Könnte ich großmütiger, könnte ich uneigennütziger handeln? Du lachst, Schäfer? Worüber lachst du denn?" „O über nichts! Aber wie alt bist du, guter Freund?" sprach der Schäfer. „Was geht dich mein Alter an? Immer noch alt genug, dir deine liebsten Lämmer zu würgen." „Erzürne dich nicht, alter Jsegrimm. Es thut mir leid, daß du mit deinem Vorschlage einige Jahre zu spät kömmst. Deine ausge- bissenen Zähne verraten dich. Du spielst den Uneigennützigen, bloß um dich desto gemächlicher, mit desto weniger Gefahr nähren zu können." 4. Der Wolf ward ärgerlich, faßte sich aber doch und ging auch zu dem vierten Schäfer. Diesem war eben sein treuer Hund gestorben und der Wolf machte sich den Umstand zu Nutzen. „Schäfer," sprach er, „ich habe mich mit meinen Brüdern in dem Walde veruneinigt, und so, daß ich mich in Ewigkeit nicht wieder mit ihnen aussöhnen werde. Du weißt, wie viel du von ihnen zu fürchten hast! Wenn du mich aber anstatt deines verstorbenen Hundes in Dienst nehmen willst, so stehe ich dir dafür, daß sie keines deiner Schafe auch nur scheel ansehen sollen!" „Du willst sie also," versetzte der Schäfer, „gegen deine Brüder im Walde beschützen? —" „Was meine ich denn sonst? Freilich." „Das wäre nicht übel! Aber wenn ich dich nun in meine Horden einnähme, sage mir doch, wer sollte alsdann meine armen Schafe gegen dich beschützen? Einen Dieb ins Haus nehmen, um vor den Dieben außer dem Hause sicher zu sein, das halten wir Menschen----------------" „3ch höre schon," sagte der Wolf, „du fängst an zu moralisieren. Lebe wohl! —"

7. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 112

1882 - Kiel : Homann
112 Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. vor, aber Flachs in Pflanzenbüscheln, in Faden, Schnüren, Seilen, Geflechten und Geweben und Teilen von Kleidungsstücken. Flachssaamen und Flachskapseln sind ebenfalls häufig. Aus den Schriften der Alten ist bekannt, daß die Weberei schon im höchsten Altertum zu großer Vollkommenheit gebracht wurde. Noch jetzt ist in Arabien, Per- sien, Indien, wo man sehr künstliche Gewebe verfertigt, der Webstuhl sehr einfacher Natur. Das zeigen uns die Abbildungen auf ganz alten Denkmälern z. B. bei den Ägyptern. Ähnlich müssen auch die Webstühle der Pfahlbauer eingerichtet gewesen sein, so daß ein Züricher Bandfabrikant sogar versucht hat, einen Webstuhl herzurich- ten, wie ihn die Pfahlbauer möglicherweise gehabt haben. Er wob auf diesem höchst einfachen Webstuhle viele Zeuge nach, wie man sie in den Psahlbaudörfern gefun- den hat. Die Knochensunde in den Pfahlbauten fordern uns auf, einen Blick auf die Tiere zu werfen, welche gleichzeitig mit den Urbewohnern lebten. Schon im Stein- zeitalter haben die Pfahlbauer fast alle unsere gegenwärtig vorhandenen Haustiere ge- habt. Von den wilden Tieren aber, die damals vorhanden waren (Ur, Wisent, Elen, Bär, Wolf u. s. w.) sind nach und nach manche ausgestorben, andere wieder in die unwegsamsten Berge und Wälder zurückgedrängt worden. — Unsere Seeen haben uns einen großen Dienst geleistet, indem sie uns eine Menge Dinge jahrtausendelang in ihrem Schoß aufbewahrt haben, Dinge, die jetzt als unverwerfliche Zeugen einer Urbevölkerung der Schweiz ans helle Licht der Sonne treten. — Die Steinzeit hatte noch keine Schrift; aus der kelüschen Erzzeü, die eine solche gehabt haben kann, ist noch kein Buchstabe aufgefunden worden, so müssen wir uns denn ans den Geräten, Waffen, Früchten, Tier- und Bauüberresten, welche uns die Urbewohner als Erbe hinterließen, die Geschichte der neu erstandenen „alten Welt" enträtseln. Nach I. Staub: „Die Pfahlbauten in den Schweizer Seeen." (K. B. 319 und 320.) 58. Landbau und Handwerk bei den allen Deutschen. Aus den Römerberichten erkennen wir deutlich, wie der deutsche Landmann damals lebte, im Norden in Einzelhöfen, meist aber in ge- schlossenen Dörfern. Wahrscheinlich hatte, als Tacitus schrieb, der Marsch- bewohner an der Nordsee schon die ersten einfachen Dämme gegen die schwellende See gezogen; schon stand sein Wohnsitz auf den Warfen, kleinen Erdhügeln, welche ihn bei hoher Flut über dem Wasser erhielten; schon weideten seine Schafe im Sommer in dem Grün des neu angeschwemmteu Bodens. Im Binnenlande aber wohnte der Landbauer in seinem Block- haus oder in Lehmwänden, die er schon damals mit glänzendem Weiß zu tünchen liebte. Herden von Borstvieh lagen im Schatten der Laub- wälder, und die geräucherte Ware aus Deutschland war unter Diokletian ein namhafter Handelsartikel, die westfäliscken Schinken wurden den Marsen und Menapiern abgekauft und bis nach Griechenland und Kleinasien ver- fahren. Pferde und Rinder grasten aus dem Dorfanger, langlodige Schafe an den trockenen Berglehnen. Mit dem Flaum der Gänseherden wurden weiche Pfühle gestopft. Der fremde Händler, welcher Lupuswaren und gute Geldstücke der Römer in seinem Karren vor das Haus des Landmanns fuhr, tauschte von ihm die hochgeschätzten Gänsefedern, Schinken und Würste aus dem Rauchfang, Hörner des Urs und großes Geweihs Pelzwerk, sogar Toilettengegenstände: blondes Haar der Sklaven und feine Pomade zum Haarfärben. Schon kaufte er deutsche Möhren auf, welche sein Kaiser Tiberius als Delikatesse empfohlen hatte, er sah mit Erstaunen in dem

8. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 116

1882 - Kiel : Homann
116 Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. südlich" von dem Grenzwall belegen ist. Die jetzige, oblonge Grundform, aus späteren Veränderungen entstanden, mißt 200 X 128 m Flächenraum. Die ursprüngliche quadratische Form ist noch an den zwei Seiteneingängen zu erkennen. Die außen von einem doppelten Graben umzogene, durchschnittlich 1,40 m dicke Ringmauer, besteht aus Bruchstein und hat teilweise noch gegenwärtig eine Höhe von 1,70 m. Auf jeder der 4 Seiten befindet sich ein Thor; zu den Seiten derselben stehen in der Flucht der Ringmauer und nach innen wetend zwei viereckige Türme, die zur Verteidigung der Thorwege dienten. Innen zieht sich am Fuß der Ringmauer ein etwa 2 m breiter abgeböschter Wallgang hin und neben demselben ein 8,55 m breiter Weg, der Wall- weg. Zwei Straßen in der Richümg der Thore teilten den innern Raum in vier rechteckige Teile, welche zur Unterkunft der Truppen bestimmt waren. Von den Römerkastellen im Rheinlande ist das bei Neuwied noch größer als das Hornburger. Von noch größerem Umfange waren die römischen Standlager und die Befestigungen der eigentlichen Militärstädte, unter denen Trier eine der bedeutendsten war. Sie haben stärkere Ringmauern, mehrere Mauertürme, mächüge Thore, von Lenen die Porta nigra zu Trier fast vollständig bis auf unsere Tage erhalten ist. Dieser gewalüge Thorbau besteht aus rotgraueu Sandsteinqnadern von 1—1,5 ja 1,70—2 m Länge und 56 cm Höhe; sie sind noch fast ganz roh, indem spätere Be- arbeitung vorbehalten geblieben zu sein scheint. In der That hatte man an einigen Stellen damit den Anfang gemacht, hier passen die ohne Mörtel innerlich durch eiserne Klammern verbundenen Steine so genau zusammen, daß sie auf einander gerieben sein müssen und man kaum die Fugen erkennt. Die Quadern bekleiden jedoch nur die äußeren und inneren Flächen der Mauern, während das Innere aus Gußwerk besteht. Im Jahre 1035 wurde die Porta nigra, die bis dahin als Stadlhor gedient hatte, mit der damit zusammenhängenden Kaserne in eine Kirche verwandelt. Zu dem Ende wurde das Erdgeschoß innerlich und äußerlich mit Erde verschüttet, so daß der obere Teil, zu welchem von außen eine Treppe von 104 Stufen führte, als Kirche und der untere als Begräbnisplatz benutzt wurde. Im Laufe des Mittelalters litt das durch mancherlei Anbauten, Türmchen und Erker vielfach entstellte Gebäude bedeutend, indem es häufig als Festung benutzt und zerstört wurde. Im Revolutionskriege ver- lor es durch die Franzosen das bleierne Dach, wodurch indes der erste Anlaß zur Herstellung seiner ursprünglichen Gestalt gegeben wurde. Im Jahre 1805 begann man mit Herausschaffung der aufgeschütteten Erbe und seit 1815 steht die alte Porta nigra im wesentlichen wieder frei. Doch hat der östliche Turmbau an welchen sich das noch erhaltene Altarstück der Simeonskirche anschließt, in unbekannter Zeit sein oberstes Stockwerk eingebüßt. Mit der bei den Römern beliebten Städteanlage an dem Ufer eines Flusses wurde wie in Trier, Mainz, Koblenz, Köln rc. gewöhnlich auch die Errichtung einer Brücke verbunden und die Leistungen der Römer m Brückenbau waren ausgezeichnet und bewundernswürdig. Die älteste Brücke über den Rhein schlug Cäsar im Jahr 55 v. Chr., wahrscheinlich südlich von Bonn, in der Nähe von Neuwied. Die Brücke war, nach seiner eigenen Beschreibung, 11,40 in breit, stand über nur 18 Tage, bis zu seinem Rückzüge, wo er sie hinter sich abbrach. Zwei Jahre später ließ er abermals bei Andernach nach demselben System eine Brücke aber den Rhein schlagen, die nach seiner Rückkehr nur teilweise abgebrochen und an ihrem Endpunkt durch einen Turm von 4 Stockwerken befestigt ward. Außer hölzernen Schiffbrücken errichteten die Römer später aber auch steinerne Brücken über die deutschen Flüsse und zwar ebenfalls zunächst lediglich zu militärischen Zwecken. Namentlich wurden unter der Regierung Trajans zahlreiche und bedeutende Brückenbauten ausgeführt. Berühmt war die Brücke, welche er durch den ersten Architekten seiner Zeit, Apollodor von Damaskus im Laufe des Jahres 103 n. Chr. unweit des eisernen Thores über die Donau errichten ließ, deren Trümmer sich iwch erhalten haben und bei dem niedrigen Wasserstande des Jahres 1858 von österreichischen Ingenieuren genau untersucht und aufgenommen worden sind. Die Länge der Brücke bettug 1020 na; sie bestand ohne die beiden Wider- lager an den Ufern aus 20 Pfeilern, welche sich über den Fundamenten bis auf 43 na Höhe erhoben haben sollen und in ihren Achsen 48 na von einander

9. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 65

1882 - Kiel : Homann
I. Lebensbilder. 65 Dünn seggt he: Herr Markgraf, ju Brot un Win, Dat sünd de richtigen Twilling Un jug Käkentüch nn de schöne Musik De kosten wohl'n dllchtigen Schillink. Un doch getru ik mi, jn un de Fru Un de Hoflüd so traktieren, Dat mine Tafel noch dürer is As disse — jn Eten in Iren. Ok fall de Musik noch dürer sin — Jn Kunstpipers ok in Iren. Der Markgraf meent, dat wir em to krns, Darvon möcht he sik wohl äwerfüren. Dat was eens Dags in de Himberntid, Dun fädelten f all bi Tiden, De Markgraf keem mit al sin Lüd Na Bocklnnnen herut to riden. Dor stünn de Schündet link nn tank En Disch mit aptitliche Saken, Dor stünn up'n Disch, Hel blink un blank Gott's Gav op de slowitten Laken. De Markgraf sät an den breeden Disch, Dat smeckt em äver de Maten: — De Brad was mör, dat Beer was frisch, He künn gewaltig wat laten. He strikt sik den Bort ens rechtsch un linksch Un seggt: „Nu kann ik nich mirer! Din Gastbot is vull so goot as min, — Woans äwer is dat dürer?" „Herr Markgraf, kik't mal unner den Disch! “ De Markgraf beb, as em heeten. Dor stünnen dren lange Reegen von Sack Dren Reegen von Sack mit Weiten. Se wiren stief vull, se stünnen so dicht, Dor künn ok keen Hand nich twischen, Dor hadd de Bur dannen Bred uplecht, Dat gaf heel deftige Dischen. De Markgraf sed: „Den Disch kann ik nich Mit all min Töllers betalen. Un gew ik di all min Sülwertüg Ik dörvt den Weiten nicht malen. Wo is dat nn äwer mit de Musik?" — „Kümmt ok noch!" seggt de Buer. He wohrschugt de Knechts un de Malens glik, De stünnen all up de Luer. De makten nu Jidwer sin Stalldör np; Dat leeve Beih kem na buten, De Offen uu Köh, de Kalwer un Schwin Un de Höhner un Göös' uu Puten. Dünn hisst he Wassern un Sultan dorup, Dat gaf en Höllenspektakel; De Markgraf höllt sik de Uren too Un lacht, dat de Buk em wackel: „Holl Pust! holl Pust! und rop din Hunn Un lat uns drinken in Freden; So'n degten Disch, so'n Muskantenvolk, Dat kann ik di nich beden". Friedrich Eggers' „Tremsen". 44. Unsere Städte. i. Wie glücklich, wie malerisch und äußerst anziehend, mithin auch poetisch anregend ist nicht in der Regel die Umgebung und Lage der Städte infolge ihrer Entstehungs- weise und Bestimmung. Sie haben sich ihren Bedürfnissen gemäß fast überall an den schönsten und bedeutungsvollsten Lebenspunkten des Landes angeheftet. Jn den sandigen Wüsten und auf den öden Rücken der Hochgebirge, in den Urwäldern und Heidestrecken konnte keine Ansiedlung frommen. Die Bevölkerung konzenwierte sich nur in den anbaufähigen Gefilden, in den reich begabten Naturparadiesen. Jn diesen Naturparadiesen , in denen sie Platz nahmen, erhöhten die Städte mit ihren zahl- reichen Bedürfnissen rings umher Leben und Anmuth. Ihretwegen wurde der Ur- wald dort gelichtet. Durch sie blühten rings die Fluren und die lieblichen Dörfer reichlicher auf. Für sie grasen daselbst auf üppigen Weiden die zahlreichen Herden. Sie weckten und befeuchteten den Boden weit und breit. Die Gärten und Villen, welche die Landschaft zieren, wurden von den Bürgern der Stadt gebaut und geschmückt. Je mehr man sich der Stadt, die in dem Mittel- punkt des hübschen Gemäldes als Herz oder Krone des Ganzen liegt, nähert, desto höher steigt die Kultur, desto dichter werden „die schmucken Anlagen. Zuletzt zeugt jeder Quadratschnh von Sorgfalt, Kunst und Überlegung. Das Bedürfnis des Handelsverkehrs trieb die Städte fast überall in die an- mutigen Flußthäler oder zu den Meeresküsten hinab. Ju den Flußthälern begannen Ahr ens. Lehr- und Lesebuch für Fortbildungsschulen. 5

10. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 67

1882 - Kiel : Homann
I. Lebensbilder. 67 Lande, wo man sich in der Verlegenheit ans Überfluß gleichgültiger gegen sie benimmt. Wo anders als in der Stadt findest du den eifrigen Tanbenzüchter, der die Hälfte seines Hausbodens zu Bauplätzen für diese Tiere 'hergab und einrichtete und sein inniges Behagen dabei hat, ans der Tiefe des umniauerten Haushofes seine Blicke und Gedanken den hochaufsteigenden Seglern der Lüfte nachzuschicken. Nur in der Stadt nistet die Liebhaberei der Singvögel aller Art. Da wohnt der freundliche und sinnige Mann, der sich in seinem engummauerten Stadtgärtchen mit seiner Kunst eine Voliere eingerichtet hat, in welcher er alles, was auf der Flur und im Walde singt, 'pfeift und zwitschert, versammelte. Da sitzt er im Frühling stundenlang zwischen seinen Mauern und späht und lauscht mit Behagen dem Treiben seiner Sänger, die vor seinen Augen ihre Nester bauen und ihre Jungen ätzen. In der rauhen Jahreszeit nimmt er sie alle zu sich in die Stube wie seine Kinder, und da er sie gewöhnt hat, sogar beim Scheine seiner Abendlampe zu singen und zu pfeifen, so schafft er sich mitten im Winter einen Naturgenuß, an den der Landmann nicht einmal denkt Nur in der Stadt auch begegnest du früh morgens dem gemüt- lichen Bürger, der mit einem Tütchen sorgfältig gemischten Futters in die Anlagen geht, um die unter dem Schutze der städtischen Gesetze halb zahm gewordenen Sänger, die ihren guten Freund wohl kennen, zu ätzen. Der Landmaun weiß nicht viel von solchen zarten Empfindungen. In der Stadt ist auch die ganze Kunstgärtnerei und Blumenzucht, die so viel Schönes, in der Natur Schlummerndes geweckt und herausgebildet haben, geboren. Die hängenden Gärten in Babylon, die Rosengärten der Städte Damaskus und Schiras, die Wintergärten zu Petersburg sind in der ganzen Welt bekannt. Und tritt man in das sechs Quadratruteu große Gärtchen eines Pariser oder Londoner Stadtbürgers, wie muß man nicht erstaunen über die Liebe und Sorgfalt, mit der da die Kinder der Flora gepflegt sind. Von allen Blumen und Sträuchern der Welt hat er Pröbchen zusammengebracht Die Felsen der Gebirge hat er im kleinen nachgeahmt, auch ihre Katarakte und Seeen. Das Wasser plätschert in zierlichen Fontänen und der Wind spielt mit flatternden Fahnen, mit köstlichen Windmühlen aus lustig sich drehenden Rädern. Die, welche ein Gärtchen sich nicht verschaffen können, erziehen und pflegen im Winkel ihres Hofes ein Apfelbäumchen, oder sie be- reiten sich einen Blumenflor vor ihrem Fenster. Nur die Entbehrung flößt Verlangen und Liebe ein. Und wie die Natur in der Stadt am sorgfältigsten gepflegt wurde, so wurde sie auch von jeher dort am besten besungen. Innerhalb der Städte haben unsere zartesten Naturdichter ge- wohnt. (Brockes, Kleist, Hebel.) In mancher Hinsicht leisten auch unsere Städte ohne alle Absicht und ganz von selbst der Natur einigen Vorschub und gewähren ihr allerlei hübsche Vorteile, die sie draußen nicht genießt. In gewissem Teile haben die Städte sich ihr eigenes Klima geschaffen. Die dicht zusammengedrängten Menschen, die zahllosen Feuerstellen, der reichlich gegen den Wind gewährte Schutz, und die überall zwischen dem Gemäuer sich brechenden Sonnenstrahlen haben bewirkt, daß die Temperatur in unseren Städten gewöhnlich etwas höher steht^als auf dem platten Lande. Deshalb ergrünen an den geschützten Mauern der Städte die Bäume zuerst, und knospet und regt es sich frühzeitig in den städüschen Gärten, und während das Land noch weit und breit still, tot und öde ist, prangt unsere Stadt längst rings umher im schönsten Blütenschmuck. Von den Städten, wo er zuerst festen Fuß saßt, setzt der Frühling aus und erobert von da aus das flache Land. Iii. Iii. „Eine andere O-uelle des Genusses in den Städten bietet die Erinnerung an die Vergangenheit, an die Fülle früherer Begebenheiten, den Fortschritt und Wandel der Zeit, die sich uns bei chrem Anblick offenbart und sich bei einer Existenz in ihnen überall aufdringt, dar." 5 *
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