§. 2, 11. Der schmalkaldische Krieg. Luthers Tod. 41
Braunschweig, Glieder des schrnalkaldischen Bundes, hart bedrängte, rüsteten die Bundeshäupter ein Heer, vertrieben den gewalt-thätigen Herzog aus dem Lande und behielten es im Besitz, um den Gottesdienst nach lutherischer Weise einzurichten (1542). Als später der Herzog mit französischen Hilfsgeldern ein Heer warb und in fein Land zurückkehrte, wurde er vom Landgrafen Philipp von Hessen 1545 bei Nord heim besiegt, gefangen genommen und auf die Festung Ziegenhain gebracht.
In dem nämlichen Jahre eröffnete der Papst das öfters verheißene Konzil zu Orient in Tyrol. Allein die Protestanten verweigerten die Teilnahme an demselben, weil ein Konzil, auf welchem der Papst den Vorsitz führe, um als Kläger und Richter in einer Person aufzutreten, ein unfreies, ihnen dagegen ein freies, unparteiisches, deutsches Konzil versprochen worden sei. Der Kaiser zeigte sich zwar persönlich noch immer mild gegen die Protestanten, trat aber, da er mit Frankreich und der Pforte Friede geschlossen hatte, in ein geheimes Bündnis mit dem Papste. Es war dem Kaiser daran gelegen, sein Ansehen im Reiche gegenüber den Anmaßungen und Auflehnungen der Fürsten und Städte aufrecht zu erhalten. Während Karl dies Bündnis geheim hielt, veröffentlichte der Papst eine Bulle, in welcher er allen, welche zu einem Zuge gegen die Protestanten helfen würden, einen ausgedehnten Ablaß zusicherte (1546).
Luthers Tod. Luther erlebte den Ausbruch des Krieges nicht mehr. Er hatte in den letzten zwanzig Jahren seines thaten-reichen Lebens viel mit körperlichen Leiden zu kämpfen, aber den Mut nie verloren. Im Februar 1546 beriefen ihn die Grafen von Mansfeld nach Eis leben, um Streitigkeiten in ihrer Familie zu schlichten. So schwach er sich fühlte, so machte er sich doch auf, wohnte alle Tage den Sitzungen der Grafen bei und predigte noch viermal. Am Abend des 16. Februar fühlte er sich bereits so unwohl, daß er von seinem Tode redete. Am andern Morgen konnte er das Zimmer nicht verlassen; er äußerte gelegentlich: „Ich bin hier zu Eisleben geboren, wie, wenn ich hier sterben sollte?" Seine Ahnung hatte ihn nicht betrogen. Er fühlte Bangigkeit und große Mattigkeit. Als er sich zu Bette legte, gab er allen Freunden und feinen beiden Söhnen, welche fein Lager umstanden, die Hand, wünschte ihnen gute Nacht und sprach: „Betet zu unserm Herrn für fein Evangelium, daß es ihm wohlgehe; denn das Konzilium zu Trient und der leidige Papst Zürnet hart mit ihm." Schwer atmend schlief er ein, erwachte aber um 1 Uhr wieder und klagte heftig über Brustbeklemmungen. Die
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Erste Periode der Neuzeit.
Ärzte erschienen, auch Graf Albrecht von Mansfeld und seine Gemahlin eilten herbei und brachten stärkende Tropfen, mit denen sie ihm die Pulse bestrichen. Doch alle Hilfe war vergebens. Luther fühlte fein Ende und betete laut: „O mein himmlischer Vater, Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi, Du Gott alles Trostes, ich danke Dir, daß Du mir Deinen lieben Sohn Jesum Christum ge-offenbaret hast, an den ich glaube, den ich gepredigt und bekannt, den ich geliebet und gelobet habe. Ich bitte Dich, mein Herr Jesu Christ, laß Dir meine Seele befohlen sein. O himmlischer Vater, obschon ich diesen Leib lassen und aus diesem Leben hinweggerissen werden muß, so weiß ich doch gewiß, daß ich bei Dir ewig bleiben und aus Deinen Händen mich niemand reißen kann." Man reichte ihm Arzneien; allein er wurde still. Da rief ihm Dr. Jonas zu: „Ehrwürdiger Vater, wollet Ihr auf die Lehre Jesu, wie Ihr sie gepredigt habt, auch sterben?" Er antwortete noch vernehmlich „Ja" und verschied dann sanft in der Frühe des 18. Februar 1546. Ein Eilbote brachte dem Kurfürsten die Trauerbotschaft. Dieser ließ den Leichnam nach Wittenberg bringen und in der Schloßkirche beisetzen. Ein ungeheurer Leichenzug geleitete die irdische Hülle Luthers von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt. Philipp Melanchthon hielt eine ergreifende Rede zu Ehren des verblichenen Freundes.
Luther, welcher ein Alter von 62 Jahren erreicht hatte, hinterließ eine Witwe und drei Söhne (§. 7, 1). Der letzte männliche Nachkomme von ihm starb um die Mitte des 18. Jahrhunderts zu Dresden. Bei Luther hat sich der Grundcharakter des deutschen Gemütes, Gradheit, Treue und Redlichlichkeit, recht lebendig bekundet. Seine Derbheit und Heftigkeit in seinen Streitschriften findet Entschuldigung in der Denk- und Redeweise seiner Zeit, in der Natur des schwierigen Reformationswerkes und in feiner kräftigen, gesunden Phantasie. Über feine unermüdete Thätigkeit muß man staunen; 22 Folianten seiner Schriften, seine Predigten, Lieder, die akademischen Vorträge, Rasen und Briese geben davon Zeugnis.
Am 28. März 1546 eröffnete der Kaiser den Reichstag zu Regensburg. Nur wenige protestantische Fürsten hatten sich persönlich daselbst eingefunden, und auf Befragen, wem die Kriegsrüstungen des Kaisers gelten sollten, erklärte Kart, er wolle nur gegen die ungehorsamen Stände nach seiner kaiserlichen Macht verfahren. Ohne Zweifel erblickte er in der doppelten Weigerung der Protestanten, weder das Konzil noch den Reichstag beschicken zu wollen, eine Auflehnung gegen seinen kaiserlichen Willen. Dadurch
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Erste Periode der Neuzeit.
Kissen wurde die päpstliche Bulle vorangetragen, der Ablaßbrief an die Kirchthüren geheftet, in der Kirche ein rotes Kreuz mit des Papstes Panier aufgerichtet und vor den Altar zwei große Kisten hingestellt. x5n der einen waren die Ablaßzettel für die begangenen und noch zu begehenden Sünden aufbewahrt, in die andere legte der Krämer das gelöste Geld. Tetzel selbst zeichnet diesen unverschämten Handel treffend mit den Worten: „Das rote Kreuz des Papstes ist ebenso kräftig wie das Kreuz Christi; ich habe mit dem Ablaß mehr Seelen errettet als Petrus mit seiner Predigt."
Als Tetzel von Jüterbogk aus bis Wittenberg seinen Unfug trieb und zu Luther einige seiner Beichtkinder mit ihren Ablaßzetteln traten, gleich als hätten sie damit schon volle Vergebung der Sünden erhalten, predigte dieser alsbald gegen den Ablaß und schlug am 31. Oktober 1517 an der Schloßkirche zu Wittenberg, da am folgenden Tage zum Feste „Allerheiligen" Taufende von Menschen zur Kirche strömten, 95 Thesen d. i. Sätze an, um solche gegen jedermann zu verteidigen. Der Hauptinhalt derselben war: „Gott allein erteilt die rechte Absolution, der Papst erteilt gleich jedem anderen Bischof und Pfarrer nur im Namengottes Absolution. Ablaß bezieht sich nur auf die Kirchenstrafen, wird aber von Ablaßhändlern so mißbraucht und vom Volke so mißverstanden, daß der Papst, wenn er es wüßte, St. Peters Münster lieber zu Pulver verbrannt, als auf solche Weise auferbaut haben wollte."
Luthers Freimütigkeit erregte allenthalben großes Aufsehen. Jedermann bewunderte den kühnen Mann, der solches gewagt, und jung und alt eilte herbei, die Sätze abzuschreiben und mitzuteilen. Sie wurden unzählige Male übersetzt, da sie in lateinischer Sprache abgefaßt waren, und mit Hilfe der Buchdruckerkunst in vielen Auflagen durch ganz Deutschland rasch verbreitet. Dadurch, daß Tetzel und die Dominikaner den Ablaßhandel mit vornehmer Geringschätzung des Angriffes verteidigten und ihrer Beweisführung die Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubenssachen zu Grunde legten, hatte Luther die öffentliche Meinung für sich. Er selbst sandte im sichern Bewußtsein seines Rechtes die 95 Thesen an den Papst Leo X. nach Rom und fuhr fort, in Predigten und Volksschriften die Leute von der Wahrheit seiner Lehre über die Buße und von den Mißbräuchen des Ablasses zu überzeugen. Die Bemühungen der Dominikaner, das Volk gegen Luther aufzuregen, hatte gerade den entgegengesetzten Erfolg. Ohne Scheu verhöhnte man den Ablaßkrämer. Als Tetzel mit einem wohlgefüllten Geldkasten Jüterbogk verließ, ritt ihm ein Edelmann mit einigen Knechten nach,
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§. 2, 2. Luthers Auftreten wider den Ablaß.
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holte ihn im Walde ein und verlangte einen Ablaßzettel für eine künftige Sünde. Kaum hatte er denselben erhalten, so nahm er Tetzel den vollen Geldkasten weg, rief ihm höhnisch zu, dies sei die Sünde, welche er habe begehen wollen, und brachte den Kasten im Triumphe nach Jüterbogk, wo er bis auf diese Stunde aufbewahrt wird.
Leo X. ließ den Wittenberger Doktor zur Verantwortung nach Rom fordern; allein die Universität erklärte sich dagegen, und der Kurfürst von Sachsen erlangte vom Papste, daß diese Streitfrage in Deutschland erledigt werden sollte. Darauf wurde Luther 1518 nach Augsburg geladen, um sich vor dem Kardinal-Legaten Thomas de Vio von Gasta, gewöhnlich Kaj et an genannt, zu verantworten. Dieser hatte Befehl erhalten, den kühnen Professor entweder als Ketzer zu verhaften, oder den reuigen Sünder nach erfolgtem Widerruf zu absolvieren. Luther erschien Anfang Oktober mit des Kaisers und der freien Stadt Augsburg sicherem Geleite. Der Kardinal versuchte, seinen Gegner zu belehren und zu widerlegen; Luther berief sich in allem auf die heilige Schrift, welche Kajetan aber zu wenig kannte. Da jedoch die „deutsche Bestie mit ihren tief liegenden Augen und wunderlichen Grillen im Kopfe," wie er sagte, zum Widerrufe nicht zu bewegen war, so suchte man sich seiner Person zu bemächtigen. Luther wurde gewarnt, und von seinen Freunden, Dr. Staupitz und dem Ratsherrn Langemantel, geleitet, entfloh er in stiller Mitternacht, indem er eine Schrift „an den besser zu unterrichtenden Papst" zurückließ, durch ein kleines Thor in der Stadtmauer und erreichte glücklich Wittenberg.
Als hierauf Kajetan von dem Kurfürsten die Auslieferung Luthers nach Rom oder dessen Landesverweisung verlangte, rechtfertigte dieser vor seinem Herrn sein Verfahren zu Augsburg, erklärte, von der Wahrheit nicht zu lassen, und bat ihn, nicht zum Pilatus an ihm zu werden. Übrigens war er bereit, Wittenberg zu verlassen. Allein Friedrich der Weise ehrte das männliche Auftreten des Reformators, erkannte die evangelische Wahrheit in Luthers Schriften und wies jeden Gewaltstreich, welcher gegen denselben gefordert wurde, entschieden zurück. Darum antwortete er dem Papste, sein Gewissen verbiete ihm, Luther vor erwiesener Schuld zu strafen, und fand die Forderung desselben, vor ein unparteiisches Gericht in deutschen Landen gestellt zu werden, nicht unbillig. Der Papst wollte sich den Kurfürsten verpflichten, damit die durch Maximilians I. Tod (1519) erledigte deutsche Krone nicht an des Kaisers Enkel, Karl von Spanien, komme, und somit noch einmal die höchste Macht in Italien und Deutschland in einer Hand vereinigt werde. Darum sandte er 1519 zu einer
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§. 2, 3. Luthers Freunde und Beschützer.
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Und Luther antwortete: „Es hat geirrt, wie jedes Konzil irren kann, wenn es sich nicht an Gottes Wort hält". Bei diesem damals unerhörten Angriff Luthers auf die Unfehlbarkeit der Konzilien, rief Herzog Georg kopfschüttelnd: „Das walt' die Sucht!" Auch über die Lehre vom Ablaß und vom Fegseuer stritt man heftig, aber erfolglos. Eine Einigung war unmöglich. Luther und seine Freunde entfernten sich mehr und mehr vom Papsttum.
Eck erwirkte in Rom 1520 eine päpstliche Bannbulle, in welcher 41 Sätze Luthers als ketzerisch bezeichnet waren, er selbst ein Ketzer, der große höllische Wolf genannt und allgemein geboten wurde, seine Schriften zu verbrennen. Luther und seine Freunde erhielten noch eine Frist von 60 Tagen, nach deren Ablauf sie dem Kirchenbanne verfallen sollten, wenn sie ihre irrigen Lehren nicht widerriefen; jede christliche Obrigkeit ward unter Strafandrohung verpflichtet, Luther und seinen Anhang zu fangen und nach Rom abzuliefern. In Mainz, Köln, Löwen, Ingolstadt, Antwerpen und anderen Orten wurden Luthers Schriften verbrannt, aber weitaus die Mehrzahl deutscher Städte widersetzte sich den päpstlichen Forderungen Als Eck die Bannbulle in Leipzig anschlagen ließ, erregten die Studenten einen Aufstand. Luther beschied am 10. Dezember 1520 die Wittenberger Studenten und Professoren vor das Elsterthor. Hier errichtete ein angesehener Magister einen Scheiterhaufen und legte die Bücher des kanonischen Rechts, die Verordnungen der Päpste und Ecks Schriften darauf; dann ward er angezündet, und Luther warf die Bannbulle in die Flammen mit den Worten der heiligen Schrift: „Weil du den Heiligen des Herrn betrübet hast, so betrübe und verzehre dich das ewige Feuer." Mit diesem Feuerzeichen hatte sich Luther vom Papsttum auf immer losgesagt.
3. Luthers Freunde und Beschützer.
Unter den deutschen Fürsten und Rittern traten jetzt viele freisinnige, edeldenkende Männer auf, welche mit Begeisterung Luthers Lehren begrüßten. Es waren vornehmlich der Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen, der Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen.
Ulrich von Hutten war 1488 zu Steckelberg, dem Stammschlosse seiner Ahnen, sechs Stunden von Fulda geboren. Sein Vater hatte ihn für den geistlichen Stand bestimmt und dem Kloster
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Erste Periode der Neuzeit.
und daß der Papst allein das Recht habe, die heilige Schrift auszulegen und Konzilien zu berufen. (Biesingen eröffnete gegen den Erzbischof von Trier eine blutige Fehde. Diese endete unglücklich für den edlen Ritter und führte, als er in feiner Feste Landstuhl belagert wurde, 1523 feinen Tod herbei. Als Luther vernahm, daß Sickingen im Kampfe zum Sturze der Priesterherrschaft in Deutschland gestorben sei, rief er aus: „Der Herr ist gerecht, aber wunderbar. Er will feinem Evangelium nicht mit dem Schwerte helfen." Hutten und Sickingen verdienen es, daß das deutsche Volk ihrer als seiner edlen Vorkämpfer für geistige Freiheit in Liebe und Hochachtung gedenkt.
Ein Mann, welcher ganz in Luthers Weise mit den Waffen des Geistes das begonnene Werk emsig förderte und von der Vorsehung auserlesen war, den Feuereifer jenes Reformators zu zügeln und in die richtige Bahn zu lenken, ein getreuer Freund und Mitarbeiter am Resormationswerke war Magister Philipp Melanchthon.
Philipp Melanchthon (die griechische Übersetzung seines Familiennamens „Schwarzerd" nach damaligem gelehrten Brauch) ward 1497 zu Bretten unweit Bruchsal geboren, wo sein Vater das Gewerbe eines Waffenschmiedes betrieb. Seine Mutter war eine Verwandte des Philologen Reuchlin. Melanchthon besuchte die Schule zu Pforzheim, wo er im Hause feiner Tante freundliche Aufnahme fand und mit Reuchlin bekannt wurde. Im 13. Jahre bezog der bescheidene, lernbegierige und fähige Knabe die Universität Heidelberg , um sich den alten Sprachen und der Philosophie zu widmen. Nachdem er seine Studien vollendet hatte, ward er 1518 aus Reuch-lins Empfehlung zum Professor der grichischen Sprache an die Universität Wittenberg berufen, wo er solchen Beisall erntete, daß aus allen Gegenden Europas wißbegierige Jünglinge erschienen, um seine Vorlesungen zu hören. Seine Freundlichkeit, Bescheidenheit und Gefälligkeit erwarben dem gelehrten Manne viele Freunde, und auch Luther erkannte alsbald die bedeutende Befähigung des neu ernannten Magisters. Ebenso machten Luthers religiöse Schriften und Ansichten auf Melanchthon großen Eindruck: die innigste und reinste Freundschaft einigte sie bald, und ihr Bund war für das Gedeihen des schwierigen Reformationswerkes von ganz besonders wohlthätigem, förderndem Einflüsse. Ihr beiderseitiges Verhältnis wird am besten durch Luthers eigene kernige Worte charakterisiert: „Meine Schale mag ziemlich hart fein, aber mein Kern ist weich und süß; ich bin dazu geboren, daß ich mit den Rotten und Teufeln muß kriegen und zu Felde liegen, darum meine Bücher viel stürmisch und kriege-
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4 2, 4. Luther auf dem Reichstage zu Worms. 15
risch sind. Aber Magister Philipp sähret säuberlich und stille daher, bauet und pflanzet, säet und begießt mit Lust, nachdem ihm Gott gegeben seine Gaben reichlich."
4. Luther auf dem Reichstage zu Worms 1521.
Kurz bevor Luther die päpstliche Bannbulle vor dem Elsterthore in Wittenberg verbrannt hatte, war der an Maximilians Stelle 1519 erwählte deutsche Kaiser Karl V. (1519— 1556) in Aachen 1520 feierlich gekrönt worden. Der Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen hatte die ihm dargebotene Kaiserkrone ausgeschlagen, weil er die Macht seines Hauses nicht für ausreichend erachtete, um das Reich gegen die von innen und außen drohenden Stürme zu schützen. Da König Franz I. von Frankreich sich aufs eifrigste um die deutsche Krone bewarb und der Papst diese Bewerbung zu begünstigen schien, so lenkte der Kurfürst von Sachsen die Aufmerksamkeit der deutschen Wahlfürsten auf Maximilians Enkel Karl und wußte diese Wahl, welche dem verstorbenen Kaiser mißlungen war, durchzusetzen. Dieser Umstand war es vorzüglich, welcher den neu erwählten Kaiser mit Dankbarkeit gegen den Kurfürsten von Sachsen erfüllte und ihn veranlassen mochte, auch gegen dessen Schützling schonender zu verfahren, als er sonst gethan hätte.
Im Frühjahr 1521 hielt Karl V. feinen ersten Reichstag zu Worms. Der päpstliche Botschafter Aleander drang hier heftig darauf, daß der gegen Luther ausgesprochene Bann endlich in Kraft trete und auch die Reichsacht über ihn verhängt werde. Da es aber deutscher Sitte widerstrebte, den Angeklagten ungehört zu verdammen, so konnte der Nuntius nur erlangen, daß Luther wegen ferner ketzerischen Lehren und Handlungen zur Rechenschaft gezogen werde. Jetzt ward Luthers Vorladung vor Kaiser und Reich einstimmig beschlossen; doch erbat sich Friedrich der Weise vorerst vom Kaiser freies Geleit für den Angeklagten auf der Hin- und Herreise. Luther war mit Freuden bereit, dem Rufe des Kaisers zu entsprechen, welcher „den ehrsamen, lieben, andächtigen Dr. Martin Luther, Augustinerordens" binnen 21 Tagen nach Worms entbieten ließ. Seine Freunde zitterten für sein Leben und wollten ihn nicht ziehen lassen. „Und wenn sie gleich ein Feuer machten zwischen Wittenberg und Worms bis zum Himmel hinan, so will ich doch im Namen des Herrn erscheinen und Christum bekennen und denselben walten lassen," ent-gegnete Luther.
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Erste Periode der Neuzeit.
Der Wittenberger Rat lieh Luther einen Wagen zur Fahrt nach Worms. Zwei Freunde, Justus Jonas und Nikolaus Amsdorf, ferner der Rechtsgelehrte Dr. Hieronymus Schürf und der Reichsherold Kaspar Sturm begleiteten ihn. Als alles sich herbei drängte, den kühnen Mann zu schauen, der es freimütig gewagt hatte, gegen die päpstlichen Anmaßungen anzukämpfen, und jedermann ihm die gebührende Hochachtung und Verehrung bewies, sreute sich Luther dieser Anerkennung, und wenn er vielleicht in seinem innern eine augenblickliche Bangigkeit über das große Werk verspürte, welches er ausgerichtet hatte, wußte er sich durch seine geistige Kraft und fein unbegrenztes Gottvertrauen rasch wieder aufzurichten.
Noch kurz vor Worms erinnerten ihn seine Freunde an das Schicksal des Hus in Konstanz; allein Luther blieb bei seinem Vorsatze und entgegnete endlich aus die Vorstellungen seiner Gefährten: „Und wenn so viel Teusel in Worms wären, als Ziegel aus den Dächern, so wollt ich doch hinein!" Als er früh am 16. April 1521 vor t>er Stadt ankam, waren einige sächsische Edle ihm entgegen geritten. Gegen zehn Uhr zog er ein; voran ritt der kaiserliche Herold, mit dem Adler des Reiches aus seinem Gewände. Luthers Wagen folgte fein Amtsgenosse Justus Jonas mit feinem Diener; mehr als 2000 Menschen begleiteten ihn zur Herberge.
Am Nachmittage des 17. April, gegen 4 Uhr, wurde Luther in die Reichsverfammlung eingeführt. Der Reichsmar-schall Ulrich von Pappen heim und Kaspar Sturm, der Reichsherold, ritten ihm voran. Man konnte kaum durch das Gedränge des Volkes auf die Straßen gelangen; man hatte die Dächer abgedeckt, um den mutigen Glaubenshelden zu sehen, wie er einem so wichtigen Augenblicke entgegenging. Als er aber vor Kaiser und Reich treten sollte, klopfte ihm ein alter, grauer Rittet, Feldhauptmann Georg von grundsberg aus Tyrol, aus die Schultern und sprach: „Mönchlein, Mönchlein, du gehst jetzt einen Gang, dergleichen ich und mancher Kriegsoberster auch in der allererstesten Schlacht nicht gethan haben. Bist du indessen auf rechter Meinung und deiner Sache gewiß, so fahre in Gottes Namen fort und fei nur getrost, Gott wird dich nicht verlassen!"
Jetzt trat Luther mutig und bescheiden durch die geöffneten Flügelthüren des Saales ein und näherte sich den Stufen des kaifer-lichen Thrones. Vor demselben saßen in zwei langen Reihen auf reichen Armstühlen des Kaisers Bruder Ferdinand, 6 Kurfürsten,
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Erste Periode der Neuzeit.
und versprach ihnen feierlichst, er werde die feindlichen Geschützkugeln mit den Ärmeln seines Chorrocks auffangen. Die Bauern ließen sich bethören, und die Schlacht begann. Münzer floh zuerst und versteckte sich auf einem Heuboden. 5000 Bauern blieben tot, die übrigen ergaben sich. Thomas Münzer ward aus seinem Verstecke hervorgezogen und mit den Anstiftern des Aufruhrs öffentlich hingerichtet.
8. Ulrich Zwingli und Johann Calvin.
Zwei Jahre später als Luther gegen den Ablaßkrämer Tetzel ausgetreten war, hatte in der Schweiz Ulrich Zwingli Gelegenheit, gegen den gleichen Unfug zu predigen und die in der Kirche herrschenden Mißbräuche zu rügen.
Ulrich Zwingli war 1484 zu Wildhaus im Kanton St. Gallen geboren, wo sein Vater Amtmann war. Ulrich war für den geistlichen Stand bestimmt und empfing seine erste Bildung von seinem Oheim Bartholomäus Zwingli, der Pfarrer in Wildhaus war. In seinem zehnten Jahre kam er auf die Schule nach Basel, wo er durch Fleiß und Talent bald alle seine Mitschüler übertraf und auch seine Anlagen für Musik entwickelte; von da ging er nach Bern. Wohl vorbereitet bezog er 1499 die Universität Wien und widmete sich dem Studium der Philosophie. Nach zweijährigem Aufenthalte daselbst kehrte er in seine Heimat nach Wildhaus zurück, erhielt aber bald eine Lehrstelle an der Martinsschule zu Basel und besuchte zugleich theologische Vorlesungen. 1506 wählte ihn die Gemeinde Glarus zu ihrem Pfarrer. Seinem Berufe lag er mit unermüdlichem Eifer ob; dabei war er ein trefflicher Prediger und lernte bald einsehen, daß alles geistliche Wissen aus der heiligen Schrift geschöpft werden müsse. Er mußte die Glarner auch dreimal als Feldprediger auf ihren Kriegszügen nach Italien begleiten, lernte aus eigener Anschauung das Verderbliche des fremden Solddienstes für die Sitten und den inneren Frieden feines Vaterlandes kennen und eiferte mit der ihm eigenen Freimütigkeit und Kraft dagegen. Mitten in seiner Wirksamkeit zu Glarus überraschte ihn ein Ruf nach Ein siede ln. Der berühmte Wallfahrtsort bot ihm reiche Gelegenheit, den Samen des Guten und Wahren auszustreuen. Von der Notwendigkeit einer Kirchenv erbesserung war er innig überzeugt und erwartete sie zuerst von den Häuptern der Kirche; aber nur zu bald lehrte ihn die Erfahrung, daß von oben nichts zu hoffen fei. 1518
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Erste Periode der Neuzeit.
Klosterjungfrau aus dem Kloster Nimptsch bei Grimma, vermählt hatte, unternahm 1527 mit seinem Freunde Melanchthon eine Reise durch Sachsen, um die Kirchen und Schulen zu untersuchen. Bei diesem Anlaß zeigten sich Volk und Lehrer gleich unwissend; der ganze Gottesdienst bestand in dem Herplappern unverstandener Gebetsformeln. Dies bewog Melanchthon 1528, „einen Unterricht an die Pfarr-herren im Kurfürstentum Sachsen" aufzusetzen, und Luther gab 1529 die Hauptsätze der christlichen Glaubens- und Sittenlehre in Fragen und Antworten heraus. Dies ist der berühmte Katechismus Lutheri. Einen kurzen Auszug daraus, den kleinen Katechismus, bestimmte er für die Kinder. Seiner Glaubensfreudigkeit und der Hoffnung auf den endlichen Sieg des begonnenen Werkes gab er erhebenden Ausdruck in dem Reformationsliede: „Ein' feste Burg ist unser Gott," wozu er auch die Melodie erfunden hat. Es ist wahrscheinlich zum 10 jährigen Gedenktage der Reformation von ihm gedichtet worden und 1529 zuerst gedruckt erschienen. Von ganz besonderer Wichtigkeit für die Befestigung der neuen Lehre war die Bibelübersetzung, welche er auf der Wartburg begonnen hatte und nach sorgfältiger Beratung im Freundeskreise 1534 vollendete. Der Inhalt des heiligen Buches, die schlichte und kräftige Ausdrucksweise des Übersetzers wandten viele der neuen Lehre zu. Durch Luthers Übersetzung wurde der meißnische Dialekt als Neuhochdeutsch die Schrift- und Umgangssprache der Gebildeten.
Fürstenbündnisse. Da sich 1525 mehrere katholische Fürsten in Dessau zu einem Bunde gegen die lutherische Lehre vereinigt hatten, so hielt es der kluge Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen für ratsam, ein Gegenbündnis zu stiften, welches im Falle eines Angriffes Gewalt der Gewalt entgegenzusetzen vermöchte. Dies Schutzbündnis schloß er 1526 mit dem Kurfürsten Johann dem Beständigen von Sachsen, der Friedrich dem Weisen 1525 in der Regierung gefolgt war, zu Torgau. Noch in dem nämlichen Jahre traten die Herzoge von Braunfchweig-Lüneburg, und von Mecklenburg, der Fürst von Anhalt, zwei Grafen von Mansfeld und die Reichsstädte Straßburg, Magdeburg, Nürnberg und Augsburg bei. Gewiß trug der Bund der Evangelischen nicht wenig zu dem gelinden Beschlusse bei, womit der noch im gleichen Jahre abgehaltene Reichstag zu Speier endigte, daß es jedem Reichsstande überlassen bleibe, nicht nur in Befolgung des Wormser Edikts, sondern überhaupt in Religionssachen zu thun oder zu lassen, wie er glaube, es vor Gott und dem Kaiser verantworten zu können.
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Extrahierte Personennamen: Melanchthon Melanchthon Philipp Philipp Johann Johann Friedrich Friedrich