V. Die Schweiz.
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Maß. Gewicht. Münze.
Münze, Maß und Gewichte waren früher nicht nur in jedem Canton
verschieden, sondern selbst in ein und demselben Canton wichen sie oft be-
deutend von einander ab. Die Centralisation des neuen Blindes, lvelche
Einheit der Verfassungen, des Militärwesens und anderer öffentlicher An-
stalten herbeiführte, machte auch der babylonischen Münzverwirrung ein Ende,
wurde.
indem durch die ganze Schweiz der französische Münzfuß einge
Seit 1852 wird allgelnein nach diesem gerechilet. Geprägtes Gold hat die
Eidgenossenschaft nicht; in Silber (9/, 0 fein) dagegen Fünffrankenthaler,
Zwei-, Ein- und Halbe-Frankenstücke, — in Billon (einer Metallmischung
aus Kupfer, Zink und Wismuth) Zwanzig-, Zehn- und Fünf - Centimes- (Rappen-)
Stücke,
in Kupfer 2 und 1 Centinies. Die Banken von Glarus, St.
Gallen, Thurgau und Zürich haben Banknoten ausgegeben, die gut im
Curse stehen und selbst in Süd-Deutschland genommen werden. Die alten
Schweizerfrauken (ä 40 Kreuzer rheinisch) und die Batzen wurden särmnt-
lich von der Eidgenossenschaft eingelöst und eiugeschmolzen.
Maß und
Gewicht wurden nach bundesräthlichem Beschluß gleichfalls nach dem De
cimalsystem allgelnein in der Schweiz eingeführt.
Einteilung.
Nach der jetzigen politischen Rangordnung folgen die 22 Cantone so
ans einander: Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden,
Glarus, Zug, Freiburg, Solothurn, Basel, Schaffhausen,
Appenzell, St. Gallen, Graubünden, Aargan, Thurgau, Tes
sin, Waat, Wallis, Neufchatel, Genf. Wir werden, da diese Ord-
nung in geographischer Hinsicht volltömnlen gleichgültig ist, einer uns be-
guemer dünkenden folgen.
1. Der Canton Zürich, im N. von Baden und Schasshausen, im
O. von Thurgau und St. Gallen, im S. von Schwyz und Zug, im W.
von Aargau begrenzt, eilthält auf eineiu Flächenraunl von 31,,, □$?., oder
478,688 Schwz. Juchart, 266,265 Einw. *); auf der sjm. lebten 8586,
er ist einer der bevölkertsten und zllgleich fruchtbarsten Cailtoue. Unter den
fast ganz reformirten Eimvohnern befinden sich nur einige katholische Ge-
meinden. Die Gesammtzahl der Katholiken im ganzen Canton betrug (1860)
11,256, die der Juden 162. Mehr eben als bergig, gestattet der Boden
einen ziernlich ergiebigen, für den Bedarf aber nicht allsreichenden Anbau
von Getreide. Obst genügend; aus Birnen und Aepfeln wird das gewöhn-
liche Getränk des Landmanns: „Most" gepreßt, alls den Kirschen das be-
rühmte „Chrisi-Wasser" (Kirschgeist) gebrannt. Weillbau reichlich besonders
an den Ufern deö Züricher Sees am Lügern-Berg und bei Winterthur; die
besten Sorten sind Rafzer lind Nestenbacher. Der Canton besitzt bedeutende
Fabriken in Seide, Baumwolle und Wolle, sowie ansehnliche Gerberei, und
*) Die Angabe der Einwohnerzahlen ist die nach der Volkszählung von 1860.
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732
A. Europa.
im N. von Bern, im O. vom See, im
von Waadt, im
von
Frankreich
hat
I
□ M. mit 87,370 meist reformirten Einw.
lura-Thälern besteht, hatte in
erklärte.
Dies Ländchen, welches aus
älteren Zeiten seine eigenen Grafen, welche zugleich auch Fürsten von
Oranien (Orange in Frankreich) waren. Beim Aussterben dieses Hauses
erkannten die Landstände 1707 den König Friedrich I. von Preußen als
Erben des Hauses Oranien an, und die Könige von Preußen besaßen
dieses Land unter dem Titel Fürstenthum Neufchatel bis 1806. Napoleon
verlieh es dem Marschall Berthier; seit dem Jahre 1&14 war es wieder
unter preußische Hoheit zurückgekehrt und dem Bunde als Canton beige-
treteu, befreite sich jedoch 1848 bei der Neu-Constituirung der Schweiz
aus diesem Zwitterverhältniß, indem es sich von Preußen unabhängig
Es ist von jeher als ein Theil der Schweiz betrachtet worden
und stand schon seit Jahrhunderten im Biindniß mit Bern und anderen
Cantonen. Auch noch jetzt ist es ein Theil der Eidgenossenschaft und genießt
einer freieren Verfassung, als kaum irgend ein anderes Land der Welt.
Daher blühen auch hier Betriebsamkeit, Handel und Wissenschaften und
haben die zum Theil unfruchtbaren Thäler mit wohlhabenden Einwohnern
bevölkert, deren Sprache ein mit Deutsch gemischter französischer Dialett
ist. Die Einkünfte (70,000 Fr.) des Fürsten werden größtentheils zur
Verbesserung der Schulen rc. überlassen. Der Weinbau ist sehr bedeutend:
dem Burgunder ähnlich sind die Weine von Boudry und Cortaillod am
Westufer des Sees; ungleich wichtiger aber sind die Fabriken. Das Länd-
chen zerfällt in das eigentliche Fürstenthum Neufchatel und die Graf-
schaft Vallengin oder Valendis. In jenem liegt an der Mündung des
wilden Seyou in den See der Hauptort Neufchatel oder Neuenburg,
mit 10,380 Einw. Dies ist eine der freundlichsten Städte der Schweiz,
ausgezeichnet durch die Bettiebsauikeit und feine Sitten der Bewohner,
zahlreiche und gute Unterrichtsanstalten, vorzüglich aber durch den rühm-
lichen Gemeinsinn ihrer Bürger. Einer von diesen,
England und Spanien reich gewordener Kaufmann,
Purh, ein in
ls neue Rath-
schönsten Gebäude in der Schweiz, erbauen und vermachte
1786 sein ganzes Vermögen, welches vier Millionen Franken betrug, seinem
Vaterlande zur Verbessertmg der Prediger- und Schullehrerstellen, zur
Unterstützung der Armen, Verbesserung der Landstraßen u. s. w. Ein
anderer Kaufmann, v. Pourtales, ließ 1810 ein Krankenhaus erbauen und
schenkte dieser Anstalt über 200,000 Thaler. Das alte Schloß, jetzt der
Regierung eingeräumt; die im 12. Jahrh, erbaute Hauptkirche, und davor
auf dein Platze das Grabmal des Reformators Wilhelm Farel; das Waisen-
haus und das Gymnasium mit reichern Nattrraliencabinet und einer Biblio-
thek sind sehenswerth. Ehedem lebte und lehrte Hierselbst der durch feine
Gletscherstudien berühmte Geognost Agassiz. In Vallengin sind besonders
die beiden Orte Locle, 2800' hoch, und La Chaux de Fonds, 3070'
hoch, merkwürdig; beide haben nichts als Graswnchs, keine Bäume oder
andere Producte, der Winter währt über 7 Monate, und doch sind sie ge-
rade der Sitz der höchsten Betriebsamkeit. Im Jahre 1679 erhielt Jean
Richard, genannt Bressel, zufällig eine Uhr zur Ausbesserung; er kannte
den Mechanismirs noch nicht, untersuchte ihn aber so genau, daß er mit
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I._von_Preußen Friedrich_I. Napoleon Marschall_Berthier Boudry Wilhelm Jean
Richard
Extrahierte Ortsnamen: Europa Bern Waadt Frankreich Frankreich Bern Neuenburg England Spanien Schweiz La_Chaux
323
Viii. Italien. Der Kirchenstaat.
glaublich verringert worden, so daß, bei der höchst elenden Ver-
waltung des Landes, der Staat unter einer großen Schuldenlast
beinahe erliegt. Zum Theil eben deshalb sind auch alle öffentliche
Anstalten, besonders der Polizei und des Kriegswesens, überaus
elend; nirgends ist die Unsicherheit in Italien so groß, als im Kir-
chenstaate, wo Räuber in der neuesten Zeit sich erfrecht haben,
wohlhabende Gutsbesitzer beinahe an den Thoren der Stadt aufzu-
fangen, um Lösegeld von ihnen zu erpressen. Das Militair ist
ganz unbedeutend und selbst die Küsten ohne bewaffnete Schiffe den
Angriffen der Seeräuber ausgesetzt. Die wissenschaftlichen Anstal-
ten im Kirchenstaate, überall von einer ängstlichen Censur bewacht,
vermögen nur wenig zu leisten. Alle Jahre erscheint der soge-
nannte Index, oder Verzeichniß der verbotenen Bücher, worin bei
der Unbekanntschaft der Jtaliäner mit der auswärtigen Litteratur,
oft komische Mißgriffe vorfallen, wie z. B. daß Schiller und Her-
der als „unzüchtigedichter" verboten werden, währendariost und
Boccaccio, andrer nicht zu gedenken, in jedermannshanden sind.—
Der Papst vertheilt 2 Ritterorden: den 1559 von Pius I V. ge-
stifteten Orden der Ritter der goldnen Miliz, gewöhnlich der Or-
den vom goldnen Sporn genannt, und den 1566 von dem nem-
lichen Papste gestifteten Orden des h. Johannes (des Täufers) vom
Lateran.
Die gewöhnlichsten Münzen im Kirchenstaate sind: in Golde:
die Zecchine = 2 Thlr. 20 ggr. preuß.; in Silber, der Scudo =
1 Thlr. 10 ggr. preuß.; der Scudo enthält 10 Faoli, ebenfalls eine
Silbermünze, und der Paolo lobajocchi'; T^Bajocchi machen
einen Carlino, und 4quatrini machen einen Bajocco; beide letz-
tere sind Kupfermünzen.
Der Kirchenstaat wird seit 1827 in 14 Provinzen getheilt,
welche nach den Hauptörtern Rom, Bologna, Ferrara, Ravenna,
Forli, Urbino und Pesaro, Ankona, Macérala und Camerino,
Fermo und Ascoli, Perugia, Spoleto, Viterbo und Civita Vec-
chia, Frosinone, Bencoent genannt werden. Das Gebiet von Rom
heißt 1a Commarca (das Weichbild). Die Provinzen Bologna,
Ferrara, Ravenna und Forli heißen Legationen, weil ihnen ein
Legat als Gouverneur vorsteht; die übrigen Delegationen.
Wir bemerken bloß die bedeutendsten Oerter:
Koma, Rom, unter 41° 53', an beiden Ufern der Tiber,
3 Meilen von ihrem Ausflüsse, mit einem Umfange von 3 Meilen
und höchstens 150,660 Einw. Sie liegt auf 12 Hügeln von ge-
ringer Höhe, da die Zwischenräume seit Jahrtausenden sich mit
Schutt und Trümmern angefüllt haben, und wird von einer star-
ken Mauer umgeben, durch welche 19 Thore führen. Vier Brücken
führen über die Tiber, wovon 3 im Umfange der Stadt selbst und
eine, ponto Molle (der pons milvius der Alten) nördlich von der
Stadt, über welche die gewöhnliche Straße von Florenz nach Rom
21 *
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Marengo Bernhard_de_Menthon Bernhard Napoleon Annunciata
348
A. Europa.
viele Wölfe und Füchse. Das Meer ist reich an Fischen und Au-
stern. Von den Metallen wird nur etwas Eisen gewonnen; was
sonst noch die Berge in ihrem Schooße bewahren mögen, ist bis
jetzt noch wenig untersucht; Schwefel, Alaun und Steinsalz finden
sich häufig, doch benutzt man mehr das See-als das Steinsalz.
Als Gegengewichts für so reiche Schätze der Natur leidet aber
auch Neapel fortwährend an der Menge geflügelten und ungeflü-
gelten Ungeziefers und ziemlich häufig an Verheerungen durch Heu-
schrecken; die schlimmste Landplage aber sind die überaus häufigen
Erdbeben, woran besonders die südlichen Theile leiden. Noch ist
in frischem Andenken das furchtbare Erdbeben vom Jahre 1783,
welches die Gestalt von ganz Calabrien veränderte. Berge ver-
senkte, andere entstehen ließ, den Lauf der Flüsse veränderte, viele
ungesunde Sümpfe schuf, viele Städte durchaus vernichtete, an
40000 Menschen begrub, und durch ansteckende Krankheiten, welche
zu gleicher Zeit entstanden, noch viel mehrere dahinraffte; ja selbst
die sonst außerordentliche Fruchtbarkeit Calabriens soll dadurch ge-
litten haben. Es begann ohne bedeutende Vorzeichen am 5ten Fe-
bruar, wüthete am stärksten am 5ten, 6tcn und 7ten, am 27sten
und28sten, dann am Iften, am 27sten und 28stenmärz, und
wenn die Erschütterungen auch geringer wurden, so dauerten sie
doch noch bis ins Jahr 1780 hinein.
Die Verfassung ist nach dem Umsturz der Constitution von
1820 unumschränkt monarchisch. Der Thron ist in männlicher
und weiblicher Linie erblich; der König führt den Titel: König bei-
der Sicilicn und von Jerusalem; der Kronprinz heißt Prinz von
Calabrien. — Man zählt 5 Ritter-Orden in Neapel: den 1801
gestifteten Ferdinands - und Verdienstorden, in 3 Klassen; den
1738 gestifteten Orden des h. Januarius; den Constantinorden,
welcher auch von Parma vergeben wird; den 1808 gestifteten Or-
den beidersicilien, in 3klassen, und den militairischen St. Georgs-
orden.
Man rechnet in Neapel gewöhnlich nach Unzen, Ducaten,
Tari, Carlini und Grani. Die Unze ist etwa 3 Thlr. 9gr. Con-
vent. Geld; sie enthält 3 Ducaten, der Ducaten 5 Tari, der
Taro 2 Carlini, und der Carlino 10 Grani.
" E i n t h e i l u n g.
In älterer Zeit theilte man Neapel in 4 große Provinzen, wo-
von Abruzzo die nördlichen, Campania die südwestlichen, Pug-
lia oder Apulien die östlichen, und Calabria die südlichen um-
faßte; jetzt wird das Ganze in 15 kleinere Provinzen getheilt.
Sie sind:
1) und 2) Napoli und Terra di Lavoro, oder das alte
durch außerordentliche Fruchtbarkeit berühmte Ca m pa ni en, ehe-
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