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1. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 253

1906 - Gotha : Thienemann
— 253 — gekehrt lautete die Meinung der Merowinger und Karlinger: „damit jeder der überlebenden Söhne wisse, welcher Anteil ihm gehöre"; nicht, daß der Staat eine Einheit bleibe, sondern daß jeder Sohn seinen Teil empfange; der Staat ist da für das Herrscherhaus. Es ist eine dynastische Auffassung des Staates. Wir unterscheiden heute scharf Staatsgut, Krongut = Besitz der Herrschersamilie, Privatgut des regierenden Fürsten. Die Frankenkönige von Chlodovech bis auf Karl d. Gr. kannten diesen Unterschied nicht. Für sie war Königsgut und Reich dasselbe. Das Reich war nach ihrer Anschauung Eigentum der königlichen Familie. Darum galt, was auch heute von allem Familieneigentum gilt, daß alle Familienglieder ein Erbrecht haben. Bürgerliches Gesetzbuch § 1922. „Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über." § 1924. „Gesetzliche Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling schließt die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus. An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlinges treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen). Kinder erben zu gleichen Teilen." Wie der Bauer feine Äcker, so teilten die Frankenkönige ihr Reich. Es war ein privatrechtlicher, kein politischer oder staatsrechtlicher Gesichtspunkt, von dem aus sie den Staat betrachteten. Volkskunde. Interessant ist, daß die Erbteilung des Landes unter die Königskinder ein beliebtes Thema unsrer Märchen ist, z. B. Grimm 9. Die zwölf Brüder, 93. Die Rabe, 97. Das Wasser des Lebens, 151. Die drei Faulen, 179. Die Gänsehirtin am Brunnen. — Es sei auch erinnert an Shakespeares König Lear. In seiner Reichsteilung hatte Karl eins nicht beachtet, das Kaisertum. Die Kaiserkrone war doch nur eine; nur einer der Erben konnte sie tragen, welcher? Gerade im Kaisertum stellte sich die Einheit des Reiches dar. Wie vertrug sich diese vom Kaisertum geforderte Einheit mit der vom Herrscherhaus geforderten Teilung? Wie konnte Karl die Bedeutung dieser Frage übersehen? Sein Verhalten ist nur erklärlich durch die Annahme, daß er dem Kaisertum eine alles überragende Bedeutung nicht zuerkannt hat. 3. Ludwigs des Frommen Reichsteilung 817. Die Reichseinheit blieb erhalten; denn die Könige Karl und Pippin starben leider vor ihrem Vater. Alleiniger Erbe ward Ludwig, ein frommer, den Geistlichen folgsamer Mann, unfähig zu der hohen Aufgabe, die ihm gestellt war. Karl wußte es. Seme besten, fähigsten Söhne, insbesondere den nach ihm gearteten Karl, hatte er verloren; der geringste war ihm geblieben. Das trat der nagende Kummer seiner letzten Jahre. Dem großen Vater folgte ein kleiner Sohn. Eine Krankheit Ludwigs 817 stellte die Frage der Erbfolge von

2. Ottonen und Salier - S. 37

1910 - Gotha : Thienemann
— 37 — einen jeden der Fürsten königlicher Freigebigkeit gemäß mit angemessenen Geschenken und entließ die Menge mit aller Fröhlichkeit." Beobachtungen. Die Handlung hat drei Teile, einen politischen, kirchlich-religiösen und einen s e st l i ch e n. Die politische Handlung: Otto wird als Nachfolger von König Heinrich bezeichnet (Designation), von den Großen erwählt; es folgt die Jnthronisierung, dann die Huldigung, zuletzt, allerdings erst in der Basilika, die Z u st i m m u n g des Volkes. Wir dürfen in dieser Zustimmung des Volkes einen letzten Rest davon sehen, daß ehemals das ganze Heer den König wählte (vgl. Ii § 24, 7 Alarich — Iii §§ 28, 61 Chlodovech). Die rechtlichen Grundlagen des Königtums sind Erblichkeit und Wahl. Die kirchlich-religiöse Handlung: Empfang, Geleit zum Altare, Bekleidung mit den Königsinfignien, Salbung, Krönung, Inthronisiern ng, Lobpreis Gottes, Meßopfer. Das Krönungsmahl: Dienst der Herzöge — Geschenke des Königs. Beachte, daß der Erzbischof in seinen Worten dem neuen König vor allem kirchlich-religiöse Aufgaben zuweist; er foll sein Verteidiger und Ausbreiter des Christentums. Sollte der König diese Aufgabe wirklich ergreifen, so wäre das eine Entfernung von den eigentlichen Aufgaben des Königtums, den politischen. Die Herzöge führen die Dien st e der obersten Hos-beamten aus, des Seneschalls, Marschalls, Truchsessen und Kämmerers (s. Ii § 28, 9 d). Sollte damit ausgesprochen sein, daß die Herzöge Beamte des Königs seien? König Heinrich betrachtete sie als seine Verbündeten. Wollte sie König Otto in die Stellung zurüddrängen, die sie unter Karl dem Großen hatten, in die Stellung der Gaugrafen? Konnte er eine hundertjährige Eutwidelung ritdgängig machen? Mußte solches Streben nicht zu schweren Kämpfen führen? In der Krönungsfeier bemerken wir ein Hervortreten symbolischer Handlungen, zuerst bei der Bekleidung des Königs mit den Insignien, dann im Dienst der Herzöge. Das weist uns auf eine charakteristische Tatsache des mittelalterlichen Denkens, aus das symbolische Denken. Methodisches. „Die Befestigung und Ausdehnung der göttlichen Autorität der Kirche und die Wiederherstellung der universalen Herrschaft des Reiches waren die beiden Pole, um welche sich die deutsche Geschichte von Otto I. bis zu dem Staufen Friedrich Ii. bewegte." (v. Eiden, Geschichte und System der mittelalterlichen Weltanschauung, S. 216.) Nach diesen beiden Zielen hin muß also der Stoff von uns ausgewählt werden. 2. Die ersten Jahre der Prüfung. Erwägung der Lage. König Heinrich war tot; ein junger König von 24 Jahren sollte leisten, was er getan. Ruotger erzählte von den Barbaren (S. 35), daß sich ein solcher Schreden ihrer bemächtigt hätte, daß für sie nichts furchtbarer war als

3. Ottonen und Salier - S. 164

1910 - Gotha : Thienemann
— 164 — mitten ans dem Rhein ein hoher Turm, von dem nachstehende Sage umgeht. Im Jahr 974 ward große Teuerung in Deutschland, daß die Leute aus Not Katzen und Hunde aßen und doch viele Leute Hungers starben. Da war ein Bischof zu Mainz, der hieß Hatto der Andere, ein Geizhals, dachte nur daran, seinen Schatz zu mehren, und sah zu, wie die armen Leute auf der Gasse niederfielen und bet Haufen zu den Brotbäckern liefen und das Brot nahmen mit Gewalt. Aber kein Erbarmen kam in den Bischof, sondern er sprach: Lasset alle Arme und Dürftige sammeln in einer Scheune vor der Stadt, ich will sie speisen. Und wie sie in die Scheune gegangen waren, schloß er die Türe zu, steckte mit Feuer an und verbrannte die Scheune samt den armen Leuten, jung und alt, Mann und Weib. Als nun die Menschen unter den Flammen wimmerten und jammerten, rief Bischof Hatto: Hört, hört, wie die Mause pfeifen! Allein Gott der Herr plagte, ihn bald, daß die Mäuse Tag und Nacht über ihn liefen und an ihm fraßen, und vermochte sich mit aller seiner Gewalt nicht wider sie behalten und bewahren. Da wußte er endlich feinen andern Rat, als er ließ einen Turm bei Bingen mitten im Rhein bauen, der noch heutzutage zu sehen ist, und meinte sich darin zu fristen, aber die Mäuse schwammen durch den Strom heran, erklommen den Turm und fraßen den Bischof lebendig auf." Vgl. I § 16: Seelenglaube. Im Rhein- und Moselland war während des 11. und 12. Jaho Hunderts Hungersnot in den Jahren 1003, 1005, 1006, 1040, 1042, 1043, 1044, 1045, 1046, 1090, 1095, 1098, 1099, dann 1147, 1151, 1162, 1176, 1195, 1196, 1197, 1198; in Sachsen dagegen im 11. Jahrhundert nur 1006, 1025, 1056. Also scheint 1006 allgemein, in den andern Jahren nur im Westen oder Norden Mißwachs und Not gewesen zu sein. Während in einer Gegend Überfluß an Getreide war, herrschte in der andern entsetzliches Elend. Die Sage vom Bing er Mäuseturm erzählt mit Schaudern von dem Kornwucher des Mainzer Erzbischofs; und Lütticher Quellen melden, daß für den Malter Getreide im Jahre 1197 bis zum 11. Juni das Neunfache, vom 12. Juni ab das Sechzehnfache und vom 25. Juli ab das Dreißigfache des gewöhnlichen Durchschnittspreises bezahlt wurde. Man verzehrte unreine Tiere, Aas und Wurzeln. Viele starben Hungers; und die Straßen der Stadt lagen voll von Stöhnenden und Ächzenden, denen christliche Milde nur noch am frühen Morgen kleine Gaben zu spenden vermochte. Ja, es starben sogar ganze Dörfer aus. Und unterdessen lebte man in andern Wirtschaftsgebieten in Überfluß. E s fehlte eine Organisation, Überfluß und Mangel an Gütern zwischen den einzelnen

4. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 9

1906 - Gotha : Thienemann
— 9 - Ariovist (I § 5) und Lhnoöomar — Cäsar und Julian. Germanen dringen in Gallien ein: Ariovist — Chnodomar. Der neue Stallhalter und seine Aufgabe: Gallien Rom gewinnen — Cäsar. Gallien Rom erhallen — Julian. Die Germanenfürsten: Ihre Kraft und ihr stolzes Selbstbewußtsein. Kluge Ausnutzung des Zwiespaltes im römischen Reiche zwischen Cäsar und Pompejus, Konstantius und Magnentius. Nur wenige Jahre war das linke Rheinufer von den Alamannen frei; als Julian 361 Gallien verlassen hatte, kamen sie von neuem über den Strom und nahmen das Land dauernd in Besitz. Von ihnen trägt es bis heute den Namen Elsaß, d. H. der Sitz in der Fremde (vgl. Elend aus ahd. elilenti, alilanti — Fremd land). So oft die Alamannen im Südwesten vorbrachen, drangen die Franken auch über den Mittel- und Niederrhein. Kaiser Probns hatte auf seinen Feldzügen eine Anzahl Franken gefangengenommen und nach Kleinasien an das Schwarze Meer verpflanzt. Allein sie rissen hier Schiffe an sich, plünderten die Küsten von Kleinasien und Griechenland, landeten in Afrika, überfielen Syrakus, fuhren durch die Meerenge von Cadix und langten glücklich an der Küste der Nordsee wieder an; es ist wohl einer der abenteuerlichsten Züge, die die Geschichte kennt. Kaiser Konstantin der Große schlug die Franken auf verschiedenen Zügen in ihrem eigenen Lande. Er brauchte das Schreckmittel, eine Anzahl Gefangener, darunter zwei angesehene Fürsten, vermutlich weil sie den Frieden gebrochen hatten, im Zirkus zu Trier wie gemeine Verbrecher den wilden Tieren vorzuwerfen. Zweimal bereitete der erste christliche Kaiser den gebildeten Trierern das rohe Vergnügen; sie waren so entzückt darüber, daß die Blutgier der Bestien eher gesättigt wurde als ihre Schaulust. Aber ein Grauen erfaßte sie doch, cils sie sahen, wie trotzig und unverzagt die wehrlosen Germanen auch hier dem Tode entgegengingen. Zur Zeit Julians war Köln einmal zehn Monate lang in den Händen der Franken; auch Neuß, Bonn, Andernach und Bingen hatten sie eingenommen. Julian trieb sie über den Rhein Zurück und unternahm sogar einen Zug ins Innere Germaniens. Aber nach seinem Weggang begannen neue Einfälle der Franken. Die Sachsen unternahmen von der kimbrifchen Halbinsel aus durch das ganze vierte Jahrhundert Raubfahrten zur See und brandschatzten die Küsten Galliens und Britanniens. Ergebnisse. Seit der Mitte des 2. Jahrhunderts war das römische Reich auf seiner ganzen Nordgrenze von den Germanen bedroht; und Rom erlag; um 400 war die Donau- und Rheingrenze verloren.

5. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 94

1906 - Gotha : Thienemann
— 94 — K. Müller, Kirchengeschichte I, 312. „Zwei Ströme stoßen hier aufeinander, deren Wasser nicht ineinander fließen können, sondern noch lange spröde nebeneinander herziehen müssen." — S. 304. „Für das Verständnis der neuen Volkskirchen ist vor allem zu beachten, daß die Germanen in die fertige Kirche eines ausgereiften Kultus eingetreten sind." Und doch mußten die Deutschen Christen werden; denn nur durch das Christentum konnten sie eine höhere Kultur erlangen, da ja das Christentum allein die Früchte der antiken Kultur in sich ausgenommen hatte und nach dem Verfall der antiken Kulturvölker allein fähig war, diese Kultur zu übermitteln. d. Kirche und Staat. Endlich eröffnete sich der Kirche bei den deutschen Völkern ein weites Gebiet ersolgverheißender Tätigkeit. Der Staat der Germanen hatte, auch nach der Begründung des erblichen Königtums, nur zwei Aufgaben, Schutz des Rechts und Schutz gegen äußere Feinde. Auf alles, was außerhalb dieser Gebiete lag, wirkte er nicht ein. Da konnte die Kirche mit ihrer Tätigkeit einsetzen und sich ungeheuren Einfluß neben dem Staate verschaffen. Die Kirche trat neben den Staat, zunächst mit dem Anspruch der Gleichberechtigung, bald mit dem höheren Rechts. Der Gegensatz von Kirche und Staat bestimmte, worauf wir schon S. 87 hinwiesen, die Geschicke des deutschen Volks. 3. Das Frankenreich zu Beginn des 8. Jahrhunderts. Das Franken reich erstreckte sich zu Anfang des 8. Jahrhunderts vom Ozean bis zur Saale, dem Böhmerwald und Inn, von Rhein und Lippe bis zu den Pyrenäen und Zentralalpen. Es war ein Staat, aber nicht ein einheitlicher Staat; es zeigte sich ein Gegensatz der Nationen und der Religionen. Der Westen und Südwesten war romanisch und christlich, der Osten germanisch und heidnisch. Konnte ein Staat mit solchem Riß auf die Dauer Bestand haben? Das merowingische Königshaus hatte seine Kraft frühe erschöpft; schon Chlodovechs Enkel, Siegbert und Ehilperich, ließen nichts mehr ahnen von der Stärke des Großvaters; die Könige, zu jung oder Werkzeuge begünstigter Frauen oder dem Laster hingegeben, zehrten die Kraft ihres Hauses und Staates in langen inneren Kriegen auf und sahen die verderblichen Wirkungen nicht. Weil das Land als Eigentum des königlichen Geschlechts angesehen ward, erhob jeder Prinz des königlichen Hauses Erbansprüche. Eine Teilung löste die andere ab, doch bildete sich allmählich eine dauernde Gruppierung von drei Teilen heraus: Austrien, Neustrien und Burgund. Der Krieg der Könige gegeneinander stärkte die Macht des Dienstadels und der geistlichen Aristokratie. Gestützt auf großen Grundbesitz, wußten diese sich unentbehrlich, mit ihrer Hilfe, aber auch teuer zu machen. Über alle Geschlechter wuchs empor das der Pippiniden oder Arnlfinger, reich begütert in den Ardennen.

6. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 135

1906 - Gotha : Thienemann
und der Pentapolis vertrieben werden sollen, so haben wir in jene Gegenden Schreiben gesandt, wodurch wir Euren Königlichen Willen erfüllen." Ja, Karl gab auch in kirchlichen Angelegenheiten seinen Willen kund. Erwachte Hadrian Vorstellungen über mangelhafte Sittlichkeit des römischen Klerus, über Simonie. So griff Karl unmittelbar in die politischen und kirchlichen Verhältnisse des Kirchenstaates ein und zeigte damit, daß er sich als Oberherrn desselben betrachtete. Ostern 781 war Karl in Rom und ließ seinen vierjährigen Sohn Pippin durch den Papst zum König von Italien salben; im Winter 786/7 zwang er den aufständischen Herzog von Benevent zur Anerkennung der fränkischen Oberhoheit und zur Zahlung eines jährlichen Tributes von 7000 Schillingen. 3. Der Sturz des Bahernherzogs Tasftlo 781—788. Obwohl Gegner Karls, hatte doch Herzog Tassilo von Bayern seinen Schwiegervater nicht unterstützt. Ob aus Mangel an Mut? 763 hatte er sich vom fränkischen Reiche losgesagt; 781 kam von Rom aus, wo König Karl weilte, an ihn durch eine Gesandtschaft, bestehend aus Bischöfen als Boten des Papstes und zwei Boten Karls, die Aufforderung, „daß er der früheren Eide eingedenk sei und nicht anders handle, als er einstmals dem König Pippin und dem Herrn König Karl und den Franken eidlich versprochen habe". Worum handelte es sich? Vergegenwärtigen wir uns zuvor das Land Bayern und seine Geschichte. Das Land: vou den Hängen des Fichtelgebirges bis zur Einmündung der Eisack in die Etsch, von dem Lech bis zur Enns. Die Leute: erkennbar an den Ortsnamen. Kelten: Tauren I § 3. Romanen: Regensburg, Augsburg, Passau I § 7 — Walcken — Walchensee. Bajuvaren: S. 33. Slawen an der Ost- und Südostgrenze: Pustertal, Puster von Pustrissa vom slawischen pustn = wüst; vgl. die Pusta! Unter fränkischer Oberhoheit. Christianisierung: Organisation der bayrischen Kirche durch Bonifatius. Seit zwei Jahrhunderten standen die Bayern im Grenzkamps gegen die Slawen, die nach dem Abzüge der Germanen allmählich von dem Lande bis zum Böhmerwald und Inn Besitz ergriffen hatten. Daher hatte sich das Stammesherzogtum aus der Völkerwanderung bisher erhalten; es war erblich im Geschlecht der Agilolsinger. Sie galten als die höchsten Fürsten des Landes: das vierfache Wergeld der Freien schützte die Glieder des Herzogshauses, das fünffache den Herzog selbst. Er verfügte über ein reiches Herzogsgut, mit dem er getreue geistliche und weltliche Große ausstatten konnte. Nun war Bayern ein Teil des Frankenreiches geworden; es war das einzige deutsche Land, wo eine Dynastie bestehen blieb, und

7. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 186

1906 - Gotha : Thienemann
— 186 — die im 6. Jahrhundert eingetreten sein muß. Der Unterschied der oberdeutschen und niederdeutschen Volkssprache hat sich damals herausgebildet, und keine Sprache der Gebildeten, keine Schriftsprache überbrückte diese Kluft. Zwei deutsche Sprachen waren vorhanden, und ihre Träger konnten leicht zwei verschiedene Völker werden. (Hochdeutsche Lautverschiebung 6.- 8. Jahrhundert: die harten Verschlußlaute werden nach Vokalen zu harten Doppelreibelauten: opan — offan — offen; et an — e^an — essen; ik — ih — ich; im Anlaut oder Inlaut nach Konsonanten zu Affrikaten: punt — pfund — Pfund; holt —-holz — Holz.) „Das plattdeutsche ,bat‘ und ,wat‘ neben unserem ,das° und ,toas‘, das plattdeutsche ,tcf‘ statt ,tch‘, ,open‘ statt ,offen' steht mit diesen und den zahllosen ähnlichen Unterschieden der Konsonanten auf derselben Stufe wie das Holländisd)e, das Englische, das Dänische, Schwedische und Norwegische; und alle die genannten Sprachen bewahren hierin den ursprünglichen germanischen Zustand. Von dieser gemeinsamen Grundlage hat sich das Hochdeutsche losgerissen, um zunächst in neuer Eigenart für sich zu bestehen, dann aberals Schriftsprache leise wachsend eine sichere Oberherrschaft zu gewinnen. Der örtliche Ausgangspunkt scheinen die Alpengebiete zu sein: Alamannen, Bayern und Langobarden werden zuerst von der Bewegung ergriffen. Die Franken, Hessen und Thüringer sehen wir nur allmählich hineingezogen. Den Rhein hinab wird der Anstoß schwächer und schwächer; das niederländische Gebiet bleibt unberührt. — Die so entstandene Sprache in ihrer Entwickelung bis ins 11. Jahrhundert hin hat Jakob Grimm Althochdeutsch genannt. Wenn es den Deutschen unsäglich schwer geworden ist, eine einheitliche nationale Literatur und Bildung zu erlangen; wenn jahrhundertelang jede Dichtung nur auf ein landschaftlich beschränktes Publikum rechnen konnte; wenn aud) Heute noch die Volksteile schroffer voneinander getrennt sind als anderwärts; wenn insbesondere Süddeutsch und Norddeutsch sich vielfach als Gegensätze erweisen: so müssen wir jene Lostrennung der Hochdeutschen Sprache teils als die entscheidende und wichtigste, teils als eine mitwirkende und wichtige Ursache erkennen. Aber schon in der nächsten Epoche trat eine Gegenwirkung ein. Die Unterwerfung der Sachsen durch Karl den Großen hat es gehindert, daß nicht Hochdeutsche und Niederdeutsche zwei Nationen geworden sind. Die grausame Ausbreitung des Christentums hat unserem Volke Segen gebracht. Der ungeheure Wille, der Italien, Gallien und Germanien zusammenhielt, hat wenigstens auch Sachsen, Franken, Hessen, Thüringer, Alamannen, Bayern zusammengehalten. Aber zugleich ist durch die Sachsen das germanische Element des Reiches verstärkt worden; und je mehr die frühere gegenseitige Toleranz der Nationalitäten schwand, desto bedeutender trat in den Reichsteilungen unter den Söhnen Ludwigs des Frommen die Rücksicht auf Verwandtschaft der Völker hervor. Zu Straßburg am 14. Februar 842 legten die Westfranken unter Karl dem Kahlen einen Eid in französischer Sprache ab, die Ostfranken unter Ludwig dem Deutschen in deutscher Sprache. Und erst seit dem Vertrage von Verdun von 843 gab es ein Deutsches Reich. Die Muttersprache Karls des Großen war Hochdeutsch; er selbst, seine Familie, seinhos sprach überwiegend Hochdeutsch; und diesem Um stände verdankt die hochdeutsche Mundart den

8. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 258

1906 - Gotha : Thienemann
— 258 — 5. Die Straßburger Eide 842; der Vertrag zu Verdun 843» Gerade die tiefe Demütigung Ludwigs führte einen Umschwung im Urteil zu seinen Gunsten herbei, so daß er, wieder frei, sowohl seine kaiserlichen Rechte wie die Ansprüche seines Sohnes Karl wahren konnte. Er starb 840. Nach dem Tode des Vaters dauerte der Kampf der Söhne fort. Jetzt standen Ludwig und Karl — Pippin war 838 gestorben — gegen Lothar und schlugen ihn gemeinsam im Juni 841. Sie betrachteten den Ausgang der Schlacht als ein Gottesurteil, er nicht. Und da sie sich nur vereint gegen den stärkeren Bruder behaupten konnten, so schlossen sie am 14. Februar 842 durch schwere Eide einen Bund. Der Vorgang ist für unsere Geschichte und Sprache von bleibender Bedeutung. Karls Heer zählte auch viele Romanen, das Ludwigs nur Deutsche. Um den Mannen der Verbündeten sich verständlich zu machen und in ihrer Sprache volle Bürgschaft zu geben, redete und schwor Ludwig, der deutsche König, in romanischer, Karl in deutscher Sprache. Ludwig eröffnete die Heerversammlung mit einer Ansprache: „Euch ist bekannt, wie oft Lothar mich und diesen meinen Bruder verfolgt und vollständig zu vernichten gesucht hat. Da aber weder die Bruderpflicht, noch das Christentum, noch ein anderer Grund ihn zu bewegen vermochte, daß unter Wahrung der Rechtsansprüche zwischen uns der Friede hergestellt werde, haben wir notgedrungen die Entscheidung dem Gericht des allmächtigen Gottes anheimgegeben, entschlossen, uns mit dem zufriedenzugeben, was nach seinem Willen uns bestimmt sein sollte. In diesem Gottesgericht sind wir aber, wie ihr wißt, Sieger geblieben; Lothar jedoch, obwohl besiegt, hat sich mit den Seinen nicht darum gekümmert. Aus brüderlicher Liebe, aus Mitleid mit dem christlichen Volk wollten wir ihn nicht verfolgen, dieses nicht vernichten; seither wie schon früher haben wir ihm Anerbietungen gemacht, damit jedem von uns wenigstens sein Recht werde. Doch er, widerstrebend dem Gottesgericht, läßt nicht ab, mich und diesen meinen Bruder wie Feinde zu verfolgen; er richtet auch unser Volk durch Sengen und Brennen, durch Raub und Mord zu Grunde. Deshalb sind wir, durch die Not gezwungen, hier zusammengekommen. Und weil wir glauben, daß ihr an der Festigkeit unserer gegenseitigen Treue und brüderlichen Gesinnung Zweifel hegen könntet, haben wir vereinbart, sie vor euch durch gegenseitigen Eid zu beschwören. Nicht durch irgendwelche schnöde Selbstsucht verlockt tun wir dies, sondern nur zur Sicherung des allgemeinen Wohls, wenn uns Gott mit eurer Hilfe Ruhe geben wird. Wenn ich aber, was Gott verhüte, den Eid, den ich meinem Bruder schwören werde, freventlich brechen sollte, so spreche ich jeden von euch von dem Gehorsam gegen mich und dem Treueid, den ihr mir geschworen, los und ledig." (Mühlbacher 440/1.) Dieselbe Erklärung wiederholte Karl in deutscher Sprache. Hieraus leistete Ludwig den feierlichen Schwur in romanischer.

9. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 261

1906 - Gotha : Thienemann
— 261 — liche Frankreich und mehr keltisches und römisches Blut als der breite Talweg des Rheins." (Ernst Hasse, Deutsche Grenzpolitik, 14.) Der Vertrag von Mersen ist das erste, der Krieg 1870/71 das vorläufig letzte Ereignis dieses Kampfes. Mit diesen Kämpfen und ihren Beziehungen zur inneren deutschen Geschichte muß der Schüler genau bekannt gemacht werden. Aber noch war das Deutsche Reich nicht da; denn die Idee, daß alle ehemals von Karl dem Großen beherrschten Länder zusammengehörten, blieb bestehen. Und sie hat sich noch einmal verwirklicht, als 884 Karl Iii. alle Länder unter seiner Herrschaft vereinigte, nicht durch seine Kraft, sondern durch den Zwang der Ereignisse; denn er war ein schwacher Mann, von Jugend auf schon, wie alle Söhne Ludwigs des Deutschen, von der Fall- sucht gequält, lieber Unterhandlungen als Taten zugeneigt, nur schwer zum Entschlüsse bereit. Und doch forderte die Zeit einen ganzen Mann; denn überall waren fremde Völker in die Grenzen des Reiches eingedrungen. Aus Italien rief der Papst gegen die Sarazenen, die von Afrika aus Sizilien und Unteritalien bedrängten: „Gewährt mir Hilfe, damit die feindlichen Nationen nicht fragen: wo ist der Kaiser?" In Böhmen und Mähren hatte Sv at opluk ein großmähnsches Reich begründet und schon 873 die Anerkennung der Unabhängigkeit desselben erzwungen; „wie ein Wolf" hauste er in den Grenzmarken. Die Slawen raubten und plünderten bis zur Weser hin. Die Länder an der Schelde und am Unterlauf der Maas, des Rheins, der Weser und Elbe wurden fortgesetzt von raubenden Normannen heimgesucht. Karl Iii. zog 882 mit einem Heere aus Langobarden, Schwaben, Franken und Bayern gegen die Normannen; er schloß sie in ihrer Feste Elsloo ein, die Normannen verzweifelten an ihrer Rettung — da schloß Karl einen Vergleich und erkaufte ihren Abzug. Er belohnte ihren Führer Gotfrid mit einigen Grafschaften nördlich von Amsterdam und zahlte ihm 2412 Pfund Gold und Silber; Gotfrid trat zum Christentum über und verpflichtete sich, daß, solange Kaiser Karl am Leben sei, seine Landsleute nicht mehr plündernd ins Reich einfallen sollten. Karl war dem Rate seines Erzkanzlers gefolgt. Im Heere aber herrschte grimme Wut. Man nannte es „ein Verbrechen, daß der Kaiser, schlechten Rates sich bedienend, denen, von welchen er Geiseln nehmen und Tribut hätte fordern sollen, gegen den Brauch seiner Vorfahren, der Frankenkönige, Tribut zu zahlen sich nicht schämte". „Das Heer aber war tief betrübt, es bedauerte, daß es einen Fürsten bekommen habe, der die Feinde begünstigte und ihnen den Sieg über die Feinde entriß; und in voller Bestürzung kehrten sie heimwärts." Die Erbitterung gegen Karl und seinen Kanzler wuchs; die Großen zwangen ihn, denselben zu entlassen. Als sich aber Karl dem Entlassenen doch wieder näherte, und als er 887 körperlich und geistig erkrankte, da kamen im November 887 die bayrischen, thüringischen, sächsischen und fränkischen Großen zusammen und erwählten Arnulf
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